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Urteil Versicherungsgericht (SG - AVI 2009/20)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2009/20: Versicherungsgericht

Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO erhob Einspruch gegen 17 Verfügungen des Amts für Arbeit in St. Gallen bezüglich Kurzarbeitsentschädigung. Es ging um die Zusammenfassung von Organisationseinheiten zu Betriebsabteilungen. Nach verschiedenen Einsprachen und Entscheiden wurde festgelegt, welche Organisationseinheiten als eigenständige Betriebsabteilungen gelten. Das SECO erhob Beschwerde gegen den Entscheid, die Organisationseinheiten neu zu ordnen. Das Versicherungsgericht entschied, dass bestimmte Organisationseinheiten als Restgruppe in einer Betriebsabteilung zusammengefasst werden sollen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AVI 2009/20

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2009/20
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2009/20 vom 14.10.2009 (SG)
Datum:14.10.2009
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 53 Abs. 3 ATSG: Wiedererwägung eines angefochtenen Einspracheentscheids pendente lite. Eine materielle Prüfung durch das Versicherungsgericht ist trotz Wiedererwägung des angefochtenen Einspracheentscheids pendente lite, mit der den Anträgen des Beschwerdeführers (SECO) vollumfänglich entsprochen wird, geboten, wenn die Rechtsstellung der materiell betroffenen Partei durch die Wiedererwägung verschlechtert wurde. Art. 32 Abs. 1 AVIG; Art. 32 Abs. 4 AVIG i.V.m. Art. 52 AVIV: Kurzarbeitsentschädigung. Anrechenbarer Arbeitsausfall. Bleiben bei einer Aufteilung eines Betriebes in Betriebsabteilungen im Sinne von Art. 52 Abs. 1 AVIV Organisationseinheiten übrig, sind diese in einer Restgruppe zusammenzufassen und als Betriebsabteilung zu behandeln (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. Oktober 2009, AVI 2009/20).
Schlagwörter: Betrieb; Betriebsabteilung; Einsprache; Einspracheentscheid; Arbeit; Kurzarbeit; Organisationseinheit; Controlling; Controlling/; Kurzarbeitsentschädigung; Organisationseinheiten; Services; Beigeladene; Betriebsabteilungen; Finanzwesen; Beschwerdegegner; Person; Business; Development; Account; Management; Personal; Controlling/Finanzwesen; Verfügung; Gericht; Restgruppe; Beschwerdeführers; Bereich; Stellung
Rechtsnorm: Art. 102 AVIG;Art. 32 AVIG;Art. 35 AVIG;Art. 36 AVIG;Art. 38 AVIG;Art. 55 ATSG ;Art. 58 VwVG ;
Referenz BGE:127 V 228;
Kommentar:
Ueli Kieser, ATSG- 2. Auflage, Art. 53 ATSG, 2009

Entscheid des Verwaltungsgerichts AVI 2009/20

Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Marie Löhrer und Marie-Theres Rüegg Haltinner; a.o. Gerichtsschreiber Benedikt Fässler

Entscheid vom 14. Oktober 2009

in Sachen

Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Arbeitsmarkt / Arbeitslosenversicherung,

Rechtsvollzug, Effingerstrasse 31, 3003 Bern,

Beschwerdeführer,

gegen

Amt für Arbeit, Unterstrasse 22, 9001 St. Gallen,

Beschwerdegegner,

und

  1. ,

    Beigeladene,

    betreffend

    Kurzarbeitsentschädigung (i.S. G. ) Sachverhalt:

    A.

    Mit Voranmeldung vom 19. November 2008 stellte die G. , für insgesamt 17 Betriebsabteilungen Gesuche um Kurzarbeitsentschädigung. Mit 17 Verfügungen vom

    1. bzw. 2. Dezember 2008 erhob das Amt für Arbeit des Kantons St. Gallen in keinem Fall Einspruch gegen die Auszahlung von Kurzarbeitsentschädigung (vgl. Art. 36 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung; [AVIG; SR 837.0]; act. G 5.4-20).

B.

    1. Mit Schreiben vom 19. Januar 2009 erhob das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) Einsprache gegen die 17 Verfügungen. Das SECO beantragte, die 17 Verfügungen betreffend Voranmeldung zur Kurzarbeit seien in einem Verfahren zu vereinigen, die angefochtenen Verfügungen des Amts für Arbeit seien insofern aufzuheben, als diese einen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung für die einzelnen Organisationseinheiten als eigenständige Betriebsabteilungen bejahten; die einzelnen Organisationseinheiten seien den eigenständigen Betriebsabteilungen Verkauf/ Marketing, Customer Services, Forschung + Entwicklung, Versorgung/Logistik + TQM unterzuordnen sowie die Organisationseinheiten Business Development, Controlling/

      Finanzwesen, Personal/Services und Key Account Management zu einer

      Betriebsabteilung zusammenzufassen (act. G 1/2).

    2. Mit schriftlicher Stellungnahme vom 28. Januar 2009 brachte die G. vor, der Grund, Betriebsabteilungen zu bilden, hänge mit der unterschiedlichen Auslastung in den einzelnen Betriebsabteilungen zusammen. Es gehe der G. jedoch in keinem Fall darum, die 10-Prozentklausel die Höchstbezugsdauer zu umgehen. Sie schlug deshalb eine Reduktion der Betriebsabteilungen, für die Kurzarbeit beansprucht wird, von 17 auf 14 vor.

    3. Mit Einspracheentscheid vom 9. Februar 2009 hiess das Amt für Arbeit des Kantons St. Gallen die Einsprache teilweise gut. Im Einspracheentscheid wurde den Begehren des SECO weitgehend entsprochen. Das Amt für Arbeit hielt jedoch daran fest, dass die Organisationseinheit Controlling/Finanzwesen als Betriebsabteilung anerkannt werde. Zwar würden die Bereiche Business Development, Controlling/ Finanzen, Personal Services und Key Account Management allesamt zentrale Dienste erbringen. Da für die Bereiche Personal Services, Key Account Management und Business Development keine Kurzarbeit beantragt worden sei, verbleibe im Sinne einer Restgruppe der Bereich Controlling/Finanzwesen übrig (act. G 1/1).

C.

Mit Schreiben vom 9. März 2009 erhebt das SECO Beschwerde gegen den Einspracheentscheid an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen (vgl. Art. 102 Abs. 1 AVIG). Der Beschwerdeführer beantragt, der Einspracheentscheid des Amtes für Arbeit sei insofern aufzuheben, als er die Organisationseinheit Controlling/Finanzwesen als eigenständige Betriebsabteilung anerkenne, und die Organisationseinheiten Controlling/Finanzwesen, Business Development, Personal/Services und Key Account Management seien als Restgruppe in einer Betriebsabteilung zusammenzufassen (act. G 1). Mit Beschwerdeantwort vom 11. Mai 2009 teilt der Beschwerdegegner mit, dass der Einspracheentscheid vom 19. Januar 2009 (recte: 9. Februar 2009) pendente lite aufgehoben und durch einen neuen Einspracheentscheid vom 11. Mai 2009 ersetzt worden sei (act. G 5). Darin wird den in der Beschwerde gestellten Rechtsbegehren

des Beschwerdeführers vollumfänglich entsprochen und die Organisationseinheiten

Controlling/Finanzen, Business Development, Personal Services und Key Account Management werden als Restgruppe zusammengefasst (act. G 5.1). Der Beschwerdegegner beantragt die Gutheissung der Beschwerde. Am 19. Mai 2009 wurde die G. zum Prozess beigeladen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Beschwerdeanträgen des SECO eingeräumt. Der Wiedererwägungsentscheid des Beschwerdegegners vom 11. Mai 2009 werde formal als Antrag an die Beschwerdeinstanz betrachtet (act. G 6). Die Beigeladene hat auf die Einreichung einer Stellungnahme verzichtet (act. G 9).

Erwägungen:

1.

    1. Gemäss Art. 53 Abs. 3 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) kann ein Versicherungsträger eine Verfügung einen Einspracheentscheid, gegen die Beschwerde erhoben wurde, so lange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt (sog. Wiedererwägung pendente lite). Diese Regelung entspricht inhaltlich Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021). Gestützt auf den Verweis in Art. 55 Abs. 1 ATSG sind auch die weiteren Absätze von Art. 58 VwVG für das Beschwerdeverfahren vor kantonalem Versicherungsgericht massgeblich (Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, 2009, Art. 53 Rz 49). Gemäss Art. 58 Abs. 2 VwVG hat die Vorinstanz eine neue Verfügung ohne Verzug den Parteien zu eröffnen und der Beschwerdeinstanz zur Kenntnis zu bringen. Die Beschwerdeinstanz setzt die Behandlung der Beschwerde fort, soweit diese durch die neue Verfügung der Vorinstanz nicht gegenstandslos geworden ist (Art. 58 Abs. 3 VwVG). Gegenstandslosigkeit des Beschwerdeverfahrens tritt nach ständiger höchstrichterlicher Praxis und herrschender Lehre ein, wenn durch die lite pendente erlassene Verfügung (bzw. den lite pendente erlassenen Einspracheentscheid) den Anträgen des Beschwerdeführers vollumfänglich entsprochen wird. In diesem Fall kann das Verfahren abgeschrieben werden. Ist mit der nach Rechtshängigkeit erlassenen Verfügung (bzw. dem Einspracheentscheid) demgegenüber eine Schlechterstellung (reformatio in peius) des Beschwerdeführers verbunden, kommt dieser nur der Charakter eines Antrages an das Gericht zu (SVR EL 2005 Nr. 3 E. 3.2; BGE 127 V 228

      E. 2b/bb, je mit w.Nw.; Ueli Kieser, a.a.O., Art. 53 Rz 47 und Art. 61 Rz 87; August Mächler, in: Christoph Auer / Markus Müller / Benjamin Schindler (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG), 2008, Art. 58 Rz 16 ff.). Kommt einer Verfügung einem Einspracheentscheid lediglich der Charakter eines Antrags an das Gericht zu, werden sie als nichtig betrachtet, d.h. sie sind nicht der Rechtskraft fähig und treten nicht an die Stelle der ursprünglichen Verfügung bzw. des ursprünglichen Einspracheentscheids (SVR EL 2005 Nr. 3 E. 3.2.2; August Mächler, a.a.O., Art. 58 Rz 19).

    2. Vorliegend hat der Beschwerdegegner am 11. Mai 2009 zusammen mit der Stellungnahme gegenüber dem Gericht einen Wiederwägungsentscheid erlassen, in dem den Anträgen des Beschwerdeführers vollumfänglich entsprochen wurde, weshalb das Verfahren nach der erwähnten Praxis grundsätzlich gemäss Art. 55 Abs. 1 ATSG

      i.V.m. Art. 58 Abs. 3 VwVG abzuschreiben wäre. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass nicht die Beigeladene als materiell betroffene Partei, sondern das SECO gestützt auf Art. 102 Abs. 1 AVIG Beschwerde erhoben hat. Es stellt sich die Frage, wie im Falle einer Wiedererwägung pendente lite zu verfahren ist, wenn nicht die materiell betroffene Partei, sondern eine von Gesetzes wegen zur Beschwerde berechtigte Verwaltungsbehörde Beschwerde erhoben hat. Geht man rein formal vom Standpunkt des Beschwerdeführers aus, ist das Beschwerdeverfahren wegen Gegenstandslosigkeit abzuschreiben, weil der Beschwerdegegner mit dem pendente lite erlassenen Einspracheentscheid den in der Beschwerde gestellten Anträgen vollumfänglich entsprochen hat. Stellt man demgegenüber auf die Interessenlage der Beigeladenen als materiell betroffener Partei ab, ist durch den pendente lite erlassenen neuen Einspracheentscheid des Beschwerdegegners die Rechtsstellung der Beigeladenen verschlechtert worden, wird doch in Abweichung zum ersten Einspracheentscheid die Organisationseinheit Controlling/Finanzwesen nicht mehr als Betriebsabteilung anerkannt. Richtigerweise muss in dieser speziellen Konstellation vom Standpunkt der materiell betroffenen Partei ausgegangen werden. Die Beschwerdelegitimation des SECO gemäss Art. 102 Abs. 1 AVIG dient der richtigen und rechtsgleichen Anwendung des Bundesrechts (Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Ulrich Meyer (Hrsg.), Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band XIV, Soziale Sicherheit, 2. Auflage, 2009, Rz 897,

      S. 2452). Das SECO verfolgt somit mit einer Beschwerde vor Versicherungsgericht

      ausschliesslich öffentliche Interessen. Die Interessenlage weicht somit erheblich vom Normalfall ab, in dem ein Beschwerde führerender Versicherter ausschliesslich private Interessen verfolgt. Da somit aus Sicht der materiell betroffenen Beigeladenen mit dem pendente lite erlassenen neuen Einspracheentscheid eine Schlechterstellung vorliegt, ist dieser lediglich als Antrag an das Gericht zu betrachten. Auch ein Rechtsschutzinteresse der Beigeladenen ist nach wie vor vorhanden, zumal sie innerhalb der Dreimonatsfrist (vgl. Art. 38 Abs. 1 AVIG) für die verschiedenen Betriebsabteilungen, einschliesslich Controlling und Finanzwesen, Kurzarbeitsentschädigung beantragt hat (vgl. act. G 7). Somit ist der erste angefochtene Einspracheentscheid vom 9. Februar 2009 durch das Gericht materiell zu überprüfen.

    3. Anfechtungsgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist der Einspracheentscheid des Beschwerdegegners vom 9. Februar 2009. Streitgegenstand ist gemäss den Anträgen des Beschwerdeführers jedoch einzig die Frage, ob der angefochtene Einspracheentscheid insofern aufzuheben sei, als er die Organisationseinheit Controlling/Finanzwesen als eigenständige Betriebsabteilung anerkennt, und ob die Organisationseinheiten Controlling/Finanzwesen, Business Development, Personal/Services und Key Account Management als Restgruppe in einer Betriebsabteilung zusammenzufassen seien. In den übrigen Punkten wurde der Einspracheentscheid vom Beschwerdeführer nicht beanstandet. Aufgrund der fehlenden Bindung des Gerichts an die Parteibegehren (vgl. Art. 61 lit. d ATSG) und weil vorliegend die Rechtsstellung der Beigeladenen betroffen ist, hat eine umfassende Überprüfung des Einspracheentscheids durch das Gericht zu erfolgen.

2.

2.1 Arbeitnehmer, deren normale Arbeitszeit verkürzt deren Arbeit ganz eingestellt ist, haben unter den in Art. 31 Abs. 1 lit. a-d AVIG genannten Voraussetzungen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung. Der Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung setzt gemäss Art. 31 Abs. 1 lit. b AVIG unter anderem voraus, dass der Arbeitsausfall anrechenbar ist. Gemäss Art. 32 Abs. 1 AVIG ist ein Arbeitsausfall anrechenbar, wenn er auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen und unvermeidbar ist (lit. a) und pro Abrechnungsperiode mindestens 10 Prozent der

Arbeitsstunden ausmacht, die von den Arbeitnehmern des Betriebes normalerweise insgesamt geleistet werden (lit. b). In Art. 32 Abs. 4 AVIG wird der Bundesrat ermächtigt zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen eine Betriebsabteilung einem Betrieb gleichgestellt ist. Von dieser Kompetenz hat der Bundesrat in Art. 52 Abs. 1 der Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIV; SR 837.02) Gebrauch gemacht. Danach ist eine Betriebsabteilung einem Betrieb gleichgestellt, wenn sie eine mit eigenen personellen

und technischen Mitteln ausgestattete organisatorische Einheit bildet, die einer eigenen innerbetrieblichen Leitung untersteht (lit. a) Leistungen erbringt, die auch von selbständigen Betrieben erbracht und auf dem Markt angeboten werden könnten

(lit. b). Damit eine Betriebsabteilung einem Betrieb gleichstellt werden kann, muss sie innerhalb des Gesamtbetriebs eine gewisse Autonomie geniessen und muss eine Arbeitnehmergruppe umfassen, die im Gesamtbetrieb eine organisatorische Einheit bildet. Sie muss einem eigenen Betriebszweck dienen im innerbetrieblichen Produktionsablauf eigene Leistungen (z.B. Herstellung eines Zwischenprodukts) erbringen. Eine räumliche Trennung ist demgegenüber nicht erforderlich (Kreisschreiben über die Kurzarbeitsentschädigung [KS KAE], Rz C33). Gegen eine Betriebsabteilung spricht eine enge personelle und technische Verflechtung mit anderen betrieblichen Einheiten. Ebenfalls keine Betriebsabteilung liegt vor, wenn die Gruppe nur wenige Arbeitnehmende gar nur eine einzelne Person umfasst. Mit diesen Kriterien soll verhindert werden, dass durch eine allzu grosszügige Anerkennung von Betriebsabteilungen die 10 Prozentklausel im Zusammenhang mit dem geforderten Arbeitsausfall (Art. 32 Abs. 1 lit. b AVIG) und die Höchstbezugsdauer der Kurzarbeitsentschädigung (Art. 35 AVIG) ihres Inhalts entleert werden (Kreisschreiben über die Kurzarbeitsentschädigung [KS KAE], Rz C34). Bei der Aufgliederung eines Betriebes in Betriebsabteilungen sind zuerst die Betriebsabteilungen, welche die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, auszuscheiden. Verbleiben am Schluss Restgruppierungen, sind diese in einer Restgruppe zusammenzufassen und als Betriebsabteilung zu behandeln (KS KAE, Rz C35).

3.

Gemäss dem Organigramm der Beigeladenen sind der Geschäftsführung die acht Organisationseinheiten Verkauf/Marketing, Business Development, Customer Services,

Forschung + Entwicklung, Versorgung/Logistik u. TQM, Controlling/Finanzwesen, Personal/Services und Key Account Management untergeordnet. Die meisten dieser Organisationseinheiten sind in weitere Untereinheiten gegliedert (act. G 5.21). Die Beigeladene hatte zuerst für einzelne untergeordnete Organisationseinheiten Kurzarbeit vorangemeldet (vgl. Art. 36 Abs. 1 AVIG), wogegen der Beschwerdegegner in keinem Fall Einspruch erhob (vgl. Art. 36 Abs. 4 AVIG). Auf Einsprache des Beschwerdeführers hin, hat der Beschwerdegegner die Zahl der Betriebsabteilungen auf sechs reduziert: Es wurden die grösseren, direkt der Geschäftsführung untergeordneten Organisationseinheiten Verkauf/Marketing, Customer Services, Forschung, Entwicklung und Versorgung/Logistik u. TQM als Betriebsabteilung anerkannt. Weiter wurde der Bereich "Z. ", der im Organigramm separat dargestellt ist, als selbständiges Profitcenter und somit als Betriebsabteilung anerkannt. Diese vom Beschwerdeführer nicht angefochtene Gliederung erscheint plausibel. Die Beigeladene hatte in ihrer im Einspracheverfahren eingereichten Stellungnahme vom 28. Januar 2009 zwar noch eine andere Aufteilung vorgeschlagen. Sie begründet die Bildung von Betriebsabteilungen jedoch ausschliesslich mit der unterschiedlichen Auslastung der verschiedenen Einheiten. Es geht jedoch nicht an, Betriebsabteilungen einzig im Hinblick auf den Bezug von Kurzarbeitsentschädigung zu bilden. Vielmehr müsste überzeugend dargelegt werden, warum die Kriterien für eine Betriebsabteilung gemäss Art. 52 AVIV erfüllt sind. Die Beigeladene brachte in ihrer Stellungnahme jedoch keine überzeugenden Argumente dafür vor, weshalb die Unterabteilungen als Betriebsabteilungen anzuerkennen sind. Somit ist nicht zu beanstanden, wenn der Beschwerdeführer die Aufteilung entsprechend dem Organigramm der Beigeladenen vorgenommen hat. Da sich die Beigeladene vor Gericht nicht hat vernehmen lassen, besteht für das Gericht keine Veranlassung, diese zwischen Beschwerdeführer und Beschwerdegegner unbestrittene Aufteilung zu hinterfragen.

4.

Von den verbleibenden, direkt der Geschäftsführung unterstellten Organisationseinheiten (Business Development, Controlling/Finanzwesen, Personal/ Services, Key Account Management), wurde einzig für den Bereich Controlling/ Finanzwesen Kurzarbeitsentschädigung beantragt. Im angefochtenen Einspracheentscheid hat der Beschwerdegegner noch argumentiert, dass diese

Bereiche zentrale Dienste erbringen. Weil für die Bereiche Personal Services, Key Account Management und Business Development keine Voranmeldung um Kurzarbeit beantragt wurde, könnten diese bei der Bildung einer Betriebsabteilung im Sinne einer Restgruppe nicht berücksichtigt werden (vgl. act. G 1/1). Im wiedererwägungsweise erlassenen Einspracheentscheid ist der Beschwerdegegner der Argumentation des Beschwerdeführers gefolgt und hat in Anwendung von KS KAE Rz C35 die Einheiten Controlling/Finanzen, Personal Services, Business Development und Key Account Management im Sinne einer Restgruppe zusammengefasst (vgl. act. G 5.1). Dieser Auffassung ist beizupflichten. Dürften jene Organisationseinheiten, für die keine Kurzarbeitsentschädigung beantragt wurde, bei der Bildung einer Restgruppe i.S.v. KS KAE Rz C35 nicht berücksichtigt werden, könnte die 10-Prozent-Klausel des Art. 32 Abs. 1 lit. b AVIG bzw. die Höchstbezugsdauer der Kurzarbeitsentschädigung gemäss Art. 35 AVIG leicht umgangen werden, indem die Unternehmungen jeweils zeitlich kurz verschoben für die einzelnen Organisationseinheiten nach und nach Kurzarbeitsentschädigung verlangten.

5.

    1. Aus den vorangehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde gutzuheissen und die Organisationseinheiten Controlling/Finanzwesen, Business Development, Personal/Services sowie Key Account Management als Restgruppe in einer Betriebsabteilung zusammenzufassen sind. Im Übrigen ist der Einspracheentscheid vom 9. Februar 2009 zu bestätigen.

    2. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG

entschieden:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird der Einspracheentscheid vom 9. Februar

    2009 insofern abgeändert, als die Organisationseinheiten Controlling/Finanzwesen,

    Business Development, Personal/Services und Key Account Management als Restgruppe in einer Betriebsabteilung zusammengefasst werden.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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