Kanton: | SG |
Fallnummer: | AVI 2007/92 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | AVI - Arbeitslosenversicherung |
Datum: | 21.02.2008 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV. Nicht nur das zur Last gelegte Verhalten sondern auch der Eventualvorsatz betreffend Kündigung muss bei diesem Einstellungsgrund klar feststehen, was vorliegend nicht feststellbar ist. Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV. Handelt es sich um eine auf zweieinhalb Monate befristete Stelle, und sind keine verschuldensmindernde Umstände ersichtlich, rechtfertigt es sich von einem schweren Verschulden im unteren Bereich auszugehen. (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 21. Februar 2008, AVI 2007/92) |
Zusammenfassung: | Die Beschwerdeführerin S. meldete sich arbeitslos und gab an, fristlos gekündigt worden zu sein, weil sie angeblich ein Nugget gestohlen habe. Der Arbeitgeber behauptete jedoch, dass sie selbst die Vertragsauflösung im gegenseitigen Einverständnis gewünscht habe. Die kantonale Arbeitslosenkasse stellte sie für 45 Tage in der Anspruchsberechtigung ein, da sie das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber zerstört habe. Die Beschwerdegegnerin wies die Einsprache ab, da sie ein schweres Fehlverhalten der Beschwerdeführerin sah. Letztendlich wurde die Einstellung auf 31 Tage reduziert, da die Beschwerdeführerin nicht vorsätzlich zu ihrer Entlassung beigetragen hatte. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 0. |
Schlagwörter: | Arbeit; Kündigung; Arbeitgeber; Kündigungsfrist; Anspruch; Person; Einstellung; Anspruchsberechtigung; Verhalten; Entlassung; Nugget; Vorfall; Verschulden; Einsprache; Arbeitsverhältnis; Arbeitslosigkeit; Gehör; Recht; Entscheid; Einhaltung; Arbeitsstelle; Übereinkommen; Hinweis; Umstände; Protokoll; Einspracheentscheid; Hinweisen |
Rechtsnorm: | Art. 16 AVIG; Art. 30 AVIG; Art. 321d OR ; |
Referenz BGE: | 124 V 236; 125 V 199; 126 I 16; 127 V 437; 129 II 504; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 21. Februar 2008
in Sachen
S. ,
Beschwerdeführerin,
gegen
Kantonale Arbeitslosenkasse, Davidstrasse 21, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
betreffend
Einstellung in der Anspruchsberechtigung
(Arbeitgeberkündigung, einverständliche Auflösung, Einhaltung Kündigungsfrist) Sachverhalt:
A.
S. meldete sich am 15. Juni 2007 bei der kantonalen Arbeitslosenkasse zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung ab dem 15. Juni 2007 an und gab an, eine 40% Stelle zu suchen (act. G 5.5). Ihre letzte Arbeitsstelle hatte sie bei A. , als Teilzeit- Crewmitarbeiterin (0-17 Std./Woche) vom 9. August 1999 bis 14. Juni 2007 (act. G 5.14). Das Arbeitsverhältnis wurde am 14. Juni 2007 im gegenseitigen Einverständnis per sofort aufgelöst (act. G 5.4).
Im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 15. Juni gab die Versicherte an, der Arbeitgeber habe ihr am 12. Juni 2007 mündlich fristlos gekündigt, weil sie ein Nugget gestohlen habe (act. G 5.5). A. nannte als Grund der Kündigung in der Arbeitgeberbescheinigung vom 25. Juni 2007, die Versicherte habe ihnen gegenüber geäussert, dass sie sich beruflich neu orientieren wolle. Nach der eingehenden Situationsanalyse hätten sie sich für eine Vertragsauflösung im gegenseitigen Einverständnis entschieden (act. G 5.14). In einer Stellungnahme zur Kündigung vom
2. Juli 2007 erklärte die Versicherte erneut, ihr sei am 12. Juni wegen des Vorfalls mit dem Nugget gekündigt worden; man habe ihr erklärt, dass dies die fristlose Kündigung zur Folge habe, aber weil sie ihre Arbeit stets gut gemacht habe und eine langjährige Mitarbeiterin gewesen sei, biete man ihr die Einhaltung der zweimonatigen Kündigungsfrist an. Unter solchen Umständen hätte sie diese aber nicht akzeptieren können. Am 14. Juni habe sie die Vertragsauflösung unterschrieben und zum letzten Mal gearbeitet (act. G 5.20). Mit Schreiben vom 18. Juli 2007 bestätigte der Arbeitgeber, dass der Vorfall vom 7. Juni 2007 für die Vertragsauflösung ausschlaggebend gewesen sei und dass die Versicherte die angebotene Kündigungsfrist abgelehnt habe. Einen ähnlichen Vorfall habe es mit der Versicherten nicht gegeben (act. G 5.23).
Mit Verfügung vom 6. August 2007 stellte die kantonale Arbeitslosenkasse die Versicherte ab dem 15. Juni 2007 für 45 Tage in der Anspruchsberechtigung ein. Die ordentliche Kündigungsfrist von zwei Monaten wäre durch den Arbeitgeber grundsätzlich eingehalten worden. Demzufolge habe die Versicherte auf die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist verzichtet. Durch ihr Verhalten und die Nichtbefolgung von Weisungen habe sie das Vertrauensverhältnis mit ihrem Arbeitgeber zerstört und dem Arbeitgeber Anlass zur Kündigung gegeben. Sie habe die Entlassung somit selber verschuldet. Sie habe auch nichts gegen die fristlose Entlassung unternommen und durch ihr Verhalten eine Weiterbeschäftigung ausgeschlagen. Da sie auf die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist verzichtet habe, müsse ihr ein Verschulden an ihrer vorzeitigen Arbeitslosigkeit angelastet werden, welches als schwer zu beurteilen sei (act. G 3.32).
B.
Mit Entscheid vom 29. August 2007 wies die kantonale Arbeitslosenkasse die dagegen erhobene Einsprache vom 20. August 2007 ab. Es liege ein schweres Fehlverhalten gegenüber dem Arbeitgeber vor. Die Versicherte habe einen Diebstahl begangen, wobei es keine Rolle spiele, dass es sich um einen kleinen Betrag wie ein Nugget gehandelt habe. Der Arbeitgeber habe ihr die Einhaltung der zweimonatigen Kündigungsfrist angeboten, obwohl er eine fristlose Kündigung für gerechtfertigt gehalten habe, was sie aber abgelehnt habe, mit der Begründung es sei ihr unter diesen Umständen psychisch nicht mehr möglich, dort weiterzuarbeiten. Es müsse ihr sowohl ein Verschulden wegen ihres Verhaltens als auch wegen des Verzichts auf die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses während der zweimonatigen Kündigungsfrist vorgeworfen werden. Da sie einen Fehler gemacht habe, könne sie sich nicht darauf berufen, die Weiterführung sei nicht mehr zumutbar gewesen, denn es sei allein ihre Schuld, dass sie diesen Mundraub begangen habe und somit müsse sie auch mit den Konsequenzen, nämlich, dass es den Mitarbeitern bekannt sei, umgehen (act. G 3.36).
C.
Mit Einsprache (richtig: Beschwerde) vom 10. September 2007 beantragt die
Beschwerdeführerin sinngemäss die Aufhebung des Einspracheentscheids vom 29.
August 2007 sowie die Reduktion der Einstelltage bzw. die Aufhebung der Einstellung in der Anspruchsberechtigung. Ausserdem macht sie sinngemäss eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, indem sie darauf hinweist, dass ihr weder das Protokoll noch die Zeugenaussage, auf welche sich der Einspracheentscheid beziehe, bekannt seien. Beim Vorfall wegen dem Nugget handle es sich um einen vorgeschobenen Grund, da der Geschäftsführer sich ansonsten von beinahe der gesamten Belegschaft trennen müsste. Der Geschäftsführer habe gewusst, dass sie eine Ausbildung mache und eine andere Stelle suche, aber erst kündigen wolle, wenn sie eine neue Stelle gefunden habe. Sie sei eine engagierte Mitarbeiterin gewesen, aber nicht jeder Vorgesetzte möge es, wenn ihm eine Mitarbeiterin (eine Frau) überlegen sei. Das Angebot der Einhaltung der zweimonatigen Kündigungsfrist sei berechnend und vermutlich mit seiner Vorgesetzten abgesprochen gewesen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt mit Beschwerdeantwort vom 27. September 2007 die Abweisung der Beschwerde. Die in der Beschwerde vorgebrachten Gründe würden nichts an der Beurteilung der Sachlage ändern. Die Beschwerdeführerin wolle mit ihren Argumenten wahrscheinlich darauf hinaus, dass der Arbeitgeber sie sowieso habe loswerden wollen. Der Grund für die Kündigung sei aber eindeutig der Mundraub gewesen. Auch sei nicht ersichtlich, wieso das Angebot mit der zweimonatigen Kündigungsfrist berechnend gewesen sein sollte, sei es doch ein Entgegenkommen seitens des Arbeitgebers, der der Beschwerdeführerin auch fristlos hätte kündigen können. 45 Einstelltage seien für das Selbstverschulden der Beschwerdeführerin an der Arbeitslosigkeit angemessen (act. G 5).
Die Beschwerdeführerin verzichtet auf Akteneinsicht und Replik (act. G 6 und 7).
Erwägungen:
1.
Zunächst ist der Rüge der Beschwerdeführerin nachzugehen, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden.
Gemäss Art. 29 Abs. 2 der Schweizerischen Bundesverfassung (BV) sowie
Art. 42 ATSGhaben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Das rechtliche Gehör
dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in die Rechtsstellung einer Person eingreift. Dazu gehört insbesondere deren Recht, sich vor Erlass des in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen ( BGE 129 II 504 E. 2.2 , 127 I 56 E. 2b , 127 III 578 E. 2c , 126 V 131 E.
2b ; zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung: BGE 126 I 16
E. 2a/a a , 124 V 181 E. 1 a , 375 E. 3 b, je mit Hinweisen).
Nach der Rechtsprechung kann eine - nicht besonders schwer wiegende - Verletzung des rechtlichen Gehörs als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage frei überprüfen kann. Die Heilung eines - allfälligen - Mangels soll aber die Ausnahme bleiben ( BGE 127 V 437 E. 3d/aa , 126 I 7 2 , 126 V 132
E. 2b, je mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin behauptet sinngemäss, die Beschwerdegegnerin habe ihr das im Einspracheentscheid erwähnte Protokoll mit einer Zeugenaussage, in dem eine Mitarbeiterin den Mundraub bezeuge, und das der Stellungnahme des Arbeitgebers vom 18. Juli 2007 beigelegt war, nie unterbreitet. Dies wird von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten. Der Vorfall, der die Zeugenaussage betrifft, war der Beschwerdeführerin bekannt. Ausserdem verweist sie im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung auf das Protokoll von B. (act. G 5.5). Ob der Beschwerdeführerin auch dessen Inhalt bekannt war, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall wusste sie von der Existenz des Protokolls. Damit ist die Gehörsverletzung im konkreten Fall nicht derart schwerwiegend, dass sie im vorliegenden Verfahren vor dem mit voller Kognition ausgestatteten kantonalen Sozialversicherungsgericht nicht geheilt werden könnte. Die Beschwerdeführerin konnte im Rahmen des Schriftenwechsels vor dem Versicherungsgericht Einblick in das Protokoll nehmen und sich dazu äussern (act. G 5 und 8). Sie nahm die Gelegenheit zur Akteneinsicht und zur Stellungnahme nicht wahr. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs kann daher nach
dem Gesagten als geheilt gelten, zumal die Beschwerdeführerin selber einen Entscheid in der Sache wünscht.
2.
Nach Art. 30 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) ist die versicherte Person in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn sie durch eigenes Verschulden arbeitslos ist. Selbstverschuldet ist die Arbeitslosigkeit nach Art. 44 Abs. 1 lit. a der Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIV) namentlich dann, wenn die versicherte Person durch ihr Verhalten, insbesondere wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, dem Arbeitgeber Anlass zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben hat. Zu den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen eines Arbeitnehmers gehört es, die allgemeinen Anordnungen des Arbeitgebers und die ihm erteilten besonderen Weisungen nach Treu und Glauben zu befolgen (Art. 321d Abs. 2 OR).
Am 17. Oktober 1991 ist für die Schweiz das Übereinkommen Nr. 168 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit vom 21. Juni 1988 (SR 0.822.726.8; nachfolgend Übereinkommen) in Kraft getreten. Gemäss Art. 20 lit. b des Übereinkommens können Leistungen, auf welche eine geschützte Person bei Arbeitslosigkeit Anspruch gehabt hätte, verweigert, entzogen, zum Ruhen gebracht gekürzt werden, wenn die zuständige Stelle festgestellt hat, dass die betreffende Person vorsätzlich zu ihrer Entlassung beigetragen hat. Da diese Bestimmung inhaltlich hinreichend bestimmt und klar ist, ist sie im Einzelfall direkt anwendbar und geht damit allfällig widersprechendem Landesrecht vor (BVR 1999 S. 377 E. 4b). Eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung setzt somit voraus, dass die versicherte Person vorsätzlich zu ihrer Entlassung beigetragen hat, wie auch das Bundesgericht bestätigt hat (Urteil vom
26. April 2006, i.S. S., C 11/06 mit Hinweis auf BGE 124 V 236 E. 3b, sowie Urteil vom
26. April 2006, i.S. S., C 6/06). Im Sozialversicherungsrecht handelt vorsätzlich, wer eine Tat mit Wissen und Willen begeht, mindestens im Sinne des Eventualvorsatzes in Kauf nimmt (Jacqueline Chopard, Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung, Diss. Zürich 1997, S. 52). Eine zumindest eventualvorsätzliche
Herbeiführung der Arbeitslosigkeit liegt z.B. dann vor, wenn die versicherte Person auf Grund einer Verwarnung weiss, dass ein bestimmtes Verhalten vom Arbeitgeber nicht - nicht mehr - toleriert wird und zu einer Kündigung führt, sie aber die ihr nach den persönlichen Umständen und Verhältnissen zumutbare Anstrengung zu einer Änderung des vom Arbeitgeber beanstandeten Verhaltens nicht aufbringt (vgl. BVR 1999 S. 373 ff.). Hat eine versicherte Person nur grob fahrlässig zur Kündigung durch den Arbeitgeber beigetragen, ist eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung gemäss Art. 20 lit. b des Übereinkommens nicht zulässig.
Das der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Verhalten, die Entwendung jedenfalls eines Nuggets, steht fest und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Ob sie jedoch (eventual-)vorsätzlich zu ihrer Entlassung beigetragen hat, ist zu prüfen. Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Verhalten die Entlassung selbst verschuldet hat. Gemäss Einsprachebegründung ist für die Beschwerdeführerin mit der Kündigung eine Welt zusammen gebrochen und gemäss ihren Ausführungen in der Beschwerde müsste sich der Geschäftsführer von praktisch der ganzen Belegschaft trennen, wenn die Kündigung nur wegen dem entwendeten Nugget erfolgt wäre. Dass die Beschwerdeführerin mit dem Nugget- Vorfall gegen Weisungen des Arbeitgebers verstossen hat, darf ohne weiteres angenommen werden. Denn es liegt auf der Hand, dass die Entwendung von Nahrungsmitteln, auch in kleinen Mengen in einem Gastrobetrieb wie A. nicht zulässig ist, selbst wenn Verstösse in der Praxis nicht immer sanktioniert werden. So räumt auch die Beschwerdeführerin ein, sie habe einen Fehler begangen. Damit ist jedoch nicht bewiesen, dass die Beschwerdeführerin aufgrund dieses Vorfalls damit rechnete, die Kündigung zu erhalten. Denn nach den plausiblen Ausführungen der Beschwerdeführerin scheint es sich am vorliegenden Arbeitsort um ein mitunter toleriertes Verhalten gehandelt zu haben und die Beschwerdeführerin scheint von der Entlassung überrascht worden zu sein. Dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Verhalten (eventual-)vorsätzlich zu ihrer Entlassung beigetragen hat, ist damit nicht genügend erstellt.
3.
Die Beschwerdegegnerin wirft der Beschwerdeführerin im Weiteren vor, in eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses eingewilligt zu haben. Selbstverschuldet ist die Arbeitslosigkeit auch dann, wenn die versicherte Person das Arbeitsverhältnis von sich aus aufgelöst hat, ohne dass ihr eine andere Stelle zugesichert war, es sei denn, dass ihr das Verbleiben an der Arbeitsstelle nicht zugemutet werden konnte (Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV). Unter diesen Einstellungstatbestand sind auch Fälle der vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen im gegenseitigen Einvernehmen zu subsumieren, weil die versicherte Person dabei auf die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verzichtet (Nussbaumer, a.a.O., Rz 832 mit Hinweisen, vgl. auch Chopard, a.a.O., S. 130 f.).
Im Bereich der freiwilligen Stellenaufgabe findet das sozialversicherungsrechtliche Schadenminderungsprinzip seine Grenze bei der Zumutbarkeit (Art. 16 Abs. 2 AVIG). Eine Stelle, die im Sinne von Art. 16 Abs. 2 AVIG unzumutbar und damit von der Annahmepflicht ausgenommen ist, kann der
versicherten Person auch nicht zum Beibehalten zugemutet werden. Im Weiteren ist bei der Prüfung der Frage, ob eine Sanktion wegen Selbstaufgabe der Stelle im Sinne von Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV zulässig ist, das bereits erwähnte Übereinkommen zu beachten. Nach Art. 20 lit. c des Übereinkommens können Leistungen der Arbeitslosenversicherung verweigert, zum Ruhen gebracht gekürzt werden, wenn die zuständige Stelle festgestellt hat, dass die betreffende Person ihre Beschäftigung freiwillig ("volontairement") ohne triftigen Grund ("sans motif légitime") aufgegeben hat. Diese staatsvertragliche Norm ist im Einzelfall direkt anwendbar (BGE 124 V 236 E. 3c) und geht den nationalen Bestimmungen für den Erlass einer Einstellungsverfügung vor. Damit dürfen bei einer völkerrechtskonformen Auslegung von Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV an die Zumutbarkeit des Verbleibens am Arbeitsplatz keine überhöhten Anforderungen gestellt werden; insbesondere sind bei der Zumutbarkeitsprüfung auch subjektive Beweggründe der versicherten Person zu berücksichtigen (Chopard, a.a.O., S. 80). Indes ist bei der Frage der Unzumutbarkeit des Verbleibens am Arbeitsplatz nach bisheriger Rechtsprechung ein strenger Massstab anzulegen (Nussbaumer, a.a.O., Rz 832 mit Hinweisen).
Der Arbeitgeber hat der Beschwerdeführerin angeboten, sie könne, obwohl seiner
Auffassung nach ein Grund für eine fristlose Entlassung vorliege, die nächsten zwei
Monate im Rahmen der ordentlichen Kündigungsfrist weiterarbeiten. Im Anwendungsbereich von Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV wird die Zumutbarkeit des Verbleibens an der Arbeitsstelle vermutet. Die Beschwerdeführerin hat dieses Angebot ausgeschlagen, mit der Begründung, dies sei ihr unter den Umständen psychisch nicht möglich, auch deswegen, weil die Belegschaft teilweise bereits vor ihr gewusst habe, dass ihr wegen eines entwendeten Nuggets gekündigt worden sei. Es mag sein, dass aufgrund des Vorfalls aus anderen Gründen Spannungen zu Vorgesetzten Mitarbeitenden bestanden, so dass die Beschwerdeführerin das Arbeiten an besagtem Ort nicht mehr als angenehm empfunden hätte, doch reichen Spannungen zu Vorgesetzten Mitarbeitern im Allgemeinen nicht aus, um den Verbleib an der Arbeitsstelle als unzumutbar erscheinen zu lassen (Nussbaumer, a.a.O., Rz 833 mit Hinweisen). Ausserdem wäre hier in diesem Fall das Weiterarbeiten bis 31. August 2007 begrenzt gewesen. Die Weiterführung der Arbeit bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist wäre der Beschwerdeführerin aus der Sicht der Arbeitslosenversicherung durchaus zumutbar gewesen.
4.
Die Dauer der Einstellung bemisst sich nach dem Grad des Verschuldens (Art. 30 Abs. 3 AVIG) und beträgt 1 bis 15 Tage bei leichtem, 16 bis 30 Tage bei mittelschwerem und 31 bis 60 Tage bei schwerem Verschulden (Art. 45 Abs. 2 AVIV).
Nach Art. 45 Abs. 3 AVIV liegt ein schweres Verschulden vor, wenn die versicherte Person ohne entschuldbaren Grund eine zumutbare Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer neuen aufgegeben eine zumutbare Arbeit abgelehnt hat. Bei
Einstellungen nach Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV kann Art. 45 Abs. 3 AVIV lediglich die Regel bilden, von welcher beim Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall abgewichen werden darf. Insoweit ist die Bemessung der Sanktion nicht auf eine Einstellungsdauer im Rahmen eines schweren Verschuldens beschränkt, sondern lässt auch eine mildere Sanktion zu (ARV 2000 Nr. 8 S. 42 E. 2c). Dies gilt auch, wenn es um die Ablehnung einer zumutbaren Arbeit von bloss befristeter Dauer geht (ARV 2000 Nr. 9 S. 50 E. 4baa). Zweck der Einstellung in der Anspruchsberechtigung als versicherungsrechtliche Sanktion ist die angemessene Mitbeteiligung der versicherten Person am Schaden, den
sie durch ihr pflichtwidriges Verhalten der Arbeitslosenversicherung verursacht hat (BGE 125 V 199 E. 6a).
Wegen verschuldeter Ablehnung einer zumutbaren, auf einen Monat befristeten Arbeit wurde ein Versicherter in ARV 2000 Nr. 9 S. 45 ff. für 23 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt. 35 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt wurde im Urteil vom 8. Oktober 2002 (C 392/00) ein Versicherter, der ohne entschuldbaren Grund eine zumutbare Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer neuen aufgegeben hatte ohne die Kündigungsfrist zu berücksichtigen. Für 31 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt wurde ein Versicherter, der sich in einer Drucksituation mit einer dreimonatigen statt der ursprünglich vereinbarten sechsmonatigen Kündigungsfrist einverstanden erklärt hatte (Urteil 8C 179/2007 vom
25. September 2007). Unter Berücksichtigung, dass vorliegend zwar der Einstellungsgrund von Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV wegfällt, als solcher ausschliesslich der Verzicht auf eine noch zweieinhalb Monate dauernde Kündigungsfrist verbleibt, aber keine verschuldensmindernde Umstände vorliegen, rechtfertigt es sich, von einem schweren Verschulden im unteren Bereich auszugehen und die Einstelltage von 45 auf 31 zu reduzieren.
5.
Aufgrund obiger Erwägungen und in teilweiser Gutheissung der Beschwerde ist der Einspracheentscheid vom 29. August 2007 aufzuheben und die Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf 31 Tage festzulegen.
Gerichtskosten sind gemäss Art. 61 lit. a ATSG keine zu erheben.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:
1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der Einspracheentscheid vom
29. August 2007 aufgehoben und die Beschwerdeführerin ab dem 15. Juni 2007 für 31 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt.
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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