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Urteil Verwaltungsgericht (GL - OG.2021.00094)

Zusammenfassung des Urteils OG.2021.00094: Verwaltungsgericht

Die Beschwerde eines Privatklägers gegen die Einstellung eines Strafverfahrens wegen Amtsmissbrauch wurde abgewiesen. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass kein ausreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten oder den Gemeindeschreiber besteht, der eine Anklage rechtfertigen würde. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 1’200 werden dem Privatkläger auferlegt. Der Privatkläger muss auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Das Gerichtsurteil wurde am 12. August 2022 gefällt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts OG.2021.00094

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2021.00094
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid OG.2021.00094 vom 12.08.2022 (GL)
Datum:12.08.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Auf eine gegen den Beschluss des Obergerichts erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil vom 31. Juli 2023 (7B_82/2022) nicht ein.
Schlagwörter: Gemeinde; Gemeindeschreiber; Vorakten; Staats; Beschuldigte; Fahrzeuge; Verfahren; Staatsanwaltschaft; Räumung; Beschwerde; Recht; Kanton; Glarus; Amtsmissbrauch; Anklage; Beschuldigten; Verfügung; Gemeindeschreibers; Verdacht; Kantons; Liegenschaft; Verwaltungsgericht; Entfernung; Urteil; Beschwerdeführers; Fahrzeugen; Liegenschaften; Staatshaftung
Rechtsnorm: Art. 118 StPO ;Art. 12 StGB ;Art. 14 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 24 StGB ;Art. 312 StGB ;Art. 319 StPO ;Art. 324 StPO ;Art. 329 StPO ;Art. 390 StPO ;Art. 392 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 428 StPO ;
Referenz BGE:129 IV 246; 130 IV 58; 138 IV 130; 147 V 369;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts OG.2021.00094

Geschäftsnummer: OG.2021.00094 (OGS.2023.154)
Instanz: OG2
Entscheiddatum: 12.08.2022
Publiziert am: 26.09.2023
Aktualisiert am: 26.09.2023
Titel: Einstellung einer Strafuntersuchung

Resümee:

Auf eine gegen den Beschluss des Obergerichts erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil vom 31. Juli 2023 (7B_82/2022) nicht ein.
 

 

Kanton Glarus

 

Obergericht

 

 

 

Es wirken mit: Obergerichtsvizepräsidentin lic. iur. Marianne Dürst Benedetti, Oberrichter Roger Feuz und Oberrichter MLaw Mario Marti sowie Gerichtsschreiber lic. iur. Sebastian Micheroli.

 

 

 

Beschluss vom 12. August 2022

 

 

Verfahren OG.2021.00094

 

 

 

A.______

Beschwerdeführer

und Privatkläger

 

vertreten durch Dr. iur. Jürg Krumm, Rechtsanwalt,
Möhrlistrasse 97, Postfach, 8050 Zürich

 

 

gegen

 

 

B.______

Beschwerdegegner

und Beschuldigter

 

2. Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus

Postgasse 29, 8750 Glarus

Beschwerdegegnerin

 

 

 

 

betreffend

 

Einstellung einer Strafuntersuchung

 

 

Rechtsbegehren des Beschwerdeführers und Privatklägers (gemäss Eingabe vom 15. November 2021, act. 2):

 

1.

Die Einstellungsverfügung vom 3. November 2021 sei aufzuheben und das Strafverfahren wegen Teilnahme am Amtsmissbrauch gegen B.______ sei weiterzuführen.

 

 

2.

Unter ausgangsgemässer Kosten- und Entschädigungsfolge (zuzüglich Mehrwertsteuer) zulasten der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus.

____________________

 

Das Gericht zieht in Betracht:

 

1.

A.______ (nachfolgend Privatkläger Beschwerdeführer) erstattete je mit Schreiben vom 13. Mai 2019 Strafanzeige bei der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus (nachfolgend Staatsanwaltschaft) gegen den damaligen Gemeindeschreiber der Gemeinde XX C.______ (nachfolgend Gemeindeschreiber) und gegen B.______ (nachfolgend Beschuldigter) jeweils u.a. wegen Amtsmissbrauch i.S.v. Art. 312 StGB. Diese Straftaten seien anlässlich der von der Gemeinde XX angeordneten Räumung der Liegenschaft des Privatklägers in [...] am 13. September 2014 verübt worden. Bei der Räumung sei der Privatkläger durch Missbrauch von Amtsgewalt massiv geschädigt worden. Der Beschuldigte habe – als von der Gemeinde XX beauftragter Rechtsanwalt (vgl. Verfahren SA.2019.00305 und SA.2019.00306 [nachfolgend Vorakten] act. 8.1.04 S. 2. f. Ziff. 9 f.) – auf Platz die Verantwortung für die Räumung übernommen (vgl. zum Ganzen Vorakten act. 3.1.01 und 3.1.02; vgl. auch Vorakten act. 3.1.08 und 3.1.09).

Nach ergänzenden Ermittlungen der Kantonspolizei Glarus eröffnete die Staatsanwaltschaft in dieser Sache am 4. Juni 2021 eine Untersuchung gegen den Gemeindeschreiber wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch i.S.v. Art. 312 StGB sowie gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts auf Teilnahme daran (vgl. Vorakten act. 9.1.12, 9.1.13, 9.1.09 und 9.1.10; vgl. auch act. 1 S. 2 f. Ziff. 3).

 

2.

Mit Verfügung vom 3. November 2021 entschied die Staatsanwaltschaft, das Strafverfahren gegen den Beschuldigten (SA.2019.00306) einzustellen (act. 1).

 

3.

Dagegen erhob der Rechtsvertreter des Privatklägers mit Schreiben vom 15. November 2021 im Namen und Auftrag seines Mandanten Beschwerde. Der Beschwerdeführer liess in seiner Beschwerde beantragen, es sei die Einstellungsverfügung vom 3. November 2021 aufzuheben und das Strafverfahren wegen Teilnahme am Amtsmissbrauch gegen den Beschuldigten weiterzuführen (vgl. act. 2 S. 2).

Das Obergericht des Kantons Glarus (nachfolgend Obergericht) hat die Akten des Vorverfahrens SA.2019.00305/SA.2019.00306 samt den dort beigezogenen Akten (vgl. Vorakten act. 2 S. 6) sowie das Urteil des Obergerichts vom 5. August 2021 in der Strafsache OG.2019.00055 (act. 9 im vorliegenden Beschwerdeverfahren) und die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Glarus vom 21. Dezember 2018 in der Sache SG.2018.00105 (act. 10 im vorliegenden Beschwerdeverfahren) beigezogen.

Zur Beschwerde wurden keine Stellungnahmen eingeholt (vgl. Art. 390 Abs. 2 StPO).

 

4.

Die angefochtene Einstellungsverfügung ist der Beschwerde zugänglich (vgl. Art. 322 Abs. 2 und Art. 393 Abs. 1 Bst. a StPO). Die Beschwerdefrist von zehn Tagen (vgl. Art. 322 Abs. 2 und Art. 396 Abs. 1 StPO) ist vorliegend eingehalten (vgl. act. 1 und 2).

Der Beschwerdeführer ist als Privatkläger Partei und damit zur Beschwerde gegen die Einstellung der Strafuntersuchung legitimiert (vgl. Art. 118 StPO i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Bst. b StPO und Art. 322 Abs. 2 StPO).

Im Übrigen geben die Prozessvoraussetzungen zu keinen Bemerkungen Anlass und ist auf die Beschwerde einzutreten.

 

5.

Mit Beschwerde können Rechtsverletzungen und/oder eine unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden (vgl. Art. 393 Abs. 2 StPO).

Vorliegend macht der Beschwerdeführer (sinngemäss) sowohl Rechtsverletzungen (namentlich Verletzung von Art. 319 und Art. 324 StPO) als auch unrichtige Sachverhaltsfeststellung geltend (vgl. act. 2 S. 3 ff.; siehe auch unten Ziff. 6.3).

 

6.

6.1 Die Staatsanwaltschaft begründet die erfolgte Eröffnung einer Untersuchung gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts auf Teilnahme an einem Amtsmissbrauch i.S.v. Art. 312 StGB (SA.2019.00306) wie folgt:

Der Beschwerdeführer sei alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der [...] GmbH gewesen. Die [...] GmbH sei Eigentümerin der Liegenschaften Parz. Nr. [...] und [...], Grundbuch [...], gewesen. Über Jahre seien dort ohne Bewilligung betriebssichere und auch nicht betriebssichere Fahrzeuge abgestellt worden. Der Gemeinderat XX habe die [...] GmbH am 5. Juni 2014 unter Androhung der Ersatzvornahme verpflichtet, ab Erhalt der Verfügung innert Frist von einem Monat resp. drei Monaten alle nicht betriebssicheren Fahrzeuge abzuräumen resp. alle betriebssicheren Fahrzeuge auf einen festen Boden mit dichtem Belag und mit einer Versickerung in die Meteor- Mischwasserkanalisation abzustellen. Mit Präsidialverfügung vom 25. August 2014 habe der Gemeinderat XX der [...] GmbH eine letztmalige Frist bis zum 8. September 2014 gewährt, innert welcher sie alle nicht betriebssicheren Fahrzeuge abzuräumen habe, unter Androhung, dass anderenfalls das Departement Werke und Umwelt der Gemeinde XX ermächtigt werde, die nicht betriebssicheren Fahrzeuge am 13. September 2014 zu entfernen. Am 13. September 2014 habe die Gemeinde XX die Liegenschaften der [...] GmbH räumen lassen.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus (nachfolgend Verwaltungsgericht) habe im Rahmen eines Staatshaftungsverfahrens mit Urteil vom 26. Januar 2017 festgestellt, dass anlässlich der Ersatzvornahme vom 13. September 2014 neben Fahrzeugen auch weitere Gegenstände, beispielweise Kabel und Autoreifen, entsorgt worden seien und sich dies nicht auf die Verfügungen vom 5. Juni 2014 und 25. August 2014 abstützen lasse und damit als widerrechtlicher Eingriff in das Eigentum der [...] GmbH resp. des Beschwerdeführers erweise.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft – unter Verweis auf BGE 129 IV 246 E. 2.1 f. – sei diese Feststellung des Verwaltungsgerichts für den Strafrichter grundsätzlich verbindlich.

Der Beschwerdeführer habe ausgesagt, dass der Beschuldigte zu Beginn der Räumung seine Hand erhoben und gesagt haben soll, er übernehme die Verantwortung für alles und jetzt werde geräumt. Hieraus habe der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben geschlossen, der Beschuldigte sei aufgrund seines dominanten Verhaltens der Chef auf Platz gewesen und habe Anweisungen erteilt, die von den anderen Anwesenden befolgt worden seien.

Gestützt auf die betreffende Feststellung des Verwaltungsgerichts sowie die Strafanzeige und die entsprechenden Aussagen des Beschwerdeführers habe ein Tatverdacht gegen den Beschuldigten bestanden (vgl. zum Ganzen act. 1 S. 2 f. Ziff. 1 f. und 5).

 

6.2 Die Staatsanwaltschaft begründet die Verfahrenseinstellung (SA.2019.00306) wie folgt:

Sowohl der Beschuldigte als auch der Gemeindeschreiber hätten ausgesagt, sich nicht daran zu erinnern, dass (resp. ob) der Beschuldigte die Hand erhoben und gesagt habe, er übernehme die Verantwortung für alles.

Nach ebenfalls übereinstimmenden Aussagen des Beschuldigten und des Gemeindeschreibers sei der Beschuldigte während einer bis zwei resp. eineinhalb Stunden vor Ort anwesend gewesen.

Der Gemeindeschreiber habe angegeben, dass er den Abtransport einzelner der fraglichen Gegenstände veranlasst habe.

D.______ habe ausgesagt, er sei damals als Geschäftsführer der [...] AG, die von der Gemeinde XX mit der Räumung beauftragt gewesen sei, vor Ort gewesen und der Gemeindeschreiber habe entschieden, was habe abtransportiert werden müssen.

E.______ habe ausgesagt, er sei damals Einsatzleiter der Kantonspolizei Glarus gewesen, die bei der Räumung Vollstreckungshilfe geleistet habe, der Auftrag sei von der Gemeinde XX gekommen, vor Ort sei der Gemeindeschreiber Ansprechperson gewesen und er könne nicht sagen, was der Beschuldigte, der damals vor Ort gewesen sei, dort gemacht habe.

In der Folge verneint die Staatsanwaltschaft einen anklagegenügenden Tatverdacht darauf, dass der Beschuldigte am 13. September 2014 in [...] selbst den Abtransport von bestimmten Gegenständen veranlasst den Gemeindeschreiber dazu bestimmt hätte, andere Gegenstände neben Fahrzeugen abtransportieren zu lassen (vgl. zum Ganzen act. 1 S. 3 f. Ziff. 5).

 

6.3 Der Beschwerdeführer begründet die Beschwerde gegen die Verfahrenseinstellung (SA.2019.00306) wie folgt:

Die Staatsanwaltschaft habe in Verletzung des sich aus Art. 319 Abs. 1 StPO und Art. 324 StPO ergebenden Grundsatzes «im Zweifel für die Anklage» resp. «in dubio pro duriore» der Beweiswürdigung durch das Gericht vorgegriffen. Sie habe durch die Würdigung von (divergierenden) Aussagen einen Sachverhalt konstruiert, der nicht klar resp. zweifelsfrei feststehe. Ob der Beschuldigte die Hand erhoben und gesagt habe, er übernehme die Verantwortung für alles, sei nicht klar, da sowohl der Beschuldigte als auch der Gemeindeschreiber ausgesagt hätten, sich nicht daran erinnern zu können. Eine Aussage des Gemeindeschreibers impliziere, dass der Beschuldigte sich entsprechend verhalten habe. Weder der Umstand, dass der Gemeindeschreiber zumindest betreffend einzelne Gegenstände eingeräumt habe, den Abtransport veranlasst zu haben, noch eine kürzere Aufenthaltsdauer des Beschuldigten von ein bis zwei Stunden schliesse eine Teilnahme an einem Amtsmissbrauch aus (vgl. zum Ganzen act. 2 S. 3 ff. Ziff. 3 ff.).

 

7.

7.1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an die Begründungen der Parteien (Art. 391 Abs. 1 Bst. a StPO).

Strafbare (vollendete) Teilnahme setzt nach dem Grundsatz der (limitierten) Akzessorietät eine (mindestens versuchte) tatbestandsmässige und rechtswidrige Haupttat voraus (vgl. z.B. BGE 138 IV 130 E. 2.3 m.H; vorbehalten ist die Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung zu einem Verbrechen, vgl. Art. 24 Abs. 2 StGB und siehe unten Ziff. 7.4).

Entsprechend ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu klären, ob überhaupt ein Verdacht auf eine rechtswidrige Haupttat des Gemeindeschreibers erhärtet ist, der eine Anklage gegen den Beschuldigten (wegen des Verdachts auf Teilnahme daran) rechtfertigt (vgl. Art. 319 Abs. 1 Bst. a bis c StPO e contrario).

Die Staatsanwaltschaft hat in dieser Sache zwar mittlerweile (nach Eingang der vorliegenden Beschwerde) – am 16. Februar 2022 – gegen den Gemeindeschreiber Anklage wegen Amtsmissbrauch i.S.v. Art. 312 StGB, eventualiter Nötigung i.S.v. Art. 181 StGB erhoben (vgl. Vorakten act. 9.1.16 und 9.1.17). Dies schliesst aber nicht aus, dass (objektiv) kein Verdacht auf eine rechtswidrige Haupttat des Gemeindeschreibers erhärtet ist, der eine Anklage gegen den Gemeindeschreiber (als mutmasslichen Haupttäter) resp. den Beschuldigten (als mutmasslichen Teilnehmer) rechtfertigt.

So hat denn die Verfahrensleitung des erstinstanzlichen Gerichts eine Prüfung der Anklage vorzunehmen, wobei sie insbesondere zu prüfen hat, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. Art. 329 Abs. 1 Bst. b StPO). In der betreffenden Botschaft ist festgehalten, dass hierbei – als Ausgleich dazu, dass die Anklageerhebung nicht anfechtbar ist (vgl. Art. 324 Abs. 2 StPO) – namentlich zu prüfen ist, ob das angeklagte Verhalten überhaupt strafbar ist und ob ein genügender, die Anklage rechtfertigender Tatverdacht vorliegt (vgl. Botschaft StPO, BBl 2006 1085, 1278; siehe auch unten Ziff. 9).

 

7.2 Die Staatsanwaltschaft begründet die Anklage gegen den Gemeindeschreiber wegen Amtsmissbrauch i.S.v. Art. 312 StGB, eventualiter wegen Nötigung i.S.v. Art. 181 StGB zusammengefasst wie folgt:

Der Gemeindeschreiber habe bei der Räumung der Liegenschaft des Beschwerdeführers in [...] am 13. September 2014 in bewusster Überschreitung der mitgeführten Ermächtigung zur Entfernung und Entsorgung von nicht betriebssicheren Fahrzeugen – «Fahrzeugteile» würden in den Verfügungen vom 5. Juni 2014 und 25. August 2014 hingegen nicht erwähnt – zum Nachteil des Beschwerdeführers die Anweisung erteilt, dass auch andere Gegenstände als Fahrzeuge abzutransportieren und zu entsorgen seien. In der Folge seien bestimmte andere Gegenstände als Fahrzeuge entfernt und entsorgt worden (vgl. Vorakten act. 9.1.16 und 9.1.17).

An der Einvernahme des Gemeindeschreibers vom 2. September 2021 äusserte die Staatsanwaltschaft ihm gegenüber, dass er u.a. «durch die für den Strafrichter verbindliche Feststellung des Verwaltungsgerichts», wonach die Entsorgung von weiteren Gegenständen neben den Fahrzeugen ein widerrechtlicher Eingriff in das Eigentum der [...] GmbH resp. des Beschwerdeführers gewesen sei, belastet werde (vgl. Vorakten act. 10.1.01 S. 4 Ziff. 81 ff.).

 

7.3

7.3.1 Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, wonach anlässlich der Räumung vom 13. September 2014 rechtswidrig in das Eigentum der [...] GmbH resp. des Beschwerdeführers eingegriffen worden sei (vgl. Vorakten act. 3.1.05 S. 11 Ziff. 4.7), ist – entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft (siehe Ziff. 6.1 und 7.2) – für den Strafrichter nicht verbindlich.

Dies ergibt sich schon daraus, dass das Verwaltungsgericht diese Feststellung im Rahmen eines Staatshaftungsverfahrens (VG.2016.00039) traf, in welchem der Gemeindeschreiber weder Partei noch Beigeladener – i.S.v. Art. 13 Abs. 2 Staatshaftungsgesetz (GS II F/2) – war (vgl. implizit Vorakten act. 3.1.05). Folglich kann dem Gemeindeschreiber dieser Entscheid nicht entgegengehalten werden (vgl. Art. 16 Abs. 3 Verwaltungsrechtspflegegesetz e contrario; GS III G/1).

Zudem erscheint die von der Staatsanwaltschaft herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Überprüfungsbefugnis des Strafrichters bei Verwaltungsverfügungen (vgl. BGE 129 IV 246; vgl. z.B. auch Urteil BGer 6B_566/2017 vom 9. November 2017 E. 3.3) vorliegend nicht einschlägig. Die betreffende bundesgerichtliche Rechtsprechung bezieht sich auf die Überprüfung von Verwaltungsverfügungen, deren Missachtung an sich unter Strafe gestellt und insoweit rechtswidrig ist. Im vorliegenden Fall geht es hingegen darum, ob das Verhalten eines staatlichen Organs – namentlich aufgrund von Verwaltungsverfügungen – gerechtfertigt war. Ob ein Rechtfertigungsrund vorliegt, haben die Strafbehörden nach Art. 4 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 14 StGB unabhängig zu beurteilen.

Im Übrigen kann eine hoheitliche Tätigkeit, die ein Beamter pflichtgemäss unter Ausnutzung seines Ermessens im Rahmen des durch einen unbestimmten Rechtsbegriff eingeräumten Beurteilungsspielraums ausführte, nicht allein deshalb als rechtswidrig und gegebenenfalls (objektiv) als Amtsmissbrauch angesehen werden, weil seine Beurteilung Auslegung von einer später angerufenen höheren Instanz nicht bestätigt wird (vgl. allgemein resp. im Zusammenhang mit der Staatshaftung Urteil BGer 2E_4/2019 vom 28. Oktober 2021 E. 4.2.2 m.H.).

 

7.3.2

7.3.2.1 Das Verwaltungsgericht stellte ohne weitere Begründung fest, dass die Entsorgung von anderen Gegenständen als Fahrzeugen – beispielsweise von Kabeln und Autoreifen – sich nicht auf die Verfügungen vom 5. Juni 2014 und vom 25. August 2014 stützen lasse und daher widerrechtlich gewesen sei (vgl. Vorakten act. 3.1.05 S. 11 Ziff. 4.7).

Die Staatsanwaltschaft begründet die von ihr angenommene Widerrechtlichkeit der Entsorgung von weiteren Gegenständen neben Fahrzeugen mit dem betreffenden Entscheid des Verwaltungsgerichts (siehe Ziff. 6.1, 7.2 und 7.3.1) sowie mit dem Wortlaut der Verfügungen vom 5. Juni 2014 und 25. August 2014 (siehe Ziff. 7.2).

 

7.3.2.2 Verwaltungsverfügungen sind nicht nach ihrem bisweilen nicht sehr treffend verfassten Wortlaut, sondern – vorbehältlich des Vertrauensschutzes – nach ihrem wirklichen rechtlichen Bedeutungsgehalt zu verstehen (vgl. BGE 147 V 369 E. 4.2.1 m.H.). Zur Auslegung kann auf die Begründung der Verwaltungsverfügung zurückgegriffen werden (vgl. Urteil BGer 2C_70/2021 vom 14. April 2021 E. 5.1).

 

7.3.2.3 Im Auszug aus dem Protokoll der Sitzung vom 5. Juni 2014 des Gemeinderates XX mit dem Betreff «Autoabstellplatz» ist Folgendes festgehalten: Die [...] AG habe auf den Liegenschaften in [...] «seit geraumer Zeit verschiedene Fahrzeuge, Lastwagen und Bauutensilien abgestellt». Die abgestellten Motorfahrzeuge seien grösstenteils als nicht betriebssicher einzustufen; es handle sich um ausrangierte Autos und Lastwagen, welche auf den Liegenschaften schon seit geraumer Zeit gelagert würden. «Da die Motorfahrzeuge in grosser Anzahl abgestellt werden, liegt ein Lagerplatz vor. Über eine Baubewilligung für diesen Lagerplatz verfügt die Bauherrin [ [...] GmbH] nicht.» (vgl. Vorakten act. 9.1.08-4 S. 489 f.). Weiter ist diesem Protokollauszug zu entnehmen, dass der Gemeinderat, unter Hinweis auf die baupolizeiliche Zuständigkeit der Gemeinde, den gesetzesmässigen Zustand wiederherstellen und – im Zusammenhang damit, dass die betreffenden Liegenschaften sich in der Gewässerschutzzone resp. im Gewässerschutzbereich AU befinden (vgl. act. 9 S. 18 f. Ziff. 4.2.6) – Gewässer resp. das Grundwasser schützen wollte (vgl. Vorakten act. 9.1.08-4 S. 490 ff.).

Ziff. 4 der Verfügung vom 5. Juni 2014 des Gemeinderates XX lautet dann wie folgt: «Das Departement Werke und Umwelt der Gemeinde XX wird ermächtigt, nötigenfalls auf Kosten der Bauherrin [ [...] GmbH] die Fahrzeuge selber zu entfernen durch Dritte entfernen zu lassen und damit den vormaligen gesetzesmässigen Zustand der Liegenschaften […] wiederherzustellen.» (vgl. Vorakten act. 9.1.08-4 S. 493).

Wie das Obergericht im Rahmen des Berufungsverfahrens OG.2019.00055 – in welchem der Beschwerdeführer der mehrfachen Vergehen gegen das Gewässerschutzgesetz i.S.v. Art. 70 Abs. 1 Bst. a GSchG schuldig gesprochen wurde – festhielt, bestand aufgrund der entsprechenden Fahrzeuglagerung und u.a. der Tätigkeiten des Beschwerdeführers betreffend «Service, Ankauf, Verkauf, Import und Export von Fahrzeugen und Maschinen aller Art» eine Dauergefahr der Verunreinigung von Wasser (vgl. act. 9 S. 24 ff. Ziff. 4.1). Das Bundesgericht stützte dieses Urteil (vgl. Urteil BGer 6B_1036/2021 vom 1. November 2021).

Vor Erlass der Verfügung vom 5. Juni 2014 wiesen die Gemeinde XX (resp. vor der Gemeindefusion die Gemeinde [...]) und der Kanton Glarus den Beschwerdeführer (der früher [...] hiess) resp. die [...] GmbH in mehreren Schreiben und zahlreichen Gesprächen auf die Gefahr der Umwelt- und Gewässerverschmutzung resp. auf den rechtswidrigen Zustand hin, und verhielt sich der Beschwerdeführer jahrelang wiederholt unkooperativ (vgl. act. 9 S. 8 f. Ziff. 3.1 f., S. 12 Ziff. 3.7 und S. 22 Ziff. 4.4.2; im Vorverfahren SA.2019.00305/SA.2019.00306 beigezogene Akten «Staatshaftungsverfahren», Ordner 1, act. 05/02 ff.).

Entsprechend dem Ausgeführten umfasste Ziff. 4 der Verfügung vom 5. Juni 2014 des Gemeinderates XX nach dem wirklichen rechtlichen Bedeutungsgehalt die Entfernung von wassergefährdenden Gegenständen, insbesondere (aber nicht nur) von (ausrangierten, nicht betriebssicheren) Fahrzeugen, schon «in maiore minus» auch von wassergefährdenden Fahrzeugteilen. Zur Wiederherstellung des gesetzesmässigen Zustandes und zum Zweck des Gewässerschutzes war die Entfernung von unbewilligt gelagerten Gegenständen (vgl. auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts in der Sache VG.2016.00072 betreffend Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes, Vorakten act. 9.1.04-4), namentlich die Entfernung der im Protokoll ausdrücklich erwähnten Bauutensilien und von (anderen) (Hilfs-)Mitteln für wassergefährdende Tätigkeiten erfasst. Die Entfernung von weiterem Abfall neben ausrangierten Fahrzeugen liess sich im Hinblick auf die bezweckte Wiederherstellung des gesetzesmässigen Zustandes ebenfalls auf Ziff. 4 der Verfügung vom 5. Juni 2014 des Gemeinderates XX stützen. Nach Art. 29 Abs. 1 und 2 EG USG (GS VIII B/1/3) hat denn jedermann das Entstehen von Abfällen möglichst zu vermeiden und Abfälle vorschriftsgemäss zu verwerten zu beseitigen (zur entsprechenden Vollzugszuständigkeit der Gemeinde vgl. [a]Art. 30 EG USG). Die Wiederherstellung des gesetzesmässigen Zustandes durch die Entfernung des unbewilligten Lagerplatzes resp. der dort gelagerten Gegenstände samt Abfall lag generell im Interesse des Gewässer- resp. Grundwasserschutzes. So dürfen auch nach Anhang 2 Ziff. 1.1.1 der Abfallverordnung (SR 814.600) Deponien nicht in Grundwasserschutzzonen und Grundwasserschutzarealen errichtet werden.

Im Bereich des Gewässerschutzes bei Abstellplätzen für Fahrzeuge war im Jahr 2014 das Merkblatt «Umweltschutz in Ihrem Betrieb, Auto- und Transportgewerbe» der Konferenz der Vorsteher der Umweltämter der Ostschweiz/FL vom Juli 2013 einschlägig. Danach fielen unter «nicht betriebssichere Fahrzeuge» auch «Fahrzeugteile» (vgl. im Vorverfahren SA.2019.00305/SA.2019.00306 beigezogene Akten «Staatshaftungsverfahren», Ordner 1, act. 5/11 S. 6). Umso mehr war die Entfernung von Fahrzeugteilen – entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft (siehe Ziff. 7.3.2.1) – sowohl in der Verfügung vom 5. Juni 2014 des Gemeinderates XX (vgl. Vorakten act. 9.1.08-4 S. 492 f.) als auch in der Verfügung vom 25. August 2014 des Gemeindepräsidenten (vgl. Vorakten act. 9.1.08-5 S. 5) ohne Weiteres miterfasst von der Ermächtigung, nicht betriebssichere Fahrzeuge zu entfernen.

 

7.3.2.4 Die Entfernung von (ausrangierten, nicht betriebssicheren) Fahrzeugen, Fahrzeugteilen, (anderen) wassergefährdenden Gegenständen, unbewilligt gelagerten Gegenständen, namentlich auch von (Hilfs-)Mitteln für wassergefährdende Tätigkeiten und von Abfall im Rahmen der Räumung der Liegenschaften der [...] GmbH am 13. September 2014 liess sich auf die betreffenden Verfügungen vom 5. Juni 2014 sowie 25. August 2014 stützen (siehe Ziff. 7.3.2.3) und ist somit rechtmässig erfolgt.

Ferner kommt zusätzlich – aufgrund einer Dauergefahr der Verunreinigung von Gewässer (siehe Ziff. 7.3.2.3) – eine Rechtfertigung durch Handeln wegen Gefahr im Verzug in Betracht (vgl. Art. 64 Abs. 1 Bst. b und Art. 131 Abs. 3 Verwaltungsrechtspflegegesetz GL; GS III G/1).

Hinsichtlich der Entfernung von Abfall resp. wertlosen Gegenständen ist darauf hinzuweisen, dass die Gemeinde XX mit Entscheid vom 25. April 2019 – im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Januar 2017 betreffend Staatshaftung resp. Rückweisung der Sache an die Gemeinde XX zur Ermittlung der Schadenshöhe (vgl. Vorakten act. 3.1.05) – das Staatshaftungsbegehren des Beschwerdeführers mangels Schaden abwies (vgl. im Vorverfahren SA.2019.00305/SA.2019.00306 beigezogene Akten «Staatshaftungsverfahren», Ordner 4, act. 63 S. 305). Das Verwaltungsgericht trat auf die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde nicht ein (vgl. Vorakten act. 9.1.03-1).

Weder aus der Anklage gegen den Gemeindeschreiber (vgl. Vorakten act. 9.1.16 S. 3 f.) noch aus anderen Akten ist ersichtlich, dass bei der Räumung der Liegenschaften der [...] GmbH am 13. September 2014 Gegenstände entfernt wurden, deren Entfernung nach dem Ausgeführten nicht gerechtfertigt gewesen wäre.

Es besteht somit – entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft (siehe Ziff. 7.2) – schon kein Verdacht darauf, dass der Gemeindeschreiber anlässlich der Räumung am 13. September 2014 den objektiven Tatbestand des Amtsmissbrauchs i.S.v. Art. 312 StGB der Nötigung i.S.v. Art. 181 StGB erfüllt hat.

 

7.3.3 Der subjektive Tatbestand sowohl des Amtsmissbrauchs i.S.v. Art. 312 StGB als auch der Nötigung i.S.v. Art. 181 StGB setzt Vorsatz voraus (vgl. Art. 12 Abs. 1 StGB). Vorsätzlich begeht ein Verbrechen Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt; vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt (vgl. Art. 12 Abs. 2 StGB). Am Vorsatz fehlt es etwa, wenn der Amtsträger im Glauben handelt, er übe seine Machtbefugnisse pflichtgemäss aus (vgl. z.B. Urteil BGer 1C_32/2022 vom 14. Juli 2022 E. 3.3).

Es liegen keinerlei Hinweise darauf vor, dass der Gemeindeschreiber mindestens mit der Möglichkeit rechnete, anlässlich der Räumung der Liegenschaften der [...] GmbH am 13. September 2014 sein Amt zu missbrauchen resp. den Beschwerdeführer zu nötigen, und dies zumindest in Kauf nahm.

Der Gemeindeschreiber verneinte sowohl bei der polizeilichen Einvernahme am 6. Februar 2020 als auch bei der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft am 2. September 2021, mit Wissen und Willen die Entfernung von Gegenständen veranlasst zu haben, die nicht hätten entfernt werden dürfen (vgl. allgemein Vorakten act. 8.1.03 S. 3 f. Ziff. 15 f. und 26; Vorakten act. 10.1.01 S. 3 Ziff. 41 ff. und S. 6 Ziff. 166 ff.).

Sinngemäss machte der Gemeindeschreiber dabei geltend, er sei davon ausgegangen, dass neben (ausrangierten, nicht betriebssicheren) Fahrzeugen auch andere Gegenstände – namentlich Fahrzeugteile (vgl. Vorakten act. 8.1.03 S. 2 Ziff. 7; Vorakten act. 10.1.01 S. 3 Ziff. 55 sowie S. 5 Ziff. 126 f. und Ziff. 141), umweltgefährdende Gegenstände (vgl. Vorakten act. 10.1.01 S. 5 Ziff. 124 ff.) und Abfall resp. kaputte, wertlose Sachen (vgl. Vorakten act. 8.1.03 S. 3 Ziff. 8 und 13 f.; Vorakten act. 10.1.01 S. 4 Ziff. 110 ff. und 119 ff.) – entfernt werden durften.

Für diese Annahme des Gemeindeschreibers spricht schon, dass die Entfernung von solchen Gegenständen, entsprechend dem Zweck der Räumung, gerade rechtmässig war (siehe Ziff. 7.3.2.3 f.).

Zudem stimmen die betreffenden Angaben des Gemeindeschreibers mit Aussagen von D.______ und von F.______ überein.

So sagte D.______ bei der polizeilichen Einvernahme am 11. März 2020 aus, der Auftrag der [...] AG im Rahmen der Räumung der Liegenschaften der [...] GmbH am 13. September 2014 habe gelautet, umweltgefährdende Fahrzeuge zu räumen sowie weitere umweltgefährdende Materialien aufzuladen und zu entsorgen (vgl. Vorakten act. 8.1.10 S. 2 f. Ziff. 3 und 12).

F.______ – damaliger Leiter der Abteilung Umweltschutz und Energie des Departements Bau und Umwelt des Kantons Glarus, der bei der Räumung als Pikettleistender für die Öl- und Chemiewehr anwesend war – sagte am 3. Februar 2022 bei der Staatsanwaltschaft aus, dass Fahrzeugteile auch Abfälle seien und die Gemeinde zuständig sei, dass diese entsorgt werden; die Umweltgefährdung, welche von alten Pneus ausgehe, sei vorhanden, aber sicher nicht gross; allgemein habe im Hinblick auf die Umweltgefährdung ein deutlich rechtswidriger Zustand bestanden (vgl. Vorakten act. 10.3.04 S. 5 ff. Ziff. 150 ff., 163 ff. und 183 f.).

Der Gemeindeschreiber wies ausserdem darauf hin, dass möglicherweise vereinzelt Gegenstände ohne sein Wissen entfernt wurden (vgl. Vorakten act. 10.1.01 S. 3 f. Ziff. 41 ff. und Ziff. 110 ff. sowie S. 6 Ziff. 166 ff.). Dieser Hinweis des Gemeindeschreibers ist im Hinblick auf den Umfang der Räumung (vgl. Vorakten act. 8.1.10 S. 2 f. Ziff. 10 und 14 f.: Aussage von D.______, wonach es sehr viel Arbeit gab und die gesamte Belegschaft, ca. neun Personen, mit allen Fahrzeugen und Kranwagen im Einsatz stand; vgl. auch Vorakten act. 9.1.08-1: Erledigungsbericht vom 16. September 2014 der Kantonspolizei Glarus, wonach die Räumung am 13. September 2014 von 7 Uhr bis 19.15 Uhr dauerte) nachvollziehbar und bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gemeindeschreiber die Entfernung von Gegenständen, die nicht hätten entfernt werden dürfen, in Kauf nahm. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gemeindeschreiber insoweit darauf vertraute, dass die [...] AG ihren Auftrag entsprechend seinen Weisungen vor Ort und der D.______ allgemein erteilten Instruktion (vgl. Vorakten act. 10.1.01 S. 3 Ziff. 54 ff., act. 10.3.02 S. 3 Ziff. 37 ff. und act. 8.1.10 S. 2 Ziff. 3 f.) erfüllt.

Es ist denn auch kein Beweggrund für einen (vorsätzlichen) Amtsmissbrauch resp. eine (vorsätzliche) Nötigung durch den Gemeindeschreiber ersichtlich. Zwar gestaltete sich die Kooperation mit dem Beschwerdeführer für den Kanton Glarus sowie die Gemeinde XX und damit auch für den Gemeindeschreiber durchaus als schwierig (siehe Ziff. 7.3.2.3; vgl. z.B. auch den Erledigungsbericht vom 16. September 2014 der Kantonspolizei Glarus, Vorakten act. 9.1.08-1; der Beschwerdeführer sagte auch selber, er sei «vielleicht nicht immer einfach», vgl. Vorakten act. 8.1.02 S. 5 Ziff. 34). Solche Schwierigkeiten mit unkooperativen Bürgern sind aber nicht so aussergewöhnlich, dass sie an sich einen Anhaltspunkt für einen (vorsätzlichen) Amtsmissbrauch resp. eine (vorsätzliche) Nötigung des Gemeindeschreibers (namentlich zur Vergeltung) darstellen würden. Die persönlichen «Angriffe» des Beschwerdeführers gegen den Gemeindeschreiber fanden im Übrigen erst einige Zeit nach der Räumung am 13. September 2014 statt (vgl. zur Betreibung des Gemeindeschreibers im Juni 2018 Vorakten act. 3.1.06; vgl. insbesondere zur Beschädigung des Fahrzeugs des Gemeindeschreibers mit einem Vorschlaghammer im Dezember 2018 act. 10). Der Gemeindeschreiber sagte bei der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft am 2. September 2021, dass er gegenüber dem Beschwerdeführer keine Animositäten habe; es gehe lediglich um die Sache (vgl. Vorakten act. 10.1.01 S. 6 Ziff. 167 ff.). Damit übereinstimmend machte der Beschwerdeführer als Beweggrund des Gemeindeschreibers nicht etwa geltend, der Gemeindeschreiber habe aus persönlicher Abneigung gegenüber ihm gehandelt; vielmehr vermutete der Beschwerdeführer, dass die Gemeinde auf seinen Liegenschaften einen Parkplatz für einen geplanten Golfplatz erstellen wollte (vgl. Vorakten act. 8.1.02 S. 4 Ziff. 24). Diese Vermutung des Beschwerdeführers findet nirgends eine Stütze (vgl. auch Vorakten act. 8.1.01 S. 5 unten).

Zu erwähnen ist noch, dass auch das Verwaltungsgericht – trotz seiner Feststellung, dass anlässlich der Räumung am 13. September 2014 rechtswidrig in das Eigentum der [...] GmbH resp. des Beschwerdeführers eingegriffen worden sei – keine Anhaltspunkte für eine vorsätzliche (oder auch nur grobfahrlässige) Verletzung von Amtspflichten erkannte, hätte es doch anderenfalls den Gemeindeschreiber zum Staatshaftungsverfahren beiladen müssen (vgl. Art. 13 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 17 Staatshaftungsgesetz; GS II F/2) resp. ihn beigeladen (zur nicht erfolgten Beiladung siehe Ziff. 7.3.1).

Allgemein hielt auch das Bundesgericht fest, allein aus dem Umstand, dass sich eine Zwangsmassnahme im Nachhinein als unrechtmässig herausstellt resp. dass eine Rechtsmittelbehörde sie als unrechtmässig einstuft, kann nicht auf eine vorsätzliche Tatbegehung geschlossen werden (vgl. Urteil BGer 1C_507/2017 vom 9. Mai 2018 E. 4.2.1).

Nach dem Ausgeführten besteht – entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft (siehe Ziff. 7.2) – kein Verdacht darauf, dass der Gemeindeschreiber anlässlich der Räumung am 13. September 2014 den subjektiven Tatbestand des Amtsmissbrauchs i.S.v. Art. 312 StGB der Nötigung i.S.v. Art. 181 StGB erfüllt (resp. einen entsprechenden Versuch begangen) hat.

 

7.3.4 Im Ergebnis liegt – entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft (siehe Ziff. 7.2) – kein Verdacht auf eine (mindestens versuchte) objektiv und/oder subjektiv tatbestandsmässige, rechtswidrige Tat des Gemeindeschreibers vor, der eine Anklage gegen ihn rechtfertigt (siehe Ziff. 7.3.2 und 7.3.3; vgl. Art. 319 Abs. 1 Bst. a bis c StPO e contrario).

 

7.4 Mangels Verdacht auf eine (mindestens versuchte) tatbestandsmässige und rechtswidrige Haupttat des Gemeindeschreibers (siehe Ziff. 7.3.4) liegt auch kein Verdacht auf eine strafbare vollendete Teilnahme des Beschuldigten vor, der eine Anklage gegen den Beschuldigten rechtfertigt (siehe Ziff. 7.1; vgl. Art. 319 Abs. 1 Bst. a bis c StPO e contrario).

Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte den Gemeindeschreiber anlässlich der Räumung am 13. September 2014 zu einem Verbrechen – hier zu einem Amtsmissbrauch i.S.v. Art. 312 StGB (vgl. Art. 10 Abs. 2 StGB) – zu bestimmen versuchte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass gegebenenfalls das dem Beschuldigten vom Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten – der Beschuldigte habe zu Beginn der Räumung seine Hand erhoben und gesagt, er übernehme die Verantwortung für alles und jetzt werde geräumt (siehe Ziff. 6) – ein solcher Versuch sein könnte. Folglich liegt auch kein Verdacht auf eine vom Beschuldigten begangene versuchte Anstiftung i.S.v. Art. 24 Abs. 2 StGB vor.

Es besteht somit kein Verdacht auf eine Straftat des Beschuldigten, der eine Anklage gegen ihn rechtfertigt (vgl. Art. 319 Abs. 1 Bst. a bis c StPO e contrario).

Im Ergebnis ist die von der Staatsanwaltschaft am 3. November 2021 verfügte Einstellung des Strafverfahrens SA.2019.00306 (act. 1) zu Recht erfolgt und die Beschwerde daher abzuweisen.

 

8.

Beim vorliegenden Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (vgl. Art. 428 Abs. 1 StPO).

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist auf CHF 1’200.— festzulegen (vgl. Art. 8 Abs. 2 Bst. b der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung; GS III A/5) und vom geleisteten Kostenvorschuss zu beziehen.

Es sind keine Entschädigungen zuzusprechen.

 

9.

Liegt kein genügender, die Anklage rechtfertigender Tatverdacht vor, so hat das erstinstanzliche Gericht das Verfahren einzustellen, nachdem es den Parteien und weiteren durch die Einstellung beschwerten Dritten das rechtliche Gehör gewährt hat (vgl. Art. 329 Abs. 4 StPO; vgl. auch Botschaft StPO, BBl 2006 1085, 1278 f.; siehe zudem oben Ziff. 7.1).

Unterlässt das erstinstanzliche Gericht dies, so kann die beschuldigte Person Beschwerde wegen Rechtsverweigerung i.S.v. Art. 393 Abs. 2 Bst. a StPO führen (vgl. Botschaft StPO, BBl 2006 1085, 1313, wonach Beschwerde wegen materieller formeller Rechtsverweigerung geführt werden und es dabei gerade auch darum gehen kann, «zu verhindern, dass die Anklage gegen die beschuldigte Person aufrechterhalten wird und damit der Zustand der Unsicherheit fortdauert»).

Vor diesem Hintergrund ist es – zur Verhinderung der Weiterführung eines objektiv nicht gerechtfertigten erstinstanzlichen Strafverfahrens und aus prozessökonomischen Gründen – angezeigt, den vorliegenden Entscheid dem Kantonsgericht des Kantons Glarus mitzuteilen, bei welchem das Strafverfahren gegen den Gemeindeschreiber zurzeit erstinstanzlich hängig ist (vgl. Vorakten act. 9.1.16).

In analoger Anwendung von Art. 392 StPO («Ausdehnung gutheissender Rechtsmittelentscheide») ist der vorliegende Entscheid ebenso dem Gemeindeschreiber resp. dessen Verteidigung (vgl. Vorakten act. 9.1.16) mitzuteilen, zumal jedenfalls mit der Verneinung des Verdachts auf vorsätzliches Handeln (siehe Ziff. 7.3.3) eine Tatfrage (vgl. z.B. BGE 130 IV 58 E. 8.5) anders beurteilt wird (zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach Art. 392 StPO nur anwendbar sei, wenn die Rechtsmittelinstanz eine Tatfrage anders beurteilt, vgl. Urteil BGer 6B_1476/2020, 6B_48/2021 vom 28. Oktober 2021 E. 7.3.4).

Es besteht ein grosses öffentliches Interesse daran, dass Beamte, die ihr Amt missbrauchen, bestraft werden. Dies ändert aber nichts daran, dass auch Strafverfahren gegen Beamte, die betreffend den Vorwurf des Amtsmissbrauchs eingeleitet wurden, einzustellen sind, wenn kein die Anklage rechtfertigender Tatverdacht gegeben ist. Hierbei geht es neben der Vermeidung von unnötigen Kosten resp. Aufwendungen und nicht gerechtfertigter Belastung der beschuldigten Person auch darum, dass Unsicherheiten im Hinblick auf die künftige Aufgabenerfüllung durch den betroffenen Beamten und andere staatliche Organe verhindert werden.

____________________

 

Das Gericht beschliesst:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

 

2.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf CHF 1’200.—; sie wird dem Beschwerdeführer auferlegt und vom geleisteten Kostenvorschuss bezogen.

 

 

3.

Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

 

 

4.

Schriftliche Mitteilung an:

 

[...]

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch
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