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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2008/58)

Zusammenfassung des Urteils B 2008/58: Verwaltungsgericht

Die S.Holding AG hat gegen die Veranlagungen der Kantone Zürich und Waadt Einspruch eingelegt, da sie aufgrund einer Praxisänderung des Bundesgerichts zur interkantonalen Doppelbesteuerung benachteiligt wurde. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde ab, da die Veranlagungen als rechtmässig erachtet wurden. Die Beschwerdeführerin hatte kein direktes Interesse an der Anfechtung der Entscheide, sondern wollte einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid erwirken, um vor Bundesgericht gegen die Doppelbesteuerung vorgehen zu können. Die Beschwerde wurde abgelehnt, und die Kosten des Verfahrens wurden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2008/58

Kanton:SG
Fallnummer:B 2008/58
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2008/58 vom 19.08.2008 (SG)
Datum:19.08.2008
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:UrteilSteuerrecht, Art. 194 Abs. 1 StG (sGS 811.1). Auf ein Rechtsmittel einer beschränkt steuerpflichtigen Person wird nicht eingetreten, wenn die Pflichtige mit der Veranlagung materiell einverstanden ist und ausschliesslich einen Entscheid der obersten kantonalen Instanz erwirken will, um beim Bundesgericht eine Doppelbesteuerung in einem anderen Kanton anfechten zu können (Verwaltungsgericht, B 2008/58).
Schlagwörter: Kanton; Entscheid; Recht; Bundesgericht; Veranlagung; Steuer; Einsprache; Einspracheentscheid; Gallen; Instanz; Waadt; Instanzen; Pflichtige; Rekurs; Kantone; Kantons; Nichteintreten; Luzern; Steueramt; Doppelbesteuerung; Rechtsmittel; Veranlagungen; Instanzenzug; Nichteintretensentscheid; Interesse; SHolding; Verwaltungsrekurskommission; Verwaltungsgericht
Rechtsnorm: Art. 95 BGG ;Art. 99 BGG ;
Referenz BGE:131 I 285; 132 I 220; 133 I 300;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2008/58

Urteil vom 19. August 2008

Anwesend: Präsident Prof. Dr. U. Cavelti; Verwaltungsrichter Dr. E. Oesch-Frischkopf, lic. iur. A. Linder, Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener; Gerichtsschreiber lic. iur. Th. Vögeli

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In Sachen

S.Holding AG,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwälte D. und F., gegen

Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen,Abteilung I/1, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen,

Vorinstanz, und

Kantonales Steueramt,Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen,

Beschwerdegegner, betreffend

Staatssteuern (Nichteintreten)

hat das Verwaltungsgericht festgestellt:

  1. ./ Die S.Holding AG, Luzern, übernahm mit Fusionsvertrag vom 14. Dezember 2005

    ihre damalige Tochtergesellschaft S.AG Luzern. Diese hatte im Geschäftsjahr per

    31. Januar 2004 u.a. in den Kantonen Zürich, St. Gallen und Waadt Gewinne aus der Veräusserung von Grundstücken erzielt. Sie wurde am 24. Februar 2005 an ihrem Hauptsteuerdomizil Luzern für die Staats- und Gemeindesteuern aufgrund des Rechnungsabschlusses per 31. Januar 2004, der einen Verlust von Fr. 8'490'244.-- auswies, ohne steuerbaren Reingewinn und mit einem steuerbaren Kapital von

    Fr. 14'309'000.-- bei einem satzbestimmenden Kapital von Fr. 25'737'000.-- veranlagt.

    Die Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich veranlagte die S.AG Luzern am

    17. Februar 2005 mit einem steuerpflichtigen Grundstückgewinn von Fr. 9'953'271.--. Im Kanton Waadt wurde die Gesellschaft am 2. November 2006 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 34'400.-- bei einem Gesamtverlust von Fr. 25'003'800.-- und einem steuerbaren Kapital von Fr. 157'000.-- bei einem satzbestimmenden Kapital von Fr. 25'797'000.-- veranlagt. In den Veranlagungen an den Spezialsteuerdomizilen Zürich und Waadt wurde der Gesamtverlust jeweils nicht berücksichtigt. Dies entsprach der damaligen bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Jene Veranlagungen erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.

    Das Steueramt des Kantons St. Gallen veranlagte die S.AG Luzern für die Staatssteuern aufgrund des Rechnungsabschlusses per 31. Januar 2004 mit einem steuerbaren Reingewinn von Fr. 4'284'987.-- und einem steuerbaren Eigenkapital von Fr. 1'303'000.--. Dagegen erhob die Pflichtige am 6. Mai 2005 Einsprache. Das kantonale Steueramt hiess diese mit Entscheid vom 19. Juli 2007 gut und veranlagte die S.AG Luzern im Kanton St. Gallen ohne steuerbaren Reingewinn und mit einem steuerbaren Eigenkapital von Fr. 1'303'000.--.

  2. ./ Mit Eingabe vom 10. August 2007 erhob die S.Holding AG Rekurs bzw. Einsprache bei der Verwaltungsrekurskommission, bei der Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich und beim Sekretariat der Steuerverwaltung Luzern sowie bei der administration cantonale des impôts des Kantons Waadt. Sie stellte das Begehren, der Eintritt der Rechtskraft des St. Galler Entscheids sei vorsorglich zu suspendieren, und zwar mindestens bis die anderen in ihrer Eingabe gestellten Anträge von den jeweils zuständigen Behörden behandelt worden seien. Hinsichtlich des Zürcher Entscheides beantragte sie, dieser sei aufzuheben und die im Zusammenhang mit dem Entscheid bezahlte Steuer im Betrag von Fr. 1'985'340.-- sei zuzüglich Zins zurückzuerstatten, ebenso sei der Entscheid des Kantons Waadt aufzuheben und die entsprechende Steuer von Fr. 7'982.40 inkl. Zins zurückzuerstatten. Ausserdem sei der Eintritt der Rechtskraft des Luzerner Entscheids vorsorglich zu suspendieren.

    Die S.Holding AG gelangte zudem am 13. September 2007 wegen Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots an das Bundesgericht. Dieses behandelte die Eingabe in

    seinem Präsidialurteil vom 20. September 2007 als Beschwerde in öffentlich- rechtlichen Angelegenheiten und trat auf diese nicht ein mit der Begründung, auch auf dem Gebiet der interkantonalen Doppelbesteuerung sei nur ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid anfechtbar. Gegenstand der Beschwerde bildeten aber ausschliesslich Veranlagungsverfügungen bzw. Einspracheentscheide. Die Beschwerde sei daher offensichtlich unzulässig. Das Bundesgericht übermittelte die Eingabe an die Verwaltungsrekurskommission, damit diese prüfe, ob sie als Rekurs gegen den Einspracheentscheid vom 19. Juli 2007 entgegengenommen werden könne.

    Am 25. Oktober 2007 beantragte die S.Holding AG der Verwaltungsrekurskommission, der Einspracheentscheid des kantonalen Steueramts sei aufzuheben und es sei ein neuer Entscheid im Sinn des aufgehobenen zu fällen.

    Die Verwaltungsrekurskommission trat mit Entscheid vom 14. Februar 2008 auf den Rekurs nicht ein. Sie erwog, sie sei für die Ueberprüfung des Zürcher Entscheids nicht zuständig, und es könne darüber in St. Gallen auch kein letztinstanzlicher Entscheid ergehen. Zudem sei das Verfahren auf die Erfüllung der Voraussetzungen für die Erhebung der öffentlichenrechtlichen Beschwerde beim Bundesgericht ausgerichtet. Deshalb ändere sich die Lage bei der Beschwerdeführerin nicht, ob auf den Rekurs nicht eingetreten ob materiell entschieden werde.

  3. ./ Mit Eingabe ihrer Rechtsvertreter vom 14. März 2008 erhob die S.Holding AG

Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, der Rekursentscheid vom

14. Februar 2008 und der Einspracheentscheid vom 19. Juli 2007 seien aufzuheben und es sei ein neuer Entscheid im Sinne des aufzuhebenden Einspracheentscheids zu fällen; ausserdem sei in Anbetracht der diesem Fall eigenen Umstände auf die Erhebung von Kosten und die Zusprechung von Prozessentschädigungen zu verzichten. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es ergebe sich bereits aus den Anträgen, dass das Beschwerdeverfahren nicht einer eigentlichen Anfechtung des Einspracheentscheids diene, sondern letztlich der Anfechtung des Entscheids der Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich vom 17. Februar 2005 vor Bundesgericht. Sie müsse den gesamten Instanzenzug im Kanton St. Gallen durchlaufen und den mit dem Zürcher Entscheid im Zusammenhang stehenden Einspracheentscheid anfechten, obwohl sie diesen eigentlich akzeptieren wolle. Es sei

auch zutreffend, dass sie durch den angefochtenen Rekursentscheid und auch durch den Einspracheentscheid vom 19. Juli 2007 nicht direkt beschwert sei. In der vorliegenden Konstellation scheine es aber richtig, von einer Art "erweitertem Rechtsschutzinteresse" zu sprechen. Der Bundesgesetzgeber habe es ausdrücklich in Kauf genommen, dass ein doppelt Besteuerter zur Durchsetzung seiner Rechtsschutzansprüche möglicherweise in einem Kanton, in dem er von einer Doppelbesteuerung gar nicht betroffen sei, den ganzen Instanzenzug durchlaufen müsse, um vor Bundesgericht einen Entscheid anfechten zu können, der in einem anderen Kanton gefällt worden sei. Auf die einzelnen Vorbringen wird, soweit wesentlich, in den nachstehenden Erwägungen näher eingegangen.

Die Vorinstanz beantragte in ihrer Vernehmlassung vom 31. März 2008 die Abweisung

der Beschwerde.

Das kantonale Steueramt verzichtete mit Schreiben vom 21. April 2008 auf eine

Vernehmlassung.

Darüber wird in Erwägung gezogen:

  1. Angefochten ist der Nichteintretensentscheid der Verwaltungsrekurskommission vom 14. Februar 2008. Zu prüfen ist, ob diese zu Recht auf den Rekurs gegen den Einspracheentscheid des kantonalen Steueramtes vom 19. Juli 2007 nicht eingetreten ist.

    1. Nach Art. 194 Abs. 1 des Steuergesetzes (sGS 811.1, abgekürzt StG) ist der Steuerpflichtige zum Rekurs berechtigt. Nach der Praxis des Verwaltungsgerichts (vgl. VerwGE B 2006/142 vom 30. November 2006 i.S. D. und O.R.) richten sich die Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse im Steuerstreitverfahren in sachgemässer Anwendung von Art. 161 StG nach Art. 45 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (sGS 951.1, abgekürzt VRP). Voraussetzung für die Anfechtung eines Einspracheentscheids ist somit, dass der Pflichtige an der Änderung Aufhebung des Entscheids ein eigenes schutzwürdiges Interesse dartut. Dabei ist die Rechtsmittelbefugnis nicht nur dann zu bejahen, wenn der Betroffene rechtlich geschützte Interessen geltend macht, sondern auch dann, wenn eine Verfügung oder

      ein Entscheid seine tatsächliche Interessenstellung mehr berührt als irgendeinen Dritten die Allgemeinheit. Die Beeinträchtigung der Interessenlage darf dabei nicht nur subjektiv empfunden werden, sondern muss objektivierbar sein. Das schutzwürdige Interesse liegt im "praktischen Nutzen", den ein erfolgreiches Rechtsmittel dem Betroffenen in seiner rechtlichen tatsächlichen Situation einträgt bzw. in der Abwendung materieller ideeller Nachteile, die ein Bestand der angefochtenen Verfügung mit sich bringen würde (vgl. Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, St. Gallen 2003, Rz. 390 f.).

        1. Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass sie durch den Rekursentscheid bzw. durch den Einspracheentscheid vom 19. Juli 2007 nicht direkt bzw. im Sinne der vorstehend dargelegten Bedingungen in ihren Interessen berührt ist. Sie beantragt denn auch ausdrücklich, dass das Verwaltungsgericht ein neues Urteil im Sinne des aufzuhebenden Einspracheentscheids fällen soll.

        2. Hintergrund des Verfahrens ist die Praxisänderung des Bundesgerichts zum Doppelbesteuerungsverbot. Das Bundesgericht hat den Grundsatz, wonach ausschliesslich der Kanton der gelegenen Sache zur Besteuerung von Grundstückserträgen und -gewinnen von interkantonalen Unternehmen befugt ist, sukzessive eingeschränkt und festgehalten, dass Ausscheidungsverluste möglichst zu vermeiden seien (BGE 131 I 285 E. 4.1). Auch bei Kapitalanlageliegenschaften könne der Liegenschaftskanton das Grundstück nicht ungeachtet eines allfälligen Betriebsverlustes uneingeschränkt besteuern (BGE 132 I 220 E. 5). Diese Praxisänderung wurde im Kanton St. Gallen während des hängigen Einspracheverfahrens berücksichtigt, und dementsprechend wurde die Gewinnsteuerveranlagung 2004 im Einspracheentscheid des Kantonalen Steueramts vom 17. Juli 2007 aufgehoben und der steuerbare Reingewinn aufgrund des Rechnungsabschlusses per 31. Januar 2004 auf Fr. 0 festgesetzt. Demgegenüber sind die Einschätzungen in den Kantonen Zürich und Waadt in Rechtskraft erwachsen. Im Kanton Waadt wurde die Veranlagung jedoch am 30. Oktober 2007 in Wiedererwägung gezogen.

      1.4. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 86 Abs. 1 lit. d des

      Bundesgerichtsgesetzes (SR 173.110, abgekürzt BGG) können nur Entscheide letzter

      kantonaler gerichtlicher Instanzen mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden. Die frühere Ausnahmeregelung von Art. 86 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (BS 3, 531 mit seither ergangenen Änderungen, abgekürzt OG) wurde nicht ins BGG übernommen. Die Ausnahmeregelung von Art. 86 Abs. 2 OG trug primär den verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten Rechnung, vor die sich der doppelt Besteuerte gestellt sah. Das Bundesgericht hielt in einem unlängst ergangenen Urteil (BGE 133 I 300 E. 2.3) fest, die Lehre bedaure denn auch, dass das neue Recht keine Ausnahme mehr enthalte. Abgesehen davon, dass das Verfahren verlängert und für den Steuerpflichtigen verteuert werde, werde als wenig sinnvoll erachtet, dass nunmehr zwingend innerkantonal der Instanzenzug durchlaufen werden müsse, stünden sich doch in einem interkantonalen Kompetenzkonflikt regelmässig nicht nur der Pflichtige einerseits und mehrere Kantone anderseits, sondern auch die betroffenen Kantone untereinander in einer parteiähnlichen Stellung gegenüber. Die Neuerung stehe indessen im Einklang mit einem der wichtigen Ziele der Bundesrechtspflegereform, das Bundesgericht zu entlasten und deshalb nicht als erste richterliche Behörde tätig werden zu lassen. Bevor es angerufen werden könne, solle zuvor immer mindestens ein Gericht über die Streitsache entschieden haben, was mit einer gewissen Filterwirkung verbunden sei und dem Bundesgericht aufwendige Sachverhaltsabklärungen ersparen solle. Weiter hielt das Bundesgericht fest, die Rechtsmittelregelung möge den Rechtsschutz für den mehrfach Besteuerten erschweren. Immerhin sei dieser aber nicht verpflichtet, in jedem der betroffenen Kantone den Instanzenzug zu durchlaufen. Es genüge nach dem Willen des Gesetzgebers, wenn er dies bloss in einem Kanton tue; gegen den dort erwirkten letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheid könne er Beschwerde in öffentlich- rechtlichen Angelegenheiten erheben und dabei auch die früher ergangenen Entscheide in anderen die Steuerhoheit beanspruchenden Kantonen anfechten, selbst wenn diese nicht letztinstanzlich seien. Keine Probleme ergäben sich dabei, wenn der Pflichtige mit der Besteuerung desjenigen Kantons nicht einverstanden sei, in welchem er den Instanzenzug durchlaufe. Falls der Pflichtige die Steuerhoheit des zuletzt Veranlagenden bzw. zuletzt einen Steuerdomizilentscheid fällenden Kantons anerkennen wolle, werde ihm in diesem Fall keine andere Wahl bleiben, als den Instanzenzug im letzten Kanton zu durchlaufen, um schliesslich vor Bundesgericht die

      Aufhebung der eine Doppelbesteuerung bewirkenden Veranlagungen übriger Kantone beantragen zu können. Dieser Rechtsmittelweg müsse dem doppelt Besteuerten trotz der Besonderheit der Konstellation offen stehen (BGE 133 I 300 E. 2.4 mit Hinweisen).

      Nachdem die Beschwerdeführerin die belastenden Veranlagungen der Kantone Zürich und Waadt unangefochten in Rechtskraft erwachsen liess, sucht sie nunmehr eine Möglichkeit, die Frage der Doppelbesteuerung aufgrund der neuen Rechtsprechung dem Bundesgericht unterbreiten zu können. Dieses verlangt wie erwähnt einen kantonal letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheid. Diejenigen Entscheide, welche die Beschwerdeführerin belasten, sind formell rechtskräftig geworden. Der Kanton Waadt hat seinen Entscheid in Wiedererwägung gezogen, und der Kanton St. Gallen hat der neuen Praxis im Einspracheentscheid Rechnung getragen.

      Die vorliegende Problematik wird auch im Schrifttum behandelt (Meier/Clavadetscher, Prozessuale Klippen bei der Durchsetzung des Interkantonalen Doppelbesteuerungsverbots, in: IFF-Forum für Steuerrecht, S. 135 ff.). Zu den Erwägungen des Bundesgerichts wird festgehalten, dass auf ein Rechtsmittel gegen eine Veranlagung, mit welcher der Pflichtige einverstanden ist, nicht eingetreten werde. Ein Nichteintretensentscheid könnte allerdings bis vor die letzte Rechtsmittelinstanz gezogen werden. Eine weitere Möglichkeit, einen Nichteintretensentscheid zu erlangen, wäre ein Vorgehen, dass in einem Kanton die Veranlagung des anderen Kantons angefochten würde, worauf sich mangels Hoheit über den anderen Kanton die angerufenen Instanzen als unzuständig erklären und deshalb auf das Begehren nicht eintreten würden. Die prozessualen Risiken bestünden aber auch in diesem Fall. Weiter wird festgehalten, dass die Möglichkeit bestehe, ein Scheingefecht zu führen, d.h. im Rechtsbegehren die Aufhebung der Veranlagung, mit welcher der Pflichtige einverstanden sei, zu verlangen. Dies würde wohl dazu führen, dass alle Instanzen die Veranlagung be-stätigen würden, weshalb schliesslich ein letztinstanzliches Sachurteil vorläge. In taktischer Hinsicht gelte es dabei abzuwägen, ob in der Begründung durchblicken zu lassen sei, dass eigentlich die Veranlagung des andern Kantons als unzutreffend erachtet werde ob das gestellte Begehren mit voller Überzeugung vertreten werden solle (Meier/Clavadetscher, a.a.O., S. 140).

      Das Bundesgericht geht nach seinen Erwägungen davon aus, dass eine Veranlagung, mit welcher der Pflichtige inhaltlich einverstanden ist, allein deshalb angefochten wird, um einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid zu erwirken. Ob dies zwingend ein materieller Entscheid sein muss ob auch ein Nichteintretensentscheid Anfechtungsobjekt der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sein kann, führt das Bundesgericht nicht näher aus. Aufgrund der vom Bundesgericht angeführten Zwecksetzung der gesetzlichen Regelung, der Entlastung des Bundesgerichts, läge die Schlussfolgerung nahe, dass nur letztinstanzliche kantonale Entscheide, welche materiell eine Veranlagung zum Gegenstand haben, mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden können, denn bei Nichteintretensentscheiden müsste das Bundesgericht eine Veranlagung überprüfen, die von einer unteren kantonalen Instanz getroffen würde. In solchen Fällen wäre es unter dem Blickwinkel der Entlastung des Bundesgerichts nicht weniger aufwendig, wenn eine erstinstanzliche Veranlagung unmittelbar mit Beschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden könnte. Das Bundesgericht hält denn auch fest, dass es bei einem kantonal letztinstanzlichen Entscheid nicht in jedem Fall davon entbunden sei, den Sachverhalt frei zu prüfen, und weiter führt es aus, das in Art. 99 BGG enthaltene Novenverbot sei wohl zu relativieren, wenn der Instanzenzug nur in einem Kanton durchlaufen werde, und die mit dem Vorschalten einer gerichtlichen Instanz verbundenen Vorteile wirkten sich nicht vollumfänglich aus (BGE 133 I 300 E. 2.3). Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass das Bundesgericht einen kantonal letztinstanzlichen Nichteintretensentscheid als taugliches Anfechtungsobjekt für eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten betrachten wird. Damit wird die Durchsetzung des Doppelbesteuerungsverbots nicht vereitelt, selbst wenn die kantonalen Rechtsmittelinstanzen eine Veranlagung nicht materiell überprüfen. Es kann vom Steuerpflichtigen auch nicht ernsthaft verlangt werden, eine Veranlagung anzufechten, die er ausdrücklich als richtig erachtet. Ein solches Scheingefecht (vgl. Meier/Clavadetscher, a.a.O., S. 140) wäre einem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten. Dieser hat im übrigen die Möglichkeit, sämtliche Veranlagungen anzufechten, mit denen er inhaltlich nicht einverstanden ist. Es obliegt letztlich dem Pflichtigen zu entscheiden, ob er zunächst verschiedene Veranlagungen in Rechtskraft erwachsen lässt und erst die letzte Veranlagung anficht. Im vorliegenden Fall wäre es der Beschwerdeführerin jedenfalls unbenommen gewesen, die Veranlagungen der Kantone

      Zürich und Waadt anzufechten und geltend zu machen, die Steuerausscheidung sei anders vorzunehmen.

        1. Zusammenfassend ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen, dass im Nichteintretensentscheid der Vorinstanz keine Rechtsverletzung erblickt werden kann. Der Anspruch bzw. das Interesse der Beschwerdeführerin, einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid zu erwirken, wurde nicht vereitelt. Somit ist die Beschwerde abzuweisen.

        2. Selbst wenn der Beschwerdeführerin das geltend gemachte "erweiterte Rechtsschutzinteresse" zuzuerkennen wäre, welches ihr Anspruch auf einen materiellen Entscheid verschaffen würde, könnte ihrem Rechtsbegehren in der gestellten Form nicht stattgegeben werden. Der Einspracheentscheid des kantonalen Steueramts vom 19. Juli 2007 könnte nämlich nicht aufgehoben werden, da sich die Veranlagung als materiell rechtmässig erweist.

  2. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 2'000.-- ist angemessen (Ziff. 382 Gerichtskostentarif,

sGS 941.12).

Die Beschwerdeführerin beantragt einen Verzicht auf die Kostenerhebung. Sie begründet dies mit den dem vorliegenden Fall eigenen Umständen. Inwiefern diese einen Verzicht auf die Kostenerhebung rechtfertigen, legt sie aber nicht substantiiert dar. Auf die Kostenerhebung ist daher nicht zu verzichten. Die Kosten sind mit dem geleisteten Vorschuss in gleicher Höhe zu verrechnen.

Ausseramtliche Entschädigungen sind nicht zuzusprechen (Art. 98bis VRP).

Demnach hat das Verwaltungsgericht

zu Recht erkannt:

  1. ./ Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. ./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2'000.-- bezahlt die

    Beschwerdeführerin unter Verrechnung des Kostenvorschusses in gleicher Höhe.

  3. ./ Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.

V. R. W.

Der Präsident: Der

Gerichtsschreiber:

Versand dieses Entscheides an:

  • die Beschwerdeführerin (durch Rechtsanwälte D. und F.)

  • die Vorinstanz

  • den Beschwerdegegner

am:

Rechtsmittelbelehrung:

Sofern eine Rechtsverletzung nach Art. 95 ff. BGG geltend gemacht wird, kann gegen diesen Entscheid gestützt auf Art. 82 lit. a BGG innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde erhoben werden.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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