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Urteil Verwaltungsgericht (LU)

Kopfdaten
Kanton:LU
Fallnummer:A 06 31_1
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Abgaberechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid A 06 31_1 vom 14.02.2007 (LU)
Datum:14.02.2007
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§ 2 Abs. 2, §§ 3 und 6 GGStG; Art. 646 Abs. 3 und Art. 648 Abs. 2 ZGB. In der Veräusserung von Miteigentumsanteilen an einen anderen Miteigentümer wird zivilrechtlich nicht über die Sache in ihrer sachenrechtlichen Gesamtheit verfügt. Unter dem Vorbehalt der Steuerumgehung besteht daher kein Anlass, Miteigentumsanteile, die ohne weiteres gesondert und zeitlich gestaffelt hätten verkauft werden können, nur deshalb dem Steuersatz des Gesamtgewinns zu unterwerfen, weil sie zeitnah und an denselben Käufer verkauft wurden. Vielmehr ist jeder Miteigentümer individuell für den Gewinn aus seinem Anteil steuerpflichtig.
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 646 ZGB ; Art. 648 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Die Liegenschaft Nr. 1111, Grundbuch Z stand im Eigentum von 19 Miteigentümern. Mit öffentlich beurkundeten Verträgen vom 22. Oktober und 2. November 2004 veräusserten 18 der Miteigentümer, die zusammengerechnet über eine Quote von 95/120 verfügten, ihre Anteile an den Miteigentümer A, der bis zur Handänderung über eine Miteigentumsquote von 25/120 verfügt hatte. Der Kaufpreis betrug insgesamt Fr. 1''187''500.--. Der Gemeinderat Z erfasste die Gesamtheit der verkaufenden Miteigentümer für den gemeinsam erzielten Gewinn und berechnete die Grundstückgewinnsteuer nach dem für den Gesamtgewinn massgeblichen (maximalen) Steuersatz von 6.1 %. Dementsprechend veranlagte er eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 204''020.85 und verpflichtete die Verkäufer, die Steuer nach Massgabe des auf den veräusserten Miteigentumsanteil entfallenden Teilbetrags zu entrichten. Bis auf eine Verkäuferin erhoben alle Verkäufer Einsprache gegen diese Veranlagung und beantragten, die Grundstückgewinnsteuer sei aufgrund des auf den jeweiligen Miteigentumsanteil entfallenden Gewinnanteils zu berechnen; m.a.W. sei jeder Miteigentumsanteil einzeln zu besteuern. Der Gemeinderat Z wies die Einsprache ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde wiederholten die Beschwerdeführer ihre Veranlagungsanträge. Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde gut und wies die Sache zur Veranlagung im Sinne der Erwägungen an den Gemeinderat Z zurück.

Aus den Erwägungen:

1.- a) Das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG; SR 642.14) schreibt den Kantonen u.a. vor, eine Grundstückgewinnsteuer zu erheben (Art. 2 Abs. 1 lit. d StHG). Gemäss Art. 12 Abs. 1 StHG unterliegen der Grundstückgewinnsteuer namentlich Gewinne, die sich bei der Veräusserung eines Grundstücks des Privatvermögens sowie von Anteilen daran ergeben.

Der Kanton erhebt die bundesrechtlich vorgeschriebene Grundstückgewinnsteuer gestützt auf das Gesetz über die Grundstückgewinnsteuer vom 31. Oktober 1961 (GGStG; SRL Nr. 647). Gemäss § 6 Abs. 1 Satz 1 GGStG wird die Grundstückgewinnsteuer vom Veräusserer geschuldet. Als steuerbegründende Veräusserung gilt dabei insbesondere die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück oder des Anteils an gemeinschaftlichem Eigentum (§ 3 Ziff. 1 GGStG). Grundstücke im Sinn des Grundstückgewinnsteuergesetzes sind nebst den Liegenschaften namentlich die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Rechte (§ 2 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 GGStG). Grundstücke, die eine wirtschaftliche Einheit bilden, werden bei der Berechnung der Grundstückgewinnsteuer als Ganzes behandelt (§ 2 Abs. 2 GGStG).

b) In Auslegung von §§ 3 und 6 GGStG entschied das Verwaltungsgericht am 25. Januar 1979 im Zusammenhang mit der Veräusserung eines ganzen Grundstücks, welches zwei Miteigentümern gehört hatte, dass bei gemeinsamer und gleichzeitiger Übertragung von Miteigentumsanteilen an einen Dritten die Gesamtheit der Miteigentümer als Veräusserer im Sinn von § 6 Abs. 1 GGStG für den gemeinsam erzielten Gewinn steuerpflichtig sei. Es erwog im Wesentlichen, dass auch dann, wenn mehrere Miteigentümer die Eigentümerschaft bildeten, eine Liegenschaft als Einheit veräussert werde und nicht eine Summe von Miteigentümerrechten. Der Verkauf der ganzen Sache erfasse diese unmittelbar selbst und nicht auf dem Umweg über die Anteile. Dem Wesen der Grundstückgewinnsteuer als Objektsteuer entsprechend, welche eine Differenzierung aufgrund der subjektiven Verhältnisse der Anteilseigentümer ausschliesse, sei die Besteuerung bei gemeinsamer und gleichzeitiger Übertragung nach dem gesamten Gewinn vorzunehmen, zumal dem Veräusserer ansonsten die Steuerumgehung, mit der Absicht, der Steuerprogression zu entgehen, erleichtert würde (LGVE 1979 II Nr. 20). Mit dieser Rechtsauffassung schloss sich das Verwaltungsgericht der Lehrmeinung Guhl (Guhl, Die Spezialbesteuerung der Grundstückgewinne in der Schweiz, Diss. Zürich 1952, S. 269 f.) und der vom Bundesgericht geschützten Zürcher Praxis zur zürcherischen Grundstückgewinnsteuer an (BG-Urteil vom 12.11.1958 = ASA 28, 242).

Die Steuerverwaltung des Kantons Luzern nahm den genannten Entscheid des Verwaltungsgerichts als Aufsichtsorgan über den Vollzug des Grundstückgewinnsteuergesetzes (§ 30 GGStG) in ihre Weisungen auf, um die richtige und einheitliche Anwendung des GGStG sicher zu stellen (LU StB Weisungen GGStG § 2 N 5, § 3 Ziff. 1 N 7 und § 6 N 3).

2.- Die publizierte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts überzeugt auch im Licht der harmonisierungsrechtlichen Rahmenvorschriften und der inzwischen ergangenen Literatur und Judikatur (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Aufl., Zürich 2006, § 217 N 15 f., mit Hinweisen), weshalb daran festzuhalten ist. Indessen vermag sie den Standpunkt der Vorinstanz und der kantonalen Steuerverwaltung im vorliegenden Fall nicht zu stützen:

a) Die Beschwerdegegner gehen fehl in der Annahme, der Verwaltungsgerichtsentscheid vom 25. Januar 1979 sei einschlägig, denn er betrifft einen anderen Sachverhalt. Zwar trifft es durchaus zu, dass es im verwaltungsgerichtlichen Erkenntnis ebenso wie heute um die Veräusserung von gemeinschaftlichem Eigentum, welches auf zwei Miteigentümer aufgeteilt war, ging, und war damals wie heute zu beurteilen, wer als Veräusserer und damit als Steuersubjekt im Sinn von § 6 Abs. 1 Satz 1 GGStG zu gelten habe, wenn eine Mehrheit von Eigentümern gemeinsam ein Grundstück veräussert. Eine Besonderheit des heute zu beurteilenden Sachverhalts liegt jedoch darin, dass der Erwerber vorliegendenfalls nicht ein aussenstehender Dritter ist, sondern vor der Handänderung bereits an der Liegenschaft als Miteigentümer beteiligt war.

b) Die Grundstückgewinnsteuer wird gemäss § 1 Abs. 1 GGStG von den Gewinnen aus Veräusserung von Grundstücken oder von Anteilen an solchen erhoben. Steuerobjekt bildet demnach der Gewinn, der bei der Übertragung eines Grundstücks oder eines Grundstücksanteils erzielt wurde. Im Fall von Miteigentum findet die Übertragung an einem Grundstücksanteil statt, wenn ein Miteigentümer in Anwendung von Art. 646 Abs. 3 ZGB seinen Anteil veräussert. Übertragen dagegen die Miteigentümer in Anwendung von Art. 648 Abs. 2 ZGB einstimmig die Sache als Ganzes, so liegt darin zivilrechtlich nicht eine Veräusserung aller individuellen Miteigentumsanteile, sondern eine Verfügung über die gemeinsame Sache, d.h. eine Verfügung zur gesamten Hand (Brunner/Wichtermann, in: Honsell/Vogt/Geiser, Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Zivilgesetzbuch II, 2. Aufl., Art. 648 N 29). Gegenstand der einen und in diesem Fall nicht geteilten Veräusserung bildet das Eigentum an der Sache. Veräusserer sind die gemeinsam handelnden Miteigentümer, die im Sinn des verwaltungsgerichtlichen Präjudizes für den gesamten, einheitlichen Grundstückgewinn als Veräusserer im Sinn von § 6 Abs. 1 GGStG steuerpflichtig sind (vgl. zur entsprechenden Zürcher Rechtsprechung RB 1956 Nr. 96). Eine gesonderte Anteilsbesteuerung kommt in diesem Fall wie bei Gesamthandschaftsverhältnissen nicht in Betracht (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., § 217 N 17). Zivilrechtlich betrachtet liegt demgegenüber in der Veräusserung von Miteigentum an einen anderen Miteigentümer derselben Sache keine solche Verfügung zur gesamten Hand im Sinn von Art. 648 Abs. 2 ZGB; vielmehr geht es um die Wahrnehmung des in Art. 646 Abs. 3 ZGB jedem Miteigentümer eingeräumten Rechts, seinen Miteigentumsanteil zu veräussern. Die Sache, d.h. die Liegenschaft, als solche ist nicht in ihrer sachenrechtlichen Gesamtheit betroffen, wenn wie im vorliegenden Fall ein Teil der Miteigentümer ihre Miteigentumsanteile einem anderen Miteigentümer zu Eigentum übertragen. Ein Gesamtakt aller Miteigentümer mit Verfügung über die ganze Sache liegt auch dann nicht vor, wenn die Veräusserer die Eigentumsanteile wie in casu in einem einheitlichen, zeitlich koordinierten und offenkundig planmässig abgewickelten Prozedere dem als Erwerber fungierenden Miteigentümer übermachen.

c) Die Überlegungen, welche die Erfassung der Miteigentümer als Gesamtheit als Steuersubjekt rechtfertigen, lassen sich nach dem Gesagten nicht auf den Fall übertragen, bei welchem die Miteigentumsanteile nicht auf einen Dritten, d.h. einen Nicht-Miteigentümer, sondern auf einen anderen Miteigentümer übertragen werden. Die Erfassung derjenigen Miteigentümer, die in einem Akt ihre Anteile an einen anderen Miteigentümer veräussern, als Steuersubjekt findet im überlieferten Begriff des grundstückgewinnsteuerlichen Veräusserers keinen Rückhalt. Zwar ist gerade aufgrund des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts erkennbar, dass für den einzelnen Miteigentümer grundstückgewinnsteuerlich erheblich unterschiedliche Belastungen entstehen, je nachdem zu welchem Steuersatz er den auf seinen Anteil entfallenden Grundstückgewinn versteuern muss. Da es aber, wie sich aus der Ausgestaltung der Steuerbemessung ergibt (vgl. § 22 ff. GGStG), der gesetzgeberischen Intention entspricht, den Grundstückgewinn progressiv zu besteuern, besteht allein deswegen - und unter dem Vorbehalt der Steuerumgehung - kein Anlass, Miteigentumsanteile, die ohne weiteres gesondert und zeitlich gestaffelt hätten verkauft werden können, nur deshalb dem Steuersatz des Gesamtgewinns zu unterwerfen, weil sie zeitnah und an denselben Käufer verkauft wurden.

Dieses Prinzip der Individualbesteuerung hat auch im revidierten bernischen Steuergesetz vom 21. Mai 2000 (BE-StG; BSG Nr. 661.11) seinen Niederschlag gefunden: Für den Fall, dass mehrere Personen an der Veräusserung beteiligt sind, sieht dessen Art. 126 Abs. 2 nämlich vor, dass jede Person für den veräusserten Eigentumsanteil steuerpflichtig ist. Somit ist der Miteigentümer individuell für den Gewinn aus seinem Anteil steuerpflichtig (Langenegger, Handbuch zur bernischen Grundstückgewinnsteuer 2001, Muri/Bern 2001, N 11 zu Art. 126; vgl. auch Rumo, Die Liegenschaftsgewinnund die Mehrwertsteuer des Kantons Freiburg, Diss. Freiburg i.Ue. 1993, S. 287 mit Hinweisen).

3.- a) Demnach sind die Beschwerdeführer einzeln und nicht in ihrer Gesamtheit als Veräusserer im Sinn von § 6 Abs. 1 Satz 1 GGStG für den auf ihren jeweiligen Miteigentumsanteil entfallenden Grundstückgewinn (§ 7 Abs. 1 GGStG) steuerpflichtig. Für die Steuerberechnung ist gemäss § 22 Abs. 1 GGStG der Satz massgeblich, der sich für den Gewinn auf dem Miteigentumsanteil allein ergibt. Das führt zur Gutheissung der Beschwerde insoweit, als damit die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids beantragt wird. Da der Grundstückgewinn auf der Grundlage der individuellen Verhältnisse je Miteigentumsanteil von Grund auf neu und erstmalig ermittelt werden muss, ist die Sache zur Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer im Sinn der Erwägungen an den Gemeinderat Z zurückzuweisen.

b) (...)
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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