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Urteil andere Verwaltungsbehörden (LU - GSD 2001 19)

Zusammenfassung des Urteils GSD 2001 19: andere Verwaltungsbehörden

Die Vorinstanz hat die Einsprache des Beschwerdeführers abgewiesen, da sein zivilrechtlicher Wohnsitz in Gemeinde X liegt und das Einkommen seiner Mutter die Grenzen für die Bevorschussung der Unterhaltsbeiträge übersteigt. Der Beschwerdeführer argumentiert, dass er aufgrund seines Studienaufenthalts in B eigene Mietkosten hat und somit Anspruch auf Bevorschussung gemäss § 46 Unterabsatz d SHG hat. Die Vorinstanz verweigerte die Bevorschussung auch aufgrund anderer Sicherungsmöglichkeiten des Unterhalts gemäss § 46 Unterabsatz a SHG. Der Richter entschied, dass der Einspracheentscheid rechtmässig ist, da das Einkommen der Mutter die festgelegte Grenze übersteigt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts GSD 2001 19

Kanton:LU
Fallnummer:GSD 2001 19
Instanz:andere Verwaltungsbehörden
Abteilung:Gesundheits- und Sozialdepartement
andere Verwaltungsbehörden Entscheid GSD 2001 19 vom 24.01.2001 (LU)
Datum:24.01.2001
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Bevorschussung von Kinderalimenten. § 46 Unterabsätze a und d SHG. Nach § 46 Unterabsatz d SHG ist eine Bevorschussung nicht nur dann ausgeschlossen, wenn ein Kind dauernd im Haushalt eines finanziell leistungsfähigen Eltern- oder Stiefelternteils lebt; vielmehr genügt es, wenn aufgrund der Umstände eine Hausgemeinschaft angenommen werden kann. Aufgrund von § 46 Unterabsatz a SHG besteht kein Anspruch auf Bevorschussung, wenn der Unterhalt des Kindes aufgrund von gesetzlichen, vertraglichen oder freiwilligen Leistungen sichergestellt ist.
Schlagwörter: Unterhalt; Eltern; Bevorschussung; Unterhalts; Haushalt; Sozialhilfe; Mutter; Elternteil; Unterabs; Anspruch; Unterabsatz; Wohnsitz; Kindes; Franken; Gemeinde; Absatz; Unterhaltsbeiträge; Unterhaltspflicht; Hausgemeinschaft; Recht; Beschwerdeführers; Reineinkommen; Elternteils; Ausbildung; Hegnauer; Sozialhilfegesetz; Mietzins; Einsprache; Sozialhilferecht; ührt
Rechtsnorm: Art. 144 OR ;Art. 26 ZGB ;Art. 276 ZGB ;Art. 277 ZGB ;Art. 278 ZGB ;Art. 289 ZGB ;Art. 293 ZGB ;
Referenz BGE:106 II 285; 112 Ia 257;
Kommentar:
Eugen Bucher, Berner Bern, Art. 26 ZGB ZG, 1976

Entscheid des Verwaltungsgerichts GSD 2001 19

1. Die Vorinstanz wies die Einsprache des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, dass sich sein zivilrechtlicher Wohnsitz in der Gemeinde X befinde und sich das Reineinkommen seiner Mutter, in deren Haushalt er lebe, die im Sozialhilferecht vorgesehenen Grenzen übersteige, weshalb kein Anspruch auf Bevorschussung der Unterhaltsbeiträge bestehe.

Demgegenüber führt der Beschwerdeführer aus, dass der Einspracheentscheid gegen den Sinn und den Wortlaut von § 46 Unterabsatz d SHG verstosse. Nach dieser Bestimmung bestehe nämlich nur dann kein Anspruch auf Alimentenbevorschussung, wenn ein Kind im Haushalt eines vermögenden Elternteils wohne und deshalb nicht eigene Mietkosten bezahlen müsse. Einen andern Sinn könne diese Bestimmung gar nicht haben. Ihm würden aber wegen des Studienaufenthalts in B eigene Mietkosten anfallen. Deshalb dürfe ihm gestützt auf § 46 Unterabsatz d SHG die Bevorschussung der Unterhaltsbeiträge nicht verweigert werden. Zum gleichen Ergebnis sei auch das Sozialamt der Gemeinde Z gekommen, welches bis zu seinem Wohnsitzwechsel in die Gemeinde X die Unterhaltsbeiträge anstandslos bevorschusst habe.

2. Gemäss Artikel 276 Absatz 1 ZGB haben die Eltern für den Unterhalt des Kindes aufzukommen. Dazu gehören auch die Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen. Der Unterhalt wird durch Pflege und Erziehung oder, wenn das Kind nicht unter der Obhut der Eltern steht, durch Geldzahlung geleistet (Art. 276 Abs. 2 ZGB). Die Unterhaltspflicht der Eltern dauert grundsätzlich bis zur Mündigkeit des Kindes. Hat es dann noch keine angemessene Ausbildung, haben die Eltern, soweit es ihnen nach den gesamten Umständen zugemutet werden darf, für seinen Unterhalt aufzukommen, bis eine entsprechende Ausbildung ordentlicherweise abgeschlossen werden kann (Art. 277 ZGB). Artikel 276 Absatz 2 ZGB gilt sinngemäss auch für die Unterhaltspflicht der Eltern nach Eintritt der Mündigkeit des Kindes. Lebt das mündige Kind also in der Hausgemeinschaft der Eltern, leisten sie den Unterhalt in natura und stellen dem Kind für die auswärts zu deckenden Bedürfnisse die nötigen Barmittel zur Verfügung. Führen die Eltern hingegen keinen gemeinsamen Haushalt und lebt das unmündige Kind bei einem von ihnen, hat der andere einen Unterhaltsbeitrag zu zahlen. Die Mehrkosten einer eigenen Unterkunft gehören zum Unterhalt im Sinn von Artikel 277 Absatz 2 ZGB, wenn die Distanz der elterlichen Wohnung vom Ausbildungsort dies erfordert (Cyril Hegnauer, Berner Kommentar, Bern 1997, N 141-143 zu Art. 277 ZGB).

3. Das öffentliche Recht regelt gemäss Artikel 293 Absatz 2 ZGB die Ausrichtung von Vorschüssen für den Unterhalt des Kindes, wenn die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen. Die Kantone sind nicht verpflichtet, die Bevorschussung einzuführen. Tun sie es, sind sie in ihrer Ausgestaltung grundsätzlich frei (Hegnauer, a.a.O., N 23 und 26 zu Art. 293 ZGB unter Berufung auf BGE 106 II 285 f.; BGE 112 Ia 257).

Der Anspruch auf Bevorschussung ist im Kanton Luzern in § 45 Absatz 1 SHG geregelt. Diese Bestimmung sieht vor, dass das unterhaltsberechtigte Kind gegenüber der Einwohnergemeinde des zivilrechtlichen Wohnsitzes Anspruch auf Bevorschussung hat, wenn die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht, nur teilweise nicht rechtzeitig nachkommen (§ 45 Abs. 1 SHG). Die Bevorschussung setzt immer einen Rechtstitel voraus (§ 45 Abs. 2 SHG). Zu bevorschussen ist der im Rechtstitel genannte und nicht geleistete Unterhaltsbeitrag, höchstens aber der Betrag der maximalen Waisenrente gemäss dem Bundesgesetz über die Altersund Hinterlassenenversicherung (§ 47 SHG). Obwohl die Bevorschussung im Sozialhilferecht geregelt ist, ist sie keine Sozialleistung im eigentlichen Sinn. Ihr Zweck ist, die familienrechtliche Unterhaltspflicht durchsetzen zu helfen. Das zuständige Gemeinwesen leistet anstelle des pflichtigen Elternteils die privatrechtlich geschuldeten Leistungen bis zu einem Maximalbetrag. Dafür geht der Unterhaltsanspruch auf das bevorschussende Gemeinwesen über (Art. 289 Abs. 2 ZGB, § 9 SHG). Der Erstattungsanspruch des Gemeinwesens gegenüber dem unterhaltsverpflichteten Elternteil bleibt zivilrechtlicher Natur (LGVE 1998 II Nr. 22 E. 3b/aa und Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2000 im Verfahren A 00 89, S. 4 oben). Die Bevorschussung ist mithin eine öffentlich-rechtliche Sicherung der Unterhaltsbeiträge (Hegnauer, a.a.O., N 22 zu Art. 293 ZGB). Hingegen deckt sie nicht das soziale Existenzminimum ab. Soweit der bevorschusste Betrag für die Bestreitung des Lebensbedarfs nicht ausreicht, ist wirtschaftliche Sozialhilfe auszurichten (§ 28 SHG). Im Übrigen gilt auch für die Bevorschussung das sozialhilferechtliche Subsidiaritätsprinzip (§ 8 Abs. 2 SHG).

4. Nach dem Luzerner Sozialhilferecht besteht unter anderem kein Anspruch auf Bevorschussung, wenn der Elternteil der Stiefelternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, die vom Regierungsrat festzusetzende Einkommensund Vermögensgrenze überschreitet (§ 46 Unterabs. d SHG). Der Wortlaut dieser Bestimmung verlangt für einen Ausschluss der Bevorschussung nicht, dass das Kind dauernd überwiegend beim Elternoder Stiefelternteil lebt. Es fehlen entsprechende Adverbien. Auch aus der seinerzeitigen Botschaft des Regierungsrates zum Entwurf eines Sozialhilfegesetzes (veröffentlicht in den Verhandlungen des Grossen Rates 1989, S. 184) und aus den Beratungen des Grossen Rates gehen keine derartigen Einschränkungen hervor. Der Gesetzestext setzt einzig voraus, dass das Kind mit einem Elternteil Stiefelternteil eine Hausgemeinschaft bildet ("... in dessen Haushalt das Kind lebt..."). Von einer Hausgemeinschaft kann dann ausgegangen werden, wenn ein Kind in die Familie beziehungsweise in den Haushalt aufgenommen wird. Sein Unterhalt wird damit zum Unterhalt der Familie (vgl. zur Hausgemeinschaft nach Familienrecht: Hegnauer, a.a.O., N 128 zu Art. 276 ZGB, N 142 f. zu Art. 277 ZGB sowie N 28, 62 und 66 zu Art. 278 ZGB). § 46 Unterabsatz d SHG ist klarerweise eine Konkretisierung des Subsidiaritätsprinzips, wonach der Staat nur dort helfend eingreift, wo dies notwendig ist. Der Gesetzgeber ging beim Erlass dieser Bestimmung offensichtlich davon aus, dass es ab einem bestimmten Einkommen und Vermögen möglich ist, den Verlust der Unterhaltsbeiträge auszugleichen. Zu denken ist etwa an Einsparungen durch die Führung eines gemeinsamen Haushalts durch freiwillige Zahlung der Kosten für auswärtige Bedürfnisse. Diese Beispiele zeigen, dass sich ein solcher Ausgleich nicht nur dann erzielen lässt, wenn das Kind dauernd im Haushalt des Elternteils lebt.

5. Aus den Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführer seinen zivilrechtlichen Wohnsitz und damit seinen Lebensmittelpunkt in der Gemeinde X hat. In B ist er nur Wochenaufenthalter. Damit ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer regelmässig an Wochenenden und in den Semesterferien in den Haushalt seiner Mutter nach X zurückkehrt und von ihr versorgt wird. Sie hat ihn somit in ihren Haushalt aufgenommen. Wie oben dargelegt, spielt es keine Rolle, dass er nicht konstant bei seiner Mutter wohnt. Er bildet mit seiner Mutter eine Hausgemeinschaft im Sinn von § 46 Unterabsatz d SHG. Wäre dem nicht so, wäre der zivilrechtliche Wohnsitz des Beschwerdeführers in B. Denn selbst ein Aufenthalt zu Studienzwecken schliesst nicht aus, dass jemand dort Wohnsitz begründet (Eugen Bucher, Berner Kommentar, Bern 1976, N 11 zu Art. 26 ZGB). Folglich wäre bereits gestützt auf § 45 Absatz 1 SHG eine Bevorschussung durch die Gemeinde X nicht möglich, da sie nicht anspruchsverpflichtet wäre. Es ist unbestritten, dass die Mutter des Beschwerdeführers gemäss der letzten Steuerveranlagung vor dem angefochtenen Entscheid ein Reineinkommen von 62612 Franken erzielte (Steuerperiode 1999/2000). Gemäss § 25 Absätze 1a und 2 Sozialhilfeverordnung (SHV, SRL Nr. 892a) besteht aber im vorliegenden Fall ab einem Reineinkommen von 41500 Franken (33000 Franken plus 8500 Franken) kein Anspruch auf Bevorschussung. Damit erweist sich der angefochtene Einspracheentscheid bereits aus diesem Grunde als rechtmässig.

6. Selbst wenn unter § 46 Unterabsatz d SHG nur diejenigen Sachverhalte subsumiert werden könnten, bei denen ein Kind dauernd beim Elternteil wohnt, hätte die Vorinstanz zu Recht die Alimentenbevorschussung verweigert. Denn gemäss § 46 Unterabsatz a SHG besteht auch kein Anspruch auf Bevorschussung, wenn der Unterhalt des Kindes anderweitig gesichert ist. Was unter der anderweitigen Sicherung des Unterhalts zu verstehen ist, wird weder im Sozialhilfegesetz noch in der Sozialhilfeverordnung ausgeführt. Vom Wortlaut der Bestimmung und dem Zweck der Bevorschussung her sind damit alle Sachverhalte gemeint, aufgrund derer das Kind den familienrechtlichen Unterhalt bestreiten kann, obwohl der unterhaltsverpflichtete Elternteil die im Rechtstitel vereinbarten Zahlungen nicht, nur teilweise nicht rechtzeitig leistet. In der Kommission, welche den seinerzeitigen Entwurf des Sozialhilfegesetzes zuhanden des Grossen Rates vorberiet, wurde unwidersprochen die Meinung vertreten, dass § 46 Unterabsatz a SHG unter anderem dann angewendet werden soll, wenn der Konkubinatspartner des Elternteils in guten wirtschaftlichen Verhältnissen für den Unterhalt aufkommt (Protokoll der Sitzung der grossrätlichen Kommission zum Entwurf eines Sozialhilfegesetzes vom 17. April 1989, S. 3 oben). Damit besteht aufgrund von § 46 Unterabsatz a SHG kein Anspruch auf Bevorschussung, wenn der Unterhalt des Kindes aufgrund von gesetzlichen, vertraglichen freiwilligen Leistungen sichergestellt ist.

Der Beschwerdeführer schloss am 15. November 1996 mit der Firma S einen Mietvertrag über ein Studio an der Musterstrasse in B ab. Der Mietzins beträgt 328 Franken pro Monat. Dabei wurde im Mietvertrag ausdrücklich festgehalten, dass der Beschwerdeführer und seine Mutter solidarisch für den Mietzins haften. Diese Klausel bewirkt, dass der Vermieter nach seiner Wahl sowohl vom Beschwerdeführer als auch von seiner Mutter den gesamten Mietzins und die Nebenkosten fordern kann (Art. 144 Abs.1 OR). Damit kann nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer in eine Notlage gerät, wenn er aufgrund der mangelhaften Unterhaltszahlungen des Vaters den Mietzins nicht bestreiten kann. Des Weitern wurde bereits unter Ziffer 5 ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz in der Gemeinde X hat und in B nur Wochenaufenthalter ist. Ebenfalls erwähnt wurde, dass der Beschwerdeführer somit regelmässig nach X zurückkehrt und dort von der Mutter versorgt wird. Damit ist während dieser Zeit sein Unterhalt auf diese Weise gedeckt. Schliesslich ist aufgrund der Tatsache, dass die Mutter den Mietvertrag als Solidarschuldnerin unterschrieben hat, davon auszugehen, dass sie auch in der übrigen Zeit faktisch für den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers aufkommt, soweit er ihn nicht durch eigene Erwerbstätigkeit decken kann. Obwohl durch die teilweise doppelten Haushalte Mehrkosten entstehen, ist sie dazu auch durchaus in der Lage. Denn es ist unbestritten, dass sie gemäss der Steuerveranlagung für das Jahr 1999 über ein Reineinkommen von 62612 Franken verfügt. Dieser Betrag übersteigt bei weitem die gemäss § 25 Absätze 1a und 2 SHV errechnete Einkommensgrenze von 41500 Franken.
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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