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Urteil Versicherungsgericht (SG - AVI 2006/144)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2006/144: Versicherungsgericht

Der Beschwerdeführer E. forderte Insolvenzentschädigung für ausgefallene Lohnzahlungen von August bis November 2005. Die kantonale Arbeitslosenkasse lehnte den Anspruch ab, da der Versicherte Unterlagen nicht rechtzeitig eingereicht und keinen Antrag auf Konkurseröffnung gestellt hatte. In der Beschwerde argumentierte der Beschwerdeführer, dass sein Arbeitgeber ihm glaubhaft versichert habe, die Ausstände würden beglichen. Das Gericht entschied, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf Insolvenzentschädigung hatte, da die Voraussetzungen erfüllt waren und er seine Schadenminderungspflicht nicht verletzt hatte. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AVI 2006/144

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2006/144
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2006/144 vom 12.07.2007 (SG)
Datum:12.07.2007
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 51 Abs. 1 lit. b AVIG. Für die Erfüllung dieses Insolvenztatbestandes genügt die Konkursandrohung. Die Stellung des Konkursbegehrens ist nicht erforderlich (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 12. Juli 2007, AVI 2006/144). Aufgehoben durch Urteil des Bundesgerichts 8C_441/2007, 8C_490/2007
Schlagwörter: Arbeit; Konkurs; Arbeitgeber; Insolvenzentschädigung; Quot; Arbeitsverhältnis; Arbeitsverhältnisses; Zahlung; Anspruch; Schadenminderungspflicht; Arbeitgebers; Versicherungsgericht; Überschuldung; Gläubiger; Konkursverfahren; Person; Hinweis; Frist; Konkurseröffnung; Lohnforderungen; Auflösung; Urteil; Zeitraum; Konkursbegehren; Antrag; Nichteintretensentscheid; Konkursgerichts; Einsprache
Rechtsnorm: Art. 159 KG ;Art. 166 KG ;Art. 169 KG ;Art. 17 AVIG;Art. 3 AVIG;Art. 41 AVIG;Art. 52 ATSG ;Art. 52 AVIG;Art. 55 AVIG;
Referenz BGE:129 V 463; 129 V 4; 131 V 196; 131 V 198; 131 V 200;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AVI 2006/144

Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Karin Huber-Studerus und Marie Löhrer; Gerichtsschreiber Jürg Schutzbach

Entscheid vom 12. Juli 2007 In Sachen

E. ,

Beschwerdeführer, gegen

Kantonale Arbeitslosenkasse, Davidstrasse 21, 9001 St. Gallen, Beschwerdegegnerin,

betreffend Insolvenzentschädigung

hat das Versicherungsgericht in Erwägung gezogen:

I.

A.- E. stellte am 23. September 2005 und am 9. Dezember 2005 Antrag auf Insolvenzentschädigung. Dabei machte er zuletzt ausgefallene Lohnzahlungen für die Zeit von August bis November 2005 in Höhe von je Fr. 10'000.-- sowie den Anteil am

13. Monatslohn in Höhe von je Fr. 833.33, total Fr. 43'333.32, geltend (act. G 3.5). Im Verlauf des Verwaltungsverfahrens gab er an, die ausstehenden Löhne mit Schreiben vom 15. August 2005 (Juli-Lohn), 15. September 2005 (Juli- und August-Lohn), 26. September 2005 (Juli- bis September-Lohn) gemahnt zu haben (act. G 3.10). Mit weiteren Schreiben vom 5. und 20. Dezember 2005 setzte er dem Arbeitgeber schliesslich bis 27. Dezember 2005 Frist (act. G 3.7 und 3.10). In seiner Stellungnahme vom 6. Januar 2006 machte er dazu geltend, sein Arbeitgeber habe ihm per Ende Oktober und Ende November 2005 und schliesslich bis Ende Jahr die Zahlung der Ausstände versprochen. Ende Oktober 2005 sei immerhin der Juli-Lohn bezahlt worden. In seinem Beruf als Vermögensverwalter könne er nicht einfach "die Flinte ins Korn werfen". Die Kunden hätten ausschliesslich eine Beziehung zu ihm. Um diesen Kunden eine einwandfreie Betreuung zusichern zu können, habe er weiterhin die Infrastruktur der A. benutzt (act. G 3.12). Nachdem der Ansprecher diverse weitere Unterlagen einreichen musste, verneinte die kantonale Arbeitslosenkasse mit Verfügung vom 14. August 2006 einen Anspruch auf Insolvenzentschädigung, implizit mit der Begründung, der Versicherte habe Unterlagen nicht rechtzeitig eingereicht. Als weitere Begründung für die Ablehnung gab die Kasse an, der Versicherte habe keinen Antrag auf Konkurseröffnung gestellt und keinen Nichteintretensentscheid (des Konkursgerichts) erwirkt, weshalb er der Schadenminderungspflicht nicht genügend nachgekommen sei (act. G 3.20). Die gegen diese Verfügung erhobene Einsprache vom

1. September 2006 wies die Arbeitslosenkasse mit Entscheid vom 17. Oktober 2006 ab, diesmal mit der Begründung es liege - da kein Nichteintretensentscheid (des Konkursgerichts) vorliege - gar kein die Insolvenzentschädigung auslösendes Ereignis nach Art. 51 Abs. 1 lit. b AVIG vor. Ausserdem habe der Einsprecher durch Zuwarten mit der Geltendmachung der Forderung im Betreibungsverfahren seine Schadenminderungspflicht verletzt (act. G 3.22).

B.- a) Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 31. Oktober 2006 mit dem sinngemässen Antrag auf Aufhebung des angefochtenen

Einspracheentscheids und auf Gewährung von Insolvenzentschädigung für die Zeit von August bis November 2005 (inklusive 13. Monatslohn). Zur Begründung bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, sein Arbeitgeber habe ihm immer wieder glaubhaft versichert, die Ausstände könnten auf Grund zu erwartender Zahlungseingänge beglichen werden. In dieser Ansicht sei er noch bestärkt worden, da der Lohn für die Monate Dezember 2005 und Januar 2006 bezahlt werden konnte (act. G 1).

b) Mit Beschwerdeantwort vom 23. November 2006 beantragt die Verwaltung Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer habe es trotz mehrmaliger mündlicher und schriftlicher Aufforderung der Beschwerdegegnerin unterlassen, gegen den früheren Arbeitgeber einen Abschreibeentscheid betreffend Konkurseröffnung zu erwirken. Er habe damit zugunsten des früheren Arbeitgebers gehandelt und seine Forderungen hinter die Interessen des Arbeitgebers gestellt (act. G 3).

C.- Mit Replik vom 13. Dezember 2006 führt der Beschwerdeführer aus, dass dies nicht zutreffe. Es sei ein Unterschied, ob eine Sekretärin ohne Kundenkontakt die Arbeit niederlege ein Anlageberater, dem die Kundschaft jahrelang grosses Vertrauen entgegen gebracht habe (act. G 5). Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf eine Duplik (act. G 7).

II.

1.- a) Beitragspflichtige Arbeitnehmende von Arbeitgebern, die in der Schweiz der Zwangsvollstreckung unterliegen in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen, haben unter anderem dann Anspruch auf Insolvenzentschädigung, wenn gegen ihren Arbeitgeber der Konkurs eröffnet wird und ihnen in diesem Zeitpunkt Lohnforderungen für geleistete, aber nicht bezahlte Arbeit zustehen (Art. 51 Abs. 1 lit. a AVIG) der Konkurs nur deswegen nicht eröffnet wird, weil sich infolge offensichtlicher Überschuldung des Arbeitgebers kein Gläubiger bereit findet, die Kosten vorzuschiessen (lit. b). Die Insolvenzentschädigung deckt grundsätzlich Lohnforderungen für die letzten vier Monate des Arbeitsverhältnisses vor der Konkurseröffnung, für jeden Monat jedoch nur bis zum Höchstbetrag nach Art. 3 Abs. 2 AVIG (Art. 52 Abs. 1 AVIG). Die Arbeitnehmenden müssen im Konkursverfahren alles

unternehmen, um ihre Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, bis die Kasse ihnen mitteilt, dass sie an ihrer Stelle in das Verfahren eingetreten sei (Art. 55 Abs. 1 1. Satz AVIG). Gemäss konstanter Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (EVG) müssen versicherte Personen nicht nur im Konkurs- Pfändungsverfahren und nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Lohnansprüche innert nützlicher Frist geltend machen, sondern es obliegt ihnen bereits vor Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Schadenminderungspflicht, wenn die Arbeitgeberschaft der Lohnzahlungspflicht nicht nur teilweise nachkommt und die Arbeitnehmenden mit einem Verlust rechnen müssen (ARV 2002 Nr. 30 S. 190 f.). Die Schadenminderungspflicht der versicherten Person ist ein für das Arbeitslosenversicherungsrecht zentraler Grundsatz, welchen das Gesetz in verschiedenen Zusammenhängen ausdrücklich konkretisiert (vgl. neben Art. 55 Abs. 1 AVIG auch Art. 17 AVIG und Art. 41 AVIG). An die Schadenminderungspflicht der versicherten Person vor Auflösung des Arbeitsverhältnisses sind allerdings nicht die gleichen Anforderungen zu stellen wie nach dessen Auflösung. Inwieweit Massnahmen zur Realisierung der Lohnansprüche bereits vor Auflösung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sind, beurteilt sich nach den gesamten Umständen im Einzelfall (vgl. ARV 2002 Nr. 30 S. 190 f.; Urteil des EVG vom 4. Juli 2002, C 33/02, Erw. 1c mit Hinweis auf Urteil N. vom 15. Oktober 2001, C 194/01). Dabei setzt auch eine ursprüngliche Leistungsverweigerung voraus, dass der versicherten Person ein schweres Verschulden, also vorsätzliches grobfahrlässiges Handeln Unterlassen vorgeworfen werden kann (Urteil des EVG vom 2. März 2006, C 254/05, Erw. 4.3 mit Hinweis auf URS BURGHERR, Die Insolvenzentschädigung, Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers als versichertes Risiko, Diss. Zürich 2004, S. 166 FN 640).

b) Praxisgemäss ist die richterliche Überprüfung einer Verwaltungsverfügung auf den Zeitraum bis zum Erlass des Einspracheentscheids (Art. 52 ATSG) beschränkt; nachträgliche Sachverhalts- und Rechtsänderungen werden grundsätzlich nicht berücksichtigt (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 18. August 2005 [I 529/04] Erw. 1.1, mit Hinweis auf BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw. 1).

2.- a) Vorliegend erging der angefochtene Einspracheentscheid am 17. Oktober 2006 (act. G 3.22). Bis zu diesem Zeitpunkt war der Konkurs über die A. AG nicht eröffnet worden. Dies geschah auch später nicht. Indessen wurde die Gesellschaft am 10.

August 2006 von Amtes wegen aufgelöst, da sie ihr Domizil eingebüsst hatte. Mithin ist im massgebenden Beobachtungszeitraum die Anspruchsvoraussetzung von Art. 51 Abs. 1 lit. a AVIG (eröffneter Konkurs) nicht erfüllt (vgl. BGE 131 V 200, Erw. 4.2.3, wonach auch gegen eine Gesellschaft, die mangels Domizil aufgelöst wurde, der Konkurs eröffnet werden kann).

  1. Gemäss lit. b derselben Bestimmung ist ein Anspruch auf Insolvenzentschädigung auch gegeben, wenn der Konkurs nur deswegen nicht eröffnet wird, weil sich infolge offensichtlicher Überschuldung des Arbeitgebers kein Gläubiger bereit findet, die Kosten vorzuschiessen. Nussbaumer geht davon aus, dass diese Anspruchsvoraussetzung erst erfüllt ist, wenn ein Konkursbegehren (Art. 166 SchKG) gestellt wurde, da ein Kostenvorschuss erst dann zu leisten sei (Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Verwaltungsrecht, Band XIV Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Rz 604 und Fussnote 1251, mit Hinweis auf ALV-Praxis 2004/1 Blatt 14/1 - 3). Auch das Eidgenössische Versicherungsgericht tendiert dazu, dass das Zwangsvollstreckungsverfahren weiter als bis zur Konkursandrohung fortgeschritten sein müsse, da viele Schuldner erst unter dem Druck der unmittelbar bevorstehenden Konkurseröffnung ihren Zahlungspflichten nachkämen und es nicht Sache der versicherten Person sein könne, darüber zu entscheiden, ob weitere Vorkehren zur Realisierung der Lohnansprüche Erfolg versprechend seien nicht. Das Eidgenössische Versicherungsgericht liess die Frage jedoch ausdrücklich offen (BGE 131 V 198, Erw. 4.1.2, mit Hinweis auf Urteil H. vom 3. Dezember 2003, C 148/03). Demgegenüber lässt Burgherr die Konkursandrohung nach Art. 159 SchKG genügen, da sinnvollerweise nicht verlangt werden könne, dass die versicherte Person zwar mit der Nichtwiedereinbringlichkeit des Kostenvorschusses für das Konkursverfahren rechnen und trotzdem einen Antrag auf Durchführung des Konkursverfahrens stellen müsse, nur um dann den Kostenvorschuss infolge der voraussichtlichen Nichtwiedereinbringlichkeit nicht zu leisten. Ausserdem sei diese Auslegung mit Art. 77 Abs. 5 AVIV vereinbar (Urs Burgherr, Die Insolvenzentschädigung, Diss. 2004, S. 73).

    Einigkeit besteht darin, dass der versicherten Person nicht zugemutet werden kann, das Konkursverfahren auf eigene Kosten durchzuführen (vgl. Art. 169 SchKG; SchKG- Nordmann, Art. 169 N 5 ff.). Es ist deshalb auch nicht einzusehen, weshalb sie dann ein Konkursbegehren stellen muss, nur um nach Nichtleistung des Kostenvorschusses

    einen Nichteintretensentscheid des Konkursgerichts zu erwirken. Art. 51 Abs. 1 lit. b AVIG setzt im Sinn einer doppelten Kausalität voraus, dass die Nichteröffnung des Konkurses einzig durch das Fehlen der Bereitschaft der Gläubiger bedingt ist, die Kosten für das Konkursverfahren vorzuschiessen; der Grund für diese mangelnde Bereitschaft wiederum liegt in der offensichtlichen Überschuldung des Arbeitgebers (BGE 131 V 196, Erw. 4.1.1, mit Hinweisen). Ein Nichteintretensentscheid des Konkursgerichts vermag jedoch weder die erste noch die zweite Kausalität zu beweisen, sagt er doch weder etwas über die tatsächliche Überschuldung des Arbeitgebers noch über die Bereitschaft anderer (aller) Gläubiger, die Kosten für ein Konkursverfahren vorzuschiessen, aus. Um sicherzustellen, dass kein Gläubiger bereit ist, die Kosten vorzuschiessen, müssten theoretisch sämtliche Gläubiger einen Nichteintretens¬entscheid erwirken. Ein solches Erfordernis erschiene jedoch geradezu absurd. Vielmehr muss es genügen, dass infolge der offensichtlichen Überschuldung vernünftigerweise kein Gläubiger bereit sein wird, die Kosten für ein Konkursverfahren vorzuschiessen, ohne dass dies gewissermassen durch die "tatsächliche" Nichtleistung bewiesen werden müsste. Im Weiteren hat das Eidgenössische Versicherungsgericht sein Argument, dass viele Schuldner erst unter dem Eindruck der unmittelbar bevorstehenden Konkurseröffnung ihren Zahlungspflichten nachkämen, nicht weiter belegt. Schliesslich geht Art. 77 Abs. 5 AVIV davon aus, dass im Fall von Art. 51 Abs. 1 lit. b AVIG auch nach unbenütztem Ablauf der Frist für die Stellung des Konkursbegehrens (noch während 60 Tagen) ein Antrag auf Insolvenzentschädigung gestellt werden kann. Diese Bestimmung verlöre ihren Sinn, wenn der Insolvenztatbestand des Art. 51 Abs. 1 lit. b AVIG erst nach gestelltem Konkursbegehren bzw. sogar erst nach Nichtleistung des Kostenvorschusses erfüllt wäre. Mit Burgherr ist somit davon auszugehen, dass bei offensichtlicher Überschuldung der Insolvenztatbestand des Art. 51 Abs. 1 lit. b AVIG nach erfolgter Konkursandrohung erfüllt ist. Diese erfolgte vorliegend am 16. Februar 2006 (act. G 3.17), womit - nachdem die Beschwerdegegnerin die Offensichtlichkeit der Überschuldung zum Zeitpunkt der Konkursandrohung nicht in Frage stellt - die Anspruchsvoraussetzung des Art. 51 Abs. 1 lit. b AVIG erfüllt ist.

  2. Im Weiteren wirft die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer sinngemäss vor, er habe seine Schadenminderungspflicht verletzt, da er vor, aber auch nach Auflösung

    des Arbeitsverhältnisses nicht genügend unternommen habe, um seine Lohnforderungen durchzusetzen.

    Wie sich aus den Akten ergibt, machte der Beschwerdeführer ursprünglich Lohnforderungen ab Juli 2005 geltend (act. G 3.1). Den Juli-Lohn mahnte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. August 2005 unter gleichzeitiger Ansetzung einer "letzten" Zahlungsfrist bis 24. August 2005. Als diese Frist ungenutzt verstrichen und auch der August-Lohn ausgeblieben war, mahnte der Beschwerdeführer den Arbeitgeber mit Schreiben vom 15. September 2005 erneut, diesmal mit einer "letzten" Zahlungsfrist bis 22. September 2005. Mit Schreiben vom 26. September 2005 mahnte der Beschwerdeführer abermals die bis anhin aufgelaufenen Löhne für den Zeitraum von Juli bis September 2005 mit einer "allerletzten" Frist bis zum 17. Oktober 2005 und mit dem Hinweis, bei Nichtbezahlung werde er die Arbeit sofort niederlegen (alle act. G 3.10). Mit Schreiben vom 5. Dezember 2005 hielt der Beschwerdeführer fest, dass das Juli-Gehalt in der Zwischenzeit eingegangen sei, die aufgelaufenen Löhne August bis November 2005 aber weiterhin offen seien. Gleichzeitig hielt er fest, dass der Arbeitgeber ihm versichert habe, dass die offenen Gehälter bis 8. Dezember 2005 bezahlt würden (act. G 3.7). Auch dieser Termin verstrich ungenutzt, weshalb der Beschwerdeführer am 20. Dezember 2005 erneut an den Arbeitgeber gelangte, diesmal mit einer "letzten" Frist bis 27. Dezember 2005, ansonsten er die Arbeit Ende Jahr niederlegen werde (act. G 3.10). Nach eigenen Angaben legte er dann die Arbeit schliesslich am 7. Februar 2006 nieder (Beschwerde, S. 2), nachdem ihm am 27. Januar 2006 auf Ende April 2006 gekündigt worden war (act. G 3.13).

    Zwar liess sich der Beschwerdeführer über einen längeren Zeitraum von rund einem halben Jahr vom Arbeitgeber ohne konkrete Sicherheiten immer wieder auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten. Immerhin leitete er aber noch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses - und nach etwa vier Monaten der Lohnausstände - am 9. Dezember 2005 die Betreibung ein (vgl. G 3.12; Ausstellung des Zahlungsbefehls am

    16. Dezember 2005, rechtliche Zustellung am 2. Januar 2006 [act. G 3.13]). Am 7. Februar 2006 reichte er sodann das Fortsetzungsbegehren ein, worauf der A. AG am 16. Februar 2006 die Konkursandrohung ausgehändigt wurde (act. G 3.13 und 3.17). Ebenfalls am 7. Februar 2006 legte er die Arbeit nieder. Auch durfte der Beschwerdeführer nach Bezahlung des Juli-Salärs Ende Oktober 2005 und offenbar

    der Dezember 2005- und Januar 2006-Saläre eine gewisse Hoffnung hegen, dass die restlichen Lohnausstände ebenfalls beglichen würden. Mithin kann nicht gesagt werden, er habe seine Mitwirkungspflicht in einer Weise verletzt, die eine Leistungsverweigerung unter diesem Titel rechtfertigen würde. Nach dem in vorstehender Erwägung 2b Gesagten ist die Stellung des Konkursbegehrens keine Anspruchsvoraussetzung. Selbstredend kann somit dem Beschwerdeführer auch nicht vorgeworfen werden (wie dies die Beschwerdegegnerin in ihrer Verfügung vom 14. August 2006 noch getan hat), er habe die Schadenminderungspflicht dadurch verletzt, dass er kein Konkursbegehren gestellt und keinen Nichteintretensentscheid des Konkursgerichts erwirkt habe.

  3. Obwohl ihm die Beschwerdegegnerin bereits am 13. Dezember 2005 mitgeteilt hatte, die Stelle sei bei Nichtbezahlung der Ausstände fristlos zu kündigen, legte der Beschwerdeführer die Arbeit nach eigenen Angaben erst am 7. Februar 2006 nieder, da er seine Kunden nicht habe im Stich lassen wollen (act. G 3.9 und Beschwerde, S. 2). Wie das Bundesgericht erkannt hat, kann von einem Arbeitnehmer nicht unter dem Titel der Schadenminderungspflicht verlangt werden, dass er das Arbeitsverhältnis fristlos auflöst, wenn der Arbeitgeber ausstehende Löhne trotz Mahnung nicht bezahlt für künftige Lohnforderungen keine Sicherheit leistet (BGE 129 V 463; 123 V 233; Urteil B. vom 20. Juli 2005, C 264/04). Nach Art. 52 Abs. 1 AVIG deckt die Insolvenzentschädigung nur die Lohnforderungen für die letzten vier Monate des Arbeitsverhältnisses vor der Konkurseröffnung. Ist das Arbeitsverhältnis vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit aufgelöst worden, so ist die Rückrechnung vom letzten Tag des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen (Nussbaumer, a.a.O. Rz 622). In einer Konstellation wie der vorliegenden, wo der Beschwerdeführer bereits vor der zivilrechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit niedergelegt hat, ist die Rückrechnung vom letzten geleisteten Arbeitstag vorzunehmen (vgl. Wegleitung KIGA BL; act. G 3.21, Beilage 1). Dies rechtfertigt sich auch deshalb, weil Zeiten, in denen zwar noch ein Lohnanspruch nach OR besteht, aber keine Arbeit mehr geleistet wurde, gar nicht entschädigungsberechtigt sind (vgl. Erw. 1a). Es wäre somit unbillig, diese Zeiten bei der Viermonatsfrist mit zu berücksichtigen. Zusammenfassend fallen somit die vier Monate vom 8. Oktober 2005 bis 7. Februar 2006 in den entschädigungsberechtigten Zeitraum. Innerhalb dieses Zeitraums macht der Beschwerdeführer Lohnansprüche für den Oktober und November 2005 geltend.

3.- a) Nach dem Gesagten hat der Beschwerdeführer grundsätzlich Anspruch auf Insolvenzentschädigung, da sowohl die Anspruchsberechtigung nach Art. 51 Abs. 1 lit. b AVIG erfüllt ist und der Beschwerdeführer die Schadenminderungspflicht nach Art. 55 Abs. 1 AVIG nicht verletzt hat. Die Streitsache ist demzufolge an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie die Berechnung der Entschädigung für den Zeitraum vom 8. Oktober 2005 bis 30. November 2005 (inklusive Anteil am 13. Monatslohn, wobei allerdings die Höchstgrenze nach Art. 52 Abs. 1 AVIG zu berücksichtigen ist) berechne.

b) Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:

  1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der angefochtene Einspracheentscheid aufgehoben und die Streitsache zwecks masslicher Festlegung der Insolvenzentschädigung im Sinn der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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