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Urteil Verwaltungsgericht (LU - A 98 120 A 98 121)

Zusammenfassung des Urteils A 98 120 A 98 121: Verwaltungsgericht

A und ihr Ehemann leben seit dem 1. April 1996 getrennt. Der Richter des Amtsgerichts Z regelte die Aufhebung des gemeinsamen Haushalts und wies A und ihren Töchtern B und C das Haus samt Mobiliar zu. Das Steueramt eröffnete ein Verfahren zur getrennten Besteuerung der Ehegatten, wobei der Mietwert der Liegenschaft als Einkommen angerechnet wurde. A legte Einspruch ein, da sie die Nutzung der Liegenschaft vorläufig erhalten hatte. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Zuweisung der Liegenschaft als Einkommen von A betrachtet wird. Die Liegenschaft wurde dem Ehemann steuerlich zugeordnet. Die Beschwerde wurde teilweise gutgeheissen, da der Eigenmietwert nur zu 80 % als Einkommen von A besteuert werden sollte.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts A 98 120 A 98 121

Kanton:LU
Fallnummer:A 98 120 A 98 121
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Abgaberechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid A 98 120 A 98 121 vom 01.10.1998 (LU)
Datum:01.10.1998
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§§ 19 Abs. 1 Ziff. 9, 19bis Abs. 1, 25 Abs. 1 Ziff. 3 StG; Art. 23 lit. f DBG; Art. 175 f., 745 ff., 776 ZGB. Steuerliche Behandlung einer Liegenschaft, die im Rahmen eines Eheschutzverfahrens einem Ehegatten zum Gebrauch und zur Nutzung zugewiesen wird. Abgrenzung der eherechtlichen Nutzung zur sachenrechtlichen Nutzniessung und zum Wohnrecht. Ein Ehegatte, der eine in seinem Eigentum stehende Liegenschaft dem anderen Ehegatten zum Gebrauch überlässt, hat den Eigenmietwert der Liegenschaft als Einkommensbestandteil zu versteuern (Erw. 3). Die Zuweisung einer Liegenschaft im Rahmen eines Eheschutzverfahrens hat für den berechtigten Ehegatten alimentsähnliche Funktion und ist steuerrechtlich als «Unterhaltsbeitrag» aufzurechnen. In der Regel kann dabei wiederum auf den Eigenmietwert abgestellt werden (Erw. 4).
Schlagwörter: Unterhalt; Unterhalts; Liegenschaft; Einkommen; Unterhaltsbeiträge; Kinder; Eigenmietwert; Nutzniessung; Eheschutz; Wohnung; Regel; Recht; Eigentümer; Ehemann; Ehegatte; Wohnrecht; Verfügung; Regelung; Über; Nutzungs; Gebrauch; Bundessteuer; Einsprache; Töchter; Unterhaltsbeitrag; Besteuerung; Zuweisung; Kommentar; Steuergesetz
Rechtsnorm: Art. 143 ZGB ;Art. 145 ZGB ;Art. 163 ZGB ;Art. 172 ZGB ;Art. 175 ZGB ;Art. 176 ZGB ;Art. 179 ZGB ;Art. 23 DBG ;Art. 285 ZGB ;Art. 36 DBG ;Art. 657 ZGB ;Art. 745 ZGB ;Art. 755 ZGB ;Art. 758 ZGB ;Art. 764 ZGB ;Art. 765 ZGB ;Art. 776 ZGB ;Art. 778 ZGB ;
Referenz BGE:120 II 1; 120 Ia 333;
Kommentar:
Müller, Schweizer, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Art. 764; Art. 765 ZGB ZG, 1998

Entscheid des Verwaltungsgerichts A 98 120 A 98 121

A lebt seit 1. April 1996 getrennt von ihrem Ehemann. Die Aufhebung des gemeinsamen Haushalts und die damit verbundenen Folgen hatte der delegierte Richter des Amtsgerichts Z im Verfahren nach Art. 175 ZGB geregelt. Mit Entscheid vom 12. April 1996 wies er u.a. A und ihren beiden Töchtern B und C das Haus an der . . . strasse in Y samt Mobiliar und Inventar zu Nutzen und Gebrauch zu.

Gestützt auf diesen Umstand eröffnete das Steueramt Y ein Verfahren betreffend getrennte Besteuerung der Ehegatten und Zwischenveranlagung. Der Mietwert der im Eheschutzverfahren zugewiesenen Liegenschaft wurde dabei sowohl bei den Staatsund Gemeindesteuern als auch bei der direkten Bundessteuer A als Einkommen aufgerechnet. Die von der Pflichtigen gegen diese Aufrechnung gerichteten Einsprachen wurden von der Staatssteuerkommission in zwei getrennten Einspracheentscheiden abgewiesen.

Dagegen liess A Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, die Einspracheentscheide seien aufzuheben und das steuerbare Einkommen sei - ohne Aufrechnung des Mietwertes der ihr vorläufig überlassenen Liegenschaft - neu zu veranlagen.

Das Verwaltungsgericht erwog:

I. Kantonale Steuern

2. - Gegenstand des Einspracheund des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Aufrechnung des Mietwertes der eigenen Wohnung bzw. Liegenschaft gemäss Punkt 11.2 des Steuererklärungsformulars. Unter diesem Titel hat die Veranlagungsbehörde ursprünglich einen Betrag von Fr. 27 030.- als Nutzungswert der Liegenschaft aufgerechnet; die Einspracheinstanz hat diesen Wert leicht nach unten korrigiert und - in Anwendung des Satzes für Einfamilienhäuser - 6,8 % des Katasterwertes von Fr. 357 800.-, mithin Fr. 24 330.- als Einkommensbestandteil betrachtet.

Die Beschwerdeführerin hält eine solche Aufrechnung für gesetzeswidrig. Sie macht geltend, sie habe die Liegenschaft zur vorläufigen Benutzung im Massnahmeverfahren nach Art. 175 ZGB zugewiesen erhalten. In einer solchen provisorischen Nutzungszuteilung von Immobilien liege keine Nutzniessung gemäss § 19bis StG, da diese eine gewisse Dauer voraussetze. Eine steuerpflichtige Eigennutzung könne schon deshalb nicht vorliegen, weil sie nicht Eigentümerin der Liegenschaft sei. Der von ihr getrennt lebende Ehegatte könne weiterhin die Schuldzinsen abziehen, weshalb auch das hypothetische Einkommen des Eigenmietwertes bei der Festlegung seiner Steuerfaktoren berücksichtigt werden müsse. Demgegenüber hielt die Vorinstanz fest, für die Frage der Zumessung als steuerbares Einkommen komme es nicht auf die Qualifikation als Nutzniessung Wohnrecht an. Massgebend sei, dass die Zuweisung der Liegenschaft zu Nutzen und Gebrauch als «Bestandteil der Alimenten-Verpflichtung zu betrachten» sei und deshalb eindeutig Einkommen der Beschwerdeführerin darstelle.

3. - a) Weder die Veranlagungsnoch die Einsprachebehörde berufen sich in den Verfügungen auf eine bestimmte gesetzliche Vorschrift, welche die Besteuerung des Nutzungsoder Mietwertes der Liegenschaft zulasten der Beschwerdeführerin unter den gegebenen Verhältnissen ausdrücklich erlauben würde. Für die steuerrechtliche Behandlung der unentgeltlich zur Verfügung gestellten Immobilien ist auf die dem Eheschutzrichter eingereichte und in der Folge genehmigte Vereinbarung zurückzugreifen.

b) Der delegierte Richter des Amtsgerichts Z verfügte am 12. April 1996 die anbegehrten Eheschutzmassnahmen. Beim Eheschutz gemäss Art. 172 ff. ZGB handelt es sich um bundesrechtliche Regelungsmassnahmen, deren Notwendigkeit in einem summarischen Verfahren festgestellt und die alsdann angeordnet werden. Die Massnahmen behalten ihre Gültigkeit bei, bis sie der Richter zufolge veränderter Verhältnisse ändert aufhebt, weil der Grund für die Massnahmen weggefallen ist (Art. 179 Abs. 1 ZGB). Unter diesem Gesichtswinkel haben die Massnahmen vorläufigen Charakter. Die Aufhebung des gemeinsamen Haushalts und die auf ihr fussende richterliche Regelung (Festsetzung der Unterhaltsbeiträge, Zuweisung der ehelichen Wohnung, Regelung der Obhut über die Kinder usw.) führen oft (jedoch nicht immer) zu weitergehenden Verfahren auf Scheidung Trennung der Ehe (Art. 143 ff. ZGB). Im vorliegenden Fall wurden der Beschwerdeführerin die Töchter B und C in ihre elterliche Obhut gegeben. Der Ehemann verpflichtete sich, der Beschwerdeführerin einen persönlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 955.- monatlich und für die beiden Töchter Kinderalimente von je Fr. 800.- zuzüglich Kinderzulagen zu bezahlen. Das eheliche Haus in Y verblieb während des Getrenntlebens beim Ehemann und dem mit ihm lebenden Sohn D. Der Beschwerdeführerin und den beiden Töchtern wurde das Haus an der . . . strasse in Y «samt Mobiliar und Inventar zu Nutzen und Gebrauch» zugewiesen.

Über die Zuteilung von Wohnung und Hausrat können die Eheleute eine Vereinbarung treffen. Können sie sich jedoch nicht einigen, so entscheidet darüber der Eheschutzrichter nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände und in Abwägung der Interessen der Eltern und der Kinder. Nicht entscheidend ist, wer Eigentümer der Familienwohnung wer aus einem Mietvertrag berechtigt verpflichtet ist. Massgebend ist vielmehr das Kriterium der Zweckmässigkeit. So sind es oft praktische Umstände, wie berufliche gesundheitliche Gründe, die den Ausschlag dafür geben, welchem Ehepartner die eheliche Wohnung zu überlassen ist. Häufig steht auch im Vordergrund, welcher Ehepartner für die Kinder zu sorgen hat. Die Regelung der Benützung der Wohnung und des Hausrats wirkt sich freilich auf die dinglichen obligatorischen Rechtsverhältnisse daran nicht aus (BGE 120 II 1; Hausheer/Reusser/Geiser, Kommentar zum Eherecht, Bd. I, Bern 1988, N 29 zu Art. 176 ZGB; Schwander, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Basel 1996, N 7 zu Art. 176 ZGB). Im vorliegenden Fall hat der Ehemann die eheliche Wohnung für sich und den Sohn D behalten und im Gegenzug der Beschwerdeführerin und den Töchtern ein zweites Haus zur Nutzung überlassen. Die obigen Grundsätze betreffen zwar die eheliche Wohnung als solche; sie müssen aber auch Anwendung finden, wenn ein Ehegatte dem anderen in Erfüllung seiner Unterhaltspflicht eine andere Liegenschaft zum Gebrauch überlässt. Auf die rechtlichen Titel (Eigentum, Besitz, obligatorische Berechtigung) kann es nicht ankommen.

c) Daraus leitet sich ab, dass die fragliche Liegenschaft im Eigentum des Ehemannes geblieben ist und die Beschwerdeführerin daran eine besondere, gemäss der gerichtlichen Verfügung ausgebildete Gebrauchsund Nutzungsbefugnis hat. Der Beschwerdeführerin ist darin recht zu geben, dass ihr diese Nutzungsbefugnis keine eigentumsähnliche Stellung verschafft hat, wie eine solche mit gewissen beschränkten dinglichen Rechten verbunden ist. Unter letzteren Rechten sind die Nutzniessung und das Wohnrecht zu nennen. Die sachenrechtliche Nutzniessung gemäss Art. 745 ff. ZGB verleiht dem Berechtigten die Befugnis, die Sache umfassend zu besitzen, zu gebrauchen und zu nutzen (Art. 755 Abs. 1 ZGB). Er hat die Auslagen für den gewöhnlichen Unterhalt und die Bewirtschaftung der Sache, die Zinsen für die darauf haftenden Kapitalschulden sowie die Steuern und Abgaben zu tragen (Art. 764 f. ZGB; Müller, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Basel 1998, N 2 zu Art. 765 ZGB). Im vorliegenden Fall kann schon deshalb keine Nutzniessung vorliegen, weil weder ein öffentlich beurkundeter Bestellungsakt noch ein entsprechender Eintrag im Grundbuch vorgenommen wurden (Art. 746 und Art. 657 ZGB). Abgesehen davon musste der Ehemann der Beschwerdeführerin für die Hypothekarzinsen und für die Nebenkosten aufkommen, zu Lasten der Beschwerdeführerin gingen nur Strom, Gebäudeversicherungsprämien, Telefon und Kabel-TV. Das Wohnrecht wiederum enthält die Befugnis, in einem Gebäude einem Teil eines solchen Wohnung zu nehmen (Art. 776 Abs. 1 ZGB). Es ist unübertragbar und unvererblich und steht, soweit das Gesetz es nicht anders ordnet, un-ter den Bestimmungen über die Nutzniessung (Art. 776 Abs. 2 und 3 ZGB). Der Wohnrechtsberechtigte trägt in der Regel ebenfalls die Lasten des gewöhnlichen Unterhalts (vgl. Art. 778 Abs. 1 ZGB). Auch ein Wohnrecht steht hier nicht zur Diskussion, da es schon an den formellen Voraussetzungen seiner Begründung und Entstehung fehlt.

Steuerrechtlich ist darauf hinzuweisen, dass der Nutzniesser kraft seiner umfassenden Stellung für alle aus dem Nutzniessungsgut fliessenden Erträge gemäss § 19 Abs. 1 Ziff. 4 StG einkommenssteuerpflichtig ist. Gleiches muss für den Wohnrechtsberechtigten gelten (vgl. dazu auch Richner/Frei/Weber/Brütsch, Zürcher Steuergesetz, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, N 4 und N 7 zu § 19 lit. f StG). Das Nutzniessungsvermögen wird gestützt auf eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift dem Nutzniesser zugerechnet (§ 32 Abs. 2 StG). Im Falle einer Nutzniessung eines Wohnrechts gemäss den sachenrechtlichen Vorschriften muss die jeweils daraus berechtigte Person auch den Eigenmietwert versteuern (so für das Wohnrecht: Urteil S. vom 18.7.1991 und für das Nutzniessungsrecht: Urteil G. vom 28.10.1996).

d) Ist aber im vorliegenden Fall kein dingliches Nutzungsrecht eingeräumt worden, noch ergibt sich eine nutzniessungsähnliche Rechtsstellung aus der gerichtlichen Verfügung, so ist die Liegenschaft steuerrechtlich beim Eigentümer zu erfassen, und zwar sowohl hinsichtlich der Einkommenswie der Vermögensbesteuerung. Die unentgeltlich überlassene Liegenschaft muss als Naturaleinkunft gewertet werden, wozu ausdrücklich die Eigennutzung von Liegenschaften gehört (§ 19bis Abs. 1 StG). Die Eigennutzung kann auch durch den Ehegatten des Eigentümers und dessen Kinder erfolgen durch andere unterhaltsberechtigte Personen, die unentgeltlich im Haushalt des Eigentümers wohnen (StE 1987 B 25.3 Nr. 5). Die Überlassung einer Liegenschaft an den getrennt lebenden geschiedenen Ehegatten stellt weiterhin eine Eigennutzung durch den überlassenden Ehegatten dar (Richner/Frei/Weber/Brütsch, a. a. O., N 6 zu § 20 StG; vgl. auch Baur/Klöti-Weber/Koch/Meier/Ursprung, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Muri-Bern 1991, N 433 und N 435 zu § 22). Der Eigenmietwert als rechnerische Grösse der als Naturaleinkunft behandelten Eigennutzung ist nach dem Gesagten beim Eigentümer der Liegenschaft als Einkommen anzurechnen. Unter dem Gesichtswinkel der Anwendung von § 19bis StG wäre die Rechtslage nur dann eine andere, wenn die Zuweisung der Liegenschaft im Eheschutzverfahren der Beschwerdeführerin eigentumsähnliche Befugnisse eingeräumt und ihr namentlich auch tatsächliche und allenfalls sogar rechtliche Verfügungen über das Grundeigentum erlaubt hätte (z.B. Übertragung der Nutzniessung gemäss Art. 758 Abs. 1 ZGB). Dies trifft nach den vorliegenden Umständen gerade nicht zu. Ein solch weit gefasstes, am Eigentum orientiertes Nutzungsrecht verträgt sich in der Regel ohnehin nicht mit dem vorläufigen Charakter der Eheschutzmassnahme. Die Zuweisung der Liegenschaft an die Beschwerdeführerin hatte den Sinn, ihr und ihren Töchtern ein gemeinsames Wohnen zu ermöglichen und Konstanz im Hinblick auf die Betreuung der Kinder zu schaffen. Es liegt daher ein besonderes, auf den Eheschutz eingeschränktes Nutzungsund Gebrauchsrecht vor.

e) Gemäss diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführerin darin beizupflichten, dass der Eigenmietwert in Bezug auf ihr Einkommen weder unter dem Titel der Nutzniessung noch unter jenem der Naturaleinkunft im Sinne von § 19bis Abs. 1 StG steuer-lich erfasst werden kann. Vielmehr ist der Eigenmietwert der Liegenschaft...strasse in Y bei den Einkünften des Eigentümers als Einkommensbestandteil aufzurechnen. Ebenso unterliegt das fragliche Grundeigentum der Vermögensbesteuerung beim Eigentümer, und ist nicht - wie es die Vorinstanz fälschlicherweise getan hat - bei der Beschwerdeführerin zu erfassen. Doch liegt in diesem Punkt keine Beschwer vor, weil das steuerbare Vermögen nach Abzug der auf der Liegenschaft lastenden Schulden wie nach Abzug des steuerfreien Betrages mit Fr. 0.- veranlagt worden ist. Weitere steuerbare Vermögenswerte weist die Beschwerdeführerin nicht aus.

4. - a) Damit ist freilich noch nicht entschieden, ob der Eigenmietwert der Beschwerdeführerin deshalb aufzurechnen ist, weil die Überlassung der Liegenschaft eine alimentsähnliche Funktion hat.

Gemäss § 19 Abs. 1 Ziff. 9 StG unterliegen Unterhaltsbeiträge, die ein Steuerpflichtiger bei Scheidung, gerichtlicher tatsächlicher Trennung für sich erhält, sowie Unterhaltsbeiträge, die ein Elternteil für die unter seiner elterlichen Gewalt Obhut stehenden Kinder erhält, der Einkommenssteuer. Umgekehrt und folgerichtig kann der Steuerpflichtige von den Einkünften jene Unterhaltsbeiträge abziehen, die er an den geschiedenen, gerichtlich tatsächlich getrennten Ehegatten sowie an einen Elternteil für die unter dessen elterlicher Gewalt Obhut stehenden Kinder erbringt (§ 25 Abs. 1 Ziff. 3 StG). Aus steuersystematischen Gründen muss einleuchten, dass Unterhaltsbeiträge, wenn sie beim Empfänger besteuert werden, beim Unterhaltsverpflichteten müssen abgezogen werden können. Dieses wechselseitige System gründet auf dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Eine Besteuerung nach diesem System muss sich an den dem Steuerpflichtigen zur Befriedigung seiner Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern und nach seinen persönlichen Verhältnissen richten (BGE 120 Ia 333 Erw. 3; Urteil H. vom 3.2.1998).

b) Entscheidend ist, ob die Zuweisung einer Liegenschaft zum Gebrauch und zur Nutzung im Rahmen einer Eheschutzverfügung einen Unterhaltsbeitrag im Sinne des Steuergesetzes darstellt nicht. Das Verwaltungsgericht hatte in LGVE 1996 II Nr. 20 den Begriff der Unterhaltsbeiträge auszulegen. Obschon das genannte Urteil eine frühere, heute nicht mehr gültige Fassung des Steuergesetzes betraf, sind die darin angestellten Erwägungen auch im vorliegenden Fall beachtlich, hat sich doch am System als solchem und an den verwendeten Begriffen nichts geändert. Danach ist bei der Auslegung des Begriffs «Unterhaltsbeiträge» eine funktionelle Betrachtungsweise angezeigt. Im Einkommenssteuerrecht fallen unter den Begriff «Unterhaltsbeiträge» alle Unterhaltsleistungen, die ein geschiedener getrennter Ehegatte für sich erhält, sei es in Form wiederkehrender Beiträge als einmalige Leistung. Das Gericht gelangte zum Schluss, Unterhaltsleistungen enthielten nach dem Wortsinn Leistungen aller Art, denen die Funktion zukomme, dem Lebensunterhalt einer Person zu dienen (LGVE 1996 II Nr. 20 Erw. 2b mit Hinweis auf Holtz, Steuerrechtliche Folgen der Ehescheidung, Bern 1989, S. 120). In jenem Fall ging es um scheidungsrechtliche Unterhaltsbeiträge bzw. Unterhaltsleistungen. Abgestellt wurde auf die Tatsache, dass die Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten nach Scheidungsrecht verschiedene Leistungsarten umfasst. Immerhin aber musste sich das Gericht nur zu Unterhaltsleistungen in Form von Geldzahlungen äussern, zur Frage von «Naturalalimenten» hat es keine Stellung genommen.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um Anordnungen gemäss Art. 176 ZGB, die ein Eheschutzrichter in Genehmigung der von den Parteien geschlossenen Vereinbarung verfügt hat. Streitig ist die steuerrechtliche Einordnung der Zuweisung einer Wohnung. Zivilrechtliche Begriffe Umschreibungen, die in Steuergesetzen verwendet werden, haben grundsätzlich jene Bedeutung, die ihnen im Zusammenhang mit der betreffenden steuerrechtlichen Regelung zukommt. Vorrang hat indes die zivilrechtliche Auslegung dann, wenn der fragliche Begriff feststehende zivilrechtliche Institute wiedergibt und keinen über die Regelung privater Beziehungen hinaus reichenden Sinn hat, namentlich auch nicht in besonderer Weise in der Wirtschaftsund Alltagssprache verwendet wird (Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Bd. I, 8. Aufl., Bern 1997, § 5 Rz. 41). Unterhaltsbeiträge Unterhaltsleistungen sind typisch auf familienrechtliche Beziehungen abgestimmte Begriffe. Der Ausdruck «Unterhaltsbeitrag» findet sich allerdings weder im Eheschutzverfahren (Art. 172 ff. ZGB) noch in Art. 145 ZGB, der die vorsorglichen Massnahmen im Zusammenhang mit der Einreichung einer Scheidungsklage ordnet. Der Gesetzgeber verwendet dagegen den Begriff «Unterhaltsbeitrag» im Zusammenhang mit der Unterhaltsklage des Kindes (vgl. Art. 285 ZGB). Zu beachten ist vorliegend jedoch die Grundnorm, die den Unterhalt der Familie regelt. Gemäss Art. 163 Abs. 2 ZGB besteht der Unterhalt der Familie (zur Hauptsache) in Geldzahlungen, Besorgen des Haushalts, Betreuen der Kinder und Mithilfe im Beruf Gewerbe des anderen. Das Gesetz nennt somit besonders wichtige, allerdings nicht abschliessende Beitragsarten. Zu den nicht genannten Beitragsarten gehört auch das Überlassen von Wohnraum (Hasenböhler, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Basel 1996, N 25 zu Art. 163 ZGB). Damit steht fest, dass auch Naturalleistungen Unterhaltsbeiträge gemäss ZGB sind und damit auch nach luzernischem Steuergesetz berücksichtigt werden müssen. Das Überlassen von Wohnraum ist zwar kein klassischer Unterhaltsbeitrag im Sinne einer Geldleistung, muss aber als geldwerte Zuwendung gelten und stellt, wenn sie richterlich verfügt von den Parteien im Rahmen einer privaten Trennungsvereinbarung verabredet wird, einen alimentsähnlichen Beitrag dar.

c) Somit haben die Steuerbehörden vorliegend das Überlassen der Liegenschaft - nebst den unbestrittenen Geldzahlungen (persönliche und Kinderalimente) - zu Recht als Einkommen der Beschwerdeführerin aufgerechnet (§ 19 Abs. 1 Ziff. 9 StG). Auf der anderen Seite müssen die entsprechenden Aufwendungen dem Ehemann als Unterhaltsbeitrag abgezogen werden (§ 25 Abs. 1 Ziff. 3 StG). Die als Einkommen zu berücksichtigende und als Abzug zu gewährende Leistung muss masslich festgesetzt werden. Die Steuerbehörden haben dabei auf den Eigenmietwert abgestellt. Die Berechnung des Eigenmietwertes als solche ist unbestritten. Auch sonst spricht nichts dagegen, den geldwerten Vorteil, der mit dem Überlassen des Hauses verbunden ist, über den Eigenmietwert festzulegen. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - die ganze Liegenschaft zur Verfügung gestellt wird und von den Berechtigten genutzt werden kann. Immerhin ist daran zu erinnern, dass der Eigenmietwert vorliegend eine Hilfsgrösse für die Festlegung des Wertes des Unterhaltsbeitrages darstellt. Der effektive Eigenmietwert im Sinne von § 19bis StG ist gemäss obigen Erwägungen so so dem Ehemann der Beschwerdeführerin als Einkommen anzurechnen. Beim Eigentümer der Liegenschaft, der diese im Rahmen eines Eheschutzverfahrens dem Ehepartner zur Verfügung stellt, erfolgt daher eine zweifache Berücksichtigung des Eigenmietwertes: zum einen als Einkommensbestandteil und zum anderen als abzugsfähige Position.

d) Der Eigenmietwert der Wohnung wurde im Einspracheentscheid auf Fr. 24 330.- festgesetzt. Die Kantonale Steuerverwaltung führt zu Recht aus, dass die Liegenschaft nicht nur der Beschwerdeführerin, sondern auch ihren beiden Töchtern zur Nutzung überlassen wurde. Gemäss § 181septies StG sind Unterhaltsbeiträge, die ein Elternteil für die unter seiner elterlichen Gewalt Obhut stehenden Kinder erhält, in den Steuerperioden 1995/96, 1997/98 und 1999/2000 zu 80 % steuerbar. Im Gesamten ist es daher gerechtfertigt, zwei Drittel des Eigenmietwertes von Fr. 24 330.- nur zu 80 % als Einkommen der Beschwerdeführerin zu besteuern. In diesem Punkt ist die Beschwerde gutzuheissen und die Sache an die Vorinstanz zur neuen Festsetzung zurückzuweisen. Dem Grundsatz nach aber erweist sich die Beschwerde betreffend die kantonalen Steuern als unbegründet.

II. Direkte Bundessteuer

Die Regelung im Bundessteuerrecht betreffend die Besteuerung von persönlichen Unterhaltsbeiträgen wie für Kinderalimente bei der berechtigten Person (Empfängerin) stimmen mit der kantonalen Regelung überein (Art. 23 lit. f DBG). Ebenso lässt das Bundessteuerrecht Unterhaltsbeiträge des leistenden Elternteils zum Abzug zu (Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG; vgl. auch Blumenstein/Locher, System des Steuerrechts, 5. Aufl., S. 166; Agner/Jung/Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Zürich 1995, N 7 zu Art. 23 DBG). Die Rechtslage stimmt demnach auch in diesem Punkt mit dem kantonalen Recht überein. Folglich kann in Bezug auf die Bundessteuern gänzlich auf die Erwägungen zu den Staatsund Gemeindesteuern verwiesen werden. Eine prozentuale Beschränkung der Besteuerung, wie sie das kantonale Recht für die Kinderalimente vorsieht, kennt das DBG nicht. Immerhin findet der Tarif gemäss Art. 36 Abs. 2 DBG Anwendung.

Somit ist die Beschwerde betreffend die direkten Bundessteuern als unbegründet abzuweisen.
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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