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Urteil Verwaltungsgericht (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:U 2022 30
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:
Verwaltungsgericht Entscheid U 2022 30 vom 18.04.2023 (GR)
Datum:18.04.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Arbeitszeugnis (Vollstreckung)
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 252 StGB ; Art. 292 StGB ;
Referenz BGE:101 II 69; 142 II 218; 144 I 11; 70 IV 169;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GRAUBÜNDEN DRETGIRA ADMINISTRATIVA DAL CHANTUN GRISCHUN TRIBUNALE AMMINISTRATIVO DEL CANTONE DEI GRIGIONI U 22 30 1. Kammer Vorsitz Audétat RichterIn von Salis und Paganini Aktuarin Maurer URTEIL vom 18. April 2023 in der verwaltungsrechtlichen Streitsache Stadt A._____, Beschwerdeführerin gegen Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit Graubünden, Beschwerdegegner und B._____, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Christoph Häberli, Beigeladener betreffend Arbeitszeugnis (Urteilsvollstreckung) I. Sachverhalt: 1. Mit Urteil U 16 93 vom 9. Mai 2018, mitgeteilt am 31. Mai 2018, hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden die Beschwerde von B._____ teilweise gut und wies die Stadt A._____ an, B._____ das nachfolgende Arbeitszeugnis auszustellen: ARBEITSZEUGNIS I._____ A._____, 30. September 2016 2. In der Folge liess der Stadtpräsident am 13. August 2018 B._____ ein nicht unterzeichnetes, auf Briefpapier der Stadt A._____ ausgedrucktes Arbeitszeugnis zugehen. 3. Mit Eingabe an den Stadtrat A._____ vom 21. September 2018 beantragte B._____ in Vollstreckung des Urteils des Verwaltungs-gerichts des Kantons Graubünden (VGU) U 16 93 vom 9. Mai 2018, der Stadtpräsident E._____ sei unter Strafandrohung für den Unterlassungsfall anzuweisen, ihm innert fünf Arbeitstagen ein eigenhändig unterzeichnetes Arbeitszeugnis auf Original-Briefpapier der Stadt A._____, Stadtpräsidium, aus- und zuzustellen. Mit Entscheid vom 30. Oktober 2018 erfolgte eine Abweisung des Gesuchs durch den Stadtrat, soweit und sofern eine Unterzeichnung des Arbeitszeugnisses durch den Stadtpräsidenten beantragt wurde; der Stadtrat ermächtigte gleichzeitig die Leiterin J._____, das strittige Arbeitszeugnis auf Original-Briefpapier der Stadt A._____ auszufertigen, zu unterzeichnen und B._____ zuzustellen. Dieser Entscheid wurde B._____ mitsamt dem von der Leiterin J._____ ausgefertigten und unterzeichneten Arbeitszeugnis zugestellt. 4. Mit Beschwerde vom 21. November 2018 an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Verfahren U 18 75) beantragte B._____, der Stadtpräsident der Stadt A._____ sei unter Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB für den Unterlassungsfall anzuweisen, ihm ein Arbeitszeugnis gemäss Ziff. 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 9. Mai 2018 auf Original-Briefpapier der Stadt A._____, Stadtpräsidium, und eigenhändig unterzeichnet innert längstens fünf Arbeitstagen aus- und zuzustellen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden trat mit Urteil vom 1. Dezember 2020, mitgeteilt am 15. November 2021, mangels Zuständigkeit auf die Beschwerde bzw. das Vollstreckungsgesuch von B._____ mit der Begründung, dass dieser für die Vollstreckung des Urteils U 16 93 vom 9. Mai 2018 von Beginn weg direkt an das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit Graubünden (DJSG), und nicht an die Stadt A._____ hätte gelangen sollen, nicht ein. 5. Folglich gelangte B._____ am 5. Januar 2022 für die ordnungsgemässe Vollstreckung des Urteils U 16 93 des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 9. Mai 2018 an das DJSG und beantragte, dass der Stadtpräsident von A._____, E._____, mit geeigneten Mitteln anzuhalten sei, das vom Verwaltungsgericht Graubünden angeordnete Arbeitszeugnis auf dem üblichen Korrespondenzpapier der Stadt A._____ auszufertigen und persönlich zu unterzeichnen. 6. Mit Entscheid vom 17. März 2022 verfügte das DJSG was folgt: 1. In Vollstreckung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 18. Mai 2018, U 16 93, wird die damalig vorgesetzte Person oder eine dem Zeugnisinhaber, B._____, hierarchisch übergeordnete Person angewiesen, innert 30 Tagen das im Dispositiv Ziff. 1 aufgeführte Arbeitszeugnis zu unterschreiben und B._____ zuzustellen und das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit innert derselben Frist über die erfolgte Erledigung zu informieren. 2. [Kosten]. 3. [Rechtsmittelbelehrung]. 4. [Mitteilungen]. 7. Dagegen erhob die Stadt A._____ (nachfolgend Beschwerdeführerin) am 25. April 2022 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung; eventualiter die Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz zur Durchführung eines formell korrekten Verfahrens. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersuchte die Beschwerdeführerin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Alles unter gesetzlicher Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten von B._____. In formeller Hinsicht beklagte die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs; so hätte sie sich vor Erlass der strittigen Verfügung zum Vollstreckungsgesuch von B._____ nicht äussern dürfen, obwohl kein sofortiges Handeln angezeigt gewesen sei. Dies allein müsse zur Gutheissung der Beschwerde führen. In materieller Hinsicht stellt sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht vollstreckungsfähig sei. So werde mit dem Urteilsdispositiv einzig die 'Stadt A._____' und nicht der Stadtpräsident zur Ausstellung des Arbeitszeugnisses angewiesen. Es sei einerseits zulässig, die Kompetenz zum Urteilsvollzug stadtintern zu delegieren. Andererseits liege beim Stadtpräsidenten eine Ausstandspflicht vor, zumal dieser das strittige Arbeitszeugnis vom 2. August 2016 verfasst habe. Zudem würde sich der Stadtpräsident mit seiner Unterschrift straf- und zivilrechtlich selbst belasten, da das gerichtliche Zeugnis nicht im Entferntesten mit seiner persönlichen Überzeugung vereinbar sei. Zwar werde das Arbeitszeugnis gemäss stadtrechtlichen Ausführungsbestimmungen durch den direkten Vorgesetzten ausgestellt und unterzeichnet, doch bestehe darauf kein absoluter Anspruch. So sei der Stadtrat für den Erlass der Ausführungsbestimmungen zuständig und könne daher im Einzelfall und in eigener Zuständigkeit auch davon abweichen, wie vorliegend geschehen. Die Bestätigung des Arbeitszeugnisses durch den Stadtrat mit gleichzeitiger Delegation der Unterschrift an die Leiterin J._____ sei demnach rechtmässig und für die angefochtene Vollstreckungs-verfügung bleibe somit kein Raum, so dass diese folglich aufzuheben sei. 8. Das DJSG (nachfolgend Beschwerdegegner) beantragte in seiner Vernehmlassung vom 16. Mai 2022 die Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin. Zur Begründung wurde auf die angefochtene Verfügung verwiesen. 9. Am 17. Mai 2022 erteilte der Instruktionsrichter der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. 10. In seiner Vernehmlassung vom 9. Mai 2022 beantragte B._____ (nachfolgend Beigeladener) die Abweisung der Beschwerde soweit darauf einzutreten sei. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sei nicht ersichtlich, zumal sich die Stadt A._____ bereits im Verfahren U 18 75 zu allen relevanten Punkten habe äussern können. Die geltend gemachte Ausstandspflicht und Urkundenfälschung seien unbegründet. Die Unterzeichnung des Arbeitszeugnisses gehöre zu den Amtspflichten des Stadtpräsidenten, denen er sich nicht durch eine vorgegebene Ausstandspflicht entziehen könne. Schliesslich sei die geltend gemachte einzelfallweise Ausserkraftsetzung der Regelungen im Personalrecht krass willkürlich und damit rechtswidrig. Eine solche Entscheidung habe dem Stadtrat nach Eintritt der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Entscheids vom 9. Mai 2018 zweifellos nicht mehr zugestanden. 11. Mit Urteil U 22 31 vom 15. Juni 2022 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden das Ausstandsgesuch des Rechtskonsulenten der Stadt A._____ gegen den Verwaltungsrichter Dr. Thomas Audétat als Vorsitzenden im Hauptverfahren U 22 30 ab. 12. Die Beschwerdeführerin erstattete innert freigestellter Frist keine Replik. II. Das Gericht zieht in Erwägung: 1.1. Gemäss Art. 49 Abs. 1 lit. c des kantonalen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; BR 370.100) beurteilt das Verwaltungsgericht Beschwerden gegen Entscheide der kantonalen Departemente, soweit diese nicht nach kantonalem oder eidgenössischem Recht endgültig sind oder bei einer anderen Instanz angefochten werden können. Die vorliegend angefochtene Verfügung des DJSG vom 17. März 2022 betreffend Vollstreckungsgesuch ist eine individuell konkrete Anordnung in Anwendung von öffentlichem Recht, sie ist weder endgültig noch kann sie bei einer anderen Instanz angefochten werden. Das angerufene Gericht ist demnach sachlich, funktionell und örtlich zuständig. Der Beschwerdeführer ist als Adressat des angefochtenen Entscheids durch diesen unmittelbar betroffen und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen gerichtlicher Beurteilung, so dass dessen Beschwerdelegitimation zu bejahen ist (Art. 50 VRG). Auf die von ihm zudem frist- und formgerecht beim Verwaltungsgericht eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten (Art. 38 f. VRG und Art. 52 VRG). 1.2.1. Die Beschwerdeführerin bemängelt, dass die Vorinstanz im Rahmen des Verwaltungsverfahrens das rechtliche Gehör nicht gewährt habe. Die Beschwerde sei schon allein aufgrund dieser Gehörsverletzung gutzuheissen. 1.2.2. Der Beigeladene stellt in Frage, dass bei der Vollstreckung eines rechtskräftigen Urteils die leistungspflichtige Partei überhaupt nochmals angehört werden muss. So oder anders sei dem Gehörsanspruch im vorliegenden Verfahren Genüge getan worden, zumal sich die Beschwerdeführerin bereits im Verfahren U 18 75 ausführlich zur Vollstreckung geäussert habe. 1.2.3. Der durch Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör dient einerseits der Sachaufklärung und garantiert andererseits ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht der Parteien im Verfahren, soweit dies Einfluss auf ihre Rechtsstellung haben kann. Er vermittelt den Parteien unter anderem das Recht, in alle für den Entscheid wesentlichen Akten Einsicht zu nehmen und zu den für die Entscheidung wesentlichen Punkten Stellung zu nehmen (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., Zürich/St. Gallen 2020, Rz. 1001 ff.; vgl. BGE 144 I 11 E.5, 140 I 99 E.3.4, 135 II 286 E.5.1). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur, seine Verletzung führt, ungeachtet der Erfolgs-aussichten der Beschwerde in der Sache selbst, grundsätzlich zur Gutheissung der Beschwerde bzw. zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids und zur Rückweisung an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung eines ordnungsgemässen Verwaltungsverfahrens (vgl. BGE 144 I 11 E.5.3, 137 I 195 E.2.2, 135 I 279 E.2.6.1; Urteile des Bundesgerichts 2C_821/2019 vom 11. Februar 2020 E.3.2, 1C_373/2019 vom 6. März 2020 E.3.1; Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 1174). Dies aber unter dem Vorbehalt, dass der Mangel nicht im Beschwerdeverfahren geheilt werden kann (vgl. BGE 142 II 218 E.2.8.1; Urteil des Bundesgerichts 2C_336/2022 vom 29. November 2022 E.4.1). Nach der Gerichtspraxis kann eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz mit voller Überprüfungsbefugnis zu äussern (vgl. BGE 142 II 218 E.2.8.1, mit weiteren Hinweisen; Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 1175 ff.). Von einer Rückweisung an die Vorinstanz ist zudem – selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör – abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung – im Sinne einer Heilung des Mangels – zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem Interesse der Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (vgl. BGE 142 II 218 E.2.8.1 mit weiteren Hinweisen; Urteile des Bundesgerichts 8C_177/2022 vom 13. Juli 2022 E.7.2, 8C_682/2020 vom 17. Februar 2021 E.3.2.1, 2C_756/2019 vom 14. Mai 2020 E.3.2). 1.2.4. Nach Auffassung des streitberufenen Gerichts hätte die Vorinstanz der Beschwerdeführerin grundsätzlich Gelegenheit dazu einräumen sollen, zum Vollstreckungsgesuch des Beigeladenen Stellung zu nehmen. Selbst wenn die vorliegend gerügte Gehörsverletzung bejaht werden würde, dürfte der Mangel im vorliegenden Beschwerdeverfahren aufgrund des Gesagten als nachträglich geheilt qualifiziert werden, da sich die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren im Rahmen des Schriftenwechsels wie auch im vorangehenden Verfahren U 18 75 bereits ausführlich zur Sache äussern konnte. Zudem hat die Beschwerdeführerin klar zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht gewillt ist, das rechtskräftige Urteil U 16 73 in Bezug auf die verlangte Unterzeichnung durch den Stadtpräsidenten umzusetzen. Gegen eine Rückweisung sprächen schliesslich auch verfahrensökonomische Überlegungen. 2. Verwaltungszwang zur Durchsetzung verfügter Pflichten setzt die Vollstreckbarkeit des Urteils voraus (vgl. Schwendener, Die klassische Ersatzvornahme als Vollstreckungsmittel des Verwaltungsrechtes, Zürich 2000, S. 44 ff.). Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden U 16 93 vom 9. Mai 2018 ist – wie der Beschwerdegegner korrekt festgehalten und ausgeführt hat – unangefochten in formelle Rechtskraft erwachsen und damit für die am Rechtsverhältnis beteiligten Parteien im Dispositiv verbindlich und durchsetzbar (Art. 79 Abs. 1 VRG; vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 1091 f. und 1456 ff.). 3.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, der Stadtpräsident könne das fragliche Zeugnis nicht unterzeichnen, weil er einerseits einer Ausstandspflicht unterstehe und sich andererseits zivil- und strafrecht-lich verantwortlich machen würde, da das Zeugnis inhaltlich nicht seiner Überzeugung und damit nicht der Wahrheit entspreche, so dass er mit einer Unterzeichnung desselben eine Urkundenfälschung begehen würde. 3.2. Diese Argumentation lässt der Beigeladene nicht gelten. So zähle die Unterzeichnung von Arbeitszeugnissen seiner Direktunterstellten zu den Amtspflichten des Stadtpräsidenten, denen er sich nicht durch eine vorgebrachte unbegründete Ausstandspflicht entziehen könne. Weiter stehe es dem Stadtpräsidenten nicht zu, seine persönliche Überzeu-gung und sein Wahrheitsempfinden über das unangefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts zu stellen. 3.3. Den Ausführungen des Beigeladenen ist nach Auffassung des Gerichts uneingeschränkt zu folgen. Das Arbeitszeugnis stellt eine Urkunde im Sinne des Strafgesetzes dar; so kann u.a. bei der Ausstellung eines unrichtigen oder bei der Fälschung eines bereits bestehenden Zeugnisses der Straftatbestand der Fälschung von Ausweisen gemäss Art. 252 StGB erfüllt sein (vgl. Müller/Thalmann, Streitpunkt Arbeits-zeugnis, 2. Aufl., Basel 2016, S. 105 f.; BGE 101 II 69). Der Einwand der Beschwerdeführerin verfängt indessen infolge der unangefochten in formelle Rechtskraft erwachsenen Urteilsdispositiv-Ziff. 1 des Urteils VGU U 16 93 vom 9. Mai 2018, mit welchem die ehemalige Arbeit-geberin des Beigeladenen durch das Verwaltungsgericht verpflichtet wurde, diesem ein präzis ausformuliertes Arbeitszeugnis aus- und zuzustellen, nicht. So kann eine gestützt auf ein rechtskräftiges Urteil erstellte Urkunde keine Urkundenfälschung im Sinne des Strafgesetzes darstellen. Es läge vorliegend beim unterzeichnenden ehemaligen Vorgesetzten mit Sicherheit weder die von Art. 251 Ziff. 1 StGB verlangte Vorteils- bzw. Schädigungsabsicht noch die Absicht, sich das Fortkommen gemäss Art. 252 Ziff. 1 StGB zu erleichtern, vor. Auch eine Falschbeurkundung, d.h. die Ausstellung eines echten, inhaltlich aber unwahren Schriftstückes, kann nach dem Gesagten nicht vorliegen, besteht doch seit Eintritt der Rechtskraft des Urteils U 16 93 bezüglich dem Inhalt des Arbeitszeugnisses seitens der Arbeitgeberin kein Ermessen mehr. Unter Verfälschen i.S.v. Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ist schliesslich die Abänderung eines Schriftstückes durch einen Unberechtigten zu verstehen, was hier nicht der Fall wäre (vgl. BGE 70 IV 169). Vielmehr hätte es der verpflichteten Partei oblegen, das ihr nicht genehme vorgeschriebene Arbeitszeugnis gemäss Urteil des Verwaltungsgerichts innert Frist anzufechten. Indessen erklärte der Stadtpräsident mit Schreiben vom 13. August 2018, dass der Fall mit der Zustellung des Arbeitszeugnisses als abgeschlossen zu betrachten und auf einen Weiterzug an das Bundesgericht verzichtet werde. 4.1. Weiter stellt sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, der Stadtrat sei für den Erlass der Ausführungsbestimmungen zuständig und könne deshalb im Einzelfall und in eigener Zuständigkeit auch eine davon abweichende Regelung beschliessen; genau dies sei mit dem Entscheid vom 30. Oktober 2018 geschehen, indem der Stadtrat die formelle Unterzeichnung an die Leiterin J._____ delegiert habe. 4.2. Dem hält der Beigeladene entgegen, dass es krass willkürlich und damit rechtswidrig sei, wenn der Stadtrat rein einzelfallbezogen von der allgemeinen Regelung abweichen würde. Nach Eintritt der Rechtskraft im Verfahren U 16 73 habe diese Möglichkeit für den Stadtrat zudem ohnehin nicht mehr bestanden. 4.3. Ein Arbeitszeugnis muss rechtsgültig mittels einer eigenhändigen Unterschrift unterzeichnet sein; Aussteller des Arbeitszeugnisses ist grundsätzlich stets die Arbeitgeberin selbst. Vertreter können mit der Redaktion und Unterzeichnung des Arbeitszeugnisses betraut werden, wobei diese dem Arbeitnehmer hierarchisch und funktionell übergeordnet sein müssen (vgl. Wyss, Arbeitszeugnis, in: Portmann/von Kaenel [Hrsg.], Fachhandbuch Arbeitsrecht, Zürich 2018, Rz. 9.25 f.; Fischer, Arbeitszeugnis, Beurteilung und Durchsetzung, Zürich 2016, S. 22; Müller/Thalmann, a.a.O., S. 31). Die geltende Personalverordnung der Stadt A._____ (G._____) wurde am C._____ vom H._____ verabschiedet. Nach Art. D._____ G._____ haben die Angestellten und Lehrpersonen das Recht, jederzeit und insbesondere bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis zu verlangen, das über die Art und die Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über deren Leistungen und ihr Verhalten Auskunft gibt. Die G._____ selber gibt keine Auskunft darüber, wer das Zeugnis zu unterzeichnen hat. Diese Regelung findet sich in den Ausführungsbestimmungen (AB) zur G._____. Art. F._____ AB zur G._____ hält fest, dass der oder die Vorgesetzte vor dem Austritt mit der oder dem Angestellten oder der Lehrperson ein Austrittsgespräch führt und das Arbeitszeugnis ausstellt. Laut verfügtem Arbeitszeugnis gemäss Urteil vom 9. Mai 2018 war der Beigeladene dem Stadtpräsidenten direkt unterstellt. 4.4. Dass das Ausstellen des Arbeitszeugnisses auch dessen Unterzeichnung beinhaltet, wird seitens der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Sie stellt sich allerdings auf den Standpunkt, dass gemäss Urteilsdispositiv die 'Stadt A._____' und nicht etwa der Stadtpräsident angewiesen worden sei, das gerichtlich verfügte Arbeitszeugnis auszustellen. Zudem habe der Stadtrat mit der Kompetenz zum Erlass der Ausführungsbestimmungen auch die Kompetenz, diese situativ anzupassen und die Unterzeichnung entsprechend auf eine ihm unterstellte Dienststelle zu übertragen. Diese Rechtsauffassung ist jedoch – wie zuvor ausgeführt – klarerweise unzutreffend und widerspricht zudem fundamentalen Prinzipien des Rechts, wie etwa dem Gleichbehandlungsgebot, dem Willkürverbot etc. Eine Delegation der Zeugnisausstellung an die Leiterin J._____ ist demnach nur zulässig, wenn gleichzeitig eine Person, die dem Beigeladenen direkt vorgesetzt oder zumindest hierarchisch übergeordnet war, mitunterzeichnet. 5. Im Ergebnis dringt die Beschwerdeführerin mit ihren Rügen nicht durch. Folglich erweist sich die Anordnung des Beschwerdegegners in seinem Entscheid vom 17. März 2022 in allen Punkten als rechtens, womit die Beschwerde abzuweisen ist. 6. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten gestützt auf Art. 73 Abs. 1 VRG der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Nach Art. 75 Abs. 1 VRG bestehen die Verfahrenskosten aus einer Staatsgebühr (lit. a), aus den Gebühren für die Ausfertigungen und Mitteilungen des Entscheids (lit. b) sowie aus den Barauslagen (lit. c). Laut Art. 75 Abs. 2 VRG beträgt die Staatsgebühr höchstens CHF 20'000.--. Sie richtet sich nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie nach dem Interesse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kostenpflichtigen. Im konkreten Fall erachtet das Gericht ermessensweise eine Staatsgebühr von CHF 1'500.-- für angemessen und ausreichend. Eine Kostenausscheidung aufgrund einer allfälligen Gehörsverletzung ist nach Dafürhalten des Gerichts nicht angezeigt. Gestützt auf Art. 78 Abs. 1 VRG ist dem obsiegenden Beigeladenen dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens entsprechend eine aussergerichtliche Parteientschädigung zuzusprechen. Mangels Eingabe einer Honorarnote ist diese pauschal festzulegen. Unter Berücksichtigung der Umstände, dass nur ein Schriftenwechsel stattgefunden hat und im Verfahren U 22 31 für die Parteientschädigung auf dieses Verfahren verwiesen worden ist, erscheint eine pauschale Entschädigung von CHF 2'000.-- inkl. Spesen und MWST als angemessen. Dem in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegenden Beschwerdegegner steht keine aussergerichtliche Parteientschädigung zu (Art. 78 Abs. 2 VRG). III. Demnach erkennt das Gericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten, bestehend aus - einer Staatsgebühr von CHF 1'500.00 - und den Kanzleiauslagen von CHF 371.00 zusammen CHF 1'871.00 gehen zulasten der Stadt A._____. 3. Die Stadt A._____ hat B._____ mit einer aussergerichtlichen Parteientschädigung in der Höhe von CHF 2'000.-- (inkl. Spesen und MWST) zu entschädigen. 4. [Rechtsmittelbelehrung] 5. [Mitteilung]
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