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Urteil Appellationsgericht (BS)

Kopfdaten
Kanton:BS
Fallnummer:SB.2019.3 (AG.2020.233)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid SB.2019.3 (AG.2020.233) vom 12.03.2020 (BS)
Datum:12.03.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mit Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen, Hehlerei, Hinderung einer Amtshandlung, mehrfache rechtswidrige Einreise, mehrfacher rechtswidriger Aufenthalt sowie mehrfache Übertretung nach Art. 19a des Betäubungsmittelgesetzes
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 10 StPO ; Art. 160 StGB ; Art. 286 StGB ; Art. 382 StPO ; Art. 398 StPO ; Art. 401 StPO ; Art. 41 StGB ; Art. 42 BGG ; Art. 42 StGB ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 48 BGG ; Art. 49 StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 66a StGB ; Art. 83 StGB ; Art. 89 StGB ;
Referenz BGE:127 IV 101; 134 IV 17; 134 IV 1; 139 I 145; 145 IV 146; 145 IV 312;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Dreiergericht



SB.2019.3


URTEIL


vom 12. März 2020



Mitwirkende


lic. iur. Christian Hoenen (Vorsitz),

lic. iur. Barbara Schneider, Dr. Carl Gustav Mez

und Gerichtsschreiber Dr. Beat Jucker




Beteiligte


A____, geb. [...] Berufungskläger

c/o JVA Thorberg, Anschlussberufungsbeklagter

Thorberg48, 3326Krauchthal Beschuldigter

vertreten durch B____, Rechtsanwältin,

[...]


gegen


Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Anschlussberufungsklägerin

Binningerstrasse21, 4001 Basel Berufungsbeklagte



Gegenstand


Berufung gegen ein Urteil des Strafdreiergerichts

vom 13. Dezember 2018 (SG 2018.244)


betreffend Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz (mit Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen), Hehlerei, Strafzumessung und Landesverweisung



Sachverhalt


Mit Urteil des Strafdreiergerichts vom 13. Dezember 2018 wurde A____ (nachfolgend Beschuldigter) des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG, SR812.121), der Hehlerei, der Hinderung einer Amtshandlung, der mehrfachen rechtswidrigen Einreise, des mehrfachen rechtswidrigen Aufenthalts sowie der mehrfachen Übertretung nach Art. 19a BetmG schuldig erklärt und unter Einbezug einer vollziehbar erklärten Reststrafe von 340 Tagen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 ¼ Jahren (unter Einrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft seit dem 23.Juli 2018), zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 30.- sowie zu einer Busse von CHF 300.- (bei schuldhaftem Nichtbezahlen drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Alsdann wurde der Beschuldigte für zehn Jahre des Landes verwiesen (mit Eintrag im Schengener Informationssystem). Im Übrigen wurde über die beschlagnahmten Gegenstände verfügt und sind dem Beschuldigten Verfahrenskosten in Höhe von CHF 11360.90 sowie eine Urteilsgebühr im Betrag von CHF 4000.- auferlegt worden. Ferner ist seine amtliche Verteidigerin unter Rückforderungsvorbehalt aus der Strafgerichtskasse entschädigt worden.


Der Beschuldigte, amtlich verteidigt durch B____, hat am 14.Dezember 2018 Berufung angemeldet, mit Eingabe vom 5. Februar 2019 Berufung erklärt und dieselbe mit Schreiben vom 15. April 2019 begründet. A____ beantragt, er sei vom Vorwurf des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (mit Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen) sowie vom Vorwurf der Hehlerei freizusprechen und stattdessen wegen eines Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz, Hinderung einer Amtshandlung, mehrfacher Widerhandlung gegen das Ausländergesetz und mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes schuldig zu sprechen. Er sei unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie unter Einbezug der vollziehbar erklärten Reststrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten, einer Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu CHF 10.- und einer Busse von CHF 300.- zu verurteilen. Darüber hinaus sei ihm eine Genugtuung in Höhe von CHF 200.- pro Tag für die zu viel erstandene Haft aus der Gerichtskasse zuzusprechen. Des Weiteren sei von einer Landesverweisung abzusehen. Die Verteidigungskosten seien infolge der amtlichen Verteidigung durch die Staatskasse zu begleichen und die Verfahrenskosten dem Beschuldigten anteilsmässig aufzuerlegen. Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Eingabe vom 29. April 2019 die kostenfällige Abweisung der Berufung.


Die Staatsanwaltschaft hat mit Schreiben vom 11. Februar 2019 Anschlussberufung erklärt und dieselbe mit Eingabe vom 1. März 2019 begründet. Es wird beantragt, das Urteil des Strafdreiergerichts vom 13. Dezember 2018 kostenfällig aufzuheben, der Beschuldigte des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (grosse Gesundheitsgefährdung), der Hehlerei, der Hinderung einer Amtshandlung, der mehrfachen rechtswidrigen Einreise, des mehrfachen rechtswidrigen Aufenthalts sowie der mehrfachen Übertretung nach Art. 19a Ziff. 1 des Betäubungsmittelgesetzes schuldig zu sprechen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und elf Monaten, zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 30.- sowie zu einer Busse in Höhe von CHF300.- zu verurteilen. In den übrigen Punkten sei das Urteil des Strafgerichts zu bestätigen. Hierzu hat der Beschuldigte zusammen mit seiner Berufungsbegründung vom 15. April 2019 Stellung bezogen.


In der zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vom 12. März 2020 wurde der Beschuldigte befragt. Danach gelangten seine Verteidigerin und die Staatsanwaltschaft zum Vortrag. Für sämtliche Ausführungen wird auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen. Die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich soweit für den Entscheid von Relevanz aus dem erstinstanzlichen Urteil und aus den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen


1.

1.1 Nach Art. 398 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) ist die Berufung gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte zulässig, mit denen das Verfahren ganz oder teilweise abgeschlossen wird, was vorliegend der Fall ist. Zuständiges Berufungsgericht ist nach §88 Abs.1 und 92 Abs.1 Ziff.1 des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG, SG 154.100) ein Dreiergericht des Appellationsgerichts. Der Beschuldigte ist vom angefochtenen Urteil berührt und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung, sodass er gemäss Art. 382 Abs. 1 StPO zur Erklärung der Berufung legitimiert ist. Die Staatsanwaltschaft ist gemäss Art. 381 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 400 Abs.3 lit. b StPO zur Erhebung von Rechtsmitteln berechtigt, sodass sie ihrerseits zur Erklärung der Anschlussberufung legitimiert ist. Auf die beiden form- und fristgerecht eingereichten Rechtsmittel ist daher einzutreten.


1.2 Gemäss Art. 398 Abs. 3 StPO können mit der Berufung respektive Anschlussberufung Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung, die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden.


1.3

1.3.1 Im Rechtsmittelverfahren gilt die Dispositionsmaxime. Die Berufung und die Anschlussberufung können demgemäss auf die Anfechtung von Teilen des Urteils beschränkt werden (Art. 399 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 sowie Art. 401 Abs. 1 StPO). Erfolgt eine Teilanfechtung, erwachsen die nicht angefochtenen Punkte in Teilrechtskraft.


1.3.2 Der Schuldspruch wegen mehrfacher Übertretung nach Art. 19a des Betäubungsmittelgesetzes bzw. die diesbezügliche Verurteilung zu einer Busse in Höhe von CHF 300.- (bei schuldhafter Nichtbezahlung drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe), die weiteren Schuldsprüche wegen Hinderung einer Amtshandlung, mehrfacher rechtswidriger Einreise sowie mehrfachen rechtswidrigen Aufenthalts, der Widerruf der bedingten Entlassung und die Rückversetzung in den Strafvollzug, die Verfügungen über die beschlagnahmten Gegenstände und die Entschädigung der amtlichen Verteidigung (unter Rückforderungsvorbehalt) sind nicht angefochten worden und demzufolge im Berufungsverfahren nicht zu überprüfen.


2.

2.1 Der Beschuldigte bestreitet wie bereits im Vorverfahren (Akten S. 345 f., 444 ff.) und vor Strafgericht (Akten S. 719 ff.), auch im Berufungsverfahren eine Involvierung in den Betäubungsmittelhandel im Grundsatz nicht. Er will aber lediglich zwecks Finanzierung seines Eigenkonsums mit kleinen Mengen Kokain gehandelt haben, weshalb er in Abrede stellt, im in der Anklageschrift beschriebenen Umfang tätig geworden zu sein und die dort genannte Menge an Kokain verkauft zu haben (Akten S.879 ff.).


2.2

2.2.1 Die Beteiligung des Beschuldigten am Kokainhandel lässt sich anhand verschiedener Beweismittel objektivieren: A____ hat anlässlich seiner Festnahme vom 23. Juli 2018 elf Minigrip mit gesamthaft 29.1 Gramm Kokain weggeworfen, die in der Folge sichergestellt werden konnten (Akten S. 329). Gemäss dem forensisch-chemischen Gutachten vom 31. August 2018 wies das Kokain einen Reinheitsgehalt von zwischen 26 und 29.1 % auf (Akten S. 204 f.). Sodann fand im vom Beschuldigten bewohnten Logis [...] eine Hausdurchsuchung statt, anlässlich derer weitere neun Minigrip mit 22.5 Gramm Kokain beschlagnahmt wurden, welche einen Reinheitsgehalt zwischen 23 und 30.2 % aufwiesen (Akten S. 284 ff.).


2.2.2 Darüber hinaus wurden in der vom Beschuldigten angemieteten Wohnung zahlreiche Drogen-Utensilien wie eine Digitalwaage, Streckmittel (Inositol, Glucose und Lactose), mehrere Mobiltelefone, mehrere SIM-Kartenhalter, Verpackungsmaterial sowie Notizen und Abrechnungen beschlagnahmt (Akten S. 222 ff.). Zudem erwiesen sich die Kleider des Beschuldigten als kokainkontaminiert (Akten S.353 ff.), was einen direkten Kontakt mit diesem Betäubungsmittel nahelegt. Weiter wurde das vom Beschuldigten verwendete Mobiltelefon ausgewertet, wobei diverse für den Betäubungsmittelhandel typische SMS festgestellt werden konnten (Akten S.424 ff., 455 ff.). Dass der Beschuldigte mit Kokain gehandelt hat, bestätigt im Übrigen auch C____. Diese gab zu Protokoll, A____ sei ein Drogenverkäufer, der versucht habe, den Leuten Kokain auf Kommission zu geben, damit er sie kontrollieren könne (Akten S. 551 ff.).


2.3 Das Strafgericht hat die Aufzeichnungen im beschlagnahmten Notizbuch (Akten S. 380 ff., 477 ff.) zu Recht als drogendeliktstypisch und die vom Beschuldigten hiergegen vorgebrachten Argumente zutreffend als Schutzbehauptungen qualifiziert. Auch wenn die Aufzeichnungen zweifellos Betäubungsmittelverkäufe betreffen und durchaus auf eine rege Verkaufstätigkeit des Beschuldigten hindeuten, kann - wie das Strafgericht ebenfalls zutreffend erwogen hat - nicht ohne weitere Anhaltspunkte unbesehen auf diese, schwer interpretierbaren, Aufzeichnungen abgestellt und gestützt darauf - wie in der Anklageschrift geschildert - eine Verkaufsmenge von 700 Gramm Kokain-Gemisch als erstellt erachtet werden, zumal auch unklar ist, ob alle Aufzeichnungen den angeklagten Deliktszeitraum betreffen (vgl.dazu schon vorinstanzliches Urteil S. 7 f.).


2.4

2.4.1 Entgegen dem Strafgericht lässt sich aber auch die im vorinstanzlichen Urteil vertretene These, wonach der Beschuldigte mit mehreren 100 Gramm Kokain gehandelt haben muss, im Sinne des Grundsatzes «in dubio pro reo» (Art. 10 Abs. 3 StPO) nicht rechtsgenüglich beweisen: Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das anlässlich der Festnahme bzw. Hausdurchsuchung beschlagnahmte Kokain-Gemisch insgesamt 51.6 Gramm schwer war (12.741 Gramm reines Kokain). Aufgrund des unstrittigen Eigenkonsums des Beschuldigten (Akten S. 350 ff.), ist aber nicht auszuschliessen, dass «bloss» ein Teil davon für den Weiterverkauf bestimmt war. Das ebenfalls sichergestellte, zweifellos aus vorgängigen Betäubungsmittelverkäufen stammende, Bargeld in Höhe von CHF 460.-, entspricht bei einem Durchschnittspreis von CHF 80.- pro Gramm 5.75 Gramm Kokain-Gemisch. Betreffend den diesbezüglichen Reinheitsgrad wird zu Gunsten des Beschuldigten vom minimal festgestellten Wert von 23 % ausgegangen, sodass daraus 1.3225 Gramm reines Kokain resultiert.


2.4.2 Die sichergestellte Digitalwaage, das Verpackungsmaterial und die grossen Mengen Streckmittel legen nahe, dass der Beschuldigte das Kokain nicht nur für seinen Eigenkonsum verschnitt, sondern Letzteres ziemlich professionell für den gewinnbringenden Weiterkauf gestreckt hat. Dass der Beschuldigte das beschlagnahmte Streckmittel günstig kaufen konnte und für Bekannte [...] gedacht gewesen sei (Akten S. 880 f.), erscheint nur schon vor dem Hintergrund des dortigen Preisniveaus als abwegig (https://www.eda.admin.ch/countries/[...]/de/home/leben-im-ausland/auswandern/lebenshaltungskosten.html, zuletzt besucht am 25.März 2020). Dass der Beschuldigte das gestreckte Kokain in der Folge auch weiterverkaufte, belegen die in den angeklagten Zeitraum fallenden, für Betäubungsmittelhandel sprechenden, SMS (Akten S.424 ff., 455 ff.) und auch die sichergestellten Mobiltelefone und SIM-Kartenhalter. Darüber hinaus indizieren die beschlagnahmten Aufzeichnungen (wenn auch nicht alle Notizen in den angeklagten Deliktszeitraum fallen dürften [vgl. dazu schon E. 2.3]) ebenso, dass der Beschuldigte in nicht geringem Umfang Betäubungsmittel verkauft hat. Darüber hinaus hat sich der Beschuldigte seit seiner Haftentlassung am 8. März 2018 ohne legale Erwerbsmöglichkeit in der Schweiz aufgehalten und musste während dieser Zeit neben seinem Betäubungsmittelkonsum auch seinen Lebensunterhalt finanzieren. Auch wenn er - wie geltend gemacht (Akten S. 878) - effektiv eine Zeit lang bei einem Bekannten in [...] gelebt haben sollte, musste er die in Basel angemietete Wohnung bezahlen, das doch professionelle Equipment (Digitalwaage und Verpackungsmaterial) besorgen und sich auch ernähren. Es ist nicht ersichtlich, wie - wenn nicht mit Betäubungsmittelhandel - er diese Ausgaben finanziert haben sollte.


2.5 Im Ergebnis muss davon ausgegangen werden, dass A____ eine nicht unerhebliche Menge Kokain verkauft hat. Da aufgrund der vorliegenden Beweismittel nicht abschliessend auf die verkaufte Menge geschlossen werden kann, muss die genaue Verkaufsmenge offenbleiben, wobei mit Sicherheit davon auszugehen ist, dass er mit mehr als 18 Gramm reinem Kokain gehandelt hat. Damit ist im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ohne weiteres von einem schweren Fall im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG auszugehen (BGE 145 IV 312 E. 2.1.3 S. 317 f., 109 IV 143 E. 3 S. 143 ff.). Der im Betäubungsmittelhandel äusserst erfahrene Beschuldigte (vgl. dazu nachfolgend E. 4.8.2) wusste - oder musste in Anbetracht der grossen Menge an Betäubungsmitteln zumindest annehmen - dass er durch die Widerhandlung mittelbar oder unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr brachte, womit auch der subjektive Tatbestand erfüllt ist. Es erfolgt somit auch im Berufungsverfahren ein Schuldspruch wegen eines Verbrechens nach Art.19 Abs. 2 lit.a BetmG.


3.

3.1 Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 160 Ziff. 1 des Strafgesetzbuches [StGB, SR 311.0]). Bezüglich des Vorsatzes genügt es, wenn der Täter weiss, dass der Besitz des Vortäters möglicherweise auf einer strafbaren Handlung beruht. Dies ist dann der Fall, wenn er von einem Unbekannten wertvolle Sachen zu einem besonders niedrigen Preis kauft (vgl. Trechsel/Crameri, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich 2018, Art.160 N 13; Weissenberger, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art. 160 StGB N 69).


3.2 Dem auch im Berufungsverfahren vorgetragenen Einwand (Akten S. 881 f.), der Beschuldigte habe nicht gewusst, dass das zur Diskussion stehende Fahrrad Diebesgut darstellte, kann nicht gefolgt werden: Wie bereits das Strafgericht zutreffend erwogen hat (vorinstanzliches Urteil S. 9 f.), liegt es auf der Hand, dass ein beinahe neuwertiges Rennrad der Marke BMC (Road Machine 2018) mit einem Verkaufspreis von rund CHF 3'000.-, auch wenn es auf einem Flohmarkt angeboten wird, unter gewöhnlichen Umständen nicht für bloss CHF150.- zu erstehen ist. Eine kurze Recherche in einem entsprechenden Verkaufsportal ergab denn auch Verkaufspreise (für gebrauchte Fahrräder derselben Marke) von mehreren hundert bis zu mehreren tausend Franken (vgl. dazu die Angebote im Verkaufsportal «Tutti»: https://www.tutti.ch/de/li/ganze-schweiz?q=bmc%20roadmachine, zuletzt besucht am 27. März 2020). Beim bezahlten Preis von CHF 150.- kann das Fahrrad folglich nur aus einem Vermögensdelikt bzw. einem Diebstahl stammen. Dies musste nach dem Gesagten auch dem Beschuldigten bewusst gewesen sein, als er dieses erstanden hat. Dass das fragliche Fahrrad tatsächlich gestohlen war, ergibt sich im Übrigen aus der Diebstahlsanzeige, die der Eigentümer des Fahrrads, [...], am 13.Juli 2018 erstattet hat (Akten S.500 ff.) sowie den Videoaufnahmen vom entsprechenden Tatort (Akten S.503 ff.).


3.3 Der Tatbestand der Hehlerei ist damit in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt. Es erfolgt daher auch im Berufungsverfahren ein diesbezüglicher Schuldspruch.


4.

4.1 An die Strafzumessung werden drei grundsätzliche Anforderungen gestellt: Sie muss einerseits zu einer verhältnismässigen Strafe führen (Billigkeit), zudem ein Höchstmass an Gleichheit gewähren (Rechtssicherheit) und andererseits transparent sowie überzeugend begründet und dadurch überprüfbar sein (Legitimation durch Verfahren; vgl. dazu Trechsel/Thommen, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich 2018, Art. 47 N 3). Massgeblich für die Strafzumessung ist gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB das Verschulden des Täters. Dabei zu berücksichtigen sind das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse und seine Strafempfindlichkeit. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 42 Abs.2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Dem Gericht kommt ein Ermessen zu, in welchem Umfang es die einzelnen Kriterien berücksichtigt (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S.19 f.).


4.2

4.2.1 Ausgangslage der Strafzumessung bilden die Schuldsprüche wegen eines Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (mit Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen), Hehlerei, mehrfacher rechtswidriger Einreise, mehrfachen rechtswidrigen Aufenthalts sowie Hinderung einer Amtshandlung.


4.2.2 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt das Gericht ihn zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht diese angemessen. Bei der Bildung der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB ist vorab der Strafrahmen für das schwerste Delikt zu bestimmen und alsdann die Einsatzstrafe für die schwerste Tat innerhalb dieses Strafrahmens festzusetzen. In einem zweiten Schritt ist die Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten, welche mit der gleichen Strafart zu ahnden sind, in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen zu erhöhen. Nach der Festlegung der Gesamtstrafe für sämtliche Delikte sind schliesslich die allgemeinen Täterkomponenten zu berücksichtigen (BGE 127 IV 101 E. 2b S. 104; BGer 6B_483/2016 vom 30.April 2018 E. 3.5.1, 6B_466/2013 vom 25. Juli 2013 E. 2.1 und 2.3.2, 6B_460/2010 vom 4. Februar 2011 E. 3.3.4; AGE SB.2016.114 vom 15. September 2017 E. 3.3.2).


4.3

4.3.1 Vorliegend kommt für das am schwersten wiegende Delikt, das Verbrechen nach Art. 19 Abs.2 lit. a BetmG, aufgrund des Strafrahmens (Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr) nur eine Freiheitsstrafe in Betracht. Demgegenüber sieht der Tatbestand der Hinderung einer Amtshandlung (Art.286 StGB) zwingend eine Geldstrafe vor. Für die Hehlerei, die mehrfache rechtswidrige Einreise sowie den mehrfachen rechtswidrigen Aufenthalt muss aufgrund nachfolgender Überlegungen ebenfalls eine Freiheitsstrafe ausgefällt werden.

4.3.2 Wie der aktuelle Strafregisterauszug vom 14. Februar 2020 zeigt, wurde der Beschuldigte mit Urteil der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt vom 25. März 2014 wegen eines Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfacher rechtswidriger Einreise zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu CHF 30.- (Probezeit zwei Jahre) verurteilt. Die Probezeit musste bereits knapp ein halbes Jahr später mit einem weiteren Strafbefehl derselben Behörde (wegen rechtswidrigen Aufenthalts) um ein Jahr verlängert werden (daneben wurde eine weitere, bedingt vollziehbare, Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 30.- [Probezeit drei Jahre] ausgesprochen). In der Folge mussten die entsprechenden Geldstrafen mit Urteil des Appellationsgerichts vom 28. Juni 2017, worin der Beschuldigte unter anderem wieder wegen ausländerrechtlichen Verfehlungen schuldig gesprochen wurde, widerrufen werden. Dieser Vorgang zeigt, dass sich A____ von Geldstrafen mitnichten beeindrucken lässt, diese Sanktion bei ihm offenbar keine Wirkung zeigt und insofern unzweckmässig erscheint (Art. 41 Abs. 1 lit. a StGB).


4.3.3 Darüber hinaus ist der Beschuldigte gemäss eigenen Aussagen und auch den Ausführungen in der Berufungserklärung (Akten S. 6, 876) mittellos und hat Schulden in Höhe von CHF 300'000.-. Eine Sanierung ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, da A____ seit seiner Verhaftung vom 23. Juli 2018 die Freiheit entzogen ist und - wie nachfolgend zu zeigen sein wird - auch noch eine Weile inhaftiert bleiben wird. Das während des Strafvollzugs angehäufte Arbeitsentgelt kann gemäss Art. 83 Abs. 2 StGB weder gepfändet noch mit Arrest belegt werden. Unmittelbar nach dem ausgestandenen Freiheitsentzug wird die zehnjährige Landesverweisung (vgl.dazu nachfolgend E. 5) vollzogen werden und der Beschuldigte in [...] zurückkehren müssen. Ferner ist - soweit ersichtlich - mangels Staatsvertrag nicht zu erwarten, dass [...] zur Vollstreckung der Geldstrafe Hand bieten würde.


Insgesamt ist somit ernsthaft zu erwarten, dass der Beschuldigte eine Geldstrafe nicht bezahlen oder entsprechende Sicherheiten nicht leisten können wird. Da der Vollzug einer Geldstrafe damit im Sinne der negativen Vollstreckungsprognose voraussichtlich nicht möglich ist, erscheint sie auch im Sinne von Art. 41 Abs. 1 lit. b StGB unzweckmässig bzw. wirkungslos (vgl. zum Ganzen: Mazzuchelli, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art. 41 StGB N 42a ff.; Trechsel/Keller, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich 2018, Art. 41 N 3; vgl. auch AGE SB.2017.112 vom 9. Juli 2019 E. 12.5, SB.2017.47 vom 9. Februar 2018 E.3.5).


4.3.4 Dass der Beschuldigte in der Schweiz offenbar einen Asylantrag gestellt hat (Akten S. 915, 936), ändert an der Unzweckmässigkeit einer Geldstrafe nichts.


4.4

4.4.1 Ausgangspunkt der Strafzumessung bildet das Tatverschulden. Dieses orientiert sich an der Bandbreite möglicher Begehungsweisen innerhalb des fraglichen Tatbestands und ist somit relativ. Auch das Tatverschulden eines Mörders kann innerhalb des Tatbestandes, dessen Strafrahmen mindestens zehn Jahre Freiheitsstrafe vorsieht, vergleichsweise leichter wiegen, was nicht mit einem leichten strafrechtlichen Vorwurf gleichzusetzen ist (AGE SB.2018.27 vom 27. August 2019 E.4.3.1, SB.2016.114 vom 15. September 2017 E. 3.5.1).


4.4.2 Hinsichtlich des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz wiegt das objektive Tatverschulden eher leicht. Obwohl die Menge der verdealten Drogen bzw. deren Wirkstoffgehalt im Rahmen der Strafzumessung «nur» eines von mehreren Elementen zur Bestimmung des objektiven Verschuldens darstellt (BGE121 IV 193 E. 2b/aa S. 196 f.), muss zunächst berücksichtigt werden, dass gemäss Beweisergebnis (vgl. dazu E. 2.5) - entgegen dem Urteil des Strafgerichts - zwar von nicht unerheblicher Verkaufstätigkeit, indes nicht von mehreren 100 Gramm Kokain-Gemisch auszugehen ist. Was die Hierarchiestufe des Beschuldigten anbelangt, ist festzuhalten, dass es sich bei ihm um einen Strassendealer ohne eigene Angestellte handelte und er damit eine Rolle mit grossem Aufdeckungsrisiko einnahm. Obwohl der Beschuldigte kurz nach seiner Haftentlassung bereits wieder mit Kokain zu handeln begann und insofern davon auszugehen ist, dass er gewisse Kontakte ins Betäubungsmittelmilieu pflegt, deutet die doch recht mangelhafte Qualität seines verkauften «Stoffs» (vgl.dazu schon E. 2.2.1), nicht darauf hin, dass A____ wirklich gut vernetzt war. Dies wird nicht zuletzt durch die Beschreibungen von C____ untermauert. So sagte diese aus, der Beschuldigte sei eine Lachnummer gewesen, habe selten viel Kokain bei sich gehabt, sondern jeweils «bloss» zwei bis drei «2 ½-Gramm-Säckli». Ohnehin habe er sein Kokain nicht verkaufen können (Akten S.551 ff.). A____ dürfte nach dem Gesagten im von Eugster/Frischknecht entwickelten Raster (Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel, AJP 2014, S. 327 ff.) auf Hierarchiestufe 5 anzusiedeln sein.


4.4.3 In subjektiver Hinsicht ist zu beachten, dass es sich bei den Taten des Beschuldigten - neben der Tatsache, dass er damit mangels anderer Einkünfte seinen Lebensunterhalt finanzierte - auch um Beschaffungsdelinquenz handelte. Die subjektive Schwere der Tat vermag deren objektive Schwere somit leicht zu relativieren, sodass insgesamt von einem leichten Verschulden auszugehen ist und eine Einsatzstrafe von 1 ½ Jahren Freiheitsstrafe angemessen erscheint.


4.5 Hinzu kommt die Hehlerei, wobei das Verschulden von A____ diesbezüglich zwar nicht schwer wiegt, aber auch nicht bagatellisiert werden darf. Immerhin lag der Wert des zur Diskussion stehenden Fahrrads in der doch gehobenen Preisklasse. In subjektiver Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte auch hier unter Suchtdruck handelte. Es rechtfertigt sich in Anwendung des Asperationsprinzips, die Einsatzstrafe um zwei Monate, auf 20 Monate Freiheitsstrafe, zu erhöhen.

4.6 Hinsichtlich der diversen Verstösse gegen das Ausländergesetz (heute Ausländer- und Integrationsgesetz [AIG, SR 142.20]) kann das Verschulden nicht mehr als leicht bezeichnet werden. Es gilt festzuhalten, dass der Beschuldigte mehrfach in die Schweiz einreiste und sich hier aufhielt, obwohl gegen ihn gemäss Migrationsakten ein bis 20. August 2027 gültiges Einreiseverbot bestand und er auch diesbezüglich massiv vorbestraft (vgl. dazu nachfolgend E. 4.8.2) ist. Offenbar ist es ihm schlichtweg egal, dass er weder in die Schweiz einreisen, noch sich hier aufhalten darf. In Anwendung des Asperationsprinzips ist die bisher zugemessene Freiheitsstrafe daher um vier Monate, auf zwei Jahre Freiheitsstrafe, zu erhöhen.


4.7 Die Hinderung einer Amtshandlung ist gemäss Art. 286 StGB mit einer Geldstrafe von maximal 30 Tagessätzen zu ahnden. Da der Beschuldigte vor der Polizeikontrolle davongerannt ist und insofern nicht ein bloss passives Verhalten an den Tag legte sowie die Amtshandlung nicht nur verzögern, sondern gänzlich verhindern wollte, wiegt das Verschulden erheblich. Eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen erscheint dem Verschulden von A____ daher angemessen. Da der Beschuldigte - wie bereits erwähnt (vgl. E. 4.3.3) - mittellos ist, rechtfertigt es sich, die Tagessatzhöhe - wie beantragt (Akten S. 882 f.) - auf CHF 10.- zu senken (Art.34 Abs. 2 StGB).


4.8

4.8.1 Mit Blick auf die Täterkomponente ist festzuhalten, dass der [...] geborene und auch aufgewachsene, heute [...]-jährige Beschuldigte, in seinem Heimatland verheiratet war und dieser Ehe eine gemeinsame Tochter entsprungen ist. In [...] siedelte er nach [...] über, wo er ebenfalls verheiratet war und eine weitere Tochter geboren wurde. Zu beiden Kindern besteht heute kein Kontakt mehr. Der Beschuldigte hat keinen Beruf erlernt, ist Drogenkonsument und leidet an Diabetes (Akten S. 4 f., 651).


4.8.2 Das Amts- und das Landgericht [...] verurteilten A____ sechs Mal wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu insgesamt mehr als 17 Jahren Freiheitsstrafe (Akten S. 17 ff.). Wie der aktuelle Strafregisterauszug vom 14. Februar 2020 zeigt, ist der Beschuldigte ebenso in der Schweiz wegen verschiedener Betäubungsmitteldelikte und auch Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz massiv vorbestraft. Letztmals verurteilte ihn das Appellationsgericht Basel-Stadt am 28. Juni 2017 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Eine derartige Geringschätzung des Gesetzes sucht Seinesgleichen. A____ erweist sich als unbelehrbar. Aufgrund seiner massiven Renitenz und Gleichgültigkeit gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung, rechtfertigt es sich, die bisher zugemessene Freiheitsstrafe um sechs Monate zu erhöhen (vgl. zum Ganzen BGE 134 IV 1 E. 5.4.1 S. 12, 121 IV 49 E. 2d/cc S. 62; BGer 6B_510/2015 vom 25.August 2015 E. 1.5, 6B_954/2009 vom 14. Januar 2010 E. 2).


4.8.3 Gesundheitliche Probleme fallen als strafmindernder Faktor nur dann in Betracht, wenn Abweichungen vom Grundsatz einer einheitlichen Leidensempfindlichkeit geboten sind, wie etwa bei Gehirnverletzungen, Schwerkranken, Taubstummen oder unter Haftpsychose Leidenden. Gesundheitliche Schwierigkeiten wie etwa beträchtliche neurologische Schmerzen, Verringerung der Muskelkraft oder Muskelschwund reichen nach bundesgerichtlicher Praxis beispielsweise für eine Strafminderung nicht aus (BGer 6B_744/2012 vom 9. April 2013 E. 3.3, 6S.120/2003 vom 17.Juni 2003 E. 2, Wiprächtiger/Keller, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art. 47 StGB N 152; vgl. zum Ganzen auch Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2.Auflage, Basel 2019, N356, 358).


A____ leidet - wie bereits ausgeführt (vgl. E. 4.8.1) - an Diabetes und dürfte auch massiv Kokainabhängig sein. Auch wenn seine Leiden keineswegs zu bagatellisieren sind und er sich bei diesbezüglichen Beschwerden an den medizinischen Dienst der Strafvollzugsanstalt wenden sollte, reicht deren Intensität vor dem Hintergrund der soeben zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht aus, um eine besondere Strafempfindlichkeit zu begründen. Dass sich der Beschuldigte in einer schwierigen persönlichen Situation befand bzw. die zu beurteilenden Straftaten mindestens teilweise zwecks Finanzierung seines eigenen Drogenkonsums begangen hat, wurde schon beim subjektiven Verschulden betreffen das Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz berücksichtigt (vgl. dazu schon E. 4.4.2).


4.8.4 Zwar ist dem Vollzugsbericht aus der JVA Thorberg vom 3. Februar 2020 zu entnehmen, dass sich der bisherige Vollzug problemlos gestaltet hat. Indes ist das Wohlverhalten des Täters im Strafvollzug entgegen der heute im Plädoyer vorgebrachten Ansicht des Beschuldigten (Akten S. 935) für die Strafzumessung nicht von Bedeutung, zumal solches vorausgesetzt werden kann (BGer 6B_738/2014 vom 25.Februar 2015 E. 3.4, 6B_55/2013 vom 11. April 2013 E. 2.4; AGESB.2016.114 vom 15. September 2017 E. 3.8.3; Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Auflage, Basel 2019, N392).


4.8.5 Nach der Rechtsprechung des Appellationsgerichts ist eine parallel angeordnete Landesverweisung allenfalls mindernd in die Strafzumessung miteinzubeziehen. In welchem Masse sie sich auswirkt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, namentlich von ihrer Dauer und wie stark sie sich gemessen an der Art und der Enge seiner Bande zur Schweiz auf das Leben des Täters auswirkt (AGESB.2018.40 vom 14. August 2019 E. 5.6, SB.2018.33 vom 27. November 2018 E. 5.4.4 und 5.4.5)


Die auszusprechende Landesverweisung von zehn Jahren tangiert den primär zum Zweck der Deliktsbegehung in die Schweiz eingereisten und hier keinerlei Verwurzlung aufweisenden Beschuldigten höchst oberflächlich (vgl. dazu nachfolgend E. 5). Zudem ergibt sich aus den Migrationsakten, dass gegen den Beschuldigten, unabhängig vom aktuellen Strafverfahren, ein bis zum 20. August 2027 gültiges Einreiseverbot besteht. Die bis ins Jahr 2030 anzuordnende Landesverweisung wird somit nur marginal zum Tragen kommen. Damit wirkt sich die Landesverweisung nicht in einem Masse auf das Leben von A____ aus, dass sie bei der Strafzumessung zu berücksichtigen wäre und erweist sich demgemäss als zumessungsneutral.


4.9 Da A____ auch kein Geständnis oder besondere Kooperationsbereitschaft bzw. genauso wenig Reue oder Einsicht zugutegehalten werden können, ist er im Ergebnis zu einer Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren sowie einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 10.- zu verurteilen. Da seine Legalprognose massiv schlecht ausfällt (vgl. dazu E. 4.3 und 4.8) und im Sinne von Art. 42 Abs.2 StGB ausserdem von besonders guten Umständen ausgegangen werden müsste, fällt die Gewährung des (teil-)bedingten Strafvollzugs ausser Betracht. Der Anrechnung der erstandenen Haft steht nichts entgegen (Art. 51 StGB). Indes ist dem Beschuldigten keine Haftentschädigung auszurichten und der entsprechende Antrag damit abzuweisen.


4.10

4.10.1 Da für die heute beurteilten Taten (ausser für den Tatbestand der Hinderung einer Amtshandlung) die Voraussetzungen einer unbedingten Freiheitsstrafe erfüllt sind und diese neuen Taten mit der durch das Strafgericht vollziehbar erklärten Reststrafe zusammentreffen, ist gemäss Art. 89 Abs. 6 StGB eine Gesamtstrafe auszufällen. Gemäss der geltenden Rechtsprechung kann das System des Asperationsprinzips (Art. 49 Abs. 1 StGB) bei der Gesamtstrafenbildung im Rücksetzungsverfahren nicht unbesehen übernommen werden. Ebenso wenig ist es aber zulässig, den Vorstrafenrest und die ausgefällte Strafe gemäss dem Kumulationsprinzip zu addieren. Es geht folglich im Rahmen von Art. 89 Abs. 6 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 StGB darum, dem Täter bei der Festlegung der Sanktion in sinngemässer Anwendung des Asperationsprinzips eine gewisse Privilegierung zu gewähren (BGE 145 IV 146 E.2.4, 135 IV 146 E.2.4 S.148 ff.; Koller, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art. 89 StGB N 10 f.).


4.10.2 Nach dem Gesagten ist die vorstehend zugemessene Strafe mit Blick auf den Vorstrafenrest (340 Tage) angemessen zu erhöhen. Da der Beschuldigte insbesondere aufgrund der Tatsache, dass schon diverse Vorstrafen widerrufen werden mussten, genau wusste, was bei erneuter Delinquenz bzw. Rückfällen «auf dem Spiel steht» (vgl. dazu schon E. 4.3.2), rechtfertigt es sich, die auszufällende Strafe um neun Monate, auf 3 ¼ Jahre Gesamtfreiheitsstrafe, zu erhöhen.


5.

5.1 A____ ist [...] Staatsangehöriger und hat die zur Diskussion stehenden Delikte zwischen März und Juli 2018, mithin nach Inkrafttreten der in Art. 66a ff. StGB geregelten Landesverweisung, verübt. Er wird auch zweitinstanzlich wegen einer Widerhandlung gegen Art. 19 Abs. 2 BetmG, einer Katalogtat gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB, verurteilt. Somit sind die Voraussetzungen einer obligatorischen Landesverweisung erfüllt.


5.2 Es liegt kein schwerer persönlicher Härtefall vor: Der Beschuldigte ist weder in der Schweiz geboren noch aufgewachsen. Er hielt sich bereits mehrfach in der Schweiz auf, obwohl er nie über ein Visum, geschweige denn über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte und wurde bereits mehrfach, grösstenteils wegen einschlägiger Straftaten, hier verurteilt (vgl. dazu schon E. 4.8.2; Akten S. 9 f.). Daraus ergibt sich, dass er jeweils lediglich zwecks Delinquierens in die Schweiz einreiste. Er hat hier weder Familienangehörige noch Kinder. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht besteht keinerlei Einbindung in die Schweiz, zumal der Beschuldigte hier keiner Arbeit nachgeht (Akten S.4). A____ ist somit weder in sozialer und persönlicher noch in kultureller Hinsicht in der Schweiz verwurzelt. All diese Umstände sprechen eindeutig gegen das Vorliegen eines Härtefalls. Infolgedessen erübrigen sich detaillierte Ausführungen zur Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen. Hinzuweisen bleibt auf die konstante Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechts (EGMR), wonach es bei Betäubungsmitteldelikten, insbesondere in der Form des Handeltreibens, gerechtfertigt sei, dass die Vertragsstaaten gegen Ausländer, die zur Verbreitung dieser «Plage» beziehungsweise «Geissel der Menschheit» beitragen, entschlossen durchgreifen (vgl. Urteile des EGMR Kissiwa Koffi gegen Schweiz vom 15. November 2012, Nr. 38005/07, §§ 65 ff. und 71, Mehemi gegen Frankreich vom 26. September 1997, Nr. 25017/94, § 37; vgl. auch BGE 139 I 145 E.2.5 S. 149 f.). Insofern würde ein ausserordentlich grosses öffentliches Interesse an der Aus- bzw. Wegweisung des Beschuldigten bestehen.


5.3 Da dem Beschuldigten massive Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelegesetz zur Last fallen, er mit vorliegender Verurteilung grob einschlägig rückfällig wurde und er demzufolge und vor dem Hintergrund der soeben zitierten Rechtsprechung des EGMR ein Hochsicherheitsrisiko darstellt, ist die Aussprechung einer Landesverweisung von zehn Jahren angemessen.


5.4 Der Beschuldigte ist als [...] Staatsbürger Drittstaatsangehöriger und somit Angehöriger eines Staates, der nicht der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) angehört. Die vorgeschriebene Mindestfrist von einem Jahr Freiheitsstrafe ist erfüllt (Art. 24 Ziff. 2 lit. a der EG-Verordnung Nr.1987/2006). Die Landesverweisung ist demnach im Schengener Informationssystem SIS einzutragen (Art. 20 N-SIS Verordnung [SR 362.0]).


6.

6.1 Die schuldig gesprochene Person hat - sofern keine gesetzlichen Ausnahmen vorliegen - gestützt auf Art. 426 Abs. 1 StPO sämtliche kausalen Verfahrenskosten zu tragen (BGer 6B_811/2014 vom 13. März 2015 E. 1.4). Die Verfahrenskosten werden demnach gemäss Verursacherprinzip verlegt.


6.2 Da der Beschuldigte (auch) im Berufungsverfahren wegen eines Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz und Hehlerei schuldig gesprochen wird, sind die erstinstanzlichen Verfahrenskosten sowie die erstinstanzliche Urteilsgebühr zu belassen. Demgemäss trägt der Beschuldigte für das erstinstanzliche Verfahren Kosten in Höhe von CHF 11360.90 und eine Urteilsgebühr von CHF 4000..

7.

7.1 Für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens kommt Art. 428 Abs. 1 StPO zum Tragen. Ob bzw. inwieweit eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt oder unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor der zweiten Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (BGer 6B_1025/2014 vom 9. Februar 2015 E. 2.4.1).


7.2 Der Beschuldigte unterliegt im Grundsatz vollumfänglich, weswegen ihm die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer Urteilsgebühr von CHF 1000.- (inklusive Kanzleiauslagen, zuzüglich allfälliger übriger Auslagen) auferlegt werden (Art. 428 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Gerichtsgebührenreglements [GGR, SG 154.810]). Das Obsiegen bezüglich der Tagessatzhöhe (vgl. dazu E. 4.7) erscheint im Gesamtkontext derart marginal, dass dies nicht zu reduzierten Kosten führen kann (Art. 428 Abs. 2 lit. b StPO; BGer 6B_176/2019 vom 13. September 2019 E.2.4, 6B_115/2019 vom 15. Mai 2019 E. 5.2; AGE SB.2018.89 vom 18. September 2019 E. 7.1).


8.

8.1 Der amtlichen Verteidigerin, B____, wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung gemäss ihrer Aufstellung ausgerichtet. Für den genauen Betrag wird auf das Urteilsdispositiv verwiesen.


8.2 Da der Beschuldigte vollumfänglich unterliegt, umfasst die Rückerstattungspflicht bezüglich des Honorars seiner amtlichen Verteidigerin im Falle seiner wirtschaftlichen Besserstellung 100 % des zugesprochenen Honorars (Art.135 Abs. 4 StPO).



Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Dreiergericht):


://: Es wird festgestellt, dass folgende Punkte des Urteils des Strafdreiergerichts vom 13. Dezember 2018 mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen sind:

- Schuldspruch wegen mehrfacher Übertretung nach Art. 19a des Betäubungsmittelgesetzes und diesbezügliche Verurteilung zu einer Busse von CHF300.- (bei schuldhafter Nichtbezahlung 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe)

- Schuldsprüche wegen Hinderung einer Amtshandlung, mehrfacher rechtswidriger Einreise und mehrfachem rechtswidrigem Aufenthalt

- Widerruf der bedingten Entlassung und Rückversetzung in den Strafvollzug

- Verfügungen über die beschlagnahmten Gegenstände

- Entschädigung der amtlichen Verteidigung (mit Rückforderungsvorbehalt)


A____ wird in Abweisung seiner Berufung und der Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft - nebst den bereits rechtskräftigen Schuldsprüchen - des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (mit Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen) sowie der Hehlerei schuldig erklärt,

in Anwendung von Art. 19 Abs. 1 und 2 lit. a des Betäubungsmittelgesetzes sowie Art. 160 Ziff. 1 des Strafgesetzbuches.


A____ wird unter Einbezug der vollziehbar erklärten Reststrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 ¼ Jahren, unter Einrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft zwischen dem 23. Juli 2018 und dem 28. Februar 2019 sowie des vorzeitigen Strafvollzugs seit dem 1. März 2019, und zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 10. verurteilt,

in Anwendung von Art. 46 Abs. 1, 49 Abs. 1, 51 und 89 Abs. 6 des Strafgesetzbuches.


Der Antrag von A____ auf Zusprechung einer Haftentschädigung wird abgewiesen.


A____ wird in Anwendung von Art. 66a Abs. 1 des Strafgesetzbuches für 10 Jahre des Landes verwiesen.


Die angeordnete Landesverweisung wird gemäss Art. 20 der N-SIS-Verordnung im Schengener Informationssystem eingetragen.


A____ trägt die Kosten von CHF 11360.90 und eine Urteilsgebühr von CHF 4000. für das erstinstanzliche Verfahren sowie die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer Urteilsgebühr von CHF1000. (inklusive Kanzleiauslagen, zuzüglich allfällige übrige Auslagen).


Der amtlichen Verteidigerin, B____, wird für die zweite Instanz ein Honorar in Höhe von CHF 5096. und ein Auslagenersatz von CHF211.70, zuzüglich Mehrwertsteuer von insgesamt CHF 408.70 (7,7 % auf CHF 5307.70), somit total CHF 5716.40, aus der Gerichtskasse zugesprochen. Art. 135 Abs. 4 der Strafprozessordnung bleibt vorbehalten.


Mitteilung an:

- Beschuldigter

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

- Justiz- und Sicherheitsdepartement, Abteilung Strafvollzug

- Strafgericht Basel-Stadt

- Strafregister-Informationssystem VOSTRA

- Migrationsamt Basel-Stadt

- Bundesamt für Polizei


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Der Präsident Der Gerichtsschreiber

lic. iur. Christian Hoenen Dr. Beat Jucker

Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.


Die amtliche Verteidigung kann gegen den Entscheid betreffend ihre Entschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren gemäss Art. 135 Abs. 3 lit. b der Strafprozessordnung (StPO) innert 10 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde beim Bundesstrafgericht (Viale Stefano Franscini 7, Postfach 2720, 6501 Bellinzona) erheben (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_360/2014 vom 30. Oktober 2014).



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