| Appellationsgericht Dreiergericht |
ZB.2023.21
ENTSCHEID
vom 5. August 2023
Mitwirkende
Dr. Olivier Steiner, Dr. Claudius Gelzer, lic. iur. André Equey
und Gerichtsschreiber lic. iur. Johannes Hermann
Parteien
A____ Berufungskläger
[...] Gesuchsteller
vertreten durch [...], Advokat,
[...]
gegen
B____ Berufungsbeklagte
[...] Gesuchsgegnerin
vertreten durch [...], Rechtsanwalt,
[...]
Gegenstand
Berufung gegen einen Entscheid des Zivilgerichts
vom 18. April 2023
betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen
Sachverhalt
A____ (nachfolgend Bruder) und B____ (nachfolgend Schwester) sind die Kinder des am [...] 2003 verstorbenen C____ selig und der am [...] 2021 verstorbenen D____ selig. Sie sind als einzige Erben je zur Hälfte an den Nachlässen ihrer Eltern beteiligt. Gemäss partiellem Erbteilungsvertrag vom 28. Februar 2022 übernimmt die Schwester sämtliche Aktiven und Passiven aus dem Nachlass des Vaters mit Ausnahme der persönlichen Effekten, der Einrichtungsgegenstände, des Hausrats und der Kunstgegenstände, die sich im Vermögen des Vaters befunden haben. Hinsichtlich dieser Gegenstände wird die Erbengemeinschaft fortgesetzt (Ziffer 1.1). Die Schwester übernimmt auch die Aktien, die sich im Nachlass der Mutter befinden, und die Schulden der Mutter gegenüber der Aktiengesellschaft. Bezüglich der übrigen Aktiven und Passiven des Nachlasses der Mutter wird die Erbengemeinschaft fortgesetzt (Ziffer 1.2). Ziffer. 3.3 des Erbteilungsvertrags lautete folgendermassen:
«Die Parteien stellen fest, dass die sich noch in den fortgesetzten Erbengemeinschaften befindlichen Gegenstände […] nach gemeinsamer Absprache aufgeteilt – bei ausbleibender Einigung – verkauft bzw. auktioniert werden. Jene Gegenstände, über welche keine Einigung erzielt werden kann, sind spätestens per 31. März 2022 aus den Wohnungen [in denen sie sich gegenwärtig befinden] zu entfernen und auf Kosten der Erbengemeinschaften extern zu lagern. Können sich die Erben über den Ort der Deponierung nicht einigen, entscheidet der Gerichtspräsident/die Gerichtspräsidentin des Zivilgerichts Basel-Stadt hierüber als Einzelrichter/in.»
Der Bruder wandte sich mit Gesuch vom 27. Januar 2023 an das Zivilgericht Basel-Stadt und stellte folgendes Rechtsbegehren:
«Es sei in Anwendung von Ziffer 3.3 des partiellen Erbteilungsvertrags zwischen den Parteien vom 28. Februar 2022 ein Ort für die Verwahrung der sich nach wie vor in den fortgesetzten Erbengemeinschaften der Nachlässe der am [...] 2003 und am [...] 2021 verstorbenen C____ und D____ befindenden Wertgegenstände gerichtlich festzulegen.»
Die Schwester nahm am 21. Februar 2023 zum Gesuch schriftlich Stellung. Mit Eingabe vom 10. März 2023 ergänzte der Bruder sein Begehren wie folgt:
«Als Ort für die Verwahrung sei das Kunstlager [...] der [...] AG, [...], ein anderer Verwahrungsort gerichtlich zu bestimmen.»
Das Zivilgericht trat mit Entscheid vom 18. April 2023 auf das Begehren betreffend gerichtliche Festlegung eines Aufbewahrungsorts nicht ein (Dispositiv, Ziffer 2). Es auferlegte dem Bruder die Gerichtskosten von CHF 1'500.– und verpflichtet ihn, der Schwester eine Parteientschädigung von CHF 3'611.90, einschliesslich Auslagen und zuzüglich Mehrwertsteuer, zu zahlen (Ziffer 3).
Gegen diesen Entscheid erhob der Bruder am 8. Mai 2023 Berufung beim Appellationsgericht. Darin begehrt er im Wesentlichen, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und es sei ein Ort für die Verwahrung der sich in den fortgesetzten Erbengemeinschaften der Nachlässe seiner Eltern befindenden Wertgegenstände gerichtlich festzulegen, «unter Kosten- und Entschädigungsfolge für beide Instanzen». Mit Berufungsantwort vom 21. Juni 2023 beantragt die Schwester die kostenpflichtige Abweisung der Berufung. Die Zivilgerichtsakten wurden beigezogen. Der vorliegende Entscheid erging auf dem Zirkulationsweg.
Erwägungen
1. Formelles
Erstinstanzliche Endentscheide in vermögensrechtlichen Angelegenheiten sind mit Berufung anfechtbar, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens CHF 10'000.– beträgt (Art. 308 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]). Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Endentscheid der ersten Instanz. Der Streitwert vor dem Zivilgericht betrug mehr als CHF 10'000.– (vgl. unten E. 3.3.2). Auf die frist- und formgerecht erhobene Berufung ist somit einzutreten. Zuständig zur Beurteilung der Berufung ist das Appellationsgericht als Dreiergericht (§ 92 Abs. 1 Ziffer 6 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]).
2. Nichteintretensentscheid des Zivilgerichts
2.1 Das Zivilgericht begründete das Nichteintreten auf das Gesuch betreffend gerichtliche Festlegung eines Aufbewahrungsorts damit, dass das ursprüngliche Rechtsbegehren vom 27. Januar 2023 zu unbestimmt sei. Es könne offensichtlich nicht zum Dispositiv erhoben werden. Der Gesuchsteller hätte einen konkreten Aufbewahrungsort beantragen müssen. Dies habe er jedoch erst in seiner Eingabe vom 10. März 2023 mittels einer Klageänderung bzw. -ergänzung getan. Zu diesem Zeitpunkt sei mit dem Einreichen der Stellungnahme der Schwester vom 21. Februar 2023 der Aktenschluss bereits eingetreten gewesen. Dennoch habe der Bruder in seiner Eingabe vom 10. März 2023 nicht dargelegt, dass bzw. inwiefern neue Tatsachen und Beweismittel zur Klageänderung Anlass gegeben hätten. Es sei auch nicht erkennbar, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sein solle, bereits in seinem Gesuch einen konkreten Aufbewahrungsort zu bezeichnen. Die Klageänderung sei daher unzulässig bzw. unbeachtlich (angefochtener Entscheid, S. 2 f.).
2.2 Der Bruder rügt, dass das Zivilgericht sich nur rudimentär mit seiner Eingabe auseinandergesetzt habe und die genauen Umstände des vorliegenden Falls ausser Acht gelassen habe (Berufung, Rz. 5). Die Parteien hätten in Ziffer 3.3 des Erbteilungsvertrags den Entscheid über den Ort der Verwahrung explizit dem Gericht überlassen. Es habe daher nicht in der Disposition des Bruders gelegen, einen Ort für die Aufbewahrung zu verlangen. Sein Rechtsbegehren sei weder unbestimmt noch unklar, sondern trage einzig dem Inhalt von Ziffer 3.3 des Erbteilungsvertrags Rechnung. Es könne direkt in das Dispositiv aufgenommen werden. Der Entscheid hätte darauf lauten müssen, dass der Ort für die Verwahrung gerichtlich festgelegt werde. Erst nach dem Entscheid wäre Ziffer 3.3 des Erbteilungsvertrags vollstreckbar gewesen. In einem zweiten Verfahren hätte das Gericht dann den Ort für die Hinterlegung nach eigenem Ermessen festlegen können (Rz. 7–10). Mit Eingabe vom 10. März 2023 habe er dem Gericht einen freiwilligen und unverbindlichen Vorschlag für den Ort der Verwahrung unterbreitet. Damit habe er keine Klageänderung vorgenommen, sondern lediglich sein Rechtsbegehren verdeutlicht (Rz. 11). Die Parteien hätten im Erbteilungsvertrag die Entscheidung über den Hinterlegungsort dem Ermessen des Gerichts überlassen. In dieses Ermessen habe das Gericht mit seinem Nichteintretensentscheid ungerechtfertigt eingegriffen (Rz. 12). Zudem hätte das Zivilgericht in Ausübung seiner Fragepflicht, die Parteien zur Angabe eines Hinterlegungsorts auffordern müssen, wenn es die Ansicht vertrete, dass die Parteien entsprechende Anträge zu unterbreiten hätten (Rz. 13). Demzufolge sei der angefochtene Entscheid zufolge eines Verstosses gegen Art. 132 und 221 ZPO sowie zufolge überspitzten Formalismus aufzuheben (Rz. 14).
2.3
Der Bruder rügt damit im Wesentlich zweierlei: (1) Das Zivilgericht habe sein Rechtsbegehren zu Unrecht als zu unbestimmt erachtet (hierzu unten E. 2.3.1) und (2) es hätte ihm Gelegenheit zur Verbesserung des – aus Sicht des Gerichts – ungenügenden Rechtsbegehrens geben müssen (hierzu unten E. 2.3.2).
2.3.1 Gemäss Ziffer 3.3 des partiellen Erbteilungsvertrags entscheidet die Präsidentin der Präsident des Zivilgerichts Basel-Stadt über den Ort der Deponierung, wenn sich die Erben darüber nicht einigen können. Mit dieser Klausel überliessen die Parteien nicht die Suche nach dem Ort der Deponierung, sondern nur den Entscheid über den Ort der Deponierung dem Gericht. Wer sich gestützt auf diese Vereinbarung an das Gericht wendet, hat daher einen Ort für die Deponierung zu nennen. Im Übrigen wäre den Parteien die Überlassung der Suche nach dem Ort der Hinterlegung an das Gericht auch gar nicht möglich gewesen. Parteien können nicht durch Vereinbarung die Kompetenz eines Gerichts zum Entscheid über ein nicht hinreichend präzises Rechtsbegehren begründen. Die Zulässigkeit eines Rechtsbegehrens ist eine von Amtes wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung, die nicht zur Disposition der Parteien steht. Damit geht auch die Rüge fehl, das Gericht habe in das ihm überlassene Ermessen «eingegriffen». Es steht den Parteien nicht frei, dem Gericht Ermessen einzuräumen, wo ihm von Rechts wegen kein solches zukommen kann.
Dass der Bruder im Rechtsbegehren einen Ort der Deponierung nennen musste, wird durch Rechtsprechung und Lehre zu Art. 92 Abs. 2 OR bestätigt. Gemäss dieser Bestimmung hat das Gericht den Ort der Hinterlegung zu bestimmen. Das Gericht bestimmt die Hinterlegungsstelle zwar nach seinem Ermessen. Es hat jedoch nicht von Amtes wegen abzuklären, wo und zu welchen Bedingungen die Hinterlegung bzw. Lagerung möglich ist, sondern es ist Sache der Parteien, die entsprechenden Behauptungen aufzustellen und Anträge zu stellen (OGer ZH, in: ZR 1996, S. 208, 211 E. 6; Schraner, in: Zürcher Kommentar, 3. Auflage 2000, Art. 92 OR N 86).
Das Argument des Bruders, sein Rechtsbegehren sei hinreichend bestimmt gewesen, weil es das Zivilgericht zum Dispositiv seines Entscheids hätte machen und entscheiden können und sollen, «dass in Anwendung von Ziffer 3.3 des partiellen Erbteilungsvertrags […] der Ort für die Verwahrung […] gerichtlich festgelegt wird», leuchtet nicht ein. Erstens entspräche ein solches Dispositiv nicht dem Rechtsbegehren 1 des Gesuchs des Bruders. Damit hat er nicht bloss die Feststellung beantragt, dass der Ort für die Verwahrung gerichtlich festgelegt wird, sondern die gerichtliche Festlegung des Orts als solche. Dies bestätigt der Bruder durch seine Ausführung, dass er mit Eingabe vom 10. März 2023 «präzisierend» einen bestimmten Hinterlegungsort «vorgeschlagen» habe (Berufung, Rz. 11 mit Verweis auf Eingabe vom 10. März 2023, Rz. 7). Hätte der Bruder tatsächlich nur die Feststellung verlangt, dass der Ort für die Verwahrung festgelegt wird, hätte es sich zweitens um ein blosses Feststellungsbegehren gehandelt. Ein solches ist gegenüber einem Leistungs- Gestaltungsbegehren grundsätzlich subsidiär (statt vieler Oberhammer/Weber, in: Oberhammer et al. [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 3. Auflage, Basel 2021, Art. 88 N 17). Im vorliegenden Fall hätte der Bruder aber ohne Weiteres um gerichtliche Festlegung des Orts und nicht bloss um Feststellung, dass der Ort durch das Gericht festgelegt werde, ersuchen können. Auf ein blosses Feststellungsbegehren hätte daher ebenfalls nicht eingetreten werden können. Damit steht fest, dass das Zivilgericht zutreffend erwogen hat, dass das Rechtsbegehren betreffend die Hinterlegung mangels Angabe eines Hinterlegungsorts zu unbestimmt ist.
2.3.2 Auch die Rüge, dass das Zivilgericht nötigenfalls die Parteien in Anwendung der gerichtlichen Fragepflicht und Art. 132 ZPO zur Angabe eines Hinterlegungsorts hätte auffordern müssen, geht fehl. Ist das Vorbringen einer Partei unklar, widersprüchlich, unbestimmt offensichtlich unvollständig, so gibt ihr das Gericht gemäss Art. 56 ZPO durch entsprechende Fragen Gelegenheit zur Klarstellung und zur Ergänzung. Unter Vorbringen im Sinn dieser Bestimmung fallen zwar auch die Rechtsbegehren (AGE ZB.2018.24 vom 21. November 2018 E. 3.8; Oberhammer/Weber, a.a.O., Art. 56 N 7; Sutter-Somm/Grieder, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 56 N 17; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar zur ZPO, Zürich 2021, Art. 56 N 6). Trotzdem ist eine Fragepflicht des Zivilgerichts im vorliegenden Fall aus den nachstehenden Gründen zu verneinen.
Erstens setzt die gerichtliche Fragepflicht voraus, dass die Mangelhaftigkeit des Parteivorbringens nicht auf prozessualer Unsorgfalt beruht (AGE ZB.2019.14 vom 14. August 2019 E. 6.3.4; Hurni, in: Berner Kommentar, 2012, Art. 56 ZPO N 26; Sutter-Somm/Seiler, a.a.O., Art. 56 N 5). Von einem Anwalt darf in aller Regel erwartet werden, dass er ein korrektes und insbesondere hinreichend präzises Rechtsbegehren stellt. Das ungenügende Rechtsbegehren im vorliegenden Fall, der diesbezüglich keine besonderen Schwierigkeiten bietet, beruht daher auf prozessualer Unsorgfalt des anwaltlich vertretenen Bruders. Zweitens besteht die gerichtliche Fragepflicht grundsätzlich nur so lang, als Angriffs- und Verteidigungsmittel unbeschränkt vorgebracht werden können (AGE ZB.2019.14 vom 14. August 2019 E. 6.3.4; Sutter-Somm/Grieder, a.a.O., Art. 56 N 36; vgl. Sutter-Somm/Seiler, a.a.O., Art. 56 N 12). Dieser Zeitpunkt war für den Bruder aber bereits verstrichen, als das Zivilgericht von seinem Gesuch Kenntnis genommen hat. Drittens soll Art. 132 ZPO nicht dazu dienen, ungenügende Rechtsbegehren zu ergänzen zu korrigieren (Sutter-Somm/ Seiler, a.a.O., Art. 132 N 1; Staehelin, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, a.a.O., Art. 132 N 3; vgl. BGE 140 III 409 E. 4.3.2 S. 417). Ungenügende Rechtsbegehren sind mit anderen Worten keine verbesserlichen Mängel im Sinn von Art. 132 Abs. 1 ZPO (BGer 4A_375/2015 vom 26. Januar 2016 E. 7.2). Der Auffassung des Bruders, dass das Zivilgericht ihm Gelegenheit zur Verbesserung des ungenügenden Rechtsbegehrens hätte geben müssen, kann daher nicht gefolgt werden.
3. Kostenentscheid des Zivilgerichts
3.1 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass das Zivilgericht zu Recht auf das Gesuch des Bruders nicht eingetreten ist. Folglich hat das Zivilgericht die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens zutreffend dem Bruder auferlegt. In Bezug auf die Gerichtskosten erwog das Gericht, dass die Grundgebühr in summarischen Verfahren CHF 200.– bis CHF 20'000.– betrage und im zu beurteilenden Fall eine Gebühr von CHF 1'500.– angemessen erscheine. Die Parteientschädigung richte sich nach dem Streitwert, weil es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handle. Da der Bruder die von der Schwester eingereichte Honorarnote nicht beanstandet hatte, sprach das Zivilgericht die von der Schwester geltend gemachte Parteientschädigung von CHF 3'500.–, zuzüglich Auslagen von CHF 111.90 und Mehrwertsteuer, zu (angefochtener Entscheid, S. 3).
3.2 Der Bruder rügt, dass das Zivilgericht die Prozesskosten falsch bemessen habe. Es habe sich nicht mit dem Streitwert auseinandergesetzt und sich diesbezüglich auf die Angaben der Schwester gestützt. Indem das Zivilgericht darauf abgestellt habe, dass er die von der Schwester eingereichte Honorarnote nicht beanstandet habe, verhalte es sich widersprüchlich: Zum einen sei das Gericht der Ansicht, dass mit der Vernehmlassung der Schwester der Aktenschluss eingetreten sei. Zum andern werfe es dem Bruder vor, sich nicht «gegen die Bemessungsgrundlagen der Parteientschädigung auseinandergesetzt zu haben.» Dabei verkenne das Zivilgericht, dass es das Recht von Amtes wegen anzuwenden habe. Für die Berechnung des Streitwerts sei nicht der Wert des Nachlasses, sondern der kapitalisierte Wert der begehrten Aufbewahrung massgebend. Dieser könne in Analogie zu den mietrechtlichen Bestimmungen zur Erstreckung bei einer Anfechtung der Kündigung festgelegt werden, wonach eine maximale Erstreckungsdauer von vier Jahren gewährt werden könne. Ausgehend von einem Vergleichspreis von monatlich CHF 560.– lägen die Gesamtkosten der Aufbewahrung für vier Jahre bei CHF 26'880.–. Bei einem solchen Streitwert seien eine Gerichtsgebühr von CHF 800.– und ein Honorar von CHF 2'000.– angemessen (Berufung, Rz. 6, 15–21).
3.3
3.3.1 Das Zivilgericht stützte die Bemessung der Gerichtskosten von CHF 1'500.– auf § 10 Abs. 1 des Gerichtsgebührenreglements (GGR, SG 154.810). Gemäss § 10 Abs. 1 GGR beträgt die Grundgebühr in summarischen Verfahren CHF 200.– bis CHF 20'000.–, soweit sie nicht vom Bundesrecht in § 10 Abs. 2 GGR besonders geregelt ist. Gemäss § 10 Abs. 2 Ziffer 10 GGR beträgt die Grundgebühr in Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen CHF 200.– bis CHF 5'000.–. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen. Der Bruder macht daher zu Recht geltend, dass sich die Gerichtsgebühr entgegen dem angefochtenen Entscheid nicht nach § 10 Abs. 1 GGR, sondern nach § 10 Abs. 2 Ziffer 10 GGR bemisst (Berufung, Rz 21). Entgegen der Ansicht des Bruders ändert dies aber nichts daran, dass unter Berücksichtigung der Grundsätze der Gebührenbemessung gemäss § 2 GGR (Bedeutung des Falls, Zeitaufwand des Gerichts, tatsächliche und rechtliche Komplexität des Falls und Streitwert bzw. tatsächliches Streitinteresse [vgl. zum Streitwert sogleich E. 3.3.2]) eine Gebühr von CHF 1'500.– angemessen ist.
3.3.2 Das Anwaltshonorar bemisst sich in vermögensrechtlichen Zivilsachen nach dem Streitwert. Dieser wird durch das Rechtsbegehren bestimmt (Art. 91 Abs. 1 ZPO). Lautet das Rechtsbegehren nicht auf eine bestimmte Geldsumme, so setzt das Gericht den Streitwert fest, sofern sich die Parteien darüber nicht einigen ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind (Art. 91 Abs. 2 ZPO). Wenn das wirtschaftliche Interesse der Parteien nicht gleich gross ist, ist auf den höheren der beiden Werte abzustellen (Kölz, in: Oberhammer et al. [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, a.a.O., Art. 91 N 12; Rüegg/Rüegg, in: Basler Kommentar, 3. Auflage 2017, Art. 91 ZPO N 6). Die Einigung der Parteien über den Streitwert kann auch stillschweigend erfolgen. Von einer stillschweigenden Einigung ist insbesondere auszugehen, wenn eine Partei gegen den von der anderen Partei angegebenen Streitwert keinen Einwand erhebt (vgl. Sutter-Somm/Seiler, a.a.O., Art. 91 N 12).
Mit ihrer Stellungnahme vom 21. Februar 2023 reichte die Schwester als Beilage 5 eine Kostennote vom 22. Februar 2023 ein. Darin ging sie von einem Streitwert von über CHF 200'000.– aus und machte gestützt auf § 7 des Honorarreglements (HoR, SG 291.400) ein Honorar von CHF 3'500.– geltend. Zudem wies sie Auslagen von CHF 2.60 für Telefon/Fax, CHF 7.30 für Porti und CHF 102.– für Fotokopien aus. In seiner Stellungnahme vom 10. März 2023 zur Stellungnahme der Schwester vom 21. Februar 2023 beanstandete der Bruder den von der Schwester angegebenen Streitwert nicht. Damit haben sich die Parteien stillschweigend auf einen Streitwert von über CHF 200'000.– geeinigt.
Entgegen der Ansicht des Bruders ist es nicht widersprüchlich, dass das Zivilgericht mangels Beanstandung der Kostennote der Schwester durch den Bruder auf den darin angegebenen Streitwert abgestellt hat, obwohl es eine Klageänderung in der Stellungnahme des Bruders vom 10. März 2023 für unzulässig erklärt hat, weil der Aktenschluss bereits mit der Einreichung der Stellungnahme der Schwester vom 21. Februar 2023 eingetreten war. Die Zulässigkeit von Noven nach Eintritt des Aktenschlusses beurteilt sich im summarischen Verfahren in sinngemässer Anwendung von Art. 229 Abs. 1 ZPO (vgl. Art. 219 ZPO; BGE 146 III 237 E. 3.1 S. 240 ff.; Sutter-Somm/Seiler, a.a.O., Art. 229 N 18). Nach dieser Bestimmung werden unechte Noven berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht vorher vorgebracht werden konnten. Die zweite Voraussetzung kann insbesondere dann erfüllt sein, wenn das Novum erst durch die Ausführungen der Gegenpartei veranlasst worden ist (vgl. Sogo/Naegeli, in: Oberhammer et al. [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, a.a.O., Art. 229 N 9a; Sutter-Somm/Seiler, a.a.O., Art. 229 N 18). Eine Bestreitung des von der Schwester behaupteten Streitwerts wäre erst durch deren Stellungnahme vom 21. Februar 2023 veranlasst worden. Unter diesen Umständen hätte der Bruder die Streitwertangabe der Schwester in seiner Stellungnahme vom 10. März 2023 bestreiten können. Indem er dies unterliess, einigte er sich mit der Schwester stillschweigend auf diesen Streitwert.
Die Angabe des Streitwerts des Gesuchs mit über CHF 200'000.– ist auch nicht offensichtlich unrichtig. Die Schätzung des Streitwerts auf rund CHF 200'000.– ist aus den sogleich darzulegenden Gründen vielmehr nicht zu beanstanden. Damit geht auch die Rüge des Bruders fehl, dass das Zivilgericht bei der Bemessung der Prozesskosten das Recht von Amtes wegen anzuwenden habe. Soweit sich die Parteien über den Streitwert einigen und dieser nicht offensichtlich unrichtig ist, besteht kein Raum für eine gerichtliche Festsetzung des Streitwerts (Art. 91 Abs. 2 ZPO).
Dem Bruder kann nicht gefolgt werden, wenn er geltend macht, die kapitalisierten Kosten der Verwahrung der Gegenstände von maximal CHF 560.– pro Monat bildeten den Streitwert. Mit seinem Gesuch beantragt der Bruder die gerichtliche Festlegung eines Orts für die Verwahrung von Wertgegenständen. Dabei bringt er vor, diese befänden sich vertragswidrig in der alleinigen Verfügungsmacht der Schwester (Gesuch, Rz. 6). Daraus kann geschlossen werden, dass der Bruder mit der Verwahrung, die mit der von ihm beantragten gerichtlichen Festlegung eines Verwahrungsorts ermöglicht worden wäre, eigenmächtige Verfügungen der Schwester über die Wertgegenstände verhindern will. Folglich geht das Interesse der Parteien an der Verwahrung bzw. deren Vermeidung über die Kosten der Verwahrung hinaus. Unter diesen Umständen ist es vertretbar, für die Bestimmung des Streitwerts vom Wert der Gegenstände auszugehen (vgl. auch Berufungsantwort, Ziffer 11). Der Bruder behauptet, die Kunstsammlung habe einen Wert von ca. CHF 1 Mio. (Gesuch, Rz. 10). Es ist anzunehmen, dass die Kunstsammlung zu den Gegenständen gehört, für die der Bruder um gerichtliche Festlegung eines Verwahrungsorts ersucht hat (vgl. Ziffern 1.1, 3.1 und 3.3 des partiellen Erbteilungsvertrags; Stellungnahme der Schwester vom 21. Februar 2023, Ziffer 2a). Damit entspricht der von der Schwester genannte Streitwert von über CHF 200'000.– höchstens etwas mehr als einem Fünftel des vom Bruder angegebenen Werts der Gegenstände.
Im ordentlichen und im vereinfachten Verfahren bewegt sich das Grundhonorar bei einem Streitwert von über CHF 100'000.– bis CHF 500'000.– gemäss § 5 Abs. 1 HoR zwischen CHF 10'000.– und CHF 30'000.–. In einem Summarverfahren von der Art des vorliegenden reduziert sich das Grundhonorar gemäss § 5 HoR um einen Drittel bis vier Fünftel (§ 7 Abs. 1 HoR). Damit bewegt es sich zwischen CHF 2'000.– und CHF 20'000.–. In diesem Rahmen richtet sich die Bemessung des Honorars nach dem Umfang der Bemühungen, der Bedeutung der Sache für die Parteien sowie der Schwierigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (§ 2 Abs. 1 und 2 HoR). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das von der Schwester für das erstinstanzliche Verfahren geltend gemachte Honorar von CHF 3'500.– bei Annahme eines Streitwerts von über CHF 200'000.– nicht zu bemängeln. Da der Bruder die Höhe der von der Schwester geltend gemachten Auslagen von CHF 111.90 auch in seiner Berufung nicht rügt, besteht kein Anlass, diesbezüglich von der Kostennote und dem Entscheid des Zivilgerichts abzuweichen. Damit ist es nicht zu beanstanden, dass das Zivilgericht den Bruder verpflichtet hat, der Schwester eine Parteientschädigung von CHF 3'500.–, zuzüglich Auslagen von CHF 111.90 und Mehrwertsteuer, zu bezahlen.
4. Entscheid und Prozesskosten des Berufungsverfahrens
Gemäss den vorstehenden Erwägungen ist die Berufung des Bruders abzuweisen. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens werden die Prozesskosten des Berufungsverfahrens dem Bruder auferlegt (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Folglich hat er die Gerichtskosten zu tragen und der Schwester eine Parteienschädigung zu bezahlen.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens regelt § 12 GGR. Nach dieser Bestimmung berechnet sich die Grundgebühr gemäss den Ansätzen nach §§ 5–10 GGR (§ 12 Abs. 1 GGR). Damit sind vorliegend § 10 Abs. 2 Ziffer 10 und § 2 GGR auch im Berufungsverfahren massgebend. Für dieses ist mithin eine Gerichtsgebühr von CHF 1'500.– angemessen.
Das Anwaltshonorar bemisst sich im Berufungsverfahren nach den gleichen Grundsätzen wie im erstinstanzlichen Verfahren, wobei das Grundhonorar in der Regel die Hälfte bis zwei Drittel der Ansätze für das erstinstanzliche Verfahren beträgt (§ 12 Abs. 1 HoR). Der Rechtsvertreter der Schwester weist in seiner Kostennote vom 21. Juni 2023 auf der Grundlage eines Streitwerts von über CHF 200'000.– ein Honorar von CHF 2'500.– sowie Auslagen von CHF 35.30 aus. Das geltend gemachte Honorar beträgt nur etwas mehr als zwei Drittel des für das erstinstanzliche Verfahren geltend gemachten. Daher ist das Honorar für das Berufungsverfahren aus den gleichen Gründen wie dasjenige für das erstinstanzliche Verfahren nicht zu beanstanden (vgl. oben E. 3.3.2). Die geltend gemachten Auslagen bewegen sich im Rahmen der Auslagenpauschale gemäss § 23 Abs. 1 HoR und sind daher ohne Weiteres zuzusprechen. Insgesamt beläuft sich die Parteientschädigung für das Berufungsverfahren damit auf CHF 2'535.30 zuzüglich Mehrwertsteuer.
Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Dreiergericht):
://: Die Berufung gegen den Entscheid des Zivilgerichts vom 18. April 2023 (V.2023.83) wird abgewiesen.
Der Berufungskläger trägt die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens von CHF 1'500.– und hat der Berufungsbeklagten für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von CHF 2'535.30, zuzüglich 7,7 % MWST von CHF 195.20, zu bezahlen.
Mitteilung an:
- Berufungskläger
- Berufungsbeklagte
- Zivilgericht Basel-Stadt
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Gerichtsschreiber
lic. iur. Johannes Hermann
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten gilt dies nur dann, wenn der Streitwert die Beschwerdesumme gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a b BGG erreicht (CHF 15'000.– bei Streitigkeiten aus Miete Arbeitsverhältnis bzw. CHF 30'000.– in allen übrigen Fällen) wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.