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Urteil Appellationsgericht (BS - SB.2017.107 (AG.2018.740))

Zusammenfassung des Urteils SB.2017.107 (AG.2018.740): Appellationsgericht

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat in einem Berufungsverfahren entschieden, dass A____ freigesprochen wird, nachdem sie des falschen Zeugnisses beschuldigt wurde. Der Vorwurf basierte auf einer Zeugenaussage in einem Strafverfahren gegen B____. Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass die Beweislage nicht ausreichte, um A____ der Falschaussage zu überführen. Die Kosten des Verfahrens werden von der Staatskasse getragen, und A____ wird eine Parteientschädigung zugesprochen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts SB.2017.107 (AG.2018.740)

Kanton:BS
Fallnummer:SB.2017.107 (AG.2018.740)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid SB.2017.107 (AG.2018.740) vom 27.06.2018 (BS)
Datum:27.06.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:falsches Zeugnis
Schlagwörter: Berufung; Berufungsklägerin; Verfahren; Gericht; Gericht; Urteil; Recht; Polizei; Strasse; Verfahren; Parkplatz; Akten; Fotografie; Liegenschaft; Person; Entscheid; Fahrzeug; Aussage; Zeuge; Gerichts; Staatsanwaltschaft; Basel; Zeugnis; Wohnung; Sachbeschädigung; Befehl; Tatzeit; Sonnerie
Rechtsnorm: Art. 307 StGB ;Art. 4 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 48 BGG ;
Referenz BGE:132 IV 102; 135 IV 191;
Kommentar:
Riklin, Kommentar StPO, Art. 4 StPO, 2014

Entscheid des Verwaltungsgerichts SB.2017.107 (AG.2018.740)

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Dreiergericht



SB.2017.107


URTEIL


vom 27. Juni 2018



Mitwirkende


lic. iur. Eva Christ (Vorsitz), Dr. Marie-Louise Stamm,

Dr. Carl Gustav Mez und Gerichtsschreiberin lic. iur. Barbara Grange




Beteiligte


A____, geb. [...] Berufungsklägerin

[...] Beschuldigte

vertreten durch [...], Advokatin,

[ ]


gegen


Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Berufungsbeklagte

Binningerstrasse 21, 4001 Basel



Gegenstand


Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichts in Strafsachen

vom 19. Mai 2017


betreffend falsches Zeugnis



Sachverhalt


Mit Urteil des Einzelgerichts in Strafsachen vom 19. Mai 2017 wurde A____ des falschen Zeugnisses schuldig erklärt und zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu CHF 90.-, unter Auferlegung einer Probezeit von 2 Jahren, zu einer Busse von CHF 500.- sowie zur Tragung der Verfahrenskosten und einer Urteilsgebühr verurteilt.


Gegen dieses Urteil hat A____ mit Eingabe vom 11. September2017 Berufung eingelegt. Sie beantragt unter vollumfänglicher Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids einen kostenlosen Freispruch vom Vorwurf des falschen Zeugnisses. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragte sie die Vorladung von B____ als Zeugin, einen gerichtlichen Augenschein in der Wohnung des C____ im Mehrfamilienhaus an der [...]strasse [...], [...] Basel, sowie den Beizug der Akten des Verfahrens [ ].


Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Berufungsantwort vom 10. Januar 2018 die kostenpflichtige Abweisung der Berufung. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragte sie die Abweisung des Antrags auf einen Augenschein, stellte die Vorladung von B____ als Zeugin in das Ermessen des Gerichts und führte aus, einer Gutheissung des Antrags auf Aktenbeizug stehe nichts entgegen.


Mit Eingabe vom 11. März 2018 liess die Berufungsklägerin dem Gericht mitteilen, dass B____ gegen C____ ein Strafverfahren wegen falscher Anschuldigung eingeleitet hat und stellte dem Gericht eine Kopie des diesbezüglichen Strafantrags zu. Sie liess sinngemäss ausführen, es dränge sich deswegen eine Sistierung des vorliegenden Berufungsverfahrens auf, sie verzichte aber auf einen solchen Antrag, da sie aufgrund der grossen psychischen Belastung das pendente Verfahren möglichst schnell abschliessen möchte. Allerdings sei C____ im Berufungsverfahren als Zeuge zu befragen.


Mit Eingabe vom 23. März 2018 beantragte die Staatsanwaltschaft die Abweisung des Gesuchs um Ladung des C____ als Zeugen und - soweit eine Sistierung des Berufungsverfahrens beantragt sei - auch die Abweisung dieses Gesuchs.


Mit begründeter Verfügung der Instruktionsrichterin vom 11. April 2018 wurden die Parteien sowie C____ als Auskunftsperson zur Berufungsverhandlung geladen, wobei der Staatsanwaltschaft das Erscheinen freigestellt wurde. Weiter wurde verfügt, dass beim Hausverwalter der Liegenschaft [...]strasse [...], [...] Basel, eine amtliche Erkundigung darüber eingeholt werde, ob die Küchenfenster der Wohnung(en) im 4.Stockwerk zur [...]strasse hin zeigen und ob von dort aus Sicht auf den vor der Liegenschaft befindlichen Parkplatz Nr. 2 besteht. Auch wurde den Parteien mitgeteilt, dass eine Fotografie der Häuserfront [...]strasse [...] von Google Maps zu den Akten genommen werde und wurde ihnen eine solche zur Kenntnis zugestellt. Die Anträge der Berufungsklägerin auf Befragung von B____ als Zeugin Auskunftsperson sowie auf Durchführung eines Augenscheins wurden vorbehältlich eines anders lautenden Entscheids des erkennenden Gerichts auf erneuten Antrag abgelehnt. Zudem erging der Hinweis, dass sich die gewünschten Akten betreffend das Strafverfahren gegen B____ (Vorakten [ ]) bereits in den Akten befinden.


Am 16. April 2018 teilte der Hauswart der Liegenschaft [...]strasse [ ] dem Gericht auf telefonische Nachfrage hin mit, dass die Küchenfenster der Wohnungen im 4. Stockwerk auf die [...]strasse hinausgingen. Der Parkplatz Nr. 2 sei vom Küchenfenster zwar nicht direkt einsehbar, er rücke jedoch problemlos ins Blickfeld, wenn man sich ein wenig aus dem Fenster lehne.


An der Berufungsverhandlung wurde A____ zur Person und zur Sache befragt, wurde C____ als Auskunftsperson zur Sache befragt und ist die Verteidigerin zum Vortrag gelangt. Die im Instruktionsverfahren seitens der Berufungsklägerin vorgebrachten Beweisanträge wurden nicht wiederholt. Im Übrigen wurde an den im schriftlichen Verfahren gestellten Anträgen festgehalten und es wurden acht weitere Fotografien von der Liegenschaft [...]strasse [...] und deren unmittelbaren Umgebung, insbesondere den Parkplätzen vor der Liegenschaft, und zwei fotografische Strassenkarten seitens der Berufungsklägerin zu den Akten gegeben. C____ reichte dem Gericht eine Reparaturofferte der Karosserie [ ] vom 18. Januar 2016, ein Schreiben von B____ vom 19.Juli 2016 und einen auf B____ als Schuldnerin ausgestellten Zahlungsbefehl vom 8.August 2016 ein. Die Staatsanwaltschaft ist der Verhandlung fern geblieben. Die Einzelheiten des Sachverhalts und der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit für den Entscheid relevant, aus den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen


1.

Zuständig zur Beurteilung von Berufungen gegen Urteile des Einzelgerichts des Strafgerichts ist das Appellationsgericht als Dreiergericht (§88 Abs.1, 92 Abs.1 Ziff.1 i.V.m. §99 Gerichtsorganisationsgesetz [GOG; SG 154.100]). Auf die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist einzutreten.


2.

Hintergrund der vorinstanzlichen Verurteilung der Berufungsklägerin ist ihre Zeugenaussage in einem gegen B____ gerichteten Strafverfahren wegen Sachbeschädigung. B____ wurde mit dem zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsenen Strafbefehl vom 5. April 2016 (Aktenzeichen [ ]) der Sachbeschädigung zum Nachteil des C____ begangen am 13. Dezember2015, ca.13:10 Uhr, vor der Liegenschaft [...]strasse [...] schuldig erklärt und zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe sowie zu einer Busse verurteilt. Auf die in diesem Strafverfahren getätigte Zeugenaussage der Berufungsklägerin, B____ sei am 13. Dezember 2015 von 11:00 bis 16:00 Uhr bei ihr zu Hause an der [...]strasse [...] gewesen, wodurch B____ ein Alibi für die Tatzeit erhalten hätte bzw. sie die ihr vorgeworfene Sachbeschädigung zumindest zum inkriminierten Zeitpunkt gar nicht hätte begehen können, wurde nicht abgestellt. Vielmehr wurde die Berufungsklägerin im nun angefochtenen Strafurteil vom 19.Mai 2017 wegen der erwähnten Zeugenaussage des falschen Zeugnisses gemäss Art. 307 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB, SR 311.0) schuldig erklärt. Gemäss dieser Strafbestimmung macht sich strafbar, wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge zur Sache falsch aussagt. Es genügt der Eventualvorsatz (Delnon/Rüdy, in: Niggli/Wiprächtiger, Basler Kommentar Strafrecht 2, 3. Auflage 2013, Art. 307 StGB N 31).


3.

3.1 Die Berufungsklägerin macht zusammengefasst geltend, die Vorinstanz habe sich zu Unrecht und in Verletzung ihrer Verfahrensrechte, insbesondere in Verletzung des Konfrontationsrechts, an die sachverhaltlichen Feststellungen des Strafurteils B____ gebunden erklärt. Jedes Gericht sei in seiner Beweiswürdigung frei und nicht an die Schlussfolgerungen eines anderen Gerichts gebunden. Die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung würde die Einschränkung der richterlichen Unabhängigkeit bedeuten. Jedes Gericht habe sich selbst von der Schuld der Unschuld einer angeklagten Person zu überzeugen. Im zu beurteilenden Fall gehe es darum, ob die Aussagen des im Fall B____ angeblich geschädigten C____ der Wahrheit entsprachen nicht. Dieser habe als Geschädigter in jenem Verfahren Eigeninteressen vertreten und sei gar nicht verpflichtet gewesen, die Wahrheit zu sagen. Er sei nie über die Wahrheitsaussage belehrt worden.


3.2

3.2.1 Im angefochtenen Urteil führt das Strafgericht dazu aus: Das Gericht ist, entgegen der Auffassung der Verteidigerin, an den zum rechtkräftigen Urteil gewordenen Strafbefehl vom 5. April 2016 gebunden. Die Ausgangslage ist, im Vergleich etwa zur Festsetzung einer Zusatzstrafe (BGE 132 IV 102 E. 8.2) sowie zur Strafzumessung bei nicht zusammen im selben Strafverfahren zu beurteilenden Mittätern (BGE 135 IV 191E. 3.3), wo sich der Richter nicht an das erste Urteil anpassen muss, vorliegend eine andere. Denn in den genannten Fällen geht es lediglich um die Festsetzung der Strafhöhe, bei welcher es aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit durchaus angezeigt ist, dass der Richter in seiner Entscheidungsfreiheit nicht eingeschränkt wird und in seinem pflichtgemässen Ermessen frei befinden kann, wie die Strafe lauten würde, wenn er die strafbaren Handlungen gleichzeitig zu beurteilen hätte (vgl. BGE 135 IV 191 E. 3.3). Es kann aber nicht sein, dass das Gericht über ein früheres, rechtskräftiges Urteil von Grund auf neu befindet und - wie die Verteidigerin es verlangt - zur Sache quasi ein eigenes Beweisverfahren durchführt. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck der Rechtskraft und damit der Endgültigkeit und Massgeblichkeit eines gefällten Urteils grundlegend. Ist das Gericht folglich an den besagten Strafbefehl gebunden, können und müssen die von der Verteidigerin in Sachen B____ erhobenen Einwände nicht beurteilt werden und sind die diesbezüglichen Beweisanträge abzulehnen (Urteil S. 5 f.).


3.2.2 Diese erstinstanzliche Rechtsauffassung ist unhaltbar. Artikel 30 Bundesverfassung (BV, SR 101) garantiert jeder Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, den Anspruch auf ein durch ein Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Als Ausfluss dieser grundrechtlichen Garantie statuiert Art. 4 Abs. 1 StPO, dass die Strafbehörden in der Rechtsanwendung unabhängig und allein dem Recht verpflichtet sind. Gerichte sind auch gegenüber anderen Gerichten unabhängig. Eine Bindungswirkung kann einzig im Rechtsmittelverfahren und im Adhäsionsprozess entstehen (Riklin, in: Kommentar StPO, 2. Auflage 2014, Art. 4 N 3; vgl. auch Entscheid des Zürcher Obergerichts SB150345 vom 1. April 2016 E. 2.4). Wenn bereits eine richterliche Vorbefassung das Recht auf ein unabhängiges Gericht tangieren kann, ist die richterliche Unabhängigkeit offensichtlich nicht gewährleistet, wenn sich das Gericht an das Urteil einer anderen Strafbehörde eines anderen Spruchkörpers in einem anderen Fall gebunden sieht, welcher mit dem zu beurteilenden Fall sachverhaltliche Überschneidungen aufweist. Diesbezüglich gehen auch die vorinstanzlichen Ausführungen zur Rechtskraft eines bereits ergangenen Urteils fehl. Es liegt nämlich gar kein Problem der Rechtskraft vor, schliesslich fehlt es an der Identität von Streitgegenstand und beschuldigter Person. Ein Urteil im vorliegenden Verfahren kann den zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsenen Strafbefehl gegen B____ denn auch nicht aufheben. Soweit ein späterer Strafentscheid, der einen gleichen Sachverhalt betrifft, mit einem früheren Entscheid in einem unverträglichen Widerspruch steht, stellt dies allerdings einen Revisionsgrund dar (Art. 410 Abs. 1 lit. b StPO). Auch diese Bestimmung macht deutlich, dass sich widersprechende Urteile im System des Strafverfahrens vorgesehen sind. Wie die Berufungsklägerin zu Recht ausführt, führt die gegenteilige Rechtsauffassung zu einer krassen Verletzung der Rechte der beschuldigten Person, vorliegend insbesondere ihres Konfrontationsrechts mit dem Belastungszeugen. Aus diesem Grund wurde C____ zur Verhandlung vor Appellationsgericht als Auskunftsperson vorgeladen.


3.3

3.3.1 Die Vorinstanz erachtete es gestützt auf die sachverhaltlichen Feststellungen im Strafbefehl B____ als erstellt, dass B____ am 13.Dezember2015, um ca. 13:10 Uhr, nicht bei der Berufungsklägerin zu Hause, sondern vor der [...]strasse [...] war, wo sie das Auto des C____ beschädigte. Daraus schloss sie, dass die Berufungsklägerin in der Zeugeneinvernahme vom 4. Februar 2016 nicht die Wahrheit gesagt hatte. Entscheidend für die Annahme, die Berufungsklägerin habe am 4. Februar 2016 bewusst eine Falschaussage getätigt, ist damit, ob mit Sicherheit davon auszugehen ist, dass die B____ vorgeworfene Straftat der Sachbeschädigung tatsächlich an diesem Tag und zu der angegebenen Zeit stattfand.


3.3.2 Aus dem Polizeirapport vom 17. Dezember 2015 in den Akten zum Straffall B____ ergeht, dass C____ B____ am 17. Dezember2015 wegen Sachbeschädigung beanzeigte und Strafantrag stellte. Er gab gemäss Rapport an diesem Tag gegenüber dem Polizeibeamten an, die Tat habe am 13. Dezember 2015, um 13:10 Uhr, stattgefunden. Im Rapport finden sich vier Fotografien der Kratzspur am Personenwagen, wobei nicht ersichtlich ist, wann die Aufnahmen entstanden sind und wer die Aufnahmen machte. Im Rapport ist festgehalten, dass C____ sinngemäss folgende Angaben gemacht habe: Ich parkierte mein Geschäftsfahrzeug auf dem privaten Parkplatz der Beschuldigten, da mein gemieteter Parkplatz bereits von einem anderen Fahrzeug besetzt war. Ich wusste, dass es sich hierbei nicht um meinen Parkplatz handelt, parkierte das Fahrzeug aber trotzdem darauf, da ich lediglich 5 Minuten stehen bleiben musste. Von meiner Wohnung aus konnte ich schliesslich beobachten, wie die Beschuldigte mit einem spitzen Gegenstand, welchen sie in der linken Hand hielt, mein Fahrzeug beschädigte. Dies tat sie, in dem sie den spitzen Gegenstand mein Fahrzeug entlang zog. Mein Bekannter, Herr [...], konnte das Ganze ebenfalls beobachten. Als ich mich wieder zu meinem Fahrzeug nach unten begab, konnte ich die Frau an der Bushaltestelle sehen. Ich ging allerdings nicht zu ihr, um sie zu fragen, warum sie das getan hatte.


Dem ebenfalls in den Strafakten B____ befindlichen Bericht des Detektivkorporal [...] vom 18. Januar 2016 ist zu entnehmen, dass zwei Polizeimitarbeiter B____ am 15. Januar 2016 an deren Wohnort aufsuchten und mit der Anzeigeerstattung gegen ihre Person konfrontierten, wobei diese den Vorwurf der Beschädigung eines parkierten Autos abgestritten habe. Zusammen mit B____ habe man deren Parkplatz vor der Liegenschaft [ ]strasse [ ] aufgesucht. Auch habe man mit deren Einverständnis eine Fotografie von ihr gemacht, mit dem Hinweis, man werde diese dem Anzeigesteller vorlegen. Am selben Tag habe man C____ aufgesucht. C____ habe ihnen erklärt, dass er zur Tatzeit in seiner Wohnung gewesen sei. Er habe aus seinem Fenster gesehen, wie die Frau, welcher der Parkplatz gehöre, auf welchem er seinen Wagen abgestellt habe, sein Auto mit einem spitzen Gegenstand zerkratzte. Als er aus der Wohnung hinunter auf den Parkplatz gelaufen sei, um die Beschädigung zu begutachten, habe er die Frau an der Bushaltestelle gesehen. Da er deren Namen nicht gekannt habe, habe er sich im Kiosk nach deren Namen erkundigt. Ein Mitarbeiter habe ihm gezeigt, wo die Frau wohne und auf der Sonnerie gezeigt, wie die Frau heisse. Er habe eine Fotografie der Sonnerie gemacht. Dieses Bild habe C____ den Polizeibeamten sodann gezeigt. Auf der Sonnerie sei der Name von B____ ersichtlich. Nach dieser Schilderung des C____ hätten die Beamten ihm die Fotografie der B____ gezeigt und dieser habe bestätigt, dass es sich eindeutig um die Person handle, welche sein Fahrzeug zerkratzt habe.


Weiter ist zusammengefasst der Einvernahme des C____ vom 8. Februar2016 im Strafverfahren B____ folgender von C____ in freier Rede dargestellter Sachverhalt zu entnehmen: An diesem Tag (dem 13. Dezember 2015) sei der Stiefvater seiner Ehefrau bei ihm zu Besuch gewesen. Diesem habe er seinen gemieteten Parkplatz Nr. 1 vor der Liegenschaft [...]strasse [...] zur Verfügung gestellt. Er selber habe dann auf dem Parkplatz Nr. 2 parkiert, obwohl er gewusst habe, dass dieser auch vermietet war. Er habe diesen nur kurze Zeit in Anspruch nehmen wollen, bis ein Parkplatz entlang der [...]strasse frei würde, weshalb er danach immer wieder aus seinem Fenster im vierten Stock geschaut habe. So habe er dann eine ältere Frau neben seinem parkierten Fahrzeug gesehen und sodann beobachtet, wie diese plötzlich einen spitzen Gegenstand in der Hand hielt, mit welchem sie die Beifahrerseite meines BMWs von vorne nach hinten zum Kofferraum zerkratzte. Er sei dann sofort hinunter auf den Parkplatz und habe den angerichteten Sachschaden gesehen. Anschliessend habe er besagte ältere Dame wieder an der Bushaltestelle Birsstrasse in Fahrtrichtung Basel gesehen, sie aber nicht selber kontaktieren wollen. Sie sei im Quartier bekannt dafür, mit ihrer Handtasche mit ihren Fäusten auf Fahrzeuge zu schlagen, die auf ihrem Parkplatz abgestellt werden. Er sei sich ziemlich sicher, dass die Tatzeit nach 12:30 - 13:00 Uhr gewesen sei. Er habe sich damals die Tatzeit auf einen Zettel geschrieben, weshalb er sich sicher sei, dass die Tatzeit ca. 13:10 Uhr gewesen sei. Als er die Dame bei der Bushaltestelle wieder gesehen habe, sei es 13:10 Uhr gewesen, daran könne er sich jetzt wieder genau erinnern. Er habe sich dann am Montag in den Kiosk im Parterre seiner Wohnliegenschaft begeben, um den Namen der Frau in Erfahrung zu bringen. Der Mann, der im Kiosk arbeite, habe ihm gesagt, seine Frau kenne den Namen dieser Frau. Sie arbeite aber erst am Mittwoch wieder im Kiosk. Er (C____) sei dann aber schon am Montag zur Polizei, um Anzeige zu erstatten. Dort habe man ihm gesagt, er solle wiederkommen, wenn er den Namen der möglichen Täterin kenne. Am Mittwoch habe ihm die Frau vom Kiosk dann gezeigt, wo die ältere Frau wohne und auf der Sonnerie von deren Wohnhaus gezeigt, wie sie heisse. Er habe die Sonnerie fotografiert. Eine Kopie der Fotografie der Sonnerie wurde zu den Akten im Strafverfahren B____ genommen.


An der Berufungsverhandlung sagte C____ zur Sache befragt zusammengefasst wiederum aus, er habe am 13. Dezember 2015 sein Auto nur kurz auf dem Parkfeld der B____ stehen lassen und dann wieder wegfahren wollen. Er habe den Vorfall von oben zufällig gesehen. Er sei dann direkt zur Polizei und danach an den Ort, wo er habe hingehen wollen. Darauf hingewiesen, dass er damit seiner ursprünglichen Aussage, wonach er erst zwei Tage später zur Polizei gegangen sei, widerspreche, sagte er aus: Nein, das stimmt nicht, ich bin am selben Tag zur Polizei. Die haben sodann sogar noch Spuren abgenommen, Fotos gemacht und Staub mitgenommen. Auf einen zweiten Hinweis, wonach aus dem Polizeiprotokoll ergehe, dass er erst am 15. Dezember 2015 zur Polizei gegangen sei und Fotografien der Polizei in den Akten vom 15. Januar 2016 datieren würden, sagte er: Ich bin direkt mit dem Auto zum Polizeiposten Kannenfeld gefahren. Es kann sein, dass sie erst einen Monat später kamen, um die Parkplätze zu fotografieren (Prot. HV S. 6).


3.3.3 Damit ist erstellt, dass C____ zum eigentlichen Kerngeschehen des Tatvorgangs detaillierte und gleichbleibende Aussagen gemacht hat, von denen er auch über zwei Jahre später nicht abkommt. Hingegen stellen sich zum heutigen Zeitpunkt berechtigte Fragen betreffend den genauen Tatzeitpunkt. C____ blieb an der Berufungsverhandlung trotz Hinweis auf die seinen Aussagen widersprechende Aktenlage im Strafverfahren B____ beharrlich bei seiner Angabe, er sei noch am Tag der Tat zur Polizei gefahren, um Anzeige zu erstatten. Indessen ergeht aus dem Anzeigerapport und den eigenen Aussagen des C____ im Strafverfahren B____ eindeutig, dass er frühestens einen Tag später bei der Polizei vorstellig wurde und die eigentliche Anzeige sogar erst vier Tage nach dem B____ vorgeworfenen Vorfall erfolgte. Damit ist aus heutiger Sicht zweifelhaft, ob die Aussage des C____ im Strafverfahren gegen B____, wonach die Sachbeschädigung am 13. Dezember 2015, um 13:10 Uhr, stattfand, in dieser zeitlichen Präzision richtig ist, zumal der Eindruck entsteht, C____ wolle gegenüber den Behörden auf keinen Fall Erinnerungslücken Ungenauigkeiten eingestehen. Stutzig macht auch die Angabe des C____, die Polizei habe noch am Tattag Fotografien erstellt und Spuren gesichert, namentlich Staub abgenommen. Damit ändert C____ seine Aussage gegenüber derjenigen im Strafverfahren B____ nicht nur betreffend den zeitlichen Ablauf der Ereignisse sondern erfindet ein Ereignis, das so nachweislich gar nicht stattgefunden haben kann. Dies weil aufgrund des Polizeirapports vom 17.Dezember 2015 erstellt ist, dass keine Spurensicherung am Tattag erfolgte. Auch ist nicht ersichtlich, was für einen Zweck das Sicherstellen von Staub, gemeint ist wohl Farbstaub von der Beschädigungsstelle, überhaupt erfüllen könnte. Aufgrund dieser Änderung der Aussagen des C____ an der Berufungsverhandlung kann nicht mehr ohne verbleibende Zweifel festgestellt werden, dass sich der B____ vorgeworfene Sachverhalt mit Sicherheit am 13. Dezember 2015, ca. 13:10 Uhr, zutrug. Damit ist gleichzeitig auch nicht mit hinreichender Sicherheit erstellt, dass die Berufungsklägerin eine bewusste Falschaussage machte, als sie angab, B____ habe sich zu diesem Zeitpunkt bei ihr zu Hause aufgehalten. Die Berufungsklägerin ist deshalb vom Vorwurf des falschen Zeugnisses gemäss Art. 307 StGB freizusprechen.


4.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten des erstinstanzlichen und des Berufungsverfahrens zu Lasten der Staatskasse. Es ergeht ein kostenloser Freispruch und der Berufungsklägerin ist eine Parteientschädigung im Umfang der dazu eingereichten Honorarnote zuzusprechen.



Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Dreiergericht):


://: Die Berufungsklägerin A____ wird von der Anklage des falschen Zeugnisses kostenlos freigesprochen.


Der Berufungsklägerin werden für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 1907.40 (inklusive 8% MWST und Auslagen) und für das zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 1807.45 (inklusive 8% und 7.7% MWST und Auslagen) aus der Gerichtskasse ausgerichtet.


Mitteilung an:

- Berufungsklägerin

- Staatsanwaltschaft

- Strafgericht


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin

lic. iur. Eva Christ lic. iur. Barbara Grange



Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.


Die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerschaft können gegen einen allfälligen Entscheid betreffend ihre Entschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren gemäss Art. 135 Abs. 3 lit. b der Strafprozessordnung (StPO) innert 10 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde beim Bundesstrafgericht (Viale Stefano Franscini 7, Postfach 2720, 6501 Bellinzona) erheben (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_360/2014 vom 30. Oktober 2014).




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