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Urteil Verwaltungsgericht (GL - OG.2022.00015)

Zusammenfassung des Urteils OG.2022.00015: Verwaltungsgericht

In dem vorliegenden Fall geht es um Veruntreuung und Vernachlässigung der Unterhaltspflichten. Der Beschuldigte wurde für verschiedene Delikte verurteilt, darunter das Führen eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Ausweises. Er hat Berufung eingelegt und beantragt eine Reduzierung der Strafe. Das Obergericht hat den Sachverhalt geprüft und festgestellt, dass die Vorwürfe gegen den Beschuldigten zutreffend sind. Die Strafen wurden neu festgelegt, wobei die Vorstrafen und das Verhalten des Beschuldigten straferhöhend berücksichtigt wurden. Letztendlich wurde die Freiheitsstrafe des Beschuldigten auf zwölf Monate erhöht.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts OG.2022.00015

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2022.00015
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid OG.2022.00015 vom 10.03.2023 (GL)
Datum:10.03.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Beschuldigte; Beschuldigten; Fahrzeug; Ausweis; Freiheitsstrafe; Berufung; Urteil; Verfahren; Apos; Klägerin; Geldstrafe; Fahrzeuge; Busse; Verteidigerin; Delikt; Vorinstanz; Dispositiv; Motorfahrzeug; Tagessätze; Dispositiv-Ziff; Tatschwere; Privatklägerin; Recht; Delikte; Zivil; Punkt; Entzug
Rechtsnorm: Art. 138 StGB ;Art. 141 StPO ;Art. 217 StGB ;Art. 252 StGB ;Art. 267 StPO ;Art. 27 SVG ;Art. 286 StGB ;Art. 3 VRV ;Art. 31 SVG ;Art. 34 StGB ;Art. 398 StPO ;Art. 399 StPO ;Art. 3a VRV ;Art. 69 StGB ;Art. 82 StPO ;Art. 90 SVG ;Art. 96 VRV ;
Referenz BGE:121 IV 365; 134 IV 60; 134 IV 82; 135 IV 188; 144 IV 198; 148 IV 89;
Kommentar:
Wolfgang Wohlers, Kommentar StPO, 2020

Entscheid des Verwaltungsgerichts OG.2022.00015

Geschäftsnummer: OG.2022.00015 (OGS.2023.149)
Instanz: OG2
Entscheiddatum: 10.03.2023
Publiziert am: 14.06.2023
Aktualisiert am: 17.04.2024
Titel: Veruntreuung, Vernachlässigung der Unterhaltspflichten etc.

Resümee:

 

 

Kanton Glarus

 

Obergericht

 

 

 

Es wirken mit: Obergerichtsvizepräsidentin MLaw Sarina Dreyer, Oberrichter Roger Feuz, Oberrichter MLaw Mario Marti, Oberrichterin Ruth Hefti und Oberrichter Martin Ilg sowie Gerichtsschreiberin MLaw Jasmin Marlovits.

 

 

Urteil vom 10. März 2023

 

 

Verfahren OG.2022.00015

 

 

A.______

Beschuldigter und

Berufungskläger

 

amtlich verteidigt durch lic. iur. Bettina Dürst, Rechtsanwältin

 

 

gegen

 

 

1. Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus

Anklägerin und

Berufungsbeklagte

 

vertreten durch lic. iur. Dorothea Speich, Staatsanwältin

 

2. B.______ AG

Privatklägerin 1 und

Berufungsbeklagte

 

 

3. C.______

Privatklägerin 2

 

 

vertreten durch Fernanda Pontes Clavadetscher, Rechtsanwältin

 

 

 

betreffend

 

 

 

Veruntreuung, Vernachlässigung der Unterhaltspflichten etc.

 

 

 

Rechtsbegehren des Beschuldigten und Berufungsklägers (gemäss Berufungserklärung vom 28. Januar 2022 [act. 71, S. 1 f.], angepasst anlässlich der Berufungsverhandlung vom 4. November 2022 [act. 98, S. 1 f.; act. 95, S. 3 f.], sinngemäss):

 

1.    Es sei das Urteil der Strafkammer des Kantonsgerichts Glarus vom 5. Januar 2022 bezüglich der nachfolgenden Dispositiv-Ziff. aufzuheben:

-

Ziff. 1 hinsichtlich des Vorfalls in Bilten vom 22. Dezember 2020, Fahren ohne Berechtigung gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG;

-

Ziff. 3 bezüglich der Höhe der Freiheitsstrafe, der Geldstrafe und der Busse;

-

Ziff. 6 hinsichtlich der Einziehung und Verwertung der beiden beschlagnahmten Fahrzeuge Citroën Berlingo und Mercedes Benz sowie des Fahrzeugschlüssels des Mercedes Benz;

-

Ziff. 7 bezüglich der grundsätzlichen Feststellung eines Schadenersatzanspruchs;

-

Ziff. 10 hinsichtlich der vollumfänglichen Auferlegung der Gerichtsgebühren und Verfahrenskosten und

-

Ziff. 11 bezüglich der Verpflichtung zur Bezahlung einer Parteientschädigung in der Höhe von CHF 7'100.− an die Privatklägerin 1.

 

2.    Der Berufungskläger sei hinsichtlich des Vorfalls in Bilten vom 22. Dezember 2020 vom Vorwurf des Fahrens ohne Berechtigung freizusprechen.

 

3.    Es sei festzustellen, dass der Berufungskläger vom Vorwurf des Fälschens von Ausweisen gemäss Art. 252 StGB, begangen am 19. November 2020 und am 3. Dezember 2020, freizusprechen ist.

 

4.    Es sei eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten, eine Geldstrafe von neu 50 Tagessätzen à CHF 10.− und eine Busse von neu CHF 220.− auszusprechen, auf welche die ausgestandene Polizei- und Sicherheitshaft anzurechnen sei.

 

5.    Es seien der Citroën Berlingo und der Mercedes Benz sowie die Fahrzeugschlüssel des Mercedes Benz an den Berechtigten die Berechtigte herauszugeben.

 

6.    Es seien sämtliche geltend gemachten Zivilforderungen auf den Zivilweg zu verweisen.

 

7.    Es seien dem Berufungskläger die Verfahrenskosten lediglich im Umfang von ¾ der Gesamtkosten aufzuerlegen.

 

8.    Es sei die Parteientschädigung der Privatklägerin 1 angemessen zu reduzieren.

 

9.    Alles unter der gesetzlichen Kostenfolge.

 

Anträge der Anklägerin und Berufungsbeklagten (gestellt anlässlich der Hauptverhandlung [act. 95, S. 4; act. 100, S. 1], sinngemäss):

 

1.

Die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen.

 

 

2.

Unter Kostenfolge zu Lasten des Beschuldigten.

____________________

 

Das Gericht zieht in Betracht:

 

I.          Prozessgeschichte

 

1.        

Am 19. Juli 2021 erhob die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus (nachfolgend `Staatsanwaltschaft`) Anklage gegen A.______ (nachfolgend `Beschuldigter`) wegen Veruntreuung gemäss Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Vernachlässigung von Unterhaltspflichten gemäss Art. 217 StGB, mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG, Hinderung einer Amtshandlung gemässe Art. 286 StGB, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte gemäss Art. 285 Ziff. 1 StGB (eventualiter Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 StGB), Übertretung der Verkehrsregelverordnung durch Nichttragen der Sicherheitsgurte gemäss Art. 96 VRV i.V.m. Art. 57 Abs. 5 lit. a SVG und Art. 3a Abs. 1 VRV, mehrfacher Fälschung von Ausweisen gemäss Art. 252 StGB, mehrfacher Verletzung der Verkehrsregeln durch Vornehmen einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert, gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV sowie Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VRV (act. 1).

 

2.        

2.1.      Mit Urteil vom 5. Januar 2022 sprach die Strafkammer des Kantonsgerichts Glarus den Beschuldigten der Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten im Sinne von Art. 217 StGB, des mehrfachen Führens eines Motorfahrzeuges trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG (Vorfälle vom 31. Mai 2018, 8. August 2018, 30. Juli 2019, 19. November 2020, 3. Dezember 2020, 22. Dezember 2020, 6. Februar 2021 und 25. Februar 2021), der mehrfachen Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 StGB (Vorfälle vom 8. August 2018 und 30. Juli 2019), des mehrfachen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG (Vorfälle vom 19. November 2020, 3. Dezember 2020 und 25. Februar 2021), der Fälschung von Ausweisen gemäss Art. 252 StGB (Vorfall vom 25. Februar 2021), der Verletzung der Verkehrsregeln durch Vornehmen einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeuges erschwert, gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV (Vorfall vom 19. November 2020) sowie der Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VRV (Vorfall vom 6. Februar 2021) schuldig (act. 59, S. 87, Dispositiv-Ziff. 1).

 

2.2.      Von den weiteren Vorwürfen des Führens eines Motorfahrzeuges trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG (Vorfall vom 13. November 2020), der Übertretung der Verkehrsregelverordnung durch Nichttragen der Sicherheitsgurte gemäss Art. 96 VRV i.V.m. Art. 57 Abs. 5 lit. a SVG und Art. 3a Abs. 1 VRV (Vorfall vom 30. Juli 2019) sowie der mehrfachen Verletzung der Verkehrsregeln durch Vornehmen einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert, gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV (Vorfälle vom 3. Dezember 2020 und vom 25. Februar 2021), sprach die Strafkammer den Beschuldigten hingegen frei (act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 2). Sie verurteilte den Beschuldigten zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 33 Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen Haft von 87 Tagen, einer unbedingten Geldstrafe von 75 Tagessätzen à je CHF 30.− sowie zu einer Busse von CHF 300.−, welche bei Nichtbezahlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen umzuwandeln sei (act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 3). Zudem hielt die Vorinstanz fest, dass das Beschleunigungsgebot im vorliegenden Strafprozess teilweise verletzt wurde (act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 4).

 

2.3.      Sie verfügte, dass die im Mercedes Benz, [...], sichergestellten persönlichen Gegenstände und Werkzeuge dem Beschuldigten herauszugeben seien. Die beschlagnahmten Motorfahrzeuge Citroën Berlingo, [...], und Mercedes Benz, [...], und der Fahrzeugschlüssel des Mercedes Benz würden eingezogen und verwertet. Ein allfälliger Erlös sei an die Verfahrenskosten anzurechnen (act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 5-6). Die Gerichtsgebühr setzte sie fest auf CHF 6'000. und auferlegte diese zusammen mit den weiteren Verfahrenskosten von insgesamt CHF 7'600. dem Beschuldigten (act. 59, S. 89 Dispositiv-Ziff. 8-10). Der amtlichen Verteidigerin des Beschuldigten erkannte die Vorinstanz aus der Gerichtskasse ein Honorar in der Höhe von CHF 12'959.43 zu (act. 59, S. 89, Dispositiv-Ziff. 12). Zudem wurde im Grundsatz festgestellt, dass die B.______ AG (nachfolgend `Privatklägerin 1`) gegenüber dem Beschuldigten Anspruch auf einen noch zu beziffernden Schadenersatz hat, und wurde ihr zulasten des Beschuldigten eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 7'100. zugesprochen (act. 59, S. 89, Dispositiv-Ziff. 7 und 11).

 

3.        

Gegen dieses Urteil erhob der Beschuldigte am 28. Januar 2022 fristgerecht Berufung beim Obergericht des Kantons Glarus und beantragte dabei, das vorinstanzliche Urteil sei bezüglich der Dispositiv-Ziff. 1 hinsichtlich des Vorfalls vom 22. Dezember 2020 (Fahren ohne Berechtigung), Dispositiv-Ziff. 3 (Höhe und Vollzug Freiheitsstrafe, Geldstrafe, Busse), Dispositiv-Ziff. 6 (Einziehung und Verwertung von Fahrzeugen), Dispositiv-Ziff. 7 (Feststellung Schadenersatzanspruch), Dispositiv-Ziff. 10 (Kostenauferlegung) und Dispositiv-Ziff. 11 (Parteientschädigung) aufzuheben. Er sei mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von lediglich zwölf Monaten, einer Geldstrafe von total 30 Tagessätzen à je CHF 20. und einer Busse von CHF 200.− zu bestrafen, wobei die ausgestandene Polizei- und Sicherheitshaft anzurechnen sei (act. 71, S. 1 f.).

 

4.        

Die Berufungsverhandlung fand am 4. November 2022 statt (act. 95). Dabei ergänzte die Verteidigerin ihre in der Berufungserklärung gestellten Anträge, sodass der Beschuldigte hinsichtlich des Vorfalls in Bilten vom 22. Dezember 2020 vom Vorwurf des Fahrens ohne Berechtigung sowie hinsichtlich der Sachverhalte vom 19. November 2020 und 3. Dezember 2020 vom Vorwurf des Fälschens von Ausweisen gemäss Art. 252 StGB freizusprechen sei. Als Strafe beantragte sie neu eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, eine Geldstrafe von total 50 Tagessätzen à je CHF 10. und eine Busse von CHF 220., wobei die ausgestandene Polizei- und Sicherheitshaft anzurechnen sei. Der Citroën Berlingo und der Mercedes Benz inkl. Fahrzeugschlüssel seien an den Berechtigten herauszugeben. Sämtliche Zivilforderungen seien auf den Zivilweg zu verweisen. Die Verfahrenskosten seien dem Beschuldigten lediglich im Umfang von ¾ aufzuerlegen und die vom Beschuldigten geschuldete Parteientschädigung an die Privatklägerin 1 sei angemessen zu reduzieren. Den Antrag auf eine teilbedingte Freiheitsstrafe zog die Verteidigerin hingegen zurück (act. 98, S. 1 f.; act. 95, S. 3 f.).

 

5.        

Am 10. März 2023 fällte das Obergericht seinen Entscheid (act. 102). Der Entscheid wird schriftlich eröffnet, nachdem die Parteien auf eine mündliche Urteilseröffnung ausdrücklich verzichtet haben (Art. 84 Abs. 3 StPO; act. 95, S. 8).

 

 

II.         Prozessuales

 

1.        

1.1.      Das hier angefochtene Strafurteil der Vorinstanz (act. 59) ist der Berufung zugänglich (Art. 398 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte ist zur Berufung legitimiert (Art. 382 Abs. 1 StPO) und das Obergericht ist Rechtsmittelinstanz in Strafsachen für die Behandlung von Berufungen (Art. 17 Abs. 1 lit. a GOG [GS III A/2]). Der Beschuldigte hat mit der Berufung vom 28. Januar 2022 die Rechtsmittelfrist gewahrt und erhebt zulässige Rügen (Art. 398 Abs. 3 StPO; Art. 399 StPO; vgl. act. 71).

 

1.2.      Mit der Berufungserklärung vom 28. Januar 2022 hatte der Beschuldigte den Schuldpunkt lediglich in Bezug auf das Fahren ohne Berechtigung am 22. Dezember 2020 angefochten. An der Berufungsverhandlung vom 4. November 2022 verlangte die Verteidigerin aber zusätzlich eine Überprüfung des Schuld­punktes hinsichtlich der Vorfälle vom 19. November 2020 und vom 3. Dezember 2020. Zu diesem Zeitpunkt war die Berufungsfrist bereits abgelaufen (Art. 399 Abs. 3 StPO), womit diese Erweiterung der Berufung verspätet ist (Luzius Eugster, in: Basler Kommentar Schweizerische Strafprozessordnung [StPO/JStPO], 2. Aufl., Basel 2014, N3 zu Art. 399 StPO). Auf den entsprechenden Antrag ist deshalb nicht einzutreten. Bei den Übrigen an der Berufungsverhandlung gestellten (neuen) Anträgen handelt es sich um Präzisierungen Einschränkungen der bisherigen Anträge (vgl. zum Ganzen act. 95 und 98). Auf die entsprechenden Anträge ist deshalb einzutreten (Art. 398 ff. StPO).

 

2.        

Nach Art. 398 Abs. 3 StPO können mit der Berufung Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerungen und Rechtsverzögerungen (lit. a), die unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) sowie Unangemessenheit (lit. c) gerügt werden.

 

3.        

Die Berufungsinstanz überprüft das Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO). Wird gegen einzelne Punkte eines erstinstanzlichen Urteils kein Rechtsmittel ergriffen, erwachsen die betreffenden Urteilspunkte rückwirkend auf den Tag der Entscheidung in Rechtskraft (Art. 437 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 StPO). Die rechtskräftigen Punkte sind im Dispositiv des Berufungsentscheids vorab aufzuführen (Niklaus Schmid/Daniel Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen 2018, N. 1 f. zu Art. 408 StPO). Gemäss Art. 408 StPO hat das Berufungsgericht (wenn es auf die Berufung eintritt) in jedem Fall ein neues Urteil zu fällen, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt. Darin wird unabhängig von einem allfälligen Antrag der Parteien auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung neu befunden (Art. 428 Abs. 3 StPO; Urteil BGer 6B_655/2018 vom 4. April 2019, E. 2.3).

 

4.        

Vorliegend sind die folgenden Punkte des vorinstanzlichen Entscheids unangefochten in Rechtskraft erwachsen: Dispositiv-Ziff. 1 (Schuldsprüche) – abgesehen vom Schuldspruch betreffend das mehrfache Führen eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG, begangen am 22. Dezember 2020 –, Dispositiv-Ziff. 2 (Freisprüche), Dispositiv-Ziff. 4 (Feststellung Verletzung Beschleunigungsgebot), Dispositiv-Ziff. 5 (Herausgabe persönlicher Gegenstände und Werkzeuge), Dispositiv-Ziff. 8, 9 und 12 (Gerichtsgebühr, Verfahrenskosten und Entschädigung der amtlichen Verteidigung).

 

5.        

Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens SG.2021.00059 (act. 1-70/2) wurden beigezogen. Integrierender Bestandteil dieser Akten bilden die Strafuntersuchungsakten (Verfahren SA.2016.00470; act. 2/1.0.00 ff.) sowie die Akten des Scheidungsverfahrens des Bezirksgerichts Zürich (Verfahren FE190351-L; act. 3/1 ff.). Die Akten des Berufungsverfahrens werden im gleichen Dossier geführt (ab act. 71).

 

 

III.        Vorfrage

 

Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 4. November 2022 brachte die Verteidigerin die Vorfrage auf, ob sie im vorliegenden Verfahren allenfalls nicht mehr als amtliche Verteidigerin eingesetzt sei. Zu dieser Vorfrage veranlasst wurde die Verteidigerin durch das Schreiben des Beschuldigten vom 4. November 2022 (per E‑Mail bereits am Vortag versandt; act. 101). Das Obergericht entschied am 4. November 2022, dass sich dem betreffenden Schreiben des Beschuldigten nicht entnehmen lasse, er beantrage einen Wechsel der amtlichen Verteidigung. Im Übrigen wäre ein solcher Antrag ohnehin abzuweisen, da es an einer Begründung fehlt und auch keine Gründe für einen Wechsel ersichtlich sind (vgl. zum Ganzen act. 95, S. 2 f.).

 

Vorliegend wurde die amtliche Verteidigerin bereits von der Staatsanwaltschaft eingesetzt und in dieser Funktion im weiteren Verlauf des Verfahrens sowohl vom Kantons- als auch vom Obergericht bestätigt (vgl. act. 2/2.1.04; act. 11; act. 39; act. 57; act. 59, S. 89, Dispositiv-Ziff. 12; act. 73). Der Beschuldigte war somit ab der Untersuchung über alle Instanzen hinweg stets amtlich verteidigt.

 

 

IV.       Sachverhalt

 

1.        

Wie bereits erwähnt, ist vorliegend einzig der Schuldpunkt hinsichtlich des Vorfalls vom 22. Dezember 2020 (act. 1, S. 4, Ziff. 3.G) strittig, weshalb der Sachverhalt nur diesbezüglich zu überprüfen ist.

 

1.1.      Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten vor, am Dienstag, 22. Dezember 2020, um 12.55 Uhr, in Bilten (Glarus Nord) auf der Autobahn A3, in Fahrtrichtung Chur den Personenwagen `Ssanyong Rok Rexton`, [...], mitsamt einem Sachentransportanhänger gelenkt zu haben, obwohl ihm der erforderliche Führerausweis der Kategorie B am 20. April 1998 entzogen worden war. Der Beschuldigte habe die Ausfahrtstrecke nach Bilten/Schänis befahren und sei auf der Schäniserstrasse nach links Richtung Schänis abgebogen (act. 1, S. 4). Die Vorinstanz erachtete den Anklagesachverhalt als erstellt, nachdem sie die polizeilichen Zuständigkeitsvorschriften als Ordnungsvorschriften qualifiziert hatte und damit den Rapport von D.______, Polizist der Stadtpolizei Zürich, als verwertbar erklärte (act. 59, S. 33 ff., E. V.1.5.3 ff.).

 

1.2.      Der Beschuldigte bringt vor, dass der Rapport von D.______ nicht verwertbar sei, weil dieser in Überschreitung seiner Kompetenzen gehandelt habe. Zudem sei nicht der Beschuldigte, sondern sein Cousin, E.______, am 22. Dezember 2020 mit einem Ssanyong Rok Rexton samt Sachentransportanhänger in Bilten in Fahrtrichtung Chur von der Autobahn abgefahren, um in der [...] (wo E.______ arbeite) Gegenstände zu entsorgen (act. 71, S. 2 f.). Dieser Cousin sehe dem Beschuldigten sehr ähnlich, weshalb es gut sein könne, dass D.______ den Cousin gesehen habe (act. 98, S. 4; act. 95, S. 7). Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft besteht hingegen keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Beschuldigten und seinem Cousin, insbesondere nicht für D.______, welcher den Beschuldigten sehr gut kenne. Der durch die Vorinstanz erfolgte Schuldspruch sei entsprechend zu bestätigen (act. 100, S. 4).

 

2.        

2.1.      Zunächst ist vorliegend zu prüfen, ob der von D.______ erstellte Polizeirapport im vorliegenden Verfahren verwertbar ist: Wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, verfasste D.______ den Polizeirapport über einen Sachverhalt (Vorfall vom 22. Dezember 2020 in Bilten/GL), welcher sich ausserhalb seines örtlichen Zuständigkeitsbereichs ereignete (vgl. act. 59, S. 33, E. V.1.5.3). Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit gelten – wie dies bereits die Vorinstanz richtig festgehalten hat (vgl. act. 59, S. 33 f., E. V.1.5.3) – als Ordnungsvorschriften (BGE 142 IV 23 E. 3.2; Wolfgang Wohlers, Kommentar StPO, 3. Aufl., Genf 2020, N33 zu Art. 141 StPO; Urteil BGer 6B_372/2018 vom 7. Dezember 2018, E. 3.4.3). Entgegen der Auffassung der Verteidigerin (act. 98, S. 2) wurden die entsprechenden Vorschriften nicht im Hinblick auf die Gewährung eines fairen Verfahrens aufgestellt. Die Vorschriften sollen vielmehr die Souveränität des jeweiligen Kantons bei der Organisation der polizeilichen Aufgaben wahren (BGE 142 IV 23 E. 3.2). Hinzu kommt, dass D.______ im betreffenden Fall weder eine Zwangsmassnahme anordnete noch Zwang ausübte. Der Beschuldigte hat entsprechend keinen wesentlichen Eingriff erlitten, wobei das Bundesgericht die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit sogar bei der Durchführung von Zwangsmassnahmen als reine Ordnungsvorschriften qualifiziert (vgl. Urteil BGer 6B_372/2018 vom 7. Dezember 2018, E. 3.4.3; vgl. auch Art. 216 StPO). Da bei der Erstellung des Rapports vorliegend lediglich Ordnungsvorschriften verletzt wurden, ist dieser verwertbar (Art. 141 Abs. 3 StPO).

 

2.2.      Dem Rapport von D.______ kann entnommen werden, dass dieser auf der Schäniserstrasse auf der Höhe der Aus-/Einfahrt zur Autobahn A3 in Richtung Chur anhalten musste. Beim Anfahren habe er den Personenwagen [...] bemerkt, welcher von dem ihm bestens bekannten Beschuldigten gelenkt worden sei (act. 2/8.8.01). Diesen Sachverhalt gab D.______ auch an seiner Zeugeneinvernahme vom 20. April 2021 wieder, wobei er präzisierte, zunächst einen grauen SUV mit dem erwähnten Kennzeichen wahrgenommen und anschliessend gesehen zu haben, dass der Beschuldigte der Lenker sei (act. 2/10.3.01, S. 2 f., Ziff. 3). Die Aussagen von D.______ sind schlüssig, widerspruchsfrei und erscheinen somit glaubhaft.

 

2.3.      Nach den Angaben des Beschuldigten soll nicht er, sondern sein Cousin die Autobahnausfahrt in Bilten benutzt haben. Dieser besitze einen Ssanyong Rok Rexton samt Sachentransportanhänger (act. 48, S. 15, Frage 74) und habe mit diesem in der KVA Niederurnen Gegenstände entsorgen wollen. Hierzu ist vorweg zu erwähnen, dass der Cousin zu diesem Zweck bei der Ausfahrt in Richtung Bilten hätte abbiegen müssen und nicht in Richtung Schänis, wie dies D.______ beobachtet hatte. Dass sich der Cousin – welcher in der KVA Niederurnen arbeitet und die Strecke daher gut kennen dürfte – in der Richtung geirrt hat, ist unwahrscheinlich. Anzuerkennen ist, dass zwischen dem Beschuldigten und seinem Cousin ein gewisse Ähnlichkeit besteht (vgl. act. 97, act. 72, act. 2/4.1.04). Für jemanden, der den Beschuldigten kennt, sind die beiden aber dennoch ohne Weiteres – auch auf eine Distanz von ca. fünf bis sechs Metern (act. 2/10.3.01, S. 3, Ziff. 6) – gut zu unterscheiden. Hinzu kommt, dass sich D.______ nach der Version des Beschuldigten nicht nur in der Person des Fahrers, sondern auch im Kennzeichen geirrt haben müsste. Da sein Cousin im Kanton Schwyz wohnhaft ist, müsste vom Irrtum sogar das kantonale Hoheitszeichen (GL statt SZ) erfasst sein. Dass sich D.______ in all diesen Punkten geirrt haben soll, ist auszuschliessen. Es sind daher hierzu auch keine zusätzlichen Beweiserhebungen mehr erforderlich.

 

2.4.      Weder die beantragte Edition des ID-/Passfotos noch die Abklärung beim Strassenverkehrsamt vermögen vorliegend strittige rechtserhebliche Tatsachen zu beweisen. Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Beschuldigten und E.______ ist bereits durch die vorhandenen Fotos belegt (vgl. E. IV.2.3 vorstehend). Dabei besteht kein Zweifel daran, dass es sich bei der auf den beiden vorhandenen Fotos abgebildeten Person um E.______ handelt. Bei der vorstehenden Prüfung des Sachverhalts wurde zudem bereits berücksichtigt, dass E.______ Halter eines Ssangyong Rok Rexton sein könnte, was aber nichts daran ändert, dass sich der Polizeifunktionär in einer Vielzahl von Punkten geirrt haben müsste, damit die Version des Beschuldigten aufginge. Die von der Verteidigerin gestellten Beweis­anträge sind daher abzuweisen.

 

2.5.      Zusammengefasst gelangt das Obergericht zur Überzeugung, dass sich der Sachverhalt, wie vom Polizeifunktionär umschrieben, ereignet hat. Die in sich nicht stimmige Version des Beschuldigten hingegen vermag keine begründeten Zweifel an der vom Obergericht gewonnenen Überzeugung hervorzurufen. Dass der Beschuldigte über keinen in der Schweiz gültigen Führerausweis verfügt, hat bereits die Vorinstanz zutreffend ausgeführt, worauf verwiesen werden kann (vgl. act. 59, S. 31 ff., E. V.1.4.10 ff.).

 

 

V.        Rechtliches

 

Die von der Vorinstanz zutreffend vorgenommene Qualifizierung des eingeklagten Tatgeschehens als Führen eines Motorfahrzeuges trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG) blieb im Berufungsverfahren zu Recht im Grundsatz unbestritten. Dass die Vorinstanz für die Beschreibung der Tatbestandsmässigkeit nicht die Marginalie von Art. 95 SVG (Fahren ohne Berechtigung) verwendete, sondern sie unmittelbar den Inhalt von Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG wiedergab (Führen eines Motorfahrzeuges trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises), ist nicht zu beanstanden (vgl. auch Urteil BGer 6B_1191/2018 vom 11. März 2019, E. 5.3; Urteil BGer 6B_759/2019 vom 11. März 2020, E. 2.4.1). Im Übrigen wird ein Verstoss gegen Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG auch im schweizerischen Strafregister mit dieser Beschreibung und nicht als `Fahren ohne Berechtigung` festgehalten (vgl. act. 94, S. 2). Die diesbezügliche Kritik der Verteidigerin (act. 98, S. 1) ist daher unbegründet. Eine Überprüfung zur Verhinderung von gesetzeswidrigen unbilligen Entscheiden im Sinne von Art. 404 Abs. 2 StPO drängt sich auch hinsichtlich der Vorfälle vom 19. November 2020 und vom 3. Dezember 2020 nicht auf.

 

 

VI.       Strafzumessung und Vollzug

 

1.        

1.1.      Die Vorinstanz verurteilte den Beschuldigten für die Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, das mehrfache Führen eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Ausweises gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG, den mehrfachen Missbrauch von Ausweisen und Schildern gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG sowie die Fälschung von Ausweisen gemäss Art. 252 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von insgesamt 33 Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen Haft von 87 Tagen, (act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 3, und S. 62 ff., E. X.3.1.1 ff.).

 

Zudem verurteilte sie ihn für die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten im Sinne von Art. 217 StGB sowie die mehrfache Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 75 Tagessätzen à je CHF 30.− (act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 3, und S. 63 ff., E. X.3.1.3 ff.). Für die begangenen Übertretungen (Vornahme einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeuges erschwert gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV, sowie Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VRV) sprach sie eine Busse von insgesamt CHF 300.− (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) aus (act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 3, und S. 71., E. X.5.3.5). Weil vorliegend einzig der Beschuldigte Berufung erhoben hat, kann das Obergericht nicht über dieses Strafmass hinausgehen (Art. 391 Abs. 2 StPO).

 

1.2.      Der Beschuldigte erachtet dieses Strafmass als zu hoch (act. 71, S. 3) und beantragt eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen à CHF 10. und eine Busse von CHF 220.− (act. 95, S. 3). Er lässt vorbringen, dass er nur mit einer marginalen Erhöhung des Strafmasses hätte rechnen müssen, wenn die vor dem 26. September 2018 erfolgten Straftaten im früheren Verfahren SG.2017.00139 beurteilt worden wären. Weiter sei zu berücksichtigen, dass auch bezüglich dieser Straftaten das Beschleunigungsgebot verletzt worden sei, weshalb die Strafe massgeblich zu reduzieren sei. Die für die Straftaten nach dem 26. September 2018 verhängten Strafen seien weit über der Norm und daher nicht mehr verhältnismässig. Der Beschuldigte befinde sich ausserdem in desolaten wirtschaftlichen Verhältnissen, weshalb höchstens von einem Tagessatz von CHF 10. ausgegangen werden dürfe (vgl. zum Ganzen act. 98, S. 5 ff.). Die Staatsanwaltschaft verweist grundsätzlich auf die Ausführungen der Vorinstanz. Sie betont aber, es sei zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte sämtliche Straftaten während laufenden Strafuntersuchungen begangen habe und absolut uneinsichtig sei (act. 100, S. 4 ff.).

 

2.        

Was die Methodik der Strafzumessung anbetrifft, kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO; vgl. act. 59, S. 61 ff. E. X.2). Demzufolge sind zunächst die Strafen für die Straftaten, welche vor dem Urteil des Kantonsgerichts vom 26. September 2018 (Verfahren SG.2017.00139; nachfolgend `Ersturteil`) verübt wurden, festzusetzten (E. VI.3). Für die mit Freiheitsstrafe zu sanktionierenden Delikte ist nach der Festlegung der Einzelstrafen eine Zusatzstrafe auszusprechen (E. VI.3.3), für die mit Geldstrafe zu bestrafenden Delikte eine Gesamtstrafe (E. VI.3.4). Erst danach sind diejenigen Strafen festzusetzen, welche für die nach dem 26. September 2018 verübten Delikte verhängt werden (E. VI.4). Nach der Festsetzung der Einzelstrafen sind dabei bei gleichartigen Strafen Gesamtstrafen zu bilden (E. VI.4.3. ff.). Zuletzt sind schliesslich die jeweils verhängten (Gesamt-/Zusatz-)Strafen zusammenzuzählen (E. VI.5).

 

3.         Straftaten vor dem 26. September 2018

3.1.      Der Beschuldigte beging die Veruntreuung, das Führen eines Motorfahrzeuges trotz Entzug des Ausweises am 31. Mai 2018 und am 8. August 2018 sowie die Hinderung einer Amtshandlung am 8. August 2018 vor dem 26. September 2018. Wie nachfolgend noch aufzuzeigen sein wird, sind für die Veruntreuung sowie das Führen eines Motorfahrzeuges trotz Entzug des Ausweises am 8. Augst 2018 Freiheitsstrafen anzuordnen. Die Hinderung einer Amtshandlung sowie das Führen eines Motorfahrzeuges trotz Entzug des Ausweises am 31. Mai 2018 sind hingegen mit einer Geldstrafe zu bestrafen.

 

3.2.      Im Verfahren SG.2017.00139 wurde der Beschuldigte mit Urteil des Kantonsgerichts vom 26. September 2018 für die Fälschung von Ausweisen im Sinne von Art. 252 StGB, die mehrfache Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b und d BetmG, das mehrfache Fahren ohne Berechtigung im Sinne von Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG, das Überlassen eines Motorfahrzeuges an einen nicht fahrberechtigen Führer im Sinne von Art. 95 Abs 1 lit. e SVG sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt (act. 2/18.2, S. 39, Dispositiv-Ziff. 1, und S. 41, Dispositiv-Ziff. 5).

 

3.3.      Bemessung der Zusatzfreiheitsstrafe

3.3.1.   Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)

3.3.1.1.            Die Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe bestraft. Geschütztes Rechtsgut ist dabei das Vermögen der geschädigten Person (vgl. act. 59, S. 64, E. X.3.3.1). Mangels Anfechtung der Veruntreuung im Schuldpunkt steht vorliegend rechtskräftig fest, dass der Beschuldigte sämtliche Tatbestandselemente der Veruntreuung erfüllt hat (vgl. E. I.3 und II.4 vorstehend). Auf die diesbezüglichen Vorbringen der Verteidigerin (act. 98, S. 5) ist daher nicht weiter einzugehen.

 

3.3.1.2.            Zu den objektiven Tatkomponenten ist festzuhalten, dass der Beschuldigte vorliegend einen Bagger mit einem Neuwert von CHF 50'000. veruntreut hat (vgl. act. 59, S. 21, E. III.2.3; act. 2/.3.1.01-16), womit das Vermögen der Privatklägerin 1 erheblich beeinträchtigt wurde. In geringem Ausmass zu Gunsten des Beschuldigten ist zu berücksichtigen, dass dieser zumindest eine Anzahlung von CHF 2'800. leistete (act. 2/8.1.02, S. 2, Ziff.1, und S. 6, Ziff. 31). Zum Verhalten des Beschuldigten ist festzuhalten, dass dieser den Kontakt zum Geschädigten nach dem 17. Juni 2016 komplett abbrach und sich bereits davor nur sporadisch meldete (vgl. act. 2/8.1.02, S. 2 Ziff. 1, und S. 5, Ziff. 21 f.). Die objektive Tatschwere ist insgesamt – insbesondere aufgrund dessen, dass weit höhere Vermögensbeeinträchtigungen denkbar sind – noch im unteren Bereich einzuordnen.

 

3.3.1.3.            Auf der subjektiven Seite ist zu beachten, dass der Beschuldigte vorgängig nicht ein Vertrauensverhältnis aufbauen besondere Bemühungen tätigen musste, um den Bagger zu erhalten (vgl. act. 2/8.1.02, S. 3, Ziff. 2 ff.). Den Mietvertrag schloss der Beschuldigte allerdings auf den Namen einer nicht (mehr) existierenden Firma ab (vgl. act. 2/8.1.02, S. 3, Ziff. 2; act. 50; act. 2/3.1.01-14; act. 2/3.1.01-15). Die kriminelle Energie des Beschuldigten betreffend die Veruntreuung ist insgesamt als nicht mehr leicht einzustufen. Der Beschuldigte gibt zur Motivation seines Handelns an, dass er den Bagger aufgrund des erschienenen Zeitungsberichts bzw. aufgrund des Verhaltens der Privatklägerin 1 nicht habe zurückbringen wollen (act. 2/8.1.03, S. 5, Ziff. 30, und S. 7 f., Ziff. 47 f. und 60). Mit anderen Worten wollte sich der Beschuldigte durch die Nichtrückgabe des Baggers rächen, womit sein Handeln von einen verwerflichen Beweggrund geleitet wurde. Dies ist verschuldenserhöhend zu berücksichtigen.

 

3.3.1.4.            Insgesamt wird die objektive Tatschwere durch die subjektiven Komponenten leicht erhöht. Beim Beschuldigten ist vorliegend deshalb von einem leichten bis mittleren Verschulden auszugehen. Als Strafe kommt somit einzig eine Freiheitsstrafe in Frage. Ausgehend von der objektiven Tatschwere im unteren Bereich (konkret von acht Monaten Freiheitsstrafe) erscheint daher nach Berücksichtigung der subjektiven Elemente eine Einsatzstrafe von neun Monaten angemessen. Entgegen der Auffassung der Verteidigerin (act. 98, S. 5) entspricht eine Freiheitsstrafe von neun Monaten bei einem theoretisch möglichen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren noch einem leichten bis mittleren Verschulden.

 

3.3.1.5.            Zu den Täterkomponenten ist bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass der Beschuldigte einschlägig vorbestraft ist, wurde er doch bereits im Jahr 2007 der mehrfachen Veruntreuung schuldig gesprochen (act. 94). Dies ist stark straferhöhend zu berücksichtigen, zeugt dieser Umstand doch von einer ausgeprägten Uneinsichtigkeit des Beschuldigten. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte die Tat während einer laufenden Strafuntersuchung verübt hat, wobei allerdings keine einschlägigen Delikte untersucht wurden (vgl. act. 2/1.1.01; act. 94; act. 18/2). Dieser Umstand ist deshalb nur leicht straferhöhend zu berücksichtigen. Weitere deliktsspezifische Straferhöhungs- ‑minderungsgründe sind nicht ersichtlich (vgl. aber E. VI.3.3.3.2). Aufgrund der eben erwähnten Täterkomponenten ist die Einsatzstrafe von neuen Monaten auf zwölf Monate zu erhöhen.

 

3.3.2.   Führen eines Motorfahrzeugs am 8. August 2018 trotz Entzug des Ausweises (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG)

3.3.2.1.            Das Führen eines Motorfahrzeuges trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises nach Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft. Im Rahmen der objektiven Tatschwere ist dabei insbesondere die zurückgelegte Strecke sowie das Gefährdungspotential, welches vom Verhalten des Täters ausgeht, zu berücksichtigen (vgl. Hans Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl., Basel 2019, N115).

 

3.3.2.2.            Zur objektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte die Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer erheblich gefährdete, indem er, obwohl ihm der Führerausweise seit dem Jahr 1998 entzogen ist (act. 2/1.1.08, S. 5), weiterhin ein Motorfahrzeug führte. Am 8. August 2018 lenkte er einen Fiat Scudo, als er in Effretikon in eine Polizeikontrolle geriet. Zu berücksichtigen ist, dass dem Beschuldigten – bevor er (zumindest vorübergehend) dem Polizeifahrzeug folgte – keine aussergewöhnlich lange Strecke nachgewiesen werden konnte (vgl. act. 2/8.4.1 f.). Die objektive Tatschwere befindet sich damit zwar noch im unteren, aber nicht mehr im untersten Bereich.

 

3.3.2.3.            In subjektiver Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass beim Beschuldigten im Laufe der Strafuntersuchung immer wieder Fahrzeuge beschlagnahmt wurden (vgl. act. 2/5.1.05; act. 2/18.2, S. 37, E. V.3). Darin offenbart sich seine Uneinsichtigkeit sowie eine gewisse Hartnäckigkeit. Eine besondere Anstrengung des Beschuldigten, um an ein Fahrzeug beispielsweise seines Vaters zu gelangen, dürfte aber nicht erforderlich gewesen sein. Die kriminelle Energie des Beschuldigten ist daher als mittelmässig einzustufen. Verschuldenserhöhend wirkt sich jedoch das egoistische Motiv des Beschuldigten aus, wollte sich dieser durch das Führen eine Motorfahrzeugs offenbar selbst das Fortkommen erleichtern bzw. bequemer machen. Die subjektiven Komponenten vermögen damit die objektive Tatschwere leicht zu erhöhen. Das Verschulden des Beschuldigten ist daher als leicht bis mittelmässig einzustufen. Aus diesem Grund kommt vorliegend – insbesondere unter nachfolgender Berücksichtigung der Täterkomponenten – ausschliesslich eine Freiheitsstrafe in Frage. Ausgehend von der objektiven Tatschwere im unteren Bereich ist daher nach Berücksichtigung der subjektiven Elemente einer Freiheitsstrafe von 150 Tagen festzusetzen.

 

3.3.2.4.            Zu den Täterkomponenten ist festzuhalten, dass der Beschuldigte einen belasteten Strafregisterauszug aufweist, wobei allerdings zum Tatzeitpunkt keine der vorhandenen Strafen einschlägig war (act. 94). Die Vorstrafen sind daher lediglich leicht straferhöhend zu berücksichtigen. Erheblich ins Gewicht fällt wiederum, dass der Beschuldigte am 8. August 2018 während einer bereits laufenden Strafuntersuchung aufgrund von gleichen Delikten erneut ohne Ausweis fuhr (vgl. act. 2/1.1.01; act. 94; act. 18/2). Der Beschuldigte zeigte damit eine ausgeprägte Uneinsichtigkeit, was stark straferhöhend zu berücksichtigen ist. Der Beschuldigte gab zwar einerseits zu, ein Fahrzeug gelenkt zu haben (act. 2/10.1.01, S. 6, Ziff. 29), macht aber andererseits immer wieder geltend, in der Schweiz fahrberechtigt zu sein (act. 48, S. 17 f., Fragen 85 f. und 88; act. 2/8.3.02, S. 5; act. 2/8.4.02, S. 2, Ziff. 15 ff. und S. 6, Ziff. 62 f.). Reue Einsicht sind beim Beschuldigten somit nicht zu erkennen. Ausserdem war auch die Beweislage erdrückend (der Beschuldigte fuhr in eine Polizeikontrolle; vgl. act. 2/8.4.01), weshalb das `Geständnis` des Beschuldigten nicht strafmindernd zu berücksichtigen ist (vgl. zum Ganzen Urteil BGer 6B_368/2020 vom 24. November 2020, E. 2.3.3; Urteil BGer 6B_762/2011 vom 9. Februar 2012, E. 4.4). Weitere deliktsspezifische Straferhöhungs- ‑minderungsgründe sind nicht ersichtlich (vgl. aber E. VI.3.3.3.2). Aufgrund der vorstehenden Täterkomponenten ist die Freiheitsstrafe um 40 Tage auf 190 Tage zu erhöhen.

 

3.3.3.   Festsetzung Gesamt- bzw. Zusatzstrafe

3.3.3.1.            Wie bereits erwähnt, muss nun aus den für die einzelnen Delikte festgelegten Freiheitsstrafen eine Gesamtstrafe gebildet werden, wobei von der Einsatzstrafe für das schwerste Delikt auszugehen ist (Art. 49 Abs. 1 StGB). Die Veruntreuung ist vorliegend mit dem höchsten Strafrahmen bedroht, weshalb von der dafür festgesetzten Einsatzstrafe von zwölf Monaten auszugehen ist (vgl. E. VI.3.3.1.5 vorstehend). Aufgrund des Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Ausweises ist diese Strafe angemessen zu erhöhen. Der Straftatbestand der Veruntreuung schützt ein ganz anderes Rechtsgut als derjenige des Führens eines Motorfahrzeuges trotz Entzug des Ausweises. Aus diesem Grund rechtfertigt es sich, die Strafe für die Tatbegehung vom 8. August 2018 in erheblichem Umfang von 150 Tagen anzurechnen. Insgesamt ist deshalb eine Gesamtfreiheitsstrafe von 17 Monaten festzulegen.

 

3.3.3.2.            Im Rahmen der Täterkomponenten wirkt sich die Verletzung des Beschleunigungsgebots (vgl. act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 4) strafmindernd aus. Dies hat, anders als von der Verteidigerin dargestellt (act. 98, S. 6), bereits die Vorinstanz berücksichtigt (act. 59, S. 66, E. X.3.4.2). Vorliegend ist aufgrund der langen Verfahrensdauer die Strafe um drei Monate zu reduzieren. Der Beschuldigte ist weder geständig noch einsichtig (vgl. insbes. act. 48, S. 14, Fragen 68 und 72, und S. 17 f., Fragen 82 und 88) noch hat er sich im vorliegenden Verfahren kooperativ verhalten, weshalb keine weitere Strafreduktion zu gewähren ist. Weitere nicht bereits im Rahmen der einzelnen Delikte berücksichtigte Strafzumessungskomponenten sind nicht ersichtlich. Nach Abzug der drei Monate ergibt sich demnach eine provisorische Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Monaten.

 

3.3.3.3.            Auch im Vergleich zu den im früheren Verfahren SG.2017.00139 beurteilten und mit einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten sanktionierten Delikte (vgl. E. VI.3.2 vorstehend) bildet die Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB die Straftat, welche mit dem höchsten Strafrahmen bedroht ist. Vorliegend ist deshalb von der für die neuen Delikte festgelegten Gesamtstrafe von 14 Monaten auszugehen, welche aufgrund der im Ersturteil festgelegten Strafe von 12 Monaten angemessen zu erhöhen ist (Hans Mathys, a.a.O., N528). Die Gesamtstrafe im Verfahren SG.2017.00139 wurde einerseits auch für das mehrfache Fahren ohne Berechtigung ausgesprochen, womit der Beschuldigte genau dasselbe Rechtsgut gefährdet hat, wie bei der Straftat vom 8. August 2018. Dies würde grundsätzlich dafür sprechen, die Erststrafe nur in geringem Umfang aufzurechnen. Andererseits wurde der Beschuldigte im Ersturteil auch für Delikte verurteilt, wie beispielsweise die mehrfache Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, welche mit den neuen Straftaten in keinem Zusammenhang stehen und andere Rechtsgüter betreffen. Dies würde wiederum für eine umfangreiche Anrechnung der Erststrafe sprechen. Zu berücksichtigen ist ausserdem, dass bei der Bildung der jeweiligen Gesamtstrafen bereits eine Asperation stattgefunden hat (Hans Mathys, a.a.O., N529). Aus den vorstehend erwähnten Gründen rechtfertigt es sich, die Erststrafe im Umfang von acht Monaten aufzurechnen, woraus eine Gesamtstrafe von 22 Monaten resultiert. Wird davon nun die bereits ausgefällte Erststrafe (zwölf Monate) wieder abgezogen, ergibt dies eine Zusatzstrafe von zehn Monaten.

 

3.4.      Bemessung der Geldstrafe

3.4.1.   Führen eines Motorfahrzeugs am 31. Mai 2018 trotz Entzug des Ausweises (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG)

3.4.1.1.            Wer trotz Entzug des Ausweises ein Motorfahrzeug führt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG). Es kann hierzu auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden (E. VI.3.3.2.1).

 

3.4.1.2.            Zur objektiven Tatschwere des Vorfalls vom 31. Mai 2018 kann festgehalten werden, dass der Beschuldigte auch da die Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer gefährdete, indem er ohne Berechtigung fuhr (act. 2/1.1.08, S. 5). Zumindest konnte aber nur belegt werden, dass er das Fahrzeug auf einem ehemaligen Fabrikareal in Oberurnen lenkte (act. 59, S. 32, E. V.1.5.1). Die nachweisbar gefahrene Strecke ist damit kurz und auch das Gefährdungspotential ist auf einem ehemaligen Fabrikareal geringer als im fliessenden Verkehr. Die objektive Tatschwere befindet sich damit im untersten Bereich.

 

3.4.1.3.            In subjektiver Hinsicht fällt ins Gewicht, dass der Beschuldigte bereits für den Vorfall vom 31. Mai 2018 ein anderes Fahrzeug benutzen musste, weil schon damals ein früher von ihm benutztes Fahrzeug beschlagnahmt war (vgl. act. 2/18.2, S. 37, E. V.3). Im Übrigen unterscheiden sich die subjektiven Komponenten nicht vom Vorfall vom 8. August 2018, weshalb darauf verwiesen werden kann (E. VI.3.3.2.3). Die subjektiven Tatschwere wirkt sich daher leicht verschuldenserhöhend aus. Insgesamt fällt das Tatverschulden des Beschuldigten beim Fahren am 31. Mai 2018 trotz Entzug des Führerausweises noch in den Bereich einer Geldstrafe. Ausgehend von einem insgesamt noch leichten Verschulden ist die Geldstrafe vorerst auf 40 Tagessätze festzulegen.

 

3.4.1.4.            Die deliktsspezifischen Täterkomponenten unterscheiden sich ebenfalls nicht von denjenigen beim Vorfall vom 8. August 2018, delinquierte doch der Beschuldigte bereits am 31. Mai 2018 während einer laufenden Strafuntersuchung (vgl. act. 2/1.1.01). Es kann diesbezüglich auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden (vgl. E. VI.3.3.2.4; act. 2/10.1.01, S. 6, Ziff. 27; act. 48, S. 14, Frage 69; act. 2/8.3.01). Aufgrund der Täterkomponenten ist die Geldstrafe von 40 Tagessätzen auf 50 Tagessätze zu erhöhen.

 

3.4.2.   Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286 StGB)

3.4.2.1.            Die Hinderung einer Amtshandlung nach Art. 286 StGB wird maximal mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen bestraft. Der Straftatbestand schützt das Funktionieren der staatlichen Organe (vgl. act. 59, S. 67, E. X.4.2).

 

3.4.2.2.            Im Rahmen der objektiven Tatschwere ist zu beachten, dass der Beschuldigte die Amtshandlung durch sein Verhalten vorliegend zwar verzögerte bzw. erschwerte, diese letztendlich aber dennoch durchgeführt werden konnte. Der Beschuldigte flüchtete am 8. August 2018 vor der Polizeikontrolle, indem er geradeaus weiterfuhr, statt aufforderungsgemäss dem Polizeifahrzeug zu folgen. Darum musste das Polizeifahrzeug ihm mit eingeschalteten Sondersignalen nachfahren, woraufhin er schliesslich in einem Wohnquartier verhaftet werden konnte (vgl. zum Ganzen act. 2/8.4.01, S. 2). Zwar spricht der Umstand, dass er bei seiner Flucht ein Wohnquartier durchquerte, für die Rücksichtslosigkeit des Beschuldigten. Allerdings ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass ihm keine waghalsigen Fahrmanöver eine besonders rücksichtslose Fahrweise nachgewiesen werden konnte (vgl. act. 2/8.4.01, S. 2; act. 2/8.4.02, S. 3, Ziff. 30; Urteil Bundesstrafgericht SK.2015.27 vom 22. September 2015, E. 4.3.1). Ebenfalls verhielt er sich beim Vorfall vom 8. August 2018 nicht gewalttätig (vgl. Urteil Bundesstrafgericht SK.2021.29 vom 10. Dezember 2021, E. 7.2.1). Die objektive Tatschwere ist daher noch im unteren Bereich einzuordnen.

 

3.4.2.3.            In subjektiver Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte offenbar bereits zuvor auf der Autobahn einem Polizeifahrzeug nicht gefolgt war (vgl. act. 2/8.4.02, S. 1, Ziff. 6, und S. 6, Ziff. 64). Der Beschuldigte zeigte damit eine gewisse Hartnäckigkeit, sich der Kontrolle zu entziehen. Von einem spontanen Entschluss kann deshalb vorliegend – entgegen der Auffassung der Vorinstanz (vgl. act. 59, S. 67, Ziff. X.4.2) – nicht ausgegangen werden. Im Übrigen betrieb der Beschuldigte aber keinen besonderen Aufwand, um sich der Kontrolle zu entziehen. Die Flucht, um sich einer polizeilichen Kontrolle zu entziehen, stellt einen egoistischen Beweggrund dar, welcher jedoch mit dem Tatbestand gemäss Art. 286 StGB notwendig verbunden ist. Das egoistische Motiv kann dementsprechend nicht verschuldenserhöhend berücksichtigt werden (Urteil BGer 6B_95/2018 vom 20. November 2018, E. 2.3). Zu beachten ist allerdings, dass der Beschuldigte nicht nur eine Verzögerung der Amtshandlung beabsichtigte, sondern diese vollständig verhindern wollte (vgl. act. 59, S. 67, E. X.4.2). Die objektive Tatschwere wird deshalb durch die subjektiven Komponenten leicht erhöht. Demzufolge ist von einem leichten bis mittleren Verschulden des Beschuldigten auszugehen und die Strafe auf 13 Tagessätze festzusetzen.

 

3.4.2.4.            Im Rahmen der Täterkomponenten ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt vorbestraft war. Da jedoch keine der Vorstrafen einschlägig ist, ist dies nur leicht straferhöhend zu berücksichtigen (act. 94). Weiter befand sich der Beschuldigte im Tatzeitpunkt bereits in einem laufenden Strafverfahren wegen Hinderung einer Amtshandlung sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (vgl. act. 2/1.1.01; act. 94; act. 2/18.2, S. 39 f., Dispositiv-Ziff. 1 und 3). Durch die erneute Begehung eines solchen Delikts während einer laufenden Strafuntersuchung, zeigte sich der Beschuldigte besonders uneinsichtig, was sich stark straferhöhend auswirkt. Leicht strafmindernd ist wiederum zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte in Bezug auf die Hinderung einer Amtshandlung geständig ist (vgl. act. 2/8.4.02, S. 6, Ziff. 61). Reue Einsicht zeigt er hingegen keine. Zudem verhielt sich der Beschuldigte bloss vorübergehend kooperativ (vgl. E. VI.3.4.2.3 vorstehend). Im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Täterkomponenten ist die zuvor festgelegte Strafe von 13 Tagessätzen auf 16 Tagessätze zu erhöhen.

 

3.4.3.   Festlegung der Gesamtstrafe

3.4.3.1.            Wie bereits bei der Freiheitsstrafe ist nun aus den beiden hier festgesetzten Geldstrafen eine Gesamtstrafe zu bilden. Hierzu ist von der Einsatzstrafe für das schwerere Delikt auszugehen (Art. 49 Abs. 1 StGB). Das Führens eines Motorfahrzeuges trotz Entzug des Ausweises ist vorliegend mit dem höheren Strafrahmen bedroht, weshalb von der dafür festgesetzten Einsatzstrafe von 50 Tagessätzen auszugehen ist (vgl. E. VI.3.4.1.4 vorstehend). Die Hinderung einer Amtshandlung vom 8. August 2018 steht mit dem Führen eines Motorfahrzeuges trotz Entzug des Ausweises am 31. Mai 2018 in keinem Zusammenhang. Die beiden Straftatbestände schützen ausserdem unterschiedliche Rechtsgüter. Aus diesem Grund rechtfertigt es sich, die Strafe für die Hinderung einer Amtshandlung vom 8. August 2018 in erheblichem Umfang von elf Tagessätzen anzurechnen. Insgesamt ist deshalb eine Gesamtgeldstrafe von 61 Tagessätzen festzulegen.

 

3.4.3.2.            Im Rahmen der Täterkomponenten ist – wie bei der Freiheitsstrafe – strafreduzierend zu berücksichtigen, dass das Beschleunigungsgebot verletzt wurde (vgl. act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 4). Weitere nicht bereits im Rahmen der einzelnen Delikte berücksichtigte Strafminderungs- Straferhöhungsgründe sind nicht ersichtlich. Aufgrund der Verletzung des Beschleunigungsgebotes ist die Strafe um elf Tagessätze zu reduzieren, woraus sich eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen ergibt. Da im Ersturteil keine Geldstrafe verhängt wurde, kann vorliegend keine Zusatzstrafe ausgesprochen werden, sondern die Strafe ist kumulativ festzulegen (vgl. act. 59, S. 66 f., E. X.4). Dies wäre nicht anders, wären die Straftaten im Verfahren SG.2017.00139 beurteilt worden (vgl. act. 59, S. 69, E. X.5.2)

 

3.4.4.   Höhe der Tagessätze

3.4.4.1.            Für die rechtlichen Ausführungen zur Bestimmung der Tagessatzhöhe kann grundsätzlich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (act. 59, S. 67 f., E. X.4.3). Zu ergänzen ist jedoch Folgendes: Sofern der Beschuldigte absichtlich kein Einkommen erzielt, ist ihm ein hypothetisches Einkommen anzurechnen, welches er aufgrund seiner Ausbildung, Erfahrung und seines Gesundheitszustandes erzielen könnte. Dasselbe gilt auch für den Fall, dass der Täter Aussagen zu seinen Einkommensverhältnissen verweigert keine glaubwürdigen Aussagen dazu macht und die behördlichen Auskünfte unergiebig sind (Anette Dolge, in: Basler Kommentar Strafrecht [StGB/JStG], 4. Aufl., Basel 2019, N55 zu Art. 34 StGB; Hans Mathys, a.a.O., N441; BGE 134 IV 60 E. 6.1).

 

3.4.4.2.            Massgebender Zeitpunkt für die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, ist der Zeitpunkt des Urteils (Art. 34 Abs. 2 StGB; Anette Dolge, a.a.O., N50 zu Art. 34 StGB). Da der Beschuldigte per 1. September 2022 aus der Haft entlassen wurde (vgl. OG.2022.00058, act. 4, S. 5, Dispositiv-Ziff. 2), ist entgegen der Auffassung der Verteidigerin (act. 98, S. 8; act. 95, S. 5) nicht massgebend, was der Beschuldigte während der Haft hätte verdienen können bzw. verdient hat. Vielmehr ist darauf abzustellen, was der Beschuldigte zum heutigen Zeitpunkt verdient. Ob der Beschuldigte dazu – aufgrund seiner Abwesenheit bei der Verhandlung vor Obergericht – schlicht keine Angaben macht ob er keine Arbeitstätigkeit ausübt und es damit absichtlich unterlässt, wieder einer solchen nachzugehen, kann dabei offen bleiben. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte nach seiner Haftentlassung wieder an seine frühere Arbeitstätigkeit hätte anknüpfen können, sofern er dies nicht sogar effektiv getan hat. Hinweise darauf, dass der Beschuldigte seit der Haftentlassung einer anderen Arbeitstätigkeit nachgeht, bestehen keine. In beiden Fällen wäre deshalb auf seine vor Haftantritt ausgeübte Tätigkeit abzustellen (vgl. E. VI.3.4.4.1 vorstehend).

 

3.4.4.3.            Der Beschuldigte macht zu seinen Einkommensverhältnissen inkonstante Angaben, was nicht für deren Glaubhaftigkeit spricht. So bezifferte er am 30. Juli 2019 sein monatliches Nettoeinkommen auf CHF 500. (act. 2/1.1.05). Vor der Staatsanwaltschaft gab er am 20. November 2020 an, [pro Monat] CHF 600. bis CHF 900. zu verdienen (act. 2/10.1.01, S. 8, Ziff. 4). Bei den verschiedenen  polizeilichen Einvernahmen nannte er ein Einkommen von zunächst CHF 600.−, später von CHF 900. und schliesslich von CHF 500. (act. 2/8.6.02, S. 3, Ziff. 23; act. 2/8.11.03-1, S. 3, Ziff. 23; act. 2/8.10.06-1, S. 2, Ziff. 19; act. 2/8.11.04-1, S. 3, Ziff. 23). Vor Kantonsgericht erklärte er am 17. November 2021, er habe sich bisher immer CHF 900. [pro Monat] ausbezahlt (act. 48, S. 7, Frage 29). Belege zu diesem angeblichen Einkommen hat der Beschuldigte keine eingereicht. Sämtliche vom Beschuldigten angegebenen Einkommenshöhen liegen ausserdem unterhalb des betreibungsrechtlichen Existenzminimums. Es erscheint daher unglaubhaft, dass der Beschuldigte allein davon gelebt haben soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er sich entweder mehr Lohn ausbezahlte zusätzlich einen erheblichen Teil an Naturalleistungen bezog (oder beides; vgl. z.B. act. 2/8.5.03, S. 4, Ziff. 11), welche im Rahmen der Bestimmung der Tagessatzhöhe ebenfalls zu berücksichtigen wären (Anette Dolge, a.a.O., N53 zu Art. 34 StGB; Hans Mathys, a.a.O., N439).

 

3.4.4.4.            Da der Beschuldigte in der Schweiz nicht offiziell gemeldet ist, zur Zeit in der Schweiz keine Steuern bezahlt und bei seinen früheren Steuerveranlagungen jeweils nach Ermessen veranlagt wurde, sind die weiteren Nachforschungen zu seinem Einkommen ergebnislos geblieben (vgl. act. 92; act. 2/1.1.02; act. 2/1.1.03; act. 3/36; act. 3/40; act. 101). Auch im Rahmen des Scheidungsverfahrens hat der Beschuldigte, obwohl er mehrmals Gelegenheit dazu erhalten hatte, keine Angaben zu seinem Einkommen gemacht (vgl. act. 3/7/2; act. 3/10 f.; act. 3/12; act. 3/25; act. 3/33; act. 3/41). Vorliegend ist deshalb eine Schätzung des Einkommens des Beschuldigten vorzunehmen (Anette Dolge, a.a.O., N92 zu Art. 34 StGB). Der Beschuldigte selbst gibt an, er habe jeweils Umbau-, Renovationsarbeiten sowie Vermietungen durchgeführt bzw. Hebebühnen vermittelt (act. 48, S. 7, Frage 29, und S. 13, Frage 62). Dies stimmt auch mit den Aussagen der ehemaligen Ehefrau des Beschuldigten im Scheidungsverfahren überein, wonach der Beschuldigte auf Baustellen arbeite (act. 3/Protokoll, S. 9). In der Baubranche kann der Beschuldigte selbst ohne eine entsprechende Ausbildung sowie ohne Kaderfunktion angesichts seines Alters und mit bloss minimalen Erfahrungen auf diesem Gebiet ca. CHF 5'500.pro Monat verdienen (vgl. https://www.gate.bfs.admin.ch/salarium/ public/index.html#/calculation).

 

3.4.4.5.            Von diesem Einkommen abzuziehen wären grundsätzlich die laufenden Steuern, Beiträge an die obligatorische Kranken- und Unfallversicherung, notwendige Berufsauslagen sowie die Unterhaltsbeiträge an die ehemalige Ehefrau. Schulden können hingegen nur in sehr eingeschränktem Masse berücksichtigt werden (vgl. BGE 134 IV 60 E. 6.4). Der Beschuldigte bezahlt weder Steuern noch Krankenversicherungsbeiträge (vgl. act. 48, S. 12, Frage 58; act. 2/1.1.04) und kommt auch der Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner ehemaligen Ehefrau nicht nach. Aus diesem Grund kann ihm dafür auch kein Abzug gewährt werden (vgl. BGE 134 IV 60 E. 6.4). Allerdings ist anzumerken, dass ausgehend von einem Einkommen von CHF 5'500. selbst nach Abzug der Unterhaltsverpflichtung ein Tagessatz resultieren würde, welcher bei ca. CHF 45. liegt (vgl. BGE 134 IV 60 E. 6.5.2: [CHF 5'500 – CHF 1'640] / 30 / 2 * 0.7). Schulden bezahlt der Beschuldigte ebenfalls keine ab, weshalb sich diesbezüglich eine nähere Prüfung erübrigt. Die vorstehende Bemessung der Tagessatzhöhe stützt sich auf keine Tatsachen, welche der Vorinstanz nicht bekannt sein konnten. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius (Art. 391 Abs. 2 StPO, vgl. BGE 144 IV 198 E. 5.3) ist deshalb der Tagessatz auf den von der Vorinstanz festgelegten CHF 30. zu belassen. Für die Straftaten vor dem 26. September 2018 ist der Beschuldigte entsprechend mit einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen à CHF 30. zu bestrafen.

 

4.         Straftaten nach dem 26. September 2018

4.1.      Nach dem 26. September 2018 hat der Beschuldigte die folgenden Straftaten begangen: Vernachlässigung von Unterhaltspflichten im Sinne von Art. 217 StGB, Führen eines Motorfahrzeuges trotz Entzug des Ausweises am 30. Juli 2019, am 19. November 2020, am 3. Dezember 2020, am 22. Dezember 2020, am 6. Februar 2021 sowie am 25. Februar 2021, Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 StGB am 30. Juli 2019, mehrfacher Missbrauch von Ausweisen und Schildern gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG am 19. November 2020, am 3. Dezember 2020 sowie am 25. Februar 2021, Fälschung von Ausweisen gemäss Art. 252 StGB am 25. Februar 2021, Verletzung von Verkehrsregeln durch Vornehmen einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV am 19. November 2020 sowie Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VRV am 6. Februar 2021.

 

4.2.      Bei den Verkehrsregelverletzungen (Vornehmen einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeuges erschwert, sowie Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts) handelt es sich lediglich um Übertretungen, welche mit Busse zu bestrafen sind. Wie nachfolgend noch aufzuzeigen sein wird, sind die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten sowie die Hinderung einer Amtshandlung mit Geldstrafe zu sanktionieren. Die übrigen Delikte sind mit Freiheitsstrafe zu bestrafen.

 

4.3.      Bemessung der Freiheitsstrafe

4.3.1.   Führen eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Ausweises (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG)

4.3.1.1.            Wie bereits erwähnt, wird das Führen eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Ausweises mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG). Im Übrigen kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden (E. VI.3.3.2.1).

 

4.3.1.2.            Zur objektiven Tatschwere kann festgehalten werden, dass der Beschuldigte bei allen sechs Vorfällen (30. Juli 2019, 19. November 2020, 3. Dezember 2020, 22. Dezember 2020, 6. Februar 2021 und 25. Februar 2021) die Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer erheblich gefährdete, indem er trotz bereits im Jahr 1998 entzogener Fahrberechtigung (act. 2/1.1.08, S. 5) weiterhin ein Motorfahrzeug lenkte. Bei den Vorfällen vom 30. Juli 2019, vom 6. Februar 2021 sowie vom 25. Februar 2021 fuhr der Beschuldigte jeweils innerorts und besonders lange Fahrstrecken konnten ihm nicht nachgewiesen werden (act. 2/8.5.01, S. 3; act. 2/8.10.01, S. 2; act. 2/8.11.01, S. 1 f.). Am 30. Juli 2019 befand er sich noch in unmittelbarer Nähe zur Wohnung seiner Eltern, wo er sich öfters aufhielt, weshalb es naheliegt, dass er von dort losgefahren war. Allerdings flüchtete er daraufhin mit seinem Auto über eine Kreuzung und durch ein Wohnquartier, wodurch ein erhebliches Gefährdungspotential entstand (act. 2/8.5.01, S. 3). Beim Vorfall vom 25. Februar 2021 wurde das Gefährdungspotential dadurch gesteigert, dass der Beschuldigte auf einer verkehrsintensiven Strasse fuhr (act. 2/8.11.01, S. 1 f.). Die objektive Tatschwere befindet sich damit bei allen drei Vorfällen noch im unteren Bereich (Strafe von 136 bis 270 Tagen), nicht aber im untersten Bereich (Strafe von 1 bis 135 Tagen). Beim Vorfall vom 6. Februar 2021 ist die Tatschwere im untersten Viertel des unteren Bereichs zu verorten, während sie sich bei den Vorfällen vom 30. Juli 2019 sowie vom 25. Februar 2021 bereits im oberen Teil der unteren Hälfte befindet.

 

Bei den Vorfällen vom 19. November 2020, vom 3. Dezember 2020 sowie vom 22. Dezember 2020 fuhr der Beschuldigte jeweils auf der Autobahn (act. 2/8.6.01, S. 2; act. 2/8.7.01, S. 2; act. 2/8.8.01, S. 2), woraus sich schliessen lässt, dass er eine beträchtliche Strecke zurücklegte und ein erhebliches Gefährdungspotential herstellte. Am 19. November 2020 hatte er konkret bereits die Strecke von Wädenswil bis zum Rastplatz Fuchsberg zurückgelegt und plante, die Fahrt bis zum Spital Glarus fortzusetzen (act. 2/8.6.01, S. 2; act. 2/8.6.02, S. 1 f., Ziff. 7 und 10). Am 3. Dezember 2020 wurde das Gefährdungspotenzial ausserdem durch das Fahrverhalten des Beschuldigten gesteigert, wechselte er doch die Spur mit einem sehr geringen Abstand (act. 2/8.7.01, S. 2). Zwar ist die objektive Tatschwere auch bei diesen drei Fällen grundsätzlich noch im unteren Bereich einzuordnen. Allerdings liegt sie bei den Vorfällen vom 19. November 2020 sowie vom 22. Dezember 2020 bereits in der oberen Hälfte des unteren Bereichs, beim Vorfall vom 3. Dezember 2020 liegt sie bereits im obersten Teil des unteren Bereichs.

 

4.3.1.3.            Die subjektiven Komponenten gestalten sich auch bei den vorliegenden sechs Fällen ähnlich wie beim Vorfall vom 8. August 2018 (vgl. E. VI.3.3.2.3). So wurden die vom Beschuldigten benutzen Fahrzeuge laufend beschlagnahmt, wodurch er sich jeweils andere Fahrzeuge besorgen musste. Allerdings konnte er diese wohl auch bei den vorliegenden Fällen ohne grosse Anstrengung seinerseits über seinen Bruder Vater erhalten (vgl. zum Ganzen act. 2/5.1.05, act. 2/5.2.01, act. 2/5.3.01; act. 2/8.10.05-1, S. 1, Ziff. 4). Von einem rein egoistischen Motiv ist bei den Vorfällen vom 30. Juli 2019, vom 3. Dezember 2020, vom 22. Dezember 2020, vom 6. Februar 2021 sowie vom 25. Februar 2021 auszugehen. Hingegen legt der Beschuldigte glaubhaft dar, dass er am 19. November 2020 seine im Sterben liegende Mutter im Spital Glarus besuchen wollte (act. 2/8.6.02, S. 2, Ziff. 10 f.). Die subjektiven Komponenten wirken sich damit bei den Vorfällen vom 30. Juli 2019, vom 3. Dezember 2020, vom 22. Dezember 2020, vom 6. Februar 2021 sowie vom 25. Februar 2021 insgesamt leicht verschuldenserhöhend auf die objektive Tatschwere aus.

 

4.3.1.4.            Das Verschulden des Beschuldigten ist daher bei den Vorfällen vom 6. Februar 2021, vom 30. Juli 2019, vom 19. November 2020 sowie vom 25. Februar 2021 als leicht bis mittelmässig einzustufen, beim Vorfall vom 22. Dezember 2020 als eher mittelmässig und beim Vorfall vom 3. Dezember 2020 als mittelmässig. Aus diesem Grund kommt vorliegend – insbesondere nach der nachfolgend noch vorzunehmenden Berücksichtigung der Täterkomponenten – bei allen Delikten ausschliesslich eine Freiheitsstrafe in Frage. Für den Vorfall vom 6. Februar 2021 ist ausgehend von der vorstehend festgehaltenen objektiven Tatschwere eine Freiheitsstrafe von 150 Tagen festzusetzten, für diejenigen vom 30. Juli 2019, vom 19. November 2020 und vom 25. Februar 2021 von je 190 Tagen, für denjenigen vom 22. Dezember 2020 von 220 Tagen und für denjenigen vom 3. Dezember 2020 von 250 Tagen.

 

4.3.1.5.            Zu den Täterkomponenten ist festzuhalten, dass der Beschuldigte einschlägig vorbestraft ist (act. 94). Ausserdem verübte er alle sechs Delikte während einer laufenden Strafuntersuchung zu einschlägigen Delikten (vgl. act. 2/1.1.01; act. 94). Der Beschuldigte zeigte damit eine ausgeprägte Uneinsichtigkeit, was stark straferhöhend zu berücksichtigen ist. Der Beschuldigte gab zwar bei mehreren Vorfällen zu, ein Fahrzeug gelenkt zu haben (act. 48, S. 17, Fragen 84 und 87, und S. 19 f., Fragen 96, 102 und 106) sowie auch, dass er keinen Schweizer Führerausweis besitze (act. 2/10.1.01, S. 8, Ziff. 40; act. 48, S. 14, Frage 68). Allerdings gibt er auch mehrfach an, ihm sei der Führerausweis nicht entzogen worden (act. 48, S. 14, Fragen 68 und 72, sowie S. 17, Frage 82) und er sei zum Lenken eines Fahrzeuges in der Schweiz berechtigt (act. 48, S. 17 f., Frage 85 f. und 88; act. 2/8.3.02, S. 5). Ausserdem war die Beweislage bei den durch den Beschuldigten zugegebenen Fahrten erdrückend, wurde der Beschuldigte doch bei all diesen Vorfällen direkt von der Polizei angehalten (vgl. act. 2/8.5.01; 2/8.6.01; 2/8.7.01; 2/8.11.01). Bei anderen Vorfällen stritt er hingegen sogar explizit ab, gefahren zu sein (act. 48, S. 15, Frage 73 ff., und S. 22, Frage 116). Dem Beschuldigten kann aus den direkt vorstehend sowie in E. VI.3.3.2.4 erwähnten Gründen bei keinem der Vorfälle eine Strafminderung für ein Geständnis gewährt werden. Aufgrund der Täterkomponenten sind die Freiheitsstrafen für den 6. Februar 2021, den 30. Juli 2019, den 19. November 2020 und den 25. Februar 2021 um 40 Tage auf 190 bzw. 230 Tage und diejenigen für den 22. Dezember 2020 und den 3. Dezember 2020 um 50 Tage auf 270 bzw. 300 Tage zu erhöhen. Weitere deliktsspezifische Straferhöhungs- ‑minderungsgründe sind nicht ersichtlich.

 

4.3.1.6.            Die Verteidigerin legt nicht dar, inwiefern die von der Vorinstanz festgelegte Freiheitsstrafe nicht dem Verschulden des Beschuldigten in den konkret vorliegenden Fällen entsprechen soll (vgl. act. 98, S. 6 f.). Eine Praxis der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich ist weder für das Kantonsgericht noch für das Obergericht in irgendeiner Weise massgebend (vgl. Art. 3 BV; Urteil BGer 6S.223/2005 vom 21. Juli 2005, E. 1.3.2). Hinzu kommt, dass es sich bei den von der Verteidigerin erwähnten 45 Tagessätzen lediglich um den Mindestansatz gemäss der Oberstaatsanwaltschaft Zürich und nicht um die durchschnittliche Strafe für das Fahren ohne Berechtigung handelt (vgl. Strafmassempfehlungen der Oberstaatsanwaltschaft Zürich vom 27. Mai 2022, Ziff. 2.4). Im Übrigen ist es allgemein nicht unüblich, dass für das Fahren ohne Berechtigung auch längere Freiheitsstrafen angeordnet werden (vgl. Urteil BGer 6B_58/2022 vom 28. März 2022, E. A und E. 2.2.1; Urteil Bundesstrafgericht CA.2020.18 vom 9. Juli 2021, E. 2.4.2.1 f.; Urteil Bundesstrafgericht SK.2020.11 vom 8. Oktober 2020, E. 6.6; Urteil Obergericht Aargau SST.2022.6 vom 25. Mai 2022, E. 4.2 f.; Urteil Obergericht Zürich SB140556-O vom 27. April 2015, E. II.3 ff.). Eine Überschreitung des Ermessens durch die Vorinstanz, wie dies die Verteidigerin vorbringt (act. 98, S. 7), ist daher nicht ersichtlich. Im Gegenteil sind den vorstehenden Ausführungen zufolge grundsätzlich sogar noch höhere Einsatzstrafen angemessen.

 

4.3.2.   Missbrauch von Ausweisen und Schildern (Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG)

4.3.2.1.            Der Missbrauch von Ausweisen und Schildern wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG). Die Strafbestimmung dient dazu, die Kontrolle des Motorfahrzeugverkehrs zu gewährleisten (BGE 98 IV 55 E. 1.a).

 

4.3.2.2.            Zur objektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte den Ausweis seines Bruders bei allen drei Vorfällen (19. November 2020, 3. Dezember 2020 und 25. Februar 2021) auch tatsächlich einsetzte. Für die Erfüllung des Tatbestandes genügt aber bereits das missbräuchliche Mitführen des Fahrausweises (vgl. BGE 98 IV 55 E. 1.a). Aus diesem Grund fällt der Umstand, dass der Beschuldigte den Ausweis sogar vorwies, erschwerend ins Gewicht. Hinzu kommt, dass es dem Beschuldigten beim Vorfall vom 3. Dezember 2020 zumindest vorübergehend auch tatsächlich gelang, die Polizei durch den eingesetzten Ausweis zu täuschen. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, ist von einem systematischen Vorgehen des Beschuldigten auszugehen (vgl. act. 59, S. 72, E. X.5.4.2). Im Rahmen der in Art. 97 Abs. 1 SVG aufgezählten Begehungsvarianten sind aber durchaus schwerere Tatvarianten als die vorliegende Begehung nach Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG denkbar. Die objektive Tatschwere kann daher bei allen drei Vorfällen noch knapp im unteren Bereich eingeordnet werden.

 

4.3.2.3.            Zur subjektiven Tatschwere ist festzuhalten, dass der Beschuldigte für die Tatbegehung keine besonderen Anstrengungen vornehmen Aufwand betreiben musste. Dadurch, dass er sich wiederholt mit dem Ausweis seines Bruders auswies, zeigte er aber eine gewisse Hartnäckigkeit bei seinem Vorgehen. Die kriminelle Energie des Beschuldigten ist demzufolge als mittelmässig einzustufen. Der Beschuldigte wollte durch sein Handeln die Polizei über seine fehlende Fahrberechtigung hinwegtäuschen, womit er zwar ein egoistisches Motiv hatte, welches aber mit Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG notwendig verbunden ist. Die subjektive Tatschwere vermag damit die objektive Tatschwere nicht zu beeinflussen. Insgesamt ist von einem leichten bis mittelmässigen Verschulden auszugehen. Vorliegend kommt deshalb – insbesondere unter Einbezug der nachfolgenden Täterkomponenten – bei allen Vorfällen einzig eine Freiheitsstrafe in Frage. Ausgehend von der objektiven Tatschwere ist daher für die Vorfälle vom 19. November 2020 und vom 25. Februar 2021 eine Freiheitsstrafe von je 170 Tagen sowie für denjenigen vom 3. Dezember 2020 von 180 Tagen angemessen.

 

4.3.2.4.            Zu den Täterkomponenten ist auch hier festzuhalten, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt bereits für das Fälschen von Ausweisen und damit einschlägig vorbestraft war (act. 94). Dieser Umstand ist bei allen drei Delikten bedeutend straferhöhend zu berücksichtigen. Ausserdem hat er sämtliche Delikte während einer laufenden Strafuntersuchung begangen, wobei diese Untersuchung bei den Vorfällen vom 3. Dezember 2020 und vom 25. Februar 2021 bereits für das einschlägige Delikt vom 19. November 2020 erfolgte (vgl. act. 94; act. 2/8.6.01). Bei den Vorfällen vom 3. Dezember 2020 und vom 25. Februar 2021 fällt dieser Umstand deshalb stark straferhöhend ins Gewicht. In Bezug auf den Vorfall vom 19. November 2020 ist der Beschuldigte geständig (vgl. act. 2/10.1.01, S. 8, Ziff. 38), was leicht strafmindernd berücksichtigt werden kann. Insgesamt kann festgehalten werden, dass der Beschuldigte eine ausgeprägte Uneinsichtigkeit zeigte. Weitere deliktsspezifische Straferhöhungs- ‑minderungsgründe sind nicht ersichtlich. Für den 19. November 2020 ist die Freiheitsstrafe daher auf 190 Tage, für den 3. Dezember 2020 auf 220 Tage und für den 25. Februar 2021 auf 210 Tage zu erhöhen.

 

4.3.2.5.            Auch in Bezug auf den Missbrauch von Ausweisen und Schildern legt die Verteidigerin nicht dar, inwiefern die vorinstanzlich festgelegte Freiheitsstrafe dem Verschulden des Täters nicht angemessen sein soll. Die von der Verteidigerin als üblich bezeichneten (und nicht belegten) zehn Tagessätze könnten aufgrund des Strafrahmens einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren nur in Frage kommen, wenn das Verschulden des Täters besonders leicht wiegen würde. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, wie den vorstehenden Ausführungen entnommen werden kann.

 

4.3.3.   Fälschung von Ausweisen (Art. 252 StGB)

4.3.3.1.            Die Fälschung von Ausweisen wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 252 StGB). Geschütztes Rechtsgut ist das öffentliche Vertrauen in Ausweisschriften im Rechtsverkehr (act. 59, S. 72, E. X.5.4.3).

 

4.3.3.2.            Zum Verschulden des Beschuldigten ist festzuhalten, dass im Rahmen von Art. 252 StGB auch schwerere Tatvarianten denkbar sind. Die objektive Tatschwere kann daher noch im unteren Bereich eingeordnet werden. In subjektiver Hinsicht musste der Beschuldigte für die Tatbegehung keine besonderen Anstrengungen vornehmen Aufwand betreiben, sodass seine kriminelle Energie vorliegend als eher leicht einzustufen ist. Erschwerend kommt vorliegend jedoch das egoistische Motiv des Beschuldigten hinzu, wollte dieser doch die Polizei davon überzeugen, dass der Führerausweis seines Bruder ihm gehöre, um auf diese Weise eine weitere Strafuntersuchung gegen ihn bezüglich verbotenen Lenkens eines Motorfahrzeuges abzuwenden. Insgesamt vermag damit die subjektive Seite die objektive Tatschwere leicht zu erhöhen, wobei insgesamt aber noch von einem eher leichten Verschulden auszugehen ist. Trotzdem kommt – nach Berücksichtigung der Täterkomponenten – vorliegend einzig eine Freiheitsstrafe in Frage. Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen ist diese auf 145 Tage festzusetzen.

 

4.3.3.3.            Zu den Täterkomponenten ist festzuhalten, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt einschlägig vorbestraft war und zudem eine Strafuntersuchung gegen ihn zu einschlägigen Delikten lief (vgl. act. 94; act. 2/8.6.01; act. 2/8.7.01). Diese Umstände wirken sich stark straferhöhend aus. Die Freiheitsstrafe ist daher insgesamt auf 185 Tage zu erhöhen.

 

4.3.4.   Festsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe

4.3.4.1.            Auch für die Straftaten nach dem 26. September 2018 muss nun aus den für die einzelnen Delikte festgelegten Freiheitsstrafen eine Gesamtstrafe gebildet werden, wobei von der Einsatzstrafe für das schwerste Delikt auszugehen ist (Art. 49 Abs. 1 StGB). Das Führen eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Ausweises, der Missbrauch von Ausweisen und Schildern sowie die Fälschung von Ausweisen weisen alle denselben Strafrahmen auf, weshalb vorliegend von der konkret höchsten Strafe auszugehen ist (vgl. act. 59, S. 73, E. X.5.5). Das Führen eines Motorfahrzeuges vom 3. Dezember 2020 wird vorliegend mit der härtesten Strafe (Freiheitsstrafe von 300 Tagen) sanktioniert, weshalb von dieser Strafe auszugehen ist. Aufgrund der weiteren fünf Fälle des Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Ausweises, den drei Fällen des Missbrauchs von Ausweisen und Schildern sowie der Fälschung von Ausweisen ist diese Strafe angemessen zu erhöhen.

 

4.3.4.2.            Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschuldigte insgesamt sechsmal denselben Straftatbestand (Fahren trotz Entzug des Ausweises) erfüllt hat. Der Beschuldigte hat damit bei allen sechs Fällen dasselbe Rechtsgut gefährdet. Die neben dem schwersten Vorfall vom 3. Dezember 2020 begangenen fünf weiteren gleichen Taten wirken sich daher in einem eher geringen Umfang auf die Gesamtfreiheitsstrafe aus. Die Fälschung von Ausweisen wurde im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Ausweisen und die drei Missbräuche von Ausweisen wiederum im Zusammenhang mit dem jeweiligen Führen eines Motorfahrzeuges trotz Entzug des Ausweises begangen. Damit stehen auch die weiteren Delikte in einem engen Zusammenhang, weshalb sich diese vergleichsweise gering auf die Gesamtstrafe auswirken. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Täterkomponenten aufgrund der deliktsspezifischen Unterschiede bereits im Rahmen der einzelnen Delikte berücksichtigt wurden und diese daher bei der Bildung der Gesamtstrafe nicht nochmals ins Gewicht fallen.

 

4.3.4.3.            Aus diesem Grund rechtfertigt es sich, die Einsatzstrafe von 300 Tagen für den Vorfall vom 3. Dezember 2020 aufgrund der weiteren Delikte um insgesamt 360 Tage zu erhöhen. Diese Erhöhung setzt sich wie folgt zusammen: Für das Fahren ohne Berechtigung am 30. Juli 2019, am 19. November 2020, am 6. Februar 2021 und am 25. Februar 2021 sowie für den Missbrauch von Ausweisen und Schildern am 19. November 2020, am 3. Dezember 2020 und am 25. Februar 2021 wird die Strafe pro Vorfall um jeweils 40 Tage erhöht, für das Fahren ohne Berechtigung am 22. Dezember 2020 um 50 Tage und für das Fälschen von Ausweisen am 25. Februar 2021 um 30 Tage. Die Gesamtstrafe beträgt damit 660 Tage bzw. 22 Monate Freiheitsstrafe.

 

4.4.      Bemessung der Geldstrafe

4.4.1.   Vernachlässigung von Unterhaltspflichten (Art. 217 StGB)

4.4.1.1.            Die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 217 Abs. 1 StGB). Geschütztes Rechtsgut ist der zivilrechtliche Anspruch auf Unterstützung (vgl. act. 59, S. 73, E. X.5.6.1).

 

4.4.1.2.            Zur objektiven Tatschwere kann Folgendes festgehalten werden: Der Beschuldigte kam vorliegend vom 19. September 2020 bis Februar 2021 seiner im Scheidungsurteil des Bezirksgerichts Zürich festgelegten Unterhaltspflicht gegenüber seiner ehemaligen Ehefrau von monatlich CHF 1'640. nicht nach (vgl. act. 59, S. 74, E. X.5.6.1; act. 2/3.3.01 f.). Damit hat der Beschuldigte ca. CHF 8'800.− an Unterhaltsbeiträgen nicht bezahlt. Es handelt sich dabei weder um eine besonders lange Zahlungslücke noch um einen besonders hohen Betrag, was die Tatschwere etwas relativiert. Allerdings ist zu beachten, dass die Privatklägerin 2 aufgrund der fehlenden Unterhaltszahlungen von der Sozialhilfe unterstützt werden musste (act. 3/Protokoll, S. 8 und S. 10). Trotz des eher geringen Betrages hatten die fehlenden Zahlungen für die Privatklägerin 2 also erhebliche finanzielle Folgen. Dass der Beschuldigte seine ehemalige Ehefrau in anderer Weise unterstützt hätte (act. 48, S. 14, Frage 67), ist nicht belegt und widerspricht den Angaben der Privatklägerin 2 (act. 2/3.3.01, S. 2). Angesichts dessen, dass der Beschuldigte auch keine Angaben dazu macht, wann und wie er seine ehemalige Ehefrau finanziell unterstützt haben soll, lässt sich diesbezüglich – entgegen der Auffassung der Vorinstanz (act. 59, S. 74, E. X.5.6.1) – nichts zu seinen Gunsten herleiten. Insgesamt kann die objektive Tatschwere damit zwar noch im unteren Bereich, nicht aber im untersten Bereich eingeordnet werden.

 

4.4.1.3.            In subjektiver Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um ein (echtes) Unterlassungsdelikt handelt (Thomas Bosshard, in: Basler Kommentar Strafrecht [StGB/JStG], 4. Aufl., Basel 2019, N3 zu Art. 217 StGB), weshalb grundsätzlich kein besonderer Aufwand zur Tatbegehung erforderlich ist. Allerdings ist zu beachten, dass der Beschuldigte systematisch keine Einschreiben abholt (vgl. act. 3/10), am Scheidungsverfahren nicht teilnahm (act. 3/10 f.; act. 3/Protokoll, S. 3; act. 3/41, S. 2) und an der im hier massgebenden Zeitraum gemeldeten Adresse gar nie wohnhaft war (vgl. act. 3/36; act. 2/8.5.01, S. 5; act. 2/8.6.01, S. 3). Das aufgezeigte Verhalten des Beschuldigten, sich seiner Unterhaltsverpflichtungen zu entziehen, zeugt von einer gewissen Hartnäckigkeit. Die kriminelle Energie des Beschuldigten ist daher als mittelmässig einzustufen. Der Beschuldigte erwähnte gegenüber dem Bezirksgericht Zürich, er bezahle sicher keinen Unterhalt, wenn die Privatklägerin 2 die Scheidung einreiche (act. 3/10). Diese Aussage erweckt den Eindruck, als wolle er sich durch die Nichtbezahlung für die Scheidungsklage rächen, worin ein verwerflicher Beweggrund zu erkennen wäre. Allerdings ist fraglich, ob es sich dabei um das tatsächliche Motiv des Beschuldigten handelte, bezahlte er doch den Angaben der Privatklägerin 2 zufolge bereits davor keinen Unterhalt (act. 2/3.3.01, S. 2; act. 3/Protokoll, S. 6). Weil somit das Motiv des Beschuldigten nicht zweifelsfrei feststeht, ist dieses vorliegend nicht verschuldenserhöhend zu berücksichtigen. Die subjektive Tatschwere vermag daher die objektive Tatschwere nicht zu beeinflussen, womit das Verschulden vorliegend insgesamt als eher leicht einzustufen ist. Es erscheint daher eine Geldstrafe als angemessen. Diese ist – ausgehend von der objektiven Tatschwere – auf 135 Tagessätze festzulegen.

 

4.4.1.4.            Zu den Täterkomponenten ist festzuhalten, dass der Beschuldigte vorbestraft ist und er während einer laufenden Strafuntersuchung delinquiert hat (vgl. act. 94). Allerdings war keine der Vorstrafen sowie auch keines der untersuchten Delikte einschlägig, weshalb beides nur in geringem Umfang straferhöhend zu berücksichtigen ist. Weitere Straferhöhungs- -minderungsgründe sind nicht ersichtlich. Die Strafe ist deshalb um 5 Tagessätze auf 140 Tagessätze zu erhöhen.

 

4.4.2.   Hinderung einer Amtshandlung (Art. 286 StGB)

4.4.2.1.            Wie bereits vorstehend dargelegt, zieht die Hinderung einer Amtshandlung nach Art. 286 StGB eine Geldstrafe bis zu 30 Tagessätzen nach sich. Im Übrigen kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden (E. VI.3.4.2.1).

 

4.4.2.2.            Im Rahmen der objektiven Tatkomponenten ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte die Amtshandlung durch sein Verhalten am 30. Juli 2019 zwar verzögerte bzw. erschwerte, diese letztendlich aber dennoch durchgeführt werden konnte. Der Beschuldigte fuhr damals, nachdem er den Polizisten erblickt hatte, zunächst über eine Kreuzung in ein Wohnquartier und flüchtete anschliessend zu Fuss weiter (act. 2/8.5.01, S. 3). Der Umstand, dass er bei seiner Flucht ein Wohnquartier zur Durchfahrt wählte, spricht grundsätzlich für die Rücksichtslosigkeit seines Verhaltens. Die objektive Tatschwere ist daher im mittleren Bereich einzuordnen.

 

4.4.2.3.            In subjektiver Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte, nachdem die Flucht mit dem Auto durch eine Sackgasse endete, zu Fuss weiterflüchtete (vgl. act. 2/8.5.01, S. 3). Der Beschuldigte zeigte damit eine besondere Hartnäckigkeit dabei, sich der Kontrolle zu entziehen. Zu beachten ist auch hier, dass er nicht nur eine Verzögerung der Amtshandlung beabsichtigte, sondern diese vollständig verhindern wollte (vgl. act. 59, S. 74, E. X.5.6.2). Die subjektive Tatschwere erhöht deshalb die objektive Tatschwere in nicht unerheblichem Umfang. Demzufolge ist von einem mittleren bis schweren Verschulden des Beschuldigten auszugehen und die Strafe auf 18 Tagessätze festzusetzen.

 

4.4.2.4.            Zu den Täterkomponenten ist festzuhalten, dass der Beschuldigte bei der Tatbegehung bereits vorbestraft war, wobei er unter anderem auch der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte schuldig gesprochen wurde (act. 94). Ein solches Delikt schliesst die Hinderung einer Amtshandlung mit ein (vgl. Art. 285 Ziff. 1 StGB), weshalb hier eine einschlägige Vorstrafe vorliegt. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte während einer laufenden Strafuntersuchung zu ebenfalls einschlägigen Delikten delinquierte (vgl. act. 94; act. 59, S. 87, Dispositiv-Ziff. 1). Diese Umstände sind stark straferhöhend zu berücksichtigen. Weitere Straferhöhungs- ‑minderungsgründe sind nicht ersichtlich. Die Geldstrafe ist daher um vier Tages­sätze auf 22 Tagessätze zu erhöhen.

 

4.4.2.5.            Eine Geldstrafe von 22 Tagessätzen entspricht vorliegend – unter Berücksichtigung der Täterkomponenten und entsprechend den vorstehenden Ausführungen –einem mittleren bis schweren Verschulden, womit der diesbezügliche Einwand der Verteidigerin (act. 98, S. 7) fehl geht.

 

4.4.3.   Festsetzung der Gesamtgeldstrafe

4.4.3.1.            Aus den für die beiden nach dem 26. September 2018 begangenen Delikte einzeln festgelegten Geldstrafen muss nun eine Gesamtstrafe gebildet werden. Die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten ist vorliegend mit dem höchsten Strafrahmen bedroht, weshalb von der dafür festgesetzten Einsatzstrafe von 140 Tagessätzen auszugehen ist (Art. 49 Abs. 1 StGB; vgl. E. VI.4.4.1.4 vorstehend). Aufgrund der Hinderung einer Amtshandlung am 30. Juli 2019 ist diese Strafe angemessen zu erhöhen (vgl. aber E. VI.5.2 nachfolgend). Die Hinderung einer Amtshandlung steht mit der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten in keinem Zusammenhang und schützt ein anderes Rechtsgut.

 

4.4.3.2.            Gemäss den vorstehenden Ausführungen ist es somit gerechtfertigt, die Strafe für die Hinderung einer Amtshandlung am 30. Juli 2019 im Umfang von 15 Tagessätzen anzurechnen. Insgesamt ist deshalb eine Gesamtgeldstrafe von 155 Tagessätzen festzulegen. An dieser Stelle ist allerdings vorwegzunehmen, dass diese Strafe aufgrund des Verschlechterungsverbots im Berufungsverfahren nachfolgend noch herabzusetzen sein wird (E. VI.5.2 nachfolgend). Die Tagessatzhöhe beträgt gemäss den vorstehenden Ausführungen CHF 30.− (E. VI.3.4.4).

 

4.5.      Bemessung der Busse

4.5.1.   Verletzung der Verkehrsregeln durch Vornehmen einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert

4.5.1.1.            Eine Verletzung der Verkehrsregeln durch Vornehmen einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeuges erschwert, wird mit Busse bestraft (Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV). Wie die Vorinstanz zutreffend festhält (vgl. act. 59, S. 75, E. X.5.8), ist vorliegend das Ordnungsbussenverfahren nicht anwendbar, weil dem Beschuldigten zusätzlich Widerhandlungen ausserhalb der Bussenliste der Ordnungsbussenverordnung vorgeworfen werden (Art. 4 Abs. 3 lit. b OBG). Die Busse ist daher gemäss Art. 106 Abs. 3 StGB nach dem Verschulden des Täters sowie dessen Verhältnissen angemessen festzulegen. Als Ausgangspunkt bzw. unverbindlicher Orientierungspunkt für die Bestrafung der vorliegenden Verletzung der Verkehrsregeln dient dennoch, wie die Verteidigerin zutreffend vorbringt (act. 98, S. 8), die Ordnungsbussenverordnung bzw. deren Anhang 1 (Bussenliste 1). Ziff. 311 der OBV-Bussenliste sieht für das Verwenden eines Telefons ohne Freisprecheinrichtung während der Fahrt eine Busse von CHF 100. vor.

 

4.5.1.2.            Der Beschuldigte telefonierte am 19. November 2020, währendem er ein Motorfahrzeug lenkte, wobei er das Mobiltelefon in der Hand hielt (act. 59, S. 50, E. VIII.1.5.1). Damit stand ihm lediglich eine Hand zur freien Verfügung, um das Fahrzeug zu bedienen, was eine erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit bewirkte. Ebenfalls ist zu beachten, dass er an einem Donnerstag, 17.15 Uhr, auf der Autobahn und somit im Feierabendverkehr unterwegs war (act. 2/8.6.01, S. 1). Objektiv wiegt die Tat im Rahmen von Ziff. 311 OBV-Bussenliste mittelmässig bis schwer. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält (act. 59, S. 76, E. X.5.8.1), ist hingegen das Motiv des Telefonats (Spitalaufenthalt der Mutter des Beschuldigten) verschuldensmindernd zu berücksichtigen. Ausgehend von der objektiven Tatschwere rechtfertigt es sich aber dennoch, eine Busse auszusprechen, welche über den in Ziff. 311 OBV-Bussenliste festgehaltenen CHF 100. liegt. Daran ändert auch nichts, dass das Verschulden des Beschuldigten im Rahmen der gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG. i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV möglichen Delikte eher leicht wiegt. Insgesamt ist somit eine Busse von CHF 120. angemessen.

 

4.5.2.   Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts

4.5.2.1.            Die Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VRV wird mit Busse bestraft. Die Busse ist auch hier grundsätzlich nach Art. 106 Abs. 3 StGB dem Verschulden des Täters sowie dessen Verhältnissen angemessen festzulegen (vgl. act. 59, S. 75, E. X.5.8). Als Ausgangspunkt bzw. unverbindlicher Orientierungspunkt für die vorliegende Geschwindigkeitsüberschreitung dient aber trotzdem die Ordnungsbussenverordnung bzw. die entsprechende Bussenliste. Diese sieht für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 6-10 km/h innerorts eine Busse von CHF 120.−, für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 11-15 km/h hingegen eine Busse von CHF 250.− vor (Ziff. 303 lit. b und c der OBV-Bussenliste).

 

4.5.2.2.            Der Beschuldigte hat am 6. Februar 2021 die Geschwindigkeit um 9 km/h innerorts überschritten. Im Rahmen von Ziff. 303 lit. b der OBV-Bussenliste wiegt seine Tat objektiv deshalb schwer und erreicht beinahe den Bereich von Ziff. 303 lit. c der OBV-Bussenliste. Aus diesem Grund rechtfertigt es sich, die Busse vorliegend in der Nähe der nach Ziff. 303 lit. c OBV-Bussenliste vorgesehenen CHF 250. und damit über den nach Ziff. 303 lit. b OBV-Bussenliste vorgesehenen CHF 120.− festzusetzen. Der Beschuldigte beging die Geschwindigkeitsüberschreitung um 17.57 Uhr abends, wobei zu beachten ist, dass es um diese Uhrzeit bereits dunkel geworden war (vgl. act. 2/8.10.03; act. 2/8.10.04-1). Damit waren die Sichtverhältnisse nicht mehr einwandfrei und die Geschwindigkeitsüberschreitung hatte ein erhöhtes Gefährdungspotential. Der Ort der begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung deutet hingegen nicht auf eine besondere Gefährdung hin (vgl. act. 2/8.10.01, S. 1).

 

4.5.2.3.            Auch wenn das Verschulden des Beschuldigten im Rahmen der nach Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 4 Abs. lit. a und Abs. 2 VRV möglichen Delikte noch als leicht einzustufen ist, erscheint die von der Vorinstanz festgelegte Busse von CHF 200. gemäss den vorstehenden Ausführungen als angemessen.

 

4.5.3.   Festlegung der Gesamtbusse

4.5.3.1.            Aus den soeben für die beiden Verkehrsregelverletzungen einzeln festgelegten Bussen ist ebenfalls eine Gesamtstrafe zu bilden, wobei von der Einsatzstrafe für das schwerste Delikt auszugehen ist (Art. 49 Abs. 1 StGB). Da beide Straftaten denselben Strafrahmen aufweisen, ist vorliegend von der Geschwindigkeitsüberschreitung auszugehen, für welche eine hypothetische Busse von CHF 200. festgesetzt wurde (vgl. zum Ganzen act. 59, S. 76, E. X.5.8.3 und E. VI.4.5.2.3 vorstehend). Aufgrund der Vornahme einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert, ist diese angemessen zu erhöhen. Die genannten Straftatbestände schützen zwar grundsätzlich beide die Verkehrssicherheit. Allerdings stehen die beiden Delikte ansonsten in keinerlei Zusammenhang. Die Verletzung der Verkehrsregeln vom 19. November 2020 (Verwenden eines Telefons ohne Freisprecheinrichtung während der Fahrt) wirkt sich daher in nicht unerheblichem Umfang von CHF 70.auf die Gesamtstrafe aus. Dies führt zu einer Gesamtstrafe von CHF 270..

 

4.5.3.2.            Die soeben festgelegte Gesamtbusse ist nun den Täterkomponenten anzupassen. Wie bereits mehrfach erwähnt, ist der Beschuldigte mehrfach vorbestraft und beging beide Delikte während einer laufenden Strafuntersuchung (vgl. act. 94). Sowohl die Strafuntersuchung als auch die Vorstrafen betrafen unter anderem Strassenverkehrsdelikte. Ausserdem wurden gegen den Beschuldigten über mehrere Jahre hinweg diverse strassenverkehrsrechtliche Administrativmassnahmen verhängt (act. 2/1.1.08). Der Beschuldigte zeigt sich damit in Bezug auf das Strassenverkehrsgesetz besonders uneinsichtig und unbelehrbar, was straferhöhend zu berücksichtigen ist. Weitere Straferhöhungs- ‑minderungsgründe sind nicht ersichtlich. Wie vorstehend dargelegt (vgl. E. VI.3.4.4), ist dem Beschuldigten ein Einkommen anzurechnen, welches sich noch im untersten Durchschnittsbereich befindet. Eine Senkung (oder Erhöhung) der Busse aufgrund des Einkommens des Beschuldigten ist daher nicht angezeigt. Die Busse ist deshalb aufgrund der Täterkomponenten auf CHF 300. zu erhöhen.

 

4.5.3.3.            Betreffend die Festlegung der Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (act. 59, S. 77, E. X.5.8.4).

 

5.         Zusammenfassung der auszufällenden Sanktionen

5.1.      Den vorstehenden Ausführungen zufolge ist der Beschuldigte für die Delikte, welche er vor dem 26. September 2018 begangen hat, (zusätzlich zum Urteil des Kantonsgerichts vom 26. September 2018) mit einer Zusatzfreiheitsstrafe von 10 Monaten zu bestrafen sowie mit einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à CHF 30.. Für die Taten nach dem 26. September 2018 ist der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten, einer Geldstrafe von 155 Tagessätzen à CHF 30. (vgl. aber E. VI.5.2 nachfolgend) sowie einer Busse von CHF 300.− (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen bei Nichtbezahlung) zu bestrafen. Der Beschuldigte ist damit grundsätzlich insgesamt mit einer Freiheitsstrafe von 32 Monaten, einer Geldstrafe von 205 Tagessätzen à CHF 30. (vgl. aber E. VI.5.2 nachfolgend) sowie einer Busse von CHF 300.−, welche bei Nichtbezahlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen umgewandelt wird, zu bestrafen.

 

5.2.      Nach Art. 391 Abs. 2 StPO darf das Urteil nicht zum Nachteil des Beschuldigten abgeändert werden (Verbot der reformatio in peius), wenn das Rechtsmittel nur zu seinen Gunsten ergriffen wurde. Massgebend ist dabei das Dispositiv (BGE 148 IV 89 E. 4.3; BGE 139 IV 282 E. 2.6; Urteil BGer 6B_199/2011 vom 10. April 2012, E. 8.3.2). Eine Geldstrafe bildet dabei gegenüber der Freiheitsstrafe stets die mildere Strafe (BGE 135 IV 188 E. 3.4.3; BGE 134 IV 82 E. 7.2.2). Vorliegend wird zwar die Freiheitsstrafe gegenüber dem vorinstanzlichen Urteil um einen Monat reduziert. Allerdings fällt die Geldstrafe im Vergleich zum vorinstanzlichen Urteil um 130 Tagessätze höher aus. Die Busse und die dazugehörige Ersatzfreiheitstrafe bleiben gegenüber dem vorinstanzlichen Urteil hingegen unverändert. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius darf die Geldstrafe maximal im Umfang der Reduktion der Freiheitsstrafe erhöht werden. Weil die Freiheitsstrafe vorliegend um einen Monat reduziert wird, darf die Geldstrafe im Vergleich zum vorinstanzlichen Urteil lediglich um 30 Tagessätze erhöht werden. Daraus ergibt sich, dass der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 32 Monaten, einer Geldstrafe von 105 Tagessätzen à CHF 30. sowie mit einer Busse von CHF 300. zu bestrafen ist.

 

5.3.      Der Beschuldigte befand sich vom 14. Oktober 2021 bis zum 1. September 2022 (insgesamt 323 Tage) in Haft (vgl. OG.2022.00058, act. 4, S. 3, E. 3.3, und S. 5, Dispositiv-Ziff. 2). Die ausgestandene Haftzeit ist auf die Freiheitsstrafe anzurechnen (vgl. Art. 51 StGB).

 

6.         Vollzug

Die vorinstanzliche Anordnung des unbedingten Vollzugs der Freiheits- sowie der Geldstrafe blieben im Berufungsverfahren zu Recht unbestritten. Es kann in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO integral auf die entsprechenden vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden (act. 59, S. 78, E. XI).

 

VII.      Beschlagnahmte Gegenstände

 

1.        

Die Vorinstanz hat die Einziehung und Verwertung der beschlagnahmten Motorfahrzeuge Citroën Berlingo, [...], und Mercedes Benz, [...], inkl. Fahrzeugschlüssel angeordnet (act. 59, S. 88, Dispositiv-Ziff. 6). Die Verteidigerin bringt dagegen vor, dass die beiden Fahrzeuge nicht dem Beschuldigten gehören würden. Die Fahrzeuge seien dem rechtmässigen Besitzer herauszugeben, wobei die Fahrzeuge in die Erbengemeinschaft fallen würden, da der Vater des Beschuldigten mittlerweile verstorben sei (act. 98, S. 9). Die Staatsanwaltschaft erklärt, die Fahrzeuge würden dem Beschuldigten gehören bzw. seinen nicht nicht mehr existierenden Firmen. Die Fahrzeuge seien deshalb zu verwerten (act. 100, S. 7).

 

2.        

2.1.      Zunächst ist festzuhalten, dass Art. 90a SVG vorliegend nicht einschlägig ist, da die Einziehung der Fahrzeuge nicht aufgrund begangener Verkehrsregelverletzungen sondern aufgrund des mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung zu prüfen ist (vgl. Markus Husmann, in: Basler Kommentar Strassenverkehrsgesetz [SVG], Basel 2014, N146 und N150 zu Art. 90a SVG). Ein Fahrzeug kann aber nach Art. 267 Abs. 3 StPO i.V.m. Art. 69 Abs. 1 StGB eingezogen werden (vgl. Florian Baumann, in: Basler Kommentar Strafrecht [StGB/JStG], 4. Aufl., Basel 2019, N15 zu Art. 69 StGB), wenn es zur Begehung einer Straftat gedient hat, sofern dieses Fahrzeug namentlich die Sicherheit von Menschen gefährdet. Wenn ohne Einzug der fraglichen Gegenstände eine Gefährdung wahrscheinlich ist, ist das Erfordernis der konkreten Gefährdung nach Art. 69 StGB bereits erfüllt. Weiter erfordert die Beurteilung der Gefährlichkeit eine Prognose in die Zukunft (Florian Baumann, a.a.O., N13 zu Art. 69 StGB).

 

2.2.      Die Herausgabe an einen Dritten kann grundsätzlich nur der Dritte selbst beantragen. Der Beschuldigte kann entsprechend nicht die Herausgabe der Gegenstände an einen Dritten verlangen. Da der Beschuldigte aber auch die Einziehung an sich angefochten hat, sind die Eigentumsverhältnisse vorfrageweise zu klären (vgl. zum Ganzen BGE 121 IV 365 E. 7.b). Dritteigentum schliesst – entgegen der Auffassung der Verteidigerin (act. 98, S. 9) – die Einziehung des Fahrzeuges aber nicht per se aus. Vielmehr ist erforderlich, dass das Fahrzeug in den Händen des Dritteigentümers keine Gefahr mehr darstellt, damit ihm dieses zurückgegeben werden kann (Florian Baumann, a.a.O., N14 zu Art. 69 StGB).

 

3.        

3.1.      Eigentumsverhältnisse

3.1.1.   Unbestrittenermassen war der Beschuldigte zum Zeitpunkt der jeweiligen Beschlagnahme im Besitz (Art. 919 Abs. 1 ZGB) der beiden Fahrzeuge und der Vater des Beschuldigten als deren Halter eingetragen. Zum Citroën Berlingo geben sowohl der Beschuldigte als auch sein Vater übereinstimmend an, dass dieser im Eigentum eines Dritten stehe (act. 2/8.3.02, S. 3, Ziff. 9; act. 2/8.3.03, S. 2, Ziff. 1; act. 2/8.3.07; act. 2/8.3.08; act. 2/10.2.01, S. 6, N166 ff.). Damit kann ausgeschlossen werden, dass der Vater des Beschuldigten Eigentümer dieses Fahrzeuges ist. Den Mercedes Benz bezeichnet der Vater des Beschuldigten zwar als `mein` Auto (act. 2/8.5.03, S. 4, Ziff. 14; act. 2/8.3.03, S. 2, Ziff. 1). Allerdings gibt er auch an, dieses Fahrzeug nicht selbst bezahlt zu haben sowie dass auch eine Drittfirma das Auto benutze und der Beschuldigte die Rechnungen bezahle (act. 2/8.3.03, S. 3, Ziff. 10 f.; act. 2/10.2.01, S. 6, N166 f.). Daraus kann geschlossen werden, dass der Mercedes Benz zwar vorwiegend durch den Vater des Beschuldigten benutzt wurde, aber nicht in dessen Eigentum stand. Dies stimmt auch mit den Aussagen des Beschuldigten überein (act. 2/10.1.01, S. 7, Ziff. 33 f.). Zu klären bleibt damit lediglich, ob die Fahrzeuge im Eigentum des Beschuldigten einer Drittfirma stehen.

 

3.1.2.   Der Beschuldigte gibt an der polizeilichen Einvernahme an, der Citroën Berlingo würde der Firma [XXX] Ltd. gehören (act. 2/8.3.02, S. 3, Ziff. 9; vgl. auch act. 2/8.3.08 [Kaufvertrag zwischen [YYY] Ltd. und [XXX] Ltd.]). Der Mercedes Benz würde der [YYY] Ltd., der [XXX] Ltd., einer Firma aus Indien und einer weiteren in London gehören. Es gebe dazu Mietverträge (act. 2/10.1.01, S. 7, Ziff. 34). Dies deutet daraufhin, dass die angeblichen Firmen gerade nicht Eigentümer, sondern bestenfalls Besitzer (Mieter) sind. Ausserdem erscheint es unglaubhaft, dass ein Auto im Eigentum vier verschiedener Firmen stehen soll, welche sich weder im selben Land noch auf demselben Kontinenten befinden. Auffällig ist auch, dass der Beschuldigte an der Einvernahme vor Kantonsgericht selbst nicht mehr wusste, wem die Fahrzeuge gehören sollen (vgl. act. 48, S. 23 f., Frage 124 f.).

 

3.1.3.   Wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat (act. 59, S. 79 f., E. XII.4 f.), gibt es keinerlei Nachweise dafür, dass die Firmen [YYY] Ltd. und [XXX] Ltd. tatsächlich (noch) existieren. Der Beschuldigte war zwar Geschäftsführer einer [YYY] Ltd. mit Sitz in London, welche allerdings bereits am 7. Juni 2011 aufgelöst wurde (act. 2/3.1.01-14). Dafür, dass eine weitere [YYY] Ltd. (mit Sitz in den Seychellen) existieren soll, bestehen keinerlei Hinweise. Anzumerken ist auch, dass es dem Beschuldigten bereits in einem früheren Verfahren vor Obergericht nicht gelang, deren Existenz nachzuweisen (vgl. OG.2017.00008, act. 69, S. 5 f., E. II.3.c). Ebenso wenig fanden sich Hinweise auf die Existenz einer Firma [XXX] Ltd., welche in irgendeiner Verbindung zum Beschuldigten steht (vgl. auch act. 100, S. 7). Es ist deshalb mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die vom Beschuldigten erwähnten Firmen lediglich vorgeschoben sind und die beiden Fahrzeuge im Eigentum des Beschuldigten stehen (vgl. Art. 930 Abs. 1 ZGB). Dafür spricht im Übrigen auch die Aussage des Vaters des Beschuldigten, wonach der Beschuldigte die Rechnungen für den Citroën Berlingo zahle (act. 2/8.3.03, S. 3, Ziff. 10). An der Zulässigkeit der Einziehung würde sich allerdings auch nichts ändern, wenn die Fahrzeuge tatsächlich im Eigentum der genannten Firmen stehen würden (vgl. dazu nachfolgend E. VII.3.2.2 f.).

 

3.2.      Erfüllung der Voraussetzungen nach Art. 69 StGB

3.2.1.   Der Beschuldigte hat vorliegend mehrfach den Tatbestand des Fahrens trotz Entzug des Führerausweises nach Art. 95 SVG erfüllt. Dabei ist der Beschuldigte am 31. Mai 2018 mit dem beschlagnahmten Citroën Berlingo (act. 2/8.3.01, S. 2) und am 30. Juli 2019 mit dem beschlagnahmten Mercedes Benz gefahren (act. 2/8.5.01, S. 3). Notorisch ist, dass der Mercedes Benz nicht ohne den dazugehörigen und beschlagnahmten Schlüssel gefahren werden konnte. Die beiden Fahrzeuge sowie der Schlüssel weisen damit den erforderlichen Bezug zu den begangenen Straftaten auf. Durch die Benützung des jeweiligen Fahrzeuges inkl. Schlüssel bei der Tat am 31. Mai 2018 bzw. am 30. Juli 2019 hat der Beschuldigte die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und somit von anderen Menschen gefährdet.

 

3.2.2.   Die von der Vorinstanz zutreffend erkannte negative Prognose (vgl. act. 59, S. 78, E. XI) lässt darauf schliessen, dass der Beschuldigte die beiden Fahrzeuge bei einer Rückgabe an ihn auch zukünftig wieder fahren würde, obwohl er über keine Fahrberechtigung verfügt. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Beschuldigte nach der Beschlagnahme der beiden Fahrzeuge weiterhin – mit anderen Fahrzeugen – trotz Entzug des Ausweises fuhr. Entsprechend ist auch von einer zukünftigen Gefährdung auszugehen. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die beiden Fahrzeuge tatsächlich der (angeblichen) [YYY] Ltd. der (angeblichen) [XXX] Ltd. gehören würden. Der Beschuldigte wäre den Akten zufolge Geschäftsführer der [YYY] Ltd. (act. 2/8.3.08, S. 2; act. 48, S. 10, Frage 45 und 47) und könnte auch bei der [XXX] Ltd. massgeblichen Einfluss ausüben, war er dort – gemäss den vorhandenen Akten – doch zumindest in der Lage, Verträge abzuschliessen (act. 2/8.3.03, S. 3, Ziff. 7; act. 2/8.3.09). Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Beschuldigte ohne weiteres auf Fahrzeuge zugreifen könnte, würden diese an eine der beiden angeblichen Firmen zurückgegeben. Eine zukünftige Gefährdung würde also auch unter diesen Umständen bestehen.

 

3.2.3.   Zur Verhältnismässigkeit ist festzuhalten, dass aufgrund der Aktenlage davon auszugehen ist, dass dem Beschuldigten die weiteren von ihm benutzten Fahrzeuge nicht mehr zur Verfügung stehen (vgl. act. 2/1.3.06; act. 2/8.4.01, S. 2; act. 2/8.4.02, S. 4, Ziff. 41; act. 2/5.3.05, S. 1; act. 2/8.10.05-1, S. 4, Ziff. 27 und 30). Der Beschuldigte müsste sich also ohne die Rückgabe der beiden Fahrzeuge zur erneuten Deliktsbegehung zuerst ein neues Fahrzeug besorgen, was zu einer zeitlichen Verzögerung sowie einem finanziellen Aufwand führen würde. Die Einziehung der beiden Fahrzeuge ist daher insbesondere in Anbetracht der Vielzahl der begangenen Verstösse verhältnismässig (vgl. auch BGE 137 IV 249 E. 4.4 und E. 4.5.2). Damit ist die Einziehung der Fahrzeuge Citroën Berlingo, [...], und Mercedes Benz, [...], inkl. Fahrzeugschlüssel vorliegend zulässig.

 

4.        

Sofern die Verwertung des einzuziehenden Gegenstandes möglich ist, ist der daraus erzielte Verwertungserlös dem rechtmässigen Eigentümer herauszugeben (BGE 117 IV 345 E. 2.a; Urteil BGer 6B_748/2008 vom 16. Februar 2009, E. 4.4). Die beiden Fahrzeuge Citroën Berlingo, [...], und Mercedes Benz, [...], inkl. Fahrzeugschlüssel sind somit zu verwerten. Da den vorstehenden Ausführungen zufolge der Beschuldigte Eigentümer der beiden Fahrzeuge ist, ist ein allfälliger Erlös aus der Verwertung an die Verfahrenskosten anzurechnen (Art. 267 Abs. 3 StPO).

 

VIII.     Zivilforderung

 

1.        

Die Vorinstanz stellte im Grundsatz fest, dass der Privatklägerin 1 gegenüber dem Beschuldigten aufgrund der Beschädigungen am Bagger ein Anspruch auf Schadenersatz zustehe. Im Übrigen sei die Privatklägerin 1 auf den Zivilweg zu verweisen (act. 59, S. 84, E. XIII.9, und S. 89, Dispositiv-Ziff. 7). Die Verteidigerin bringt dagegen vor, dass der Zustand des Baggers bei der Übergabe an den Beschuldigten nicht habe geklärt werden können. Es hätte geklärt werden müssen, was in der entsprechenden Branche als `Übergabe in ordnungsgemässem Zustand` verstanden werde. Die Privatklägerin 1 sei deshalb mit ihrer Zivilforderung vollumfänglich auf den Zivilweg zu verweisen (act. 98, S. 9 f.). Weder die Staatsanwaltschaft noch die Privatklägerin 1 äusserten sich im Berufungsverfahren dazu (vgl. act. 100; act. 95).

 

2.        

In Bezug auf die Zivilklage ist das Berufungsgericht an die Anträge der Parteien gebunden (Art. 391 Abs. 1 lit. b StPO). Aus diesem Grund ist vorliegend die Zivilforderung einzig im Hinblick auf die Sachschäden am Bagger zu prüfen. Zivilansprüche können nach Art. 122 Abs. 1 StPO nur dann adhäsionsweise geltend gemacht werden, wenn sie aus der Straftat hergeleitet werden. Dies bedeutet, dass sie sich auf denselben Sachverhalt stützen müssen, welcher zur Strafverfolgung Anlass gab bzw. in der Anklageschrift enthalten ist (vgl. zum Ganzen Urteil BGer 6B_1310/2021 vom 15. August 2022, E. 3.1.2; Urteil BGer 6B_1068/2019 vom 23. Juli 2020, E. 3.3; Urteil BGer 6B_1117/2013 vom 6. Mai 2014, E. 3.5). Der Beschuldigte wurde vorliegend der Veruntreuung (Art. 138 StGB) angeklagt, nicht aber der Sachbeschädigung (Art. 144 StGB; vgl. auch act. 2/15.3.07, S. 2 f.). Die Beschädigungen am Bagger sind deshalb auch nicht in der Anklageschrift enthalten (act. 1, S. 2 f.) und lassen sich auch nicht aus der angeklagten Straftat der Veruntreuung herleiten. Schadenersatz für die Beschädigungen am Bagger kann deshalb im vorliegenden Strafverfahren nicht adhäsionsweise geltend gemacht werden. Die Privatklägerin 1 ist deshalb vollumfänglich auf den Zivilweg zu verweisen.

 

 

IX.       Kosten- und Entschädigungsfolgen

 

1.         Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens

1.1.      Verfahrenskosten und Entschädigung des Beschuldigten

1.1.1.   Die Vorinstanz hat die Kosten von insgesamt CHF 26'559.43 (Gerichtsgebühr von CHF 6000., weitere Verfahrenskosten von CHF 7'600.− und amtliche Verteidigung von CHF 12'959.43) vollumfänglich dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung seien dabei erst dann vom Beschuldigten zu beziehen, wenn es seine finanziellen Verhältnisse erlauben. Ein allfälliger Erlös aus der Verwertung der Fahrzeuge sei den Verfahrenskosten anzurechnen (vgl. zum Ganzen act. 59, S. 88 f., Dispositiv-Ziff. 6, 8-10 und 12).

 

Die Verteidigerin bringt dagegen vor, der Beschuldigte sei für einen Viertel der Delikte freigesprochen worden (drei Freisprüche und acht Schuldsprüche), weshalb dem Beschuldigten auch nur drei Viertel der Verfahrenskosten auferlegt werden könnten. Ausserdem stehe dem Beschuldigten ein Entschädigungsanspruch zu (act. 71, S. 3; act. 98, S. 10 f.). Die Staatsanwaltschaft erklärt dazu, die Freisprüche seien im Gegensatz zu den ergangenen Schuldsprüchen verschwindend gering. Der Beschuldigte habe deshalb die Verfahrenskosten vollständig zu tragen, weshalb ihm auch keine Entschädigung zustehe (act. 100, S. 7 f.).

 

1.1.2.   Nach Art. 426 Abs. 1 StPO trägt die beschuldigte Person die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung können – wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat (act. 59, S. 85, E. XV.1) – dem Beschuldigten bei einem Teilfreispruch die gesamten Verfahrenskosten auferlegt werden, soweit die dem Beschuldigten zur Last gelegten Handlungen in einem engen und direkten Zusammenhang stehen und alle Untersuchungshandlungen hinsichtlich jedes Anklagepunktes notwendig waren. Vom Grundsatz der vollständigen Kostenauflage ist bei einem einheitlichen Sachverhaltskomplex nur abzuweichen, wenn die Strafuntersuchung im freisprechenden Punkt zu Mehrkosten geführt hat. Für die Kostenauflage ist dabei nicht die rechtliche Würdigung und die Anzahl der angeklagten Tatbestände, sondern der zur Anklage gebrachte Sachverhalt massgebend (vgl. zum Ganzen Urteil BGer 6B_85/2021 vom 26. November 2021, E. 23.3.1; Urteil BGer 6B_460/2020 vom 10. März 2021, E. 10.3.1; Urteil BGer 6B_202/2020 vom 22. Juli 2020, E. 3.2; Urteil BGer 6B_115/2019 vom 15. Mai 2019, E. 4.3).

 

1.1.3.   Aus den vorstehenden Ausführungen geht hervor, dass die konkrete Anzahl der Schuld- und Freisprüche – entgegen der Auffassung der Verteidigerin – für die Auferlegung der Kosten nicht massgebend ist. Wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, wurden elf Sachverhalte zur Anklage gebracht und der Beschuldigte lediglich in einem davon vollumfänglich freigesprochen. Die Freisprüche betreffend das Nichttragen der Sicherheitsgurte am 30. Juli 2019 und die Verletzungen der Verkehrsregeln am 3. Dezember 2020 sowie am 25. Februar 2021 stehen entsprechend in einem engen Zusammenhang mit den Schuldsprüchen für das jeweilige Fahren ohne Berechtigung. Hinsichtlich dieser Freisprüche entstanden keine zusätzlichen Untersuchungs- und Verfahrenskosten, die nicht ohnehin im Zusammenhang mit den unberechtigten Fahrten anfielen. Eine Reduktion der Auferlegung der Gerichtskosten kommt daher einzig betreffend den Sachverhalt vom 13. November 2020 in Frage, hinsichtlich welchem der Beschuldigte vollständig freigesprochen wurde.

 

1.1.4.   Aus den Akten der Staatsanwaltschaft geht hervor (act. 2/1.0.00 ff.), dass die meisten Untersuchungshandlungen zur Ermittlung der Veruntreuung und der Vernachlässigung der Unterhaltspflichten vorgenommen wurden. Es ist deshalb davon auszugehen, dass lediglich etwa ein Drittel der gesamten Untersuchungshandlungen der Staatsanwaltschaft auf die Strassenverkehrsdelikte zurückzuführen ist. Neun der angeklagten Sachverhalte stehen im Zusammenhang mit Strassenverkehrsdelikten. Die Abklärungen betreffend die Fahrberechtigung des Beschuldigten waren dabei für alle neuen Delikte notwendig. Zudem wurden drei Fahrzeuge beschlagnahmt. Es ist davon auszugehen, dass alle diese Untersuchungshandlungen (Abklärung Fahrberechtigung, einzelne Beschlagnahme von Fahrzeugen [3x], Abklärungen zu einzelnen Sachverhalten [9x]) in etwa denselben Aufwand generierten. CHF 180.− (2.5%) der Untersuchungsgebühr können daher aufgrund des Freispruchs betreffend den Sachverhalt vom 13. November 2020 nicht dem Beschuldigten auferlegt werden. Die Untersuchungsgebühr von insgesamt CHF 7'000.− ist daher nur im Umfang von CHF 6'820.− dem Beschuldigten aufzuerlegen.

 

1.1.5.   Die Vorinstanz auferlegte dem Beschuldigten als weitere Verfahrenskosten eine Gerichtsgebühr von CHF 600. aus dem Verfahren SG.2021.00069, welches die Anordnung der Sicherheitshaft betraf. Diese Kosten fielen unabhängig vom Sachverhalt vom 13. November 2020 an, denn auf dieses Verfahren hatte dieser einzelne Sachverhalt keinen massgeblichen Einfluss (act. 22). Entsprechend ist dem Beschuldigten auch die betreffende Gerichtsgebühr für das Verfahren SG.2021.00069 vollumfänglich aufzuerlegen. Aufgrund dessen, dass dem Beschuldigten insgesamt elf Sachverhalte vorgeworden wurden und er in zehn davon schuldig gesprochen wurde, ist die erstinstanzliche Gerichtsgebühr von CHF 6'000. bereits allein aufgrund der ergangenen Schuldsprüche gerechtfertigt (vgl. Art. 6 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung; GS III A/5). Für den Anklagesachverhalt, in welchem ein vollständiger Freispruch erfolgte, ist vorinstanzlich hingegen kein für die Festsetzung der Gerichtsgebühr relevanter Aufwand entstanden. Die erstinstanzliche Gerichtsgebühr von CHF 6'000. ist daher vollumfänglich dem Beschuldigten aufzuerlegen (vgl. auch Urteil BGer 6B_85/2021 vom 26. November 2021, E. 23.4.1). Die Verfahrenskosten für die Untersuchung und das erstinstanzliche Verfahren von insgesamt CHF 13'600. (exkl. Kosten der amtlichen Verteidigung) sind dem Beschuldigten daher im Umfang von CHF 13'420. aufzuerlegen.

 

1.1.6.   Der Beschuldigte wird vorliegend amtlich verteidigt (act. 59, S. 89, Dispositiv-Ziff. 12), weshalb ihm noch keine Aufwendungen im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO entstanden sind und ihm daher grundsätzlich auch keine Entschädigung zusteht. Allerdings ist Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO bei der Festlegung der Rückerstattungspflicht nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO zu berücksichtigen. Dem Plädoyer der Verteidigerin kann entnommen werden, dass diese für den Sachverhalt vom 13. November 2020 kaum Aufwendungen getätigt hat (act. 47, S. 10, Mitte). Da die Verteidigerin aber dennoch zumindest den Polizeibericht (act. 2/8.9.01) studieren und den Sachverhalt gegenüber dem Beschuldigten zumindest kurz ansprechen musste, ist auch die Rückerstattungspflicht des Beschuldigten im Umfang von 2.5% zu reduzieren (was angesichts des Plädoyers der Verteidigerin grosszügig scheint). Der Beschuldigte hat daher die Kosten der amtlichen Verteidigung von CHF 12'959.43 lediglich im Umfang von CHF 12'640. zurückzuerstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Weitere Entschädigungs- Genugtuungsansprüche des Beschuldigten sind nicht ersichtlich.

 

1.2.      Entschädigung der Privatklägerschaft

1.2.1.   Die Vorinstanz verpflichtete den Beschuldigten, der Privatklägerin 1 eine Parteientschädigung von CHF 7'100. zu bezahlen (act. 59, S. 89, Dispositiv-Ziff. 11). Die Privatklägerin 1 hatte dabei eine Parteientschädigung von CHF 12'027. beantragt, welche ihr von der Vorinstanz im vorstehend erwähnten Umfang gekürzt wurde (act. 59, S. 86, Ziff. XV.4). Die Verteidigerin bemängelt, dass die Honorarnoten der Privatklägerin 1 ca. 2.3 Stunden kanzleiinterne Besprechungen beinhalten würden, was keine notwendigen Aufwendungen seien. Diese seien wohl dadurch entstanden, dass der Fall intern von Anwalt zu Anwalt gereicht worden sei. Zudem sei auch der Aufwand von fünf Stunden für die Erstellung einer Strafanzeige übermässig hoch. Dies gelte insbesondere im Zusammenhang damit, dass anschliessend nochmals weitere drei Stunden für die Ausarbeitung von Beweisanträgen und weitere 14 Stunden für die Ausarbeitung des Plädoyers aufgewendet worden seien. Der geltend gemachte Anspruch sei daher um acht Stunden zu kürzen. Für die auf den Zivilweg verwiesenen Ansprüche könne die Privatklägerin 1 sodann gar keine Parteientschädigung verlangen. Der Privatklägerin 1 stehe daher eine Parteientschädigung von maximal CHF 5'000. zu (vgl. zum Ganzen act. 98, S. 11 ff; act. 95, S. 5). Die Staatsanwaltschaft und die Privatklägerin 1 äussern sich im Berufungsverfahren nicht dazu (vgl. act. 100; act. 95).

 

1.2.2.   Die Privatklägerschaft hat gegenüber der beschuldigten Person Anspruch auf angemessene Entschädigung für notwendige Aufwendungen, wenn sie obsiegt (Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO). Die Privatklägerin 1 hat sich vorliegend als Straf- und Zivilklägerin konstituiert (act. 2/3.1.03, S. 2). Der Beschuldigte wurde betreffend die Veruntreuung zwar verurteilt, die Privatklägerin ist jedoch mit den von ihr geltend gemachten Zivilforderung vollumfänglich auf den Zivilweg zu verweisen (E. VIII vorstehend). Die Privatklägerin 1 obsiegt damit als Strafklägerin, unterliegt aber als Zivilklägerin. Entsprechend steht ihr für ihre Funktion als Strafklägerin eine angemessene Entschädigung zu. Aufwendungen, welche einzig den Zivilpunkt betreffen, sind hingegen nicht im Strafverfahren zu entschädigen, sondern müssen zusammen mit der Zivilforderung geltend gemacht werden (vgl. zum Ganzen BGE 139 IV 102 E. 4.3 f.). Aufgrund der Rügen der Verteidigerin ist zunächst auf die Angemessenheit bzw. Notwendigkeit der Aufwendungen der Privatklägerin 1 einzugehen und nachfolgend zu klären, welcher Anteil ausschliesslich auf die Zivilforderung entfällt.

 

1.2.3.   Angemessenheit/Notwendigkeit Aufwendungen

1.2.3.1.            Zu den internen Besprechungen ist festzuhalten, dass solche nicht per se als nicht notwendig zu betrachten sind. So können diese die Ausarbeitung einer Rechtsschrift erleichtern und auf diese Weise den Aufwand verringern. Bei der Besprechung vom 5. September 2016 ging es denn auch um die Aktiv-/Passivlegitimation (act. 54, Rechnung Nr.19831), wobei aufgrund der Verwendung der [YYY] Ltd. durch den Beschuldigten sowie der Eigentumsverhältnisse betreffend den Bagger (vgl. act. 2/3.1.01, S. 3) tatsächlich einige Schwierigkeiten bestanden. Dieser Aufwand erscheint deshalb nicht als unangemessen. Hinsichtlich der übrigen von der Verteidigerin bemängelten internen Besprechungen (insgesamt 1.7 Stunden) hat die Privatklägerin 1 nicht genügend dargetan, inwiefern diese notwendig waren (act. 54, Rechnungen Nr.19831/20300). Der geltend gemachte Aufwand ist deshalb um 1.7 Stunden zu kürzen.

 

1.2.3.2.            Die Strafanzeige der Privatklägerin 1 umfasst insgesamt acht Seiten sowie 16 Beilagen und bezieht sich ausschliesslich auf den Strafpunkt (act. 2/3.1.01). Zwar ist der Verteidigerin zuzustimmen, dass der Aufwand für eine Strafanzeige von fünf Stunden als hoch zu betrachten ist. Allerdings kann dieser Aufwand angesichts der vorstehend erwähnten konkreten Umstände nicht als unangemessen bezeichnet werden, hat die Privatklägerin 1 durch ihre Ausführungen doch massgeblich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen. Die Eingabe betreffend die Beweisanträge umfasst vier Seiten (act. 2/15.3.04), was angesichts der damaligen Ausgangslage der Privatklägerin 1 (mögliche Einstellung des Verfahrens; act. 2/15.3.01 und act. 2/15.1.01) nicht als unnötig bezeichnet werden kann. Ein Aufwand von drei Stunden dafür erscheint noch nicht als unangemessen.

 

1.2.3.3.            Entgegen der Auffassung der Verteidigerin kann den Honorarnoten nicht entnommen werden, dass der Fall von Anwalt zu Anwalt gereicht wurde. Vielmehr bearbeitete Rechtsanwalt lic. iur. F.______ grundsätzlich das Mandat, liess sich aber hin und wieder von seinen Kanzleikollegen unterstützen (vgl. act. 54). Erst am 19. Oktober 2021 wechselte die hauptsächliche Bearbeitung zu MLaw G.______. Das Plädoyer wurde dann in erster Linie durch MLaw G.______ ausgearbeitet. Zu beachten ist, dass es sich bei ihr um eine Substitutin handelt, für welche ein geringerer Stundenansatz verrechnet wurde. Aus diesem Grund erscheint bei ihr ein etwas grösserer Stundenaufwand als bei einem vollständig ausgebildeten Rechtsanwalt noch als angemessen (Urteil BGer 5D_175/2008 vom 6. Februar 2009, E. 5.5). In Bezug auf die Aufwendungen für die Plädoyernotizen bzw. die Vorbereitung der Hauptverhandlung muss aber davon ausgegangen werden, dass tatsächlich ein erheblicher Teil des Aufwandes von insgesamt ca. 15.5 Stunden (act. 59, Rechnung Nr. 27015) aufgrund der (erneuten) Einarbeitung in den Fall angefallen ist. Für die Ausarbeitung der Plädoyernotizen bzw. die Vorbereitung der Hauptverhandlung sind daher statt der verlangten 15.5 Stunden nur neun Stunden zu entschädigen.

 

1.2.4.   Anteile Strafpunkt/Zivilforderung

1.2.4.1.            Aus den Rechnungen Nr. 19831 und 19984 geht hervor, dass diese ausschliesslich Aufwendungen betreffend den Strafpunkt beinhalten. Diese sind bei der Parteientschädigung deshalb vollumfänglich zu berücksichtigen. Die Rechnung Nr. 20055 betraf hingegen ausschliesslich den Zivilpunkt, weshalb diese nicht zu berücksichtigen ist. Die nachfolgenden Rechnungen (Nr. 20196, 20300, 21830, 26711 und 27015) können hingegen nicht mehr eindeutig entweder dem Zivil- dem Strafpunkt zugeordnet werden (vgl. zum Ganzen act. 54). Sie sind deshalb anhand des von der Rechtsvertretung der Privatklägerin 1 an der vorinstanzlichen Verhandlung verlesenen Plädoyers (act. 46) aufzuteilen. Das Plädoyer umfasst insgesamt sieben Seiten, wobei auf die Ausführungen unter dem Titel `Zivilrechtliche Komponente` etwa dreieinhalb Seiten entfallen. Allerdings sind darin auch Ausführungen enthalten (ca. eineinhalb Seiten), welche ebenfalls für den Strafpunkt massgebend sind (vgl. act. 46, S. 3 ff., Ziff. 8, 9, 10, 13 und 15). Die tatsächlich nur für den Zivilpunkt massgebenden Ausführungen umfassen damit etwa zwei Seiten. Dieser im Zivilpunkt getätigte Aufwand von etwa einem Drittel des Gesamtaufwands ist nicht zu entschädigen (vgl. E. IX.1.2.2 vorstehend). Die Rechnungen ab dem 31. Januar 2017 (vgl. act. 54) sind daher um einen Drittel zu kürzen.

 

1.2.5.   Wie bereits die Vorinstanz zutreffend festhält, ist der Stundenansatz praxisgemäss auf CHF 220. zu kürzen (act. 59, S. 86, E. XV.4). Mit den Rechnungen Nr. 19831 und 19984 wurden insgesamt 10.95 Stunden verrechnet (act. 54). Abzüglich der einen Stunde interne Besprechung und zuzüglich der Auslagen von CHF 10.30 ergibt dies einen Betrag von CHF 2'375.25 (inkl. 8% MwSt.; Art. 115 Abs. 1 i.V.m. Art. 112 MWSTG). Mit den Rechnungen Nr. 20196, 20300, 21830, 26711 und 27015 macht die Privatklägerin 1 insgesamt 38.1 Stunden geltend (9.35 Stunden à CHF 220. und 2.2 Stunden à CHF 130. zzgl. 8% MwSt., 7 Stunden à CHF 220. und 19.55 Stunden à CHF 150. zzgl. 7.7% MwSt.). Nach der Reduktion des Aufwandes für das Plädoyer/die Hauptverhandlung (6.5 Stunden) und Abzug der beiden internen Besprechungen (0.7 Stunden) verbleibt noch ein entschädigungsrelevanter Aufwand von 30.9 Stunden (davon neu nur noch 8.65 Stunden à CHF 220. zzgl. 8% MwSt. und 13.05 Stunden à CHF 150. zzgl. 7.7% MwSt.). Zuzüglich der Auslagen von CHF 56.60 (davon CHF 36. ohne MwSt., CHF 16.60 zu 8% MwSt. und CHF 4. zu 7.7% MwSt.) ergibt dies einen Betrag von CHF 6'189.15 (inkl. MwSt.). Dieser Betrag ist den vorstehenden Ausführungen zufolge aufgrund des Zivilpunkts um einen Drittel zu kürzen, woraus sich ein verbleibender Betrag von CHF 4'126.10 ergibt.

 

1.2.6.   Für die Parteientschädigung sind den vorstehenden Ausführungen zufolge für die Rechnungen Nr. 19831/19984 CHF 2'375.25 und für die übrigen Rechnungen CHF 4'126.10 zu berücksichtigen. Hinzuzuzählen sind ausserdem zwei Stunden für die Urteilsbesprechung à CHF 220.− (act. 53), also CHF 473.90 (inkl. 7.7% MwSt.). Der Privatklägerin 1 ist damit für das vorinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 6'975.25 zuzusprechen.

 

2.         Kosten des Berufungsverfahrens

2.1.      Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf CHF 4'500. festzusetzen (Art. 6 und Art. 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung; GS III A/5). Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO).

Im vorliegenden Berufungsverfahren waren der Schuldpunkt betreffend den Vorfall vom 22. Dezember 2020, die Strafzumessung, die Beschlagnahme der Motorfahrzeuge, der Zivilanspruch der Privatklägerin 1, die Parteientschädigung sowie die Auferlegung der Kosten strittig. In Bezug auf den Schuldpunkt sowie die Beschlagnahme der Motorfahrzeuge wird das vorinstanzliche Urteil vorliegend bestätigt. Vollumfänglich gutgeheissen wird die Berufung in Bezug auf den Zivilanspruch, wobei allerdings zu beachten ist, dass die Begründung der Verteidigerin dabei in keiner Weise massgebend war. Betreffend das Strafmass, die Auferlegung der Kosten sowie die Parteientschädigung ist die Berufung zwar teilweise begründet, allerdings nur in minimalem und bei Weitem nicht im verlangten Umfang. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind damit die Gebühren für das Berufungsverfahren zu fünf Sechsteln dem Beschuldigten aufzuerlegen. Damit hat er CHF 3'750. als reduzierte Gerichtsgebühr zu bezahlen. Im Übrigen wird die Gebühr auf die Staatskasse genommen.

 

2.2.      Die Gerichtsgebühr von CHF 500. aus dem Verfahren OG.2022.00058 betreffend die Sicherheitshaft geht aufgrund der vollumfänglichen Gutheissung des damaligen Gesuchs des Beschuldigten um Haftentlassung zu Lasten der Staatskasse.

 

2.3.      Zu den Kosten des Berufungsverfahrens zählen auch die Kosten der amtlichen Verteidigerin (Art. 422 Abs. 2 lit. a StPO). Diese macht für das Berufungsverfahren Aufwendungen in Höhe von CHF 7'778.30 (inkl. Auslagen und MwSt.) geltend (act. 99). Die Verteidigerin macht darin erneut Kosten für die Durchsicht und Besprechung des vorinstanzlichen Urteils geltend (act. 99), obwohl ihr bereits durch die Vorinstanz eine entsprechende Entschädigung zugestanden wurde (act. 59, S. 86, E. XV.3). Aufgrund der Vielzahl der dem Beschuldigten vorgeworfenen Delikte musste für die Verteidigerin – entgegen ihrer Auffassung (act. 95, S. 5) – bereits im vorinstanzlichen Verfahren voraussehbar sein, dass ein längeres Urteil ergehen wird. Da die insgesamt für die Durchsicht und Besprechung des Urteils geltend gemachten Kosten noch nicht als unangemessen erscheinen, können ihr diese zusätzlichen Kosten aber gleichwohl zugesprochen werden. Die verrechneten Aufwendungen erscheinen deshalb insgesamt als angemessen (act. 47; Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des Tarifs für die Entschädigung der öffentlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung [GS III I/5]). Die amtliche Verteidigerin ist somit für das Berufungsverfahren im entsprechenden Umfang zu entschädigen.

Angesichts des vorliegenden Ausgangs des Verfahrens hat der Beschuldigte nicht die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (siehe vorstehend E. IX.2.1). Demgemäss können ihm auch die Verteidigungskosten des Berufungsverfahrens nur zu fünf Sechsteln auferlegt werden. Insofern hat der Beschuldigte, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, dem Staat CHF 6'482. zurückzuerstatten.

 

2.4.      Für das Berufungsverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen.

 

____________________

 

 

Das Gericht erkennt:

 

1.    Es wird vorgemerkt, dass die nachfolgenden Dispositiv-Ziffern des Urteils der Strafkammer des Kantonsgerichts Glarus vom 5. Januar 2022 im Verfahren SG.2021.00059 (bzw. Teile davon) unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind und nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens bildeten:

` 1.

A.______ ist schuldig:

 

der Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB;

 

der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten im Sinne von Art. 217 StGB;

 

des mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG, begangen am 31. Mai 2018, am 8. August 2018, am 30. Juli 2019, am 19. November 2020, am 3. Dezember 2020, […], am 6. Februar 2021 und am 25. Februar 2021;

 

der mehrfachen Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 StGB, begangen am 8. August 2018 sowie am 30. Juli 2019;

 

des mehrfachen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG, begangen am 19. November 2020, am 3. Dezember 2020 und am 25. Februar 2021;

 

der Fälschung von Ausweisen gemäss Art. 252 StGB, begangen am 25. Februar 2021;

 

der Verletzung der Verkehrsregeln durch Vornehmen einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeuges erschwert, gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV, begangen am 19. November 2020;

 

der Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VRV, [begangen am 6. Februar 2021].

  2.

A.______ wird freigesprochen von den Vorwürfen:

 

des Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG, soweit es sich um den Sachverhalt vom 13. November 2020 handelt;

 

der Übertretung der Verkehrsregelverordnung durch Nichttragen der Sicherheitsgurte gemäss Art. 96 VRV i.V.m. Art. 57 Abs. 5 lit. a SVG und Art. 3a Abs. 1 VRV [Sachverhalt vom 30. Juli 2019];

 

der mehrfachen Verletzung der Verkehrsregeln durch Vornehmen einer Verrichtung, welche die Bedienung des Fahrzeuges erschwert, gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV, soweit es sich um die Sachverhalte vom 3. Dezember 2020 und vom 25. Februar 2021 handelt.

 

 

  4.

Es wird festgestellt, dass im vorliegenden Strafprozess das Beschleunigungsgebot teilweise verletzt wurde.

 

 

  5.

Die im Mercedes Benz, [...], vorhandenen persönlichen Gegenstände und Werkzeuge von A.______ werden A.______ herausgegeben.

 

 

  8.

Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 6'000..

 

 

  9.

Die weiteren Verfahrenskosten betragen:

 

CHF 7'000.− Untersuchungsgebühr (SA.2016.00470)

 

CHF   600.− Gerichtsgebühr (SG.2021.00069)

 

 

  12.

Rechtsanwältin lic. iur. Bettina Dürst wird als amtliche Verteidigung im Verfahren vor Kantonsgericht mit CHF 12'959.43 aus der Gerichtskasse entschädigt.`

2.    A.______ ist zusätzlich in Abweisung der Berufung schuldig:

des Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG, begangen am 22. Dezember 2020.

 

3.    A.______ wird zu folgenden Strafen verurteilt:

unbedingte Freiheitsstrafe von 32 Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen Haft von 323 Tagen;

unbedingte Geldstrafe von 105 Tagessätzen à je CHF 30.−;

Busse von CHF 300.−, bei schuldhafter Nichtbezahlung umgewandelt in eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen.

 

4.    Die beschlagnahmten Motorfahrzeuge Citroën Berlingo, [...], und Mercedes Benz, [...], und der Fahrzeugschlüssel des Mercedes Benz werden eingezogen und verwertet. Der allfällige Erlös aus der Verwertung wird an die Verfahrenskosten angerechnet.

 

5.    Die Privatklägerin 1 wird mit ihrer Zivilklage vollumfänglich auf den Zivilweg verwiesen.

 

6.    Die Gerichtsgebühr und die weiteren Kosten für das erstinstanzliche Verfahren SG.2021.00059 und das Untersuchungsverfahren SA.2016.00470 von insgesamt CHF 13'600.− (exkl. Kosten der amtlichen Verteidigung) werden A.______ im Umfang von CHF 13'420.− auferlegt und von ihm bezogen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren von CHF 12'959.43 werden im Umfang von CHF 12'640.− von A.______ bezogen, wenn es dessen wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.______ werden spätestens im Januar 2027 überprüft.

 

7.    Für das Berufungsverfahren wird eine Gerichtsgebühr im Betrag von CHF 4'500.− festgesetzt. Diese Gebühr wird im Umfang von CHF 3'750.− A.______ auferlegt und von ihm bezogen. Im Mehrbetrag wird die Gebühr auf die Staatskasse genommen.

 

8.    Die Gebühr von CHF 500.− aus dem Verfahren OG.2022.00058 geht zu Lasten der Staatskasse.

 

9.    Rechtsanwältin lic. iur. Bettina Dürst wird für das Berufungsverfahren als amtliche Verteidigerin von A.______ aus der Gerichtskasse mit insgesamt CHF 7'778.30 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) entschädigt. A.______ wird verpflichtet, der Gerichtskasse die Kosten der amtlichen Verteidigung für das Berufungsverfahren im Umfang von CHF 6'482.− zurückzuerstatten, wenn es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

 

10.  Für das Berufungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

 

11.  Schriftliche Mitteilung an:

[...]

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch
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