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Urteil Regierungsrat (LU - RRE Nr. 1803)

Zusammenfassung des Urteils RRE Nr. 1803: Regierungsrat

Um eine Ehe eingehen zu können, müssen Bräutigam und Braut bestimmte Altersanforderungen erfüllen. Unter bestimmten Bedingungen kann die Regierung des Wohnsitzkantons eine Braut, die das 17. Lebensjahr vollendet hat, für ehemündig erklären. Der Regierungsrat ist für die Behandlung von Ehemündigkeitsgesuchen zuständig, wobei kein Anspruch auf Ehemündigerklärung besteht. Entscheidend ist die charakterliche Reife der Verlobten und ihre materiellen Möglichkeiten. Die Ehemündigkeit darf nur im Hinblick auf die Eheschliessung mit einem bestimmten Partner erfolgen. Die Gesuchstellerin hat eine Lehre begonnen, während ihr Verlobter eine stabile finanzielle Situation hat. Die Ablehnung des Gesuchs würde dazu führen, dass die Gesuchstellerin die Lehre abbrechen und die Schweiz verlassen müsste. Die Ehemündigerklärung wird aufgrund der persönlichen Wohlfahrt der Gesuchstellerin und ihrer Familie gerechtfertigt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts RRE Nr. 1803

Kanton:LU
Fallnummer:RRE Nr. 1803
Instanz:Regierungsrat
Abteilung:-
Regierungsrat Entscheid RRE Nr. 1803 vom 02.07.1991 (LU)
Datum:02.07.1991
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Ehemündigerklärung. Art. 92 Absatz 2 ZGB. Ein Anspruch auf Ehemündigerklärung besteht nicht. Entscheidend ist, ob die Verlobten die charakterliche Reife für die Ehe mitbringen, und ob aufgrund der materiellen Möglichkeiten und des Vorlebens die Chancen für einen Bestand der Ehe gegeben sind. Die Praxis anerkennt als Gründe, welche eine frühzeitige Heirat rechtfertigen, die Schwängerung der Braut und die beidseitige persönliche Wohlfahrt der Verlobten.



Schlagwörter: ündig; Braut; Ehemündigerklärung; Verlobte; Regierung; Absatz; Lehre; Wohnung; Rücksicht; Altersjahr; Rücksichten; Zustimmung; Gesetzes; Regierungsrat; Verlobten; Ehemündigkeit; Wohlfahrt; Schweiz; Familie; Brautpaar; Rückkehr; Bräutigam; Wohnsitzkantons; Fällen
Rechtsnorm: Art. 96 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
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Entscheid des Verwaltungsgerichts RRE Nr. 1803

Um eine Ehe eingehen zu können, muss der Bräutigam das 20., die Braut das 18. Altersjahr zurückgelegt haben. Die Regierung des Wohnsitzkantons kann jedoch in a. o. Fällen, wenn schwerwiegende Rücksichten es rechtfertigen, eine Braut, die das 17. Altersjahr zurückgelegt hat, unter Zustimmung der Eltern des Vormundes, für ehemündig erklären (Art. 96 Absatz 2 ZGB). Gemäss § 11 des Gesetzes betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (EG ZGB) ist der Regierungsrat für die Behandlung von Ehemündigkeitsgesuchen zuständig.

Ein Anspruch auf Ehemündigerklärung besteht nicht. Entscheidend für die Ehemündigerklärung ist, ob die Verlobten die charakterliche Reife für die Ehe mitbringen, und ob aufgrund der materiellen Möglichkeiten und des Vorlebens die Chancen auf einen Bestand der Ehe gegeben sind. Aus der sehr eingeschränkten Fassung von Art. 96 Absatz 2 ergibt sich zudem, dass die Ehemündigkeit immer nur im Hinblick auf die Eheschliessung mit einem bestimmten Partner erfolgen darf.

Es fragt sich sodann, ob schwerwiegende Rücksichten eine frühzeitige Heirat rechtfertigen. In den Beratungen des eidgenössischen Parlaments wurde als Anwendungsfall von Art. 96 Absatz 2 nur die Schwängerung der Braut erwähnt. Die Gesetzesanwendung ist jedoch nicht an die Materialien gebunden. Die Praxis hat deshalb auch Gründe der beidseitigen persönlichen Wohlfahrt als Rechtfertigung für die Ehemündigerklärung anerkannt (vgl. Egger, Zürcher Komm., N 8 zu Art. 96 ZGB).

Die Gesuchstellerin hat vor kurzem eine Lehre begonnen. Ihr Verlobter arbeitet in ungekündigtem Anstellungsverhältnis und hat eine kleine Wohnung gemietet, die für ein junges Ehepaar geeignet ist. Er kann mit seinen heutigen Verdienstmöglichkeiten für sich und seine zukünftige Frau aufkommen. Die Abweisung des Gesuchs hätte zur Folge, dass die Gesuchstellerin aller Wahrscheinlichkeit nach zusammen mit ihrem Verlobten ausreisen würde. Sie würde damit die kaum begonnene Lehre abbrechen und ihre finanziell und gesellschaftlich gesicherte Stellung in der Schweiz aufgeben. Die elterliche Familie würde durch das Verhalten der Tochter getrennt und damit belastet. Das Brautpaar könnte zwar in einem halben Jahr wieder zurückkehren und hier die Ehe ohne Zustimmung des Regierungsrates schliessen. Ob eine Rückkehr überhaupt möglich ist, muss als unsicher angesehen werden. In jedem Fall aber wäre die Zukunft des Brautpaares bei einer Rückkehr in einem halben Jahr sehr ungewiss. Ob der Verlobte wieder eine Stelle finden könnte, ist nicht sicher. Der angespannte Wohnungsmarkt würde eine Wohnungssuche erheblich erschweren und die von der Gesuchstellerin abgebrochene Lehre könnte wohl nicht ohne weiteres wieder aufgenommen werden.

Die aufgezeigten Verhältnisse zeigen, dass sich die Ehemündigerklärung mit Rücksicht auf die persönliche Wohlfahrt der Gesuchstellerin, aber auch der gesamten Familie, rechtfertigen lässt.



Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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