A. - A räumte mit Vertrag vom 21. Dezember 1992 der A-AG in Z auf einem Teil seines Grundstückes Nr. 20 ein als Grunddienstbarkeit zu Gunsten des Grundstückes Nr. 21 ausgestaltetes unselbständiges Baurecht an einer bereits in den Jahren 1988/89 erstellten Gewerbehalle für die Zeit vom 1. Juli 1989 bis 1. Juli 2019 ein. Die jährliche Entschädigung für das eingeräumte Baurecht, welche erstmals auf den 1. Juli 1990 fällig wurde, beträgt Fr.... Die Eintragung in das Grundbuch erfolgte am 22. Dezember 1992.
Mit Entscheid vom 1. Februar 1993 veranlagte der Gemeinderat von Z die Baurechtsnehmerin zu einer Handänderungssteuer von Fr.... Dagegen erhob die A-AG Einsprache mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass für die Einräumung eines unselbständigen Baurechts auf dem Grundstück Nr. 20 keine Handänderungssteuer geschuldet sei. Zur Begründung brachte sie vor, dass weder das Erfordernis der dauernden Belastung von mindestens 30 Jahren noch die Voraussetzung der wesentlichen Beeinträchtigung der Bewirtschaftung des Veräusserungswertes erfüllt seien. In Gutheissung der Einsprache hob der Gemeinderat die angefochtene Veranlagung auf und stellte fest, dass keine Handänderungssteuer erhoben werde. In der Begründung pflichtete er der Auffassung der Einsprecherin bei, dass keine Dauer von 30 Jahren vorliege, nachdem der Tagebucheintrag am 22. Dezember 1992 erfolgt und die Dienstbarkeit auf den 1. Juli 2019 befristet sei.
B. - Hiegegen führt die Steuerverwaltung des Kantons Luzern Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Handänderungssteuer auf Fr.... festzusetzen.
Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde mit folgender Begründung gutgeheissen:
1. - . . . (Beschwerdelegitimation der Kantonalen Steuerverwaltung)
2. - Nach § 2 Ziff. 1 und 3 HStG unterliegen der Handänderungssteuer sowohl der Übergang des Eigentums an einem Grundstück im Sinne von Art. 655 Abs. 2 ZGB als auch die Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein Grundstück. Als Handänderung im Sinne der Üebertragung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht gilt namentlich die Belastung eines Grundstückes mit einer Dienstbarkeit, wenn diese die unbeschränkte Bewirtschaftung den Veräusserungswert des Grundstückes dauernd und wesentlich beeinträchtigt, insbesondere durch die Einräumung eines Baurechts eines Bauverbots (Ziff. 3 lit. c). Ein Baurecht ist die Belastung eines Grundstückes mit der Dienstbarkeit, dass jemand das Recht erhält, auf unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten zu behalten und daran Eigentum zu erwerben (Art. 675 Abs. 1, 779 Abs. 1 ZGB). Zur Begründung eines selbständigen und dauernden Baurechts bedarf der Vertrag zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung (Art. 779a ZGB). Wird das Baurecht als Grunddienstbarkeit begründet, so unterliegt es nach Art. 732 ZGB dem Formerfordernis der Schriftlichkeit. Die dingliche Wirkung mit dem Inhalt, dass das auf fremdem Boden errichtete Bauwerk ins Eigentum des Bauberechtigten übergeht, tritt in jedem Fall erst mit der Eintragung der Dienstbarkeit im Grundbuch ein (Art. 656 Abs. 1 und Art. 971 Abs. 1 ZGB).
3. - a) Im angefochtenen Einspracheentscheid führt der Beschwerdegegner 2 (Gemeinderat von Z) aus, die Einräumung einer Dienstbarkeit setze als Handänderung gemäss § 2 Ziff. 3 lit. c HStG eine dauernde, d.h. auf mindestens 30 Jahre begründete Belastung sowie eine wesentliche Beeinträchtigung der Bewirtschaftung des Veräusserungswertes des Grundstückes voraus. Nachdem die Tagebucheintragung per 22. Dezember 1992 erfolgt und das unselbständige Baurecht bis zum 1. Juli 2019 befristet sei, bestehe keine dauernde Belastung im Sinne des Gesetzes. Demzufolge erübrige sich die Prüfung des zweiten Einsprachepunktes.
Demgegenüber macht die Beschwerdeführerin geltend, zwischen A und der Beschwerdegegnerin 1 (A-AG) sei per 1. Juli 1989 ein obligatorischer Baurechtsvertrag zustande gekommen, wie er in der Lehre und Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt werde. Die Belastung des Grundstückes habe mithin rechtlich und faktisch ab 1. Juli 1989 bestanden. Entsprechend sei beginnend ab diesem Datum ein Baurechtszins vereinbart worden. Für die Beurteilung des Elementes der Dauer könne daher nur die vertraglich vereinbarte Baurechtsdauer massgebend sein.
b) Der Streit dreht sich um die Frage, ob mit der Baurechtsbestellung eine dauernde und wesentliche Beeinträchtigung der Bewirtschaftung des Grundstückes eingetreten ist. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt, stellt die Einräumung eines Baurechtes nach dem Wortlaut von § 2 Ziff. 3 lit. c HStG eine Beeinträchtigung der Bewirtschaftung des Veräusserungswertes eines Grundstückes dar. Somit bleiben nur noch die Tatbestandsmerkmale der Dauerhaftigkeit und Wesentlichkeit der Beeinträchtigung zu prüfen. Was unter diesen Begriffen zu verstehen ist, hatte das Verwaltungsgericht bislang noch nie zu entscheiden.
4. - a) Eine Vorschrift bedarf der Auslegung, wenn ihr Wortlaut nicht klar ist wenn bei klarem Wortlaut Zweifel bestehen, ob er den wahren Sinn der Norm wiedergebe. Ziel der Auslegung ist es, den Sinn eines Rechtssatzes zu ergründen. Die Auslegung stützt sich auf verschiedene Auslegungselemente, wobei Lehre und Rechtsprechung das grammatikalische, historische, systematische und teleologische Element unterscheiden (StE 1991 B 42.38 Nr. 5 Erw. 6; vgl. auch Höhn, Steuerrecht, 7. Aufl., N 44 ff. zu § 3). Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut der Bestimmung, wobei deren Sinn und Zweck anhand sämtlicher anerkannter Auslegungselemente festzustellen ist (BGE 118 Ib 190 Erw. 4 mit Hinweis). Ist der Wortlaut einer Bestimmung unmissverständlich und eindeutig, bleibt er massgebend (Imboden/Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I, Nr. 21 B II b), es sei denn, triftige Gründe sprächen dafür, dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergebe. Die Gesetzesmaterialien fallen dann ins Gewicht, wenn sie angesichts einer unklaren Bestimmung eine klare Antwort geben (BGE 111 II 152 Erw. 4a). Ferner ist auf den Willen des Gesetzgebers dann abzustellen, wenn er im Wortlaut des Gesetzes selbst Ausdruck gefunden hat, dem Sinn der Bestimmung entspricht und der Systematik des Erlasses Rechnung trägt (BGE 109 Ia 303; AGVE 1992, S. 182 Erw. 2a mit Hinweisen).
Für die Auslegung des Steuerrechts, welche die Ermittlung des Sinnes der anwendbaren Rechtsnormen bezweckt, gelten die allgemeinen methodischen Prinzipien, wobei allerdings die engen Beziehungen zum Zivilrecht von ausschlaggebender Bedeutung sind (Blumenstein/Locher, System des Steuerrechts, 4. Aufl., S. 20). Der Grund hiefür liegt in dem gemeinsamen Ausgangspunkt der beiden Rechtsgebiete. Der Steuergesetzgeber muss der Natur der Sache nach auf privatwirtschaftliche Erscheinungen und Verhältnisse abstellen, deren Regelung und Strukturierung durch das Zivilrecht erfolgt. Ein steuerrechtlicher Sachverhalt besteht deshalb seinerseits aus zwei Ebenen, nämlich aus dem wirtschaftlichen Vorgang als solchem und dessen zivilrechtlichem Erscheinungsbild (Blumenstein/Locher, a.a.O., S. 24).
b) Eine zu § 2 Ziff. 3 lit. c HStG inhaltlich identische Regelung enthält Art. 137 Abs. 2 lit. b des obwaldnerischen Steuergesetzes (in der Fassung vom 21.10.1979; vormals Art. 129 Abs. 2 lit. b). Das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden hatte bereits Gelegenheit, sich im Rahmen der Auslegung von aArt. 129 Abs. 2 lit. b StG mit den Voraussetzungen einer dauernden Beeinträchtigung der unbeschränkten Bewirtschaftung eines Grundstückes auseinanderzusetzen. In einem in den Verwaltungsund Verwaltungsgerichtsentscheiden des Kantons Obwalden (OWVVGE) III Nr. 51 veröffentlichten Entscheid vom 4. Oktober 1977 führte das Verwaltungsgericht hiezu folgendes aus: «Dauernd» bezieht sich grammatikalisch zunächst auf «beeinträchtigt». Indessen währt die Beeinträchtigung solange, als eben die Dienstbarkeit dauert. Insofern bezieht sich «dauernd» auch auf die Dienstbarkeit. Bei der Auslegung des Begriffes der dauernden Beeinträchtigung bzw. des dauernden Rechts gilt es die zivilrechtliche Umschreibung des Tatbestandes unter Wahrung der steuerrechtlichen Grundsätze zu berücksichti-gen, zumal das obwaldnerische Steuergesetz diesbezüglich keinen eigenen Begriff bestimmt hat. Das Abstellen auf die zivilrechtliche Begriffsbestimmung wird auch den wirtschaftlichen Verhältnissen gerecht. Art. 7 Abs. 2 Ziff. 2 der Grundbuchverordnung, wonach die Aufnahme selbständiger und dauernder Rechte nur erfolgen darf, wenn sie auf wenigstens 30 Jahre auf unbestimmte Zeit begründet erscheinen, kommt keineswegs nur registerrechtliche Bedeutung zu. Vielmehr handelt es sich um eine materiellrechtliche Bestimmung, um die Konkretisierung von Art. 655 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB. Ein Baurecht gilt dann als dauernd im Sinne von Art. 655 Abs. 2 Ziff. 2 bzw. 779 Abs. 3 ZGB, wenn es auf wenigstens 30 Jahre auf unbestimmte Zeit begründet erscheint. Der Gegensatz zu «dauernden» Rechten ist nicht in den zeitlich beschränkten, sondern in den nur auf kurze Zeit errichteten Rechten zu sehen, die für eine eigentumsgleiche Behandlung ausser Betracht fallen (vgl. auch Stadelmann, Leitsätze zum Steuergesetz des Kantons Obwalden, N 12 zu § 137 StG).
c) Im gleichen Sinne ist auch § 2 Ziff. 3 lit. c HStG auszulegen, stimmen doch die beiden kantonalen Gesetzesbestimmungen - von unerheblichen redaktionellen Abweichungen abgesehen - inhaltlich überein. Im übrigen ist unter den Parteien zu Recht unbestritten, dass in Anlehnung an den sachenrechtlichen Begriff der selbständigen und dauernden Rechte von einer minimalen Belastungsdauer von 30 Jahren auszugehen ist. Unter «dauernd» ist somit die Belastung eines Grundstückes mit einer Dienstbarkeit während mindestens 30 Jahren zu verstehen. Streitig und zu prüfen ist, ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist.
5. - a) Die Vertragsparteien haben im Dienstbarkeitsvertrag vom 21. Dezember 1992 den Beginn des Baurechts rückwirkend auf den 1. Juli 1989 festgelegt. Dadurch ist zwischen ihnen lediglich ein obligatorisches Rechtsverhältnis entstanden (BGE 84 II 8 f.; LGVE 1988 I Nr. 10; Isler, Der Baurechtsvertrag und seine Ausgestaltung, S. 26, 48; Liver, Zürcher Kommentar, N 129 Einleitung zu den Art. 730 bis 744 ZGB, N 98 ff. zu Art. 732 ZGB). Aus dieser Vereinbarung wurde der Grundeigentümer A persönlich verpflichtet, ab dem 1. Juli 1989 die Nutzung der Baurechtsberechtigten, der A-AG, auf seinem Grundstück zu dulden und eigene Handlungen auf demselben zu unterlassen (Rey, Berner Kommentar, N 22 zu Art. 731 ZGB). Mit anderen Worten haben alle Bestimmungen des Baurechtsvertrages mit obligatorischer Wirkung ab dem 1. Juli 1989 gegolten (vgl. Isler, a.a.O., S. 116 f.). Die Beschwerdegegnerin 1 hatte denn auch bereits in den Jahren 1988/89 auf dem ihr gehörenden Grundstück Nr. 21 und dem baurechtsbelasteten Grundstück Nr. 20 eine Gewerbehalle erstellt. Die dingliche Wirkung der Bestimmungen trat indessen erst mit der Eintragung des Baurechtes in das Grundbuch ein (Art. 972 ZGB). Es fragt sich somit, ob die Beeinträchtigung der Bewirtschaftung des Grundstückes vom Eintritt der obligatorischen (1.7.1989) der dinglichen Wirkungen (22.12.1992) des Vertrages abhängt.
b) Ab dem 1. Juli 1989 war der Grundeigentümer der Baurechtsnehmerin gegenüber vertraglich verpflichtet, die baurechtliche Nutzung zu dulden. Dieser persönliche Anspruch der Berechtigten stellt aber auch ohne dingliche Wirkung eine Beeinträchtigung der unbeschränkten Bewirtschaftung durch den Grundeigentümer dar, weil er bereits dadurch die Möglichkeit verloren hat, das Grundstück selbst tatsächlich zu nutzen. Dies war denn auch die klare Absicht der Parteien, vereinbarten sie doch die erste Zahlung des Baurechtszinses bereits per 1. Juli 1990, mithin zweieinhalb Jahre vor dem Eintritt der dinglichen Wirkungen des Baurechtsvertrages. Sogar bei den selbständigen und dauernden Baurechten bemisst sich die Dauer der Belastung nach dem Eintritt der obligatorischen Wirkungen, und nicht erst ab dem Zeitpunkt der mit dem Eintrag in das Grundbuch einsetzenden dinglichen Wirkung (Haab, Zürcher Kommentar, N 9 zu Art. 655 ZGB; Meier-Hayoz, Berner Kommentar, N 26 ff. zu Art. 655 ZGB). Es sind keine stichhaltigen Gründe ersichtlich, von dieser Praxis bei den unselbständigen Baurechten abzuweichen. Dies entspricht aber auch der Gesetzessystematik von § 2 HStG, der die Einräumung eines Baurechtes den wirtschaftlichen Handänderungen unterstellt (Ziff. 3 lit. c). Da solche unabhängig vom Registereintrag erfolgen, ist unter dem Gesichtspunkt der Handänderungssteuer für die Ermittlung der massgebenden Beeinträchtigung auf den Beginn der obligatorischen Wirkungen abzustellen. Vorliegend besteht die obligatorische baurechtliche Nutzung unbestrittenermassen seit dem 1. Juli 1989 und ist vereinbarungsgemäss auf den 1. Juli 2019 befristet. Damit ist die erforderliche 30jährige Belastungsdauer ausgewiesen.
c) Die Beschwerdegegnerin 1 verneint ferner die in § 2 Ziff. 3 lit. c HStG als kumulatives Erfordernis verlangte wesentliche Beeinträchtigung der uneingeschränkten Bewirtschaftung, indem sie sinngemäss geltend macht, ein unselbständiges Baurecht könne die unbeschränkte Bewirtschaftung eines Grundstückes nie wesentlich einschränken, da dies von der Übertragbarkeit des Baurechtes abhänge. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Nach dem Wesen der Dienstbarkeiten ist nicht die Übertragbarkeit des eingeräumten Baurechtes als solche entscheidend, sondern der Umstand, dass der Grundeigentümer das Grundstück bzw. die baurechtsbelastete Fläche in keiner anderen Weise mehr nutzen kann, namentlich nicht für sich selbst (vgl. OWVVGE Bd. III Nr. 51 Erw. 3). A hat der Beschwerdegegnerin 1 auf seinem Grundstück Nr. 20 ein Baurecht an einer bereits bestehenden Gewerbehalle bis ins Jahr 2019 eingeräumt. Somit hat er während dieser Zeit die Nutzung der baurechtsbelasteten Fläche durch die Baurechtsnehmerin zu dulden und darf nichts unternehmen, was dies verhindern erschweren würde (Art. 737 Abs. 3 ZGB). Der Grundeigentümer und Baurechtsgeber hat sich durch die Baurechtsbestellung der Möglichkeit begeben, einen Teil der Liegenschaft tatsächlich selbst zu nutzen und darauf zu bauen. Es wird im übrigen nicht behauptet, das Baurecht belaste nur einen unbedeutenden Flächenteil. Die Preisgabe wesentlicher Eigentümerbefugnisse bedeutet aber zweifellos eine wesentliche Beeinträchtigung der Bewirtschaftung des Grundstückes im Sinne von § 2 Ziff. 3 lit. c HStG. Daran vermag die Tatsache, dass der Baurechtsnehmer das Baurecht nicht weiterveräussern kann, nichts zu ändern.
Sind nach dem Gesagten durch die Einräumung eines unselbständigen befristeten Baurechts von 30 Jahren die Voraussetzungen der Dauerhaftigkeit und der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung erfüllt, unterliegt die Beschwerdegegnerin 1 der Handänderungssteuer gemäss § 2 Ziff. 3 lit. c HStG.
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