E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:AHV 2008/20
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AHV - Alters- und Hinterlassenenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AHV 2008/20 vom 08.06.2009 (SG)
Datum:08.06.2009
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 13 Abs. 2 Ziffer a und 14 Abs. 2 Ziffer b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71; Art. 20 Abs. 3 AHVV. Prüfung der Frage, ob in Deutschland von einem deutschen Staatsbürger mit Wohnsitz in der Schweiz erzielte Beteiligungserträge Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit darstellen und damit der Beitragspflicht unterliegen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 8. Juni 2009, AHV 2008/20). Aufgehoben durch Urteil des Bundesgerichts 9C_627/2009.
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 1 AHVG ; Art. 1a AHVG ; Art. 594 OR ; Art. 600 OR ; Art. 9 AHVG ;
Referenz BGE:101 V 84; 105 V 4; 105 V 7; 121 V 80; 134 V 297;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichter Joachim Huber, Versicherungsrichterin Marie-Theres Rüegg-Haltinner; Gerichtsschreiber Walter Schmid

Entscheid vom 8. Juni 2009

in Sachen

B. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Werner Beilstein, Altorfer Duss & Beilstein AG,

Walchestrasse 15, 8006 Zürich,

gegen

Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse des Kantons

St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

betreffend

Nachbelastung von persönlichen AHV/IV/EO-Beiträgen 2003-2006 (Beteiligungsgewinne in Deutschland) und Verzugszinsen

Sachverhalt:

A.

    1. Der deutsche Staatsangehörige B. (nachfolgend: Versicherter) reiste im Jahr 2001 in die Schweiz ein. Seit November 2001 ist er bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen (SVA), Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen, als Selbständigerwerbender gemeldet (act. G 3.1). Mit Verfügung vom 30. November 2001 erhob die SVA gestützt auf Selbstangaben des Versicherten für 2001 den Mindestbetrag von Fr. 390.-- für die Beiträge an die Alters- und Hinterlassenen- und die Invalidenversicherung sowie die Erwerbsersatzordnung (act. G 3.2). Mit Nachtragsverfügungen vom 2. Juni 2003, 3. August 2004, 24. März 2005 und 23. November 2006 erhob die SVA die Beiträge für 2001 bis 2004 gestützt auf die jeweiligen Steuermeldungen (vgl. act. G 3.5 bis 3.16). Am 10. Oktober 2007 meldete das Steueramt der SVA ein Erwerbseinkommen 2005 von Fr. 130.-- mit dem Hinweis, dass der Versicherte in Deutschland aus selbständiger Tätigkeit ein Erwerbseinkommen von Fr. ---.-- erzielt habe (act. G 3.18). Hierauf teilte die SVA dem Versicherten am 13. Dezember 2007 unter anderem mit, Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, welche in einem EU-Staat eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben würden, seien für diese Einkünfte in der Schweiz beitragspflichtig (act. G 3.19). Hiezu nahm Rechtsanwalt Dr. Werner Beilstein, Zürich, für den Versicherten mit Schreiben vom 10. März 2008 Stellung und legte dar, weshalb aus seiner Sicht das genannte Einkommen nicht der Beitragspflicht unterstehe (act. G 3.23). Mit Schreiben vom 13. März 2008 bestätigte die SVA ihren Standpunkt (act. G 3.24).

    2. Im Nachgang zu einer ergänzenden Stellungnahme des Rechtsvertreters vom

  1. April 2008 (act. G 3.25) setzte die SVA mit Nachtragsverfügungen vom 1. Juli 2008 die Beiträge des Versicherten für 2003, 2004 und 2006 aufgrund des in Deutschland und der Schweiz erzielten Einkommens fest (act. G 3.32). Gegen diese Verfügungen

    liess der Versicherte am 10. Juli 2008 Einsprache erheben (act. G 3.34). Am 5. September 2008 erliess die SVA eine Nachtragsverfügung betreffend das Jahr 2005, gegen welche der Versicherte ebenfalls Einsprache erheben liess (act. G 3.36, 3.37). Mit Einspracheentscheid vom 24. September 2008 wies die SVA die Einsprachen ab (act. G 3.38).

    B.

      1. Gegen diesen Einspracheentscheid liess der Versicherte durch Rechtsanwalt Dr. Werner Beilstein Beschwerde erheben mit den Anträgen, der Entscheid sei aufzuheben; die drei Nachtragsverfügungen vom 1. Juli 2008 betreffend die Jahre 2003, 2004 und 2006, die Nachtragsverfügung vom 5. September 2008 betreffend das

        Jahr 2005 und die Verzugszinsverfügungen vom 3. Juli 2008, 11. August 2008 und

  2. September 2008 seien aufzuheben und die früheren Verfügungen vom 24. März 2005, 18. Mai 2005, 30. Januar 2006 und 23. November 2006 für die erwähnten Jahre seien zu bestätigen. Zur Begründung legte der Rechtsvertreter unter anderem dar, die Beitragspflicht des Beschwerdeführers als Kommanditist der deutschen A. könne nicht allein auf die formelle Basis von Art. 20 Abs. 3 AHVV gestützt werden. Vielmehr sei zu prüfen, ob der Kommanditist effektiv eine Erwerbstätigkeit im Sinne des AHVG ausübe. Andernfalls müsste die Beitragspflicht konsequenterweise auch für die Kommanditäre der Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (KGK) gestützt auf Art. 20 Abs. 3 AHVV bejaht werden. Aufgrund der konkreten gesellschaftsrechtlichen Struktur der A. stehe aber fest, dass der Beschwerdeführer keinerlei Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft nehmen könne. Dementsprechend hafte er auch nur im Umfang seiner Beteiligung. Damit übe er keine Erwerbstätigkeit im Sinne des AHVG aus; er sei lediglich Kapitalgeber. Eine Beitragspflicht auf den Gewinnanteilen aus dieser Gesellschaft entfalle deshalb ebenso wie ein Verzugszins.

    1. In der Beschwerdeantwort vom 31. Oktober 2008 beantragte die

      Beschwerdegegnerin Abweisung der Beschwerde.

    2. Auf entsprechende Aufforderung des Gerichts vom 19. Mai 2009 hin reichten die

Parteien fehlende Akten nach (act. G 8 - 12).

Erwägungen:

1.

    1. Der Beschwerdeführer ist deutscher Staatsangehöriger und hatte seinen Wohnsitz im streitigen Zeitraum (2003 bis 2006) in der Schweiz. Er übte hier auch eine Erwerbstätigkeit - im Jahr 2003 als Selbständigerwerbender und in den Jahren 2004 bis 2006 als Unselbständigerwerbender mit selbständigerwerbendem Nebenerwerb - aus. Überdies war er als Kommanditist an der deutschen A. beteiligt. Die streitige Frage, ob die in Deutschland erzielten Beteiligungserträge Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit darstellen, beurteilt sich in Anwendung von Art. 13 Abs. 2 lit. b und Art. 14a Abs. 2 bzw. Art. 14c der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 unbestrittenermassen (act. G 1 S. 6f und S. 11) nach den Vorschriften des schweizerischen Rechts (vgl. auch Rz 2014 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen über die Versicherungspflicht in der AHV [WVP]). Die Regelung von Art. 4 Abs. 2 lit. a AHVG in Verbindung mit Art. 6ter lit. a AHVV, wonach das Erwerbseinkommen von Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, das ihnen als Inhaber oder Teilhaber von Betrieben oder von Betriebsstätten in einem Nichtvertragsstaat zufliesst, von der Beitragserhebung ausgenommen wird, kommt hier nicht zur Anwendung, da es um Einkommen aus einem Vertragsstaat geht.

    2. Obligatorisch versichert nach Art. 1 Abs. 1 AHVG (SR 831.10) sind unter anderem die natürlichen Personen, die in der Schweiz Wohnsitz haben (lit. a) oder die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben (lit. b). Im letzteren Fall sind die Versicherten beitragspflichtig, solange sie in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben (vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 AHVG). Gemäss Art. 9 Abs. 1 AHVG gilt als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit jedes Erwerbseinkommen, das nicht Entgelt für in unselbständiger Stellung geleistete Arbeit darstellt. Dazu gehören nach Art. 20 Abs. 3 AHVV auch die Anteile am Einkommen von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sowie von anderen auf einen Erwerbszweck gerichteten Personengesamtheiten ohne juristische Persönlichkeit, soweit sie den gemäss Art. 18 Abs. 2 AHVV zum Abzug zugelassenen Zins übersteigen. Nach dieser Regelung sind sämtliche Teilhaber von Kommanditgesellschaften für ihre Anteile am Einkommen der Personengesamtheit der Beitragspflicht aus selbständiger Erwerbstätigkeit unterstellt. Wie das Eidgenössische

Versicherungsgericht entschieden hat, hält sich die generelle Beitragspflicht der Teilhaber von Kommanditgesellschaften im Rahmen des Gesetzes. Sowohl der in der Schweiz als auch der im Ausland wohnende Teilhaber einer in der Schweiz domizilierten Kommanditgesellschaft gilt als versichert und ist für das Erwerbseinkommen beitragspflichtig, das ihm aus dieser Unternehmung zufliesst (BGE 105 V 7 Erw. 2; ZAK 1988, 456 Erw. 4b, ZAK 1986, 460 Erw. 4a, ZAK 1985, 317 Erw. 1

und 524 Erw. 2d, ZAK 1981, 519 Erw. 2b). Das Einkommen der Kommanditäre kann bestehen aus einem Anteil am Geschäftsergebnis (Gewinnanteil), einem Zins für die Kommandite und für allfällige weitere Kapitalanlagen sowie einem Arbeitsentgelt, wenn der Kommanditär in der Gesellschaft mitarbeitet (Rz 1028f der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen in der AHV/IV/EO [WSN]). Die Verbindlichkeit der Steuermeldung erstreckt sich nicht auf die AHV-mässige Qualifikation des massgebenden Einkommens oder auf die beitragsrechtliche Stellung eines Versicherten. Sie beschlägt daher nicht die Frage, ob überhaupt Erwerbseinkommen und gegebenenfalls solches aus selbständiger oder unselbständiger Erwerbstätigkeit vorliegt. Somit ist aufgrund des AHV-Rechts und ohne Bindung an die Steuermeldung zu beurteilen, wer für das von der Steuerbehörde gemeldete Einkommen beitragspflichtig ist bzw. ob eine Beitragspflicht überhaupt besteht (AHI 1996, 92 Erw. 2c; ZAK 1988, 454f Erw. 2; vgl. auch BGE 101 V 84 Erw. 3).

2.

    1. Vorliegend hat als belegt zu gelten, dass die deutsche A. (nachfolgend: A. ) einen erwerblichen Zweck verfolgt, dass der Beschwerdeführer im streitigen Zeitraum 2003 bis 2006 Teilhaber (Kommanditist) dieser Gesellschaft und die C. als juristische Person allein geschäftsführende und unbeschränkt haftende Komplementärin der Gesellschaft war (vgl. act. G 1.1/7 bzw. act. G 3.33 Beilage 7). Bei der deutschen GmbH & Co. KG handelt es sich um eine eigenständige Gesellschaftsform, welche aus der Kommanditgesellschaft entstanden ist. Sie ist - im Unterschied zur schweizerischen Kommanditgesellschaft, bei welcher nur natürliche Personen Komplementäre sein können (vgl. Art. 594 Abs. 2 OR) - dadurch gekennzeichnet, dass der unbeschränkt und allein geschäftsführende Gesellschafter (Komplementär) nicht eine natürliche, sondern eine juristische Person ist. Die Stellung

      der Gesellschafter lässt sich im Rahmen des gesetzlich Möglichen gesellschaftsvertraglich weitgehend gestalten mit der Folge, dass die Erscheinungsformen der GmbH & Co. (KG) zahlreich sind. Sie reichen von der personen- und beteiligungsgleichen GmbH & Co. bis zu kapitalgesellschaftsähnlichen Formen der GmbH & Co. (vgl. zum Ganzen Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 29. Auflage, München 1995, 599-602).

    2. Die A. betreiben durch ihre Geschäftsführerin und Komplementärin, die C. , Unternehmungen in X. und Y. und beschäftigten über 2'400 Mitarbeiter (vgl. act. G 3.33 Beilagen 3 und 4). Das Gesellschaftskapital von 50 Mio. Euro wird von bis zu vier Familienstämmen zu gleichen Teilen gehalten, wobei die Einlage des zum 3. Stamm gehörenden Beschwerdeführers … Mio. Euro beträgt. Das Kapital der Komplementärin (C. ) wird von den Familienstämmen 1 und 2 gehalten, welchen der Beschwerdeführer nicht angehört. Er ist dementsprechend auch nicht Gesellschafter der Komplementärin (vgl. § 3 Ziffer 3.2 Gesellschaftsvertrag A. [act. G 3.33 Beilage 5]; § 3 Ziffer 3.2 und 3.4 Gesellschaftsvertrag C. [act. G 3.33 Beilage 6]; act. G 3.33 Beilage 7). Die beiden Organe (Geschäftsleitung und Beirat) der geschäftsführenden Komplementärin C. werden durch die Gesellschafter der Komplementär-GmbH - und damit nicht durch den Beschwerdeführer - bestimmt (vgl. § 4 Gesellschaftsvertrag C. [act. G 3.33 Beilage 6]). Der Beschwerdeführer ist weder Mitglied der Geschäftsführung noch des Beirates der Komplementärin. Die Regelung von § 164 Satz 1 des deutschen Handelsgesetzbuches (HGB), wonach die Kommanditisten, welche von der Führung der Geschäfte ausgeschlossen sind, (lediglich) insofern ein Widerspruchsrecht haben, als eine Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgeht, wurde als dispositives Recht in § 5 Ziffer 5.2 des Gesellschaftsvertrages der A. (act. G 3.3 Beilage 5) wegbedungen. Da der Beschwerdeführer an der C. nicht beteiligt ist, kommt ihm damit keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung der A. zu. Im Weiteren muss der grösste Teil des Gewinns, d.h. 80% desselben, von den Teilhabern im Unternehmen stehen gelassen werden. Der Beschwerdeführer hat mit Blick auf seinen Anteil von 12.5% am Unternehmen faktisch keine Möglichkeit, eine höhere Gutschrift von Gewinnanteilen zu bewirken (vgl. dazu § 12 Ziffer 12.1, 12.3 und

12.4 Gesellschaftsvertrag A. [act. G 3.33 Beilage 5]).

    1. Die Kommanditgesellschaft fällt als juristische Person nicht unter Art. 1a Abs. 1 AHVG; es kommt ihr folglich keine Versicherteneigenschaft zu. Die Unterstellung der an ihr beteiligten natürlichen Personen unter die Beitragspflicht ist daher in Art. 20 Abs. 3 AHVV speziell geregelt. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat die Unterstellung der Teilhaber an einer Kommanditgesellschaft unter die Beitragspflicht damit begründet, dass natürliche Personen, die sich einer Kommanditgesellschaft anschliessen, nicht in erster Linie eine private Vermögensanlage vornähmen. Sie würden daher eine selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 AHVG ausüben. Es komme allein darauf an, ob der Teilhaber mit dem Einsatz seiner Person an der Personengesamtheit teilhabe. Dieser persönliche Einsatz sei das entscheidende Merkmal zur begrifflichen Abgrenzung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit gegenüber dem Kapitalertrag. Darin liege auch der Unterschied zur Aktiengesellschaft bzw. dem Aktionär; denn Personengesamtheiten seien nicht

      kapital-, sondern personenbezogene Gesellschaften (ZAK 1986, 462f Erw. 4c mit Hinweisen). Vom reinen Kapitalertrag werde kein Beitrag geschuldet, weil die blosse Verwaltung des persönlichen Vermögens nicht Erwerbstätigkeit im Sinne des AHVG sei. Damit ein Einkommen als aus selbständiger Erwerbstätigkeit qualifiziert werden könne, sei demnach immer eine relevante kausale Beziehung zwischen einer erwerblichen Tätigkeit und den dadurch erzielten, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöhenden Einkünften verlangt. Entscheidend sei, dass die Einkünfte dem Beitragspflichtigen ohne erwerbliche Tätigkeit nicht zufliessen würden (vgl. AHI 1994, 135 Erw. 2c mit Hinweisen). Die Beitragspflicht eines Teilhabers einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft setzt nicht voraus, dass der Gesellschafter persönliche Arbeitsleistung erbringt (BGE 121 V 80 Erw. 2a mit Hinweisen). Nicht entscheidend ist somit, welche Tätigkeit das Mitglied in der Personengesamtheit wirklich ausübte. Der Versicherte, der zur Erreichung des gemeinsamen Erwerbszwecks nur mit einer Kapitaleinlage beigetragen hat, muss sich die vom geschäftsführenden Mitglied auf Rechnung aller Teilhaber unternommenen Bemühungen als eine eigene Erwerbstätigkeit entgegenhalten lassen (ZAK 1988, 454 Erw. 4b).

      Der Beschwerdeführer lässt in diesem Zusammenhang ausführen, im Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) werde in Anlehnung an die deutsche Rechtsform der GmbH & Co. KG vorgesehen, dass der unbeschränkt haftende Gesellschafter eine juristische Person (Aktiengesellschaft) sein müsse. Ihre Aufgabe sei

      es, das in der Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (KGK) angelegte Vermögen der Kommanditäre professionell zu verwalten. In Anlehnung an die deutsche Bezeichnung GmbH & Co. KG könne hier von einer AG & Co. KG gesprochen werden. Damit seien neue und in wesentlichen Punkten weiterentwickelte Gesellschaftsformen entstanden, welche nicht mehr mit der ursprünglichen, für kleine übersichtliche Verhältnisse geschaffenen Kommanditgesellschaft gleichgesetzt werden könnten. Bei den neuen Gesellschaftsformen sei die Funktion der Geschäftsführung klar von der blossen Kapitalgeberfunktion getrennt. Die Kapitalgeber (Kommanditäre bzw. Kommanditisten) würden keine unternehmerische Tätigkeit mehr ausüben; sie seien (blosse) Investoren geworden. Art. 20 Abs. 3 AHVV dürfe nicht schematisch und ohne Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse zur Begründung einer AHV-Beitragspflicht herangezogen werden, sondern es sei nach der Gesamtheit der Umstände zu entscheiden (act. G 1 S. 8-10, 14).

    2. Zu prüfen ist angesichts der geschilderten Verhältnisse die Frage, ob das (blosse) Einbringen von Vermögen durch eine natürliche Person in eine - von der äusseren Form her - personenbezogene Gesellschaft auch dann als persönlicher Einsatz und damit als erwerbliche Tätigkeit zu gelten hat, wenn es sich bei der Gesellschaft um eine grosse, international tätige Unternehmung handelt, bei welcher die natürliche Person als Kommanditär - wie vorliegend der Beschwerdeführer - faktisch lediglich als Kapitalgeber fungiert und im übrigen mit Ausnahme der Teilnahme an der Gesellschafterversammlung in keiner Form aktiv am Unternehmensgeschehen mitwirken kann.

      In einem Urteil betreffend die Frage, in welchem Umfang Dividendenerträge bei einem Aktionär, welcher zugleich Angestellter der ausschüttenden AG ist, allenfalls Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit darstellen, bestätigte das Bundesgericht, dass Vergütungen, die als reiner Kapitalertrag zu betrachten seien, nicht zum massgebenden Lohn gehören würden. Ob dies zutreffe, sei nach Wesen und Funktion einer Zuwendung zu beurteilen. Deren rechtliche oder wirtschaftliche Bezeichnung sei nicht entscheidend und höchstens als Indiz zu werten (BGE 134 V 297 Erw. 2.1). Wenn somit die Rechtsprechung bei der beitragsrechtlichen Qualifizierung von Erträgen aus einer AG die konkreten Umstände, d.h. das Wesen und die Funktion der Zuwendung, als massgebend erachtet, so besteht kein Anlass, dies bei der

      beitragsrechtlichen Qualifizierung von Erträgen aus einer deutschen Personengesellschaft, welche in ihrer konkreten Ausgestaltung vom schweizerischen Pendant erheblich abweicht, anders zu handhaben. Art. 20 Abs. 3 AHVV kann m.a.W. nicht ohne nähere Prüfung auf Erträge einer ausländischen Personengesellschaft zur Anwendung gebracht werden, wenn diese Gesellschaft sich - wie vorliegend - in ihrer rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung massgeblich von der schweizerischen Kommanditgesellschaft unterscheidet. Auch der von der Beschwerdegegnerin im angefochtenen Entscheid zitierte Entscheid (Pra 1998, 173) - obschon er auf einem mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt beruht - zeigt im Übrigen, dass jedenfalls bei Vorliegen spezieller Umstände eine Einzelfallprüfung am Platz ist.

    3. Wie dargelegt ist der Beschwerdeführer nicht an der geschäftsführenden Komplementärin, der C. , beteiligt. Dies hat zur Folge, dass bereits aufgrund der Unternehmensstruktur eine Einflussnahme der Kommanditisten auf Unternehmensentscheide ausgeschlossen ist. Auch ist der Beschwerdeführer wie erwähnt weder Mitglied der Geschäftsführung noch des Beirats der Komplementärin (vgl. vorstehende Erw. 2.2). Diesbezüglich steht zwar fest, dass auch die Kommanditäre schweizerischen Rechts leglich dann ein Widerspruchsrecht haben, wenn die Handlung der geschäftsführenden Teilhaber nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehört (Art. 600 Abs. 2 OR; vgl. § 164 Satz 1 HGB und vorstehende Erw. 2.2). In diesem Punkt weicht das schweizerische Recht somit nicht von der deutschen Regelung ab; beide Regelungen sind dispositiver Natur und können - wie dies auch vorliegend geschehen ist - ganz wegbedungen werden (vorstehende Erw. 2.2). Anderseits ist jedoch von Bedeutung, dass sich die dargelegte Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Beitragspflicht von Teilhabern an Kommanditgesellschaften soweit ersichtlich durchwegs auf kleinere schweizerische Gesellschaften bezog, bei denen eine Einflussnahme der Kommanditäre auf den Betrieb möglich bzw. jedenfalls nicht ausgeschlossen war (vgl. BGE 105 V 4, ZAK 1979, 426, ZAK 1985, 316 Erw. 3, ZAK 1985, 523) und bei denen die Komplementärin - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - jeweils eine natürliche Person sein musste (Art. 594 Abs. 2 OR). Eine Ausgliederung sämtlicher Leitungsfunktionen bzw. eine vollständige Delegierung derselben an eine juristische Person als Komplementärin - wie dies im deutschen Recht möglich ist und konkret auch realisiert wurde - lässt das schweizerische Recht der Kommanditgesellschaft nicht zu. Als Folge dieser Ausgliederung bzw. der

"Vorschiebung" einer mit sämtlichen Entscheidbefugnissen ausgestatteten juristischen Person hat der Beschwerdeführer als Kommanditist keine Möglichkeit, Einfluss auf die Betriebsführung zu nehmen, nicht einmal für Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehen (vgl. Erwägung 2.2). Der Beschwerdeführer kann lediglich - ähnlich einem Aktionär einer Publikumsgesellschaft - an der jährlichen Gesellschaftsversammlung teilnehmen; diese genehmigt die Jahresrechnung, legt die Gewinnverwendung fest und beschliesst über die Entlastung der Geschäftsführung. Der Beschwerdeführer kann seinen Anteil an der Gesellschaft - unter Einhaltung eines entsprechenden gesellschaftsinternen Prozederes - auch übertragen bzw. veräussern, allerdings ist dieses Recht sehr eingeschränkt, indem Übertragung auf Nichtgesellschafter jedenfalls eine Zustimmung von 75% der Stimmen der übrigen Gesellschafter erfordern würde (§ 13 des Gesellschaftsvertrags der A. , act. G 3.33 Beilage 5). Der personenbezogene Charakter der (kleinen) Kommanditgesellschaft, welcher für das Bundesgericht in erster Linie Anlass war, die blosse Kapitaleinlage der Kommanditäre als Erwerbstätigkeit zu qualifizieren, wird in der vorliegenden Konstellation weitgehend in den Hintergrund gedrängt. Kapitalbezogene Elemente der Unternehmensstruktur gewinnen die Oberhand (vgl. auch Baumbach/Hopt, a.a.O., die auf S. 601 Rz 10 neben einer Vielzahl weiterer Varianten kapitalgesellschaftsähnliche Formen der GmbH & Co. darlegen). Die Stellung des Beschwerdeführers in der Unternehmung entspricht somit im Ergebnis derjenigen eines Kapitalgebers/Aktionärs.

Vor diesem Hintergrund erscheint die Annahme einer selbständigerwerbenden Tätigkeit des Beschwerdeführers bezogen auf die Erträge aus den A. nicht gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer leistet mit seiner Beteiligung keinen persönlichen Einsatz, der in einem relevanten Zusammenhang mit den ihm zufliessenden Einkünften steht. Es handelt sich dabei um eine blosse und durch den Gesellschaftsvertrag weitgehend reglementierte Verwaltung von Vermögen, und der Beteiligungsgewinn kommt einem Kapitalertrag gleich, auf welchem, vorbehältlich besonderer Verhältnisse, die hier nicht vorliegen, keine Beiträge geschuldet sind (vgl. auch Rz 2011f der Wegleitung über den massgebenden Lohn [WML] mit Verweis auf AHI 1996 S. 208; ZAK 1978 S. 179, 1977

S. 377, 1970 S. 68). Der angefochtene Entscheid lässt sich demgemäss nicht aufrecht erhalten.

3.

Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Aufhebung des Einspracheentscheids vom 24. September 2008 gutzuheissen. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG). Der Beschwerdeführer hat bei diesem Verfahrensausgang Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 61 lit. g ATSG). Es rechtfertigt sich, diese auf pauschal Fr. 3'500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) festzulegen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG

entschieden:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird der Einspracheentscheid vom 24.

    September 2008 aufgehoben.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer mit Fr. 3'500.-- zu

entschädigen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz