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Urteil Verwaltungsgericht (LU - S 93 231)

Zusammenfassung des Urteils S 93 231: Verwaltungsgericht

Person A leidet an einer generalisierten Arthritis psoriatica und erhält eine Invalidenrente von der Militärversicherung. Er beantragt zusätzlich eine Integritätsschadenrente, die zunächst abgelehnt wird. Nach einer Beschwerde wird die Rentenzahlung zugesprochen. Person B reicht eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein, um eine höhere Integritätsschadenrente zu erhalten. Das Verwaltungsgericht gibt der Beschwerde statt und entscheidet, dass eine Neubeurteilung erforderlich ist. Das Bundesamt für Militärversicherung weigert sich jedoch, die Rente zu erhöhen, da die gesundheitlichen Verhältnisse des Versicherten unverändert sind. Es kommt zu einer Auseinandersetzung über die Revision der Rentenberechnung im Jahr 1982. Person A gewinnt den Rechtsstreit und das BAMV wird verpflichtet, das Leistungsbegehren zu prüfen und darüber zu entscheiden.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts S 93 231

Kanton:LU
Fallnummer:S 93 231
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Sozialversicherungsrechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid S 93 231 vom 31.01.1994 (LU)
Datum:31.01.1994
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 4 BV; Art. 12 Abs. 2, Art. 23 Abs. 1, Art. 24, Art. 25 Abs. 3, Art. 26 aMVG; Art. 109 MVG. Ein bei Inkrafttreten des neuen MVG (1. Januar 1994) vor Gericht hängiger Versicherungsfall wird nach altem Recht beurteilt. Auf ein Gesuch eines Versicherten, der eine unbefristete Invalidenrente von 100% bezieht, um Zusprechung einer Integritätsschadenrente in Form eines frankenmässigen Zuschlages zur Invalidenrente gemäss geänderter Rechtsprechung ist einzutreten. Es ist willkürlich, die Anpassung eines Dauerrechtsverhältnisses an eine neue Rechtsprechung davon abhängig zu machen, dass auch ein materieller Revisionsgrund infolge veränderter tatsächlicher Verhältnisse vorliegt.
Schlagwörter: Recht; Integrität; Rente; Invaliden; Integritätsschaden; Invalidenrente; Integritätsschadenrente; Verfügung; Anpassung; Beeinträchtigung; Rechtsprechung; Renten; Verwaltungs; Voraussetzung; Revision; Voraussetzungen; Dauerrechtsverhältnis; Beschwerdeführers; Fälle; Prüfung; Vorschlag; Gericht; Zuschlag; ürde
Rechtsnorm: Art. 24 MVG;Art. 26 MVG;Art. 4 BV ;
Referenz BGE:109 V 120; 110 V 124; 112 V 393; 112 V 394; 115 V 314;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts S 93 231

A. - A (geboren 1955) leidet an einer generalisierten Arthritis psoriatica, wofür die Militärversicherung die volle Bundeshaftung anerkannte. Nachdem er bereits seit Februar 1981 eine befristete Invalidenrente von 100% bezogen hatte, sprach ihm das Bundesamt für Militärversicherung (BAMV) diese Rente unbefristet zu. Auf sein Gesuch um Teilauskauf der Rente hin erklärte sich die Militärversicherung bereit, einen Drittel der gekürzten Rente auszukaufen.

Am 27. Mai 1992 stellte der Rechtsvertreter des Versicherten ein Gesuch um Ausrichtung einer zusätzlichen Integritätsschadenrente mit der Begründung, dass die neuere Gerichtspraxis beide Renten vorsehe. Das BAMV stellte sich auf den Standpunkt, einzig eine Rentenrevision rechtfertige eine gesamte Neubeurteilung und damit die Prüfung der Voraussetzungen der Integritätsschadenrente. Mit Vorschlag vom 7. August 1992 verneinte es die Voraussetzungen für eine Rentenrevision, weshalb das Eintreten auf das Leistungsbegehren abgelehnt wurde. Der Versicherte liess dagegen Einsprache erheben. Mit Verfügung vom 21. Oktober 1992 trat das BAMV auf das Begehren um Gewährung einer Integritätsschadenrente nicht ein.

B. - Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt der Versicherte beantragen, die Verfügung vom 21. Oktober 1992 sei aufzuheben und es sei «festzustellen, dass der Beschwerdeführer einen Anspruch auf eine Integritätsschadenrente von mindestens 20% besitzt, eventuell wieviel? und es sei der Beschwerdegegner zu verpflichten, die richterlich festgesetzte Integritätsschadenrente auszubezahlen bzw. auszukaufen».

Das BAMV schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde mit der nachfolgenden Begrünung gut, soweit es darauf eintrat:

1. - Streitig und zu prüfen ist die prozessuale Frage, ob das BAMV auf das neue Leistungsbegehren zu Recht nicht eingetreten ist, wogegen auf die materiellen Anträge im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht eingetreten werden kann (vgl. BGE 109 V 120 Erw. 1).

2. - Der vorliegende vor Gericht hängige Versicherungsfall wird auch nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen MVG am 1. Januar 1994 nach altem Recht beurteilt (vgl. Art. 109 des MVG vom 19. Juni 1992 sowie Botschaft des Bundesrates vom 27. Juni 1990, BBl 1990 III S. 257).

3. - a) Kann von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes erwartet werden, so ist eine Invalidenrente auszurichten, wenn der versicherte Gesundheitsschaden eine voraussichtlich bleibende Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit hinterlässt, eine Integritätsrente, wenn er eine erhebliche Beeinträchtigung der körperlichen psychischen Integrität zur Folge hat (Art. 23 Abs. 1 aMVG). Bei gleichzeitigem Vorliegen von Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit und erheblicher Beeinträchtigung der körperlichen psychischen Integrität wird nur eine Rente zugesprochen, bei deren Berechnung jedoch beiden Beeinträchtigungen Rechnung getragen wird (Art. 25 Abs. 3 aMVG).

b) Weist der Versicherte gleichzeitig eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit und eine Beeinträchtigung der körperlichen psychischen Integrität auf, sind seit der mit BGE 110 V 124 Erw. 2e geänderten Rechtsprechung vom 23. Mai 1984 beide Schäden kumulativ - durch Gewährung einer einzigen Rente - zu entschädigen, und nicht mehr nur der überwiegende Schaden. In einem solchen Fall wird die Beeinträchtigung der Integrität durch eine Erhöhung der - gemäss Art. 24 aMVG berechneten - Invalidenrente entschädigt, und zwar mit einem Zuschlag in Franken, der nach billigem Ermessen festgesetzt und nach dem Grad der Beeinträchtigung abgestuft wird (BGE 110 V 124 Erw. 3).

4. - Vorliegend stellt sich die Frage, wie es sich mit der formellen Rechtskraft der Verfügung über ein Dauerrechtsverhältnis verhält, wenn seit Verfügungserlass Änderungen des objektiven Rechts eingetreten sind. Darunter fallen auch Änderungen in der Rechtsanwendung durch eine neue Gerichtsoder Verwaltungspraxis. Besteht die Rechtsänderung in einem Eingriff des Gesetzgebers, so ist - die Existenz wohlerworbener Rechte vorbehalten - die Anpassung der Verfügung über ein Dauerrechtsverhältnis nicht nur erlaubt, sondern gefordert. Besteht die Änderung des massgebenden Rechts dagegen in einer neuen gerichtlich bestätigten Verwaltungspraxis einer neuen Rechtsprechung, so darf die Verfügung über das Dauerrechtsverhältnis grundsätzlich nicht angetastet werden; eine solche Anpassung einer ursprünglich fehlerfreien Verfügung an eine neu gerichtlich bestätigte Verwaltungspraxis eine neue Rechtsprechung ist nur ausnahmsweise gerechtfertigt (BGE 115 V 314 Erw. 4a/dd unter Hinweis auf BGE 112 V 394 oben).

Gemäss BGE 112 V 393 Erw. 3c mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung muss eine formell rechtskräftige Verfügung abgeändert werden, wenn seit deren Erlass eine Rechtsänderung eingetreten ist, welche die Verfügung als rechtswidrig erscheinen lässt. Insbesondere zeitlich unbefristet fortwirkende Anordnungen sind zu ändern, wenn sie dadurch einer nachträglich verwirklichten Änderung des objektiven Rechts anzupassen sind; die Rechtsänderung erlaubt nicht nur die Anpassung, sie verlangt diese. Eine neue Verwaltungsund Gerichtspraxis bildet zwar kaum je einen Grund für ein Zurückkommen auf eine formell rechtskräftige Dauerverfügung zum Nachteil des Versicherten. Eine Anpassung ursprünglich fehlerfreier Verfügungen erscheint aber ausnahmsweise dann als gerechtfertigt, wenn eine neue Praxis in einem solchen Masse allgemeine Verbreitung erhält, dass deren Nichtbefolgung als Verstoss gegen das Gleichheitsgebot erschiene. Unter dieser Voraussetzung liegt im Ergebnis die gleiche Situation vor, wie im Falle einer nachträglichen Änderung des objektiven Rechts, so dass eine Praxisänderung Anlass zur Umgestaltung eines Dauerrechtsverhältnisses geben kann.

5. - a) Nachdem der Beschwerdeführer bereits seit 1. Februar 1981 eine befristete Invalidenrente von 100% bezogen hatte, sprach ihm das BAMV mit Vorschlag vom 9. März 1982 eine unbefristete Rente von 100 % zu. Mit der Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers vom 11. März 1982 erlangte der Vorschlag die Rechtskraft einer endgültigen Verfügung (Art. 12 Abs. 2 aMVG).

b) Gemäss angefochtener Verfügung vom 21. Oktober 1992 trat das BAMV auf das Gesuch des Beschwerdeführers vom 27. Mai 1992 um Gewährung einer Integritätsschadenrente nicht ein. Zur Begründung wurde folgendes ausgeführt: Die Beurteilung des gesamten Rentenanspruches, d.h. der Invalidenund Integritätsschadenrente sei abschliessend durch die Zusprechung der Erwerbsausfallrente auf unbestimmte Zeit im Vorschlag vom 9. März 1982 erfolgt. Auf die Zustimmung des Beschwerdeführers hin sei der Vorschlag rechtskräftig geworden. Der dannzumaligen Gerichtsund Verwaltungspraxis entsprechend sei bei gleichzeitiger Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit und der Integrität einzig die betragsmässig höhere Rente auszurichten gewesen. Damit seien aber beide Beeinträchtigungen abgegolten worden, ohne dass auch über die zweite Rente ausdrücklich habe entschieden werden müssen. Die Beeinträchtigung der Integrität dürfte sich etwa in der Höhe von 10% der MV-Wertung bewegt haben. Es sei daher ganz offensichtlich, dass diese Rente betragsmässig weit unter der Invalidenrente liegen würde, so dass deren weitere Beurteilung und Berechnung gar nicht erst habe geprüft werden müssen. Ein Zurückkommen auf den rechtskräftigen Rentenentscheid sei daher nicht möglich. Das vom Versicherten angerufene, oben zitierte Urteil bezüglich der Anpassung ursprünglich fehlerfreier Verfügungen sei vorliegend nicht anwendbar, habe es sich doch dort um einen unrichtig berechneten mittleren Jahresverdienst und damit um eine fortwirkende Anordnung bzw. eine laufende Rente gehandelt. Demgegenüber handle es sich vorliegend um einen einmaligen Entscheid, indem stillschweigend beurteilt worden sei, welche der beiden Renten zu gewähren gewesen sei einschliesslich deren Berechnung. Dadurch habe sich hinsichtlich der Integrität gerade keine fortwirkende Leistung entwickelt. Bei einer Gesetzesänderung würden in der Regel die hängigen Fälle nach den neuen Bestimmungen behandelt, die entschiedenen Fälle aber nicht neu aufgerollt. Eine blosse Praxisänderung könne nun diesbezüglich nicht strengere Massstäbe setzen und frühere rechtskräftig erledigte Verfahren wieder aufgreifen. Der zusammenhängende Text des zitierten Urteils spreche nicht für, sondern ebenfalls gegen eine Revision der Rentenberechnung im Jahre 1982 bzw. gegen eine Anpassung an die neue Gerichtspraxis (Rentenkumulation).

6. - Der Betrachtungsweise des BAMV kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass auch die Nichtgewährung einer Dauerleistung wie die Nichtausrichtung einer kumulierten Integritätsschadenrente in Form eines Zuschlages zur Invalidenrente einen Sachverhalt betrifft, bei welchem sich grundsätzlich die Frage der Anpassung an eine veränderte Rechtslage stellen kann. Sodann ist die im Jahre 1982 entsprechend der damaligen Rechtsprechung zu Recht verweigerte Kumulierung einer Invalidenrente mit einer Integritätsschadenrente, bezüglich welcher im Jahre 1984 eine Änderung der Rechtsprechung vorgenommen wurde, durchaus vergleichbar mit einer ursprünglich richtig berechneten Rente, deren Berechnungsgrundlage im Rahmen einer späteren Rechtsprechungsänderung als sachlich unrichtig erkannt wurde. In beiden Fällen stellt sich die Frage einer nachträglichen Anpassung an die neue Rechtslage. Im weiteren geht es auch nicht etwa um ein Zurückkommen auf eine formell rechtskräftige Dauerverfügung gestützt auf eine neue Rechtsprechung zum Nachteil des Versicherten. Denn offensichtlich würde sich eine nachträgliche Anpassung des Dauerrechtsverhältnisses an die neue Rechtslage zugunsten des Beschwerdeführers auswirken. Ferner ist die Argumentation, dass bei einer Gesetzesänderung in der Regel die hängigen Fälle nach den neuen Bestimmungen behandelt, die entschiedenen Fälle aber nicht neu aufgerollt würden und dass bei einer Änderung der Rechtsprechung nicht strengere Massstäbe gelten dürften und folglich rechtskräftig erledigte Verfahren nicht wieder aufgegriffen werden dürften, bezogen auf die vorliegende Problematik nicht stichhaltig. Die Rechtskraft einer früheren Verfügung steht unter den erwähnten Voraussetzungen einer Anpassung an eine neue Rechtslage nicht zum vornherein entgegen, sondern die Rechtskraft einer Verfügung, mit welcher ein Dauerrechtsverhältnis begründet wurde, ist gerade der Grund, weshalb sich im Verlaufe der Zeit die Frage einer nachträglichen Anpassung stellen kann. Dabei spielt es für die Frage der Anpassung keine Rolle, ob im Sinne der Darstellung des BAMV ursprünglich die Frage des Anspruchs auf eine Integritätsschadenrente stillschweigend geprüft worden ist (wofür in den Akten Anhaltspunkte fehlen) und wie hoch der Integritätsschaden geschätzt worden ist.

Entscheidend ist, dass das BAMV selber - im Rahmen eines Revisionsverfahrens nach Art. 26 aMVG - jeweils prüft, ob eine Anpassung an die geänderte Rechtsprechung vorzunehmen ist. Im Rahmen eines Rentenrevisionsverfahrens nimmt es eine gesamte Neubeurteilung vor und prüft auch die Voraussetzungen für eine kumulative Zusprechung einer Integritätsschadenrente nach Art. 25 Abs. 3aMVG bzw. einen entsprechenden frankenmässigen Zuschlag zur Invalidenrente. Das Nichteintreten auf das neue Leistungsgesuch vom 27. Mai 1992 wird mithin letztlich nicht hauptsächlich mit grundsätzlichen Überlegungen gegen eine nachträgliche Anpassung der Rente begründet, sondern vielmehr unter Bezugnahme darauf, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Rentenrevision materiell nicht gegeben seien. Damit sind die gesundheitlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers angesprochen, welche bereits seit 1982 zur unbefristeten Zusprechung einer Invalidenrente von 100% geführt haben und sich folglich nicht mehr in einer für die Invalidenrente relevanten Weise weiter verschlechtern können. Da auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass in absehbarer Zeit mit einer Besserung des gesundheitlichen Zustandes gerechnet werden kann, zeichnet sich auch in dieser Hinsicht kein Revisionsgrund ab. Somit bildet nach der Betrachtungsweise des BAMV in erster Linie der bereits höchstmögliche und voraussichtlich unveränderte Invaliditätsgrad des Beschwerdeführers den massgeblichen Grund, weshalb eine Neubeurteilung des Falles unter dem Titel der zusätzlichen Zusprechung einer Integritätsschadenrente in Form eines frankenmässigen Zuschlages zur Invalidenrente ausgeschlossen sein soll. Wäre der Beschwerdeführer nur zu 90% invalid und würde im Rahmen eines Revisionsverfahrens die Invalidenrente von 90% auf 100% erhöht, so stände einer materiellen Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für eine kumulative Integritätsschadenrente in Form des erwähnten Zuschlages nichts im Wege. Während für alle andern Versicherten mit niedrigerem Invaliditätsgrad ein allfälliger Revisionsgrund den Weg zur materiellen Prüfung der frankenmässig kumulierbaren Integritätsschadenrente öffnet, wäre dies gemäss Konzept des BAMV für die schwerstinvaliden Versicherten nie möglich. Dies muss als ein offensichtlich stossendes Ergebnis bezeichnet werden, welches sich mit keinen formalen Argumenten rechtfertigen lässt. Daraus ergibt sich, dass das Fehlen eines materiellen Revisionsgrundes bei einer unbefristeten Invalidenrente von 100% keine Rechtfertigung dafür sein kann, das Eintreten auf die Prüfung der Voraussetzungen für eine Erhöhung der Invalidenrente zwecks Abgeltung der zusätzlichen Integritätsschadenrente zu verweigern. Eine solche Differenzierung ist sachlich nicht begründbar und benachteiligt gerade diejenigen Versicherten, die unter den schwersten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu leiden haben. Es leuchtet nicht ein, weshalb das Vorliegen eines materiellen Revisionsgrundes zufolge veränderter tatsächlicher Verhältnisse das Kriterium dafür sein soll, ob eine Anpassung gleicher bzw. wie vorliegend sich allmählich verschlechternder tatsächlicher Verhältnisse an veränderte rechtliche Verhältnisse geboten ist nicht. Eine solche Vorgehensweise bei der Prüfung der Eintretensfrage hält vor dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 BV nicht stand und muss als willkürlich bezeichnet werden. Im übrigen hat die neue Rechtsprechung gemäss BGE 110 V 124 Erw. 2e aufgrund der dargelegten Praxis des BAMV in einem solchen Masse allgemeine Verbreitung erfahren, dass deren Nichtbefolgung in Fällen unbefristeter Invalidenrenten von 100% als Verstoss gegen das Gleichheitsgebot qualifiziert werden muss.

Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Nichteintretensverfügung verbunden mit der Verpflichtung des BAMV, auf das neue Leistungsbegehren einzutreten und darüber materiell zu befinden.
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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