Die 1971 geborene A arbeitete seit 1. April 1995 als Kurierin für eine internationale Kurierfirma. Am 16. Juli 1997 brachte A ihr erstes Kind zur Welt, worauf sie das Anstellungsverhältnis mit Schreiben vom 13. Juli (recte wohl: August) 1997 auf den 16. Oktober 1997 kündigte. Am 25. Februar 1998 meldete sie sich beim Arbeitsamt zur Vermittlung an und erhob Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung.
Mit Verfügung Nr. z vom 30. Juli 1998 stellte die Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern die Versicherte wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit für 37 Tage in der Anspruchsberechtigung ein. Es wäre ihr zumutbar gewesen, vor der Kündigung eine neue Stelle zu suchen. Die Arbeitslosigkeit wäre dadurch zu verhindern gewesen. Indem sie die alte Stelle ohne Zusicherung einer neuen gekündigt habe, sei sie das Risiko eingegangen, arbeitslos zu werden. Dies könne nicht vollumfänglich auf die Arbeitslosenversicherung überwälzt werden.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragte die Versicherte eine Reduktion der Einstellungsdauer, da ihr Verschulden nicht als schwer eingestuft werden könne.
Am 28. August 1998 hob die Arbeitslosenkasse mit Verfügung Nr. y die angefochtene Verfügung auf und setzte mit Verfügung Nr. x die Anzahl Einstelltage auf 28 fest. In ihrer Vernehmlassung beantragte die Arbeitslosenkasse die Abweisung der Beschwerde.
Die Versicherte machte von der ihr eingeräumten Möglichkeit zur Replik keinen Gebrauch.
Das Gericht holte bei der internationalen Kurierfirma eine Beweisauskunft ein. Die Arbeitslosenkasse verzichtete ausdrücklich darauf, dazu Stellung zu nehmen, und erklärte Festhalten an Antrag und Begründung; die Versicherte liess sich nicht vernehmen.
Aus den Erwägungen:
3. - Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung gilt ab dem ersten Tag nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Versicherte aus eigenem Verschulden arbeitslos geworden ist, und fällt binnen sechs Monaten nach Beginn der Einstellungsfrist dahin (Art. 45 Abs. 1 lit. a AVIV in Verbindung mit Art. 30 Abs. 3 AVIG). Nach Ablauf der Einstellungsfrist von sechs Monaten kann der fristauslösende Einstellungsgrund - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - nicht mehr mit Verfügung geltend gemacht werden. Dies ist Ausdruck der gesetzgeberischen Entscheidung, ein an sich einstellungswürdiges Verhalten nach Ablauf von sechs Monaten nicht mehr als kausal für die Arbeitslosigkeit zu betrachten (BGE 122 V 45 Erw. 3c/bb mit Hinweisen). Es handelt sich hierbei um eine Vollstreckungsfrist, sodass eine verfügte Einstellung nach Ablauf dieser Frist nicht mehr bestanden werden kann. Der Anspruch auf Vollstreckung verwirkt mit unbenutztem Ablauf der Frist (BGE 113 V 73). Allerdings kann die Einstellung auch nach Ablauf der sechsmonatigen Frist verfügt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass die Einstelltage bereits während der Einstellungsfrist bestanden wurden und damit der Vollzug der Einstellung rechtzeitig innerhalb der Verwirkungsfrist von sechs Monaten erfolgte (BGE 114 V 352 mit Hinweis).
Im vorliegenden Fall begann die sechsmonatige Einstellungsfrist gemäss Art. 45 Abs. 1 lit. a AVIV am ersten Tag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, d.h. am 17. Oktober 1997, und endete damit am 16. April 1998. Die Einstellungsverfügung datiert zwar vom 28. August 1998. Da die Einstelltage jedoch noch vor Ablauf dieser sechsmonatigen Frist bestanden wurden, ist damit die Einstellungsfrist gewahrt.
4. - a) Gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG ist der Versicherte in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn er durch eigenes Verschulden arbeitslos ist. Die Arbeitslosigkeit gilt insbesondere dann als selbstverschuldet, wenn der Versicherte das Arbeitsverhältnis von sich aus aufgelöst hat, ohne dass ihm eine andere Stelle zugesichert war, es sei denn, dass ihm das Verbleiben an der Arbeitsstelle nicht zugemutet werden konnte (Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV). Ein Selbstverschulden im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne liegt dann vor, wenn und soweit der Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht objektiven Faktoren zuzuschreiben ist, sondern in einem nach den persönlichen Umständen und den persönlichen Verhältnissen vermeidbaren Verhalten des Versicherten liegt, für das die Arbeitslosenversicherung die Haftung nicht übernimmt (Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, N 8 zu Art. 30 mit Hinweisen).
Im Bereich der freiwilligen Stellenaufgabe nach Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV findet das sozialversicherungsrechtliche Schadenminderungsprinzip grundsätzlich seine Grenze im Zumutbarkeitsgedanken (Art. 16 AVIG). Eine Stelle, die dem Versicherten nicht zur Annahme zugemutet werden kann, kann ihm grundsätzlich auch nicht zum Beibehalten zugemutet werden (Gerhards, a.a.O., N 13 zu Art. 30; ARV 1998 S. 44). In Art. 16 Abs. 2 lit. a bis i AVIG werden verschiedene Unzumutbarkeitstatbestände definiert. Diese Unzumutbarkeitstatbestände von Art. 16 Abs. 2 lit. a bis i AVIG müssen kumulativ ausgeschlossen sein, damit eine Arbeit als zumutbar qualifiziert werden kann (BGE 124 V 62). Gemäss Art. 16 Abs. 2 lit. c AVIG ist eine Arbeit nicht zumutbar, wenn sie dem Alter, den persönlichen Verhältnissen dem Gesundheitszustand des Versicherten nicht angemessen ist.
b) Im vorliegenden Fall macht die Beschwerdeführerin geltend, dass sie nach der Geburt ihres Kindes am 16. Juli 1997 von ihrer Arbeitgeberin darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass sie entweder nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubes ihre Stelle wieder antreten dann das Arbeitsverhältnis kündigen müsse. Daraufhin habe sie das Arbeitsverhältnis per 31. Oktober 1997 aufgelöst, um sich der Pflege ihres Kindes zu widmen. Anfangs 1998 habe sie sich aus finanziellen Gründen zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit entschlossen und sich am 25. Februar 1998 zur Arbeitsvermittlung angemeldet.
Die Niederkunft bzw. die anschliessende Stillzeit ist für sich noch kein Unzumutbarkeitstatbestand im Sinne des AVIG. Der Gesetzgeber bringt mit dem Schutz der Mutterschaft im Arbeitsgesetz und Arbeitsvertragsrecht gerade zum Ausdruck, dass die Mutterschaft kein Grund sein soll, die Arbeit aufgeben zu müssen. So schützt das Arbeitsgesetz in Art. 35 Abs. 3 die stillende Mutter vor vorzeitigem Arbeitseinsatz; zum Stillen ist ihr die erforderliche Zeit freizugeben. Gemäss Art. 34 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3; SR 822.113) müssen sich stillende Mütter unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können. Gemäss Art. 36 Abs. 1 ArG ist bei der Festsetzung der Arbeitsund Ruhezeit auf weibliche Arbeitnehmer, die einen Haushalt mit Familienangehörigen besorgen, Rücksicht zu nehmen. Laut Art. 72 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1; SR 822.111) dürfen stillende Mütter nur mit ihrem Einverständnis ausserhalb der Tagesarbeitszeit beschäftigt werden. Gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. c OR darf das Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Niederkunft einer Arbeitnehmerin von Seiten des Arbeitgebers nicht gekündigt werden, eine entsprechende Kündigung wäre nichtig, die vor der Sperrfrist ausgesprochene Kündigung würde wohl gültig sein, die damit angelaufene Kündigungsfrist wäre aber während dieser Zeit unterbrochen (Art. 336c Abs. 2 OR).
All die vorgenannten Bestimmungen schützen die arbeitstätige Mutter - v.a. während der Stillzeit - und sind zwingender Natur. Erst ihre Nichteinhaltung durch den Arbeitgeber lässt das Arbeitsverhältnis unzumutbar werden, eine entsprechende Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die betroffene Versicherte ist unter dem Gesichtspunkt von Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV kein Einstellungsgrund mehr (vgl. BVR 1998 45 Erw. 3). In der Literatur wird denn auch darauf hingewiesen, dass von einer Mutter mit einem betreuungsbedürftigen Kleinkind nicht eine Vollzeitbeschäftigung verlangt werden darf (Gerhards, a.a.O., N 28 zu Art. 16). Daraus wird abgeleitet, dass die Mutter mit einem betreuungsbedürftigen Kleinkind zur Kündigung berechtigt ist, wenn ihr der ehemalige Arbeitgeber nach der Geburt keine Teilzeitstelle anbietet (Chopard, Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung, S. 123).
Gemäss Auskunft der vormaligen Arbeitgeberfirma ist die Arbeit einer Kurierin als Vollzeitstelle für eine Mutter mit einem Kleinkind undenkbar. Eine Kurierin sei mit dem Fahrzeug unterwegs. Die Arbeitszeiten seien unregelmässig. Vorliegendenfalls habe die Firma der Beschwerdeführerin nach dem Mutterschaftsurlaub keine Teilzeitstelle anbieten können, da keine solche vorhanden gewesen sei. Erst Monate später habe der Beschwerdeführerin auf deren Anfrage hin eine 25%-Stelle angeboten werden können.
Obwohl sich Ziff. 12 des Arbeitsvertrages vom 19. März 1995 entnehmen lässt, dass die Bestimmungen des OR und des Arbeitsgesetzes Anwendung finden sollen, war die Arbeitgeberfirma nicht in der Lage, die vorgenannten Schutzbestimmungen zu Gunsten der jungen Mutter einzuhalten. Die von der Beschwerdeführerin gekündigte Stelle war unter diesen Umständen für sie nicht mehr zumutbar. Da ihr zum damaligen Zeitpunkt (Oktober 1997) auch kein Teilzeitarbeitsverhältnis angeboten werden konnte, war die Beschwerdeführerin berechtigt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, ohne damit ihre Arbeitslosigkeit im Sinne von Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV selbst zu verschulden. Einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung ist damit die Grundlage entzogen. Entsprechend ist auch die lite pendente erfolgte Verfügung Nr. x der Arbeitslosenkasse vom 28. August 1998 aufzuheben. Die lite pendente erfolgte Verfügung Nr. y der Arbeitslosenkasse vom 28. August 1998, mit welcher die ursprünglich angefochtene Verfügung Nr. z vom 30. Juli 1998 aufgehoben wurde, bleibt dagegen bestehen.
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