E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (LU - A 10 94 95_5)

Zusammenfassung des Urteils A 10 94 95_5: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdeführer beantragen, dass Nachzahlungen von Renten aus der beruflichen Vorsorge nicht besteuert werden sollen, da sie als Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen gelten. Es wird geprüft, ob diese Beträge steuerlich relevant sind. Es wird festgestellt, dass die Leistungen aus der beruflichen Vorsorge grundsätzlich steuerbar sind, auch wenn sie zur Tilgung von Schulden verwendet werden. Die Veranlagungsbehörde besteuert die Kapitalabfindungen zum reduzierten Satz. Die Beschwerdeführer argumentieren, dass die Steuerbelastung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit widerspricht und gegen das Verfassungsgebot der Gleichbehandlung verstösst. Das Gericht entscheidet, dass die einkommenssteuerliche Erfassung der Rentenleistungen gesetzlich vorgeschrieben ist und mit den Grundsätzen der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vereinbar ist. Die Veranlagung wird als rechtmässig angesehen, da die Tilgung von Schulden keine Auswirkungen auf die Steuerberechnung hat. Das Gericht entscheidet, dass die angefochtene Veranlagung mit den Grundrechten vereinbar ist.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts A 10 94 95_5

Kanton:LU
Fallnummer:A 10 94 95_5
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Abgaberechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid A 10 94 95_5 vom 30.04.2012 (LU)
Datum:30.04.2012
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 9 und 127 BV; Art. 16 und 37 DBG; Art. 7 Abs. 1 StHG; §§ 23 und 59 Abs. 1 StG. Die einkommenssteuerliche Erfassung von BVG-Rentenzahlungen ist mit der Steuerfreiheit von Ergänzungsleistungen vereinbar (E. 8c/bb/aaa). Unabhängig von einer zivilrechtlichen Zustimmung zur Auszahlung bzw. Verrechnung gelten Rückerstattungen der beruflichen Vorsorgeeinrichtung an die Ausgleichskasse bei der begünstigten Person steuerrechtlich als zugeflossen (E. 8c/bb/ddd). Die in der Form einer einmaligen Zahlung entrichteten, verfallenen BVG-Rentenbetreffnisse stellen eine Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen dar und sind zum Rentensatz zu erfassen (E. 8d/bb). Voraussetzungen einer Höherveranlagung durch das Gericht vorliegend verneint (E. 8d/dd). Die einkommenssteuerliche Erfassung der Nachzahlung von Versicherungsleistungen ist mit dem Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und mit dem Anspruch auf willkürfreie Behandlung vereinbar (E. 10). (Teil 5)

Schlagwörter: Zahlung; Leistung; Steuer; Rente; Leistungen; Vorsorge; Renten; Besteuerung; Zahlungen; Einkommen; Recht; Ergänzungsleistung; Ergänzungsleistungen; Ausgleichskasse; Einkünfte; Luzern; Forderung; Einkommens; Auszahlung; Zufluss; Invalidität; Vorsorgeeinrichtung; Richner; Invalidenversicherung; Zeitpunkt; Schuld; Veranlagung
Rechtsnorm: Art. 12 BV ;Art. 127 BV ;Art. 143 DBG ;Art. 151f DBG ;Art. 16 DBG ;Art. 164 OR ;Art. 164f OR ;Art. 190 BV ;Art. 22 ATSG ;Art. 22 DBG ;Art. 25 ATSG ;Art. 26 BV ;Art. 34 DBG ;Art. 37 DBG ;Art. 39 BV ;Art. 8 BV ;Art. 84 BV ;Art. 9 BV ;
Referenz BGE:125 V 386; 131 II 721; 136 II 130;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts A 10 94 95_5

Aus den Erwägungen:

8. - In Bezug auf die Veranlagung beantragen die Beschwerdeführer einerseits, die gemäss Rentenverfügung vom ( ) mit Vorleistungen der Ausgleichskasse im Betrag von Fr. x verrechneten Nachzahlungen (Invalidenrenten der beruflichen Vorsorge) mangels steuerlich beachtlichen Zuflusses von der Besteuerung auszunehmen. Andererseits habe der Beschwerdeführer im Jahr 2006 von der beruflichen Vorsorgeeinrichtung Nachzahlungen von Renten im Betrag von Fr. x für die Jahre 2003—2005 empfangen, die als Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen zum reduzierten Satz zu besteuern seien. Als Rente aus beruflicher Vorsorge seien nach diesen Kürzungen nur Fr. x steuerbar.

a) Der Beschwerdeführer ist IV-Rentner. Im Jahr 2006 erhielt er eine Rente der Eidg. Invalidenversicherung von Fr. x ausbezahlt. Nachzahlungen sind darin — entgegen den Mutmassungen der Beschwerdeführer — nicht enthalten (Renten-

steuer­ausweis vom ).

Gemäss Renten-Verfügung der Vorsorgeeinrichtung Y vom ( ) erhielt der Beschwerdeführer eine Invaliditätsleistung aus der beruflichen Vorsorge, rückwirkend für die Zeit ab ( ) 2002 bis ( ) 2006, d.h. für 49 Monate, im Betrag von Fr. x. Die Auszahlung an den Beschwerdeführer erfolgte gekürzt um Fr. x. Dieser Betrag wurde nicht an den Beschwerdeführer ausbezahlt, sondern zum Zweck der Rückzahlung von bezogenen Ergänzungsleistungen zur Invalidenversicherungsrente direkt an die Ausgleichskasse überwiesen. Andere Auszahlungen zulasten des Nachzahlungsbetreffnisses per Ende April 2006, die nicht auf das Konto der Beschwerdeführer erfolgten, lassen sich, trotz vereinzelter dahingehender Behauptungen und Anträge im Schriftenwechsel, aufgrund der Akten nicht belegen. Insbesondere ist der Rentenverfügung der Y nicht zu entnehmen, dass eine Kürzung der Auszahlung zufolge Rückzahlung von Sozialhilfeleistungen im Betrag von Fr. x an die Gemeinde Z erfolgt wäre.

Zu prüfen ist demnach, ob der Betrag von Fr. x, welcher der Ausgleichskasse Luzern zur Rückzahlung von erbrachten Ergänzungsleistungen von der beruflichen Vorsorgeeinrichtung des Beschwerdeführers überwiesen worden war, dem Beschwerdeführer steuerrechtlich zugeflossen ist.

b/aa) Gemäss Art. 7 Abs. 1 StHG und § 23 StG bzw. Art. 16 DBG unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte. Dem harmonisierten Einkommenssteuerrecht liegt als einkommenstheoretisches Konzept die Reinvermögenszugangstheorie zu Grunde, welche durch das Zuflussprinzip zu ergänzen ist. Danach bilden in Geld bewertbare Vorteile, die einem Individuum während einer Periode von aussen zufliessen, Einkommen (BGE 125 V 386 E. 2b; Reich, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. Aufl., Basel 2008, N 7ff. zu Art. 16 DBG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl., Zürich 2009, N 3ff. zu Art. 16 ). Systematisch wird insbesondere zwischen Einkünften aus Erwerbstätigkeit (§§ 20 und 21 StG; Art. 17—19 DBG) und solchen aus Vorsorge (§ 26 StG; Art. 22 DBG) unterschieden. Einkünfte aus der Alters-, Hinterlassenenund lnvalidenversicherung sowie aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge sind steuerbar (§ 26 StG; Art. 22 DBG).

Ergänzungsleistungen zur AHV und IV stellen zwar nach der Reinvermögenszugangsbzw. -zuflusstheorie steuerbare Einkünfte dar (§ 26 StG; Art. 22 DBG). Aufgrund von Art. 7 Abs. 4 StHG i.V.m. § 31 StG und für die direkte Bundessteuer von Art. 24 lit. h DBG werden solche Leistungen aber ausdrücklich von der Besteuerung ausgenommen. Steuerfrei sind nach diesen Bestimmungen alle Leis­tungen, die gestützt auf das ELG sowie die dazugehörige Verordnung ELV ausgerichtet werden sowie allfällige Ergänzungsleistungen gestützt auf das kantonale Recht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 98f. zu Art. 24).

bb) Der Beschwerdeführer erhielt gemäss Mitteilung vom ( ) eine Rente der Eidg. Invalidenversicherung zugesprochen. In den Jahren 2002—2006 erhielt er von der Ausgleichskasse Luzern Ergänzungsleistungen zur IV. Mit Unterzeichnung des Formularschreibens «Verrechnung einer allfälligen Rente der beruflichen Vorsorge mit der dadurch entstehenden Rückforderung der Ergänzungsleistung (EL)» erklärte der Beschwerdeführer sodann am ( ) sein Einverständnis, dass bei einer allfälligen Rentennachzahlung die zuviel bezogenen Ergänzungsleistungen mit der Pensionskasse direkt verrechnet werden könnten. Gemäss Abrechnung der Ausgleichskasse Luzern vom ( ) belief sich der Saldo zu ihren Gunsten auf Fr. x.

cc) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist ein Einkommen nach steuerrechtlichen Grundsätzen dann als zugeflossen und damit erzielt zu betrachten, wenn die steuerpflichtige Person Leistungen vereinnahmt einen festen Rechtsanspruch darauf erwirbt, über den sie tatsächlich verfügen kann. Voraussetzung des Zufliessens ist ein abgeschlossener Rechtserwerb. Der Forderungserwerb ist in der Regel Vorstufe der Geldleistung. Bei diesem zweistufigen Erwerb entsteht die Steuerpflicht entweder beim Forderungserwerb beim Eigentumserwerb. Eigentumserwerb darf dabei nicht privatrechtlich verstanden werden. Der Einkommenszufluss ist ein faktischer Vorgang, der damit abgeschlossen ist, dass der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die zugeflossenen Vermögenswerte innehat (Reich, a.a.O., N 34 zu Art. 16 DBG mit Hinweisen).

Vorherrschend ist die Besteuerung beim Forderungserwerb. Von diesem Grundsatz wird in der Steuerpraxis nur ausnahmsweise abgewichen; namentlich wenn die Erfüllung der Forderung — die Leistung — als unsicher betrachtet werden muss, wird mit der Besteuerung bis zur Erfüllung zugewartet (BG-Urteil vom 7.5.2004, in: StE 2005 A 24.21 Nr. 16 E. 4.1; vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 19ff. zu Art. 210).

Einkünfte, welche auf einem öffentlich-rechtlichen Rechtsanspruch beruhen, fliessen der steuerpflichtigen Person in dem Zeitpunkt zu, in welchem der Rechtsanspruch von der zuständigen Behörde verbindlich mit rechtskräftiger Verfügung festgestellt worden ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 84 zu Art. 210, mit Hinweisen). Im Zusammenhang mit Vorsorgeleistungen kommt es für den Zeitpunkt des Einkommenszuflusses nicht auf den Rechtswerb, sondern auf die Fälligkeit an, denn gemäss Art. 84 BVG sind Ansprüche aus Vorsorgeeinrichtungen vor ihrer Fälligkeit von den direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden befreit. Entsprechend fliessen nach Richner (Richner, Zeitpunkt des Zufliessens von Leistungen aus der beruflichen Vorsorge und der gebundenen Selbstvorsorge, in: ASA 62, 516ff., S. 530f.) Leistungen der beruflichen Vorsorge im Invaliditätsfall im Zeitpunkt der Zusprechung einer Rente durch die Organe der Invalidenversicherung zu, weil sie dann wegen der Koinzidenz von erster und zweiter Säule (Richner, a.a.O., S. 531) fällig werden.

Das ist indes insofern zu relativieren, als zwar gemäss Art. 26 BVG für den Beginn des Anspruchs auf Invalidenleistungen sinngemäss die entsprechenden Bestimmungen des IVG gelten (Abs. 1), aber einerseits die Vorsorgeeinrichtung in ihren reglementarischen Bestimmungen vorsehen kann, dass der Anspruch aufgeschoben wird, solange der Versicherte den vollen Lohn erhält (Abs. 2), und andererseits bei parallelen und/oder seriellen Versicherungsverhältnissen streitig sein kann, ob überhaupt und gegebenenfalls welcher BVG-Versicherer leistungspflichtig ist (vgl. hierzu z.B. die Koordinationsregel von Abs. 4). Mit andern Worten mag es in tatsächlich klaren und versicherungsseitig einfachen Fällen zutreffen, dass die Fälligkeit und damit der Zufluss von Leistungen der beruflichen Vorsorge im Invaliditätsfall im Zeitpunkt der Zusprechung einer Rente durch die Organe der Invalidenversicherung eintritt und der steuerliche Zufluss erfolgt. Sobald aber die Leistungspflicht der beruflichen Vorsorgeeinrichtung(en) geklärt werden muss, rechtfertigt es sich vom Forderungserwerb als Zeitpunkt des Zuflusses abzuweichen, weil die Erfüllung der Forderung dann als unsicher im Sinn der Rechtsprechung zu beurteilen ist. Wenn die Geldäquivalenz der Forderung nicht gegeben ist, verbietet das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, den Forderungserwerb dem Geldzufluss gleichzustellen. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht nimmt im Zeitpunkt des Forderungserwerbs nur dann in gleichem Ausmass zu wie beim Gelderwerb, wenn die Forderung rechtlich und tatsächlich durchsetzbar ist (Reich, a.a.O., N 37a zu Art. 16 DBG mit Hinweisen).

c/aa) Die dem Beschwerdeführer von ( ) 2002 bis ( ) 2006 von der Ausgleichskasse Luzern ausbezahlten Ergänzungsleistungen zur Eidg. Invalidenversicherung beliefen sich auf Fr. x. Aufgrund der gesetzlichen Steuerfreiheit von solchen Leistungen unterblieb in den rechtskräftig veranlagten Steuerperioden und in der streitbetroffenen Steuerperiode 2006 deren einkommensteuerliche Erfassung.

Mit Verfügungen der IV-Stelle Luzern vom ( ) und ( ) erhielt der Beschwerdeführer (teilweise rückwirkend ausbezahlte) Leistungen der Eidg. Invalidenversicherung zugesprochen. Obwohl nach der grundsätzlichen Ordnung die Fälligkeit und damit der steuerliche Zufluss der Invaliditätsleistung der beruflichen Vorsorgeeinrichtung im Gleichschritt mit diesen Verfügungen eintritt, kann vorliegendenfalls für den Zufluss der BVG-Leistungen nicht vom Regelfall ausgegangen werden: Die Y verfügte erst am ( ) 2006 über die Invaliditätsleistung zugunsten des ( ) Beschwerdeführers, und erst in den Tagen danach erfolgten die ersten Zahlungen. Die bereits mit Verfügungen der IV-Stelle Luzern fälligen Leistungen der beruflichen Vorsorge waren jedenfalls aus steuerlicher Sicht bis zur Verfügung der Y nicht als geldwerte Zuflüsse der Versicherung zu betrachten. Vielmehr sind die Rentennachzahlungen des BVG-Versicherers als Kapitalabfindung für verfallene, eigentlich monatlich auszurichtende Zahlungen zu qualifizieren. Solche Sammelleistungen für aufgelaufene Guthaben sind steuerlich dem Auszahlungsjahr zuzuordnen (vgl. Baumgartner, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a, 2. Aufl., Basel 2008, N 5 zu Art. 37 DBG).

bb/aaa) Nur ein Teil der Nachzahlungen ( ) wurde dem Bankkonto des Beschwerdeführers gutgeschrieben. Der Beschwerdeführer bestreitet deshalb unter Berufung auf Zession der von der Ausgleichskasse Luzern vereinnahmten Fr. x die steuerliche Realisation dieser Leistungen seiner beruflichen Vorsorgeeinrichtung.

Vorab ist festzuhalten, dass die dem Beschwerdeführer am ( ) zugesprochenen Invaliditätsleistungen der Y als BVG-Versicherer des Beschwerdeführers integral zu den Einkünften «aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge» im Sinn von Art. 22 Abs. 1 DBG und dem mit Art. 7 Abs. 1 StHG übereinstimmenden § 59 Abs. 1 StG zählen und deshalb der direkten Bundessteuer und der Staatsund Gemeindesteuer unterworfen sind. Diese einkommenssteuerliche Qualifikation ändert entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht, auch wenn sie im vorliegenden Fall zufolge der Rückzahlung an die Ausgleichskasse teilweise Vorschüsse ersetzen, die von Gesetzes wegen steuerfrei sind. Die Steuerfreiheit ist spezifisch auf Ergänzungsleistungen zur AHV und IV gemäss dem Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung (ELG) bezogen und knüpft nicht an einer Freistellung eines Mindesteinkommens, namentlich etwa des Existenzminimums, an (kritisch zur gesetzlichen Regelung aus steuersystematischen Gründen: Reich, a.a.O., N 96 zu Art. 7 StHG; vgl. E. 10b/aa).

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist deshalb die einkommenssteuerliche Erfassung von BVG-Rentenzahlungen nicht unvereinbar mit der Steuerfreiheit von Ergänzungsleistungen, auch wenn die BVG-Leistungen Nachzahlungen umfassen, die zur Rückzahlung von Ergänzungsleistungen dienen. Einkommenssteuerlich wird der Reinvermögenszugang zufolge BVG-Leistung erfasst, ohne Rücksicht auf dessen allfällige Bindung beim Empfänger: Die Rückzahlung der Ergänzungsleistungen stellt zum einen blosse Einkommensverwendung dar, welche auch dann einkommenssteuerlich unbeachtlich bleibt, wenn die diesbezügliche Entscheidungsfreiheit eingeschränkt ist (vgl. hierzu nachfolgend E. 8c/bb/bbb—ddd). Zum anderen wäre allein dann die Rückzahlung von Vorschüssen konsequenterweise von der Einkommenssteuer auszunehmen, wenn und insoweit sie auf ein gesetzlich bestimmtes Einkommensniveau — etwa das Existenzminimum — entfiele, das bis zu einem bestimmten Schwellenwert steuerfrei gestellt wäre. Letzteres ist aber — wie gesagt — in der geltenden Steuergesetzgebung von Bund und Kantonen nicht verwirklicht.

Die Berufung der Beschwerdeführer auf den verfassungsmässigen Anspruch, von den Steuerbehörden nach Treu und Glauben behandelt zu werden (Art. 9 BV), greift im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil die Besteuerung von BVG-Leistungen nicht eine «Umqualifizierung» von steuerfreien Einkünften in steuerbare erforderte; vielmehr sind allein die Invaliditätsleistungen der beruflichen Vorsorgeeinrichtung der Einkommenssteuer unterworfen. Die Steuerfreiheit der Ergänzungsleistungen bleibt deswegen unangetastet.

Zu prüfen ist immerhin, ob — wie von den Beschwerdeführern geltend gemacht — die direkte Auszahlung von Fr. x an die Ausgleichskasse Luzern die steuer­liche Erfassung dieses Teils der Leistung verbietet.

bbb) Gegen die Besteuerung der nicht ihm überwiesenen Auszahlung wendet der Beschwerdeführer ein, er habe die Invaliditätsleistungen an die Ausgleichskasse abgetreten bzw. abtreten müssen.

Laut Art. 164 Abs. 1 OR kann ein Gläubiger eine ihm zustehende Forderung ohne Einwilligung des Schuldners an einen anderen abtreten, soweit nicht Gesetz, Vereinbarung Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen. Eine Abtretung (Zession) im Sinn von Art. 164 OR ist ein Vertrag über die Übertragung einer Forderung zwischen dem bisherigen Gläubiger und dem neuen Gläubiger. Er bedarf der Schriftform und kann auch nicht fällige künftige Forderungen betreffen (Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, Band II, 9. Aufl., Zürich 2008, S. 251).

Die Zession eines Vermögensrechts, das einer Person seit Beginn einer Steuerperiode zugeflossen ist, ändert nichts an der Steuerpflicht dieser Person, auch wenn sie die ihr zustehende Forderung noch vor Ende der Steuerperiode abgetreten hat; sie ist weiterhin für den Zufluss des entsprechenden Vermögensrechts steuerpflichtig (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 69 zu Vorbem. zu Art. 16—39 mit Hinweisen).

Aus den Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführer am ( ) die formularmässig seitens der Ausgleichskasse Luzern vorbereitete Einwilligung unterzeichnete, die Ausgleichskasse könne ihre Rückforderung für Ergänzungsleistungen, die bei Einrechnung von Pensionskassenleistungen nicht geschuldet wären, zum Zeitpunkt der allfälligen Nachzahlung direkt «verrechnen». Ob dieses Einverständnis einer Zession im obligationenrechtlichen Sinn gleichkommt, erscheint schon wegen der bloss fakultativen Ermächtigung der Pensionskasse fraglich. Immerhin erlaubt aber Art. 22 Abs. 2 ATSG die Abtretung von Nachzahlungen von Leistungen des Sozialversicherers an eine Versicherung, die Vorleistungen erbringt (lit. b).

Selbst wenn diese Einwilligung als Abtretungsvertrag im Sinn von Art. 164ff. OR qualifiziert werden könnte und diese Abtretung nach ATSG und BVG zulässig wäre (vgl. Art. 39 Abs. 3 BVG), vermöchte das den einkommenssteuerlichen Zufluss der Rentennachzahlungen auf den Zeitpunkt der Rentenverfügung vom ( ) bzw. der darauf gestützten Nachzahlungen nicht zu hindern. Der Beschwerdeführer bliebe somit auch im Zessionsfall für den Zufluss der gesamten Invaliditätsleistung der beruflichen Vorsorgeeinrichtung Y steuerpflichtig.

ccc) Handelt es sich bei der Einwilligung des Beschwerdeführers nicht um eine Zession im Rechtssinn, durfte der BVG-Versicherer, dem die Einwilligung zur Kenntnis zugestellt worden war, die Auszahlung eines Teils der geschuldeten Leistungen an die Ausgleichskasse Luzern veranlassen, ohne befürchten zu müssen, die Forderung des versicherten Beschwerdeführers nochmals gegenüber diesem befriedigen zu müssen. Er tilgte mit der Auszahlung im Einverständnis mit dem beschwerdeführenden Rentengläubiger dessen Schuld gegenüber der Ausgleichskasse Luzern. Indem der Beschwerdeführer — wenn auch im Voraus — in diese Auszahlungsmodalitäten einwilligte, liess er im Zeitpunkt der Rentennachzahlung seine Schulden gegenüber der Ausgleichskasse Luzern bezahlen. Diese Verwendung der Rentennachzahlung zur Schuldentilgung macht den steuerlichen Zufluss nicht ungeschehen (sie bewirkt lediglich eine Vermögensumschichtung [vgl. BG-Urteil 2C_245/2010 vom 25.1.2011, E. 2.5 mit Hinweisen; hinten E. 10b/aa]); vielmehr ist diese im Übrigen im vorliegenden Fall mangels anderweitig verfügbarer Mittel gerade Voraussetzung dafür, dass die Schulden gegenüber der Ausgleichskasse Luzern getilgt werden konnten.

ddd) Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass seine Einwilligung in die direkte Schuldentilgung im Nachzahlungszeitpunkt wohl in einer wirtschaftlichen Zwangslage erfolgte. Indessen müsste der steuerliche Zufluss selbst dann als erfolgt betrachtet werden, wenn die Einwilligung zur Auszahlung von Pensionskassenleistungen zivilrechtlich ungültig wäre. Denn gemäss Art. 25 ATSG ist der Empfänger von Sozialversicherungsleistungen verpflichtet, unrechtmässig bezogene Leis­tungen zurückzuerstatten (Abs. 1 Satz 1). Rückforderungen können mit fälligen Ergänzungsleistungen sowie mit fälligen Leistungen aufgrund anderer Sozialversicherungsgesetze verrechnet werden, soweit diese Gesetze eine Verrechnung vorsehen (Art. 27 Abs. 1 ELV). Das BVG erlaubt eine solche Verrechnung mit fälligen Leistungen des BVG-Versicherers (Art. 39 BVG; vgl. Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich 2005, Rz. 924 und 947).

Aufgrund dieser Rechtslage hätte die Ausgleichskasse Luzern ihren Anspruch auf Rückerstattung von unrechtmässig, nämlich im Umfang der Invaliditätsleistungen aus beruflicher Vorsorge zuviel bezogenen Ergänzungsleistungen — grundsätzlich und unter Beachtung der einschlägigen Verfahrensvorschriften — ohnehin verrechnungsweise durchsetzen können, weshalb die zivilrechtliche Tragweite und Beständigkeit der Einwilligung zur Auszahlung bzw. Verrechnung nicht weiter ergründet werden muss. Vielmehr ist dem Beschwerdeführer die Nachzahlung so anders steuerlich im Zeitpunkt der Rentenverfügung bzw. mit der darauf folgenden Auszahlung zugeflossen.

d) Unter Einbezug der laufenden Rente ab ( ) bis ( ) 2006 im Betrag von Fr. x beläuft sich die Rentenleistung der beruflichen Vorsorgeeinrichtung für 2006 auf Fr. x (Nachzahlungen von Fr. x eingeschlossen). Die Veranlagungsbehörde besteuerte diese Leistungen nach § 59 StG bzw. Art. 37 DBG zum Rentensatz wie folgt: ( ). Diese Ermittlung des satzbestimmenden Einkommens folgt der für bis und mit Veranlagungen 2009 für die Steuerbehörden weisungsgemäss anwendbaren Praxis, wonach die laufende Rente für die Satzermittlung ebenfalls in die Umrechnung einbezogen wird; für spätere Veranlagungen erfolgt die Satzermittlung aufgrund eines Verwaltungsgerichtsurteils vom 15. Oktober 2009 (Urteil A 09 12/13) ohne Einbezug der laufenden Rente und allfälliger Zinsen. Die Beschwerdeführer sind für den — eingetretenen — Fall, dass es sich bei den Leistungen der Y um steuerbare Einkünfte handelt, der Auffassung, es sei nicht eine Besteuerung zum Rentensatz vorzunehmen, sondern die Leistungen seien periodengerecht im Nachsteuerverfahren zu erfassen. Ausserdem stellen sie sich gegen eine reformatio in peius, die in Anwendung der aktuellen verwaltungsgerichtlichen Praxis resultieren würde.

aa) Werden in einer Bemessungsperiode Einkünfte realisiert, die ordentlicherweise in verschiedenen Perioden zufliessen, so wäre dem Gebot der periodengerechten Zuordnung optimal entsprochen, wenn die Einkünfte auf die einzelnen Perioden verteilt würden. Anstelle einer Korrektur früherer Periodeneinkommen und einem Vortrag auf spätere Einkommen bei Vorauszahlungen erfolgt die Besteuerung bei solchen Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen zwar in der Steuerperiode der Leistung, aber zu einem reduzierten Satz. Im Sinn von Art. 37 DBG, Art. 11 Abs. 2 StHG und § 59 Abs. 1 StG wird die Steuer für Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen unter Berücksichtigung der übrigen Einkünfte und der zulässigen Abzüge zu dem Steuersatz berechnet, der sich ergäbe, wenn anstelle der einmaligen Leistung eine entsprechende jährliche Leistung ausgerichtet würde.

Einmalleistungen, mit denen aufgelaufene, d.h. in der Vergangenheit begründete Teilleistungen abgegolten werden, sind dann als Kapitalabfindungen einzustufen (und damit privilegiert besteuert), wenn dem Wesen der betreffenden Leistungen entsprechend ordentlicherweise eine periodische Ausrichtung vorgesehen gewesen wäre und diese ohne Zutun der berechtigten steuerpflichtigen Person unterblieben ist. Das ist namentlich bei Rentennachzahlungen im Bereich der Sozialversicherungen der Fall (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 9 zu Art. 37). So nimmt etwa die Feststellung der Invalidität nicht selten Jahre in Anspruch. Die Nachzahlung bereits verfallener IV-Rentenbetreffnisse stellt dann eine Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen dar und fällt unter die privilegierte Besteuerung zum sog. Rentensatz. Die Besteuerung der gesamten Kapitalabfindung erfolgt zu einem tieferen Steuersatz, nämlich dem Steuersatz, der anwendbar wäre, wenn die steuerpflichtige Person anstelle der Kapitalabfindung die dadurch abgegoltenen wiederkehrenden Leistungen zufliessen würden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 23 zu Art. 37).

bb) Die für 2006 von der Y ausgerichteten Invaliditätsleistungen enthalten im Betrag von Fr. x bis Ende April 2006 aufgelaufene Renten. Es handelt sich — wie bei Invalidenversicherungsrenten — um grundsätzlich monatlich auszurichtende Leistungen. Die Nachzahlungen von bereits verfallenen BVG-Rentenbetreffnissen stellen deshalb eine Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen dar und sind dementsprechend von der Veranlagungsbehörde zu Recht nach dem Rentensatz im Sinn von Art. 37 DBG bzw. § 59 Abs. 1 StG erfasst worden.

cc) Insoweit, als die Beschwerdeführer geltend machen, die Nachzahlungen seien nach Massgabe der auf die jeweiligen Jahre entfallenden Betreffnisse im Nachsteuerverfahren zu erfassen, fehlt es bereits an einem Nachsteuergrund. Mit andern Worten. konkurriert die Besteuerung nach Art. 37 DBG und § 59 StG nicht mit der Nachbesteuerung im Sinn von Art. 151ff. DBG bzw. §§ 174ff. StG. Vielmehr erlauben die Bestimmungen zur Besteuerung von Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leis­tungen im Fall von periodenfremden Nachzahlungen, Verzerrungen durch Progressionseffekte zu verhindern. Zwar ist den Beschwerdeführern zuzugestehen, dass ihre Auffassung dem Gebot der periodengerechten Zuordnung entspricht. Rückwirkende Korrekturen und — bei Vorauszahlungen — deren Vortrag auf künftige Bemessungsperioden wären indes nicht nur gesetzwidrig, sondern mit dem Zufluss­prinzip nicht vereinbar und in der Massenverwaltung nicht praktikabel (vgl. Baumgartner, a.a.O., N 5 zu Art. 37 DBG).

dd) Obwohl die Rentenzahlungen, die der Beschwerdeführer ab ( ) bis ( ) 2006 monatlich erhielt, nicht in die Kapitalleistung mit einzuberechnen wären, weil sie keine Rentennachzahlungen darstellen (vgl. Urteil A 09 12/13 vom 15.10.2009, E. 4b), ist vorliegendenfalls von einer Korrektur der Veranlagung zum Nachteil der Beschwerdeführer aus folgenden Gründen abzusehen:

Zwar ist das Verwaltungsgericht als kantonales Steuergericht mit voller Kognition und mit den gleichen Untersuchungsbefugnissen wie die Verwaltung gehalten, die gesetzmässige Veranlagung durchzusetzen (Art. 143 Abs. 1 DBG; § 166 Abs. 1 StG). Indessen hat sich der kantonale Steuerrichter bei der Vornahme einer Höherveranlagung (reformatio in peius) grösste Zurückhaltung aufzuerlegen. Das Verwaltungsgericht schreitet daher nur ein (vgl. Urteil A 08 171/172 vom 1.3.2010, in: StE 2010 B 96.12 Nr. 17), wenn die angefochtene Veranlagung offensichtlich mit den anzuwendenden Rechtssätzen unvereinbar und die Korrektur sowohl in absoluten Zahlen als auch mit Blick auf die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von erheblicher Bedeutung ist, sodass sich eine Höherveranlagung geradezu aufdrängt. Selbst wenn das Evidenzkriterium vorliegend bejaht würde, fehlte es an der Erheblichkeit der allfälligen Veranlagungskorrektur. Das infrage stehende zusätzliche Steuerbetreffnis ist in absoluten Zahlen geringfügig und dessen Erfassung für eine Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht von Gewicht, sodass dem Verwaltungsgericht praxisgemäss eine Höherveranlagung verwehrt ist. Hinzu kommt, dass eine Höherveranlagung am Anspruch der Beschwerdeführer auf Gleichbehandlung (Art. 8 BV) scheitern müsste, wenn sie — wie im vorliegenden Fall — daran festhalten, wenn überhaupt, nach Massgabe der bis und mit Steuerperiode 2009 geübten Praxis der Verwaltung veranlagt zu werden.

9. - ( )

10. - Gegen die Einkommensbesteuerung des Renten-Nachzahlungsanteils von Fr. x wenden die Beschwerdeführer schliesslich ein, sie widerspräche dem Gebot der Besteuerung nur nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit im Sinn von Art. 127 Abs. 2 BV. Wenn eine Familie wie im Fall der Beschwerdeführer effektiv nicht über mehr Einkommen verfüge als das Existenzminimum, für die Staatsund Gemeindesteuern sowie die direkte Bundessteuer 2006 aber über Fr. x zahlen müsse, sei dies sachlich derart stossend, dass gar Willkür vorliege. Die Besteuerung würde deshalb auch gegen den Verfassungsanspruch auf willkürfreie Behandlung im Sinn von Art. 9 BV verstossen.

a/aa) Gemäss Art. 127 Abs. 2 BV sind bei der Ausgestaltung der Steuern, soweit es die Art der Steuer zulässt, insbesondere die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu beachten. Diese Steuererhebungsprinzipien sind Konkretisierungen des Rechtsgleichheitsgebotes. Der Grundrechtsschutz an sich ergibt sich nicht aus diesen Grundsätzen, sondern aus dem Gleichbehandlungsgebot und dem von den Beschwerdeführern hier auch angerufenen Willkürverbot. Gemäss dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Steuerbelastung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit müssen die Steuerpflichtigen nach Massgabe der ihnen zustehenden Mittel gleichmässig belastet werden; die Steuerbelastung muss sich nach den der steuerpflichtigen Person zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern und den persönlichen Verhältnissen richten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 66 Vorbem. zu DBG). In der Lehre wird als Folge daraus gefordert, dass — da das für ein menschenwürdiges Dasein erforderliche Existenzminimum (vgl. auch Art. 12 BV) die untere Grenze der Leistungsfähigkeit darstelle — eine Steuererhebung unzulässig sein müsse, soweit damit in das lebensnotwendige Existenzminimum eingegriffen würde. Dem folgt die Rechtsprechung (und Teile der Lehre) aber nicht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 68 Vorbem. zu DBG mit Hinweisen). Verfassungsrechtlich kann nach der Rechtsprechung vielmehr einzig verlangt werden, dass niemand durch eine staatliche Abgabeforderung effektiv in seinem Recht auf Existenzsicherung verletzt werde. Es sei dem Gesetzgeber überlassen, auf welche Weise er dieser Vorgabe genügen wolle.

bb) Nach Art. 190 BV sind Bundesgesetze und Völkerrecht für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend. Damit kann Bundesgesetzen weder im Rahmen der abstrakten noch der konkreten Normenkontrolle die Anwendung versagt werden. Es handelt sich um ein Anwendungsgebot, nicht aber um ein Prüfungsverbot (BGE 131 II 721 E. 5.4, 129 II 263 E. 5.4, mit Hinweisen; Hangartner, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2008, Bd. 2, N 8 zu Art. 190). Es kann sich deshalb rechtfertigen, vorfrageweise die Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes zu prüfen; wird eine solche festgestellt, muss das Gesetz aber dennoch angewandt werden (BGE 136 II 130 E. 3.5.2).

b) Die Beschwerdeführer erblicken die gerügten Verfassungsverletzungen darin, dass die Invaliditätsleistungen der zweiten Säule integral der Besteuerung unterliegen, obwohl die Nachzahlungen lediglich in einem Teilumfang von Fr. x direkt und damit liquiditätswirksam an sie erfolgten.

aa) Die einkommenssteuerliche Erfassung der Zahlungen ergibt sich aufgrund der zwingenden — bereits dargestellten — Vorgaben des Bundesrechts (DBG, StHG). Demnach sind Leistungen aus Vorsorgeeinrichtungen, worunter auch Invalidenrenten aus der ersten (IVG) und der zweiten Säule (BVG) fallen, grundsätzlich vollumfänglich steuerbar (Art. 22 Abs. 1 DBG; Art. 7 Abs. 1 StHG). Bezüglich der Einkünfte aus der ersten Säule hat der Gesetzgeber einzig in Art. 7 Abs. 4 lit. k StHG eine Ausnahme vorgesehen für die Einkünfte aufgrund der Bundesgesetzgebung über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung. Der in Art. 7 Abs. 4 StHG enthaltene Katalog der steuerfreien Einkünfte ist abschliessend, wie sich bereits aus dem Wortlaut ergibt, wonach nur die dort aufgeführten Einkünfte steuerfrei sind. Harmonisierungsrechtlich wäre es den kantonalen Gesetzgebern daher untersagt, weitere Einkünfte als nicht steuerbar zu erklären (vgl. Reich, a.a.O., N 76f. zu Art. 7 StHG mit Hinweisen). Da sich diese Bestimmungen aus einem Bundesgesetz ergeben, hat sie das Verwaltungsgericht anzuwenden.

Abgesehen davon ist unter dem Aspekt der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung richtig (vgl. BG-Urteil 2C_245/2010 vom 25.1.2011, E. 2.5.1), dass die Versicherungsleistungen nicht von der Besteuerung ausgenommen sind. Nach der Reinvermögenszugangstheorie systemwidrig ist hingegen, dass Einkünfte aufgrund der Bundesgesetzgebung über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung gemäss Art. 24 lit. h DBG und Art. 7 Abs. 4 lit. k StHG von der Einkommenssteuer befreit sind. Systemkonform wäre der Einbezug von Unterstützungsleistungen in die Bemessungsgrundlage, wobei dann der Bedürftigkeit des Einkommensempfängers hernach auf der tariflichen Ebene etwa durch eine angemessene Freistellung des Existenzminimums Rechnung zu tragen wäre (vgl. Reich, Steuerrecht, Zürich 2009, S. 309, N 236; ders., in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. Aufl., Basel 2002, N 96 zu Art. 7 StHG). Diese gesetzliche Systemwidrigkeit macht indes die systemkonforme und gesetzesgemässe Besteuerung keinesfalls willkürlich.

bb) Die Auszahlung an die IV-Stelle Luzern stellt einkommenssteuerlich eine Aufwendung für Schuldentilgung dar. Solche Aufwendungen sind bei der Ermittlung des Reineinkommens nicht abzugsfähig (Art. 34 lit. c DBG; § 41 lit. c StG) und halten sich — was das kantonale Recht betrifft — an die vom Steuerharmonisierungsgesetz vorgegebene Regelung. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall die bundesund harmonisierungsrechtlich zwingende Vorgabe, dass der Steuerberechnung der Gesamtbetrag der Leistungen der Sozialversicherungen zugrunde gelegt werden muss, weshalb sie das Gericht anzuwenden hat.

Eine Verfassungswidrigkeit ist aber auch nicht darin zu erblicken, dass die Nichtberücksichtigung der Tilgung von Schulden bei der Bestimmung des steuerbaren Einkommens nicht berücksichtigt wird. Die Schuldentilgung führt nicht zu einem Reinvermögensabgang, sondern lediglich zu einer Vermögensumschichtung, indem in der Höhe des Mittelabflusses Verpflichtungen getilgt werden (vgl. Reich, a.a.O., N 16 zu Art. 34 DBG; Noël, in: Yersin/Noël [Hrsg.], Impôt fédéral direct, Commentaire Romand, N 11 zu Art. 34 LIFD). Hat die Tilgung von Schulden zur Konsequenz, dass dem Steuerpflichtigen nicht mehr genügend (flüssige) Mittel zur Existenzsicherung und Bezahlung der geschuldeten Steuern zur Verfügung stehen, so bedeutet dies daher nicht, dass die Besteuerung ursächlich ist für einen allfälligen Eingriff in das Existenzminimum. Vielmehr ist ein allfälliger solcher Eingriff Folge der Mittelverwendung (vgl. BG-Urteil 2C_245/2010 vom 25.1.2011, E. 2.5.2, auch zum Folgenden). Eine allfällige Korrektur hat rechtsprechungsgemäss nicht dadurch zu erfolgen, dass von der Besteuerung abgesehen wird, würde doch andernfalls der Fiskus zugunsten jedes anderen Gläubigers von vornherein zurücktreten müssen. Fehlen zufolge Schuldentilgung die notwendigen (flüssigen) Mittel zur Existenzsicherung, so ist dem daher nicht durch deren Berücksichtigung bei der Bemessung des steuerbaren Einkommens Rechnung zu tragen, sondern etwa mittels Gewäh­rung eines Steuererlasses im Rahmen der betreibungsrechtlichen Sicherung des existenznotwendigen Bedarfs.

c) Die angefochtene Veranlagung ist demnach mit den angerufenen Grundrechten vereinbar.
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.