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Urteil Appellationsgericht (BS - ZB.2023.47)

Kopfdaten
Kanton:BS
Fallnummer:ZB.2023.47
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung: Kammer
Appellationsgericht Entscheid ZB.2023.47 vom 05.03.2024 (BS)
Datum:05.03.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Der Fall handelt von einer Forderungsklage einer Arbeitnehmerin gegen ihren Arbeitgeber vor dem Zivilgericht Basel-Stadt. Ursprünglich gab es einen Vergleich, aber die Arbeitnehmerin forderte später eine höhere Summe und ein detailliertes Arbeitszeugnis. Es kam zu Verzögerungen und verschiedenen Verfahrensschritten, einschliesslich einer Berufung der Arbeitnehmerin gegen den Entscheid des Zivilgerichts. Die Berufung wurde jedoch als unzulässig erklärt, da kein konkreter Antrag in der Sache gestellt wurde. Es gab auch Anträge auf Offenlegung von Informationen und Aussetzung des Verfahrens. Letztendlich wurde entschieden, dass die Berufung unzulässig war und die Kosten zu Lasten der Arbeitnehmerin gehen.
Schlagwörter: Arbeitnehmerin; Berufung; Gericht; Zivilgericht; Entscheid; Recht; Ausstand; Verfahren; Zivilgerichts; Klage; Arbeitgeberin; Appellationsgericht; Gerichtsverhandlung; Gerichtsperson; Eingabe; Öffentlichkeit; Verhandlung; Hauptverhandlung; Anspruch; Verfahrens; Auflage; Seiler; Umstände; Gerichtsverhandlungen; Sutter-Somm; Rechtsbegehren
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 113 BGG ; Art. 149 ZPO ; Art. 16 BV ; Art. 2 DSG ; Art. 227 ZPO ; Art. 229 ZPO ; Art. 29 BV ; Art. 30 BV ; Art. 310 ZPO ; Art. 318 ZPO ; Art. 336a OR ; Art. 49 ZPO ; Art. 51 ZPO ; Art. 52 ZPO ; Art. 54 ZPO ; Art. 56 ZPO ; Art. 58 StPO ; Art. 60 ZPO ; Art. 70 StPO ;
Referenz BGE:109 Ia 217; 114 Ia 153; 121 I 306; 124 I 255; 134 I 20; 137 I 195; 137 III 617; 139 III 466; 140 III 159; 141 III 210; 144 III 394; 146 I 30; 147 II 476;
Kommentar:
Sutter-Somm, Seiler, Kommentar zur ZPO, Art. 311 ZPO, 2021
Entscheid


Geschäftsnummer: ZB.2023.47 (AG.2024.175)
Instanz: Appellationsgericht
Entscheiddatum: 05.03.2024 
Erstpublikationsdatum: 27.09.2024
Aktualisierungsdatum: 27.09.2024
Titel: Forderung (BGer 4A_42/2024, 4A_246/2024 vom 8. Mai 2024)
 
 

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Kammer

 

ZB.2023.47

 

ENTSCHEID

 

vom 5. März 2024

 

 

Mitwirkende

 

Dr. Olivier Steiner, Dr. Claudius Gelzer, lic. iur. André Equey,

Prof. Dr. Ramon Mabillard, Prof. Cordula Lötscher und

Gerichtsschreiber PD Dr. Benedikt Seiler

 

 

 

Parteien

 

A____                                                                            Berufungsklägerin

[...]                                                                                      Arbeitnehmerin

 

gegen

 

B____                                                                           Berufungsbeklagte

[...]                                                                                         Arbeitgeberin

vertreten durch [...], Advokat,

[...]   

 

 

Gegenstand

 

Berufung gegen einen Entscheid des Zivilgerichts

vom 11. November 2021

 

betreffend Forderung

 


Sachverhalt

 

Mit Vergleich vom 8. Mai 2012 vor der Schlichtungsbehörde des Zivilgerichts Basel-Stadt verpflichtete sich die B____ (nachfolgend Arbeitgeberin) gegenüber A____ (nachfolgend Arbeitnehmerin) zur Zahlung von CHF 20‘000.– netto ohne Anerkennung einer Rechtspflicht in Abgeltung der von der Arbeitnehmerin geltend gemachten Forderung betreffend missbräuchlicher Kündigung. Die Arbeitnehmerin verzichtete dafür auf ihre weitergehende Forderung betreffend missbräuchliche Kündigung. Mit Entscheid vom 12. Oktober 2012 hielt die Schlichtungsbehörde fest, dass der Vergleich nicht widerrufen worden ist und schrieb das Schlichtungsverfahren ab.

 

Mit Eingabe vom 15. Juni 2015 reichte die Arbeitnehmerin eine Forderungsklage gegen die Arbeitgeberin beim Zivilgericht Basel-Stadt ein, worin sie die Bezahlung von CHF 645'601.– zuzüglich 5 % Zins ab dem 1. Dezember 2014 sowie die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses mit konkretem Inhalt beantragte. Mit Klageantwort vom 8. Januar 2016 beantragte die Arbeitgeberin die vollumfängliche Abweisung der Klage sowie die Feststellung, dass das von der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 25. September 2012 vorgeschlagene Arbeitszeugnis den diesbezüglichen Anspruch der Klägerin erfülle. Mit Replik vom 31. Mai 2016 und Duplik vom 11. November 2016 hielten beide Parteien an ihren Rechtsbegehren fest. Mit Eingabe vom 19. Dezember 2016 reichte die Arbeitnehmerin eine 58 Seiten umfassende Stellungnahme zur Duplik vom 11. November 2016 ein. In Absprache mit beiden Parteien wurde die Hauptverhandlung auf den 5. April 2019 angesetzt. Mit Eingabe vom 2. April 2019 teilte die Arbeitnehmerin mit, dass sie ihrem damaligen Parteivertreter gleichentags das Mandat entzogen habe und selber zufolge Krankheit nicht an der Hauptverhandlung teilnehmen könne. Die Hauptverhandlung wurde in der Folge neu angesetzt auf den 18. Oktober 2019. Mit Eingabe vom 29. Mai 2019 teilte die Arbeitnehmerin mit, dass sie noch niemanden habe mandatieren können und sie um Fristerstreckung ersuche. Mit Verfügung vom 6. Juni 2019 wurde den Parteien mitgeteilt, dass am Verhandlungstermin vom 18. Oktober 2019 festgehalten werde. Mit Eingabe vom 11. Juli 2019 machte die Arbeitnehmerin weitere Ausführungen zum Fall und beantragte, «die unrichtigen Daten in den bei Ihnen vorliegenden IV-Akten - (...) - als unrichtig zu kennzeichnen». Die Eingabe wurde der Arbeitgeberin zur Kenntnisnahme zugestellt. Am 31. Juli 2019 reichte die Arbeitnehmerin eine weitere Eingabe ein und beantragte unter anderem einen Aufschub des Verfahrens, bis sie einen neuen Anwalt gefunden habe. Mit Eingabe vom 18. August 2019 wiederholte die Arbeitnehmerin ihren Antrag, das Verfahren sei zu sistieren, bis sie eine neue Rechtsvertretung gefunden habe. Die Arbeitgeberin beantragte mit Eingabe vom 23. August 2019 die Abweisung des Sistierungsgesuchs. Mit Eingabe vom 8. September 2019 hielt die Arbeitnehmerin an ihrem Sistierungsantrag fest. Mit Verfügung vom 12. September 2019 wurde der Sistierungsantrag abgewiesen. Eine von ihr dagegen erhobene Beschwerde wies das Appellationsgericht Basel-Stadt mit Entscheid vom 11. Dezember 2019 ab.

 

Es folgten diverse weitere Eingaben der Parteien. Unter anderem stellte die Arbeitnehmerin mit Eingabe vom 13. Dezember 2021 ein Wiederherstellungsgesuch, welches das Zivilgericht mit Entscheid vom 7. März 2022 abwies, soweit es darauf eintrat. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Appellationsgericht mit Entscheid vom 15. Dezember 2022 ab. Das Bundesgericht trat auf die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde mit Urteil vom 19. April 2023 nicht ein. Mit Entscheid vom 11. November 2021 behaftete das Zivilgericht die Arbeitgeberin bei ihrer Bereitschaft, der Arbeitnehmerin ein Arbeitszeugnis mit dem Wortlaut gemäss Klageantwortbeilage 63 bzw. Klageantwortrechtsbegehren Ziff. 2 auszustellen und dieses auf den 31. Mai 2012 zu datieren. Im Übrigen wies es die Klage vom 15. Juni 2015 ab, soweit es darauf eintrat.

 

Gegen diesen Entscheid erhob die Arbeitnehmerin mit Eingabe vom 21. September 2023 Berufung. Darin beantragt sie, der Entscheid des Zivilgerichts Basel-Stadt sei aufzuheben und der Fall zur Neubeurteilung an eine unabhängige und neutrale Stelle zu überweisen. Ferner stellt die Arbeitnehmerin Anträge auf Offenlegung des Namens und Funktion eines Kanzleimitarbeiters, auf Anordnung von Massnahmen zur Verhinderung der Einflussnahme dieses Kanzleimitarbeiters auf das vorliegende Verfahren, auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, auf Gewährung einer Nachfrist zur Nachbesserung und Vervollständigung der Berufung vom 21. September 2023 sowie auf Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Arbeitgeberin. Mit Verfügung vom 27. September 2023 wurde der Antrag der Arbeitnehmerin auf Ansetzung einer Nachfrist zur Nachbesserung und Vervollständigung abgewiesen und wurde auf den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht eingetreten. Gegen diese Verfügung erhob die Arbeitnehmerin am 30. Oktober 2023 Beschwerde beim Bundesgericht. Dieses trat darauf mit Urteil vom 3. Januar 2024 (4A_530/2023) nicht ein. Mit Eingabe vom 30. Oktober 2023 ersuchte die Arbeitnehmerin um Fristerstreckung für die Begleichung des Kostenvorschusses sowie um postalische Zustellung der offiziellen Angaben für voraussichtliche Prozesskosten. Mit Verfügung vom 1. November 2023 wurde die Frist für den Kostenvorschuss erstreckt und wurden der Arbeitnehmerin Ausdrucke der Webseite des Zivilgerichts betreffend Prozesskosten zugestellt. Mit Eingabe vom 17. November 2023 stellte die Arbeitnehmerin diverse weitere Anträge betreffend Massnahmen zur Internetsicherheit. Auf die Einholung einer Berufungsantwort bei der Arbeitgeberin wurde verzichtet. Der vorliegende Entscheid erging unter Beizug der Akten des Zivilgerichts auf dem Zirkulationsweg.

 

 

Erwägungen

 

1.         Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung

 

1.1      Anfechtungsobjekt, Streitwert, Frist und Zuständigkeit

 

Erstinstanzliche Endentscheide in vermögensrechtlichen Angelegenheiten sind mit Berufung anfechtbar, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens CHF 10'000.– beträgt (Art. 308 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]). Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Endentscheid der ersten Instanz. Der Streitwert vor Zivilgericht betrug gemäss den zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren der Arbeitnehmerin rund CHF 650'000.– (Geldforderung CHF 645'601.– und Arbeitszeugnis) (vgl. angefochtener Entscheid E. 8.2), womit der für die Berufung notwendige Streitwert bei Weitem erreicht ist. Die Berufung vom 21. September 2023 (Postaufgabe 22. September 2023) wurde fristgerecht eingereicht. Zum Entscheid über die vorliegende Berufung ist die Kammer des Appellationsgerichts zuständig (§ 91 Abs. 1 Ziff. 3 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]). Wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt, ist die Berufung offensichtlich unzulässig und sind die Anträge der Arbeitnehmerin vom 17. November 2023 offensichtlich unzulässig offensichtlich unbegründet. Der Umfang des vorliegenden Entscheids ist nicht darauf zurückzuführen, dass an der Offensichtlichkeit der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit Zweifel bestünden, sondern darauf, dass sich das Gericht mit einer grossen Zahl aussichtsloser Rügen der Arbeitnehmerin auseinandersetzen muss.

 

1.2      Antrag in der Sache

 

1.2.1   Aus der Pflicht zur Begründung des Rechtsmittels (vgl. Art. 311 Abs. 1 ZPO) ergibt sich, dass die Berufung ein Rechtsbegehren enthalten muss (BGE 137 III 617 E. 4.2.2; AGE ZB.2023.22 vom 27. Juli 2023 E. 1.2). Wegen der grundsätzlich reformatorischen Natur der Berufung darf sich die Berufungsklägerin grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der Sache an die erste Instanz zu beantragen, sondern muss grundsätzlich einen Antrag in der Sache stellen (AGE ZB.2021.50 vom 10. April 2022 E. 1.2; Reetz/Theiler, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 311 N 34; vgl. BGer 4A_207/2019 vom 17. August 2020 E. 3.2; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar zur ZPO, Zürich 2021 [nachfolgend Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar], Art. 311 N 7 und Art. 318 N 8). Dabei ist ein auf eine Geldzahlung gerichtetes Rechtsbegehren zu beziffern (BGE 137 III 617 E. 4.3; BGer 5A_464/2015 vom 6. November 2015 E. 3.3; AGE ZB.2023.22 vom 27. Juli 2023 E. 1.2). Ein Aufhebungs- und Rückweisungsantrag genügt nur dann, wenn die Berufungsinstanz ausnahmsweise nur kassatorisch entscheiden könnte (vgl. BGer 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 2.1.2, 5A_775/2018 vom 15. April 2019 E. 3.4; AGE ZB.2023.22 vom 27. Juli 2023 E. 1.2, ZB.2021.50 vom 10. April 2022 E. 1.2, ZB.2021.51 vom 2. Dezember 2021 E. 1.3.1; Reetz/Theiler, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 311 N 34). Dabei ist die Zulässigkeit des Rechtsbegehrens nicht an diesem selbst zu messen, sondern an den vorgetragenen Beanstandungen (BGer 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 2.1.2, 5A_775/2018 vom 15. April 2019 E. 3.4). Wenn eine Partei nur einen Aufhebungs- und Rückweisungsantrag stellt, hat sie aufzuzeigen, weshalb die Rechtsmittelinstanz im Fall einer Gutheissung der Berufung nicht selber in der Sache entscheiden könnte (BGer 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 2.1.2).

 

Bei teilweisem vollständigem Fehlen eines genügenden Berufungsantrags ist auf die Berufung grundsätzlich teilweise vollständig nicht einzutreten (AGE ZB.2023.22 vom 27. Juli 2023 E. 1.2; vgl. BGer 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 2.1.1). Der Berufungsklägerin ist insbesondere keine Nachfrist gemäss Art. 132 Abs. 1 und 2 ZPO anzusetzen. Die Rechtsfolge des Nichteintretens steht allerdings unter dem Vorbehalt des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 der Bundesverfassung [BV, SR 101]). Daraus folgt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung, dass auf eine Berufung mit formell mangelhaften Rechtsbegehren ausnahmsweise einzutreten ist, wenn sich aus der Begründung, allenfalls in Verbindung mit dem angefochtenen Entscheid, ergibt, was die Berufungsklägerin in der Sache verlangt (BGE 137 III 617 E. 6.2 und 6.4; AGE ZB.2023.22 vom 27. Juli 2023 E. 1.2). Das Gleiche gilt, wenn sich der Sinn des Rechtsbegehrens unter Berücksichtigung der Umstände des zu beurteilenden Falls der Rechtsnatur der Hauptsache ohne Weiteres ermitteln lässt (vgl. BGer 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 2.1.3, 5A_775/2018 vom 15. April 2019 E. 4.1). Das Rechtsbegehren ist Kern des Verfahrens (BGer 4A_555/2022 vom 11. April 2023 E. 2.5–7). Mit ihrem Rechtsbegehren bestimmt die Berufungsklägerin den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens, der nicht identisch sein muss mit demjenigen des erstinstanzlichen Verfahrens. Für das Gericht und die Berufungsbeklagte geht erst aus dem Rechtsbegehren der Berufungsklägerin hervor, welche Punkte des angefochtenen Entscheids angefochten sind bzw. wogegen sich die Berufungsbeklagte zu verteidigen hat. So bildet das Berufungsverfahren ein eigenständiges Kontrollverfahren und nicht etwa eine Fortsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens. Es ist beherrscht vom Dispositionsgrundsatz, indem die Berufungsklägerin mit ihrem Rechtsbegehren bestimmt, was bzw. welche Punkte des angefochtenen Entscheids Gegenstand dieses Kontrollverfahrens sind (BGer 4A_555/2022 vom 11. April 2023 E. 2.6). Da das Rechtsbegehren Kern des Verfahrens ist, ist von der Berufungsklägerin zu erwarten, dass sie der korrekten Formulierung des Rechtsbegehrens grösste Beachtung schenkt. Darin kann grundsätzlich keine übertriebene sinnlose Formstrenge erblickt werden (BGer 4A_555/2022 vom 11. April 2023 E. 2.7). Auf eine Berufung mit formell mangelhaften Rechtsbegehren ist daher nur dann einzutreten, wenn aus der Berufungsbegründung und dem angefochtenen Entscheid unter Berücksichtigung der Umstände des zu beurteilenden Falls und der Rechtsnatur der Streitsache «ohne weiteres und in eindeutiger Klarheit hervorgeht, was [die Berufungsklägerin] begehren will» (vgl. BGer 4A_555/2022 vom 11. April 2023 E. 2.7).

 

1.2.2   Die Arbeitnehmerin beantragt mit ihrer Berufung, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Fall sei zur Neubeurteilung an eine unabhängige und neutrale Stelle zu überweisen. Ein Antrag in der Sache fehlt vollständig. Damit sind die Rechtsbegehren formell mangelhaft. Auch aus der Begründung der Berufung in Verbindung mit dem angefochtenen Entscheid ist selbst unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls und der Rechtsnatur der Hauptsache nicht ersichtlich, was die Arbeitnehmerin in der Sache verlangt. Daran ändert auch der Schlusssatz der Berufung nichts («Gerne hoffe ich, dass die Berufung auf dem korrekten aktenkundigen Sachverhalt gemäss dem geltenden Recht beurteilt wird […] und dass Sie die Anträge in der Berufung gutheissen.»). Angesichts der differenzierten Begründung des angefochtenen Entscheids kann mangels eines dahingehenden Anhaltspunkts insbesondere nicht einfach davon ausgegangen werden, dass die Berufungsklägerin an ihren im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Anträgen festhalten will (vgl. AGE ZB.2021.31 vom 30. September 2021 E. 1.2; vgl. ferner AGE ZB.2021.50 vom 10. April 2022 E. 1.2, Seiler, Die Berufung nach ZPO, Zürich 2013, N 889). Aus den vorstehenden Gründen wäre auf die Berufung mangels eines Antrags in der Sache nur einzutreten, wenn das Appellationsgericht im vorliegenden Fall bei ganzer teilweiser Gutheissung der Berufung ausnahmsweise nicht reformatorisch entscheiden könnte. Dies ist aus den nachstehenden Gründen nicht der Fall. Wenn die Arbeitnehmerin einen genügenden Berufungsantrag in der Sache gestellt hätte, hätte das Appellationsgericht im Fall einer ganzen teilweisen Gutheissung der Berufung vielmehr die Möglichkeit gehabt, selbst in der Sache neu zu entscheiden.

 

2.         Nichteintretensentscheid als Grund für den Verzicht auf einen Antrag in der Sache

 

Gemäss Art. 318 Abs. 1 ZPO kann die Berufungsinstanz bei Gutheissung der Berufung neu entscheiden (lit. b) die Sache an die erste Instanz zurückweisen, wenn ein wesentlicher Teil der Klage nicht beurteilt worden ist der Sachverhalt in wesentlichen Teilen zu vervollständigen ist (lit. c). Der Entscheid, ob sie einen neuen Entscheid fällt die Sache an die erste Instanz zurückweist, liegt in ihrem pflichtgemässen Ermessen. Sie kann auch bei Vorliegen eines Rückweisungsgrunds selbst neu entscheiden (BGE 144 III 394 E. 4.3.2.2; BGer 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 4.3.2 f. und 4.4; AGE ZB.2021.51 vom 2. Dezember 2021 E. 1.3.1; Reetz/Hilber, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 318 N 25; Seiler, N 1518; Steininger, in: Brunner et al. [Hrsg.], ZPO Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2016, Art. 318 N 8). Wenn die Vorinstanz einen Nichteintretensentscheid gefällt und die Klage materiell überhaupt nicht beurteilt hat, ist ein reformatorischer Entscheid der Berufungsinstanz gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts allerdings ausgeschlossen (vgl. BGer 4_555/2022 vom 11. April 2023 E. 2.6, 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 4.3.2, 4A_207/2019 vom 17. August 2020 E. 3.2). Im vorliegenden Fall ist das Zivilgericht jedenfalls betreffend das auf Geldzahlung gerichtete Rechtsbegehren auf die Klage teilweise eingetreten. Daher lässt sich der Verzicht auf einen Antrag in der Sache nicht damit begründen, dass sich die Berufung gegen einen Nichteintretensentscheid richte. Im Übrigen macht die Arbeitnehmerin mit ihrer Berufung jedenfalls nicht in einer den Begründungsanforderungen genügenden Art und Weise geltend, dass der teilweise Nichteintretensentscheid des Zivilgerichts zu Unrecht ergangen sei.

 

3.         Schwerwiegender Verfahrensmangel als Grund für den Verzicht auf einen Antrag in der Sache

 

3.1      Allgemeine Voraussetzungen

 

3.1.1   Schwerwiegende Verfahrensmängel im erstinstanzlichen Verfahren haben zumindest regelmässig zur Folge, dass die Klage in wesentlichen Teilen nicht gehörig beurteilt worden ist, und stellen deshalb zumindest regelmässig einen Rückweisungsgrund dar (AGE ZB.2022.32 vom 25. November 2022 E. 2.3.3, ZB.2017.1 vom 29. März 2017 E. 2.4; vgl. OGer ZH LB130066-O/U vom 9. April 2014 E. 3.5, LA130012-O/U vom 13. August 2013 E. 2.9 f.; Steininger, a.a.O., Art. 318 N 8; Suter-Somm/Seiler, a.a.O., Art. 318 N 16; Reetz/Hilber, a.a.O., Art. 318 N 37; Seiler, a.a.O., N 1538). Dass ein Rückweisungsgrund in der Form eines schwerwiegenden Verfahrensmangels vorliegt, bedeutet jedoch noch nicht, dass die Berufungsinstanz die Sache zwingend an die erste Instanz zurückweisen muss (vgl. Reetz/Hilber, a.a.O., Art. 318 N 37). Jedenfalls wenn der schwerwiegende Verfahrensmangel im Berufungsverfahren heilbar ist, kann sie vielmehr auch selbst neu entscheiden (vgl. Sterchi, in: Berner Kommentar, 2012, Art. 318 ZPO N 13). So ist zwar bei einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV in verfassungskonformer Auslegung von Art. 318 Abs. 1 lit. c ZPO grundsätzlich vom Vorliegen eines Rückweisungsgrunds auszugehen und steht es damit der Berufungsinstanz in solchen Fällen grundsätzlich offen, die Angelegenheit zur Beseitigung des Mangels an die erste Instanz zurückzuweisen (AGE ZB.2022.32 vom 25. November 2022 E. 2.3.3; vgl. AGE ZB.2017.1 vom 29. März 2017 E. 2.4; Seiler, a.a.O., N 1540). Wenn die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Berufungsverfahren geheilt werden kann, darf die Berufungsinstanz aber auch selbst neu entscheiden (AGE ZB.2019.26 vom 12. Februar 2021 E. 1.2; vgl. AGE ZB.2018.52 vom 18. März 2019 E. 1.6, 1.8 und 1.10; OGer ZH LF140040-O/U vom 29. August 2014 E. 2.2). Nur bei einer nicht heilbaren Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist die Sache grundsätzlich an die Vorinstanz zurückzuweisen (AGE ZB.2022.32 vom 25. November 2022 E. 2.3.3, ZB.2018.52 vom 18. März 2019 E. 1.6; vgl. AGE ZB.2017.1 vom 29. März 2017 E. 2.4).

 

3.1.2   Der Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen und Urteilsverkündigungen ist insbesondere in Art. 6 Ziff. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) und Art. 30 Abs. 3 BV verankert. Art. 54 ZPO konkretisiert den völker- und verfassungsrechtlichen Grundsatz für den Zivilprozess (vgl. BGE 146 I 30 E. 2.1 f.; Hurni, in: Berner Kommentar, 2012, Art. 54 ZPO N 1 und 4). Mit Gerichtsverhandlungen im Sinn dieser Bestimmungen sind nur Verhandlungen gemeint, in denen sich die Parteien vor dem Gericht gegenüberstehen und Einvernahmen vorgenommen, Beweise abgenommen und Plädoyers gehalten werden (vgl. BGE 146 I 30 E. 2.3; Hurni, a.a.O., Art. 54 ZPO N 10; Oberhammer/Weber, in: Oberhammer et al. [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 3. Auflage, Basel 2021, Art. 54 N 3, Rhinow/Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Öffentliches Prozessrecht, 4. Auflage, Basel 2021, N 558; Steinmann/Schindler/Wyss, in: St. Galler Kommentar, 4. Auflage, Zürich 2023, Art. 30 BV N 72). Für eine Gerichtsverhandlung, die der vorstehenden Definition entspricht, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit unabhängig von ihrer Bezeichnung (vgl. Santschi Kallay, Externe Kommunikation der Gerichte, Diss. Zürich, Bern 2018, S. 114 f.).

 

Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen umfasst die Parteiöffentlichkeit, die Medienöffentlichkeit sowie die Publikumsöffentlichkeit und damit den Anspruch der Verfahrensbeteiligten, der Medienvertreterinnen und -vertreter sowie aller anderen Personen, die Verhandlung im Gerichtssaal zu verfolgen (vgl. Gehri, in: Basler Kommentar, 3. Auflage 2017, Art. 54 ZPO N 5; Göksu, in: Brunner et al. [Hrsg.], ZPO Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2016, Art. 54 N 4 f.; Hurni, a.a.O., Art. 54 ZPO N 8 f.; Steinmann/Schindler/Wyss, a.a.O., Art. 30 BV N 74; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 54 N 3). Nach verbreiteter Auffassung verpflichtet der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen das Gericht, für eine ausreichende und rechtzeitige Information über Zeit und Ort der Gerichtsverhandlungen zu sorgen, damit der Anspruch auf Öffentlichkeit tatsächlich wahrgenommen werden kann (vgl. Chabloz, in: Chabloz et al. [Hrsg.], Petit commentaire CPC, Basel 2020, Art. 54 N 4; Göksu, a.a.O., Art. 54 N 9; Hurni, a.a.O., Art. 54 ZPO N 13, Müller/Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Auflage, Bern 2008, S. 970 f.). Es mag zwar empfehlenswert sein, dass das Gericht auf seiner Internetseite über öffentliche Gerichtsverhandlungen informiert (vgl. Göksu, a.a.O., Art. 54 N 9; vgl. für Argumente gegen selektive Hinweise Wullschleger, Möglichkeiten und Grenzen der gerichtlichen Kommunikation mit Bezug auf konkrete Verfahren, in: Saxer [Hrsg.], Kommunikation der Gerichte, Zürich 2015, S. 53, 56 f.). Nach überzeugender Auffassung genügt es zur Erfüllung der aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit abgeleiteten Informationspflicht des Gerichts aber zumindest in aller Regel, dass interessierte Personen sich beim Gericht erkundigen können, welche öffentlichen Verhandlungen an welchem Tag wo stattfinden (vgl. Göksu, a.a.O., Art. 54 N 9; Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, Basel 2005, § 52 N 9a; anderer Meinung Zeller, Gerichtsöffentlichkeit als Quelle der Medienberichterstattung, in: Medialex 2003 S. 15, 21, und möglicherweise auch Müller/Schefer, a.a.O., S. 970 f.). Dementsprechend verlangen Rechtsprechung und Lehre zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK bloss, dass die Öffentlichkeit Informationen über Zeit und Ort der Gerichtsverhandlungen erhalten kann (Urteil des EGMR Riepan gegen Österreich vom 14. November 2000 [Nr. 35115/97] § 29; Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 7 Auflage, München 2021, § 24 N 86; Harrendorf/König/Voigt, in: Meyer-Ladewig et al. [Hrsg.], Handkommentar EMRK, 5. Auflage, Baden-Baden 2023, Art. 6 N 96). Das Bundesgericht hat zwar erwogen, dass es durchaus im Sinn von Art. 30 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK liege, die Öffentlichkeit über die Presse in geeigneter Form über bevorstehende Gerichtsverhandlungen zu informieren (BGer 1P.347/2002 vom 25. September 2022 E. 3.2), und dass die Publikation von Zeit, Ort und Gegenstand öffentlicher Gerichtsverhandlungen auf einer Webseite eines Gerichts eine Umsetzung des Anspruchs auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen darstelle (vgl. BGE 147 II 476 E. 4.3). Dass eine entsprechende Pflicht bestünde, deren Nichtbeachtung eine Verletzung des Anspruchs auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen zu Folge hätte, kann daraus aber nicht geschlossen werden. Vereinzelt wird die Ansicht vertreten, aus Art. 30 Abs. 3 BV ergebe sich eine verfassungsrechtliche Pflicht der Gerichte, den Journalisten unaufgefordert mindestens Zeit und Ort der Gerichtsverhandlungen mitzuteilen, zum Beispiel durch Zustellung von Verhandlungslisten deren Veröffentlichung im Internet (Santschi Kallay, a.a.O., S. 163–165). Diese Auffassung überzeugt nicht, weil nicht ersichtlich ist, weshalb eine solche proaktive Information eine zwingende Voraussetzung dafür sein sollte, dass der Anspruch auf (Medien-)Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen tatsächlich wahrgenommen werden kann. Dementsprechend ist der Ansicht zu folgen, dass die Medienvertreterinnen und -vertreter zur Verwirklichung des Grundsatzes der (Medien-)Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen zwar die Möglichkeit haben müssen, sich im Voraus Informationen über die Verhandlungen zu beschaffen, die Gerichte aber nicht verpflichtet sind, sie von sich aus zu informieren (vgl. Moreillon/Parein-Reymond, Petit commentaire CPC, 2. Auflage, Basel 2016, Rem. prél. aux art. 69 à 72 CPC N 8). Im Übrigen anerkennt sogar die Autorin, die eine proaktive Information fordert, dass der Gegenstand der Gerichtsverhandlung selbst Journalisten nur auf entsprechende Anfrage bekannt gegeben werden muss (Santschi Kallay, a.a.O., S. 165).

 

Die Medien- und Publikumsöffentlichkeit kann von einer Gerichtsverhandlung ganz teilweise ausgeschlossen werden, soweit der Ausschluss im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung, der nationalen Sicherheit, von Jugendlichen, des Schutzes des Privatlebens der Prozessparteien der Rechtspflege liegt und verhältnismässig ist (vgl. Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 54 Abs. 3 ZPO; Göksu, a.a.O., Art. 54 N 20; Grabenwarter/Pabel, a.a.O., § 24 N 89 ff.; Hurni, a.a.O., Art. 54 ZPO N 28–30; Reich, in: Basler Kommentar, 2015, Art. 30 BV N 57; Steinmann/Schindler/Wyss, a.a.O., Art. 30 N 76 f.). Zu den erwähnten Interessen muss auch der Schutz der Gesundheit der Verhandlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sowie der Öffentlichkeit gehören (vgl. zur öffentlichen Gesundheit auch Saxer/Santschi Kallay/Thurnherr, in: Basler Kommentar, 3. Auflage, 2023, Art. 70 StPO N 4).

 

Der Anspruch auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen ist formeller Natur. Seine Verletzung führt deshalb unabhängig davon, ob der Ausschluss der Öffentlichkeit einen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens gehabt hat und ob der Entscheid materiell richtig ist, zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids (vgl. BGE 121 I 306 E. 2c, 109 Ia 217 E. 2d; Göksu, a.a.O., Art. 54 N 10; Hurni, a.a.O., Art. 54 ZPO N 35; Müller/Schefer, a.a.O., S. 970; Reich, a.a.O., Art. 30 BV N 51; Rhinow/Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, a.a.O., N 591; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 54 N 12). Vereinzelt scheint aus seiner formellen Natur geschlossen zu werden, dass eine Verletzung des Anspruchs auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen in jedem Fall die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Folge haben müsse (vgl. Oberhammer/Weber, a.a.O., Art. 54 N 8 sowie allenfalls auch Göksu, a.a.O., Art. 54 N 10, und Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 54 N 12). Ein solcher Schluss ist unzulässig. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist genauso formeller Natur wie derjenige auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen (vgl. BGE 109 Ia 217 E. 2d). Dies ändert aber nichts daran, dass eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unter bestimmten Voraussetzungen im Rechtsmittelverfahren geheilt werden kann (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2 S. 197, 133 I 201 E. 2.2 S. 204, 132 V 387 E. 5.1 S. 390, 129 I 129 E. 2.2.3 S. 135, 126 I 68 E. 2 S. 72; AGE ZB.2022.32 vom 25. November 2022 E. 2.3.1, ZB.2017.1 vom 29. März 2017 E. 2.2.2 mit weiteren Nachweisen). Weshalb diesbezüglich für den Anspruch auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen etwas Anderes gelten sollte, ist nicht nachvollziehbar. Daher ist mit dem EGMR und der herrschenden Lehre davon auszugehen, dass eine Verletzung des Anspruchs auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen dadurch geheilt werden kann, dass eine Rechtsmittelinstanz mit voller Kognition eine öffentliche Verhandlung durchführt (vgl. Urteil des EGMR Kolb und andere gegen Österreich vom 17. April 2003 [Nr. 35031/97 und 45774/99] § 60; Grabenwarter/Pabel, a.a.O., § 24 N 107; Hurni, a.a.O., Art. 54 ZPO N 35; Meyer, in: Karpenstein/Mayer], EMRK Kommentar, 3. Auflage, München 2022, Art. 6 N 77; Müller/Schefer, a.a.O., S. 970; Reich, a.a.O., Art. 30 BV N 51; Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 3. Auflage, Zürich 2020, § 18 N 517; vgl. ferner Rhinow/Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, a.a.O., N 591 Steinmann/Schindler/Wyss, a.a.O., Art. 30 BV N 79). Die Berufungsinstanz hat volle Kognition (Jeandin, a.a.O., Art. 310 CPC N 1; Reetz/Theiler, a.a.O., Art. 310 N 5 f.; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 310 N 1 f.; vgl. Art. 310 ZPO). Daher kann eine Verletzung des Anspruchs auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen im erstinstanzlichen Verfahren mit der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung im Berufungsverfahren grundsätzlich geheilt werden. Ob eine Heilung allenfalls entsprechend der Rechtsprechung zum Anspruch auf rechtliches Gehör nur dann möglich ist, wenn die Verletzung des Anspruchs auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung nicht besonders schwer wiegt die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären, kann im vorliegenden Fall offenbleiben.

 

3.1.3      Ein Entscheid, an dem eine zum Ausstand verpflichtete Gerichtsperson mitgewirkt hat, ist grundsätzlich nicht nichtig, sondern bloss anfechtbar. Nichtigkeit kommt höchstens in besonders schweren Ausnahmefällen in Betracht (Kiener, in: Oberhammer et al. [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 3. Auflage, Basel 2021, Art. 51 N 2; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 51 N 1; Wullschleger, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 51 N 1). Eine Partei, die eine Gerichtsperson ablehnen will, hat dem Gericht gemäss Art. 49 Abs. 1 ZPO unverzüglich ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis erhalten hat. Der Kenntnis gleichzusetzen ist das Kennenmüssen bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit (AGE ZB.2021.32 vom 18. Oktober 2021 E. 2.2.2 mit Nachweisen). Liegt ein Ausstandsgrund während einer Gerichtsverhandlung offen, so ist er noch während der Verhandlung geltend zu machen (Wullschleger, a.a.O., Art. 49 N 7). In den übrigen Fällen erfolgt das Ausstandsgesuch in der Regel unverzüglich, wenn es innert einer Frist von zehn Tagen gestellt wird (vgl. OGer ZH RB120045-O/U vom 13. November 2012 E. 4.2; Diggelmann, in: Brunner et al. [Hrsg.], ZPO Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2016, Art. 49 N 3; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 49 N 4; Tappy, a.a.O., Art. 49 CPC N 12; anderer Meinung Wullschleger, a.a.O., Art. 49 N 9). Eine Partei, die eine Gerichtsperson nicht unverzüglich ablehnt, nachdem sie vom Ausstandsgrund Kenntnis erhalten hat, verwirkt ihren Ablehnungsanspruch (AGE ZB.2023.11 vom 12. August 2023 E. 1.5 mit Nachweisen). Es verstösst gegen Treu und Glauben (Art. 52 ZPO), formelle Rügen, die in einem früheren Prozessstadium hätten geltend gemacht werden können, bei ungünstigem Ausgang noch später vorzubringen (BGE 141 III 210 E. 5.2 S. 216; AGE ZB.2023.11 vom 12. August 2023 E. 1.5). Für den Fall, dass das Vorliegen eines Ausstandsgrunds offensichtlich ist, scheinen die Judikatur und Literatur die Verwirkung des Ablehnungsanspruchs durch verspätete Geltendmachung teilweise auszuschliessen (vgl. BGE 134 I 20 E. 4.3.2 S. 22; BGer 4A_151/2014 vom 14. Oktober 2014 E. 2.1; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 49 N 5; Wullschleger, a.a.O., Art. 49 N 10).

 

Wenn eine Partei nicht unverzüglich nach Kenntnisnahme von bestimmten Umständen ein Ausstandsgesuch stellt, verwirkt sie zwar die Möglichkeit, ein Ausstandsgesuch allein mit diesen Umständen zu begründen (vgl. BGer 1B_42/2022 vom 14. Juni 2022 E. 2.1 und 1B_240/2021 vom 8. Februar 2022 E. 3.3.1 [beide zu Art. 58 Abs. 1 StPO]). Wenn sie geltend macht, dass diese alten Umstände zusammen mit einem neuen, damit zusammenhängenden Umstand «das Mass voll» gemacht und dazu geführt hätten, dass eine Gerichtsperson als befangen angesehen werden müsse, und unverzüglich nach Kenntnisnahme vom neuen Umstand ein Ausstandsgesuch stellt, kann sie die alten Umstände aber zur Begründung dieses Gesuchs heranziehen (vgl. AGE BEZ.2017.49 vom 7. Februar 2018 E. 3.2.2; Wullschleger, a.a.O., Art. 49 N 12; Tappy, a.a.O., Art. 49 CPC N 13). Wenn eine Partei den Anschein der Befangenheit aus verschiedenen (angeblichen) Verfahrensfehlern ableitet, handelt sie daher rechtzeitig, wenn sie ihr Ausstandsgesuch so bald wie möglich nach dem letzten geltend gemachten Verfahrensfehler stellt, der ihrer Ansicht nach «das Mass voll» gemacht und dazu geführt hat, dass die Gerichtsperson nun als befangen angesehen werden muss (AGE BEZ.2017.49 vom 7. Februar 2018 E. 3.2.2; vgl. BGer 1B_42/2022 vom 14. Juni 2022 E. 2.1 und 1B_240/2021 vom 8. Februar 2022 E. 3.3.1 [beide zu Art. 58 Abs. 1 StPO]). Es erscheint fraglich, ob eine Partei auch Umstände, auf die sie sich bereits zur Begründung eines abgewiesenen Ausstandsgesuchs berufen hat, zur Begründung eines neuen Gesuchs heranziehen kann, wenn sie geltend macht, dass diese alten Umstände zusammen mit einem neuen, damit zusammenhängenden Umstand «das Mass voll» gemacht und dazu geführt hätten, dass eine Gerichtsperson nun als befangen angesehen werden müsse, ob in diesem Fall der negative Ausstandsentscheid der Berücksichtigung der alten Umstände entgegensteht (vgl. dazu BGer 4A_486/2009 vom 3. Februar 2010 E. 5.2.2). Die Frage kann im vorliegenden Fall offenblieben, weil eine Ausstandspflicht von Gerichtspersonen des Zivilgerichts auch bei Mitberücksichtigung der mit der Berufung geltend gemachten Umstände, welche die Arbeitnehmerin bereits zur Begründung ihrer Ausstandsgesuche vom 6. und 11. Mai, 20. Juni und 16. Dezember 2020 sowie 14. Februar 2021 vorgebracht hat, zu verneinen ist.

 

Amtshandlungen, an denen eine zum Ausstand verpflichtete Gerichtsperson mitgewirkt hat, sind gemäss Art. 51 Abs. 1 ZPO aufzuheben und zu wiederholen, sofern dies eine Partei innert zehn Tagen verlangt, nachdem sie vom Ausstandsgrund Kenntnis erhalten hat. Ob unter diesen Voraussetzungen alle Amtshandlungen, an denen die zum Ausstand verpflichtete Gerichtsperson mitgewirkt hat, aufzuheben und zu wiederholen sind (so Livschitz, in: Baker & McKenzie [Hrsg.], Stämpflis Handkommentar ZPO, Bern 2010, Art. 51 N 4 und wohl auch Kiener, a.a.O., Art. 51 N 3 sowie Weber, in: Basler Kommentar, 3. Auflage 2017 [nachfolgend Weber, Basler Kommentar], Art. 51 ZPO N 4), nur solche, bei deren Vornahme sich die Befangenheit zugunsten zulasten einer Partei hat auswirken können (so Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 51 N 4; Tappy, a.a.O., Art. 51 CPC N 10; Urbach, in: Gehri et al. [Hrsg.], ZPO Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2015, Art. 51 N 3; Wullschleger, a.a.O., Art. 51 N 4), ist umstritten. Da der Ausstandsanspruch formeller Natur ist, setzt die Aufhebung und Wiederholung der Amtshandlungen aber jedenfalls nicht voraus, dass sie materiell unrichtig sind (vgl. Kiener, a.a.O., Art. 51 N 3; Wullschleger, a.a.O., Art. 51 N 6). Amtshandlungen, deren Aufhebung und Wiederholung von keiner Partei innert zehn Tagen verlangt worden ist, gelten als genehmigt. Diesbezüglich ist der Anspruch auf Aufhebung und Wiederholung verwirkt (vgl. Rüetschi, a.a.O., Art. 51 ZPO N 4; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 51 N 3). Vorbehalten bleibt die allenfalls in besonders schweren Ausnahmefällen anzunehmende Nichtigkeit (vgl. Diggelmann, a.a.O., Art. 51 N 3).

 

Wenn ein Ausstandsgrund erst nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens und damit nach der Fällung des erstinstanzlichen Entscheids, aber noch vor Ablauf der Berufungs- Beschwerdefrist entdeckt wird, ist er mit dem betreffenden Rechtsmittel geltend zu machen sowie die Aufhebung und Wiederholung der Amtshandlungen, an denen die zum Ausstand verpflichtete Person mitgewirkt hat, mit dem Rechtsmittel zu verlangen (vgl. BGE 139 III 466 E. 3, 139 III 120 E. 3.1.1; BGer 5A_461/2016 vom 3. November 2016 E. 6.3; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 51 N 9; Tappy, a.a.O., Art. 51 CPC N 16; Wullschleger, a.a.O., Art. 51 N 10). Dabei gilt der Ausstandsgrund als unverzüglich geltend gemacht, wenn er innert der Rechtsmittelfrist vorgebracht wird (vgl. BGer 5A_461/2016 vom 3. November 2016 E. 7.1; vgl. zur Revision Kiener, a.a.O., Art. 51 N 6, und Tappy, a.a.O., Art. 51 CPC N 19), und tritt die Rechtsmittelfrist an die Stelle der Frist von Art 51 Abs. 1 ZPO (vgl. zur Revision Tappy, a.a.O., Art. 51 CPC N 19; Wullschleger, a.a.O., Art. 51 N 8). Die Verletzung von Ausstandsvorschriften stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel im vorstehend erwähnten Sinn dar (Seiler, a.a.O., N 1539; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 318 N 16). Gemäss einem vereinzelten Urteil des Bundesgerichts und einer vereinzelten Lehrmeinung kann der in der Mitwirkung einer zum Ausstand verpflichteten Gerichtsperson bestehende Verfahrensmangel durch die Überprüfung des Entscheids durch eine Rechtsmittelinstanz mit voller Kognition geheilt werden (vgl. BGE 114 Ia 153 E. 3a.bb; Tappy, a.a.O., Art. 50 CPC N 14; vgl. auch BGer 1C_378/2008 vom 27. Januar 2009 E. 2.7 und 3.1 mit Nachweisen, gemäss dem Ausstandspflichtverletzungen im Verwaltungsverfahren im Rechtsmittelverfahren geheilt werden können, wenn sie nicht schwer wiegen und ein Einfluss auf den Inhalt der Entscheidung ausgeschlossen erscheint). Nach überwiegender Rechtsprechung und Lehre ist eine Heilung im Fall einer Verletzung der Ausstandspflicht hingegen ausgeschlossen (vgl. BGE 124 I 255 E. 5b.aa und 5d, 114 Ia 50 E. 3d, 113 Ia 72 E. 3a; Kiener, a.a.O., Art. 51 N 3; Livschitz, a.a.O., Art. 51 N 7; Rüetschi, a.a.O., Art. 51 ZPO N 9; Steinmann/Schindler/Wyss, in: St. Galler Kommentar, 4. Auflage, Zürich 2023, Art. 29 BV N 26 und Art. 30 BV N 45). Wenn dieser Auffassung gefolgt wird, dürfte eine Aufhebung des angefochtenen Entscheids und eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz grundsätzlich zwingend sein (vgl. Livschitz, a.a.O., Art. 51 N 6), wenn eine zum Ausstand verpflichtete Gerichtsperson am angefochtenen Entscheid mitgewirkt hat und die Arbeitnehmerin den Ausstandsgrund mit der Berufung rechtzeitig geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Entscheids verlangt hat. Wie es sich damit verhält, muss im vorliegenden Fall nicht abschliessend entschieden werden, weil die Gerichtspersonen, die am angefochtenen Entscheid mitgewirkt haben, ohnehin nicht zum Ausstand verpflichtet gewesen sind.

 

3.2      Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung im vorliegenden Fall?

 

Mit Vorladung vom 8. September 2021 lud das Zivilgericht die Parteien auf den 11. November 2021 «zur Verhandlung» vor. Die Arbeitnehmerin beanstandet, dass auf der Vorladung nicht angegeben worden sei, dass es sich bei der Verhandlung um die Hauptverhandlung gehandelt hat (Berufung Rz. 119). Im vorliegenden Fall hat die verfahrensleitende Zivilgerichtspräsidentin am 3. September 2021 verfügt, dass die «Hauptverhandlung» auf den 11. November 2021 angesetzt werde. Zumindest in einem solchen Fall, in dem sich aus einer Verfügung eindeutig ergibt, um welche Art von Verhandlung es sich handelt, ist die Angabe der Art der Verhandlung auf der Vorladung entbehrlich. Selbst wenn die Vorladung als mangelhaft betrachtet würde, könnte die Arbeitnehmerin im Übrigen aus dem Mangel nichts zu ihren Gunsten ableiten, weil ihr daraus offensichtlich kein Nachteil erwachsen ist. Aufgrund der Verfügung vom 3. September 2021 wusste sie genau, dass die Vorladung die Hauptverhandlung betrifft. Zudem gesteht sie selbst zu, sie sei davon ausgegangen, dass es sich bei der Verhandlung vom 11. November 2021 um die Hauptverhandlung handle (Berufung Rz. 119).

 

Die Arbeitnehmerin scheint geltend machen zu wollen, dass eine Hauptverhandlung zwingend als solche bezeichnet werden müsse, weil der Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen nur für Hauptverhandlungen gelte (vgl. Berufung Rz. 121 f., 127 und 131). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Für die Frage, ob der Grundsatz der Öffentlichkeit gilt, ist nicht die Bezeichnung, sondern der Inhalt der Gerichtsverhandlung massgebend (vgl. oben E. 3.1.2). Die Behauptung der Arbeitnehmerin, das Zivilgericht habe mit der Bezeichnung als Verhandlung eine Information der Öffentlichkeit über die Hauptverhandlung vom 11. November 2021 und eine Teilnahme der Öffentlichkeit an dieser Verhandlung verhindert (vgl. Berufung Rz. 131–136), entbehrt jeglicher Grundlage. Dies gilt erst recht unter Mitberücksichtigung der Verfügungen der verfahrensleitenden Zivilgerichtspräsidentin vom 3. September und 25. Oktober 2021, mit denen sie auf den 11. November 2021 ausdrücklich eine «Hauptverhandlung» angesetzt und erklärt hat, dass diese öffentlich sei.

 

Auf der Vorladung vom 8. September 2021 zur Hauptverhandlung vom 11. November 2021 wird darauf hingewiesen, dass die Verhandlung unter Einhaltung der Empfehlungen des BAG stattfinde, und um Beachtung der beigefügten Hinweise gebeten. Einer davon lautet folgendermassen:

 

«Hinweis betreffend Corona-Virus

Die Anzahl anwesender Personen ist aufgrund der Vorgaben und der räumlichen Kapazitäten begrenzt. Ohne anderslautende Mitteilung der Parteien wird davon ausgegangen, dass lediglich die Parteien sowie maximal eine weitere Person pro Partei (Rechtsvertreter/in Begleitperson) an der Verhandlung teilnehmen. Sollte die Anwesenheit weiterer Personen aus Ihrer Sicht unbedingt notwendig sein, bitten wir Sie um umgehende entsprechende Mitteilung.»

 

Die Arbeitnehmerin scheint geltend machen zu wollen, durch den Hinweis betreffend Corona-Virus auf der Vorladung sei sie davon abgehalten worden, sich für die Verhandlung vom 11. November 2021 rechtzeitig eine kompetente Unterstützung zu organisieren, weil sie als juristische Laiin nicht gewusst habe, wie zu begründen sei, dass die Anwesenheit weiterer Personen unbedingt notwendig sei (vgl. Berufung Rz. 121 f.). Diese Rüge ist unbegründet. Aus dem Hinweis auf der Vorladung ist klar ersichtlich, dass die Arbeitnehmerin dem Zivilgericht bloss hätte mitteilen brauchen, dass die Anwesenheit weiterer Personen aus ihrer Sicht unbedingt notwendig sei. Dazu wäre sie offensichtlich auch als juristische Laiin in der Lage gewesen. Zudem wäre es ihr auch ohne Weiteres möglich gewesen, zu begründen, weshalb die Anwesenheit weiterer Personen aus ihrer persönlichen Sicht unbedingt notwendig sei. Schliesslich ergibt sich aus dem Hinweis auf der Vorladung, dass eine weitere Person pro Partei vorbehaltlos zugelassen war und folglich eine kompetente Unterstützung ohne Weiteres an der Hauptverhandlung hätte teilnehmen können.

 

Die Arbeitnehmerin hat Ausdrucke einer Webseite des Zivilgerichts vom 11. und 30. November 2021 (Berufungsbeilagen 13 und 15) eingereicht. Darauf finden sich die folgenden Angaben:

 

«Massnahmen des Zivilgerichts betreffend Coronavirus

 

Im ganzen Gerichtsgebäude gilt Maskenpflicht.

 

Das Zivilgericht führt Verhandlungen unter Einhaltung der Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG betreffend Hygiene und soziale Distanz durch. Über die Maskentragepflicht an der Verhandlung entscheidet die Vorsitzende der Vorsitzende.

 

Die Anzahl anwesender Personen ist aufgrund der Vorgaben und der räumlichen Kapazitäten begrenzt. Ohne anderslautende Mitteilung der Parteien wird davon ausgegangen, dass lediglich die Parteien sowie maximal eine weitere Person pro Partei (Rechtsvertreter/in Begleitperson) an der Verhandlung teilnehmen. Sollte die Anwesenheit weiterer Personen unbedingt notwendig sein, bitten wir um entsprechende Mitteilung.»

 

Gemäss den Angaben der Arbeitnehmerin sei ihr diese Webseite bei Recherchen an öffentlichen Recherche-Stationen der Zentralbibliothek Zürich angezeigt worden und habe eine Recherche eines anderen Nutzers der Zentralbibliothek über sein Benutzerkonto das gleiche Resultat ergeben (Berufung Rz. 136 f. und 139). Es besteht kein Zweifel, dass die Webseite des Zivilgerichts mit dem vorstehend erwähnten Inhalt in der Zeit der Hauptverhandlung vom 11. November 2021 jeder Besucherin und jedem Besucher angezeigt worden ist. Die Auffassung der Arbeitnehmerin, sie könnte mittels professioneller personalisierter Cyberkriminalität gezielt mit Falschinformationen bedient worden sein (vgl. Berufung Rz. 142–144), entbehrt jeglicher Grundlage.

 

Mit Eingabe vom 22. Oktober 2021 machte die Arbeitnehmerin geltend, dass der Hinweis betreffend Corona-Virus auf der Vorladung vom 8. September 2021 eine unzulässige Einschränkung des Grundsatzes der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen darstelle, und erklärte, dass die Anwesenheit weiterer Personen aus ihrer Sicht unbedingt notwendig sei. Mit Verfügung vom 25. Oktober 2021 erklärte die verfahrensleitende Zivilgerichtspräsidentin, dass der Hinweis betreffend Corona-Virus auf der Vorladung vom 8. September 2021 organisatorischer Natur und die Verhandlung vom 11. November 2021 öffentlich seien (vgl. dazu auch angefochtener Entscheid Tatsachen Ziff. XXII). Aufgrund dieser Erklärungen besteht kein Zweifel, dass die Hauptverhandlung vom 11. November 2021 grundsätzlich öffentlich gewesen ist. Sie ändern aber nichts daran, dass mit den Hinweisen auf der Vorladung und der Webseite des Zivilgerichts die Publikumsöffentlichkeit insoweit eingeschränkt worden ist, als damit der Eindruck vermittelt worden ist, dass die Teilnahme von mehr als einer weiteren Person pro Partei nur dann zulässig sei, wenn es unbedingt notwendig ist. Hingegen besteht kein Grund zur Annahme, dass die erwähnte Einschränkung auch für die Medienöffentlichkeit gegolten hätte. Dass das Zivilgericht die Medienöffentlichkeit nicht eingeschränkt hat, wird durch die eigene Darstellung der Arbeitnehmerin bestätigt. Gemäss dieser erhielt sie bei ihrem Versuch, die Einschränkung der Öffentlichkeit publik zu machen, nach einem ersten grossen Interesse nur Absagen. Ein Journalist habe diese damit begründet, dass seine Zeitung nicht von den Verhandlungen ausgeschlossen worden sei und er auch von Kollegen nichts von einer solchen Einschränkung erfahren habe (Berufung Rz. 141).

 

Die Hauptverhandlung vom 11. November 2021 fand während der Covid-19-Pandemie statt. Gemäss Art. 10 Abs. 1 der damals geltenden Fassung der Covid-19-Verordnung besondere Lage (SR 818.101.26) mussten die Betreiber von öffentlich zugänglichen Einrichtungen und Betrieben sowie die Organisatoren von Veranstaltungen ein Schutzkonzept erarbeiten und umsetzen. Gemäss Art. 1 der damals geltenden Fassung der Covid-19-Verordnung Justiz- und Verfahrensrecht (SR 272.81) hatten die Gerichte und Behörden bei der Durchführung von Verfahrenshandlungen mit Teilnahme von Parteien, Zeuginnen und Zeugen Dritten, wie Verhandlungen und Einvernahmen, die angesichts der Empfehlungen des BAG angezeigten Massnahmen betreffend Hygiene und soziale Distanz einzuhalten. Die Einschränkung der Publikumsöffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen diente dem Schutz der Gesundheit der Teilnehmerinnen und -teilnehmer der Verhandlungen und der Öffentlichkeit und war zur Erreichung dieses Zwecks und zur Gewährleistung der gesetzlich geforderten Einhaltung der Empfehlungen des BAG betreffend Hygiene und soziale Distanz geeignet. Eine für die Erreichung dieser Ziele gleich geeignete aber mildere Massnahme ist unter Berücksichtigung der begrenzten räumlichen Kapazitäten nicht ersichtlich. Das Interesse am Gesundheitsschutz überwog das Interesse an einer uneingeschränkten Publikumsöffentlichkeit der Verhandlungen. Damit war die Einschränkung der Publikumsöffentlichkeit der Hauptverhandlung verhältnismässig und zulässig. Falls entgegen der Beurteilung des Appellationsgerichts von einem unzulässigen Ausschluss der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung ausgegangen würde, wöge dieser unter den konkreten Umständen unter Mitberücksichtigung der besonderen Situation der Covid-19-Pandemie jedenfalls nicht besonders schwer und hätte das Appellationsgericht bei Vorliegen eines reformatorischen Rechtsbegehrens die (im vorliegenden Entscheid verneinte) Verletzung des Anspruchs auf eine öffentliche Gerichtsverhandlung geheilt, indem es im Berufungsverfahren eine öffentliche Verhandlung durchgeführt hätte.

 

Die Arbeitnehmerin macht geltend, zur Gewährleistung der Publikums- und Medienöffentlichkeit hätte die Hauptverhandlung vom 11. November 2021 mit Angabe von Zeit und Ort rechtzeitig öffentlich angekündigt werden müssen (vgl. Berufung Rz. 127–130). Wie vorstehend mit eingehender Begründung dargelegt worden ist, kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden und genügt es zur Erfüllung der Informationspflicht des Gerichts zumindest in der Regel und auch im vorliegenden Fall, dass sich interessierte Personen sowie Medienvertreterinnen und -vertreter beim Gericht über Hauptverhandlungen informieren können (vgl. oben E. 3.1.2). Gemäss § 9 Abs. 1 des Medien- und Informationsreglements der Gerichte (SG 154.115) erteilt die der Medienbeauftragte des Zivilgerichts Auskunft über bevorstehende Gerichtsverhandlungen. Mangels gegenteiliger Indizien ist davon auszugehen, dass das Zivilgericht in Anwendung dieser Bestimmung interessierten Personen und insbesondere Medienvertreterinnen und -vertretern auf eine allfällige Anfrage hin Auskunft über Zeit, Ort und Gegenstand der Hauptverhandlung im vorliegenden Verfahren erteilt hat bzw. hätte. Akkreditierte Medienschaffende informiert das Zivilgericht gemäss § 12 Abs. 1 lit. a des Medien- und Informationsreglements über die Termine der öffentlichen und medienöffentlichen Gerichtsverhandlungen. Gemäss § 12 Abs. 1 lit. g)ga des Medien- und Informationsreglements gibt es ihnen auf Anfrage die angesetzten öffentlichen Verhandlungen bekannt. Mangels gegenteiliger Indizien ist davon auszugehen, dass das Zivilgericht auch diese Pflichten erfüllt hat bzw. im Fall einer Anfrage erfüllt hätte. Damit ist die Rüge, das Zivilgericht habe seine Informationspflicht verletzt, unbegründet. Im Übrigen hätte auch eine Verletzung der Informationspflicht im Berufungsverfahren geheilt werden können.

 

Zusammenfassend ist die Rüge der Arbeitnehmerin, ihr Anspruch auf Öffentlichkeit der Hauptverhandlung vom 11. November 2021 sei verletzt worden (vgl. insb. Berufung Rz. 147 f. und 348), unbegründet. Falls entgegen der Beurteilung des Appellationsgerichts von einer Verletzung dieses Anspruchs ausgegangen würde, wöge sie jedenfalls nicht besonders schwer und hätte das Appellationsgericht bei Vorliegen eines reformatorischen Rechtsbegehrens die (mit dem vorliegenden Entscheid verneinte) Verletzung des Anspruchs auf eine öffentliche Gerichtsverhandlung geheilt, indem es im Berufungsverfahren eine öffentliche Verhandlung durchgeführt hätte.

 

3.3      Verletzung der Ausstandspflicht im vorliegenden Fall?

 

3.3.1      Die ZPO regelt den Ausstand in Art. 47–51. Gemäss Art. 47 Abs. 1 lit. f ZPO tritt eine Gerichtsperson in den Ausstand, wenn sie aus anderen Gründen als den in Art. 47 Abs. 1 lit. a–e ZPO genannten, insbesondere wegen Freundschaft Feindschaft mit einer Partei ihrer Vertretung, befangen sein könnte. Art. 47–51 ZPO konkretisieren den verfassungs- und menschenrechtlichen Anspruch der Parteien auf ein unparteiisches Gericht gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Befangenheit und damit ein Ausstandsgrund ist generell anzunehmen, wenn Umstände bestehen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit der Gerichtsperson zu erwecken. Das subjektive Empfinden einer Partei ist bei der Beurteilung solcher Umstände nicht massgebend. Vielmehr müssen die Umstände bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit Voreingenommenheit begründen. Dass die Gerichtsperson tatsächlich befangen ist, wird nicht verlangt. Verfahrensfehler inhaltlich falsche Entscheide einer Gerichtsperson vermögen im Allgemeinen keinen objektiven Verdacht der Befangenheit zu begründen. Sie können somit grundsätzlich nicht als Begründung für die Befangenheit herangezogen werden, sondern sind im dafür vorgesehenen Rechtsmittelverfahren zu rügen. Dies gilt auch für willkürliche prozessleitende Entscheide. Befangenheitsbegründend sind nur besonders qualifizierte wiederholte Fehler, die als schwere Amtspflichtverletzungen zu betrachten sind. Dabei müssen objektiv gerechtfertigte Gründe zur Annahme bestehen, dass sich in den Verfahrensfehlern gleichzeitig eine Haltung manifestiert, die auf fehlender Distanz und Neutralität beruht (zum Ganzen AGE BEZ.2020.55 vom 10. März 2021 E. 2 mit Nachweisen). Die den Ausstand begründenden Tatsachen sind von der Partei, die eine Gerichtsperson ablehnen will, glaubhaft zu machen (Art. 49 Abs. 1 ZPO).

 

3.3.2      Die Arbeitnehmerin rügt mit ihrer Berufung mehrere Pflichtverletzungen des Zivilgerichts. Darin scheint sie auch eine Begründung für die geltend gemachte Befangenheit von Gerichtspersonen, die am angefochtenen Entscheid mitgewirkt haben, zu sehen. Zudem behauptet die Arbeitnehmerin, das Verhalten der Rechtsvertreter der Parteien und des Zivilgerichts sei ohne Absprache zwischen diesen nicht erklärbar. Eine solche Absprache scheint sie als weiteren Ausstandsgrund zu betrachten. Ein Grossteil der Umstände, welche die Arbeitnehmerin in ihrer Berufung möglicherweise zur Begründung der Befangenheit von am angefochtenen Entscheid beteiligten Gerichtspersonen vorbringt, sind der Arbeitnehmerin mehr als zehn Tage vor der Hauptverhandlung vom 11. November 2021 und dem angefochtenen Entscheid des Zivilgerichts vom gleichen Tag bekannt gewesen. Soweit sie die betreffenden Umstände nicht bereits mit ihren Ausstandsgesuchen vom 6. und 11. Mai, 20. Juni und 16. Dezember 2020 sowie 14. Februar 2021 geltend gemacht hat, hat sie daher die Möglichkeit verwirkt, die Befangenheit allein mit diesen Umständen zu begründen (vgl. oben E. 3.1.3). Die Ausstandsgesuche der Arbeitnehmerin gegen die verfahrensleitende Zivilgerichtspräsidentin und die damalige Leitende Gerichtsschreiberin vom 6. und 11. Mai sowie 20. Juni 2020 wurden vom Zivilgericht mit Entscheid vom 28. Oktober 2020 abgewiesen. Die Beschwerde der Arbeitnehmerin gegen diesen Entscheid wies das Appellationsgericht mit Entscheid vom 10. März 2021 (BEZ.2020.55) ab. Die dagegen erhobene Beschwerde der Arbeitnehmerin wies das Bundesgericht mit Urteil vom 11. Juni 2021 (4A_222/2021) ab, soweit darauf einzutreten war (vgl. dazu angefochtener Entscheid Tatsachen Ziff. XIV, XV und XVII). Auf die Ausstandsgesuche der Arbeitnehmerin gegen die Kammer des Zivilgerichts und das Zivilgericht als solches vom 16. Dezember 2020 und gegen die verfahrensleitende Zivilgerichtspräsidentin vom 14. Februar 2021 (Postaufgabe 15. Februar 2021) trat das Zivilgericht mit Entscheid vom 11. November 2021 nicht ein (vgl. dazu angefochtener Entscheid Tatsachen Ziff. XVI). Dagegen hat die Beschwerdeführerin keine Beschwerde ergriffen. Im Übrigen legt die Arbeitnehmerin in der Berufung nicht dar, weshalb die vorstehend erwähnten Ausstandsentscheide unrichtig sein sollten. Unter diesen Umständen ist es der Arbeitnehmerin auch nicht möglich, die Befangenheit von am angefochtenen Entscheid beteiligten Gerichtspersonen allein mit den Umständen zu begründen, die sie bereits mit ihren Ausstandsgesuchen vorgebracht hat. Zu prüfen bleibt im Folgenden jedoch, ob die in der Berufung geltend gemachten Umstände, die der Arbeitnehmerin mehr als zehn Tage vor der Hauptverhandlung und dem angefochtenen Entscheid bekannt gewesen sind, zusammen mit in der Berufung geltend gemachten Umständen, von denen sie erst später Kenntnis erhalten hat, dazu führen, dass Gerichtspersonen, die am angefochtenen Entscheid mitgewirkt haben, als befangen zu betrachten sind (vgl. oben E. 3.1.3).

 

3.3.3      Die Beratung und der Entscheid des Zivilgerichts über die Ausstandsgesuche der Arbeitnehmerin gegen die Kammer des Zivilgerichts und das Zivilgericht als solches vom 16. Dezember 2020 und gegen die verfahrensleitende Zivilgerichtspräsidentin vom 14. Februar 2021 (Postaufgabe 15. Februar 2021) erfolgten unter Mitwirkung der verfahrensleitenden Zivilgerichtspräsidentin zu Beginn der Hauptverhandlung vom 11. November 2021 (Ausstandsentscheid vom 11. November 2021 Tatsachen Ziff. XXV).

 

Die Arbeitnehmerin beanstandet, dass das Zivilgericht die erwähnten Ausstandsbegehren nicht während des Hauptverfahrens beurteilt habe (vgl. Berufung Rz. 151 und 153 f.). Diese Rüge ist offensichtlich unbegründet. Indem das Zivilgericht zu Beginn der Hauptverhandlung entschieden hat, hat es die Ausstandsgesuche während des Hauptverfahrens beurteilt. Entgegen der Ansicht der Arbeitnehmerin (vgl. Berufung Rz. 151) kann dem Zivilgericht aber auch keine Verletzung des Beschleunigungsgebots vorgeworden werden. Selbst wenn eine Verletzung des Beschleunigungsgebots angenommen würde, könnte diese offensichtlich weder als schwere Amtspflichtverletzung qualifiziert noch als Ausdruck fehlender Neutralität betrachtet werden.

 

Schliesslich beanstandet die Arbeitnehmerin, dass das Zivilgericht und die verfahrensleitende Zivilgerichtspräsidentin selbst über die gegen sie gerichteten Ausstandsgesuche entschieden haben (vgl. Berufung Rz. 155). Auf diese Rüge ist nicht einzutreten. Sie hätte von der Arbeitnehmerin mit einer Beschwerde gegen den Ausstandsentscheid vom 11. November 2021 vorgebracht werden können und müssen. Im Übrigen ist sie unbegründet. Auf ein missbräuchliches offensichtlich unzulässiges unbegründetes Ausstandsgesuch darf unter Mitwirkung der abgelehnten Gerichtsperson nicht eingetreten werden, selbst wenn diese nach dem anwendbaren Verfahrensrecht durch ein anderes Gerichtsmitglied zu ersetzen wäre (AGE BEZ.2023.46 vom 20. Oktober 2023 E. 2 mit Nachweisen). Im Ausstandsentscheid vom 11. November 2021 (E. 1.2 und 2.2–2.8) hat das Zivilgericht mit überzeugender Begründung dargelegt, dass die Voraussetzungen für einen Nichteintretensentscheid unter Mitwirkung der abgelehnten Gerichtspersonen erfüllt gewesen sind. Mit dieser Begründung setzt sich die Arbeitnehmerin in ihrer Berufung nicht auseinander.

 

3.3.4   Die Arbeitnehmerin wurde im erstinstanzlichen Verfahren bis am 2. April 2019 von einem Rechtsanwalt vertreten (nachfolgend Rechtsvertreter). Von diesem stammen insbesondere die Klage vom 15. Juni 2015, die Replik vom 31. Mai 2016 und die Stellungnahme vom 19. Dezember 2016. Die Arbeitnehmerin macht geltend, ihr Rechtsvertreter habe anstelle einer im Vergleich vom 8. Mai 2012 vorbehaltenen haftpflichtrechtlichen Klage nochmals den mit dem Abschreibungsentscheid vom 12. Oktober 2012 endgültig abgeurteilten Sachverhalt einer missbräuchlichen Kündigung eingeklagt und damit die Schadenersatzforderung begründet, obwohl sie mit dem Vergleich vom 8. Mai 2012 auf ihre weitergehende Forderung betreffend missbräuchliche Kündigung ausdrücklich verzichtet habe. Die explizit vorbehaltenen haftpflichtrechtlichen Aspekte habe er in der Klage nur sehr rudimentär begründet. Auch in der Replik seien die haftpflichtrechtlichen Aspekte weitestgehend unberücksichtigt geblieben. Damit habe der erfahrene Fachanwalt eine erfolgversprechende haftpflichtrechtliche Klage in eine chancenlose abgeurteilte Sache umgewandelt. Zudem habe er mehr als 30 Monatslöhne eingeklagt, obwohl die Entschädigung für eine missbräuchliche Kündigung gemäss Art. 336a Abs. 2 OR maximal sechs Monatslöhne betrage. Kein Anwalt begehe so elementare Fehler zum Nachteil seiner Klientin einfach so. Daher lasse das Verhalten ihres Rechtsvertreters Bestechung vermuten. Zudem stelle ein Schreiben ihrer Rechtsschutzversicherung vom 30. Juni 2014 einen Hinweis dar auf eine Absprache zwischen der Arbeitgeberin sowie dem Rechtsvertreter und der Rechtsschutzversicherung der Arbeitnehmerin, zum Vorteil der Arbeitgeberin anstelle einer vorbehaltenen haftpflichtrechtlichen Klage nochmals den Sachverhalt einer missbräuchlichen Kündigung einzuklagen und die Schadenersatzforderung damit zu begründen. Schliesslich müsse es auch Absprachen mit dem Zivilgericht gegeben haben, weil ihr Rechtsvertreter ohne Absprachen mit dem Zivilgericht und der Rechtsschutzversicherung mit den von der Arbeitgeberin geltend gemachten elementaren Fehlern seinen Ruf ruiniert hätte. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit habe es unzulässige Absprachen zwischen dem Rechtsvertreter der Arbeitnehmerin, der Arbeitgeberin bzw. ihrem Rechtsvertreter, der Rechtsschutzversicherung der Arbeitnehmerin und dem Zivilgericht gegeben (vgl. Berufung S. 2 sowie Rz. 32, 35, 38, 41, 45, 66, 159, 161, 253–272, 278 f. und 348). Das Schreiben der Rechtsschutzversicherung vom 30. Juni 2014 stellt entgegen der Darstellung der Arbeitnehmerin in keiner Art und Weise einen Hinweis darauf dar, dass ihr Rechtsvertreter mit ihrer Rechtsschutzversicherung gar der Arbeitgeberin abgesprochen haben könnte, dass er nochmals den Sachverhalt der missbräuchlichen Kündigung einklage. Die Behauptung der Arbeitnehmerin, E. 3 des angefochtenen Entscheids stelle einen Anhaltpunkt für eine Absprache mit dem Zivilgericht dar (Berufung Rz. 35), ist haltlos. Selbst wenn ihr Rechtsvertreter alle von der Arbeitnehmerin behaupteten Fehler begangen hätte, bestünde bei objektiver Betrachtung kein Grund zur Annahme, er könnte vorsätzlich zu ihrem Nachteil gehandelt haben. Erst recht besteht bei objektiver Betrachtung kein Grund zur Annahme, dass es zu einer Absprache des Rechtsvertreters mit der Arbeitgeberin und/oder dem Zivilgericht betreffend den Gegenstand der Klage, zu einer unzulässigen Absprache des Rechtsvertreters mit der Rechtsschutzversicherung gar zu Bestechung gekommen sein könnte. Die diesbezüglichen Behauptungen der Arbeitnehmerin entbehren jeglicher Grundlage.

 

3.3.5   Die Arbeitnehmerin macht geltend, die Klage sei widersprüchlich gewesen, weil ihr Rechtsvertreter die Klage mit dem Sachverhalt der mit dem Entscheid vom 12. Oktober 2012 bereits endgültig abgeurteilten missbräuchlichen Kündigung begründet und die haftpflichtrechtlichen Aspekte, wenn überhaupt, nur sehr rudimentär und schlecht dokumentiert dargestellt habe, obwohl er in Rz. 2 der Klage erklärt habe, dass die Arbeitnehmerin damit die noch offenen Haftpflichtansprüche geltend mache, deren Geltendmachung im Entscheid vom 12. Oktober 2012 vorbehalten worden sei. Indem das Zivilgericht nicht interveniert und der Arbeitnehmerin keine Gelegenheit gegeben habe, den Widerspruch zu bereinigen, habe es seine Fragepflicht gemäss Art. 56 ZPO verletzt (vgl. Berufung S. 2 sowie Rz. 35, 38, 42, 161, 273 f., 276 und 348). Diese Rüge ist unbegründet. Die Behauptung der Arbeitnehmerin, die angebliche Verletzung der Fragepflicht lege unzulässige Absprachen mit dem Zivilgericht nahe (vgl. Berufung S. 2 und Rz. 35), entbehrt jeglicher Grundlage.

 

3.3.6   Die Arbeitnehmerin behauptet, in der Klage, der Klageantwort, der Replik, der Duplik und der unaufgeforderten Stellungnahme vom 19. Dezember 2016 sei auf mehr als 300 Seiten darüber gestritten worden, ob die Kündigung missbräuchlich bzw. angezeigt gewesen sei nicht. Sie macht geltend, dass das Zivilgericht gestützt auf Art. 60 in Verbindung mit Art. 59 Abs. 2 lit. d ZPO das Verfahren nach Eingang der Klage umgehend mit einem Nichteintretensentscheid hätte beenden müssen, weil der Sachverhalt der missbräuchlichen Kündigung mit dem Entscheid vom 12. Oktober 2012 bereits rechtskräftig entschieden gewesen sei. Dass die Rechtsvertreter der Parteien in einem doppelten Schriftenwechsel über eine abgeurteilte Sache gestritten hätten und das Zivilgericht nicht eingeschritten sei, lasse sich nur damit erklären, dass die involvierten Stellen abgesprochen hätten, dass nochmals der bereits abgeurteilte Sachverhalt einer missbräuchlichen Kündigung eingeklagt werde (vgl. Berufung Rz. 38, 43–45, 47–49, 60–66, 75, 78, 161, 276 f. und 348). Wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt, ist der Vorwurf einer Pflichtverletzung des Zivilgerichts auch in diesem Zusammenhang unbegründet. Die Behauptungen bezüglich einer Absprache betreffend den Streitgegenstand entbehren erneut jeglicher Grundlage.

 

Zu den Prozessvoraussetzungen gehört, dass die Sache noch nicht rechtskräftig entschieden ist (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO), d.h., dass keine abgeurteilte Sache (res iudicata) vorliegt (Zürcher, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 59 N 36). Die Prozessvoraussetzungen müssen von gewissen, im vorliegenden Fall nicht relevanten Ausnahmen abgesehen im Zeitpunkt der Fällung des Sachentscheids gegeben sein (BGE 140 III 159 E. 4.2.4; Gehri, a.a.O., Art. 60 ZPO N 9; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 60 N 5; Zürcher, a.a.O., Art. 60 N 10 f.). Ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, prüft das Gericht von Amtes wegen (Art. 60 ZPO). Steht endgültig fest, dass es an einer Prozessvoraussetzung fehlt, darf nicht zur Sache verhandelt werden und ergeht ein Nichteintretensentscheid (BGE 140 III 159 E. 4.2.4; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 60 N 8; vgl. Gehri, a.a.O., Art. 60 ZPO N 2). Teilweise wird in der Literatur die Ansicht vertreten, es obliege dem Gericht, das Verfahren mittels eines Nichteintretensentscheids umgehend zu beenden, wenn sich schon aufgrund der Klage erkennen lasse, dass es definitiv an einer Prozessvoraussetzung fehle (Morf, in: Gehri et al. [Hrsg.], ZPO Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2015, Art. 60 N 6; vgl. Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 60 N 7). Die Prüfung der Prozessvoraussetzungen sollte zwar so bald als möglich erfolgen (BGE 140 III 159 E. 4.2.4; vgl. Gehri, a.a.O., Art. 60 ZPO N 4 ff.; Zürcher, a.a.O., Art. 60 N 13). Wie das Bundesgericht zutreffend erwogen hat, besteht abgesehen von wenigen, im vorliegenden Fall nicht relevanten Ausnahmen (vgl. dazu Zürcher, a.a.O., Art. 60 N 13 f.) aber keine gesetzliche Regelung, wann die Prüfung der Prozessvoraussetzungen stattzufinden hat. Insbesondere besteht auch keine zeitliche verfahrensmässige Vorgabe in Art. 60 ZPO, aus der abgeleitet werden könnte, das Verfahren dürfe nicht fortgesetzt werden, bis sämtliche in diesem Stadium bzw. nach einem Zuwarten abklärbaren Prozessvoraussetzungen vorliegen. Angesichts der Möglichkeit, einen Mangel zu verbessern, wäre eine solche Regelung auch nicht praktikabel (BGE 140 III 159 E. 4.2.4). Dementsprechend besteht nach überzeugender Ansicht grundsätzlich kein Anspruch auf Vorabprüfung der Prozessvoraussetzungen (vgl. Zürcher, a.a.O., Art. 60 N 13; vgl. ferner Bohnet, in: Commentaire romand, 2. Auflage, Basel 2019, Art. 60 CPC N 10 f.).

 

Im vorliegenden Fall hätte die Arbeitnehmerin mit einer Klageänderung in der Replik verhindern können, dass auf ihre Klage teilweise wegen Vorliegens einer abgeurteilten Sache nicht einzutreten ist. Im Zeitpunkt der Einholung der Klageantwort und der Replik hat folglich noch nicht endgültig festgestanden, dass es teilweise an einer Prozessvoraussetzung fehlt. Zudem sind die Prozessvoraussetzungen im erstinstanzlichen Verfahren bezüglich des auf Geldzahlung gerichteten Klagebegehrens teilweise zweifellos erfüllt gewesen und ist das Zivilgericht dementsprechend teilweise auf die Klage eingetreten (vgl. angefochtener Entscheid E. 4). Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, dass das Zivilgericht erst nach Durchführung eines doppelten Schriftenwechsels und einer Hauptverhandlung einen teilweisen Nichteintretensentscheid gefällt hat. Im Übrigen kann dieses Vorgehen auch deshalb keine Pflichtverletzung und erst recht keine schwere darstellen, weil die Parteien keinen Anspruch auf eine Vorabprüfung der Prozessvoraussetzungen gehabt haben.

 

3.3.7   Die Arbeitnehmerin übergab der Schweizerischen Post zuhanden des Zivilgerichts am 15. Oktober 2021 eine als «Klageänderung» bezeichnete Eingabe vom 14. Oktober 2021 und am 8. November 2021 eine als «zweite Klageänderung» bezeichnete Eingabe vom 6. November 2021. Die verfahrensleitende Zivilgerichtspräsidentin verfügte am 10. November 2021, dass die Eingabe vom 6. November 2021 der Arbeitgeberin zur Kenntnisnahme zugestellt werde. Durch die Empfangsbestätigung in den Akten des Zivilgerichts ist belegt, dass die Zustellung der Verfügung vom 10. November 2021 durch eine Weibelin des Zivilgerichts erfolgt ist und die Arbeitgeberin die Verfügung gleichentags erhalten hat. Damit besteht kein Zweifel, dass die Arbeitgeberin auch die als «zweite Klageänderung» bezeichnete Eingabe vom 6. November 2021 am 10. November 2021 und damit vor der Hauptverhandlung vom 11. November 2021 erhalten hat. Die Behauptung der Arbeitnehmerin, das Zivilgericht habe ihre zweite Klageänderung ohne darauf einzugehen, aus dem Verfahren gewiesen, indem sie die Eingabe der Arbeitgeberin so zugestellt habe, dass sie nicht mehr vor der Hauptverhandlung bei dieser eingetroffen sei (Berufung Rz. 159), ist damit aktenwidrig. Im Übrigen wird die als «zweite Klageänderung» bezeichnete Eingabe im angefochtenen Entscheid ausdrücklich erwähnt (Tatsachen Ziff. XXIII) und hat das Zivilgericht erwogen, dass auf die zahlreichen unaufgeforderten Noveneingaben nach Abschluss des Schriftenwechsels infolge verspäteter Einreichung (Art. 229 ZPO) und auch aufgrund fehlender inhaltlicher Entscheidrelevanz nicht einlässlich bzw. lediglich punktuell eingegangen werde (Tatsachen Ziff. XXIV) und dass eine neue rechtliche Betrachtung des Vorgebrachten nicht als Klageänderung im Rechtssinn gelte (E. 1.2). Diese Erwägungen beanspruchen auch für die als «zweite Klageänderung» bezeichnete Eingabe vom 6. November 2021 Geltung. Auch in diesem Punkt liegt kein Verfahrensmangel vor.

 

3.3.8   Die Arbeitnehmerin macht geltend, das Zivilgericht habe zu ihrem Nachteil und zum Vorteil der Arbeitgeberin Tatsachen nicht unrichtig festgestellt bei der Rechtsanwendung nicht berücksichtigt (vgl. insb. Berufung Rz. 162–252 und 281–347). Dabei handelt es sich um gewöhnliche Rügen der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung Rechtsanwendung, die unabhängig von ihrer Begründetheit bei objektiver Betrachtung nicht geeignet sind, den Anschein der Befangenheit Voreingenommenheit von Gerichtspersonen zu begründen, die am angefochtenen Entscheid mitgewirkt haben (vgl. oben E. 3.3.1). Dass die Arbeitnehmerin geltend macht, das Zivilgericht habe damit das Gleichbehandlungsgebot verletzt (vgl. Berufung Rz. 162), Partei für die Arbeitgeberin ergriffen (vgl. Berufung Rz. 303) sich nicht unparteiisch und neutral verhalten (vgl. Berufung Rz. 338), ändert daran nichts. Im Übrigen wäre zu prüfen, ob es sich bei den Tatsachenbehauptungen, die das Zivilgericht nach Ansicht der Arbeitnehmerin zu Unrecht nicht berücksichtigt hat, nicht um unzulässige Noven handelt (vgl. dazu angefochtener Entscheid Tatsachen Ziff. XXIV). Die Vorwürfe der Arbeitnehmerin, das Zivilgericht habe Tatsachen wider besseres Wissen unrichtig festgestellt beurteilt (vgl. Berufung Rz. 247, 315–317) sind offensichtlich unbegründet. Ein unrichtiger Entscheid wider besseres Wissen ist mangels entsprechender Indizien auszuschliessen.

 

3.3.9   Im angefochtenen Entscheid wird in der einleitenden Sachverhaltsdarstellung auf Seite 3 festgestellt, dass die Arbeitnehmerin anlässlich des Kündigungsgesprächs vom 3. Mai 2010 rücklings gestürzt sei und sich dabei den Kopf angeschlagen habe, was einen zweitägigen Spitalaufenthalt zur Folge gehabt und eine länger dauernde gesundheitliche Einschränkung ausgelöst habe (Tatsachen Ziff. II). In der Darstellung der Prozessgeschichte wird auf den Seiten 6 f. erwähnt, dass die Arbeitgeberin am 25. Januar 2019 die folgenden, wörtlich zitierten Anträge gestellt habe:

 

«1.     Es sei die Klägerin aufzufordern, innert richterlich anzusetzender, kurzer Frist dem Zivilgericht die folgenden Urkunden aus dem Verfahren betreffend Erhöhung der Invalidenrente der Klägerin einzureichen:

 

a.      Gutachten PMEDA vom 14. Januar 2014 und

 

b.      Gesuch der Klägerin vom 22. April 2010 um Erhöhung ihrer Invalidenrente,

 

beide Dokumente wie in der von der Klägerin mit Eingabe vom 16. Januar 2019 als Beilage 1 eingereichten Verfügung der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürichs vom 12. Juni 2015 erwähnt.

 

2.       Eventualiter seien die in Ziff. 1 genannten Urkunden von Amtes wegen von der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich zu beziehen; subeventualiter seien von Amtes wegen die gesamten Verfahrensakten zum in Ziff. 1 lit. b hiervor genannten Gesuch der Klägerin (Vers.-Nr. 756.8247.0884.18) beizuziehen.

 

3.       Unter o-/e-Kostenfolge zu Lasten der Klägerin.»

 

Diesbezüglich wird festgestellt, dass «[d]er Antrag der Beklagten auf Edition des Gutachtens PMEDA vom 14. Januar 2014 und des Gesuchs der Klägerin vom 22. April 2010 um Erhöhung der Invalidenrente» ebenso wie der Eventual- und Subeventualantrag der Beklagten auf Beizug dieser Unterlagen von Teilen davon von der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich einstweilen, vorbehältlich eines anderen Entscheids der Kammer abgewiesen worden seien.

 

Die Arbeitnehmerin macht geltend, es gebe nachweislich kein Gesuch von ihr um Erhöhung ihrer Invalidenrente vom 22. April 2010. Dies habe das Zivilgericht gewusst. Mit der vorstehend erwähnten Sachverhaltsdarstellung unterstelle das Zivilgericht der Arbeitnehmerin zu Unrecht strafbares Verhalten, weil es damit zu Unrecht impliziere, dass sie am 22. April 2010 ein mit dem Unfall vom 3. Mai 2010 begründetes Gesuch um Erhöhung ihrer Invalidenrente gestellt habe. Zudem beanstandet die Arbeitnehmerin, dass das Zivilgericht es unterlassen habe, angeblich unrichtige Daten in den ihm vorliegenden IV-Akten als solche zu kennzeichnen, obwohl das Zivilgericht darüber dokumentiert gewesen sei, dass die IV-Stelle mehrere Urkunden zum Nachteil der Arbeitnehmerin verändert habe, und diese ein Gesuch um entsprechende Kennzeichnung gestellt habe. Das Zivilgericht habe sich wider besseres Wissen auf rufschädigende falsche Daten in rechtswidrig veränderten Urkunden gestützt, um damit die Arbeitgeberin zu stärken. Daher sei das Zivilgericht nicht neutral und habe es Art. 5 Abs. 1 und 3 sowie Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 52 ZPO und Art. 6 Abs. 5 des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG, SR 235.1) verletzt (vgl. Berufung Rz. 88 und 100–106).

 

Diese Vorwürfe entbehren jeglicher Grundlage und zeigen exemplarisch, wie die Arbeitnehmerin übliches und völlig unverdächtiges Vorgehen als gegen sie gerichtetes pflichtwidriges Verhalten interpretiert. Die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Entscheid erweckt offensichtlich nicht den Eindruck, dass die Arbeitnehmerin ein mit einem nach der Einreichung des Gesuchs erlittenen Unfall begründetes Gesuch um Erhöhung ihrer Invalidenrente gestellt habe. Aus der Formulierung des Zivilgerichts kann nicht geschlossen werden, dass es nach Prüfung des Sachverhalts festgestellt habe, das im Antrag der Arbeitgeberin erwähnte Gesuch vom 22. April 2010 existiere tatsächlich. Mangels jeglicher Relevanz für die Beurteilung der Klage der Arbeitnehmerin hat das Zivilgericht keinen Anlass und erst recht keine Pflicht gehabt, zu prüfen, ob es tatsächlich ein Gesuch der Arbeitnehmerin vom 22. April 2010 gibt, und diesbezüglich eine Sachverhaltsfeststellung zu treffen. In der Berufung wird nicht dargelegt und es ist auch nicht ersichtlich, dass das Zivilgericht irgendeine für die Beurteilung der Klage der Arbeitnehmerin relevante Feststellung auf eine angeblich unrichtige Angabe in den IV-Akten gestützt hätte. Insbesondere hat das Zivilgericht bei der Beurteilung der Klage aus dem allfälligen Gesuch vom 22. April 2010 auf Rentenerhöhung überhaupt keinen Schluss gezogen. Wie das Appellationsgericht bereits in seinem Entscheid vom 10. März 2021 betreffend die Ausstandsbegehren der Arbeitnehmerin vom 6. und 11. Mai sowie 20. Juni 2020 festgehalten hat (AGE BEZ.2020.55 vom 10. März 201 E. 7.1), gilt das DSG für das Bearbeiten von Daten durch das Zivilgericht nicht (vgl. Art. 2 Abs. 1 DSG) und findet in hängigen Verfahren der Zivilrechtspflege auch das Informations- und Datenschutzgesetz (IDG, SG 153.260) keine Anwendung (§ 2 Abs. 2 lit. b IDG).

 

3.3.10 Mit Entscheid vom 7. März 2022 wies das Zivilgericht ein Wiederherstellungsgesuch der Arbeitnehmerin vom 13. Dezember 2021 ab, soweit darauf eingetreten werden konnte, verzichtete auf die Erhebung von Gerichtskosten und sprach der Arbeitgeberin zulasten der Arbeitnehmerin eine Parteientschädigung zu. Die Arbeitnehmerin behauptet, das Zivilgericht habe zu Unrecht erklärt, dass dieser Entscheid nicht anfechtbar sei (Berufung Rz. 108 und 351). Diese Behauptung der Arbeitnehmerin ist falsch. In der Rechtsmittelbelehrung des Entscheids vom 7. März 2022 erklärte das Zivilgericht, dass der Entscheid über die Wiederherstellung gemäss Art. 149 ZPO endgültig sei und gegen den Kostenentscheid Beschwerde erhoben werden könne. Gemäss Art. 149 ZPO entscheidet das Gericht über ein Wiederherstellungsgesuch endgültig. Gemäss dem Wortlaut dieser Bestimmung ist jegliches Rechtsmittel gegen die Abweisung Gutheissung eines Wiederherstellungsgesuchs ausgeschlossen. Wenn das Gericht das Verfahren betreffend die Hauptsache bereits beendet hat, das Wiederherstellungsgesuch auf die Wiedereröffnung dieses Verfahrens abzielt und die Verweigerung der Wiederherstellung einen definitiven Rechtsverlust zur Folge hat, ist die Abweisung eines Wiederherstellungsgesuchs gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt entgegen dem Wortlaut des Gesetzes zwar je nach Streitwert gemäss Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 Art. 319 lit. a ZPO selbständig mit Berufung Beschwerde anfechtbar. Wie das Appellationsgericht in seinem Entscheid betreffend die Beschwerde der Arbeitnehmerin gegen den Entscheid des Zivilgerichts vom 7. März 2022 mit eingehender Begründung festgestellt hat, hat die Arbeitnehmerin aber nicht glaubhaft gemacht, dass ihr durch die Verweigerung der Wiederherstellung ein nicht wiedergutzumachender Nachteil droht und besteht auch sonst keine Ausnahmesituation, die eine ausnahmsweise selbständige Anfechtbarkeit der Abweisung ihres Wiederherstellungsgesuchs hätte rechtfertigen können. Daher ist das Appellationsgericht mit Entscheid vom 15. Dezember 2022 auf die Beschwerde der Arbeitnehmerin gegen die Entscheidung betreffend ihr Wiederherstellungsgesuch nicht eingetreten (AGE BEZ.2022.36 vom 15. Dezember 2022 E. 2). Auf eine Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts ist das Bundesgericht mit Urteil vom 19. April 2023 (4A_94/2023) nicht eingetreten.

 

3.3.11 Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt (vgl. oben E. 3.2 und 3.3.3–3.3.10), sind die Vorwürfe der Arbeitnehmerin, am angefochtenen Entscheid beteiligte Gerichtspersonen hätten Pflichtverletzungen begangen, unbegründet. Selbst wenn gewisse Pflichtverletzungen angenommen würden, könnte von einer schweren Amtspflichtverletzung keine Rede sein. Zudem bestünde selbst bei Annahme gewisser Pflichtverletzungen von am erstinstanzlichen Entscheid beteiligten Gerichtspersonen bei objektiver Betrachtung kein Grund zur Annahme, dass sich darin eine Haltung manifestierte, die auf fehlender Distanz Neutralität beruhte. Bei objektiver Betrachtung besteht auch überhaupt kein Grund zur Annahme, dass es zu einer Absprache zwischen dem Rechtsvertreter der Arbeitgeberin, der Arbeitgeberin ihrem Rechtsvertreter und/oder dem Zivilgericht betreffend den Gegenstand der Klage, zu einer unzulässigen Absprache zwischen dem Rechtsvertreter und der Rechtsschutzversicherung der Arbeitnehmerin gar zu Bestechung gekommen sein könnte. Irgendein Umstand, der bei objektiver Betrachtung geeignet wäre, Misstrauen in die Unparteilichkeit einer am angefochtenen Entscheid beteiligten Gerichtsperson zu erwecken den Anschein ihrer Befangenheit Voreingenommenheit zu begründen, ist nicht ersichtlich. Damit führen die mit der Berufung geltend gemachten Umstände, von denen die Arbeitnehmerin weniger als zehn Tage vor der Hauptverhandlung und dem angefochtenen Entscheid Kenntnis erhalten hat, weder alleine noch zusammen mit den in der Berufung geltend gemachten Umständen, die der Arbeitnehmerin bereits früher bekannt gewesen sind, dazu, dass eine mehrere Gerichtspersonen, die am angefochtenen Entscheid mitgewirkt haben, als befangen zu betrachten wären. Folglich lässt sich die Unmöglichkeit eines reformatorischen Entscheids des Appellationsgerichts auch nicht damit begründen, dass eine am angefochtenen Entscheid beteiligte Gerichtsperson hätte in den Ausstand treten müssen.

 

4.         Unzulässige Einflussnahme eines Kanzleimitarbeiters?

 

Mit Eingabe vom 30. November 2022 (Berufungsbeilage 17) wandte sich eine in derselben Anwaltskanzlei wie der Rechtsvertreter der Arbeitgeberin tätige Anwältin in dessen Namen an den Verfahrensleiter des Beschwerdeverfahrens betreffend den Entscheid des Zivilgerichts vom 7. März 2022. Diese Eingabe enthält den folgenden Antrag: «In Bezugnahme auf mein gestriges Telefonat mit Herrn C____ möchte ich Sie gerne darum ersuchen, ob Sie uns eine schriftliche Bestätigung zukommen lassen könnten, dass für die Beschwerde von A____ mit Aktenzzeichen BEZ.2022.36 keine aufschiebende Wirkung gewährt wurde.» Mit Verfügung vom 1. Dezember 2022 stellte der verfahrensleitende Appellationsgerichtspräsident fest, dass das Appellationsgericht die Vollstreckbarkeit des Entscheids des Zivilgerichts vom 7. März 2022 nicht aufgeschoben hat.

 

Die Arbeitnehmerin macht geltend, aus dem Umstand, dass sich die Arbeitgeberin an einen nicht offiziell ins Verfahren involvierten Herrn C____ gewandt und nach dem Telefonat mit ihm umgehend das gewünschte Resultat erhalten habe, sei zu schliessen, dass es sich bei Herrn C____ um eine sehr einflussreiche Person handeln müsse, die Prozesse in der von mächtigen Parteien gewünschten Form beeinflussen könne (vgl. Berufung Rz. 335). Die Arbeitnehmerin beantragt daher die Offenlegung des Namens und der Funktion des C____, mit dem die Arbeitgeberin am 29. November 2022 telefoniert habe und der einen so grossen Einfluss besitze, dass die Arbeitgeberin mit Eingabe vom 30. November 2022 dem zuständigen Gerichtspräsidenten den gewünschten Entscheid habe vorgeben können (Berufung Antrag 2). Bei Herrn C____, mit dem der Anwalt die Anwältin am 29. November 2022 telefoniert hat, handelt es sich offensichtlich um C____. Dieser war für das Appellationsgericht an der Loge, als Weibel und als Sachbearbeiter in der Kanzlei tätig. Dies hätte die Arbeitnehmerin aufgrund des von ihr eingereichten Ausdrucks aus dem Staatskalender (Berufungsbeilage 19) ohne Weiteres selbst erkennen können. Es entsprach der damaligen Funktion von C____, den Anruf des Anwalts der Anwältin entgegenzunehmen. Es ist davon auszugehen, dass C____ dem Anwalt der Anwältin entsprechend dem beim Appellationsgericht üblichen Vorgehen auf jeden Fall erklärt hat, dass ein Gesuch um eine Bestätigung, dass der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung gewährt worden ist, schriftlich einzureichen sei. Ob er allenfalls zusätzlich die Auskunft erteilt hat, dass das Appellationsgericht die Vollstreckbarkeit des Entscheids nicht aufgeschoben hat, lässt sich nicht mehr feststellen und ist irrelevant. Dass die Anwältin in ihrer schriftlichen Eingabe auf das Telefonat Bezug genommen hat, entspricht in jedem Fall den üblichen Gepflogenheiten. Entgegen der Ansicht der Arbeitnehmerin (vgl. Berufung Rz. 354) deutet der Umstand, dass die Anwältin in ihrem Gesuch vom 30. November 2022 wohl davon ausgegangen ist, dass der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung gewährt worden war, und daher um eine entsprechende Bestätigung ersucht hat, in keiner Art und Weise auf eine unzulässige Beeinflussung hin. Da das Zivilgericht bereits am 20. September 2022 die Vollstreckbarkeit seines Entscheids vom 7. März 2022 bestätigt hatte und die Arbeitgeberin vom Appellationsgericht keine Verfügung betreffend Gewährung der aufschiebenden Wirkung bzw. Aufschub der Vollstreckbarkeit erhalten hatte, durfte die Anwältin durchaus davon ausgehen, dass der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung gewährt worden war. Die Behauptung der Arbeitnehmerin, der Entscheid des verfahrensleitenden Appellationsgerichtspräsidenten erlaube den Schluss, dass er nicht aufgrund des aktenkundigen Sachverhalts nach den Vorgaben des geltenden Rechts, sondern nach den Vorgaben von Herrn C____ geurteilt habe (Berufung Rz. 355), entbehrt jeglicher Grundlage. Entgegen der Auffassung der Arbeitnehmerin (vgl. Berufung S. 2 und Rz. 362) ist mangels irgendeines entsprechenden Indizes auch auszuschliessen, dass C____ in irgendeiner Form Einfluss auf den angefochtenen Entscheid des Zivilgerichts vom 11. November 2021 genommen hat.

 

5.         Neue Anträge

 

Mit Eingabe vom 17. November 2023 beantragt die Arbeitnehmerin erstens, dass das Appellationsgericht Vorfälle, die angeblich einen Verdacht auf personen- und fallbezogene Cyberkriminalität begründeten, den zuständigen Stellen melde und eine Untersuchung beantrage, zweitens, dass das Appellationsgericht sicherstelle, dass die Arbeitnehmerin wieder ungehindert an die echten Informationen im Internet gelangen könne, und drittens, dass die Arbeitgeberin verpflichtet werde, der Arbeitnehmerin wieder ungehinderten Zugang zu den echten Informationen im Internet zu ermöglichen.

 

Die Anträge vom 17. November 2023 stellen eine Erweiterung der Rechtsbegehren der Arbeitnehmerin und damit eine Klageänderung dar (vgl. Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar, Art. 317 N 17). Eine solche ist im Berufungsverfahren nur zulässig, wenn der geänderte neue Anspruch nach der gleichen Verfahrensart zu beurteilen ist und mit dem bisherigen Anspruch in einem sachlichen Zusammenhang steht die Gegenpartei zustimmt und die Klageänderung auf neuen Tatsachen Beweismitteln beruht (Art. 317 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 227 Abs. 1 ZPO). Ob diese Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, kann offenbleiben, weil die Anträge vom 17. November 2023 aus den nachstehenden Gründen ohnehin aussichtslos sind.

 

Im vorliegenden Zivilprozess zwischen der Arbeitnehmerin und der Arbeitgeberin ist das Appellationsgericht nur zur Beurteilung von Rechtsbegehren zuständig, die auf ein privatrechtliches Rechtsverhältnis zwischen den Prozessparteien gestützt werden. Soweit die Arbeitnehmerin mit ihren Anträgen einen Anspruch gegenüber dem Appellationsgericht bzw. dem Kanton geltend machen will und/oder diese mit Grundrechten, insbesondere der Informationsfreiheit (Art. 16 BV) begründet, ist deshalb darauf bereits mangels Zuständigkeit des Appellationsgerichts nicht einzutreten.

 

Zur Begründung ihrer Anträge vom 17. November 2023 macht die Arbeitnehmerin geltend, dass sie Opfer personalisierter und fallspezifischer Cyberkriminalität sei. Die Webseiten des Zivilgerichts, des Appellationsgerichts sowie vieler weiterer Behörden und Unternehmen seien unsicher. Dabei scheint sie behaupten zu wollen, dass nur in ihrer Gegenwart unsichere Versionen der Webseiten angezeigt würden. Jedenfalls macht sie geltend, dass auf mehreren Webseiten, insbesondere derjenigen des Zivilgerichts, in ihrer Gegenwart fallspezifisch falsche Informationen angezeigt worden seien und dass sie von den echten Informationen auf den Webseiten ausgeschlossen werde. In diese Manipulationen sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch die Arbeitgeberin involviert.

 

Ob die Webseiten des Zivilgerichts, des Appellationsgerichts gar anderer Behörden Unternehmen sicher sind nicht, ist im vorliegenden Verfahren jedenfalls solange irrelevant, als bei objektiver Betrachtung kein Grund zur Annahme besteht, dass der Arbeitnehmerin auf einer solchen Webseite eine für das vorliegende Verfahren relevante Information unrichtig angezeigt worden sein könnten. Bei objektiver Betrachtung besteht kein Grund zur Annahme, dass der Arbeitnehmerin auf einer der von ihr erwähnten Webseiten eine für das vorliegende Verfahren relevante Information unrichtig angezeigt worden sein könnte. Deshalb sind die Anträge der Arbeitnehmerin vom 17. November 2023 abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

 

Die Arbeitnehmerin macht geltend, wenn das Appellationsgericht ihren Anträgen vom 17. November 2023 nicht nachkomme, sei davon auszugehen, dass es zum Vorteil der Arbeitgeberin befangen sei (Eingabe vom 17. November 2023 S. 12 und14). Diese Auffassung entbehrt jeglicher Grundlage. Ein mit der Abweisung der Anträge der Arbeitnehmerin vom 17. November 2023 begründetes Ausstandsgesuch gegen die Gerichtspersonen, die am betreffenden Entscheid mitwirken, ist offensichtlich unbegründet. Falls die Ausführungen der Arbeitnehmerin als sinngemässes Ausstandsgesuch zu verstehen sein sollten, kann deshalb darauf unter Mitwirkung der abgelehnten Gerichtspersonen nicht eingetreten werden (vgl. oben E. 3.3.1 und 3.3.3).

 

6.         Berufungsentscheid

 

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass auf die Berufung der Arbeitnehmerin nicht einzutreten ist und dass ihre Anträge vom 17. November 2023 abzuweisen sind, soweit darauf einzutreten ist. Entsprechend diesem Ausgang des Berufungsverfahrens hat die Arbeitnehmerin in Anwendung von Art. 106 Abs. 1 ZPO die Gerichtskosten zu tragen.

 

Die Grundgebühr für das Berufungsverfahren bemisst sich gemäss § 12 des Gerichtsgebührenreglements (GGR, SG 154.810) nach den für das erstinstanzliche Verfahren geltenden Ansätzen. Verringert sich der Streitwert vor zweiter Instanz, so ist die Grundgebühr auf der Grundlage des noch strittigen Betrags festzusetzen. Der Streitwert vor dem Zivilgericht betrug rund CHF 650'000.– (vgl. oben E. 1.1). Mangels eines Berufungsantrags in der Sache ist nicht feststellbar, welcher Betrag vor dem Appellationsgericht noch strittig ist. Für die Bemessung der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens ist daher auf den erstinstanzlichen Streitwert abzustellen. Bei einem Streitwert von über CHF 500'000.– bis CHF 1'000'000.– beträgt die Grundgebühr CHF 20'000.– bis CHF 30'000.– (§ 5 Abs. 1 GGR). Bei Nichteintretensentscheiden wegen fehlender Prozessvoraussetzung kann die Grundgebühr gemäss § 16 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 GGR bis auf die Hälfte und bei besonders geringer Inanspruchnahme des Gerichts bis auf einen Zehntel ermässigt werden. Grundlage für die Bemessung der Gebühr innerhalb des vom GGR vorgegebenen Rahmens bilden die Bedeutung des Falls, der Zeitaufwand des Gerichts, die tatsächliche und rechtliche Komplexität des Falls sowie der Streitwert (vgl. § 2 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 GGR). Die Arbeitnehmerin hat der Berufungsinstanz mit einer Vielzahl von Vorwürfen und Rügen, die bereits für die Beantwortung der Frage, ob auf die Berufung einzutreten ist, behandelt werden mussten, einen grossen Aufwand verursacht. Insbesondere aufgrund der äusserst aufwändigen Art der Prozessführung sowie der Vielzahl von Eingaben und Anträgen der Arbeitnehmerin vor erster Instanz weisen bereits die für die Beantwortung der Eintretensfrage relevanten Aspekte des Falls eine gewisse Komplexität auf. Aus diesen Gründen kommt eine Reduktion der Grundgebühr gemäss § 16 GGR nicht in Betracht. Das Nichteintreten auf die Berufung rechtfertigt es aber, die Gebühr am unteren Ende des ordentlichen Gebührenrahmens und damit auf CHF 20'000.– festzusetzen.

 

 

Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Kammer):

 

://:        Auf die Berufung gegen den Entscheid des Zivilgerichts vom 11. November 2021 [...]) wird nicht eingetreten.

 

Die Anträge der Berufungsklägerin vom 17. November 2023 werden abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

 

Auf ein allfälliges Ausstandsgesuch gegen die Gerichtspersonen, die an der Beurteilung der Anträge vom 17. November 2023 mitwirken, wird nicht eingetreten.

 

Die Berufungsklägerin trägt die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens von CHF 20'000.–.

 

Mitteilung an:

-       Berufungsklägerin

-       Berufungsbeklagte

-       Zivilgericht Basel-Stadt

 

APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT

 

Der Gerichtsschreiber

 

 

PD Dr. Benedikt Seiler

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten gilt dies nur dann, wenn der Streitwert die Beschwerdesumme gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a b BGG erreicht (CHF 15'000.– bei Streitigkeiten aus Miete Arbeitsverhältnis bzw. CHF 30'000.– in allen übrigen Fällen) wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.

 

Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.

 



 
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