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Urteil Versicherungsgericht (SG - AHV 2009/16)

Zusammenfassung des Urteils AHV 2009/16: Versicherungsgericht

Die Beschwerdeführerin, eine Arbeitgeberin, wurde von der Ausgleichskasse zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund einer Einmaleinlage und einer Überbrückungsrente aufgefordert. Ihr Rechtsvertreter legte Einspruch ein, da er die Einmaleinlage nicht als beitragspflichtig ansah. Die Ausgleichskasse wies den Einspruch ab, worauf die Arbeitgeberin Beschwerde einreichte. Es wurde diskutiert, ob die Leistungen eines patronalen Wohlfahrtsfonds als massgebender Lohn gelten. Das Versicherungsgericht entschied, dass die Beschwerde abgewiesen wird, ohne Gerichtskosten zu erheben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AHV 2009/16

Kanton:SG
Fallnummer:AHV 2009/16
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AHV - Alters- und Hinterlassenenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AHV 2009/16 vom 04.05.2010 (SG)
Datum:04.05.2010
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 5 Abs. 2 AHVG. Art. 7 lit. q und 8ter AHVV. Umstritten war, ob die Ausgleichskasse die vom Härtefonds einer Wohlfahrtsstiftung zugunsten einer Arbeitnehmerin der Beschwerdeführerin übernommene Einmaleinlage in deren Pensionskasse zur lebenslangen Rentenerhöhung zu Recht als massgebenden Lohn qualifizierte (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 4. Mai 2010, AHV 2009/16). Bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts 9C_556/2010.
Schlagwörter: Arbeitgeber; Leistung; Leistungen; Urteil; Wohlfahrtsfonds; Beitragspflicht; Recht; Arbeitgeberin; Vorsorge; Leistung; Wohlfahrtsstiftung; Ausgleich; Arbeitnehmer; Rente; Ausgleichskasse; Pensionskasse; Einsprache; Stiftung; Renten; Einmaleinlage; Rentenerhöhung; Betrag; Rechtsprechung; Arbeitgebers; Bundesgericht; Einspracheentscheid
Rechtsnorm: Art. 12 AHVG ;Art. 5 AHVG ;Art. 58 ATSG ;
Referenz BGE:124 V 104; 133 V 153; 133 V 556;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AHV 2009/16

Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Karin Huber-Studerus und Marie Löhrer; Gerichtsschreiber Walter Schmid

Entscheid vom 4. Mai 2010

in Sachen

D. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Advokat Dr. iur. Manfred Bayerdörfer, Rathausstrasse 40/42, 4410 Liestal,

gegen Ausgleichskasse, Beschwerdegegnerin,

betreffend

Nachbelastung von paritätischen Beiträgen für das Jahr 2006 (Ermessensleistung patronaler Wohlfahrtseinrichtung)

Sachverhalt:

A.

    1. Die D. (nachfolgend: Arbeitgeberin), war der Ausgleichskasse, bis 31. Dezember 2008 angeschlossen. Am 15. Juni 2009 führte die Revisionsstelle der Ausgleichskassen bei der Arbeitgeberin eine Arbeitgeberkontrolle (Schlusskontrolle zufolge Kassenwechsel) durch. Im Bericht vom 15. Juni 2009 wurde festgehalten, dass im Jahr 2006 eine Einmaleinlage für eine Rentenerhöhung aus dem Härtefonds der Wohlfahrtsstiftung der A. in die Pensionskasse von Fr. 64'061.-- (netto) und eine von der Arbeitgeberin finanzierte Überbrückungsrente von Fr. 3'461.-- (netto; vgl. dazu act. G 1.3-1.6) bzw. Fr. 3'645.-- (brutto) nicht der Beitragspflicht unterstellt worden seien (act. G 3.3). Hierauf erliess die Ausgleichskasse am 7. Juli 2009 eine Nachtragsverfügung, worin sie die Arbeitgeberin zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen im Betrag von Fr. 9'552.75 verpflichtete (act. G 3.4).

    2. Gegen diese Verfügung erhob Advokat Dr. iur M. Bayerdörfer, Liestal, für die Arbeitgeberin am 27. Juli 2009 Einsprache, worin er die Aufhebung der Verfügung bezüglich der Einmaleinlage von Fr. 64'061.-- beantragte. Die Nachzahlung bezüglich der Lohnsumme von Fr. 3'645.-- (brutto) blieb unbeanstandet (act. G 3.2). Mit Einspracheentscheid vom 19. August 2009 wies die Ausgleichskasse die Einsprache ab (act. G 3.1).

B.

    1. Gegen diesen Einspracheentscheid liess die Arbeitgeberin durch ihren Rechtsvertreter mit Eingabe vom 21. September 2009 Beschwerde erheben mit den Anträgen, der Entscheid sei aufzuheben und die Angelegenheit sei an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie die Nachzahlung aufgrund einer AHV- Lohnsumme (brutto) von Fr. 3'645.-- neu berechne. Es sei ihr eine angemessene

      Parteientschädigung zulasten der Beschwerdegegnerin zuzusprechen. Zur Begründung führte der Rechtsvertreter unter anderem aus, es sei unbestritten, dass die Zahlung der Beschwerdeführerin an die Pensionskasse im Betrag von Fr. 3'461.-- (bzw. Fr. 3'645.-- brutto) zum massgebenden Lohn im Sinne des AHV-Beitragsrechts gehöre. Anders verhalte es sich mit der Einmaleinlage im Betrag von Fr. 64'061.-- zur Finanzierung der lebenslangen Rentenerhöhung. Diese sei im Sinn der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (Urteil 9C_435/2008) von der Beitragspflicht auszunehmen. Die im Einspracheentscheid angeführten Einwände gegen diese Rechtsprechung seien nicht stichhaltig. Selbstverständlich komme es immer wieder vor, dass ein Dritter anstelle des Arbeitgebers Leistungen erbringe, die zweifellos Arbeitsentgelt darstellen und folglich unter den Begriff des massgebenden Lohnes fallen würden. Dies bilde jedoch keinen Grund, um auch im Fall einer Ermessensleistung eines patronalen Wohlfahrtsfonds auf massgebenden Lohn zu erkennen. Gemäss ausdrücklicher Vorschrift würden auch Leistungen des Arbeitgebers für den Ausgleich des Lohnausfalls bei Krankheit Unfall zum massgebenden Lohn gehören. Schliesse hingegen der Arbeitgeber zur Deckung dieser Risiken Versicherungen ab, würden weder die vom Arbeitgeber bezahlten Prämien noch die Versicherungsleistungen zum massgebenden Lohn gehören. Die Beitragsbefreiung für Versicherungsprämien gelte auch dann, wenn diese vollständig vom Arbeitgeber finanziert würden. Vor diesem Hintergrund erscheine keineswegs als systemfremd, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgerichtete Leistungen mit sozialem Charakter unterschiedlich behandelt würden, je nachdem, ob diese vom Arbeitgeber von einem Wohlfahrtsfonds stammen würden.

    2. In der Beschwerdeantwort vom 14. Oktober 2009 beantragte die Beschwerdegegnerin Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, durch das Urteil des Bundesgerichts vom 6. März 2009 (9C_824/2008) sei die frühere Rechtsprechung und Lehre bestätigt worden, dass nach den Grundsätzen des AHV-Beitragsrechts sämtliche Zuwendungen, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen würden, der Beitragspflicht unterliegen würden. Aus diesem und weiteren Gründen habe das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) die für die Ausgleichskassen verbindlichen Weisungen bisher nicht angepasst und auch keine AHV-Mitteilung erlassen. Sie sehe daher keine Möglichkeit, von ihrem Einspracheentscheid abzuweichen.

    3. Mit Eingabe vom 8. Dezember 2009 teilte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mit, dass an den beschwerdeweise gestellten Anträgen festgehalten werde (act. G 7).

Erwägungen:

1.

Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin die vom Härtefonds der Wohlfahrtsstiftung der A. zugunsten einer Arbeitnehmerin der Beschwerdeführerin übernommene Einmaleinlage von Fr. 64'061.-- in die Pensionskasse zur lebenslangen Rentenerhöhung im Betrag von Fr. 500.-- pro Monat (vgl. act. G 1.3 S. 2 und G 1.4 S.

  1. zu Recht als massgebenden Lohn qualifizierte. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um die Zweigniederlassung der D. (vgl. Handelsregisterauszug, act. G 1.2). Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen ist somit örtlich (und sachlich) zur Beurteilung der streitigen Angelegenheit zuständig (vgl. Art. 58 ATSG, SR 830.1; vgl. auch U. Kieser, ATSG-Kommentar, Rz 13 zu Art. 58 ATSG; BGE 124 V 104). Die Arbeitnehmerin, deren Vorsorgeanspruch mit der streitigen nachträglichen Beitragserhebung in Zusammenhang steht, hatte ihren Wohnsitz nach Lage der Akten im Juni 2009 offenbar in Frankreich (vgl. act. G 1.3 S. 2). Ob dies auch im Zeitpunkt der Anhängigmachung der Beschwerde der Fall war und eine Beiladung aus diesem Grund unterbleiben könnte (SVR-AHV 1996 Nr. 87, 265), lässt sich den Akten nicht entnehmen. Auf eine Beiladung kann jedoch verzichtet werden, weil die Arbeitnehmerin durch den Verfahrensausgang in keinem Fall beschwert ist, denn die Beschwerdeführerin gab die Zusicherung ab, in jedem Fall auf die Nachforderung des Arbeitnehmerbeitragsanteils zu verzichten (act. G 9).

    2.

    1. Zu dem für die Berechnung der Beiträge massgebenden Lohn (Art. 5 Abs. 2 AHVG) gehören, soweit sie nicht Unkostenentschädigungen darstellen, unter anderem Leistungen des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, soweit sie nicht im Sinne von Art. 8ter vom massgebenden Lohn ausgenommen sind (Art. 7 lit. q Satz 1 AHVV). Art. 8ter AHVV zählt in Abs. 1 verschiedene Leistungen bis zur Höhe von acht

      Monatslöhnen auf, welche vom massgebenden Lohn ausgenommen sind, worunter auch Leistungen im Rahmen einer Vorruhestandsregelung des Arbeitgebers (lit. c) und Entschädigungen bei Entlassungen im Falle von Betriebsschliessung Betriebszusammenlegung (lit. d; vgl. dazu BGE 133 V 153).

    2. Die Wohlfahrtsstiftung der A. ist im Handelsregister eingetragen. Sie dient dem Zweck, die Vorsorge für die Mitarbeitenden und deren Angehörige und Hinterbliebene gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Tod, Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit und unverschuldete Notlage zu gewährleisten. Die Stiftung kann freiwillige einmalige wiederkehrende Leistungen zu Gunsten des Personals gewähren, das im Dienst der Arbeitgeber steht gestanden hat. Die Stiftung kann Beiträge aus vorgängig geäufneten und gesondert ausgewiesenen Beitragsreserven an andere steuerbefreite Vorsorgeeinrichtungen leisten, die für die ihr angeschlossenen Unternehmen bestehen. Aus dem Handelsregister ist ersichtlich, dass im Juni 2005 ein grösserer Vermögensübertrag (ohne Gegenleistung) von der Wohlfahrtsstiftung auf die Pensionskasse der A. erfolgt war. Auch konkret geht es um einen solchen Übertrag bzw. eine Einmaleinlage aus dem Härtefonds der Wohlfahrtsstiftung in die Pensionskasse zum Zweck der individuellen Leistungsaufbesserung. Wie aus dem Antrag der Arbeitgeberin vom 23. Oktober 2006 an den Stiftungsrat hervorgeht, erreichte die zu begünstigende Arbeitnehmerin am 30. November 2006 das Pensionierungsalter. Sie hätte gerne aus finanziellen Gründen über das Pensionierungsalter hinaus weiter gearbeitet. Dies war von der Arbeitgeberin abgelehnt worden; statt dessen beantragte sie die Finanzierung einer Rentenerhöhung von monatlich Fr. 500.-- und eine Überbrückungsrente von monatlich Fr. 300.-- (act. G 1.3). Der Stiftungsrat bewilligte in der Folge die Finanzierung der Rentenerhöhung, während die Überbrückungsrente von der Arbeitgeberin direkt finanziert werden sollte (act. G 1.4). Letztere Leistung ist anerkanntermassen beitragspflichtig.

    3. In einem Urteil vom 21. Oktober 2008 hielt das Bundesgericht fest, von entscheidender Bedeutung sei, dass sowohl der Begriff des massgebenden Lohnes gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG (BGE 133 V 556 Erw. 4) als auch Art. 7 lit. q AHVV unmissverständlich an das Arbeitsverhältnis anknüpfen würden. Art. 7 lit. q AHVV spreche gar ausdrücklich von Leistungen des Arbeitgebers. Davon, dass Art. 7 lit. q und 8ter AHVV Leistungen des Arbeitgebers betreffen würden, sei auch das Bundesamt

      für Sozialversicherungen (BSV) in seinen Erläuterungen zu diesen neu gefassten Bestimmungen bei deren Inkrafttreten am 1. Januar 2001 ausgegangen (AHI 2000 S. 254f). Somit würden weder der Gesetzeswortlaut noch der Verordnungstext Raum für die Annahme lassen, beitragspflichtige Entgelte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit lägen auch vor, wenn sie nicht von der Arbeitgeberfirma, sondern von einer Drittperson, namentlich einer vom Arbeitgeber zu unterscheidenden Vorsorgeeinrichtung, selbst in Gestalt eines patronalen Wohlfahrtsfonds, erbracht würden (Urteil des Bundesgerichts vom 21. Oktober 2008 i/S BSV/Bank X. [9C_435/2008] Erw. 3.2).

      In dem von der Beschwerdegegnerin angeführten Urteil vom 6. März 2009 i/S E. (9C_824/2008) ging es um die Frage, wer (von mehreren möglichen juristischen Personen) als Arbeitgeber im Sinne des AHV-Rechts (Art. 12 Abs. 1 AHVG) zu gelten habe. Gemäss Sachverhalt jenes Falles richtete die X. AG nach dem Verkauf ihrer Beteiligungen an die Y. AG einem Arbeitnehmer dieser AG Geldleistungen aus. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass diese Geldleistungen nicht von der X. AG, sondern von der Y. AG mit der Ausgleichskasse abgerechnet werden müssten (Urteil 9C_824/2008, Erw. 5-6). Die von einer Holdinggesellschaft an Arbeitnehmende einer Gesellschaft, deren Beteiligung sie hält, für langjährige Betriebszugehörigkeit ausgerichteten Entschädigungen wurden als massgebender Lohn deklariert. Dass die Holdinggesellschaft die Entschädigungen ausgerichtet habe, genüge für sich allein noch nicht, um sie als beitragspflichtige Arbeitgeberin zu betrachten. Vielmehr hätten die Gesellschaften, welche die Begünstigten beschäftigen würden, die sich daraus ergebenden beitragsrechtlichen Konsequenzen zu tragen (Urteil 9C_824/2008 Erw. 6.2).

    4. Anders als im vorerwähnten Urteil 9C_824/2008 stehen bei der hier streitigen Angelegenheit ausschliesslich Leistungen der Wohlfahrtsstiftung an die Einrichtung der beruflichen Vorsorge der Beschwerdeführerin in Frage. Die bei den Akten liegende Rechnung der Pensionskasse der A. an die Beschwerdeführerin (act. G 1.5) betrifft nämlich die (hier nicht streitige) temporäre Übergangsrente von Fr. 300.--, nicht jedoch die streitige Leistung. Die streitige Einmaleinlage zur Rentenerhöhung im Betrag von Fr. 500.-- pro Monat erbrachte die Wohlfahrtsstiftung aus eigenem (Ermessens-)Ent- scheid und aus eigenen Mitteln. Dem erwähnten Urteil liegt insoweit ein mit den vorliegenden Gegebenheiten nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Es handelt

      sich insbesondere auch nicht um eine Leistung im Rahmen einer Vorruhestandsregelung (Art. 8 ter Abs. 1 lit. c AHVV), da die Erhöhung der Rente im Betrag von Fr. 500.-- pro Monat erst mit Vollendung des 64. Altersjahres der betroffenen Arbeitnehmerin ausgerichtet wurde (vgl. act G. 1.3, 1.4). Das Bundesgericht entschied sich im zuvor ergangenen Urteil 9C_435/2008 dafür, dass Leistungen eines Wohlfahrtsfonds der Beitragspflicht nicht unterstehen sollen. Dieses Ergebnis wird von einem Teil der Lehre begrüsst (Jürg Brechbühl, Einlagen in die

      berufliche Vorsorge, Pensionskassenleistungen und ihre Behandlung im Beitragsrecht der AHV, in: Schaffhauser/Stauffer, BVG-Tagung 2009, St. Gallen 2009, 119 unten; Christina Ruggli-Wüest, Wohlfahrtsfonds heute: Ein Auslaufmodell, …? in: Schaffhauser/Stauffer, BVG-Tagung 2009, St. Gallen 2009, 174-177 mit Hinweisen; Franziska Bur Bürgin/Markus Moser, Wohlfahrtsfonds im "Würgegriff" des AHV- Beitragsrechts, in: Schweizer Personalvorsorge 2008 Nr. 8, 83 und Nr. 12, 79; H. Wohlmann, in: Schweizer Personalvorsorge 2009 Nr. 8, 85), während andere Autoren das Urteil kritisieren (vgl. P. Cadotsch, Wird der AHV-massgebende Lohn durch Auszahl- und Zahladresse beeinflusst, in SZS 209, S. 3ff., insb. S. 14). Im Parlament hat die Kontroverse zu gesetzgeberischen Aktivitäten im Rahmen der 11. AHV-Revision geführt, deren Ergebnis noch offen ist.

    5. Aus dem dargelegten Zweck der Wohlfahrtsstiftung (vorstehende Erw. 2.2) ergibt sich, dass es sich bei den Leistungen der Wohlfahrtsstiftung nicht um reglementarische Leistungen, sondern um Zahlungen gestützt auf einen Ermessensentscheid des Stiftungsrates handelt. Nach Auffassung des Bundesgerichts ist die Tatsache, dass Art. 6 Abs. 2 lit. h AHVV reglementarische Leistungen von Vorsorgeeinrichtungen, die der Begünstigte bei Eintritt des Vorsorgefalles persönlich beanspruchen kann, wozu namentlich Renten aus der obligatorischen und der weitergehenden beruflichen Vorsorge zu zählen sind, vom Begriff des Erwerbseinkommens ausnimmt, eine Selbstverständlichkeit und bedeutet nicht, dass umgekehrt alle Leistungen einer Vorsorgeeinrichtung, eines Wohlfahrtsfonds einer anderen vorsorgeähnlichen Einrichtung, die nicht unter Art. 6 Abs. 2 lit. h AHVV fallen, auch ohne entsprechende gesetzliche Grundlage als massgebender Lohn der Beitragspflicht unterliegen. Eine rechtsgenügliche Grundlage für die Erfassung derartiger Zahlungen als massgebender Lohn könne nicht mittels eines Umkehrschlusses gefunden werden, sondern bedürfte einer positivrechtlichen gesetzlichen Regelung (Urteil 9C_435/2008 Erw. 3.3).

Entrichtet ein Arbeitgeber Sozialleistungen an seine Arbeitnehmenden, gehören diese zum massgebenden Lohn, es sei denn, sie seien kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift von der Beitragspflicht ausgenommen (vorstehende Erw. 2.1). Von P. Cadotsch (a.a.O., S. 13-15) wird dazu mit Hinweis auf die ältere Rechtsprechung festgehalten, auch wenn der Wohlfahrtsfonds klarerweise nicht der beschäftigende Arbeitgeber sei, handle es sich - abgesehen von bestimmten (konkret nicht zur Anwendung gelangenden) Ausnahmetatbeständen - bei den Leistungen eines patronalen Wohlfahrtsfonds um massgebenden Lohn. Er erachtet eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung als nicht zureichend begründet. Eine weitere Autorenmeinung gibt zu bedenken, dass vergleichbare Leistungen in vergleichbaren Situationen - als Beispiele angeführt werden vom Arbeitgeber freiwillig an vorzeitig zurücktretende Mitarbeiter ausgerichtete Überbrückungsrenten (= massgebender Lohn), Ermessensleistung eines patronalen Fonds (= kein massgebender Lohn) - unterschiedlich behandelt würden, je nachdem, ob sie direkt ausgerichtet über einen Fonds fliessen würden. Eine solche Praxis führe zur Benachteiligung von Arbeitgebern, welche keine Stiftung errichtet hätten, von Mitarbeitern, die nicht zum Begünstigtenkreis gehören würden. Weiter erlaube sie die Ausnahme von Leistungen, durch die einzelne Mitarbeiter bevorzugt würden. Dies widerspreche der Zielsetzung des Verordnungsgebers, der bei der Schaffung der Ausnahmen dem Gleichbehandlungsgrundsatz grosses Gewicht beigemessen habe. Die Rechtsprechung gemäss Urteil 9C_435/2008 lasse zu, dass verschiedenste Lohnersatzleistungen über patronale Stiftungen erbracht und damit vom massgebenden Lohn ausgenommen würden. Dies könne im Extremfall dazu führen, dass nur der Grundlohn lückenlos der Beitragspflicht unterstellt bleibe, was in Bezug auf das Solidaritätsprinzip heikel erscheine (F. Grob/M. Hirt, Wohlfahrtsfonds aus der Sicht der AHV, in: Schweizer Personalvorsorge 2009 Nr. 3, 79). Diese Überlegungen erscheinen insgesamt begründet, so dass Leistungen eines patronalen Wohlfahrtsfonds jedenfalls solange, als kein entsprechender gesetzlicher Ausnahmetatbestand geschaffen ist, der Beitragspflicht unterliegen. Nur so kommt der Grundsatz zum Tragen, wonach alle Bezüge eines Arbeitnehmers, die wirtschaftlich mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängen, als massgebender Lohn zu betrachten sind, unabhängig davon, ob das Entgelt geschuldet wird dessen Entrichtung freiwillig erfolgt (vgl. Hanspeter Käser, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen

AHV, 2. Aufl., S. 112 mit Hinweisen). Eine Befreiung von der Beitragspflicht kommt daher auch bei den konkret streitigen Leistungen nicht in Betracht. Die von den Parteien erwähnte, im Parlament zur Diskussion stehende Gesetzesänderung (Frage der Unterstellung von nichtreglementarischen Leistungen eines Wohlfahrtsfonds unter die AHV-Beitragspflicht; act. G 1.6, 1.7) könnte, selbst wenn für Leistungen von Wohlfahrtsfonds eine generelle Ausnahme von Beitragspflicht gesetzlich verankert würde, für den vorliegenden Fall keine rückwirkende Geltung bewirken.

3.

Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Bestätigung des Einspracheentscheids vom 19. August 2009 abzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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