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Urteil Versicherungsgericht (SG - AVI 2008/55)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2008/55: Versicherungsgericht

Der Beschwerdeführer war von 1989 bis 2006 als Schlosser angestellt und erhielt Krankentaggeldleistungen. Nachdem er sich bei der Invalidenversicherung angemeldet hatte, meldete er sich auch arbeitslos und beantragte Arbeitslosenentschädigung. Es entstand ein Streit darüber, ob seine Vermittlungsfähigkeit bei 50% oder 100% lag. Letztendlich wurde festgestellt, dass er nur für eine Teilzeitbeschäftigung bereit war, weshalb die Arbeitslosenversicherung nur im Umfang von 50% vorleistungspflichtig war. Die Beschwerde des Versicherten wurde abgewiesen, da er keine Bereitschaft für eine Vollzeitstelle zeigte. Der Richter ist männlich.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AVI 2008/55

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2008/55
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2008/55 vom 05.06.2009 (SG)
Datum:05.06.2009
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG i.V.m. Art. 15 Abs. 3 AVIV. Umfassende Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung bei hängigem IV-Verfahren verneint, da Beschwerdeführer lediglich bereit war, eine 50%-Stelle anzunehmen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 5. Juni 2009, AVI 2008/55). Aufgehoben durch Urteil des Bundesgerichts 8C_651/2009.
Schlagwörter: Arbeit; Arbeitslose; Arbeitslosen; Arbeitslosenversicherung; Arbeitsausfall; Vermittlungsfähigkeit; Beschwerdeführers; Person; Vorleistung; Entscheid; Invalidenversicherung; Arbeitsfähigkeit; Verfügung; Einsprache; Vorleistungspflicht; Kasse; Vertreter; Einspracheentscheid; Versicherung; Leistung; Vermittlungsunfähigkeit; Akten; Erlass; Recht; Pensum; Arbeitsausfalls; Einspracheentscheids
Rechtsnorm: Art. 15 AVIG;Art. 85b AVIG;
Referenz BGE:120 V 387; 125 V 58; 125 V 59;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AVI 2008/55

Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Karin Huber-Studerus und Marie-Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiberin Andrea Keller

Entscheid vom 5. Juni 2009

in Sachen

L. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Rainer Braun, Oberdorfstrasse 6, Postfach, 8887 Mels,

gegen

Kantonale Arbeitslosenkasse, Davidstrasse 21, 9001 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

betreffend

Vermittlungsfähigkeit/anrechenbarer Arbeitsausfall (Koordination IV) Sachverhalt:

A.

    1. L. war von 1. Dezember 1989 bis 30. November 2006 bei der A. als

      Schlosser angestellt (act. G 3.1.C31). Dr. med. B. attestierte dem Versicherten am

      14. März 2008 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit von 27. März 2006 bis 31. März 2008; ab 1. April 2008 betrage die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich dauernd 50% (act. G 3.1.C27). Der Versicherte erhielt Krankentaggeldleistungen (act. G 3.1.C32 bis 36, 3.1.C47 bis 58). Am 1. Dezember 2006 hatte er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet (act. G 3.1.C25).

    2. Am 15. März 2008 meldete sich der Versicherte bei der Arbeitslosenversicherung zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung ab 1. April 2008 an. Er gab an, er sei im Ausmass von 50% bereit und in der Lage, zu arbeiten (act. G 3.1.C30). In der Folge wurde ihm eine Rahmenfrist für den Leistungsbezug von 1. April 2008 bis 31. März 2010 eröffnet (act. G 3.1.C17).

    3. Mit Schreiben vom 8. Juli 2008 teilte der Versicherte, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Rainer Braun, der Kantonalen Arbeitslosenkasse (nachfolgend: Kasse) mit, die Arbeitslosentaggeldleistungen seit April 2008 basierten offensichtlich auf einer Arbeitsfähigkeit von 50%. Die Arbeitslosenversicherung sei im Verhältnis zur Invalidenversicherung vorleistungspflichtig. Der Versicherte gelte bis zum Entscheid der Invalidenversicherung als vermittlungsfähig, weshalb er um Prüfung einer entsprechenden Anpassung der Arbeitslosentaggelder ab April 2008 bitte. Seit März 2008 sei der Versicherte bei der Krankentaggeldversicherung ausgesteuert (act. G 3.1.C6).

    4. Mit Verfügung vom 17. Juli 2008 setzte die Kasse den versicherten Verdienst des Versicherten auf Fr. 1'107.00 fest; seine Vermittlungsfähigkeit betrage 50%. Die Arbeitslosenversicherung sei nur im bescheinigten Ausmass (der Arbeitsfähigkeit) vorleistungspflichtig. Ausserdem habe er sich nur für ein Pensum von 50% angemeldet (act. G 3.1.C5).

    5. Mit Schreiben vom 28. August 2008 meldete der Vertreter des Versicherten diesen beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum Sargans (nachfolgend: RAV) per sofort als vollzeitarbeitslos an und beantragte einen Vermittlungsgrad von 100% (act. G 3.1.C3).

B.

Am 2. September 2008 erhob der Vertreter des Versicherten Einsprache bei der Kasse und beantragte, die Verfügung vom 17. Juli 2008 sei aufzuheben. Die Vermittlungsfähigkeit des Versicherten sei auf 100% festzulegen und es seien ihm die entsprechenden Arbeitslosenversicherungstaggelder auszurichten (act. G 3.1.C2). Mit Entscheid vom 16. September 2008 wies die Kasse die Einsprache ab (act. G 3.1.C1).

C.

    1. Mit Eingabe vom 6. Oktober 2008 erhebt der Vertreter des Versicherten Beschwerde und beantragt, der Einspracheentscheid vom 16. September 2008 und die Verfügung vom 17. Juli 2008 seien aufzuheben. Der anrechenbare Arbeitsausfall/die Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers sei spätestens ab 28. August 2008 auf 100% festzulegen. Dem Beschwerdeführer seien die entsprechenden Arbeitslosenversicherungstaggelder auszurichten. Zudem beantragt er den Beizug der IV-Akten. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, gemäss ärztlicher Bestätigung sei der Beschwerdeführer zu 50% arbeitsfähig. Allerdings sei die medizinische Situation nicht geklärt. Die Invalidenversicherung habe deshalb eine Begutachtung angeordnet; bis heute habe sie nicht über ihre Leistungspflicht entschieden. Eine teilweise Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sei gegeben. Er versuche, diese so gut wie möglich zu verwerten. Es bestehe eine Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung. Eine behinderte Person, die unter der Annahme einer ausgeglichenen Arbeitsmarktlage nicht offensichtlich vermittlungsunfähig sei und sich bei der Invalidenversicherung einer anderen Versicherung angemeldet habe, gelte bis zum Entscheid der entsprechenden Versicherung als vermittlungsfähig. Es bestehe eine Vermutung zugunsten der Vermittlungsfähigkeit. Beim Beschwerdeführer liege keine offensichtliche Vermittlungsunfähigkeit vor (act. G 1).

    2. Mit Beschwerdeantwort vom 4. November 2008 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung bringt sie im Wesentlichen vor, die Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung betrage nicht in jedem Fall 100% des anrechenbaren Arbeitsausfalls. Der Beschwerdeführer sei sowohl aufgrund seiner eigenen subjektiven Einschätzung als auch gemäss der Einschätzung des Arztes allenfalls versuchsweise zu 50% arbeitsfähig. Es sei somit sowohl objektiv als auch subjektiv von einem Arbeitsausfall von möglicherweise 50% auszugehen. Eine Erhöhung des Beschäftigungsgrads sei medizinisch nicht indiziert. Es fehle auch die

      subjektive Bereitschaft des Beschwerdeführers zur Ausübung einer Vollzeitstelle (act. G 3).

    3. Mit Replik vom 19. November 2008 hält der Vertreter des Beschwerdeführers grundsätzlich an seinen Anträgen fest, wobei er nun die Festlegung des anrechenbaren Arbeitsausfalls/der Vermittlungsfähigkeit auf 100% per 1. April 2008 verlangt. Das Verfahren bei der Invalidenversicherung sei nach wie vor pendent. In der Zwischenzeit sei das psychiatrische Teilgutachten von Dr. med. C. eingegangen; aus psychiatrischer Sicht würden keine Diagnosen gestellt. Im Übrigen widerspreche die Argumentation der Beschwerdegegnerin der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, welche eine graduelle Abstufung der Vermittlungsfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung ausschliesse. Die Verwaltung müsse die versicherte Person darüber aufklären, dass sie bis zum Entscheid der Invalidenversicherung eine Einschränkung des Taggeldanspruchs nicht hinnehmen müsse. Werde die Beratungspflicht durch die Organe der Arbeitslosenversicherung verletzt, sei der Versicherte gestützt auf den öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutz so zu stellen, wie wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für das volle Taggeld erfüllt seien. Vorliegend fehle es an einer entsprechenden Beratung bzw. Aufklärung, weshalb der anrechenbare Arbeitsausfall ab 1. April 2008 auf 100% festzulegen sei (act. G 5).

    4. Mit Duplik vom 9. Dezember 2008 hält die Beschwerdegegnerin an ihrem Antrag fest. Der Beschwerdeführer habe durch seinen Vertreter am 8. Juli 2008 die Heraufsetzung des anrechenbaren Arbeitsausfalls verlangen lassen. Es müsse somit davon ausgegangen werden, dass er die Vorleistung(spflicht) gekannt habe, weshalb dem RAV keine Verletzung der Beratungspflicht vorgeworfen werden könne. Gegenüber seinem Personalberater und bei der Erfüllung der Kontrollvorschriften habe

      er allerdings ausdrücklich auf einer Arbeitsfähigkeit von 50% und der Suche nach Teilzeitstellen beharrt und auch während der Dauer des vorliegenden Verfahrens für den Monat November 2008 Arbeitsbemühungen für eine Teilzeitstelle erbracht. Aufgrund der medizinisch zumutbaren Leistungsfähigkeit für ein Pensum einer Teilzeitstelle mit voller Leistung sei eine berufliche Abklärung gemacht worden; am 21. Oktober 2008 habe zudem ein Standortgespräch stattgefunden (act. G 7).

    5. Am 19. Februar/5. März 2009 zieht das Versicherungsgericht antragsgemäss die Akten der Invalidenversicherung bei und gewährt den Parteien diesbezüglich das rechtliche Gehör (act. G 9, 11). Die Parteien verzichten in der Folge auf eine Stellungnahme zu den IV-Akten (act. G 14).

Erwägungen:

1.

Vorab stellt sich die Frage nach der Zuständigkeit der Beschwerdegegnerin zum Erlass der angefochtenen Verfügung bzw. des Einspracheentscheids. Gemäss Art. 85 lit. d des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0) fällt die Kompetenz zur Überprüfung der Vermittlungsfähigkeit der Arbeitslosen in die Zuständigkeit der kantonalen Amtsstellen. Im Kanton St. Gallen ist die Kompetenz von der kantonalen Amtsstelle, dem Amt für Arbeit, an die regionalen Arbeitsvermittlungszentren übertragen (Art. 85b Abs. 1 AVIG in Verbindung mit Art. 2 des kantonalen Gesetzes über Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung vom 1. April 1993 [sGS 361.0] und Art. 6 lit. i und k der Verordnung über regionale Arbeitsvermittlungszentren [sGS 361.13]). Nach Art. 81 Abs. 2 lit. a AVIG unterbreitet die Kasse einen Fall der kantonalen Amtsstelle zum Entscheid, wenn Zweifel bestehen, ob der Versicherte anspruchsberechtigt ist. Die kantonale Amtsstelle wird demnach verpflichtet, über die Vermittlungsfähigkeit eine auf Feststellung lautende Verfügung zu erlassen, wenn die Arbeitslosenkasse das Zweifelsfallverfahren eingeleitet hat. Ob die Kasse so vorgeht, obliegt ihrem pflichtgemässen Ermessen. Betrachtet sie die Anspruchsvoraussetzung der Vermittlungsfähigkeit als nicht gegeben, bleibt sie zum Erlass einer leistungsablehnenden Verfügung zuständig. Die Arbeitslosenkassen überweisen einen Fall nur dann an die kantonale Amtsstelle, wenn

sie Zweifel an der Vermittlungsfähigkeit des am Recht stehenden Versicherten haben. Ohne derartige Zweifel, können die Kassen selbstständig verfügen (Urteile des Bundesgerichts vom 27. Juni 2002, C 272/01, E. 1 sowie vom 30. August 2005, C 129/05, E. 2). Entsprechend kann die Beschwerdegegnerin vorliegend zum Erlass der angefochtenen Verfügung bzw. des Einspracheentscheids als zuständig erachtet werden, zumal sie die Frage hauptsächlich unter dem Aspekt des anrechenbaren Arbeitsausfalls prüfte, wofür sie zuständig ist (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. a AVIG).

2.

    1. Eine der gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ist die Vermittlungsfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG). Die arbeitslose Person ist im Sinn von Art. 15 Abs. 1 AVIG vermittlungsfähig, wenn sie bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen. Zur Vermittlungsfähigkeit gehört demnach objektiv neben der Arbeitsberechtigung die Arbeitsfähigkeit und subjektiv die Bereitschaft, die Arbeitskraft entsprechend den persönlichen Verhältnissen während der üblichen Arbeitszeit einzusetzen (BGE 125 V 58 E. 6a, mit Hinweisen).

    2. Nach Art. 15 Abs. 2 AVIG gilt die körperlich geistig behinderte Person als vermittlungsfähig, wenn ihr bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage, unter Berücksichtigung ihrer Behinderung, auf dem Arbeitsmarkt eine zumutbare Arbeit vermittelt werden könnte. Art. 15 Abs. 3 der Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIV; SR 837.02) koordiniert die Arbeitslosenversicherung mit der Invalidenversicherung in der Weise, dass Vermittlungsfähigkeit bis zum Entscheid der anderen Versicherung angenommen wird, wenn die behinderte Person nicht offensichtlich vermittlungsunfähig ist und sich bei der IV einer anderen Versicherung angemeldet hat (Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Bd. XIV Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007, N 283).

    3. Die Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung ist jedoch keine vorbehaltlose Zusprechung von Arbeitslosentaggeld bis zum rechtskräftigen Entscheid einer andern Sozialversicherung. Sie kommt auch nur zum Tragen, wenn die behinderte Person -

wie oben aufgezeigt - nicht offensichtlich vermittlungsunfähig ist. Offensichtliche Vermittlungsunfähigkeit im Sinn von Art. 15 Abs. 3 AVIV liegt vor, wenn die Vermittlungsunfähigkeit aufgrund der Akten der Arbeitslosenversicherung, allenfalls gestützt auf Ermittlungen anderer Sozialversicherungsträger aufgrund anderer Umstände, ohne weitere Abklärungen ersichtlich ist (Urteil des Bundesgerichts vom

8. Februar 2002, C 77/2001, E. 3d; vgl. auch Gerhard Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. I, Bern/Stuttgart 1988, Art. 15 N 93).

3.

    1. Unbestritten ist, dass dem Beschwerdeführer seit 1. April 2008 für einen anrechenbaren Arbeitsausfall von 50 % Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird. Unbestritten ist ebenso, dass sich der Beschwerdeführer bei der IV zum Leistungsbezug angemeldet hat und dass bis zum Erlass des angefochtenen Einspracheentscheids diesbezüglich noch kein Entscheid ergangen ist. Unbestritten ist schliesslich, dass beim Beschwerdeführer ein dauernder Gesundheitsschaden im Sinne von Art. 15 Abs. 2 AVIG in Frage steht. Damit fällt die vorliegende Konstellation grundsätzlich in den Anwendungsbereich von Art. 15 Abs. 3 AVIV.

    2. Umstritten ist hingegen der Umfang der Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung ab dem 1. April 2008. Für die Bestimmung des anrechenbaren Arbeitsausfalls kommt es unter anderem darauf an, in welchem Umfang die versicherte Person bereit und in der Lage ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen (BGE 125 V 59 E. 6c). Der anrechenbare Arbeitsausfall beurteilt sich dabei prospektiv,

d.h. von jenem Zeitpunkt aus und aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich bis zum Erlass des angefochtenen Einspracheentscheids am 16. September 2008 entwickelt haben (vgl. BGE 120 V 387 f. E. 2, mit Hinweisen). Im Zusammenhang mit der streitigen Vorleistungspflicht ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung im Sinn von Art. 15 Abs. 3 AVIV bezüglich eines 50% übersteigenden Arbeitspensums nicht offensichtlich vermittlungsunfähig ist und damit die Voraussetzung für die Bejahung einer entsprechenden Vorleistungspflicht erfüllt.

4.

    1. Die Beschwerdegegnerin bejahte eine offensichtliche Vermittlungsunfähigkeit bezüglich eines 50% übersteigenden Pensums mit Blick auf die ärztlichen Berichte und Zeugnisse sowie auf das Verhalten des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, es liege keine offensichtliche Vermittlungsunfähigkeit vor. Ohnehin schliesse das Bundesgericht graduelle Abstufungen der Vermittlungsfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung aus; entweder sei eine versicherte Person vermittlungsfähig, insbesondere bereit, eine zumutbare Arbeit (im Umfang von mindestens 20% eines Normalarbeitspensums) anzunehmen, nicht.

    2. Vorab ist festzuhalten, dass - wie der Vertreter des Beschwerdeführers zu Recht vorbringt - die Vermittlungsfähigkeit entweder gegeben ist nicht, eine graduelle Abstufung also nicht zulässig ist. Von der Vermittlungsfähigkeit zu unterscheiden ist jedoch der anrechenbare Arbeitsausfall, nach dem sich der Entschädigungsanspruch richtet (vgl. BGE 125 V 58 ff. E. 6, mit Hinweisen). Entsprechend ist der Beschwerdeführer zwar als vermittlungsfähig zu betrachten, doch stellt sich die Frage, ob sein anrechenbarer Arbeitsausfall 100% - wovon die Beschwerdegegnerin im Ergebnis ausgeht - lediglich 50% beträgt.

    3. Der anrechenbare Arbeitsausfall bestimmt sich grundsätzlich im Verhältnis zum letzten Arbeitsverhältnis vor Eintritt der (Teil-)Arbeitslosigkeit. Es kommt darauf an, was der Versicherte an Verdienst einbringender Arbeitszeit verloren hat und in welchem zeitlichen Umfang er bereit, berechtigt und in der Lage ist, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen. Arbeitnehmer, die nach dem Verlust ihrer Vollzeitbeschäftigung, aus welchen Gründen auch immer, lediglich noch teilzeitlich erwerbstätig sein wollen können, die also zwar bereit sind, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, im Unterschied zu vorher jedoch nur noch in reduziertem Umfang, erleiden einen bloss teilweisen Arbeitsausfall. Hingegen ist der Arbeitsausfall total und wird der Anspruch auf das volle Taggeld nicht geschmälert, wenn der Arbeitslose lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hatte und nach dem Verlust dieser Stelle eine andere Tätigkeit im selben zeitlichen Umfang sucht (BGE 125 V 59 E. 6c/aa, mit Hinweisen).

    4. Die medizinische Aktenlage ist in dieser Hinsicht nicht eindeutig, bestehen doch für den Zeitraum zwischen der Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung und dem Erlass des angefochtenen Einspracheentscheids unterschiedliche Einschätzungen

      hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers. So attestierte Dr. med. B. dem Beschwerdeführer ab 1. April 2008 eine Arbeitsfähigkeit von (voraussichtlich dauernd) 50% (act. G 3.1.C27). Anlässlich der Begutachtung des Beschwerdeführers im IV-Verfahren am 18. (act. G 10.1.58) sowie 25./26. August 2008 (act. G 10.1.65) wurde ihm medizinisch-theoretisch eine 100%ige Arbeitsfähigkeit für leichte, wechselbelastende Tätigkeiten attestiert, unter Berücksichtigung, dass häufige Positionswechsel notwendig seien und längeres Stehen in vorgeneigten Stellungen ungünstig sei (act. G 10.1.65-8). Aufgrund der unklaren medizinischen Situation kann nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer könne lediglich noch einer Teilzeittätigkeit nachgehen bzw. sei offensichtlich vermittlungsunfähig. Objektiv betrachtet steht der (umfassenden) Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung somit nichts im Weg.

    5. Zu prüfen bleibt damit noch das subjektive Element, also die Frage, in welchem

      Umfang der Beschwerdeführer bereit ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen.

      Im Formular "Angaben der versicherten Person" gab der Beschwerdeführer für die (in den Akten dokumentierten) Monate April bis und mit August 2008 stets an, im gleichen prozentualen Umfang wie im Vormonat eine Stelle zu suchen, wobei er bei der Anmeldung per 1. April 2008 angegeben hatte, eine 50%-Stelle zu suchen (act. G 3.1.C64 bis 72, C30). Entsprechend beschränkten sich seine Arbeitsbemühungen stets auf Teilzeitbeschäftigungen (vgl. Bemühungsnachweise für die Monate April bis September 2008; act. G 3.1.C76 bis 82). Da der Beschwerdeführer zuletzt eine 100%- Stelle innegehabt hatte, seit der Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung jedoch nur bereit war, eine 50%-Stelle anzunehmen, beläuft sich der anrechenbare Arbeitsausfall auf 50%, wie dies die Beschwerdegegnerin in der angefochtenen Verfügung bzw. im Einspracheentscheid korrekt ermittelt hat. Entsprechend besteht auch nur in diesem Umfang eine Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung.

    6. Die Berufung des Beschwerdeführers auf den Vertrauensschutz ist vorliegend unbehelflich, auch wenn der Beschwerdeführer von der Beschwerdegegnerin nicht auf die Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung und die Problematik im Zusammenhang mit der offensichtlichen Vermittlungsunfähigkeit hingewiesen worden sein sollte. Diese Unterlassung war jedenfalls nicht kausal für die fehlende Arbeitsbereitschaft betreffend ein Pensum von mehr als 50%. So wurde der

Beschwerdeführer bereits in der Verfügung vom 17. Juli 2008 darauf hingewiesen, dass der versicherte Verdienst entsprechend der in der Anmeldung angegebenen Arbeitsbereitschaft für ein 50%-Pensum festgesetzt worden sei (act. G 3.1.C5). Am 28. August 2008 liess sich der Beschwerdeführer als vollarbeitslos anmelden (act. G 3.1.C3). Dennoch änderte er sein Verhalten nicht und zeigte sich weiterhin lediglich im Rahmen von 50% bereit, einer Arbeit nachzugehen. Entsprechend teilte der Vertreter des Beschwerdeführers dem RAV am 22. September 2008 mit, dessen Arbeitsfähigkeit betrage zur Zeit nur 50%. Zudem ist dem "Abklärungsbericht Verzahnungsprogramm" vom 21. November 2008 zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer bei einer 50%igen Präsenzzeit bei den Arbeiten im Parcours qualitätsmässig gute Noten erreichte, zusätzliche Zwischenpausen und das langsame Arbeitstempo (durchschnittlich knapp ausreichend) den Leistungsgrad jedoch erheblich schmälerten (act. G 7.1.C77-3). Der Beschwerdeführer fühlte sich somit im betreffenden Zeitraum zu keinem Zeitpunkt bereit und in der Lage, einer 100%igen Tätigkeit nachzugehen. Unter diesen Umständen ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich anders verhalten eine Vermittlungsbereitschaft für eine Vollzeitstelle gezeigt hätte, wenn er bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung über die Rechtslage informiert gewesen wäre.

5.

Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen.

Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG

entschieden:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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