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Urteil Versicherungsgericht (SG - AHV 2016/16)

Zusammenfassung des Urteils AHV 2016/16: Versicherungsgericht

Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen forderte eine zu viel gezahlte Waisenrente in Höhe von Fr. 21'236.-- zurück, da der Sohn des Beschwerdeführers die Ausbildung abgebrochen hatte. Der Beschwerdeführer argumentierte, dass die Rente dem Sohn zustehe und nicht ihm, und dass der Rückforderungsanspruch bereits verjährt sei. Das Gericht entschied, dass der Beschwerdeführer als Vertreter des Sohnes die Rente empfangen hatte und somit rückerstattungspflichtig war. Zudem sei der Rückforderungsanspruch nicht verjährt, da die Verwaltung erst 2016 Kenntnis vom Lehrabbruch erlangte. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und es wurden keine Gerichtskosten erhoben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AHV 2016/16

Kanton:SG
Fallnummer:AHV 2016/16
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AHV - Alters- und Hinterlassenenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AHV 2016/16 vom 18.08.2017 (SG)
Datum:18.08.2017
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 35 Abs. 1 IVG, Art. 25 ATSG i.V.m. Art. 25 Abs. 5 AHVG. Rückerstattung einer unrechtmässig bezogenen Waisenrente. Bloss beiläufige Mitteilung über den Lehrabbruch des Sohnes im Rahmen der Invalidenrentenabklärung kann nicht als rechtsgenüglich erachtet werden. IV-Stelle stellt keine zuständige Verwaltungsstelle bezüglich AHV-rechtlicher Belange im Sinne der Rechtsprechung dar (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 18. August 2017, AHV 2016/16).
Schlagwörter: Waise; Waisen; Waisenrente; Rückforderung; Rente; Abklärung; Ausgleichskasse; Leistung; IV-Stelle; Meldung; Beschwerdeführers; Einsprache; Anspruch; Bundes; Abklärungen; Verwaltung; Renten; Lehre; Verfügung; Ausbildung; Gallen; Vater; Rückerstattung; Leistungen; Vertreter
Rechtsnorm: Art. 25 AHVG ;Art. 25 ATSG ;Art. 31 AHVG ;Art. 31 ATSG ;Art. 37 ATSG ;Art. 49 AHVG ;Art. 61 AHVG ;
Referenz BGE:112 V 180; 119 V 431; 138 V 74; 139 V 6;
Kommentar:
-, ATSG- 3. Aufl. Zürich, Basel, Genf, Art. 25 ATSG, 2015

Entscheid des Verwaltungsgerichts AHV 2016/16

Entscheid vom 18. August 2017

Besetzung

Versicherungsrichterinnen Marie-Theres Rüegg Haltinner (Vorsitz), Michaela Machleidt Lehmann und Marie Löhrer; a.o. Gerichtsschreiberin Melissa Traber

Geschäftsnr. AHV 2016/16

Parteien

  1. ,

    Beschwerdeführer,

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Silvio Riesen, schadenanwaelte.ch AG, Alderstrasse 40, Postfach 3284, 8034 Zürich,

    gegen

    Sozialversicherungsanstalt des Kantons

    St. Gallen, Ausgleichskasse, Brauerstrasse 54, Postfach, 9016 St. Gallen,

    Beschwerdegegnerin,

    Gegenstand

    Rückforderung Waisenrente (B. ) Sachverhalt

    A.

    1. A. , Vater des 19 geborenen B. , meldete diesen am 25. Oktober 2011, aufgrund der Aufnahme einer vierjährigen Lehre zum Elektroinstallateur EFZ ab dem 2. August 2011, erneut zum Bezug einer Waisenrente an (wai-act. 26). Mit Verfügung vom

      3. November 2011 sprach die Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen (SVA) als kantonale Ausgleichskasse A. für B. eine Waisenrente in Höhe von monatlich Fr. 585.-- mit Wirkung ab 1. September 2011 zu (wai-act. 2/24).

    2. Am 14. Juli 2016 notierte ein Sachbearbeiter der SVA aufgrund einer internen Mitteilung der IV-Stelle, dass B. die Ausbildung per August 2012 abgebrochen habe. Nach Rückfrage beim Amt für Berufsbildung verfügte die SVA am 15. Juli 2016 die Rückerstattung der nach Abbruch der Lehre ausgerichteten Rente. Die zu viel ausbezahlten Leistungen im Zeitraum vom 1. September 2012 bis 31. August 2015 in Höhe von Fr. 21‘236.-- habe der Leistungsempfänger dessen Vertreter zurückzuerstatten. Die Rückforderungsverfügung wurde an den damaligen

Rechtsvertreter von A. , Rechtsanwalt lic. iur. Martin Hablützel adressiert (wai-act. 2/6).

B.

    1. Mit Schreiben vom 11. August 2016 erhob A. , vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Silvio Riesen, gegen die Rückforderung Einsprache. Er machte geltend, dass der Anspruch auf Waisenrente direkt dem Waisen zustehe, aufgrund dessen habe sich auch eine allfällige Rückforderung an diesen zu richten; dies unabhängig davon, ob der Elternteil Zahlungen entgegengenommen habe. Die Rückforderung scheitere folglich bereits an der fehlenden Passivlegitimation und sei deshalb aufzuheben. Ferner sei der Rückforderungsanspruch aufgrund der abgelaufenen Verwirkungsfrist ohnehin bereits erloschen. Der Vater habe der SVA, IV-Stelle, bereits anlässlich einer Abklärung bei ihm zu Hause am 24. September 2013 ausdrücklich mitgeteilt, dass sein Sohn die Lehre abgebrochen habe. Auch habe er die IV-Stelle bereits in einer Besprechung mit der Eingliederungsverantwortlichen am 23. Januar 2013 entsprechend informiert (wai-act. 2/3).

    2. Mit Einspracheentscheid vom 26. September 2016 wies die SVA die Einsprache ab. Sie bringt vor, dass der Bezüger der unrechtmässig bezogenen Leistungen rückerstattungspflichtig sei. Die Waisenrente sei dem Einsprecher zugesprochen und auch auf sein Konto überwiesen worden. Auf das Vorbringen des Einsprechers, wonach der Rückerstattungsanspruch bereits verwirkt sei, könne nicht eingegangen werden, da die durch den Einsprecher geltend gemachte Aussage bloss beiläufig in einem anderen Verfahren erfolgt sei und der Meldepflicht nicht genüge. Zudem sei auch die frühere Mitteilung des Lehrabbruchs anlässlich des geltend gemachten Gesprächs vom 23. Januar 2013 nicht belegt. Die Einwände des Einsprechers seien folglich nicht stichhaltig (act. G 1.1).

C.

    1. Gegen diesen Einspracheentscheid richtet sich die vorliegend zu beurteilende Beschwerde vom 13. Oktober 2016. Der Beschwerdeführer führt aus, dass er unter keinen Umständen Anspruch auf die Waisenrente gehabt habe und diesbezüglich

      folglich auch nicht Leistungen für sich, sondern nur für seinen Sohn habe entgegennehmen bzw. empfangen können. Er sei somit rechtlich nicht als Empfänger einer Waisenrente zu qualifizieren. Die Rückforderungsverfügung hätte sich folglich an seinen Sohn richten müssen. Die Forderung sei zudem, wie in der Einsprache dargetan, bereits verwirkt. An die Art und Weise der Meldung dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es genüge, wenn eine Anzeige der Sachverhaltsänderung erfolge, selbst wenn der Versicherungsträger in der Folge zusätzliche Abklärungen in die Wege zu leiten habe. Auch sei ein Versicherungsträger verpflichtet, sämtliche Eingaben bzw. Meldungen entgegenzunehmen und gegebenenfalls an die zuständige Stelle weiter zu leiten. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung der Rückforderung und stellt ein Erlassgesuch in Aussicht, wenn seiner Begründung nicht gefolgt werde (act. G.1).

    2. In der Beschwerdeantwort vom 20. Oktober 2016 beantragt die Beschwerdegegnerin mit Verweis auf den Einspracheentscheid die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen

1.

Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG; SR 831.10) haben Kinder, deren Vater Mutter gestorben ist, Anspruch auf eine Waisenrente (Abs. 1 Satz 1). Der Anspruch auf die Waisenrente entsteht am ersten Tag des dem Tode des Vaters der Mutter folgenden Monats. Er erlischt mit der Vollendung des 18. Altersjahres mit dem Tod der Waise (Abs. 4). Für Kinder, die noch in Ausbildung sind, dauert der Rentenanspruch bis zu deren Abschluss, längstens aber bis zum vollendeten 25. Altersjahr (Abs. 5 Satz 1). Gemäss Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetztes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) sind unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten. Dabei wird für die Rückerstattungsverpflichtung auf den Empfang der Leistungen abgestellt (UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. Zürich/Basel/Genf 2015, N 33 zu Art. 25). Der Rückforderungsanspruch erlischt mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf

von 5 Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung. Bei den genannten Fristen handelt es sich um Verwirkungsfristen (BGE 138 V 74 E. 4.1).

2.

    1. Wie von der Beschwerdegegnerin korrekt festgestellt, hatte der Sohn des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt des Lehrabbruchs im August 2012 das 18. Altersjahr bereits vollendet und wegen fehlender Ausbildung keinen Anspruch mehr auf eine Waisenrente. Der Beschwerdeführer bestreitet denn auch nicht die Unrechtmässigkeit des Rentenbezugs, sondern seine Passivlegitimation.

    2. Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei der falsche Adressat der Verfügung, da die Rente gemäss Art. 25 AHVG immer dem Waisen selbst zustehe. Er habe selber keinen Anspruch auf die Waisenrente. Die Entgegennahme der Rente könne höchstens in seiner Funktion als gesetzlicher Vertreter (vor der Volljährigkeit) bzw. als gewillkürter Vertreter (nach Erreichen der Volljährigkeit) erfolgt sein. Er habe zu Beginn des Bezugs der Waisenrente – als sein Sohn noch nicht volljährig war – eine Kontoverbindung für die Auszahlung angeben müssen. Diese sei dann auch nach Erreichen der Volljährigkeit seines Sohnes weiterhin verwendet worden. Dass er Inhaber jenes Kontos gewesen sei, ändere nichts daran, dass er rechtlich nicht als Empfänger einer Waisenrente qualifiziert werden könne. Die Rückforderungsverfügung hätte sich folglich an seinen Sohn richten müssen (act. G1).

    3. Im vorliegenden Fall meldete der Beschwerdeführer im Oktober 2011 seinen damals bereits volljährigen Sohn (geboren November 1992) für den Bezug der Waisenrente ab dem 1. September 2011 unter dem Titel „Wiederaufleben Waisenrente betr. Lehre ab 08.11“ an und unterzeichnete dabei mit eigenhändiger Unterschrift. Damit trat er zugleich als Vertreter des Sohnes auf und verlangte auch die Auszahlung der Rente an sich selber (wai-act. 26). Dieses Handeln entspricht dem Grundsatz der Vertretung Verbeiständung gegenüber dem Versicherungsträger (Art. 37 Abs. 1 ATSG). Diese Umstände liess der Beschwerdeführer bei seinen Ausführungen offenkundig ausser Acht, indem er geltend macht, er sei lediglich aufgrund der Kontoverbindung als Verfügungsadressat gewählt worden (act. G1). Die Verfügung war korrekterweise dem Beschwerdeführer – als gewillkürtem Vertreter des Sohnes –

eröffnet worden. Der Beschwerdeführer war aufgrund seiner Angaben im Anmeldeformular unstreitig Empfänger der Waisenrente gewesen. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer selber nicht anspruchsberechtigt war, sondern die Rente dem anspruchsberechtigten Sohn weiterzuleiten hatte. Die Rückerstattungspflicht nach Art. 25 ATSG knüpft an den Empfang der Leistung an, wie bereits dargelegt wurde (E. 1).

3.

    1. Der Beschwerdeführer bringt sodann vor, dass der Rückforderungsanspruch im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung gemäss Art. 25 Abs. 2 ATSG bereits erloschen gewesen sei.

    2. Rechtsprechungsgemäss ist für die Auslösung der relativen Frist von einem Jahr der Zeitpunkt massgeblich, in welchem die Verwaltung bei Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Rückerstattung bestehen (BGE 119 V 431 E. 3a S. 433; SVR 2011 BVG Nr. 25 S. 93, Urteil des Bundesgerichts vom 29. Oktober 2012, 9C_245/2012, E. 5.1.2). Ist für die Leistungserbringung das Zusammenwirken mehrerer Behörden notwendig, reicht es rechtsprechungsgemäss aus, wenn die Kenntnis bei einer der zuständigen Verwaltungsstellen vorhanden war (BGE 119 V 431 E. 3a S. 433, BGE 112 V 180 E. 4c

      S. 182). Hat der Versicherungsträger zur Festsetzung des Rückforderungsanspruchs noch weitere Abklärungen zu treffen, so sind diese innert nützlicher Frist durchzuführen (Urteil des Bundesgerichts vom 28. Mai 2010, 9C_1010/2009, E. 3.4). Werden dennoch keine Abklärungen unternommen, so darf sich ihre Säumnis nicht zuungunsten des Versicherten auswirken. Der Beginn der Verwirkungsfrist ist diesfalls auf den Zeitpunkt festzusetzen, in welchem die Verwaltung ihre unvollständige Kenntnis mit dem erforderlichen und zumutbaren Einsatz so hätte ergänzen können, dass der Rückforderungsanspruch hinreichend belegt ist (Urteil 9C_454/2012 vom 18.März 2013, E. 4.; Urteil 9C_567/2016 vom 3. Januar 2017, E. 4.2.2).

    3. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er bereits anlässlich einer Abklärung zur Feststellung des Invaliditätsgrades bei sich zu Hause am 24. September 2013 ausdrücklich mitgeteilt habe, dass sein Sohn die Lehre abgebrochen habe. Dabei sei

      irrelevant, ob es sich um eine ausreichende Meldung gehandelt habe nicht. Entscheidend sei einzig, dass der Ausbildungsabbruch bei der Beschwerdegegnerin seit jener Abklärung aktenkundig gewesen sei. Mindestens hätte diese bei der gegebenen Ausgangslage weitere Abklärungen treffen müssen, bevor sie weiterhin Waisenrenten ausbezahlte. Durch das Unterlassen weiterer Abklärungen beginne die einjährige Verwirkungsfrist somit mit der Erwähnung des Lehrabbruchs am 24. September 2013 zu laufen (act. G1).

    4. Die Beschwerdegegnerin führt diesbezüglich aus, dass es im damals hängigen IV- Verfahren des Beschwerdeführers primär um die Feststellung einer allfälligen invaliditätsbedingten Erwerbseinbusse des Beschwerdeführers gegangen sei, wobei auch Nebenschauplätze wie familiäre Situation überprüft worden seien. Dass zur Erläuterung der Wohnsituation der Lehrabbruch erwähnt worden sei, könne nicht als ausdrückliche Mitteilung gesehen bzw. verstanden werden. Die beiläufige Erwähnung während einer IV-Abklärung in einem anderen Verfahren, mehr als ein Jahr nach dem Lehrabbruch, genüge dabei nicht als Meldung. Erst im Zusammenhang mit dem am 20. Juni 2016 gestellten IV-Antrag des Sohnes sei dies von der IV-Stelle festgestellt und gemäss Notiz vom 14. Juli 2016 der Ausgleichskasse weiter geleitet worden (act. G 1.1).

    5. Dem Abklärungsbericht, welcher im Rahmen des IV-Rentenverfahrens des Beschwerdeführers (Bericht über die am 24. September 2013 erfolgte Abklärung für Selbständigerwerbende) erstattet wurde, kann entnommen werden, dass der Sohn des Beschwerdeführers vor kurzem die Lehre als Elektroinstallateur abgebrochen habe und sich bezüglich der Ausbildung neu orientieren wolle. Zu prüfen ist, ob diese Angabe, die anlässlich der Prüfung des IV-Rentenanspruchs des Beschwerdeführers erfolgte, als Meldung veränderter Verhältnisse im Sinne von Art. 31 AHVG gesehen werden kann, welche die Beschwerdegegnerin zu weiteren Abklärungen im Zusammenhang mit dem Waisenrentenanspruch hätte veranlassen sollen.

    6. Bei der zurückgeforderten Rente handelt es sich um eine Waisenrente, welche als Anspruch bei Tod des Vaters der Mutter begründet und unter dem Regime des AHV ausgerichtet wird (vgl. UELI KIESER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht,

      2. Aufl. Zürich/St. Gallen 2017, S. 449ff.). Die Durchführung der Alters- und

      Hinterlassenenversicherung erfolgt unter der Aufsicht des Bundes durch die Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Verbandsausgleichskassen, kantonalen Ausgleichskassen, Ausgleichskassen des Bundes und eine zentrale Ausgleichsstelle (Art. 49 AHVG). Jeder Kanton hat durch besonderen Erlass eine kantonale Ausgleichskasse in Form einer selbständigen öffentlichen Anstalt zu errichten (Art. 61 Abs. 1 AHVG). Mit dem Erlass des Einführungsgesetzes vom 13. Januar 1994 zum AHVG (EG-AHV; sGS 350.1) errichtete der Kanton St. Gallen die Sozialversicherungsanstalt zum Vollzug der AHV und IV (Art. 1 und 2 EG-AHV). Die Sozialversicherungsanstalt gliedert sich in die Ausgleichskasse, die IV-Stelle sowie weitere Dienststellen (Art. 3 EG-AHV). Eine mehrere politische Gemeinden führen Gemeindezweigstellen der Ausgleichskassen, welche die ihnen von der Bundesgesetzgebung übertragenen Aufgaben erfüllen (Art. 11 EG-AHV). Entsprechend der Bundesgesetzgebung im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. b und c AHVG obliegen den Ausgleichskassen sowie deren Zweigstellen nach Massgabe der gesetzlichen Bestimmungen unter anderem die Festsetzung der Renten sowie deren Auszahlung. Die IV-Stellen und Ausgleichskasse werden mithin von Gesetzes wegen mit unterschiedlichen Aufgaben betraut. Zwar sind diese in einigen Bereichen überschneidend und verlangen diesbezüglich ein Zusammenwirken. Die Waisenrente des Sohnes stellt jedoch einen originären Anspruch der AHV dar, welcher unabhängig von der Invalidenrente des Beschwerdeführers Bestand hatte. Die IV-Stelle ist somit bezüglich Festsetzung (und Rückforderung) einer Waisenrente nicht die zuständige Verwaltungsstelle, weshalb ihr Wissen nicht der Ausgleichskasse zugerechnet werden und in diesem Sinne keine fristauslösende Wirkung haben kann (BGE 139 V 6, E. 5.1).

    7. Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, dürfen an die Art und Weise, wie eine Meldung erfolgt, keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden (SVR 2007 IV Nr. 24 E. 5). Es kann jedoch nicht als ausreichend erachtet werden, wenn eine meldepflichtige Tatsache bloss beiläufig im Rahmen einer anderweitigen

      (Renten-)abklärung bei einer unzuständigen Verwaltungsstelle mitgeteilt wird. Entsprechend kann – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – eine solchermassen bekanntgegebene Tatsache nicht als Meldung im Sinne von Art. 31 ATSG aufgefasst werden; andernfalls würde dies zu einem enormen und unüberschaubaren Verwaltungsaufwand führen, müssten sämtliche Aussagen bei

      Abklärungen einer versicherten Person mit allfälligen Leistungsansprüchen abgeglichen werden.

    8. Die beiläufige Erwähnung einer meldepflichtigen Tatsache gegenüber einer unzuständigen Verwaltungsstelle vermag die einjährige Verwirkungsfrist nicht auszulösen. In Folge des Gesagten kann auch auf eine Zeugeneinvernahme verzichtet werden, da auch diese im Zusammenhang mit dem IV-Rentenverfahren des Beschwerdeführers stehen und somit in den Zuständigkeitsbereich der IV-Stelle fallen würde. In den Akten sind keine weiteren Anhaltspunkte vorhanden, welche auf eine anderweitige Meldung durch den Beschwerdeführer an die Beschwerdegegnerin schliessen liessen. Die Beschwerdegegnerin erhielt folglich erst mit der Meldung der IV-Stelle am 14. Juli 2016 Kenntnis über den Ausbildungsabbruch und hat somit durch den Erlass der Verfügung am 15. Juli 2016 die einjährige Frist gewahrt (wai-act. 6 und 8).

4.

Damit ist die Rückforderung in unbestrittener Höhe von Fr. 21‘236.-- gemäss dem Einspracheentscheid vom 26. September 2016 nicht zu beanstanden. Die durch den Beschwerdeführer auch im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Begründung, dass ihm das Bewusstsein über den unrechtmässigen Leistungsbezug fehle und es ihm aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse nicht möglich sein werde, der Rückforderung nachzukommen (finanzielle Härte), wird die Beschwerdegegnerin bei der Prüfung des bereits zusammen mit der Einsprache vom 11. August 2016 angekündigten Erlassgesuchs zu prüfen haben.

5.

Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. Das Beschwerdeverfahren ist kostenlos (Art. 61 lit. a ATSG).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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