Der 1954 geborene A arbeitete vom 1. Juli 1989 bis zum 30. Juni 1994 bei einer Firma im Kanton Genf. Im Januar 1994 kündigte er das Arbeitsverhältnis auf Ende Juni 1994, im Juli 1994 zog er nach Luzern. Ab 1. August 1994 beanspruchte er Taggelder der Arbeitslosenversicherung.
Wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit stellte die Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern den Versicherten am 17. August 1994 verfügungsweise für 15 Tage in der Anspruchsberechtigung ein. Sie begründete dies damit, der Versicherte habe die Stelle gekündigt, bevor ihm eine andere zugesichert gewesen sei. Die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses begründe rechtsprechungsgemäss selbst bei Nachzug zum Ehegatten mittelschweres Verschulden an der Arbeitslosigkeit.
Gegen vorgenannte Verfügung führt A Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei von einer Einstellung abzusehen. Zur Begründung führt er an, im Dezember 1993 eine Luzernerin geheiratet zu haben. Im Juli 1994 sei er dann zu ihr nach Luzern gezogen. Bereits im Januar 1994 habe er mit der Arbeitssuche in der Deutschschweiz begonnen, jedoch bis August keine Anstellung gefunden. Um anfallende Rechnungen begleichen zu können, sei er auf die Taggelder der Kasse angewiesen.
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
Aus den Erwägungen:
1. - Gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG ist der Versicherte in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn er durch eigenes Verschulden arbeitslos ist. Die Arbeitslosigkeit gilt insbesondere dann als selbstverschuldet, wenn der Versicherte das Arbeitsverhältnis von sich aus aufgelöst hat, ohne dass ihm eine andere Stelle zugesichert war, es sei denn, dass ihm das Verbleiben an der Arbeitsstelle nicht zugemutet werden konnte (Art. 44 lit. b AVIV).
Nach der Rechtsprechung ist bei der Frage der Unzumutbarkeit des Verbleibens am Arbeitsplatz ein strenger Massstab anzulegen (ARV 1986 S. 91 Erw. 1; zur gleichlautenden altrechtlichen Praxis siehe ARV 1979 S. 122 Erw. 1a und ARV 1977 S. 33; vgl. auch Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, N. 14 zu Art. 30 AVIG).
2. - a) Nach unbestritten gebliebener Ausführung des Beschwerdeführers heiratete er im Dezember 1993. Danach lebte und arbeitete er noch während eines halben Jahres in der Region Genf, um per Juli 1994 zu seiner Ehefrau nach Luzern zu ziehen. Es wird von keiner Partei in Abrede gestellt, dass der Beschwerdeführer das Arbeitsverhältnis mit seiner damaligen Arbeitgeberin im Kanton Genf von sich aus aufgelöst hat. Dass dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Kündigung keine andere Arbeitsstelle in Aussicht stand, steht ebenfalls fest. Zu prüfen ist somit nur, ob dem Versicherten bis zum Antritt einer neuen Stelle der vorübergehende Verbleib an seinem Arbeitsplatz im Kanton Genf arbeitlosenversicherungsrechtlich zumutbar gewesen wäre.
Die Arbeitslosenkasse bejaht dies in der Einstellungsverfügung mit Hinweis auf «die geltende Rechtsprechung (einschlägige Entscheide des Eidgenössischen Versicherungsgerichts z.B. ARV 1979 Nr. 24)». Im zitierten Entscheid äussert sich das Eidgenössische Versicherungsgericht zu einem ähnlich gelagerten Fall eines unverheirateten Paares wie folgt: Eine Trennung vom Lebenspartner möge mit etwelchen Unannehmlichkeiten verbunden sein, aus arbeitslosenversicherungsrechtlicher Sicht indiziere dies aber noch nicht eine Unzumutbarkeit des Verbleibens an einem bisherigen, geographisch entfernten Arbeitsplatz (ARV 1979 S. 123 Erw. 1b). Die Arbeitslosenkasse übersieht indes, dass das Gericht in diesem Urteil die vorliegend massgebende Frage, wie es sich bei einem verheirateten Paar verhält, ausdrücklich offengelassen hat mit dem Hinweis auf die Vielzahl partnerschaftlicher Pflichten der Ehe - von der Besorgung des Haushaltes bis zur allgemeinen Beistandspflicht. Von einem einschlägigen höchstrichterlichen Urteil kann daher nicht gesprochen werden. Soweit ersichtlich, hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung wie auch jene des Verwaltungsgerichts zum Fall des verheirateten Paares nie explizit geäussert.
b) Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat in verschiedenen Urteilen den Grundsatz festgehalten, dass das Familienrecht eine Ordnung darstellt, die von der Sozialversicherung vorausgesetzt wird und dieser daher grundsätzlich vorgeht (BGE 112 V 102, 102 V 37 mit Hinweisen). Dies gilt namentlich für die Bedeutung des dem Familienrecht zugrundeliegenden Ehemodells (vgl. Hans Michael Riemer, Berührungspunkte zwischen Sozialversicherungsund Privatrecht, in Festschrift 75 Jahre EVG, Bern 1992, S. 156). Dieses hat für die gesamte Rechtsordnung und somit auch für das öffentliche Recht Leitbildfunktion (Th. Koller, Privatrecht und Steuerrecht, Bern 1993, S. 411). Die Umsetzung des eherechtlichen Leitbildes in der übrigen Rechtsordnung ist sowohl Aufgabe des Gesetzgebers als auch der rechtsanwendenden Organe.
Das seit 1. Januar 1988 geltende Eherecht schreibt keine feste Rollenverteilung unter den Ehegatten mehr vor, sondern beruht auf einem freiheitlich-partnerschaftlichen Verständnis der Ehe. Es überbindet die Sorge für das Wohl der Gemeinschaft und den Unterhalt der Familie beiden Ehegatten gemeinsam (Th. Koller, a.a.O., S. 412ff.). In diesem Sinn regelt Art. 162 ZGB, dass die Ehegatten gemeinsam die eheliche Wohnung bestimmen. Als umfassende Lebensgemeinschaft ist die Ehe auch eine Wohngemeinschaft; die gemeinsame Wohnung der Ehegatten gehört zu den Grundlagen einer Ehe. Die Ehegatten sind - auch nach neuem Recht - gegenseitig verpflichtet zusammenzuleben; die Nichtbefolgung dieser Pflicht ohne zureichenden Grund und ohne Zustimmung des Ehepartners stellt einen Verstoss gegen die ehelichen Pflichten dar (Hausheer/Reusser/Geiser, Kommentar zum Eherecht, Bern 1988, S. 128). Nach Art. 167 ZGB hat alsdann jeder Ehegatte bei der Wahl und Ausübung seines Berufs Gewerbes auf den andern und das Wohl der ehelichen Gemeinschaft Rücksicht zu nehmen. Das Sozialversicherungsrecht hat die in Befolgung dieser ehelichen Pflichten getroffenen Entscheidungen der Ehegatten grundsätzlich zu respektieren. Zwar wurde das Recht zur Stellenaufgabe des Beschwerdeführers und damit seine Niederlassungsfreiheit durch den drohenden Taggeldbezug nicht beschnitten. Indessen wirkte sich dieser faktisch nicht unbedeutend auf die Entscheidungsfreiheit des Versicherten aus, war die Aufnahme der ehelichen Wohngemeinschaft doch mit dem erheblichen Risiko der Taggeldkürzung verbunden. Entscheidend kommt hinzu, dass der dem zitierten höchstrichterlichen Urteil zugrundeliegende Sachverhalt in einem weiteren Punkt vom hier zu beurteilenden abwich. So musste in jenem Fall die Versicherte infolge des damals reichhaltigen Stellenangebots zum vorneherein nur mit einer relativ kurzen Arbeitslosigkeit rechnen, was sich dadurch bestätigte, dass sie innert zweier Monate eine neue Stelle fand (ARV 1979 S. 123). Der vorliegend zu beurteilende Fall liegt anders: Nach den von der Kasse nicht bestrittenen Angaben des Beschwerdeführers hat er sich in der Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit zwischen Januar und Juli 1994 intensiv, aber erfolglos um Arbeit im Raum Luzern bemüht. Aufgrund dieser Erfahrung und bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage konnte der Versicherte nicht mit Gewissheit davon ausgehen, innert Kürze eine Anstellung zu finden. Dieser verschärften Arbeitsmarktlage hat er insofern Rechnung getragen, als er nach der Heirat noch weitere sechs Monate im Kanton Genf verweilte, um während dieser Zeit eine Anstellung in Luzern zu suchen. Wenn die Kasse dem Beschwerdeführer ein mittelschweres Verschulden an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorwirft, geht sie davon aus, dass ein weiterer Verbleib im Kanton Genf zumutbar gewesen wäre. Dieser Auffassung kann nach dem Gesagten nicht gefolgt werden. Zwar liegt ein Selbstverschulden im Sinn der Arbeitslosenversicherung dann vor, wenn und soweit der Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht objektiven, namentlich wirtschaftlichen Faktoren zuzuschreiben ist, sondern in einem nach den persönlichen Umständen und den persönlichen Verhältnissen vermeidbaren Verhalten des Versicherten liegt (ARV 1982 S. 39 Erw. 1a). Das sozialversicherungsrechtliche Schadensminderungsprinzip hat seine Grenze indessen am Zumutbarkeitsgedanken (Art. 16 AVIG). Selbst wenn man auch dem Beschwerdeführer, dessen Ehegattin an einem andern Ort lebt, aus der Sicht der Arbeitslosenversicherung zumutet, nach der Heirat bis zum Antritt einer neuen Stelle noch eine gewisse Zeit am bisherigen Arbeitsplatz zu verbleiben, so kann von ihm jedenfalls nicht erwartet werden, dass er mangels einer neuen Arbeitsstelle langfristig und auf unbestimmte Dauer am alten Arbeitsort verbleibt und getrennt von seiner Ehefrau lebt. So war es dem Beschwerdeführer rund ein halbes Jahr nach der Heirat arbeitslosenversicherungsrechtlich nicht mehr zumutbar, weiterhin in Genf zu bleiben, während seine Ehefrau in Luzern lebte. Die Arbeitslosenkasse wirft ihm daher zu Unrecht ein mittelschweres Verschulden an der Arbeitslosigkeit vor.
c) Vorgehende Erwägungen beziehen sich allein auf den Fall, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers bereits in Luzern ansässig war. Anders läge der Fall indes, wenn die Ehefrau zusammen mit dem Versicherten nach Luzern gezogen wäre. Diesfalls wäre es den Ehepartnern zumutbar gewesen, im Kanton Genf zu verbleiben, bis dem Beschwerdeführer eine neue Stelle zugesichert worden wäre; der Vorwurf, die Arbeitslosigkeit verschuldet zu haben, wäre mithin nicht zu beanstanden. Den Akten kann nicht mit hinreichender Klarheit entnommen werden, ob die Ehefrau des Versicherten bereits vor dem Zuzug des Ehegatten im Juli 1994 in Luzern ansässig war ob sie allenfalls mit diesem zusammen zunächst in Genf gelebt und später in Luzern Wohnsitz genommen hat. Ein abschliessendes Urteil ist dem Verwaltungsgericht bei dieser Aktenlage nicht möglich. Die Sache ist demzufolge an die Arbeitslosenkasse zurückzuweisen, damit sie prüfe, wie es sich damit verhält und gegebenenfalls neu verfüge. ... In diesem Sinn wird die Beschwerde gutgeheissen.
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