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Urteil Appellationsgericht (BS - VD.2020.271 (AG.2021.373))

Kopfdaten
Kanton:BS
Fallnummer:VD.2020.271 (AG.2021.373)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid VD.2020.271 (AG.2021.373) vom 24.12.2021 (BS)
Datum:24.12.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug
Zusammenfassung:Der Rekurrent, eine männliche Person, wurde vom Jugendgericht Basel-Stadt zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nachdem er Berufung eingelegt hatte, wurde diese zurückgezogen. Er befand sich in verschiedenen Gefängnissen und beantragte eine bedingte Entlassung, die ihm jedoch verweigert wurde. Aufgrund einer verspäteten Rekursanmeldung aufgrund einer Corona-Erkrankung seines Vertreters wurde eine Wiedereinsetzung in die Frist gewährt. Trotz gutem Verhalten im Kleingruppenvollzug wurden seine Bewährungsaussichten aufgrund seines Verhaltens im Strafvollzug und seiner fehlenden Tataufarbeitung als ungünstig eingestuft. Die bedingte Entlassung wurde mit einer Landesverweisung verbunden, da die Prognose für sein Verhalten im Ausland günstiger erschien. Die Entscheidung beruhte auf einer Plausibilitätsprüfung der Zukunftspläne im Ausland. Die Bewährungsaussichten wurden insgesamt als ungünstig beurteilt.
Schlagwörter: Rekurrent; Vollzug; Vollzug; Entlassung; Rekurrenten; Vollzugs; Rekurs; Schweiz; Bostadel; Verhalten; Vollzugsbehörde; Hinweis; Abteilung; Tunesien; Bewährung; Massnahmenvollzug; Koller; Anstalt; Entscheid; Rekursbegründung; Vollzugsbericht; Verfügung; Vollzugs; Frist; Gericht; Vertreter; ässt
Rechtsnorm: Art. 113 BGG ; Art. 38 StGB ; Art. 42 BGG ; Art. 86 StGB ; Art. 87 StGB ;
Referenz BGE:133 IV 201;
Kommentar:
Vogel, Waldmann, Auer, Egli, Weissenberger, Praxis VwVG, Art. 24 VwVG, 2016
Entscheid

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

als Verwaltungsgericht

Dreiergericht


VD.2020.271


URTEIL


vom 17. Juni 2021



Mitwirkende


Dr. Stephan Wullschleger, lic. iur. Christian Hoenen,

Prof. Dr. Jonas Weber und Gerichtsschreiberin MLaw Sabrina Gubler




Beteiligte


A____ Rekurrent

c/o JVA Bostadel, 6313Menzingen

vertreten durch [...], Advokat,

[...]

gegen


Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug

Amt für Justizvollzug

Spiegelgasse 12, 4001 Basel



Gegenstand


Rekurs gegen eine Verfügung der Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug vom 18. Dezember 2020


betreffend bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug



Sachverhalt


A____ (Rekurrent), geboren am [...], wurde vom Jugendgericht Basel-Stadt mit rechtskräftigem Urteil vom 18. Juli 2019 wegen qualifizierter Brandstiftung, Diebstahl, geringfügigem Diebstahl, Raub, räuberischer Erpressung, Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage, Freiheitsberaubung, rechtswidriger Einreise und mehrfacher Missachtung der Ausgrenzung zu 39 Monaten Freiheitsstrafe unter Anrechnung von insgesamt 146 Tagen Untersuchungshaft sowie 121 Tagen vorzeitigen Strafvollzugs verurteilt. Gleichzeitig wurde eine Landesverweisung von acht Jahren angeordnet. Die gegen dieses Urteil beim Appellationsgericht erhobene Berufung wurde zurückgezogen (SB.2019.103).


Der Rekurrent befand sich seit dem 9. April 2019 im vorzeitigen Strafvollzug im Gefängnis Bässlergut. Zwischenzeitlich wurde er am 4. Mai 2019 in das Untersuchungsgefängnis versetzt, bevor er am 25. Juni 2019 in die JVA Lenzburg überwiesen wurde. Seit dem 18. September 2019 befand sich der Rekurrent in der JVA Bostadel. Nach einem Aufenthalt in der Strafanstalt Zug seit dem 8. September 2020 kehrte der Rekurrent am 24. September 2020 in die JVA Bostadel zurück.


Nachdem die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug des Amts für Justizvollzug Basel-Stadt (Vollzugsbehörde) Berichte der JVA Bostadel und der Strafanstalt Zug eingeholt (Vollzugsberichte JVA Bostadel vom 26. August 2020 und 3. November2020; Vollzugskurzbericht Strafanstalt Zug vom 25. September 2020) und dem Rekurrenten das rechtliche Gehör gewährt hatte, verweigerte sie mit Entscheid vom 18.Dezember 2020 dessen bedingte Entlassung.


Gegen diesen Entscheid liess der Rekurrent, vertreten durch [...], Advokat, mit Eingabe vom 30. Dezember 2020 Rekurs beim Verwaltungsgericht anmelden. Mit seiner Eingabe teilte der Vertreter mit, er habe sich wegen einer Corona-Erkrankung vom 18. bis und mit 29. Dezember 2020 in Quarantäne befunden. Mit Eingabe vom 4. Januar 2021 reichte der Rechtsvertreter des Rekurrenten ein entsprechendes Arztzeugnis sowie einen Beleg einer Laboranalyse ein und ersuchte um die Wiederherstellung der Rekursanmeldefrist. Mit instruktionsrichterlicher Verfügung vom 5. Januar 2021 wurde der Rekurrent unter Vorbehalt einer begründeten Einsprache antragsgemäss in die Frist zur Rekursanmeldung wieder eingesetzt und es wurde festgestellt, dass die Rekursanmeldung vom 30. Dezember2020 beim Gericht eingegangen ist. Mit Rekursbegründung vom 7. Januar 2021 liess der Rekurrent die kosten- und entschädigungsfällige Aufhebung des Entscheids der Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug vom 18. Dezember 2020 und seine unverzügliche bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug beantragen. Der Rekurrent beantragt weiter die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege mit [...] als unentgeltlichem Rechtsbeistand, welche ihm mit Verfügung vom 11. Januar 2021 bewilligt wurde. Mit Eingabe vom 14. Januar2021 erhob die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug innert der gesetzten Frist Einsprache gegen die Wiedereinsetzung des Rekurrenten in die Frist zur Rekursbegründung, worauf mit instruktionsrichterlicher Verfügung vom 20. Januar 2021 festgestellt worden ist, dass über die Rechtzeitigkeit der Rekursanmeldung der Spruchkörper entscheiden werde. Die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug hat in der Folge auf eine Vernehmlassung in der Sache verzichtet. Die weiteren Tatsachen und Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für das vorliegende Urteil von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen. Das vorliegende Urteil erging unter Beizug der Vorakten der Vollzugsbehörde in elektronischer Form (act.11) auf dem Zirkulationsweg.



Erwägungen


1.

1.1 Gemäss § 33 Abs. 2 des auf den 1. Juli 2020 in Kraft getretenen neuen Justizvollzugsgesetzes (JVG, SG 258.200) sind Rekurse gegen Verfügungen der Justizvollzugsbehörde entsprechend der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Entscheid direkt beim Verwaltungsgericht zu erheben. Gestützt darauf ist das Dreiergericht des Verwaltungsgerichts für die Beurteilung des vorliegenden Rekurses zuständig (§88 Abs.2 in Verbindung mit §92 Abs.1 Ziff.11 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG154.100]). Das Verwaltungsgericht urteilt mit voller Kognition (Ratschlag Nr. 18.1330.01 vom 26. September 2018 zu einem neuen Gesetz über den Justizvollzug S. 32), es übt also eine Sachverhalts-, Rechts- und Angemessenheitskontrolle aus (vgl. § 8 Abs. 1 und 5 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes [VRPG, SG 270.100] in Verbindung mit § 33 Abs. 2 JVG; VGE VD.2020.127 vom 24. August2020 E.1.3).


1.2 Der Rekurrent ist als Adressat des angefochtenen Entscheids von diesem unmittelbar berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung Abänderung, weshalb er gemäss §13 VRPG zum Rekurs legitimiert ist.


1.3 Strittig ist, ob der Rekurrent den Rekurs rechtzeitig angemeldet hat. Gemäss §16 Abs. 1 VRPG sind Rekurse binnen zehn Tagen nach der Zustellung der Verfügung beim Verwaltungsgericht anzumelden. Der angefochtene Entscheid ist dem Rekurrenten am 19.Dezember 2020 zugestellt worden. Die Anmeldefrist ist daher am 29. Dezember2020 abgelaufen. Die Anmeldung des Rekurses mit Eingabe vom 30. Dezember2020 erfolgte daher um einen Tag verspätet. Dies wird vom Rekurrenten auch gar nicht bestritten, er beantragt aber aufgrund der Infektion seines Vertreters mit Covid-19 und dessen «Quarantäne» während der Anmeldungsfrist eine Wiedereinsetzung in die verpasste Frist.

1.3.1 Die Wiederherstellung der Fristen für die Anmeldung und die Begründung eines Rekurses an das Verwaltungsgericht setzt voraus, dass die Partei ihr Vertreter unverschuldeterweise davon abgehalten worden ist, innert Frist zu handeln (Art.24 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren [Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021] in Verbindung mit § 21 Abs. 1 VRPG; VGEVD.2019.114 vom 3.Dezember 2019 E.1.3.1). Massgeblich sind nur Gründe, die einer Person die Wahrung ihrer Interessen auch bei Einsatz der gehörigen Sorgfalt gänzlich verunmöglichen in unzumutbarer Weise erschweren (VGEVD.2019.114 vom 3.Dezember 2019 E.1.3.1, VD.2019.32 vom 6. Mai 2019 E.3.1, VD.2018.14 vom 23.März 2018 E.2.3). Verschulden von Vertretern und Hilfspersonen ist der Partei wie eigenes Verschulden zuzurechnen (Egli, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 2.Auflage, Zürich 2016, Art.24 N 16 f.; Vogel, in: Auer et al. [Hrsg.], VwVG Kommentar, 2.Auflage, Zürich 2019, Art. 24 N 17).

Ein Krankheitszustand bildet dann einen Wiedereinsetzungsgrund, wenn und solange er jegliches auf die Fristwahrung gerichtete Handeln verunmöglicht (BGE119II86 E.2a S.87; BGer2C_31/2011 vom 20.Januar 2011 E.3, 6S.54/2006 vom 2.November 2006 E.2.2.1; VGEVD.2019.114 vom 3. Dezember2019 E.1.3.1, VD.2019.32 vom 6. Mai 2019 E.3.1, VD.2016.242 vom 1. März 2017 E.3.3; Rhinow/Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Öffentliches Prozessrecht, 3.Auflage, Basel 2014, N1833). Dies setzt voraus, dass die Krankheit den Betroffenen daran hindert, fristgerecht zu handeln einen Dritten damit zu beauftragen (BGer 2C_925/2018 vom 15. November 2018 E.2.2.2; VGE VD.2019.114 vom 3.Dezember 2019 E.1.3.1; Egli, a.a.O., Art.24 N 20). Die Wiedereinsetzung ist innert 30Tagen seit dem Wegfall des Hindernisses schriftlich und begründet unter Beifügung der nötigen Beweismittel zu beantragen (VGE VD.2019.114 vom 3.Dezember 2019 E.1.3.1, VD.2019.32 vom 6. Mai 2019 E.3.1; vgl. Egli, a.a.O., Art.24 N 7; Vogel, a.a.O., Art.24 N 18). Die Beweislast für den Wiedereinsetzungsgrund trägt der Gesuchsteller (VGE VD.2019.114 vom 3.Dezember 2019 E.1.3.1, VD.2019.32 vom 6. Mai 2019 E.3.1; vgl. Amstutz/Arnold, in: Basler Kommentar, 3.Auflage 2018, Art.50 BGG N14; Vogel, a.a.O., Art. 24 N 18). In der bisherigen Rechtsprechung (vgl. VGE VD.2020.64 vom 20. Mai 2020 E.1.3.2) liess das Verwaltungsgericht offen, ob hierfür der volle Beweis erbracht werden muss (so wohl Amstutz/Arnold, a.a.O., Art. 50 N14 FN 59 für das Bundesgerichtsgesetz), ob Glaubhaftmachung genügt (so Art.94 Abs. 1 der Strafprozessordnung [StPO, SR 312.0] und Art.148 Abs. 1 der Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272] für die StPO und die ZPO).

1.3.2 Wie der Rekurrent nachgewiesen hat, ist bei seinem Vertreter aufgrund eines am 23. Dezember 2020 abgenommenen Abstrichs am Tag darauf ein positives Testresultat bezüglich Covid-19 festgestellt worden. Er wurde daher von Dr. med. [...] am 24. Dezember 2020 angehalten, sich für 10 Tage in Isolation zu begeben. Gemäss seinen Ausführungen in der Rekursbegründung war der Vertreter bereits seit dem 18.Dezember 2020 bis zum 29. Dezember 2020 aufgrund einer Corona-Erkrankung in Isolation und krankheitsbedingt abwesend. Dem entspricht das ärztliche Arbeitsunfähigkeitszeugnis vom 30. Dezember 2020, mit welchem Dr.med. [...] dem Vertreter des Rekurrenten anlässlich seiner Konsultation vom gleichen Tag rückwirkend für die Zeit vom 18. bis zum 29. Dezember 2020 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit attestiert hat. Weiter liess der Rekurrent geltend machen, dass das gesamte Büro seines Vertreters ab dem Nachmittag des 24. Dezember 2020 bis zum Neujahr grundsätzlich geschlossen und die Bürokollegen teilweise in selbstauferlegter Quarantäne ferienbedingt abwesend gewesen seien (Rekursbegründung, Rz. 4).

Dem hält die Vollzugsbehörde mit Einsprache vom 14. Januar 2021 entgegen, dass der Rechtsvertreter des Rekurrenten bereits mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 an die Vollzugsbehörde zur beabsichtigten Verweigerung der bedingten Entlassung seines Mandanten Stellung genommen und die Vollzugsbehörde um die Zustellung der entsprechenden Verfügung gebeten habe. Er habe damit mit der baldigen Zustellung einer entsprechenden Verfügung der Vollzugsbehörde rechnen und organisatorische Vorkehrungen treffen müssen, dass ihn fristauslösende Schreiben zuverlässig erreichen. Es wäre ihm daher ohne Weiteres zumutbar gewesen, einen Bürokollegen mit der provisorischen Rekursanmeldung innert gesetzlicher Frist zu beauftragen. Unter Berücksichtigung der äusserst restriktiven Praxis des Bundesgerichts sowie der kantonalen Gerichte lasse sich aus den Akten daher nicht erschliessen, dass ihm dies aufgrund eines schwerwiegenden Krankheitsverlaufs der Isolation nicht möglich gewesen sein soll, gehe dies doch auch aus dem eingereichten Arztzeugnis von Dr. med. [...] vom 30. Dezember 2020 nicht hervor. Zudem werde dies auch nicht behauptet. Folglich hätte nach Ansicht der Vollzugsbehörde die Frist zur Rekursanmeldung bei gehöriger Sorgfalt gewahrt werden können.


1.3.3 Die Anmeldung eines Rekurses stellt einen einfachen Vorgang dar, kann sich die rekurrierende Partei doch auf die einfache Erklärung, Rekurs gegen einen anzufechtenden Entscheid erheben zu wollen, und deren Versand beschränken. Diese Aufgabe kann ohne Weiteres auch an Dritte delegiert werden. Trotz diesen geringen Anforderungen war es dem Vertreter des Rekurrenten während seiner Quarantäne bzw. seiner Isolation zumindest nicht möglich, diese Erklärung selber zu versenden, durfte er während dieser Zeit seine Wohnung doch nicht mehr verlassen und hatten sich auch seine Kontaktpersonen in Quarantäne zu begeben. Immerhin blieb ihm aber die Möglichkeit, damit andere Dritte zu beauftragen. Der Rekurrent lässt nicht ausführen, dass dies seinem Vertreter aufgrund gesundheitlicher Folgen seiner Infektion nicht mehr möglich gewesen wäre. Dies kann auch aufgrund des notorischen Verlaufs der meisten Covid-19-Infektionen nicht ohne weiteren Beleg angenommen werden. Zu beachten ist aber, dass diese Anmeldung in der Altjahreswoche zwischen Weihnachten und Neujahr hat erklärt werden müssen. Grundsätzlich haben Anwältinnen und Anwälte auch in dieser Zeit die Wahrung von Fristen zu gewährleisten. Sie können sich daher nicht zur Begründung einer Wiedereinsetzung auf die Schliessung ihres Büros berufen. Es ist aber aufgrund der allgemeinen Regeln des contact tracings in der aktuellen Pandemie nachvollziehbar, dass bei einer Infektion eines Büropartners sich auch dessen Kolleginnen und Kollegen in Quarantäne begeben müssen.


Wie die Präsidienkonferenz des Appellationsgerichts an ihrer Sitzung vom 19. März 2020 beschlossen hat, soll während der aktuellen Pandemie von der ansonsten strengen Wiedereinsetzungspraxis in Fällen von Verhinderungen aufgrund von Ansteckungen von Quarantäne befristet abgewichen werden. Danach lässt es das Appellationsgericht für die Wiedereinsetzung genügen, dass es einer Rechtsvertretung aufgrund der in sich stimmigen Behauptung ihrer eigenen Erkrankung, Isolation Quarantäne nicht möglich gewesen ist, eine Frist zu wahren. Ein Beweis dieser Behauptung wird nicht verlangt, insbesondere auch kein Beweis, dass eine Stellvertretung unmöglich gewesen ist. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der Vertreter auch nicht gehalten war, vorsorglich für den Fall seiner Erkrankung auch während der Altjahreswoche eine Vertretung zu organisieren. Die Einhaltung der Frist zur Rekursanmeldung war dem Rekurrenten daher aufgrund der spezifischen, zeitlichen Konstellation des vorliegenden Falles auch bei Einsatz der gehörigen Sorgfalt zumindest in unzumutbarer Weise erschwert, weshalb ihm für die nicht fristgerecht erfolgte Anmeldung seines Rekurses die Wiedereinsetzung zu bewilligen ist.


1.4 Auf den frist- und formgerechten Rekurs ist somit einzutreten.


2.

2.1 Mit dem angefochtenen Entscheid kam die Vollzugsbehörde unter der Würdigung sämtlicher relevanter Umstände und der vorliegenden Gefahr für hohe Rechtsgüter wie insbesondere den Schutz von Leib und Leben zum Schluss, eine Veränderungsabsicht des Rekurrenten sei unwahrscheinlich. Sie ging demzufolge nach wie vor von einer ungünstigen Legalprognose aus, weshalb die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug zu verweigern sei. Sie wies dabei darauf hin, dass der Rekurrent bereits mit Strafbefehlen der Jugendanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 14. Oktober, 18. November und 6. Dezember 2016 unter anderem wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 21Tagen und im Sinne einer Zusatzstrafe zu einer Woche Freiheitsstrafe mit bedingtem Vollzug verurteilt worden ist. Der aktuell verbüssten Gesamtfreiheitsstrafe von 39Monaten wegen qualifizierter Brandstiftung, Diebstahls, Raubs, mehrfacher räuberischer Erpressung, mehrfachen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, Freiheitsberaubung, rechtswidriger Einreise sowie mehrfacher Missachtung der Ausgrenzung läge die Nötigung eines älteren Herrn unter Drohungen zugrunde, den der Rekurrent so dazu brachte, ihm jeweils hohe Geldbeträge zu überlassen. Ebenso habe der Rekurrent den älteren Herrn in seiner eigenen Wohnung eingesperrt. Die qualifizierte Brandstiftung habe er mutmasslich aus Ärger begangen, dass ihm sein Kollege wiederholt Sachen weggenommen habe. Dabei habe er in dessen Wohnung ein Feuer angezündet, welches sich zu einer Feuersbrunst entwickelte habe, bei der das Wohn- bzw. Schlafzimmer praktisch vollständig ausgebrannt sei. Dieses deliktische Verhalten und insbesondere die Deliktsbegehung während der laufenden Probezeit offenbarten die Missachtung und Geringschätzung der hiesigen Rechtsordnung.


Das Vollzugsverhalten des Rekurrenten werde im Rahmen des Kleingruppenvollzugs insgesamt zwar als zufriedenstellend bewertet, dennoch werde mit den Vollzugsberichten der JVA Bostadel vom 26. August und 3. November 2020 infolge des grundsätzlich schwierigen Vollzugsverlaufs im Rahmen des Grosskollektivs und der verübten Flucht aus dem Gefängnis Bässlergut sowie der fehlenden Lockerungsperspektiven eine bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug nicht unterstützt. Der Rekurrent habe bereits nach einem neuntägigen Aufenthalt im Normalvollzug der Strafanstalt Zug diszipliniert werden müssen und sei sodann nicht mehr tragbar gewesen.


Die jeweiligen Tatbegehungen illustrierten hinsichtlich der Persönlichkeit des Rekurrenten ein egoistisches und rücksichtsloses Verhalten und eine hohe kriminelle Energie. Gemäss der Risikoabklärung der Abteilung für forensisch-psychologische Abklärungen des Strafvollzugskonkordats der Nordwest- und Innerschweiz (AFANWI) vom 23. Januar 2020 sei im Rahmen des personenbezogenen Veränderungsbedarfs die Bearbeitung seiner dissozialen Persönlichkeitseigenschaften und Manipulationstendenzen angezeigt, welche bisher nicht stattgefunden habe. Er bagatellisiere seine Delikte, betrachte sich als zu hart bestraft und leiste keine materielle Wiedergutmachung. Er zeige in keiner Weise Reue Scham hinsichtlich der verübten Delikte. Eine nachhaltige Einstellungs- und Haltungsänderung hinsichtlich Einsicht in das Unrecht seiner Taten und Verantwortungsübernahme sei demnach unwahrscheinlich.


Der Rekurrent sei zu einem Landesverweis von acht Jahren verurteilt worden, wirke aber bei der Dokumentenbeschaffung nicht mit. Seine zukünftigen Lebensverhältnisse seien somit nicht gesichert. Die Rückkehr in Lebensumstände, welche der prädeliktischen Situation ähnlich seien, erscheine daher als wahrscheinlich, was legalprognostisch ungünstig sei.


Zusammenfassend stellte die Vollzugsbehörde fest, der Rekurrent habe zur Bedürfnisbefriedigung und im Rahmen einer dysfunktionalen Emotionsregulation nicht davor zurückgeschreckt, auch unbeteiligte Personen in schwerwiegender Weise in ihrer psychischen und physischen Integrität zu verletzen. Er mache einzig in unkonkreter Weise geltend, sein Leben ändern zu wollen, was wenig glaubhaft erscheine. Es sei daher trotz des relativ jungen Alters des Rekurrenten weder von einer nachhaltigen Haltungs- Einstellungsänderung noch einer glaubhaften Distanzierung von weiteren kriminellen Handlungen auszugehen.


2.2 Mit seinem Rekurs bestreitet der Rekurrent ein Verhalten im Strafvollzug, welches einer bedingten Entlassung entgegenstehen könnte. Sein elfmonatiger Aufenthalt in der JVA Bostadel sei gemäss dem Vollzugsbericht vom 26. August 2020 problemlos verlaufen (Rekursbegründung, Rz. 18 f.). Im Normalvollzug in den Strafanstalten Lenzburg und Zug sei es zu Übergriffen auf ihn gekommen. Er sei in der JVA Lenzburg aufgrund seines jugendlichen Alters und seiner schmächtigen Statur zum «Ausleihen» von Geld und zur Ausführung von Botengängen gezwungen worden (Rekursbegründung, Rz. 16, 20, 27). In der Strafanstalt Zug sei er beschimpft und k.perlich angegriffen worden. Die Beschuldigungen der Mitgefangenen, diese Übergriffe provoziert zu haben, bestreitet der Rekurrent (Rekursbegründung, Rz. 28).


Die Legalprognose müsse im Rahmen einer Gesamtwürdigung erfolgen, wobei genüge, dass ein Rückfall vernünftigerweise nicht zu erwarten sei (Rekursbegründung, Rz. 31). Es müsse eine Differenzialprognose erstellt und geprüft werden, ob die Rückfallgefahr nach einer bedingten Entlassung nach Vollverbüssung der Freiheitsstrafe höher einzuschätzen sei (Rekursbegründung, Rz. 32). Dies sei hier unterlassen worden. Es dürfe davon ausgegangen werden, dass der bisherige, 27 Monate dauernde Strafvollzug eine deutliche Warnwirkung auf ihn ausgeübt habe, die dazu beitrage, künftige Delikte zu verhindern (Rekursbegründung Rz. 33 ff.). Soweit ihm bezüglich des Vollzugs seiner Landesverweisung eine mangelnde Mitwirkung bei der Beschaffung von Ausweispapieren vorgeworfen werde, könne dies nicht zu einer schlechten Legalprognose beitragen. Der Rekurrent macht geltend, dass ihn die Migrationsbehörde wohl in Ausschaffungshaft versetzen werde. Es könne daher nicht von einem fehlenden sozialen Empfangsraum ausgegangen werden. Zudem wolle er nach Tunesien zurückkehren (Rekursbegründung, Rz. 37 ff.). Spezialpräventiv komme der Probezeit mit dem Anreiz, sich künftig deliktsfrei in der Gesellschaft zu bewegen, ein günstiger Einfluss auf die Legalprognose zu. Zudem könnten Bewährungshilfe angeordnet und Weisungen erteilt werden (Rekursbegründung, Rz. 45 f.).


3.

3.1 Hat die gefangene Person zwei Drittel ihrer Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst, ist sie nach Art.86 Abs.1 des Strafgesetzbuchs (StGB, SR311.0) bedingt zu entlassen, wenn es ihr Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, sie werde weitere Verbrechen Vergehen begehen. Die zuständige Behörde prüft von Amtes wegen, ob der Gefangene bedingt entlassen werden kann; dabei hat sie diesen anzuhören und einen Bericht der Anstaltsleitung einzuholen (Art.86 Abs.2 StGB). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellt die bedingte Entlassung im letzten Drittel der Strafdauer die Regel dar, von der nur in Ausnahmefällen bzw. aus guten Gründen abgewichen werden darf. In dieser letzten Stufe des Strafvollzugs soll der Entlassene den Umgang mit der Freiheit erlernen. Diesem spezialpräventiven Zweck stehen die Schutzbedürfnisse der Allgemeinheit gegenüber, welchen umso höheres Gewicht beizumessen ist, je hochwertiger die gefährdeten Rechtsgüter sind. Die Prognose über das künftige Wohlverhalten ist in einer Gesamtwürdigung zu erstellen, welche nebst dem Vorleben, der Persönlichkeit und dem Verhalten des Täters während des Strafvollzugs vor allem dessen neuere Einstellung zu seinen Taten, seine allfällige Besserung und die nach der Entlassung zu erwartenden Lebensverhältnisse berücksichtigt (BGE133IV201 E.2.2 S.203; BGer 6B_32/2019 vom 28. Februar 2019 E.2.2, statt vieler 6B_215/2017 vom 19.Juli 2017 E.2.4, mit Hinweisen; VGE VD.2020.198 vom 28. Dezember 2020 E.3.1). Im Sinne einer Differenzialprognose sind sodann die Vorzüge und Nachteile der Vollverbüssung der Strafe denjenigen einer Aussetzung des Strafrests gegenüberzustellen, wobei zu prüfen ist, ob die Gefährlichkeit des Täters bei einer Vollverbüssung der Strafe abnehmen, gleich bleiben zunehmen wird (BGE124 IV 193 E.5b/bb S.202; BGer6B_215/2017 vom 19. Juli 2017 E.2.4, mit Hinweisen; VGE VD.2020.198 vom 28. Dezember 2020 E.3.1, mit weiteren Hinweisen; vgl. zum Ganzen auch Baechtold/Weber/Hostettler, Strafvollzug, Straf- und Massnahmenvollzug an Erwachsenen in der Schweiz, 3. Auflage, Bern 2016, § 8, S.266ff.; Koller, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art.86 StGB N7ff.).


3.2 Die zeitliche Voraussetzung der Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe ist vorliegend unbestrittenermassen erfüllt. Nach den Darlegungen der Vollzugsbehörde (angefochtener Entscheid, S.1) wurde die bedingte Entlassung frühestens am 23.Dezember 2020 möglich. Der Vollzug (ohne Berücksichtigung der bedingten Entlassung) endet am 23. Januar 2022.


Der Entscheid über die bedingte Entlassung hängt somit von einer günstigen Legalprognose respektive jedenfalls vom Fehlen einer ungünstigen Prognose ab (vgl. BGE133 IV 201 E.2.2 S.203; VGE VD.2018.2 vom 20.April 2018; Jositsch/Ege/Schwarzenegger, Strafrecht II, 9. Auflage, Zürich 2018, S.253; Trechsel/Aebersold, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich 2018, Art. 86 N8; vgl. aber Heimgartner, in: Donatsch et al. [Hrsg.], StGB Kommentar, 20. Auflage, Zürich 2018; VGE 2016.181 vom 11.Oktober 2016 E.4.1 [günstige Legalprognose verlangt]). Dafür sind nachfolgend das deliktische Verhalten, das Vorleben, die Persönlichkeit sowie die voraussichtlichen Lebensverhältnisse des Rekurrenten nach seiner Entlassung zu beurteilen. In diesem Rahmen ist auch das im Gesetz ausdrücklich aufgeführte Kriterium des Verhaltens im Strafvollzug zu würdigen (vgl. oben E.3.1; VGE VD.2017.283 vom 31. Mai 2018 E.3.1, VD.2016.181 vom 11. Oktober 2016 E.4.1). Bei der Würdigung der Bewährungsaussichten ist ein vernünftiges Mittelmass zu halten. Das bedeutet einerseits, dass nicht jede noch so entfernte Gefahr neuer Straftaten eine Verweigerung der bedingten Entlassung zu begründen vermag. Diese stellt wie erwähnt die Regel dar, von der nur aus guten Gründen abgewichen werden darf (BGE 133 IV 201 E.2.2 f. S.203, 124 IV 193 E.3 S.195, 119 IV 5 E.2 S.8). Andererseits darf aber auch nicht aufgrund einzelner günstiger Faktoren die bedingte Entlassung bewilligt werden, obwohl gewichtigere Anhaltspunkte für die Gefahr neuer Rechtsbrüche sprechen (BGE124 IV 193 E.3 S.195, mit Hinweisen; vgl. BGer 6B_606/2010 vom 28. September 2010 E.4.2).


3.3 Strittig ist die Beurteilung des in Art. 86 Abs. 1 StGB genannten Verhaltens des Rekurrenten im Strafvollzug.


3.3.1 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung behandelt das Verhalten im Vollzug als ein Element in der Gesamtwürdigung (vgl. E.3.1 hiervor; BGE 133 IV 201 E.2.3 S.204; Koller, a.a.O., Art.86 StGB N 4). Bei der Beurteilung des Vollzugsverhaltens steht im Vordergrund, ob dieses Rückschlüsse auf das Verhalten nach der bedingten Entlassung zulässt (Koller, a.a.O., Art.86 StGB N 4 mit Hinweis auf BGE119 IV 5 E.1 S.7 ff.).


3.3.2 Zutreffend ist, dass sich der Rekurrent nach anfänglich respektlosem Verhalten gegenüber dem Personal (vgl. Vollzugsbericht JVA Bostadel vom 26. August2020, act.11/2a S.154 ff.) im hochstrukturierten Setting des Kleingruppenvollzugs in der JVA Bostadel gemäss dem Vollzugsbericht 3. November 2020 (act.11/2b S.68 f.) bewährt hat. Bei der ersten Vollzugskoordinationssitzung vom 25. Juni 2020 wurde das Verhalten des Rekurrenten im Vollzug als «gut» bezeichnet, «obwohl er auf Motivation [ ], Unterstützung und Begleitung angewiesen ist» (Protokoll VKS, act.11/2a, S.166 ff., 2/7). In der JVA Bostadel befand er sich vom 18. September2019 bis am 8. September2020. Nach einer Versetzung in die Strafanstalt Zug musste er bereits am 24.September 2020 wieder in den Kleingruppenvollzug in der JVA Bostadel zurückversetzt werden, «da er offenbar im Normalvollzug der Strafanstalt Zug überfordert war und es zu Konflikten mit Mitgefangenen gekommen war». Entsprechend der Auffassung der Vorinstanz und der JVA Bostadel im genannten Vollzugsbericht kann darauf aber nicht isoliert abgestellt werden.


Der Wechsel in die Strafanstalt Zug erfolgte denn auch explizit vor dem Hintergrund, dass der Rekurrent den Wechsel in den Normalvollzug aufgrund seiner Erfahrungen in der JVA Lenzburg ablehnte, als keine Veranlassung zur Fortführung des Kleingruppenvollzugs mehr bestand. Die JVA Bostadel wies dabei darauf hin, aufgrund des jungen Alters des Rekurrenten und seiner «schmächtigen Erscheinung» bestehe die Gefahr einer Überforderung im Grosskollektiv des Normalvollzugs, wie sie sich bei seinem Aufenthalt im Normalvollzug der JVA Lenzburg gezeigt habe. Sie empfahl daher «eine Versetzung in eine kleinere Institution (z.B. Strafanstalt Zug) in eine Anstalt mit Gruppenvollzug (z.B. Pöschwies), um den für ihn potentiell negativen Auswirkungen eines Grosskollektiv entgegenwirken zu können» (Vollzugsbericht JVA Bostadel vom 26. August 2020, act.11/2a S.154 ff.). Bereits am 17. September2020 musste der Rekurrent dort mit drei Tagen Arrest als Disziplinarmassnahme belegt werden, nachdem sich verschiedene Mitinhaftierte über sein Verhalten beschwert hätten. So habe er sie mit Sprüchen wie «Leck meine Eier» beleidigt und nachts in seiner Zelle geklopft und Krach gemacht. Weiter soll er andere Inhaftierte nach Drogen angegangen haben (Vollzugskurzbericht Strafanstalt Zug vom 25. September 2020, act.11/2a S.37 f.). Demgegenüber bestritt der Rekurrent diese Vorwürfe und sah sich wiederum als Opfer (Schreiben Strafanstalt Zug vom 17.September 2020, act.11/2a S.78). In der Folge musste zu seinem Schutz und zum Schutz der anderen Inhaftierten bis zu seiner Rückversetzung Einzelhaft angeordnet werden (act.11/2a S.66 und 70). Es wurde festgestellt, der Vollzug funktioniere nicht, da der Rekurrent im ordentlichen Vollzugskollektiv nicht tragbar sei. Es bestünde dabei trotz der Bestreitung des Rekurrenten kein Zweifel, dass dies am Verhalten des Rekurrenten und nicht am Verhalten anderer Vollzugsinhaftierter liege (E-Mail Amt für Justizvollzug Zug an Vollzugsbehörde vom 19. September 2020, act.11/2a S.59). Aufgrund der erneuten Wiederholung der bereits in der JVA Lenzburg aufgetretenen Probleme wie auch des enorm kurzen Zeitraums bis zu ihrem Auftreten, muss ausgeschlossen werden, dass der Rekurrent keine Anteile am Scheitern eines Normalvollzugs gehabt hat.


Dieses Verhalten im Vollzug steht einer bedingten Entlassung bereits deshalb entgegen, weil es manipulative und egozentrische Verhaltensweisen offenbart, welche auch der Delinquenz des Rekurrenten zu Grunde lagen. Das Verhalten des Rekurrenten im Strafvollzug ist daher geeignet, einer positiven Bewährungsprognose entgegen zu stehen, weshalb es im Rahmen der Beurteilung der Bewährungsaussichten im Gesamtzusammenhang negativ zu Buche schlägt (vgl. Koller, a.a.o., Art. 86 StGB N 4).


3.4 Eine bedingte Entlassung ist gemäss Art. 86 Abs. 1 StGB zudem davon abhängig zu machen, ob der möglicherweise bedingt zu Entlassende künftig keine weiteren Verbrechen Vergehen begehen werde. Für die Erstellung der Legalprognose sind gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung im Sinne einer Gesamtwürdigung das Vorleben des Verurteilten, die Täterpersönlichkeit, das deliktische und weitere Verhalten des Täters und die voraussichtlichen Lebensverhältnisse nach einer Entlassung massgebend (vgl. E.3.1 und 3.2 hiervor; Koller, a.a.O., Art. 86 StGB N 5 f., mit weiteren Hinweisen).


3.4.1 Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, weist der Rekurrent bereits Vorstrafen auf und hat noch während der laufenden Probezeit die der vorliegenden Freiheitsstrafe zugrundeliegenden Straftaten begangen. Aus dieser früheren Straffälligkeit muss auf eine Rückfallneigung geschlossen werden (Trechsel/Aebersold, a.a.O., Art. 86 N 10), wobei insbesondere auch die (Nicht-)Bewährung nach einer (bedingten) Entlassung bzw. während der Probezeit beachtet werden muss (vgl. Koller, a.a.O. Art. 86 StGB N 7).


3.4.2 Im Rahmen der Beurteilung der Persönlichkeit des Täters ist miteinzubeziehen, ob sich die innere Einstellung des Verurteilten geändert hat, ob er Einsicht in die Folgen seiner Tat gewonnen hat und seine Tat bereut (Koller, a.a.O., Art. 86 StGB N 8, mit weiteren Hinweisen). Dem Rekurrenten fehlt es offensichtlich an einer Tataufbereitung, was folglich weiter negativ ins Gewicht fällt. Der Rekurrent hat im Vollzug von keinem Angebot zur Therapie und Auseinandersetzung mit seiner Delinquenz Gebrauch gemacht. Wie dem Vollzugsbericht JVA Bostadel vom 26. August2020 (act.11/2a S.154 ff.) entnommen werden kann, sieht er sich im Gegenteil für die von ihm begangenen Delikte «als viel zu hart bestraft und bagatellisiert diese zum Teil». Ein Tataufarbeitungsgespräch habe nicht durchgeführt werden können, «da er nach eigener Aussage nicht über seinen Schatten springen könne um mit einer fremden Person über seine Delikte sprechen zu können». Sämtliche Motivationsversuche seien fehlgeschlagen. Dem entspricht auch, dass der Rekurrent keine Wiedergutmachung leistet. Mit der fehlenden Tataufbereitung ist gerade auch mit Blick auf die Schwere der ihm zur Last gelegten Delikte ein wichtiges Kriterium für die Bewährungsprognose nicht erfüllt (Trechsel/Abersold, a.a.O., Art.86 N8, mit Hinweis auf BGer6B_375/2011 vom 19. Juli 2011; VGE VD.2020.198 vom 28. Dezember 2020 E.3.5). Mit anderen Worten darf eine fehlende Tataufbereitung als prognoserelevant erachtet und negativ gewürdigt werden (Koller, a.a.O., Art. 86 StGB N 9, mit Hinweis auf BGer6B_93/2015 vom 19. Mai 2015 E.5.6). Prognoserelevant ist die fehlende Tataufbereitung im vorliegenden Fall namentlich deshalb, weil der Rekurrent gemäss der Risikoabklärung der Abteilung für forensisch-psychologische Abklärungen des Strafvollzugskonkordats der Nordwest- und Innerschweiz (AFANWI) vom 23. Januar 2020 durch mangelnde Beeinflussbarkeit, seine dissozialen Persönlichkeitseigenschaften sowie seine Manipulationstendenzen imponiert (act.11/3 S.63ff.). Er verfüge über wenig Problemeinsicht und eine niedrige Veränderungsmotivation. Er gehe rücksichtslos vor und setze Gewalt instrumentell ein. Zudem nutze er bei seinen Delikten Beziehungen gezielt aus, um sich selber Vorteile zu verschaffen und das Gegenüber zu bestimmten Handlungen zu bewegen (act.11/3 S.63 ff.). Mit der Abklärung wird dem Rekurrenten ein erheblich erhöhtes Delinquenzrisiko bezüglich leichtgradiger Gewaltdelikte und ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Gewaltdelikte attestiert. Es könne dem forensischen personenbezogenen Veränderungsbedarf mit den gegebenen juristischen Rahmenbedingungen der Sanktion nur unzureichend entsprochen werden. Der personenbezogene Veränderungsbedarf bedürfte weitergehender Interventionen wie etwa einer Therapie der Absolvierung eines Lernprogramms (act.11/3 S.63 ff.). Dazu ist der Rekurrent nicht bereit. Dies lässt sich auch aus dem Umstand schliessen, dass der Rekurrent zu Beginn seines Aufenthalts in der JVA Bostadel zwar an einigen Lektionen des BiSt-Unterrichts (Bildung im Strafvollzug) teilgenommen hat, nach kurzer Zeit jedoch wieder ausgetreten ist und für eine Weiterführung des Unterrichts nicht mehr motiviert werden konnte (Vollzugsbericht JVA Bostadel, act.11/2a S.154 ff.). Aufgrund seines Verhaltens im Vollzug (vgl. dazu auch E.3.3), das wie erwähnt als Gesamtheit in die Prognose miteinzubeziehen ist, ist auch nicht ersichtlich, welche Warnwirkung der Vollzug seiner bisherigen Freiheitsstrafe auf den Rekurrent gehabt haben soll.


3.4.3 Mit der Vorinstanz ist festzustellen, dass dem Rekurrenten in der Schweiz ein sozialer Empfangsraum fehlt. Er verfügt hier über kein soziales Netz und erhält in der Vollzugsanstalt auch keinen Besuch (Vollzugsbericht JVA Bostadel vom 26.August2020, act.11/2a S.154 ff.). Die fehlenden Besuche sind darauf zurückzuführen, dass die Familie des Rekurrenten im Ausland lebt (vgl. Vollzugsplan JVA Bostadel, act.11/2a, S.140 ff., 11/14) und andere Bezugspersonen Freundschaften in der Schweiz fehlen. Aufgrund der angeordneten Landesverweisung kann der Rekurrent nach einer Entlassung aus dem Strafvollzug auch nicht in der Schweiz verbleiben. Sämtliche Angehörige leben im Ausland (vgl. dazu E. 4.3). Inwiefern schliesslich eine migrationsrechtliche Ausschaffungs- Durchsetzungshaft einen sozialen Empfangsraum bilden könnte, wie dies der Rekurrent behaupten lässt, ist unerfindlich.


3.5 Daraus ergeben sich für den Rekurrenten in einer Gesamtbetrachtung ungünstige Bewährungsaussichten. Diesen kommt mit Rücksicht auf die Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter und das Drohungs- und Nötigungs­potential des Rekurrenten ein grosses Gewicht zu (VGE VD.2020.198 vom 28. Dezember 2020 E.3.6). Im Ergebnis erweisen sich die Bewährungsaussichten daher als ungünstig.


3.6 Der vom Rekurrenten angeführten Differenzialprognose kommt in Fällen wie dem vorliegenden keine entscheidende Bedeutung zu (VGE VD.2020.198 vom 28.Dezember 2020 E.3.7). Sie muss nach der Rechtsprechung nicht zu einer vorzeitigen Entlassung führen, wenn die übrigen Umstände auf eine ungünstige Prognose schliessen lassen (BGer6B_985/2019 vom 3. Oktober 2019 E.5.3). Die mit der bedingten Entlassung verfolgte Wiedereingliederung ist nicht Selbstzweck, sondern auch ein Mittel, um die Allgemeinheit vor neuen Straftaten zu schützen (BGE124 IV 193 E.3 S.195). Fällt die Legalprognose im Rahmen der Differenzialprognose doppelt negativ aus, ist die bedingte Entlassung nicht vorzugswürdig (Koller, a.a.O., Art.86 StGB N16). Selbst wenn nicht zu erwarten ist, dass sich die Legalprognose signifikant weiter verbessere, kann unter Berücksichtigung der Bewährungsaussichten und ausgehend von den möglichen Straftaten sowie den betroffenen Rechtsgütern dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit Vorrang eingeräumt werden (BGer6B_32/2019 vom 28. Februar 2019 E.2.10 mit Hinweis auf 6B_208/2018 vom 6. April 2018 E.1.3, 6B_229/2017 vom 20. April 2017 E.3.5.3).


4.

4.1

4.1.1 Bei einer verurteilten Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist es möglich und zulässig, eine bedingte Entlassung nur unter der Bedingung zu gewähren, dass diese die Schweiz auch tatsächlich verlässt. Im Falle einer negativen Prognose für eine bedingte Entlassung in die Schweiz kann diese trotzdem gewährt werden, wenn die Prognose für die Entlassung in das Heimatland einen Drittstaat nicht negativ ist. Diese Vorgehensweise ist für die betroffene Person zudem vorteilhafter, als die Vollverbüssung der Strafe in der Schweiz (Brägger/Zangger, Freiheitsentzug in der Schweiz, Bern 2020, S.196, mit Hinweis auf BGer 6A.34/2006 vom 30. Mai 2006 E.2.1; Urwyler, Die Praxis der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug, Diss., Bern2020, S.90 sowie Baechtold/Weber/Hostettler, a.a.O., S.278f., beide mit Hinweis auf VerwGer BE Nr. 20632U vom 15. April1999; Koller, a.a.O., Art. 86 StGB N 16a, 30). Wird eine bedingte Entlassung nur unter der Bedingung gewährt, dass der ausländische Staatsangehörige die Schweiz tatsächlich verlässt, so handelt es sich um eine suspensive Bedingung (Urwyler, a.a.O, S.90, mit Hinweis, S.230; Koller, a.a.O., Art. 86 StGB N30).


Das Bundesgericht bestätigte unter Geltung einer älteren Fassung des StGB mit Urteil 6A.34/2006 vom 30. Mai 2006 seine Rechtsprechung, wonach es zulässig ist, die bedingte Entlassung mit dem Vollzug der Landesverweisung zu verbinden, wenn die Aussichten auf eine Wiedereingliederung des Verurteilten im Ausland ausreichend sind, die Prognose für den Fall, dass der Betroffene nach seiner Entlassung in der Schweiz verbleibt, jedoch ungünstig ist (BGer6A.34/2006 vom 30. Mai 2006 E.2.1, mit Hinweis auf 6A.78/2000 vom 3.November 2000 E.2). Die Gewährung einer bedingten Entlassung an einen Verurteilten, von dem zu erwarten ist, dass er sich im Ausland, nicht aber in der Schweiz gut benimmt, ist dann mit Art. 38 aStGB (heute Art. 86 ff. StGB) vereinbar, wenn sie nicht zur Entlassung des Verurteilten in der Schweiz führt, was nur vermieden werden kann, wenn die bedingte Entlassung mit dem Vollzug der Landesverweisung zusammenfällt. Eine bedingte Entlassung unter Bedingungen betreffend die Ausreise aus der Schweiz ist daher mit Art. 38 aStGB vereinbar (BGer 6A.34/2006 vom 30. Mai 2006 E.2.1). Die bedingte Entlassung kann folglich mit der (unbedingten) Landesverweisung - im Sinne einer Bedingung - verbunden und vom Vollzug der Landesverweisung abhängig gemacht werden, wenn eine günstige Prognose für den Verbleib in der Schweiz verneint wird bzw. die Prognose für die Lebensumstände im Ausland günstiger sind als bei einem Verbleib in der Schweiz (BGer6A.51/2006 vom 13.Juli 2006 E. 2.1; Koller, a.a.O., Art. 86 StGB N16a).


4.1.2 Bei einem bedingt zu entlassenden Ausländer, der die Schweiz verlassen muss, setzt die Beurteilung der Bewährungsaussichten nicht die faktische Überprüfung der massgeblichen Umstände voraus. Vielmehr genügt aufgrund der erschwerten Feststellung des Sachverhalts betreffend die Umstände im Heimatland, wenn die Zukunftspläne im Sinne einer «Plausibilitätsprüfung» «realistisch» erscheinen. Die höhere Unsicherheit darf nicht zu einer Benachteiligung ausländischer Strafgefangenen führen (Urwyler, a.a.O., S.88; Koller, a.a.O., Art. 86 StGB N11; Baechtold/Weber/Hostettler, a.a.O., S.279). Mangels präziser Informationen dürfen an die Beurteilung der Bewährungsaussichten in einem anderen Staat somit keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden.


4.2 Wie bereits aufgezeigt, ergeben sich für den Rekurrenten für eine bedingte Entlassung aus der Haft ungünstige Bewährungsaussichten (vgl. E. 3 hiervor). Der Rekurrent wird die Schweiz nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug aufgrund der ausgesprochenen Landesverweisung von acht Jahren verlassen und in sein Herkunftsland Tunesien ausreisen müssen. Er hat bisher seine Mitwirkung an der Beschaffung von Ausweispapieren für seine Ausschaffung aus der Schweiz verweigert, macht aber trotzdem geltend, die Schweiz verlassen und nach Tunesien zurückkehren zu wollen (Rekursbegründung, Rz. 37 ff.). Dass der Rekurrent in sein Heimatland zurückkehren möchte, lässt sich wiederholt auch den vorinstanzlichen Akten entnehmen (vgl. Stellungnahme des Rekurrenten zur beabsichtigten Verweigerung der bedingten Entlassung, act.11/2b, S.55; Vollzugsplan JVA Bostadel, act.11/2a, S.140 ff., 13/14; Schreiben des Rekurrenten an die Vollzugsbehörde vom 30.Juli 2020, act.11/2a, S.164), und wirkt sich günstig auf die Prognose einer Rückkehr nach Tunesien aus. Er äussert sich sogar dahingehend, dass er die Schweiz freiwillig verlassen würde (vgl. Vollzugsplan JVA Bostadel, act.11/2a, S.140 ff., 13/14; Schreiben des Rekurrenten an die Vollzugsbehörde vom 30. Juli 2020, act.11/2a, S.164), was offensichtlich im Widerspruch zur fehlenden Mitwirkung bei der Beschaffung der Ausweispapiere steht. Wiederum stellt er der Vollzugsbehörde in Aussicht, seine «Unterlagen [seien] auf dem Weg in die Schweiz» (Schreiben des Rekurrenten an die Vollzugsbehörde vom 30. Juli 2020, act.11/2a, S.164), womit er wohl die fehlenden Ausweispapiere meinen dürfte. Dass der Rekurrent versprochen hat, die notwendigen Ausweispapiere zu beschaffen, ist ebenfalls dem Vollzugsbericht der JVA Bostadel zu entnehmen (act.11/2a, S.154ff., 157), diese seien jedoch bis zum Berichtszeitpunkt nicht eingetroffen. Schliesslich zog der Rekurrent auch seine Berufung gegen das Urteil des Jugendgerichts Basel-Stadt vom 18. Juli 2019 mit der Angabe zurück, er möchte zu seiner Familie nach Tunesien zurückkehren (Beilage zur Eingabe vom 6.Juli2020 im Verfahren SB.2019.103).


4.3 Zum sozialen Empfangsraum des Rekurrenten in Tunesien ergibt sich aufgrund der Akten, dass sich zumindest ein Teil der Familie des Rekurrenten, so auch seine Eltern, dort aufhält. Aus seiner Kinder- und Jugendzeit in Tunesien berichtet der Rekurrent zwar, er sei mehrmals von zuhause weggelaufen, um mit anderen zusammen zu «chillen»; er sei aber immer wieder nach Hause zurückgekehrt, da er seine Eltern liebe (Einvernahme zur Person vom 24. Dezember 2018, act.11/3, S.36f.; Risikoabklärung Amt für Justizvollzug Bern, act.11/3, S.63 ff., 7/18 und 9/18). Mit seiner im Ausland lebenden Familie in Tunesien pflegt er regen telefonischen Kontakt (Vollzugsbericht JVA Bostadel vom 26. August 2020, act.11/2a S.154 ff.). Der häufige telefonische Kontakt zu seiner Familie in Tunesien weist auf einen gewissen, relativ stabilen sozialen Empfangsraum im Heimatland hin. Dass dem Rekurrenten dieser regelmässige Kontakt von grosser Wichtigkeit zu sein scheint, ergibt sich unter anderem daraus, dass er das ihm im Strafvollzug zur Verfügung stehende Geld hauptsächlich für Telefonkarten ausgibt, damit er mit seiner Familie telefonieren kann (Protokoll VKS vom 25.Juni2020, act.11/2a, S.166 ff., 4/7; Vollzugsbericht JVA Bostadel vom 26. August 2020, act.11/2a S.154 ff., 156).


Als tunesischer Staatsbürger hat der Rekurrent in Tunesien eine reale Perspektive der legalen Erwerbstätigkeit. Der Rekurrent ist erst 22 Jahre alt. Aufgrund seines jungen Alters wird es ihm möglich sein, zu versuchen, sich in Tunesien entsprechend beruflich zu integrieren bzw. eine Ausbildung zu absolvieren. Die Aussichten des Rekurrenten, sich in Tunesien - nötigenfalls mit Hilfe seiner Familie - eine Existenz aufzubauen und dort ein deliktfreies Leben zu führen, erscheinen unter den gesamten Umständen durchaus realistisch und günstiger, als wenn der Rekurrent aus dem Strafvollzug in die Schweiz entlassen werden müsste. Schliesslich bleibt zu erwähnen, dass das Verhalten des Rekurrenten im Strafvollzug (vgl. E. 3.3 hiervor) bei der Beurteilung des sozialen Empfangsraums in Tunesien von geringer Relevanz ist, da es aufgrund veränderter Lebensumstände im Heimatland keine Rückschlüsse auf das Verhalten des Rekurrenten nach der bedingten Entlassung zulässt.


4.4 Während dem Rekurrenten vorliegend grundsätzlich eine negative Bewährungsprognose für eine bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug gestellt werden muss (vgl. E.3 hiervor), erscheinen die Bewährungsaussichten im Falle einer Rückkehr nach Tunesien nicht negativ bzw. günstiger als jene bei einem Verbleib in der Schweiz (vgl. E.4.2 und 4.3 hiervor). Der Rekurrent wird auf seinen Angaben behaftet, wonach er nach Tunesien zurückkehren und dafür die nötigen Papiere beschaffen wolle (vgl. E.4.2 hiervor). Er hat dabei seiner Mitwirkungspflicht zur Beschaffung der notwendigen Ausweispapiere nachzukommen. Insofern wird er auch darauf behaftet, dass er sowohl der Vollzugsbehörde als auch der JVA Bostadel in Aussicht gestellt hat, die entsprechenden Schriften zu besorgen bzw., diese seien auf dem Weg in die Schweiz (vgl. E. 4.2 hiervor). Der Rekurrent ist folglich unter der Bedingung der Mitwirkung bei der Beschaffung der Ausweispapiere und des tatsächlichen Verlassens der Schweiz bedingt aus dem Strafvollzug zu entlassen. Die bedingte Entlassung unter suspensiven Bedingungen ist für den Rekurrenten günstiger als die Verbüssung der gesamten Strafdauer.


4.5 Bei ausländischen Strafgefangenen, gegen die neben der Freiheitsstrafe eine Landesverweisung ausgesprochen wurde, ist es möglich, die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug mit einer langen Probezeit von bis zu fünf Jahren gemäss Art.87 Abs. 1 StGB zu verbinden, um sie vor neuerlichen Straftaten in der Schweiz abzuhalten (vgl. Urwyler, a.a.O., S.165, mit Hinweis). Es ist jedoch Sache der Vollzugsbehörde und nicht des Verwaltungsgerichts, die Dauer der Probezeit und die weiteren Modalitäten der bedingten Entlassung festzulegen. Dazu ist ergänzend anzumerken, dass für Ausländer, die die Schweiz nach dem Strafvollzug verlassen müssen, bei einer bedingten Entlassung ins Ausland für die Probezeit keine Bewährungshilfen und Weisungen gemäss Art. 87 Abs. 2 StGB angeordnet werden können.


5.

5.1 Daraus folgt, dass der Rekurs teilweise gutzuheissen ist und Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung der Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug vom 18. Dezember 2020 aufgehoben wird. Die Sache wird zum neuen Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug zurückgewiesen. Die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug wird angewiesen, den Rekurrenten unter der Bedingung der Mitwirkung bei der Beschaffung der Ausweispapiere und der Voraussetzung, dass der Rekurrent am Tag der bedingten Entlassung die Schweiz tatsächlich verlässt, möglichst rasch bedingt aus dem Strafvollzug zu entlassen. Im Übrigen wird der Rekurs abgewiesen.


5.2 Da der Rekurrent eine bedingungslose, unverzügliche Entlassung beantragt hat und somit nur teilweise obsiegt, zudem mit der Verweigerung seiner Mitwirkung bei der Beschaffung der Ausweispapiere bisher vereitelt hat, dass eine bedingte Entlassung im Hinblick auf seine Ausreise hätte erfolgen können, trägt er die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit einer reduzierten Gebühr von CHF400.- (§23 Abs.1 des Reglements über die Gerichtsgebühren [GGR, SG154.810], §30 Abs.1 VRPG).


5.3 Mit instruktionsrichterlicher Verfügung vom 11. Januar 2021 ist dem Rekurrenten die unentgeltliche Prozessführung bewilligt worden. Die Gerichtskosten gehen demnach zu Lasten der Gerichtskasse, und der Rechtsvertreter ist für den angemessenen Aufwand aus der Gerichtskasse zu entschädigen. Der Rechtsvertreter hat keine Honorarnote eingereicht, so dass dessen Aufwand praxisgemäss zu schätzen ist (vgl. VGE VD.2015.179 vom 16. September 2016 E.10.2.3, mit Hinweisen). Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ist ein Aufwand von knapp 6Stunden angemessen, der zum amtlichen Ansatz von CHF200.- entschädigt wird. Daraus folgt unter Einschluss notwendiger Auslagen ein Honorar von CHF 1'200.- zuzüglich Mehrwertsteuer.



Demgemäss erkennt das Verwaltungsgericht (Dreiergericht):


://: In teilweiser Gutheissung des Rekurses wird Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung der Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug vom 18. Dezember 2020 aufgehoben.


Die Sache wird zum neuen Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug zurückgewiesen. Die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug wird angewiesen, den Rekurrenten unter der Bedingung der Mitwirkung bei der Beschaffung der Ausweispapiere und der Voraussetzung, dass der Rekurrent am Tag der bedingten Entlassung die Schweiz tatsächlich verlässt, möglichst rasch bedingt aus dem Strafvollzug zu entlassen.


Im Übrigen wird der Rekurs abgewiesen.


Der Rekurrent trägt die Gerichtskosten des verwaltungsgerichtlichen Rekursverfahrens mit einer Gebühr von CHF 400.-, einschliesslich Auslagen. Diese Kosten gehen zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege zu Lasten der Gerichtskasse.


Zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege wird dem Rechtsbeistand des Rekurrenten, [...], für das verwaltungsgerichtliche Rekursverfahren ein Honorar von CHF 1'200.-, einschliesslich Auslagen und zuzüglich 7,7 % MWST von CHF 92.40, aus der Gerichtskasse ausgerichtet.


Mitteilung an:

- Rekurrent

- Amt für Justizvollzug, Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug

- Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Die Gerichtsschreiberin

MLaw Sabrina Gubler


Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.


Ob an Stelle der Beschwerde in Strafsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Strafsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.



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