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Urteil Sozialversicherungsgericht (BS - ZV.2019.12 (SVG.2019.264))

Zusammenfassung des Urteils ZV.2019.12 (SVG.2019.264): Sozialversicherungsgericht

Ein Kläger hat gegen eine Beklagte vor dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt Klage eingereicht, um Zahlungen im Zusammenhang mit einer Krankentaggeldversicherung zu erhalten. Der Kläger war krankheitsbedingt arbeitsunfähig und die Beklagte verweigerte die Taggeldleistungen während eines Auslandsaufenthalts. Das Gericht entschied, dass es örtlich nicht zuständig ist und trat daher nicht auf die Klage ein. Die Gerichtskosten sind kostenlos. Die Präsidentin des Gerichts war weiblich.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZV.2019.12 (SVG.2019.264)

Kanton:BS
Fallnummer:ZV.2019.12 (SVG.2019.264)
Instanz:Sozialversicherungsgericht
Abteilung:
Sozialversicherungsgericht Entscheid ZV.2019.12 (SVG.2019.264) vom 01.10.2019 (BS)
Datum:01.10.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Örtliche Zuständigkeit verneint
Schlagwörter: Gericht; Klage; Gericht; Gerichtsstand; Konsument; Sozialversicherungsgericht; Zuständigkeit; Gerichtsstandsvereinbarung; Konsumenten; Krankenversicherung; Präsidentin; Krankentaggeldversicherung; Streitigkeit; Zusatzversicherung; Basel-Stadt; Parteien; Zusatzversicherungen; Schweizerischen; Zivilprozessordnung; Sozialversicherungsgerichts; Einlassung; Wohnsitz; Konsumentenverträge; Bundesgericht; Rechtsmittel; Kantons; ündet
Rechtsnorm: Art. 113 BGG ;Art. 17 ZPO ;Art. 18 ZPO ;Art. 31 ZPO ;Art. 32 ZPO ;Art. 35 ZPO ;Art. 42 BGG ;
Referenz BGE:138 III 2;
Kommentar:
Sutter-Somm, Marti, Hasenböhler, Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung ZPO, Art. 17 OR ZPO, 2016

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZV.2019.12 (SVG.2019.264)

Sozialversicherungsgericht

des Kantons Basel-Stadt



Urteil der Präsidentin


vom 1. Oktober 2019





Parteien


A____

Kläger


B____

Beklagte


Gegenstand


ZV.2019.12

Krankentaggeldversicherung nach VVG (Klage)

Örtliche Zuständigkeit verneint.



Erwägungen

1.

1.1. 1.1.1. Der am 6. September 1968 geborene Kläger, wohnhaft in [...] und war über seine Arbeitgeberin C____ im Rahmen einer Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach VVG versichert (vgl. Versicherungspolice vom 5. Dezember 2017, Klageantwortbeilage [AB] 30). Das Anstellungsverhältnis richtete sich nach dem Rahmenarbeitsvertrag vom 10. November 2014 (AB 6) sowie nach ergänzenden Einsatzverträgen. Im relevanten Zeitraum war dies der Einsatzvertrag vom 7. August 2017 für Einsätze bei der D____ (Klagebeilage [KB] S. 9).

Das Arbeitsverhältnis wurde von Seiten der C____ am 13. November 2018 per 4.Dezember 2018 gekündigt (Klageschrift, S. 1, KB S. 8). Aus den Akten geht hervor, dass zwischenzeitlich mit Einsatzvertrag vom 22. Januar 2019 wieder ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der C____ begründet wurde (vgl. KB, S. 10).

1.1.2. Der Kläger war vom 4. Oktober 2018 bis zum 22. Januar 2019 krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Aufgrund einer diagnostizierten Femurkopfnekrose wurde er am 15.November 2018 im [...]klinikum in [...] operiert und befand sich in der Folge vom 15. bis zum 20. November 2018 in stationärer Behandlung (KB S. 5 und 10 sowie AB 12). Mit Schreiben vom 6. November 2018 teilte die Beklagte dem Kläger schriftlich mit, dass dieser für die Dauer seines Auslandaufenthaltes keinen Anspruch auf Taggeldleistungen habe (KB S. 2). Die Beklagte stütze sich dabei auf Art. 13 Abs. 5 der Allgemeinen Vertragsbedingungen für die kollektive Taggeldversicherung nach VVG, Ausgabe 2012 (AVB, AB 29), wonach kein Anspruch auf Taggeldleistungen besteht, wenn sich der Versicherungsnehmer ohne vorgängige Einwilligung des Versicherers ins Ausland begibt (AB 29, S. 8).

1.2. Am 3. Juni 2019 erhebt der Kläger beim Sozialversicherungsgericht BaselStadt Klage (Postaufgabe: 4. Juni 2019). Er beantragt, die beklagte Partei sei zu verurteilen, ihm CHF 16287.00 netto nebst Zins zu 5% seit dem 1. März 2019 zu bezahlen. Mit Klagantwort vom 29. August 2019 beantragt die Beklagte das Nichteintreten auf die Klage. Eventualiter sei ihr Frist zur ergänzenden Begründung der Klageantwort anzusetzen. Innert Frist ist vom Kläger keine Replik eingereicht worden.

2.

2.1. Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung sind privatrechtlicher Natur (BGE 138 III 2, 3 E. 1.1). Gemäss Art. 7 der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (ZPO; SR 272) können die Kantone ein Gericht bezeichnen, das als einzige kantonale Instanz für Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung zuständig ist. Gestützt § 5 Ziff. 5 und § 82 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Organisation der Gerichte und der Staatsanwaltschaft vom 3. Juni 2015 (Gerichtsorganisationsgesetzes, GOG, SG 154.100) sowie § 19 des Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und das Schiedsgericht in Sozialversicherungssachen vom 9. Mai 2001 (Sozialversicherungsgerichtsgesetz; SVGG; SG 154.200) beurteilt das angerufene Sozialversicherungsgericht als einzige kantonale Instanz Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung. 2.2. Nach § 83 Abs. 2 GOG werden einfache Fälle durch die Präsidentin den Präsidenten des Sozialversicherungsgerichts als Einzelgericht entschieden. Vorliegend handelt es sich um eine Streitigkeit aus Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach VVG und somit um eine Streitigkeit aus einer Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung sowie um einen einfachen Fall. Die Präsidentin des angerufenen Gerichts ist folglich als Einzelgericht sachlich und funktionell zuständig.

3.

3.1. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach den Vorschriften der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272). Nach Art. 17 ZPO können die Parteien, soweit das Gesetz keinen zwingenden Gerichtsstand vorsieht, schriftlich in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, eine Gerichtsstandsvereinbarung für einen bestehenden künftigen Rechtsstreit über Ansprüche aus einem bestimmten Rechtsverhältnis abschliessen. Geht aus einer Gerichtsstandsvereinbarung nichts anderes hervor, kann die Klage grundsätzlich nur am vereinbarten Gerichtsstand erhoben werden. Vorbehalten bleibt die Einlassung nach Art. 18 ZPO. Denn eine Gerichtsstandsvereinbarung steht einer Einlassung nicht entgegen (vgl. Martin Hedinger, Yannick Sean Hostettler, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Hrsg. Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 17 N 32). Wird keine (gültige) Gerichtsstandsvereinbarung abgeschlossen, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit für Klagen aus Vertrag nach Art. 31 ff. ZPO. Für Klagen aus Konsumentenverträgen des Konsumenten der Konsumentin begründet Art. 32 Abs. 1 lit. a ZPO einen speziellen Gerichtsstand am Wohnsitz Sitz einer der Parteien. Als Konsumentenverträge gelten Verträge über Leistungen des üblichen Verbrauchs, die für die persönlichen familiären Bedürfnisse der Konsumentin des Konsumenten bestimmt sind und von der anderen Partei im Rahmen ihrer beruflichen gewerblichen Tätigkeit angeboten werden (Art. 32 Abs. 2 ZPO). Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung und vom Arbeitgeber abgeschlossene Krankentaggeldversicherungen sind zum üblichen Verbrauch zu zählen (vgl. Urs Feller/Jürg Bloch, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Hrsg. Sutter-Somm/Ha­sen­böhl­er/Leuenberger, 3. Auflage, Zürich/ Basel/Genf 2016, Art. 32 N 46, mit weiteren Hinweisen). Folglich stellen Krankentaggeldversicherungsverträge nach VVG grundsätzlich Konsumentenverträge dar. Als Konsument gilt dabei nicht nur der Versicherungsnehmer, sondern auch die versicherte Person (vgl. Feller/Bloch, a.a.O., Art. 32 N 47, mit weiteren Hinweisen). Gemäss Art. 35 ZPO handelt es sich beim Gerichtsstand nach Art. 32 ZPO um einen teilzwingenden Gerichtsstand, d.h. die sozial schwächere Partei kann darauf nicht im Voraus durch Einlassung verzichten. 3.2. Gemäss der Versicherungspolice vom 5. Dezember 2017 (AB 30) bilden die AVB (AB 29) einen integralen Bestandteil der Police.

Die in Art. 36 AVB enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung gewährt dem Versicherungsnehmer sowie der versicherten Person als Gerichtsstand den ordentlichen Gerichtsstand sowie ihren schweizerischen liechtensteinischen Wohnsitz.

Wie vorstehend erwähnt, begründet Art. 32 Ab. 1 lit. a ZPO, sofern keine Gerichtsstandsvereinbarung besteht, bei Klagen aus Konsumentenverträgen des Konsumenten der Konsumentin einen speziellen Gerichtsstand am Wohnsitz Sitz einer der Parteien.

Wie nachfolgende Ausführungen zeigen, ergibt sich weder aus der Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 36 AVB eine örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, noch würde sich eine solche aus Art. 32 Abs. 1 lit. a ZPO ergeben:

3.3. Der Kläger wohnt in [...] (vgl. Klageschrift, S. 1). Die örtliche Zuständigkeit des baselstädtischen Gerichts lässt sich somit nicht aus seinem schweizerischen Wohnsitz herleiten (vgl. AB 29, Art. 36 AVB). Vielmehr müsste der Kläger das [ ]gericht in [ ] anrufen und dort seine Klage einreichen.

Da die Beklagte ihren Sitz in Winterthur hat und Basel-Stadt nur eine Regionaldirektion darstellt (vgl. AB 27, Kopie eines beglaubigten Handelsregisterauszugs vom 19.Oktober 2016), lässt sich die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auch nicht durch den Sitz der Beklagten begründen (vgl. Art. 32 Abs. 1 lit. a ZPO).

Eine Einlassung nach Art. 17 ZPO ist aufgrund der teilzwingenden Natur von Art. 32 ZPO ausgeschlossen und würde in Anbetracht der Klageantwort vom 29. August 2019, worin die Beklagte beantragt, auf die Klage sei mangels örtlicher Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht einzutreten, auch nicht vorliegen.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass das angerufene Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt örtlich nicht zuständig ist.

4.

4.1. Nach dem Dargelegten ist auf die Klage nicht einzutreten. 4.2. Das Verfahren ist kostenlos (Art. 114 lit. e ZPO).

Demgemäss erkennt die Präsidentin des Sozialversicherungsgerichts:


://: Auf die Klage wird nicht eingetreten.

Das Verfahren ist kostenlos.


SozialversicherungsgerichtBASEL-STADT


Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber


Dr. A. Pfleiderer lic. iur. H. Dikenmann






Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes [BGG] innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden.

Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.

Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.











Geht an:

- Kläger
-
Beklagte


Versandt am:



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