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Urteil Appellationsgericht (BS - SB.2014.46 (AG.2021.205))

Zusammenfassung des Urteils SB.2014.46 (AG.2021.205): Appellationsgericht

seine Angaben, widersprach sich jedoch nicht wesentlich oder widerruf sie nicht. Die Konfrontationseinvernahme wurde somit ordnungsgemäss durchgeführt und die früheren Aussagen des Opfers sind verwertbar. Daher ist der Antrag des Berufungsklägers auf erneute Befragung des Opfers abzulehnen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts SB.2014.46 (AG.2021.205)

Kanton:BS
Fallnummer:SB.2014.46 (AG.2021.205)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid SB.2014.46 (AG.2021.205) vom 09.12.2020 (BS)
Datum:09.12.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:mehrfache Vergewaltigung, mehrfache sexuelle Nötigung, mehrfache Nötigung und mehrfache Drohung (hetero- oder homosexuelle Lebenspartner), einfache Körperverletzung (hetero- oder homosexuelle Lebenspartner) und mehrfache Tätlichkeiten (hetero- oder homosexuelle Lebenspartner) (Beschwerde beim BG)
Schlagwörter: Opfer; Berufung; Berufungskläger; Akten; Aussage; Opfers; Gericht; Gutachten; Aussagen; Verfahren; Einvernahme; Beweis; Berufungsklägers; Vergewaltigung; Recht; Appellationsgericht; Verfahrens; Ausführungen; Gerichts; Gericht; Schilderung; Urteil; Verfahren
Rechtsnorm: Art. 110 StGB ;Art. 126 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 139 StPO ;Art. 144 StPO ;Art. 147 StPO ;Art. 181 StGB ;Art. 185 StPO ;Art. 189 StGB ;Art. 189 StPO ;Art. 190 StGB ;Art. 29 BV ;Art. 32 BV ;Art. 34 StGB ;Art. 343 StPO ;Art. 389 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 43 StGB ;Art. 46 StGB ;Art. 48 BGG ;Art. 49 StGB ;Art. 51 StGB ;Art. 55a StGB ;Art. 63 AIG ;Art. 82 StPO ;Art. 9 BV ;
Referenz BGE:117 IV 7; 125 1 127; 125 V 351; 127 IV 101; 129 I 85; 132 IV 1; 132 V 443; 133 1 33; 133 I 33; 133 IV 150; 134 IV 17; 134 IV 97; 135 IV 126; 136 I 207; 136 I 229; 136 IV 55; 137 II 297; 137 V 394; 139 IV 270; 140 I 271; 140 IV 145; 140 IV 196; 141 III 28; 141 IV 236; 141 IV 305; 141 IV 369; 141 IV 393; 143 IV 214; 143 V 66; 144 I 253; 144 IV 217;
Kommentar:
Keller, Basler Kommentar Strafrecht, Art. 47 StGB, 2019

Entscheid des Verwaltungsgerichts SB.2014.46 (AG.2021.205)

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Kammer


SB.2014.46


URTEIL


vom 9. Dezember 2020



Mitwirkende


lic. iur. Eva Christ (Vorsitz),

Dr. Claudius Gelzer, Dr. phil. und MLaw Jacqueline Frossard,

lic. iur. Lucienne Renaud, Dr. Andreas Traub

und Gerichtsschreiber MLaw Martin Seelmann, LL.M.




Beteiligte


A____, geb. [...] Berufungskläger

[...] Beschuldigter

vertreten durch [...], Advokat,

[...]


gegen


Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Berufungsbeklagte

Binningerstrasse21, 4001 Basel



Opfer


B____

vertreten durch [...], Advokat,

[...]



Gegenstand


Berufung gegen ein Urteil des Strafgerichts

vom 22. November 2013


Urteil des Appellationsgerichts vom 15. Januar 2016 (vom Bundesgericht am 5. Mai 2017 aufgehoben)


betreffend mehrfache Vergewaltigung, mehrfache sexuelle Nötigung, mehrfache Nötigung und mehrfache Drohung (hetero- homosexuelle Lebenspartner), einfache Körperverletzung (hetero- homosexuelle Lebenspartner) und mehrfache Tätlichkeiten (hetero- homosexuelle Lebenspartner)



Sachverhalt


Das Strafgericht erklärte mit Urteil vom 22. November 2013 A____ der mehrfachen Vergewaltigung, der mehrfachen sexuellen Nötigung, der mehrfachen Nötigung und der mehrfachen Drohung (hetero- homosexuelle Lebenspartner), der einfachen Körperverletzung (hetero- homosexuelle Lebenspartner) und der mehrfachen Tätlichkeiten (hetero- homosexuelle Lebenspartner) zum Nachteil von C____ [welche zwischenzeitlich ihren ledigen Namen B____ wieder angenommen hat] schuldig und verurteilte ihn zu 3 ½ Jahren Freiheitsstrafe, unter Einrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft seit dem 3. Januar 2013, sowie zu einer Busse von CHF1'000.- (bei schuldhafter Nichtbezahlung 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe). Von der Anklage der mehrfachen sexuellen Nötigung, der mehrfachen Vergewaltigung, der versuchten sexuellen Nötigung und des versuchten Schwangerschaftsabbruchs ohne Einwilligung der schwangeren Frau zum Nachteil von D____ (AS Ziff. I.A) sprach das Strafgericht A____ frei. Weiter sistierte das Strafgericht das Strafverfahren gegen A____ wegen einfacher Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) und Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) zum Nachteil von E____ gemäss Art. 55a Abs. 1 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (StGB, SR 311.0) und entliess ihn aus der Sicherheitshaft. Die gegen A____ am 26.August 2009 vom Strafbefehlsrichter Basel-Stadt bedingt ausgesprochene Geldstrafe von 14 Tagessätzen zu CHF80.-, Probezeit 3 Jahre, erklärte das Strafgericht nicht vollziehbar. Schliesslich entschied das Strafgericht, dass die beigelegten sechs CDs bei den Akten verbleiben und auferlegte A____ die Verfahrenskosten im Betrag von CHF 4'548.80 sowie eine Urteilsgebühr von CHF 8'000.-. Dem Verteidiger richtete das Strafgericht aus der Strafgerichtskasse ein Honorar und eine Spesenvergütung mittels separater Verfügung aus.


Gegen dieses Urteil meldete A____ (nachfolgend Berufungskläger) am 2.Dezember 2013 Berufung an und beantragte mit Berufungserklärung vom 2. Mai 2014, das angefochtene Urteil sei bezüglich der Verurteilungen zum Nachteil von C____ (nachfolgend: Opfer) sowie im Kostenpunkt vollumfänglich aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen, unter o/e-Kostenfolge. Weiter stellte er die Beweisanträge, sämtliche Einvernahmeprotokolle des Opfers und von D____ und der darauf bezogenen Ausführungen in den Akten und im erstinstanzlichen Urteil aus den Akten zu entfernen. Die Präsidentin des Appellationsgerichts stellte mit Verfügung vom 30.Juni 2014 fest, dass die Staatsanwaltschaft weder Anschlussberufung erklärt noch Nichteintreten auf die Berufung beantragt hatte. Den Antrag auf Entfernung der Einvernahmeprotokolle des Opfers und von D____ sowie der darauf bezogenen Ausführungen aus den Akten wies sie ab, vorbehältlich eines anderslautenden Entscheids des Gesamtgerichts auf erneuten Antrag. Mit Eingabe vom 2. Juli 2014 stellte die Verteidigung den Eventualbeweisantrag, das Opfer sei anlässlich der Hauptverhandlung in direkter Konfrontation mit dem Berufungskläger zur Sache zu befragen. Mit Eingabe vom 7. Oktober 2014 gab die Verteidigung die Noven bekannt, dass das Opfer und der Berufungskläger nach dessen Entlassung aus der Sicherheitshaft am 22. November 2013 ihre Beziehung wiederaufgenommen hätten und dass auf Anzeige des Opfers vom 4.August 2014 hin der Berufungskläger wegen Verdachts auf mehrfache Vergewaltigung, häusliche Gewalt und Drohungen im Kanton Aargau in Untersuchungshaft genommen worden sei. Gestützt darauf stellte die Verteidigung die Beweisanträge, die Akten des Aargauischen Verfahrens seien beizuziehen und ein Gutachten zur Glaubwürdigkeit des Opfers sei in Auftrag zu geben. Die Präsidentin des Appellationsgerichts verfügte am 19. November 2014, die Akten des Aargauer Verfahrens beizuziehen. Indessen wies sie den Antrag auf ein Glaubhaftigkeitsgutachten betreffend die Aussagen des Opfers ab, vorbehältlich eines anderslautenden Entscheids des Gesamtgerichts auf erneuten Antrag. Das Bezirksgericht Baden sprach mit Urteil vom 16. April 2015 (Eingang des motivierten Urteils beim Appellationsgericht: 22. Oktober 2015) den Berufungskläger von Schuld (angeklagt: Mehrfache Vergewaltigung [teilweise eventualiter Schändung], mehrfache einfache Körperverletzung, mehrfache Tätlichkeiten, versuchte Nötigung, Drohung) und Strafe kostenlos frei und entliess ihn aus der Sicherheitshaft. Das Opfer im vorliegenden Verfahren legte als Zivil- und Strafklägerin im Aargauer Verfahren Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Baden ein. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Baden hin wurde der Berufungskläger ungeachtet des dortigen erstinstanzlichen Freispruchs in Sicherheitshaft belassen (BGer 1B_143/2015 vom 5. Mai 2015; 1B_171/2015 vom 27. Mai 2015); am 2. Dezember 2015 wurde er daraus entlassen. Mit Eingabe vom 23. November 2015 stellte die Verteidigung im vorliegenden Verfahren den Beweisantrag, die Akten aus dem bei der Staatsanwaltschaft Bern (Region Berner Jura-Seeland) gegen F____ (vormaliger Ehemann des Opfers) geführten Strafverfahren seien beizuziehen. Gleichentags stellte die Verteidigung den weiteren Beweisantrag, Dr. med. G____ als Zeugen/Auskunftsperson in die Hauptverhandlung zu laden und bei ihm sämtliche medizinischen Unterlagen über das Opfer einzuholen. Die Präsidentin des Appellationsgerichts gab mit Verfügung vom 1. Dezember 2015 dem Antrag auf Beizug der Akten aus dem bei der Staatsanwaltschaft Bern (Region Berner Jura-Seeland) geführten Strafverfahren vorerst insoweit statt, als sie ein ergangenes Urteil einen sonstigen verfahrenserledigenden Entscheid beizog. Den Antrag auf Einvernahme von Dr.med. G____ als Zeugen/Auskunftsperson sowie auf Einholung der bei ihm vorhandenen medizinischen Unterlagen über die Privatklägerin wies sie ab. Am 2. Dezember 2015 übermittelte die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern (Region Berner Jura-Seeland) ihre begründete Verfügung vom 31.März 2011, womit sie das Verfahren gegen F____ wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Drohung, Nötigung und Tätlichkeiten, mehrfach begangen, in der Zeit von Juli 2002 bis Oktober 2005 zum Nachteil des Opfers [im vorliegenden Verfahren] eingestellt hatte. Am 21. Dezember 2015 stellte der Opfervertreter im vorliegenden Verfahren den Antrag auf unentgeltlichen Beistand sowie weitere, auf die Grundsätze des Opferschutzes gestützte Anträge im Hinblick auf die Verhandlung, denen die Präsidentin mit Verfügung vom 23. Dezember 2015 entsprach. Mit Eingabe vom 5.Januar 2016 brachte die Verteidigung Bemerkungen zur Eingabe des Opfervertreters an. Letzterer reichte am 11. Januar 2016 einen Therapiebericht der das Opfer behandelnden Psychotherapeutin lic. phil. H____ ein, welcher zu den Akten genommen wurde. Die (erste) Verhandlung vor dem Appellationsgericht fand am 14./15.Januar 2016 als geschlossene Verhandlung statt, wobei die akkreditierte Presse zugelassen war. Daran nahmen der Berufungskläger, der Verteidiger, die Staatsanwaltschaft, das Opfer (in indirekter Konfrontation via Audio-Anlage) in Begleitung einer weiblichen Person von der Beratungsstelle Opferhilfe sowie der unentgeltliche Beistand teil. Die Verteidigung hielt an ihren Beweisanträgen fest. Zunächst wurde der Berufungskläger befragt, anschliessend das Opfer als Zeugin; dies konnte der Berufungskläger in einem separaten Raum via Audio-Anlage mitverfolgen und er erhielt Gelegenheit zu Ergänzungsfragen. Nach der Entlassung des Opfers und dem Schluss des Beweisverfahrens plädierte der Verteidiger, anschliessend die Staatsanwältin, worauf der Verteidiger replizierte. Für sämtliche Ausführungen der (ersten) zweitinstanzlichen Hauptverhandlung wird auf das entsprechende Protokoll verwiesen (Akten S. 1117 ff., 1893 ff.).


Das Appellationsgericht verurteilte den Berufungskläger am 15. Januar 2016 wegen mehrfacher Vergewaltigung, mehrfacher sexueller Nötigung, mehrfacher Nötigung und mehrfacher Drohung (hetero- homosexuelle Lebenspartner), einfacher Körperverletzung (hetero- homosexuelle Lebenspartner) und mehrfacher Tätlichkeiten (hetero- homosexuelle Lebenspartner) zu 3 ½ Jahren Freiheitsstrafe, unter Einrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft vom 3. Januar bis 22. November 2013 (324 Tage) und der im Kanton Aargau ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft vom 5. August 2014 bis 2. Dezember 2015 (492 Tage) sowie zu einer Busse von CHF 1'000.- (bei schuldhafter Nichtbezahlung 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe). Das Strafverfahren gegen den Berufungskläger wegen einfacher Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) und Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) zum Nachteil von E____ wurde gemäss Art. 55a Abs. 3 des Strafgesetzbuches eingestellt. Dem Berufungskläger wurden für das erstinstanzliche Verfahren die Verfahrenskosten von CHF 4'548.80 sowie eine Urteilsgebühr von CHF 8'000.- sowie die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer Urteilsgebühr von CHF3'000.- auferlegt. Dem amtlichen Verteidiger richtete das Appellationsgericht aus der Gerichtskasse ein Honorar samt Auslagenersatz aus. Dem unentgeltlichen Beistand des Opfers wurde für das Berufungsverfahren ebenfalls ein Honorar samt Auslagenersatz aus der Gerichtskasse zugesprochen.


Gegen das Urteil des Appellationsgerichts vom 15. Januar 2016 erhob der Berufungskläger Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Dieses hiess die Beschwerde mit Urteil vom 5. Mai 2017 in Aufhebung des Urteils des Appellationsgerichts vom 15.Januar 2016 teilweise gut und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen wies das Bundesgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Mit Verfügung vom 22. Mai 2017 kündete die Appellationsgerichtspräsidentin die Ansetzung einer erneuten Hauptverhandlung an. Mit Eingabe vom 29. Mai 2017 beantragte der Verteidiger, dass sämtliche Einvernahmeprotokolle von D____, sämtliche sich darauf beziehenden Ausführungen sowie alle in den Akten enthaltenen indirekten, d.h. nicht im Rahmen einer förmlichen Befragung erhobenen Aussagen von D____ instruktionsrichterlich aus den Strafakten zu entfernen und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten und anschliessend zu vernichten seien. Zudem sei das Opfer in direkter, kontradiktorischer Konfrontation mit dem Berufungskläger zur Sache zu befragen und dementsprechend zur Berufungsverhandlung vorzuladen. Sollte die Durchführung einer direkten Konfrontation abgewiesen werden, so sei eine indirekte, kontradiktorische Konfrontation unter Gewährleistung der gegenseitigen Übertragung von Bild und Ton durchzuführen. Eventualiter seien sämtliche Einvernahmeprotokolle von C____, sämtliche sich darauf beziehenden Ausführungen sowie alle in den Akten enthaltenen indirekten, d.h. nicht im Rahmen einer förmlichen Befragung erhobenen Aussagen von C____ instruktionsrichterlich aus den Strafakten zu entfernen und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten und anschliessend zu vernichten. Nach erfolgter instruktionsrichterlicher Aktenentfernung gemäss den Anträgen habe der gesamte Gerichtskörper (inkl. Gerichtsschreiber) in den Ausstand zu treten. Die Präsidentin des Appellationsgerichts verfügte am 31. Mai 2017, dass die Einvernahmeprotokolle von D____ in Anwendung von Art. 141 Abs. 5 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) antragsgemäss aus den Strafakten zu entfernen und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten seien. Dies gelte jedoch nicht für die weiteren vom Berufungskläger angeführten Aktenstellen. Mit Entscheid des Appellationsgerichts vom 29. September 2017 wurde des Weiteren das Ausstandsgesuch gegen die Mitglieder des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren abgewiesen. Dagegen erhob der Berufungskläger am 13. November 2017 Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Der Berufungskläger ersuchte darin auch um den Erlass einer vorsorglichen Massnahme, dass die Vorinstanz anzuweisen sei, das laufende Strafverfahren bis zum rechtskräftigen Entscheid über die gestellten Ausstandsbegehren zu sistieren. Das Bundesgericht wies die beantragte vorsorgliche Massnahme mit Verfügung vom 13. Dezember 2017 ab. Mit Eingabe vom 3. Januar 2018 beantragte der Verteidiger - sollte vor dem Hintergrund der bundesgerichtlichen Verfügung vom 13.Dezember 2017 die Anordnung der Berufungsverhandlung ins Auge gefasst werden, ohne den Entscheid des Bundesgerichts abzuwarten, bzw. sollte das Bundesgericht die Beschwerde vom 22. November 2017 abweisen - die Ansetzung einer Frist zur Einreichung einer schriftlichen Berufungsbegründung. Des Weiteren sei bei Dr. phil. I____ (Kompetenzzentrum für Rechtspsychologie, Universität [...]) bei Dipl.-Psych. J____ (universitäre psychiatrische Kliniken [...]) ein Glaubhaftigkeitsgutachten über die Aussagen des angeblichen Opfers in Auftrag zu geben. Überdies sei vom Opfer gegenüber Herrn Dr. med. G____ eine schriftliche Entbindungserklärung einzuholen. Im Falle einer solchen Entbindung sei Dr. med. G____ als Zeuge/Auskunftsperson anlässlich der Hauptverhandlung einzuvernehmen und dementsprechend vorzuladen. Darüber hinaus seien bei Dr. med. G____ sämtliche medizinischen Unterlagen über das Opfer einzuholen. Auch seien die gesamten Akten aus dem bei der Staatsanwalt Bern (Region Berner Jura-Seeland) gegen F____ geführten Strafverfahren beizuziehen. Schliesslich seien dem Berufungskläger sämtliche Verfahrensakten der Berufungsinstanz zur Einsichtnahme zuzustellen (inkl. sämtlicher Korrespondenz auf dem Postweg per E-Mail mit anderen Behörden sonstigen Verfahrensbeteiligten, sämtlicher Aktennotizen sowie sämtlicher Korrespondenz auf konventionellem und elektronischem Weg zwischen den Mitgliedern des Berufungsgerichts). Mit Verfügung vom 9.Januar 2018 wies die Appellationsgerichtspräsidentin die Anträge auf Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens über die Aussagen des Opfers, auf die Einvernahme von Dr.med. G____ und auf Einholung der bei ihm vorhandenen medizinischen Unterlagen über das Opfer sowie auf den Beizug weiterer Akten aus dem Verfahren in Sachen F____ bei der Staatsanwaltschaft Bern ab, vorbehältlich eines anderslautenden Entscheids des erkennenden Gerichts. Demgegenüber wurde dem Berufungskläger die beantragte Einsicht in die Verfahrensakten gewährt.


Mit Urteil vom 19. Mai 2016 sprach zwischenzeitlich das Obergericht des Kantons Aargau den Berufungskläger der mehrfachen Vergewaltigung, der einfachen Körperverletzung, der Drohung, der versuchten Nötigung und der mehrfachen Tätlichkeit schuldig. Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren, einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu CHF 120.-, einer Busse von CHF 500.- und der Bezahlung einer Genugtuung von CHF 10'000.- an das Opfer. Gegen dieses Urteil erhob der Berufungskläger ebenfalls Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Mit Urteil vom 29. Juni 2017 wurde die Beschwerde teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 19. Mai 2016 aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an das Obergericht zurückgewiesen. Im Übrigen wies das Bundesgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.


Mit (ergänzender) Berufungsbegründung vom 23. März 2018 beantragte der Berufungskläger im vorliegenden Verfahren, dass er vollumfänglich von Schuld und Strafe freizusprechen sei. Die Staatsanwaltschaft reichte innert Frist keine Berufungsantwort ein. Mit Vorladung vom 12. April 2018 wurden die Parteien zur (erneuten) Gerichtsverhandlung vor dem Appellationsgericht am 1. Juni 2018 geladen. Mit Urteil vom 5. April 2018 wies das Bundesgericht sodann die Beschwerde des Berufungsklägers gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 29. September 2017 betreffend Ausstandsbegehren ([...]) ab, soweit es darauf eintrat. An der Hauptverhandlung vom 1.Juni 2018 hielt der Berufungskläger an den Beweisanträgen in seiner Eingabe vom 3. Januar 2018 fest, insbesondere an der Befragung von Dr.med. G____, dem Beizug der Krankengeschichte des Opfers sowie der Erstellung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens. Nach über die Anträge erfolgter Zwischenberatung wurde das Verfahren ausgestellt. Die Appellationsgerichtspräsidentin verfügte am 4.Juni 2018 in Gutheissung des Beweisantrags 5 der Eingabe des Berufungsklägers vom 3. Januar 2018 den Beizug der gesamten Akten aus dem bei der Staatsanwaltschaft Bern (Region Berner Jura-Seeland) unter dem Aktenzeichen [...] gegen F____ geführten Strafverfahren. Sodann sei in Bezug auf die Beweisanträge 3 und 4 der Eingabe vom 3. Januar 2018 eine Entbindungserklärung seitens B____ gegenüber Dr.med. G____ einzuholen, mit welcher sie den Arzt von seiner beruflichen Schweigepflicht betreffend Diagnosestellung - nicht aber betreffend Herausgabe der gesamten Krankengeschichte - entbinden solle. Mit Eingabe vom 11.Juni 2018 stellte der Berufungskläger unter anderem die Anträge, dass ihm der am 1. Juni 2018 vom Berufungsgericht gefasste Beschluss im genauen Wortlaut schriftlich zu eröffnen sei. Des Weiteren sei dem Berufungskläger hinsichtlich der nunmehr vom Berufungsgericht beschlossenen, bei Dr.med. G____ einzuholenden Erkundigungen das rechtliche Gehör zu gewähren. Mit Verfügung vom 3. August 2018 verfügte die Appellationsgerichtspräsidentin unter anderem, dass Dr. med. G____ unter Vorlage der Entbindungserklärung dazu aufgefordert werde, Auskunft über eine allfällig für B____ bestehende begründete Diagnose nach ICD-10 DSM-5 zu geben. In der Folge reichte Dr. med. G____ mit Schreiben vom 23.August 2018 einen Arztbericht vom Opfer ein. Mit Eingabe vom 5. September 2019 beantragte der Berufungskläger erneut, dass bei Dr. phil. I____ (Kompetenzzentrum für Rechtspsychologie, Universität [...]) bei Dipl.-Psych. J____ (universitäre psychiatrische Kliniken [...]) ein Glaubhaftigkeitsgutachten über die Aussagen des Opfers in Auftrag zu geben sei. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2018 legte der Berufungskläger sodann eine von Frau Dipl.-Psych. K____, Fachpsychologin für Rechtspsychologie BDP/DGPs, erstellte aussagepsychologische Stellungnahme des Zentrums für Aussagepsychologie Berlin vom 1. Oktober 2018 ins Recht. Mit Verfügung vom 13. November 2018 führte die Appellationsgerichtspräsidentin aus, dass sie die Erstellung eines Gutachtens über die Glaubhaftigkeit der Opferaussagen durch Frau Dipl.-Psych. J____ (Fachpsychologin für Rechtspsychologie FSP), Leitende Psychologin [...], [...], in Zusammenarbeit mit Frau Dr. med. L____ (Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH mit Schwerpunkt Forensische Psychiatrie), ebenfalls an der [...], in Erwägung ziehe und führte verschiedene an die beiden Expertinnen zu stellende Fragen auf. Mit Eingabe vom 21. Dezember 2018 beantragte der Berufungskläger unter anderem, dass dem Gutachtensauftrag die gesamten Verfahrensakten aus dem im Kanton Aargau gegen den Berufungskläger geführten Strafverfahren sowie die gesamten Verfahrensakten aus dem im Kanton Bern gegen F____ geführten Strafverfahren beizulegen seien. Auch beantragte er die Aufnahme einer Ergänzungsfrage in den Gutachtensauftrag. Mit Verfügung vom 2. Januar 2019 ordnete die Appellationsgerichtspräsidentin schliesslich die Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens bei den beiden erwähnten Sachverständigen ein, dies unter Übermittlung der gesamten Verfahrensakten im vorliegenden Fall, einschliesslich der Akten aus dem Verfahren gegen F____ sowie aus dem Verfahren gegen den Berufungskläger im Kanton Aargau. Mit Schreiben der Sachverständigen vom 21.Mai 2019 erbaten diese die Appellationsgerichtspräsidentin, Dr. med. G____ verschiedene Fragen zur Beantwortung zu unterbreiten. Mit Schreiben vom 7. Juni 2019 beantragte der Berufungskläger, dass Dr. med. G____ die Beantwortung dieser Fragen durch die Beilage der Krankengeschichte des Opfers sowie entsprechender, in der Krankenakte vorhandener Arztberichte zu belegen habe. Mit Schreiben der Appellationsgerichtspräsidentin vom 11.Juni 2019 an Dr.med. G____ wurde dieser darum ersucht, die im Katalog der Sachverständigen aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Mit Verfügung vom 12. Juni 2019 wurde sodann der Antrag des Berufungsklägers vom 7. Juni 2019 auf Einreichung der Krankengeschichte des Opfers sowie von Arztberichten aus der Krankenakte abgelehnt, vorbehältlich eines anderslautenden Entscheids des erkennenden Gerichts auf erneuten Antrag. Mit Eingabe vom 11. August 2019 reichte Dr. med. G____ dem Gericht die Antworten zu den Fragen der Sachverständigen ein.


Am 5. Dezember 2019 ging das aussagepsychologische Gutachten vom 4. Dezember 2019 zur Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers beim Appellationsgericht ein. Mit Eingabe vom 13. Januar 2020 beantragte der Berufungskläger unter anderem, dass die Gutachterinnen sämtliche Gutachtensgrundlagen zu edieren hätten, welche sich nicht bereits bei den Verfahrensakten befänden, namentlich Unterlagen und entsprechende Dokumentationen über die Explorationen des Opfers am 24. April 2019, 15.Mai 2019 sowie am 15. Oktober 2019. Dieser Antrag wurde mit instruktionsrichterlicher Verfügung vom 17. Januar 2020 abgewiesen. Mit Stellungnahme vom 17. Februar 2020 zum aussagepsychologischen Gutachten reichte der Berufungskläger die aussagepsychologische Stellungnahme des Zentrums für Aussagepsychologie Berlin (Dipl.-Psych. K____, Fachpsychologin für Rechtspsychologie BDP/DGPs) vom 6. Februar 2020 ein und unterbreitete dem Gericht die in der aussagepsychologischen Stellungnahme ausgesprochenen Empfehlungen explizit als entsprechende Anträge. Mit Verfügung vom 29. April 2020 wurde der Antrag des Berufungsklägers auf ergänzende Glaubhaftigkeitsbegutachtung des Opfers unter Exploration zur Sache und Beizug weiterer Informationen abgelehnt, vorbehältlich eines anderslautenden Entscheids des erkennenden Gerichts auf erneuten Antrag. Am 20.Mai 2020 wurden die Parteien zur Hauptverhandlung am 18. Juni 2020 vorgeladen. Mit Eingabe vom 29.Mai 2020 beantragte der Berufungskläger, dass die vorgesehene Berufungsverhandlung auf einen neuen, in Absprache mit Dipl.-Psych. K____ festzulegenden Termin umzubieten sei. Zudem sei Dipl.-Psych. K____ als Zeugin/Auskunftsperson anlässlich der Berufungsverhandlung zu befragen und dementsprechend zur Berufungsverhandlung vorzuladen. Mit Verfügung vom 2. Juni 2020 bot die Appellationsgerichtspräsidentin die auf den 18. Juni 2020 angesetzte Hauptverhandlung ab und kündigte die Ansetzung einer neuen Hauptverhandlung unter Teilnahme der vom Berufungskläger bezeichneten Privatgutachterin Dipl.-Psych. K____ an. Am 9. Juli 2020 wurden die Parteien zur neu angesetzten Hauptverhandlung am 9. Dezember 2020 vorgeladen. Mit Eingabe vom 11. November 2020 beantragte der Berufungskläger, dass Frau Dipl.-Psych. K____ als sachverständige Zeugin/Auskunftsperson anlässlich der Berufungsverhandlung in kontradiktorischer Konfrontation mit den als Zeuginnen/Auskunftspersonen vorgeladenen Expertinnen Dipl.-Psych. J____ und Dr.med. L____ zu befragen sei. Diese Befragung sei im Wege der Videokonferenz gemäss Art. 144 StPO durchzuführen. Mit Verfügung vom 12. November 2020 wies die Instruktionsrichterin darauf hin, dass bereits am 2. Juni 2020 verfügt worden sei, dass sich Dipl.-Psych. K____ an der Hauptverhandlung im Rahmen der Parteivorbringen äussern und Fragen an die geladenen Gutachterinnen stellen könne. Sodann sei mit dem Verteidiger und mit Dipl.-Psych. K____ schon abgesprochen worden, dass dies mittels Zuschaltung per Video geschehen werde. Darüberhinausgehende Anträge, soweit sie sich aus der Eingabe vom 11. November 2020 ergeben würden, wurden abgelehnt, vorbehältlich eines anderslautenden Entscheids des erkennenden Gerichts auf erneuten Antrag.


An der Verhandlung vor dem Appellationsgericht vom 9. Dezember 2020 nahmen der Berufungskläger, der amtliche Verteidiger, die Staatsanwaltschaft, Dipl.-Psych. J____, Dr. med. L____ sowie Dipl.-Psych. K____ (per Video- und Tonübertragung zugeschaltet) teil. Zunächst wurden der Berufungskläger und anschliessend die Expertinnen befragt, auch die Privatgutachterin Dipl.-Psych. K____ konnte Fragen an die Sachverständigen stellen und beantwortete auch selbst durch das Gericht und den Verteidiger an sie gestellte Fragen. Nach der Entlassung der Expertinnen und der Privatgutachterin und dem Schluss des Beweisverfahrens plädierte der Verteidiger. Er beantragte, den Berufungskläger vollumfänglich freizusprechen. Zudem sei ihm eine angemessene Entschädigung für unrechtmässig erlittene Haft im Betrage von CHF 250.- pro Tag ausgestandener Haft zu leisten, dies alles unter o/e-Kostenfolge. Schliesslich sei das Honorar gemäss Aufstellung zu bewilligen. Anschliessend gelangte die Staatsanwältin zum Vortrag, worauf der Verteidiger replizierte und auch die Staatsanwältin darauf duplizierte.


Für sämtliche Ausführungen wird auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen. Die entscheidrelevanten Tatsachen und Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich aus dem vorinstanzlichen Urteil und den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen


1.

1.1 Hebt das Bundesgericht einen kantonalen Entscheid auf und weist es die Sache an die kantonale Behörde zurück, hat diese ihrer neuen Entscheidung die rechtliche Begründung des Bundesgerichtsentscheides zugrunde zu legen. Dabei hat sie sich auf das zu beschränken, was sich aus den für sie verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts als Gegenstand der neuen Entscheidung ergibt (BGE 143 IV 214 E.5.3.3 S. 222, 123 IV 1 E.1 S.3; 117 IV 97 E. 4a S. 104; Dormann, in: Basler Kommentar, 3. Auflage 2018, Art.107 BGG N 18 f.; vgl. AGE SB.2015.46 vom 30.Mai 2018 E. 1.1, SB.2015.71 vom 6. Februar 2018 E. 1.1 und SB.2018.25 vom 18. November 2019 E.1.1).


1.2 In dem im vorliegenden Fall relevanten Urteil BGer6B_543/2016 vom 5. Mai 2017 erkannte das Bundesgericht für das Appellationsgericht bindend, dass letzteres Bundesrecht verletze, wenn es die Beweisanträge des Berufungsklägers wegen Verspätung abweise, weil er sie nicht bereits in der Berufungserklärung gestellt habe. Das Appellationsgericht habe zu prüfen, ob es die vom Berufungskläger beantragten Beweismittel abnehmen müsse in antizipierter Beweiswürdigung darauf verzichten könne. Die fraglichen Beweisanträge des Berufungsklägers sollten nach dessen Angaben letztlich dazu dienen, seinen Antrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens über das Opfer zu stützen. Das Appellationsgericht werde sowohl über den Antrag auf Einvernahme des Psychiaters und den Beizug der Krankenakten des Opfers als auch über die Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens neu zu befinden haben (BGer6B_543/2016 vom 5. Mai 2017 E. 3.5). Im Übrigen wies das Bundesgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (E.4.). Hinsichtlich der Rügen des Berufungsklägers betreffend die Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren hielt das Bundesgericht fest, dass die Entfernung der Einvernahmeprotokolle von D____ aus den Akten in diesem Verfahrensstadium nicht mehr geeignet gewesen wäre, eine allfällige Beeinflussung des Gerichts zu verhindern. Art.141 Abs. 5 StPO sei daher nicht verletzt worden. Auch führe der Umstand, dass die unverwertbaren Einvernahmeprotokolle bei den Akten belassen worden seien, nicht per se dazu, dass das Berufungsgericht nach der Rückweisung neu besetzt werden müsse.


1.3 Nicht mehr Gegenstand des Rückweisungsverfahrens bilden die bereits im Zeitpunkt des ersten Entscheids des Appellationsgerichts in Rechtskraft erwachsenen Punkte des erstinstanzlichen Urteils wie der Freispruch des Berufungsklägers von der Anklage der mehrfachen sexuellen Nötigung, der mehrfachen Vergewaltigung, der versuchten sexuellen Nötigung und des versuchten Schwangerschaftsabbruchs ohne Einwilligung der schwangeren Frau zum Nachteil von D____ (AS Ziff.I.A), die Nichtvollziehbarerklärung der gegen den Berufungskläger am 26. August 2009 vom Strafbefehlsrichter Basel-Stadt bedingt ausgesprochenen Geldstrafe von 14Tagessätzen zu CHF 80.-, Probezeit 3 Jahre, in Anwendung von Art. 46 Abs. 2 StGB, der Verbleib der beigelegten sechs CDs bei den Akten sowie die Entschädigung der amtlichen Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren. Zur Beurteilung stehen damit im vorliegenden Verfahren «lediglich» die Fragen der Einvernahme des Psychiaters, des Beizugs der Krankenakten des Opfers, die damit zusammenhängende Frage der Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens sowie die sich (allenfalls) daraus ergebenden Konsequenzen für die Beweiswürdigung im Hinblick auf die dem Berufungskläger zur Last gelegten Vorwürfe zum Nachteil des Opfers. Es ist anzumerken, dass aus formellen Gründen das gesamte Urteilsdispositiv neu zu ergehen hat, hat doch das Bundesgericht das Urteil des Appellationsgerichts vom 15.Januar 2016 insgesamt aufgehoben (vgl. Dispositiv Ziff.1). Materiell bleibt der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens jedoch auf die Würdigung der soeben erwähnten Fragen beschränkt.


1.4 Das Strafgericht hat zudem das Strafverfahren gegen den Berufungskläger wegen einfacher Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) und Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) zum Nachteil von E____ gemäss Art. 55a Abs. 1 StGB sistiert. Nachdem E____ keine Widerrufserklärung innert sechs Monaten im Sinne von Art. 55a Abs. 4 StGB (vor dem 1. Juli 2020 Art. 55a Abs.2 StGB) abgegeben hat, hat das Gericht gemäss dem seit dem 1.Juli 2020 neu eingefügten Art. 55a Abs.5 StGB eine Beurteilung vorzunehmen, ob sich die Situation des Opfers stabilisiert verbessert hat. Wird dies bejaht, so wird die Einstellung des Verfahrens verfügt (zur Nichtwendung des Rückwirkungsverbots auf diese prozessrechtliche Bestimmung vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, in: BBl 2017 S. 7307, 7362 ff.). Für die Beurteilung sowie die allfällige Einstellung ist das Appellationsgericht als derzeit verfahrensleitende Behörde zuständig. Vorliegend ist davon auszugehen, dass sich die Situation E____s hinsichtlich der dem Berufungskläger zu ihrem Nachteil vorgeworfenen Delikten verbessert hat, ist sie doch in der Zwischenzeit von ihm geschieden und auch in beruflicher Hinsicht vom Berufungskläger unabhängig (vgl. Akten 1121, 1134, 2675). Entsprechend ist das Verfahren gemäss Art. 55a Abs. 5 StGB definitiv einzustellen.


2.

2.1 Das Bundesgericht hat die Rüge des Berufungsklägers gegen die Feststellung des Appellationsgerichts, dass er seine Beweisanträge verspätet gestellt habe, als berechtigt erachtet. Das Appellationsgericht habe zu prüfen, ob es die vom Berufungskläger beantragten Beweismittel abnehmen müsse in antizipierter Beweiswürdigung darauf verzichten könne. Die fraglichen Beweisanträge des Berufungsklägers sollten nach dessen Angaben letztlich dazu dienen, seinen Antrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens über das Opfer zu stützen.


2.2 Vorliegend erübrigen sich weitere Ausführungen zu diesen Anträgen, da die Appellationsgerichtspräsidentin mit Verfügung vom 2. Januar 2019 die Erstellung eines Gutachtens über die Glaubhaftigkeit der Opferaussagen durch Frau Dipl.-Psych. J____ (Fachpsychologin für Rechtspsychologie FSP), Leitende Psychologin an der Klinik für Forensik, Bereich Forensische Psychiatrie, [...], in Zusammenarbeit mit Frau Dr. med. L____ (Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH mit Schwerpunkt Forensische Psychiatrie), ebenfalls an der Klinik für Forensik der [...], anordnete. Vorliegend sind in materieller Hinsicht mithin die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beweiswürdigung im Hinblick auf die dem Berufungskläger zur Last gelegten Vorwürfe zum Nachteil des Opfers zu behandeln. Der Berufungskläger beantragt denn auch weiterhin einen vollumfänglichen Freispruch.


3.

Der Berufungskläger hat im Rahmen der erneut durchgeführten zweitinstanzlichen Hauptverhandlung zudem verschiedene beweisrechtliche Anträge gestellt.


3.1

3.1.1 Zum einen beantragt der Berufungskläger, dass das Urteil vom 22. November 2013 aufzuheben und die Sache zur Durchführung eines bundesrechts- und EMRK-konformen Verfahrens, namentlich unter bundesrechts- und EMRK-konformer Spruchkörperbildung, an das Strafgericht zurückzuweisen sei. Dabei seien die Mitglieder des seinerzeitigen Spruchkörpers von der neuen Spruchkörperbildung auszuschliessen. Eventualiter sei das Verfahren auszustellen und für das vorliegende Berufungsverfahren in bundesrechts- und EMRK-konformer Weise ein neuer Spruchkörper zusammenzusetzen. Dabei seien die Mitglieder des bestehenden Spruchkörpers von der neuen Spruchkörperbildung auszuschliessen. Die Spruchkörperbildung sowohl bezüglich des Strafgerichts als auch bezüglich des Appellationsgerichts sei noch unter der Herrschaft des bis zum 30. Juni 2016 gültig gewesenen alten Gerichtsorganisationsgesetzes und mithin im vorliegenden Verfahren erst- sowie zweitinstanzlich durch eine nicht richterliche Instanz erfolgt. Daher sei die Spruchkörperbildung bundesrechts- und konventionswidrig. Das Appellationsgericht wäre verpflichtet gewesen, im vorliegenden Verfahren von Amtes wegen eine neue Spruchkörperbesetzung vorzunehmen bzw. von Amtes wegen das Urteil des Strafgerichts vom 22. November 2013 aufzuheben und zur Durchführung eines bundesrechts- und EMRK-konformen Verfahrens, namentlich unter bundesrechts- und EMRK-konformer Spruchkörperbildung, an das Strafgericht zurückzuweisen.


3.1.2 Die Staatsanwaltschaft beantragt die Abweisung des Antrags, da das Strafgericht nach damaligem Dafürhalten ordentlich besetzt gewesen und die Rüge bis jetzt nicht vorgebracht worden sei.


3.1.3

3.1.3.1 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt gestützt auf den auch für Private geltenden Grundsatz von Treu und Glauben und das Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 5 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV, SR 101]; BGE 137 V 394 E. 7.1 S. 403), dass verfahrensrechtliche Einwendungen so früh wie möglich, das heisst nach Kenntnisnahme eines Mangels bei erster Gelegenheit, vorzubringen sind. Es verstösst gegen Treu und Glauben, Mängel dieser Art erst in einem späteren Verfahrensstadium geltend zu machen, wenn der Einwand schon vorher hätte festgestellt und gerügt werden können. Wer sich auf das Verfahren einlässt, ohne einen Verfahrensmangel bei erster Gelegenheit vorzubringen, verwirkt in der Regel den Anspruch auf spätere Anrufung der vermeintlich verletzten Verfahrensvorschrift (BGE 143 V 66 E. 4.3 S. 69 f., 135 III 334 E. 2.2 S. 336, 134 I 20 E.4.3.1 S. 22 f., 132 II 485 E. 4.3 S. 496 f., 130 III 66 E. 4.3 S. 75; BGer 1C_630/2014 vom 18. September 2015 E. 3.1; 1B_513/2017 vom 5. März 2018 E. 3). Massgebend für den Beginn der Rügefrist ist die Möglichkeit der Feststellung des Mangels, d.h. die Kenntnis um die hierfür relevanten Tatsachen. Nicht ankommen kann es angesichts der kurzen Rügefristen auf den Zeitpunkt, ab welchem sich eine Rechtsauffassung durchsetzt, namentlich, weil ein bestimmter Rechtsmangel in einem anderen Verfahren justiziell beurteilt worden ist (vgl. BGE 136 I 207 E.3.4 S. 211 f.). Mit Blick auf die Rüge von Ausstandsgründen hält das Bundesgericht in steter Rechtsprechung beispielhaft fest, der entsprechende Anspruch sei in den nächsten Tagen nach Kenntnisnahme der relevanten Tatsachen geltend zu machen, andernfalls er verwirke. Ein Ausstandsgesuch, das sechs bis sieben Tage nach Kenntnis des Ausstandsgrunds eingereicht wird, gilt als rechtzeitig. Unzulässig ist hingegen ein Zuwarten während zwei drei Wochen (BGE 140 I 271 E. 8.4.5 S.276; BGer 1B_514/2017 vom 19. April 2018 E. 3.2, 1B_100/2015 vom 8. Juni 2015 E. 4.1, 1B_274/2013 vom 19.November 2013 E. 4.1).


Diese Auffassung hat das Bundesgericht in den Entscheiden 1B_119/2018 vom 29.Mai 2018 und 1B_429/2018 vom 29. November 2018 auch in Bezug auf die Rüge der fehlerhaften Spruchkörperbesetzung unter Hinweis auf die vorstehend zitierte Rechtsprechung explizit bestätigt. Es hält dort fest, dass Ausstandsgründe und Organmängel anderer Art gestützt auf den verfassungsmässigen Grundsatz von Treu und Glauben «so früh wie möglich, d.h. nach deren Kenntnis bei erster Gelegenheit, geltend zu machen» sind. Das gelte auch, soweit eine Verletzung von Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) gerügt werde. Wenn eine Partei «nach Bekanntgabe der Zusammensetzung des Spruchkörpers im Verfahren vor dem Strafgericht nicht sogleich reagierte», sondern die Verfassungs- und Konventionswidrigkeit erst später (in casu: im Verfahren vor dem Appellationsgericht Basel-Stadt) geltend mache, handle sie entgegen Treu und Glauben und erweise sich ihr Vorbringen als verspätet (BGer 1B_429/2018 vom 29. November 2018 E. 4.2).


Gleiches ergibt sich bereits aus dem erwähnten BGE 136 I 207, wo es ebenfalls um die Rüge einer verfassungs- bzw. konventionswidrigen Zusammensetzung des Spruchkörpers ging. Das Bundesgericht hat in jenem Fall erwogen, dass es gegen Treu und Glauben verstosse, wenn die verfassungswidrige Zusammensetzung (in casu: des Handelsgerichts) erst lange nach Anhängigmachen der Klage gerügt werde, «ohne dass sich in tatsächlicher rechtlicher Hinsicht bezüglich der [ ] angerufenen Umstände etwas geändert hätte». Es hat dabei in aller Deutlichkeit festgehalten, dass die blosse Kenntnisnahme aktueller Rechtsauffassungen zu einer Frage nicht massgeblich sei für den Zeitpunkt, in dem die Frage aufgeworfen werden müsse. So hat es im genannten Fall erwogen, es möge zwar zutreffen, dass die Beschwerdeführerin sich erst durch einen Aufsatz in einer Fachzeitschrift «der Verfassungswidrigkeit [...] bewusst geworden» sei, wie sie geltend mache, denn die gerügte verfassungswidrige Zusammensetzung aufgrund eines unkorrekten Wahlprozederes werde in der genannten Schrift insbesondere thematisiert. Doch sei dies unbehelflich, denn: «Die [ ] beanstandeten, die Gerichtsorganisation betreffenden Gesetzesnormen bestanden hingegen schon bei Klageeinreichung [ ]. Die Beschwerdeführerin hätte demnach die gerügte institutionelle Verfassungswidrigkeit seit Beginn des Verfahrens unverzüglich geltend machen können und müssen.» Daran vermöge selbst ein früherer kantonaler Gerichtsentscheid nichts zu ändern, in welchem das Kassationsgericht Zürich die Auffassung vertreten habe, das Handelsgericht sei konventions- und verfassungsrechtlich zulässig. Wenn die Beschwerdeführerin an der Richtigkeit dieses Entscheides gezweifelt habe, so hätte sie ihre abweichende Auffassung sofort einbringen müssen. Indem sie bei Verfahrensbeginn nicht unverzüglich gehandelt, sondern erst nach längerem Zuwarten eine institutionelle Verfassungs- und Konventionswidrigkeit des Handelsgerichts beanstandet habe, habe sie die entsprechenden Rügen verwirkt und sei damit nicht mehr zu hören (BGE 136 I 207 E. 3.4 S. 211 f.). Im gleichen Sinne hat das Bundesgericht im Entscheid 1B_119/2018 vom 29. Mai 2018 festgehalten, dass auch Rügen betreffend eine angebliche ungenügende gesetzliche Regelung der Besetzung des Spruchkörpers unmittelbar nach Kenntnisnahme der Besetzung des entsprechenden Spruchkörpers zu erfolgen haben. Eine nach Kenntnisnahme der Besetzung des Gerichts aufgrund der Vorladung vom 11. Juli 2017 erfolgte entsprechende Rüge in einer Replik vom 6. November 2017 wurde gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung vom Obergericht des Kantons Bern zu Recht als verspätet angesehen und nicht mehr behandelt (BGer 1B_119/2018 vom 29. Mai 2018, E. 5.4).


3.1.3.2 Im vorliegenden Fall war dem Berufungskläger die Spruchkörperzusammensetzung des Strafgerichts Basel-Stadt spätestens am Tag der erstinstanzlichen Hauptverhandlung am 21./22. November 2013 bekannt. Der Berufungskläger brachte zu jenem Zeitpunkt keine Einwände gegen die Besetzung des Spruchkörpers resp. das entsprechende Verfahren vor, sondern rügte diesen Umstand erst anlässlich der erneut durchgeführten zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vor dem Appellationsgericht am 9. Dezember 2020. Im Einklang mit der in den Entscheiden BGer 1B_119/2018 vom 29. Mai 2018 und 1B_429/2018 vom 29. November 2018 festgelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss daher die Berufung auf die mangelhafte Besetzung des Spruchkörpers des Strafgerichts als verspätet bezeichnet werden. Mithin ist es aufgrund dieser Rechtsprechung auch nicht von Belang, dass der Verteidiger des Berufungsklägers angibt, erst am Vortag der Berufungsverhandlung vom fehlerhaften Vorgehen zur Spruchkörperbesetzung erfahren zu haben. Als verspätet anzusehen ist unter diesen Umständen auch die Geltendmachung der fehlerhaften Besetzung des Spruchkörpers des Appellationsgerichts hinsichtlich der erstmals durchgeführten zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vom 14./15. Januar 2016, war diese doch dem Berufungskläger ebenfalls seit spätestens diesem Datum bekannt. In Bezug auf die Besetzung des Spruchkörpers des Appellationsgerichts im Rahmen der erneuten Durchführung der zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vom 9. Dezember 2020 ist schliesslich darauf hinzuweisen, dass dieser nach der Rückweisung durch das Bundesgericht durch den Vorsitzenden der strafrechtlichen Abteilung neu bestimmt wurde, wobei ein personeller Wechsel gegenüber der zuvor vorgenommenen Bestimmung nur in der Person von Richter [...] (Ersatz für Richter [...]) und dem Gerichtsschreiber [...] (Ersatz für [...]) erfolgte (vgl. Akten S. 2624a).


Im Ergebnis ist daher der Antrag des Berufungsklägers auf Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils vom 22. November 2013 und Rückweisung der Sache zur Durchführung eines bundesrechts- und EMRK-konformen Verfahrens, namentlich unter bundesrechts- und EMRK-konformer Spruchkörperbildung bzw. der Ausstellung des vorliegenden Berufungsverfahrens und neu durchzuführender Spruchkörperzusammensetzung abzuweisen.


3.2

3.2.1 Des Weiteren beantragt der Berufungskläger, es sei das Opfer in direkter kontradiktorischer Konfrontation mit dem Berufungskläger zur Sache zu befragen und dementsprechend zur Verhandlung vorzuladen. Dieser Antrag sei bereits in der Berufungsbegründung vom 23. März 2018 in Ziffer 14 gestellt und bislang nicht entschieden worden. Bei der Einvernahme vom 5. März 2013 handle es sich um eine bloss dem Konfrontationsanspruch nicht genügende formelle Konfrontation. Diese Einvernahme sei daher zu wiederholen.


3.2.2 Die Staatsanwaltschaft bringt demgegenüber vor, dass sich das Bundesgericht mit dieser Frage auseinandergesetzt und festgehalten habe, weshalb die Konfrontation und die Einvernahmen eben doch verwertbar seien. Aus diesem Grund sei auch dieser Antrag abzuweisen.


3.2.3

3.2.3.1 Der in Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK garantierte Anspruch des Beschuldigten, den Belastungszeugen Fragen zu stellen (vgl. auch Art. 147 Abs. 1 StPO), ist ein besonderer Aspekt des Rechts auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Eine belastende Zeugenaussage ist grundsätzlich nur verwertbar, wenn der Beschuldigte wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen. Damit die Verteidigungsrechte gewahrt sind, muss der Beschuldigte namentlich in der Lage sein, die Glaubhaftigkeit einer Aussage prüfen und den Beweiswert in kontradiktorischer Weise auf die Probe und infrage stellen zu können (BGE 133 1 33 E. 2.2 S. 37 f., 131 I 476 E. 2.2 S. 481, 129 1 151 E. 3.1 S.153 f. und E. 4.2 S. 157; je mit Hinweisen). Dieser Anspruch wird als Konkretisierung des rechtlichen Gehörs (Art.29 Abs. 2 BV, Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO) auch durch Art 32 Abs. 2 BV gewährleistet (BGE 131 1476 E. 2.2 S. 480, 129 1 151 E. 3.1 S. 153 f.). Im Regelfall ist das Fragerecht dem Beschuldigten und seinem Verteidiger gemeinsam einzuräumen (BGer 6B_208/2015 vom 24. August 2015 E. 8.3, 6B_324/2011 vom 26.Oktober 2011 E. 1.2, 6B_45/2008 vom 2. Juni 2008 E. 2.4). Auf das Konfrontationsrecht kann verzichtet werden (vgl. BGE 125 1 127 E. 6c/bb S. 134, 121 1 306 E.1b S. 309; 118 Ia 462 E.5b S. 470; BGer 6B_208/2015 vom 24. August 2015 E.8.3, 6B_978/2014 vom 23. Juni 2015 E. 5.2, nicht publ. in BGE 141 IV 305, 6B_529/2014 vom 10. Dezember 2014 E.5.2, nicht publ. in BGE 140 IV 196; je mit Hinweisen).


3.2.3.2 Das Opfer erstattete am 3. Januar 2013 Anzeige gegen den Berufungskläger und wurde gleichentags durch die Kriminalpolizei befragt. Im Verlaufe des Januars 2013 erfolgten weitere Einvernahmen des Opfers im Beisein seines Rechtsvertreters und jenes des Berufungsklägers. An der vom Berufungskläger gerügten Einvernahme vom 5. März 2013 wurden Opfer und Berufungskläger miteinander konfrontiert, sodass letzterer sich direkt zu den Aussagen seiner ehemaligen Lebenspartnerin äussern konnte. Ferner stellte sein Verteidiger dem Opfer einige Ergänzungsfragen (Akten S. 869 ff.). Damit wurde dem Konfrontationsrecht des Beschwerdeführers zumindest in formeller Hinsicht bereits im Vorverfahren Rechnung getragen (so auch die Ausführungen des Bundesgerichts zum vorliegenden Fall, s. BGer 6B_542/2016 vom 5. Mai 2017 E. 2.4).


In materieller Hinsicht wird für die Verwertbarkeit der früheren Aussagen zudem verlangt, dass sich die Einvernommene nochmals zur Sache äussert. Es ist dabei keineswegs erforderlich, dass die befragte Person ihre Angaben wortwörtlich wiederholt. Macht sie Angaben zur Sache, steht nichts entgegen, im Rahmen einer Gesamtwürdigung auch auf die Ergebnisse der früheren Beweiserhebung ergänzend zurückzugreifen (BGer 6B_1133/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 1.3.2, 6B_542/2016 vom 5.Mai 2017 E. 2.4). Auch wenn Augenzeugen etwa in der Konfrontation vor Gericht ihre Aussagen widerrufen abschwächen, wenn sie Nichterinnern geltend machen, so bedeutet dies nicht per se, dass auf die früheren Aussagen nicht mehr abgestellt werden kann. Wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, führen die Abschwächung gar der Widerruf einer belastenden Aussage im Rahmen einer Konfrontation mit dem Angeschuldigten, das Geltendmachen von Erinnerungslücken, nicht ohne weiteres zur Unverwertbarkeit der früheren Aussage (BGer 1P.102/2006 vom 26. Juni 2006 E. 3.5). Sind die früheren Angaben glaubhaft, so kann eine Verurteilung auch auf diese gestützt werden, wenn die Person ihr Aussageverhalten im Verlaufe des Prozesses geändert, zum Beispiel eine belastende Aussage widerrufen, hat (Wohlers, in: Donatsch et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 2020, Art. 10 N 27; AGE SB.2014.30 vom 10. März 2015 E. 4.4). Denn die Frage, ob bei widersprüchlichen Aussagen späteren Erinnerungslücken eines Zeugen auf die ersten, in Abwesenheit des Beschuldigten erfolgten Aussagen abgestellt werden kann, betrifft nicht die Verwertbarkeit, sondern die Würdigung der Beweise (BGer 6B_1220/2019 vom 14. April 2020 E. 4.2.2, 6B_1133/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 1.3.2, 6B_542/2016 vom 5. Mai 2017 E. 2.4, 6B_369/2013 vom 31. Oktober 2013 E. 2.3.3). Beschränkt sich die Wiederholung der Einvernahme aber im Wesentlichen auf eine formale Bestätigung der früheren Aussagen, wird es dem Beschuldigten verunmöglicht, seine Verteidigungsrechte wirksam wahrzunehmen (BGer 6B_764/2015 vom 6.Januar 2016 E. 1.7.3, 6B_839/2013 vom 28. Oktober 2014 E. 1.4.2, 6B_369/2013 vom 31. Oktober 2013 E.2.3.3). Voraussetzung für die Verwertbarkeit der früheren Aussagen ist mithin, dass diese dem Belastungszeugen anlässlich einer Konfrontationseinvernahme vorgehalten werden, er zu den Widersprüchen - auch zur neuen Aussage - befragt wird und der Beschuldigte beziehungsweise sein Verteidiger Gelegenheit erhält, Ergänzungsfragen zu stellen, wobei es ihm freisteht, ob er von diesem Recht Gebrauch machen will (BGer 1P.591/1999 vom 2. Februar 2000 E. 2c; Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, § 54 N 4; Schleiminger Mettler, in: Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 147 StPO N 31 f.; dies., Aktuelle Fragen zum Konfrontationsrecht, AJP 2012, 1069, 1073 f.).


Vorliegend wurde das Opfer im Laufe des Verfahrens verschiedentlich befragt und insgesamt drei Mal mit dem Berufungskläger konfrontiert, nämlich am 5. März 2013, anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung und an der ersten Verhandlung vor dem Appellationsgericht am 14./15. Januar 2016. Das Opfer bestätigte seine früheren Aussagen auch anlässlich der Konfrontationseinvernahme mit dem Berufungskläger vom 5. März 2013 (Akten S. 869 ff.). Das Opfer äusserte zwar mehrfach den Wunsch, dass alles zu Ende sein möge, dass der Berufungskläger aus der Haft entlassen werde auch, dass das Opfer «es ungültig machen» wolle. Indessen blieb es inhaltlich stets bei seinen Aussagen. Es bestätigte diese auf ausdrückliche Vorhalte hin und erklärte auch, dass und weshalb es keine Details dazu mehr ausführen wolle. Das Opfer bemühte sich zwar, die Vergewaltigungen zu verharmlosen, indem es diese in den eigenen kulturellen Kontext stellte, in welchem solches Verhalten «normal» sei. Ebenso meinte das Opfer, seine früheren Aussagen betreffend die Drohungen seien vielleicht etwas übertrieben gewesen. Dennoch bestätigte das Opfer jeweils die konkreten Vorfälle. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, ist ausserdem offensichtlich, dass das Opfer die Relativierungen unter starkem Druck vorgenommen hat und einfach auch deshalb, weil es sich keinerlei Vorteil aus den Anschuldigungen mehr versprach, sondern darin nur noch Nachteile erblickte (vgl. dazu auch hinten E. 4.5.5.2). Stellvertretend für viele sei hier die Aussage von der Konfrontationseinvernahme zitiert: «Am 19.12.2012 habe ich mich von ihm getrennt. Damals hätte wirklich sehr vieles passieren können [ ] und ich wollte, dass sich die Situation abregt, was ich auch, wie ich nach zwei Monaten sehen kann, geschafft habe [ ]. Ich bin jetzt in [...] und wie ich jetzt A____ beobachten kann, wird er sich nicht nur mir gegenüber, sondern auch jeder Frau gegenüber anders verhalten, das hat er auch gelernt [ ]». Offenbar ging es bei Ängsten des Opfers damals auch darum, dass sich dessen Bruder und der Berufungskläger, welche wegen dem Opfer stritten (der Bruder wusste, dass es im Frauenhaus war), ein Gefecht liefern könnten (Akten S. 877, 879). Die Drucksituation schilderte das Opfer bereits in der Einvernahme vom 25. Januar 2013 ausführlich (Akten S. 816; 820 f.). Dass diese Umstände und Überlegungen zur damaligen Relativierung des Aussageverhaltens des Opfers geführt haben, hat es anlässlich der erneuten, indirekten Konfrontation vor dem Appellationsgericht am 15.Januar 2016 bestätigt und ausgeführt: «Ich bin als Kurdin geboren, habe das Leben als kurdische Frau weitergeführt [ ]. Wenn ich hier lebe mit Schweizer Gesetzen, bin im Inneren immer noch eine kurdische Frau. Wenn ich hier Auskunft gebe, bin ich unter schwerem Druck. [...] Eine kurdische Frau darf nicht zur Polizei gehen, nicht über Vergewaltigung sprechen, sie darf nichts sagen, die Frau gehört zum Mann. [...] Das erwarten alle Familien von mir. Ein Bruder von mir hat es akzeptiert. Die sagen es ist beschämend, du darfst das nicht sagen, die verstehen das nicht. [...] Mit verschiedenen Leuten schickt er mir Drohungen: wenn ..., dann bringt er mich um. Ich höre von meiner Familie. Er hat meinen Götti in der Türkei angerufen, es wäre schlimm, wenn sie das alles nicht zurückzieht. Sicher, ich habe Angst. [...] Ich hatte Angst, dass der Bruder reagiert. Kurdische Kultur, Männer zu Männer, das wird noch schlimmer [...] Angst, dass Männer das Problem untereinander lösen, das wollte ich nicht. [...] Er war [mein] zweiter Mann. In unserer Kultur, den zweiten Mann verlassen ist schlimm. Das hat [eine] grosse Rolle gespielt, dass wir wieder zusammen kamen. [...] Seit 1 Monat, seit er draussen ist, ist alles anders. [...] D____ hat alle meine Cousinen angerufen, ich hätte [die] Familie kaputtgemacht, ich sei eine Hure. [...] Dadurch verlor ich Kunden im Laden. Er ging zum Onkel vom Arbeitskolleg, er bezahlt, wenn ich entlassen werde. [...] Ich habe Angst, er habe jemand vermittelt, um mich zu beobachten.» Auf die Frage nach dem Mut, um dennoch auszusagen, antwortete das Opfer: «Seit 3 Jahren lebe ich schon damit, das zurückziehen bringt nichts, egal was kommt, es ist kein Leben.» Auf Fragen der Verteidigung führte das Opfer einige Bedrohungsszenen auch noch detailliert aus. In der Sache bestätigte es die früheren Aussagen zu den Vergewaltigungsvorwürfen und legte diese in groben Zügen noch einmal dar (Akten S. 1897 ff.).


Im Ergebnis hatte damit der Berufungskläger - entgegen seinen Ausführungen - bereits im Vorverfahren ausreichend Gelegenheit, sein Fragerecht auszuüben und die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers in Frage zu stellen, womit sein Konfrontationsanspruch nicht verletzt ist (so auch die Ausführungen des Bundesgerichts zum vorliegenden Fall, s. BGer 6B_542/2016 vom 5. Mai 2017 E. 2.4). Da der Berufungskläger überdies auch im erstinstanzlichen sowie im Berufungsverfahren erneut mit den Aussagen des Opfers konfrontiert wurde, ist erst recht von einer Verwertbarkeit derselben auszugehen. Wie es sich mit ihrer Beweiskraft und inhaltlichen Glaubhaftigkeit verhält, ist eine Frage der Beweiswürdigung; darauf wird zurückzukommen sein (s. hinten E.4.6).


Sofern der Berufungskläger in seiner Berufungsbegründung vom 23. März 2018 noch vorbringt, die vor der Konfrontationseinvernahme vom 5. März 2013 durchgeführten Einvernahmen des Opfers seien gestützt auf Art. 147 Abs. 4 StPO zulasten des Berufungsklägers durchwegs unverwertbar, da nur der Verteidiger an den Einvernahmen habe teilnehmen können, das Fragerecht dem Beschuldigten und seinem Verteidiger jedoch grundsätzlich gemeinsam einzuräumen sei, so ist dem Folgendes entgegenzuhalten: Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann ein Beweis, der nicht in Gegenwart einer Partei ihres Rechtsbeistandes erhoben wurde, zu Lasten der Partei verwertet werden, wenn innert nützlicher Frist keine Konfrontation verlangt wurde (BGer 6B_1080/2013 vom 22. Oktober 2014 E. 2.2). Der Verteidiger des Berufungsklägers nahm - abgesehen von der ersten Einvernahme am 3. Januar 2013, die aber vor seinem Gesuch vom 8. Januar 2013 um persönliche Teilnahme von ihm und dem Berufungskläger durchgeführt worden war - persönlich an jeder Einvernahme zwischen dem 17. bis zum 31. Januar 2013 teil. Mithin wäre es ihm problemlos möglich gewesen, zeitnah einen Antrag auf Wiederholung der Einvernahmen im Beisein des Berufungsklägers zu stellen. Soweit ersichtlich, stellte er dieses Gesuch jedoch weder im Vorverfahren noch vor dem Strafgericht, sondern erst zweitinstanzlich vor dem Appellationsgericht. Mithin ist aufgrund der Zeitdauer von mehreren Jahren nicht mehr von einem Antrag auf Wiederholung «innert nützlicher Frist» auszugehen. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass der Verteidiger auch durch den Berufungskläger instruiert und über allfällige Einzelheiten des Falles informiert war und dadurch eine effektive Wahrnehmung der Teilnahmerechte gewährleisten konnte (vgl. dazu BGer 6B_135/2018 vom 22. März 2019 E. 2.2). So stellte der Verteidiger im Rahmen der fortgesetzten Einvernahme im Januar 2013 rund 36[!] Ergänzungsfragen an das Opfer (Akten S. 834 ff.), was klar dafür spricht, dass er sich mit dem Berufungskläger zuvor eingehend absprechen konnte. Im Ergebnis ist daher auch in dieser Hinsicht von einer Verwertbarkeit der Einvernahmen auszugehen.


3.3

3.3.1 Des Weiteren beantragt der Berufungskläger, es sei die Krankengeschichte des Opfers von Dr. med. G____ beizuziehen. Das Gutachten scheine davon auszugehen, dass Dr. med. G____ das Opfer im Zeitraum von Juli 2012 bis Januar 2013 behandelt und therapeutische Gespräche mit ihr durchgeführt habe. Den Inhalt dieser Gespräche habe der Psychiater in dem beim Gericht eingereichten Arztbericht festgehalten. Möglicherweise habe das Opfer die Schilderungen, die der Psychiater in seinem ärztlichen Bericht wiedergebe, erst im Laufe des Jahres 2013 gemacht, nachdem bereits Strafanzeige erstattet worden sei. Es sei aus den Akten jedoch klar ersichtlich, dass das Opfer nie während der Zeit von Juli 2012 bis Januar 2013 bei Dr.med. G____ gewesen sei. Aufgrund der im Arztbericht auftauchenden Deutschfehler sei davon auszugehen, dass bei der Formulierung des Zeitraums, wann die Schilderungen des Opfers erfolgt seien, allenfalls eine fehlerhafte Zeitangabe gemacht worden sei. Ob dies der Fall sei, könne nur aufgrund des Beizugs der Krankengeschichte festgestellt werden.


3.3.2 Die Staatsanwaltschaft beantragt die Abweisung des Antrags. Es sei nicht davon auszugehen, dass mangelnde Deutschkenntnisse ein Grund dafür seien, dass man nicht wisse, wann die Behandlung erfolgt sei. Dies gehe ganz klar aus dem Arztbericht hervor und das Gutachten habe gestützt auf diese Beschilderung erstellt werden können. Der Beizug der Krankengeschichte sei vorliegend nicht notwendig.


3.3.3

3.3.3.1 Das Rechtsmittelverfahren beruht grundsätzlich auf den Beweisen, die im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren erhoben worden sind (Art. 389 Abs.1 StPO). Nach Art. 389 Abs. 2 StPO sind Beweisabnahmen des erstinstanzlichen Gerichts im Rechtsmittelverfahren nur zu wiederholen, wenn sie unvollständig waren, die entsprechenden Akten unzuverlässig erscheinen Beweisvorschriften verletzt worden sind. Zusätzliche Beweise erhebt die Rechtsmittelinstanz nach Art.389 Abs. 3 StPO, wenn dies erforderlich ist. Aus Art. 343 Abs. 3 StPO i.V.m. Art.405 Abs. 1 StPO ergibt sich sodann, dass eine unmittelbare Beweisabnahme im Rechtsmittelverfahren zu erfolgen hat, wenn sie vor erster Instanz unterblieb unvollständig war wenn im mündlichen Berufungsverfahren die unmittelbare Kenntnis für die Urteilsfällung notwendig erscheint. Die erforderlichen zusätzlichen Beweise sind gemäss Art.389 Abs. 3 StPO von Amtes wegen auf Antrag einer Partei zu erheben (BGE143 IV 288 E. 1.4.1 S. 291, 141 IV 39 E. 1.6 S. 46 f., BGer 6B_422/2017 vom 12.Dezember 2017 E. 4.3.1, je mit Hinweisen). Kommt das Gericht in willkürfreier Würdigung der bereits abgenommenen Beweise zur Erkenntnis, der rechtlich erhebliche Sachverhalt sei genügend abgeklärt und die Überzeugung des Gerichts werde sich durch die zusätzlich beantragten Beweise nicht mehr ändern, so kann es die betreffenden Beweisanträge in antizipierter Beweiswürdigung ablehnen (vgl. Art. 139 Abs. 2 StPO). Beim Verzicht auf eine weitere Beweisabnahme muss das Gericht somit das bestehende Beweisergebnis hypothetisch um die Fakten des Beweisantrags ergänzen und würdigen. Die Ablehnung des Beweisantrags ist dann zulässig, wenn die zu beweisende Tatsache nach dieser Würdigung als unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt bereits rechtsgenügend erwiesen anzusehen ist (zum Ganzen: BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f., 134 I 140 E.5.3 S. 148; BGer 6B_479/2016 vom 29. Juli 2016 E. 1.4, 6B_644/2014 vom 28.Januar 2015 E. 3.1, 6B_764/ 2013 vom 26.Mai 2014 E. 4.3. mit Hinweisen).


3.3.3.2 Unbestritten ist, dass der das Opfer behandelnde Psychiater Dr.med. G____ während des in Frage stehenden Zeitraums von Juli 2012 bis Januar 2013 seine Praxis in [...] hatte. Das Opfer und der Berufungskläger lernten sich gemäss eigenen Angaben im April 2012 näher kennen, gingen kurze Zeit später eine Beziehung ein und wohnten seit Juli 2012 zusammen in [...]. Der Berufungskläger bringt vor, dass sich aus den Akten klar ergebe, dass das Opfer im fraglichen Zeitraum nie bei ihrem Psychiater gewesen sei. Dieser Auffassung ist zu widersprechen.


Zum einen legt der Berufungskläger nicht dar, welche Akten den Umstand belegen sollen, dass das Opfer von Juli 2012 bis Januar 2013 nicht in [...] gewesen sei und ihren Psychiater hätte besuchen können. Vielmehr sprechen verschiedene Indizien dafür, dass sie Dr. med. G____ in dieser Zeit sehr wohl für einen Behandlungstermin hätte treffen können. Zum einen wohnte das Opfer vor ihrem Umzug nach [...] selbst in [...] und die Tochter M____ wurde dort geboren. Zudem hatte sie zu jenem Zeitpunkt auch ein soziales Netzwerk in [...] (Akten S.2530a, GA S. 77). Des Weiteren wurde bereits im Polizeirapport vom 14. August 2012 (das Opfer meldete sich bei der Polizei, da der Berufungskläger Gewalt gegen es angewendet habe) angegeben, dass das Opfer in Erwägung ziehe, wieder zurück nach [...] zu Bekannten zu gehen (Akten S. 685). Auch im Polizeirapport vom 16.August 2012 (erneute Meldung durch das Opfer bei der Polizei) findet sich der Eintrag, dass das Opfer und der Berufungskläger entschieden hätten, dass das Opfer zusammen mit ihrer Tochter nach [...] fahren solle, um dort vorübergehend bei einer Freundin zu wohnen. Dort habe sie dann Zeit, sich um die Wohnungssuche etc.zu kümmern. Die Polizei nahm vom Opfer auch mittels «Verfügung und Bestätigung einer Sicherstellung» vorübergehend den Wohnungsschlüssel zur gemeinsamen Wohnung in [...] ab. Am Montag, dem 20. August 2012, sei das Opfer sodann zusammen mit dem Berufungskläger zur Polizei gegangen. Sie hätten dort mitgeteilt, dass sie die Probleme miteinander besprochen und alles geklärt hätten. Den Strafantrag, den sie gegenseitig wegen Tätlichkeiten gestellt hätten, hätten sie zurückgenommen (Akten S. 694 f.). In der Zwischenzeit (vom 16.-20. August 2012) wäre es dem Opfer etwa möglich gewesen, ihren Psychiater in [...] zu besuchen. Seit Mitte Oktober 2012 wohnte ausserdem die Tochter des Opfers bei ihrem Vater (Ex-Mann des Opfers) in [...] (vgl. die Aussage in der Einvernahme vom 3. Januar 2013, Akten S.731). Entsprechend ist nicht auszuschliessen - wenn nicht sogar sehr wahrscheinlich - dass das Opfer sich zwecks Besuchs ihrer Tochter ebenfalls vermehrt in [...] aufhielt. Überdies flüchtete das Opfer gemäss eigenen Aussagen am 18. Dezember 2012 vor dem Berufungskläger nach [...] und kam im dortigen Frauenhaus unter (Akten S.733, 736, 918). Daran ändert auch der vom Berufungskläger ins Feld geführt Umstand nichts, dass das Opfer gemäss eigenen Aussagen während ihres Aufenthalts in [...] bei «N____» in psychologischer Behandlung gewesen sei. Die vom Berufungskläger gemachte Schlussfolgerung, dass aufgrund der zitierten Aussage des Opfers, dass «mein eigentlicher Psychologe [ ] Herr Dr. med. G____ [ist]» (Akten S. 828), aufgezeigt werde, dass sich das Opfer erst nach Januar 2013 bei diesem in Behandlung befunden habe, verfängt nicht. Eher lässt sich darauf schliessen, dass eben Dr. med. G____ zu jener Zeit (und auch schon zuvor) ihr eigentlicher Psychiater war und sie «N____» zusätzlich insbesondere aufgrund des Umstands besuchte, dass diese ihre Praxis in [...] hatte. Daraus kann mithin nicht geschlossen werden, dass das Opfer zwischen Juli 2012 und Januar 2013 ihren eigentlichen Psychiater Dr.med. G____ in [...] nie besuchte telefonisch kontaktierte. Entsprechend ist dem Berufungskläger in seinen Ausführungen nicht zu folgen, weshalb das Opfer im fraglichen Zeitraum von Juli 2012 bis Januar 2013 nicht ärztliche Termine bei Dr.med. G____ in [...] hätte wahrnehmen können. Schliesslich bringt der Berufungskläger nicht vor, warum nicht auch eine telefonische Beratung durch den behandelnden Psychiater hätte stattfinden können.


Zum anderen widerspricht das Vorbringen des Berufungsklägers auch den Angaben von Dr. med. G____ selbst. Dieser gab explizit an, dass sich das Opfer vom 21. Oktober 2010 bis 22. Juni 2013 bei ihm in psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung befunden habe. Diese Aussage machte er in den Arztberichten vom 23. August 2018 (Akten S. 2413) sowie vom 11. August 2019 (Akten S. 2524 ff.). In ersterem stützte er seine Diagnose (Akute Belastungsreaktion [ICD-10 F43.0] mit depressivem Zustand; Probleme in der Beziehung [ICD-10 Z63.0]) explizit auf den Zeitraum Juli 2012 bis Januar 2013. In letzterem gab er an, dass die Patientin ab Juli 2012 in Gesprächen immer wieder über die sexuelle Gewalt sowie Handgreiflichkeiten in der Beziehung berichtet habe. Aufgrund dieser Angaben ist davon auszugehen, dass sich das Opfer im fraglichen Zeitraum effektiv bei Dr. med. G____ in Behandlung befand. Entgegen den Behauptungen des Berufungsklägers ist auch nicht davon auszugehen, dass Dr. med. G____ aufgrund von mangelnden Deutschkenntnissen fehlerhafte Zeitangabe gemacht hätte, beschränken sich die «Deutschfehler» doch vor allem auf den morpho-syntaktischen Bereich, insbesondere auf inkorrekt verwendete Fallformen. Inwiefern dieser Umstand Einfluss auf die inhaltliche Korrektheit von Zeitangaben gehabt haben soll, ist nicht ersichtlich und wird vom Berufungskläger auch nicht näher dargelegt.


Ferner gilt es anzumerken, dass Dr. med. G____ vorliegend nicht selbst als Gutachter fungierte, sondern eine aussagepsychologische Begutachtung in Auftrag gegeben wurde, welche durch unabhängige Fachpersonen und unter Exploration des Opfers durchgeführt wurde. Der Umstand, dass im Rahmen einer solchen Begutachtung auch Fremdauskünfte beigezogen werden, entspricht der Praxis sowie den gesetzlichen Vorgaben, wobei es der Sachkunde der Gutachterinnen zuzutrauen ist, die Interpretation der ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzunehmen sowie den allenfalls notwendigen Beizug von zusätzlichen Dokumenten zu veranlassen. Vorliegend ist entsprechend davon auszugehen, dass sich die beiden Sachverständigen für die Erstellung des Gutachtens im Klaren waren, was sie für dessen Erstellung benötigten. Diese Unterlagen haben sie entsprechend auch erhalten (s. zum weitergehenden Antrag des Berufungsklägers betr. Einsicht in zusätzlich durch die Expertinnen eingeholte Unterlagen hinten E. 3.4). Schliesslich ist erneut darauf hinzuweisen, dass - sofern der Berufungskläger durch seinen Antrag eine allfällige Fehlerhaftigkeit des Gutachtens selbst geltend machen will - dies wiederum eine Frage der Beweiswürdigung - und nicht der Verwertbarkeit - darstellt.


Im Ergebnis ist der beantragte Beizug der Krankengeschichte daher aufgrund der erfolgten Ausführungen nicht geeignet, die Entscheidfindung des Gerichts zu beeinflussen. Der Beweisantrag ist deshalb in antizipierter Beweiswürdigung abzulehnen.


3.4

3.4.1 Des Weiteren beantragt der Berufungskläger, es seien - aufgrund bestehender Zweifel am Inhalt des Gutachtens - sämtliche Unterlagen, namentlich die anamnestischen und fremdanamnestischen Unterlagen, Erfragungen von Arztberichten und die Videodokumentation der Verteidigung herauszugeben, um die Stichhaltigkeit des Gutachtens überprüfen zu können.


3.4.2 Die Staatsanwaltschaft bringt demgegenüber vor, dass es nicht der Praxis entspreche, dass die Aufnahmen, welche Gutachterinnen erstellen, herauszugeben seien, zumal sämtliche Aussagen im Gutachten selber enthalten seien.


3.4.3

3.4.3.1 Aus dem in Art. 29 Abs. 2 BV bzw. Art. 6 Ziff. 3 EMRK verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör, welcher einen wichtigen und deshalb eigens aufgeführten Teilaspekt des allgemeineren Grundsatzes des fairen Verfahrens von Art. 29 Abs. 1 BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK darstellt, ergibt sich für die beschuldigte Person das grundsätzlich uneingeschränkte Recht, in alle für das Verfahren wesentlichen Akten Einsicht zu nehmen (vgl. zudem Art. 3 Abs. 2 lit. c und Art. 107 Abs. 1 lit. a StPO). Das Akteneinsichtsrecht soll sicherstellen, dass die beschuldigte Person als Verfahrenspartei von den Entscheidgrundlagen Kenntnis nehmen und sich wirksam und sachbezogen verteidigen kann. Die effektive Wahrnehmung dieses Anspruchs setzt notwendigerweise voraus, dass die Akten vollständig sind. In einem Strafverfahren bedeutet dies, dass die Beweismittel, jedenfalls soweit sie nicht unmittelbar an der gerichtlichen Hauptverhandlung erhoben werden, in den Untersuchungsakten vorhanden sein müssen und dass aktenmässig belegt sein muss, wie sie produziert wurden, damit die beschuldigte Person in der Lage ist zu prüfen, ob sie inhaltliche formelle Mängel aufweisen und gegebenenfalls Einwände gegen deren Verwertbarkeit erheben kann. Dies ist Voraussetzung dafür, dass sie ihre Verteidigungsrechte überhaupt wahrnehmen kann, wie dies Art. 32 Abs. 2 BV verlangt (BGE 129 I 85 E. 4.1 S. 88 f. mit Hinweisen; siehe auch BGer 6B_1368/2017 vom 14. Juni 2018 E. 2.3 mit Hinweisen; zu den weiteren Aspekten des Anspruchs auf rechtliches Gehör: BGE 141 III 28 E. 3.2.4 S. 41; 139 IV 179 E. 2.2 S. 183 [Begründungspflicht]; 141 I 60 E. 3.3 S. 64; 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f. [Beweisanträge]; je mit Hinweisen).


3.4.3.2 Sofern der Berufungskläger die Akteneinsicht für allfällige bei der Gutachtenserstellung beigezogenen Unterlagen u.ä. geltend macht, ist zum einen festzuhalten, dass hiermit wohl insbesondere die im Rahmen der Begutachtung erfolgten Explorationsgespräche mit dem Opfer bzw. deren Dokumentation gemeint ist. Sofern sich der Berufungskläger auf weitere Unterlagen bezieht, ist dem entgegenzuhalten, dass er bereits im Besitz aller übrigen Verfahrensunterlagen ist, die den Expertinnen zwecks Gutachtenserstellung mit Verfügung vom 2. Januar 2019 bzw. mit Schreiben vom 3. Januar 2019 (Akten S. 2457 f.) an Dipl.-Psych. J____ zugestellt wurden (Strafakten [Band 1 bis 8]; 1 Band Akten der Staatsanwaltschaft Bern betr. Verfahren gegen F____; Verfahrensakten aus dem Verfahren gegen den Berufungskläger im Kanton Aargau). Eine «Ergänzung der Akten» erfolgte lediglich auf Antrag der Expertinnen vom 21. Mai 2019 (Akten S. 2512 f.), wonach Dr.med. G____ verschiedene Fragen zur Beantwortung zu unterbreiten seien. Diese wurden letzterem mit Verfügung vom 7. Juni 2019 bzw. mit Schreiben vom 11. Juni 2019 zur Beantwortung vorgelegt (Akten S. 2520). Dr. med. G____ reichte seine Antworten mit Eingabe vom 11. August 2019 beim Appellationsgericht ein (Akten S. 2524 ff.), die mit Verfügung vom 13. August 2019 unter anderem auch dem Verteidiger zur Kenntnis zugestellt wurden (Akten S. 2527). Weitere Arztberichte u.ä., welche sich nicht in den Akten befänden bzw. in welche der Berufungskläger keine Einsicht gehabt hätte, liegen nicht vor. Alle Berichte, auf die im Gutachten verwiesen wird, sind in den Strafakten ([...], [...] und [...]) enthalten. Nicht den Verfahrensakten liegen lediglich die Aufzeichnungen der Explorationen des Opfers vom 24. April 2019, 15. Mai 2019 sowie vom 15. Oktober 2019 bei, die im Rahmen der Erstellung des aussagepsychologischen Gutachtens von beiden Expertinnen gemeinsam durchgeführt wurden (vgl. die Ausführungen zum Untersuchungsablauf im Gutachten, Akten S.2530a, GA S. 25).


Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Einsicht in Unterlagen, die nicht Teil der Verfahrensakten bilden. Bei den durch die Gutachterinnen durchgeführten Explorationsgesprächen und deren Aufzeichnung handelt es sich um fachspezifische Abklärungen, die mit dem Expertiseauftrag in engem Zusammenhang stehen und der Gutachtenserstellung dienen (Art. 185 Abs. 4 StPO). Sie sind Mittel für die Durchführung der Begutachtung, welche Aufgabe der forensischen Sachverständigen ist, und stellen für sich keine Beweismittel dar (vgl. BGE 144 I 253 E. 3.7 und 3.8 S. 260 ff.). Beweismittel ist vielmehr das erstellte Gutachten in seiner Gesamtheit, das vom Gericht zu würdigen und auf seine Schlüssigkeit zu prüfen ist und dessen methodische und inhaltliche Schlüssigkeit auch vom Verteidiger im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens in Frage gestellt werden kann (Art. 188 und 189 StPO; BGE 144 I 253 E. 3.8 S.262 f.). Zudem sind gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Parteien sowie die Verteidigung grundsätzlich auch nicht berechtigt, an der gutachterlichen Tätigkeit teilzunehmen (BGE 132 V 443 E. 3.4 ff. S. 466 ff.; vgl. auch BGer 6B_100/2017 vom 9. März 2017 E. 3; Donatsch, in: Donatsch et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3.Auflage, Zürich 2020, Art. 185 N 41). Es besteht ferner auch kein Anspruch darauf, dass Explorationsgespräche protokolliert mit Tonaufzeichnungsgeräten aufgezeichnet werden (Donatsch, a.a.O., Art. 185 N 41).


Doch selbst wenn man für die die Aufzeichnung der Explorationsgespräche ein grundsätzliches Akteneinsichtsrecht annehmen würde, so wäre dies in vorliegenden Fall abzulehnen. So gilt das Recht auf Akteneinsicht nicht unbeschränkt: Es kann eingeschränkt werden, wenn höherwertige Interessen dies verlangen. Dies ist etwa bei Akten denkbar, welche die höchstpersönliche Sphäre von Parteien weiteren Verfahrensbeteiligten tangieren (Schmutz, in: Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art.101 StPO N 19 ff.). Zwar darf grundsätzlich zum Nachteil einer von solchen Beschränkungen betroffenen Partei nicht aufgrund vorenthaltener Akten entschieden werden. Es ist bei Vorliegen von höherwertigen Interessen jedoch ausreichend, wenn die vorenthaltenen Akten den Betroffenen bzw. ihren Rechtsvertretern mindestens in ihrem wesentlichen Inhalt (z.B. Schlussfolgerungen des Gutachtens) zur Stellungnahme eröffnet wurden (Schmid/Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung - Praxiskommentar 3. Aufl., Zürich 2018, Art. 101 N 13). Vorliegend fand die Exploration des Opfers zu ihren biographischen Aspekten bzw. zur individuellen Anamnese und ihrer derzeitigen Lebenssituation statt (vgl. Akten S.2530a, GA S.47 ff.). Im Rahmen solcher Schilderungen ist es unausweichlich, dass die befragte Person auch heikle Personendaten von sich preisgibt, die sehr private, wenn nicht sogar intime Details enthalten. Vorliegend ist daher von einem höherwertigen Interesse des Opfers auszugehen, welches einem allfälligen Akteneinsichtsrecht des Berufungsklägers entgegenstünde. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die meisten Ausführungen des Opfers, welche Aufnahme ins Gutachten gefunden haben, gemäss den Expertinnen «soweit als möglich getreu wiedergegeben» wurden (Akten S.2530a, GA S.47). Dem Berufungskläger war es somit einerseits möglich, die für das Gutachten relevanten Aussagen des Opfers problemlos nachvollziehen zu können. Andererseits konnte er auch zum Gutachten und den darin dargestellten wesentlichen Inhalten, welche auf die Exploration des Opfers Bezug nahmen, Stellung nehmen. Hierbei gilt es festzustellen, dass der Berufungskläger zu den gutachterlichen Ausführungen der biographischen Aspekte des Opfers keine Kritik vorbrachte. Schliesslich hielten die Gutachterinnen fest, dass die angeklagten Straftaten im Rahmen der Exploration nicht explizit erfragt bzw. vertiefend besprochen worden seien (Akten S.2530a, GA S.88 Fn. 13). Entsprechend lassen sich aus den Aussagen des Opfers keine unmittelbar den Berufungskläger belastenden Umstände ableiten. Im Ergebnis ist daher der Antrag des Verteidigers auf Einholung der nicht in den Akten befindlichen Gutachtensgrundlagen und Gewährung von Akteneinsicht in dieselben abzulehnen.


3.5

3.5.1 Schliesslich beantragt der Berufungskläger, es sei aufgrund von fehlender Stichhaltigkeit und Widersprüchen im eingeholten Gutachten ein Obergutachten zur Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers bei Prof. Dr. Dipl.-Psych. O____, Fachpsychologin für Rechtspsychologie BDP/DGPs, an der [...] in Auftrag zu geben. Zudem sei das Verfahren auszustellen, bis dem Verteidiger die anbegehrten Akten zur Verfügung gestellt worden seien.


Der Berufungskläger stützt seine Kritik am Gutachten hauptsächlich auf die durch ihn bzw. seinen Verteidiger ins Recht gelegte aussagepsychologische Stellungnahme von Dipl.-Psych. K____ (Akten S. 2543 ff.). Einerseits sei die gutachterliche Befunderhebung als unvollständig zu bewerten (spezifischere Exploration einzelner relevanter biografischer Informationen erforderlich; fehlende Exploration zur Sache), sodass zentrale Beurteilungsschritte gar nicht hätten erfolgen können (Konstanzanalyse) methodisch fragwürdig durchgeführt worden seien (Qualitätsanalyse), wobei darüber hinaus bei Anwendung der letzteren Methode inhaltliche Miss- und Unverständnisse vorlägen. Die vorliegenden Beurteilungen und Schlussfolgerungen würden insofern bereits einer tragfähigen Basis entbehren. Andererseits fänden sich verschiedene bedeutsame Fehler und Unvollständigkeiten in den vorliegenden Ausführungen. Insbesondere seien in Hinblick auf die aufgestellte Lügenhypothese zu berücksichtigende Kompetenzen nicht nicht hinreichend erfragt berücksichtigt worden (frühere Gewalterfahrungen/Beobachtung von Gewalt in der Türkei; Erlebnisse mit bzw. Verfahrensinhalte betreffend den früheren Ehemann des Opfers; Arbeit mit und Unterstützung von kurdischen Frauen). Die Zurückweisung der Überlegung möglicher psychopathologischer Auffälligkeiten gravierender bzw. relevanter Persönlichkeitsakzentuierungen auf Seiten des Opfers basiere zu grossen Teilen auf nicht fachkundigen bzw. kurzen Interaktionen, nachvollziehbare psychiatrische Befunde fremdanamnestische Angaben fehlten nach wie vor. Die vom Opfer selbst gelieferten Informationen zur Biografie seien dabei unkritisch als zutreffend und positiv beurteilt worden, obgleich hinsichtlich des Aussageverhaltens eindrückliche Auffälligkeiten angemerkt worden seien, die auch im Untersuchungsbericht nachvollziehbar würden, und sich in zentral relevanten, da inhaltlich parallelen Bereichen (Verhalten des Ex-Ehemanns), widersprüchliche, aber der inhaltlichen Darstellung jeweils angepasste Ausführungen fänden. Gerade vor dem Hintergrund des sehr wechselhaften Aussageverhaltens betreffend die Anschuldigungen gegen den Berufungskläger (mit der Vorgeschichte ähnlicher Aussageweise hinsichtlich des Ex-Ehemannes) ergebe sich als relevante Gegenüberlegung zur Wahrannahme die Denkmöglichkeit, das Opfer hätte ihre Angaben (mit unklaren bewussten/unbewussten Anteilen) jeweils gemäss ihrer aktuellen Bewertung des Berufungsklägers bzw. der Beziehung verschieben können, und so gegebenenfalls als wenig erfüllend erlebte Sexualkontakte einer jeweils neuen Interpretation und deutlichen inhaltlichen Akzentuierung unterzogen haben. Inkorrekt sei auch die Aussage im Gutachten, dass fehlende Wortprotokolle (der Opferaussagen) eine Unterschätzung der inhaltlichen Qualität nach sich ziehen würden, vielmehr sei das Gegenteil der Fall. Im Ergebnis sei daher aus fachlicher Sicht zu schlussfolgern, dass das vorliegende Gutachten den wissenschaftlichen Standards aussagepsychologischer Begutachtung und Schlussfolgerung nicht genüge.


3.5.2 Die Staatsanwältin beantragt die Abweisung des Antrags mit der Begründung, dass der Verteidiger des Berufungsklägers selbst Psychologin J____ vorgeschlagen habe und der Antrag insofern erstaune. Es gebe überdies auch keinen Grund, ein Obergutachten in Auftrag zu geben, da das vorliegende Gutachten über sämtliche Probleme Auskunft geben würde.


3.5.3

3.5.3.1 Zieht das Gericht mangels eigener Fachkenntnis eine sachverständige Person bei, ist es bei der Würdigung des Gutachtens grundsätzlich frei. Ob das Gericht die in einem Gutachten enthaltenen Erörterungen für überzeugend hält nicht und ob es dementsprechend den Schlussfolgerungen der Experten folgen will, ist mithin eine Frage der Beweiswürdigung. Die Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden Rechtsfragen ist Aufgabe des Richters. Dieser hat zu prüfen, ob sich aufgrund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung entscheiden die Organe der Strafrechtspflege frei von Beweisregeln und nur nach ihrer persönlichen Ansicht aufgrund gewissenhafter Prüfung darüber, ob sie eine Tatsache für erwiesen halten (vgl. Art.10 Abs.2 StPO). Das Gericht ist somit nicht an den Befund die Stellungnahme des Sachverständigen gebunden. Es hat vielmehr zu prüfen, ob sich aufgrund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Auch wenn das gerichtlich eingeholte Gutachten grundsätzlich der freien Beweiswürdigung unterliegt, darf das Gericht in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe von ihm abrücken und muss Abweichungen begründen. Auf der anderen Seite kann das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen (BGE 141 IV 393 E.6.1 S. 372 f., 136 II 539 E. 3.2 S. 547 f., 130 I 337 E.5.4.2 S.345, 128 I 81 E. 2 S.84). Gemäss Art. 189 StPO lässt die Verfahrensleitung ein Gutachten von Amtes wegen auf Antrag einer Partei durch die gleiche sachverständige Person ergänzen verbessern bestimmt weitere Sachverständige, wenn (lit. a) das Gutachten unvollständig unklar ist; (lit. b) mehrere Sachverständige in ihren Ergebnissen erheblich voneinander abweichen; (lit. c) Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens bestehen (vgl. BGer 6B_56/2018 vom 2.August 2018 E. 2.1, 6B_296/2017 vom 28. September 2017 E. 3.2, 6B_590/2013 vom 22.Oktober 2014 E. 1.1). Ein Gutachten stellt namentlich dann keine rechtsgenügliche Grundlage dar, wenn gewichtige, zuverlässig begründete Tatsachen Indizien die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich erschüttern. Das trifft etwa zu, wenn der Sachverständige die an ihn gestellten Fragen nicht beantwortet, seine Erkenntnisse und Schlussfolgerungen nicht begründet diese in sich widersprüchlich sind die Expertise sonst wie an Mängeln krankt, die derart offensichtlich sind, dass sie auch ohne spezielles Fachwissen erkennbar sind (BGE 141 IV 369 E.6.1 S. 373; BGer 6B_296/2017 vom 28. September 2017 E. 3.2, 6B_829/2013 vom 6. Mai 2014 E. 4.1).


Wie bereits erwähnt, stützt der Berufungskläger seine Kritik am Gutachten hauptsächlich auf die durch ihn ins Recht gelegte aussagepsychologische Stellungnahme von Dipl.-Psych. K____. Privatgutachten haben nach konstanter Praxis des Bundesgerichts nicht den gleichen Stellenwert wie ein Gutachten, das von einem Gericht eingeholt wurde. Den Ergebnissen eines im Auftrag des jeweils Beschuldigten erstellten Privatgutachtens kommt lediglich die Bedeutung einer der freien Beweiswürdigung unterliegenden Parteibehauptung bzw. eines Bestandteils der Parteivorbringen zu, nicht die Qualität eines Beweismittels (BGE 141 IV 369 E. 6.2 S. 373 f., 132 III 83 E.3.4; 127 I 73 E. 3f/bb S. 82; BGer 6B_215/2013 vom 27. Januar 2014 E. 1.2; vgl. auch Heer, in: Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 189 StPO N 6). Da Privatgutachten in der Regel nur eingereicht werden, wenn sie für den Auftraggeber günstig lauten, sind sie mit Zurückhaltung zu würdigen (BGE 141 IV 369 E.6.2 S.373). Dies gilt auch, wenn das Privatgutachten durch eine erfahrene und etablierte Fachperson erstellt wird, die auch als Gerichtsgutachter beigezogen wird. Der Privatgutachter ist nicht unabhängig und unparteiisch wie der amtliche Sachverständige. Er steht vielmehr in einem Auftragsverhältnis zu der ihn beauftragenden privaten Partei und äussert seine Meinung, ohne von den juristischen Entscheidungsträgern in die Pflicht genommen worden zu sein. Es ist daher beim Privatgutachter vom Anschein einer Befangenheit auszugehen, zumal er vom Angeschuldigten nach dessen Kriterien ausgewählt worden ist, zu diesem in einem Vertrags- und Treueverhältnis steht und von ihm entlöhnt wird. Demgegenüber ist der amtliche Sachverständige Experte nicht Gutachter einer Partei, namentlich auch nicht des Anklägers. Er ist vielmehr Entscheidungsgehilfe des Richters, dessen Wissen und Erfahrungen er durch besondere Kenntnisse auf seinem Sachgebiet ergänzt (BGE 141 IV 369 E. 6.2 S. 373 f., 127 I 73 E. 3f/bb S. 81 f., 118 Ia 144 E. 1c S. 145). Aus diesen Gründen ist ein privates Gutachten, auch wenn es durch eine anerkannte Fachperson erstellt wird, einem gerichtlich angeordneten Gutachten nicht gleichgestellt (BGE 141 IV 369 E. 6.2 S. 374; BGer 6B_49/2011 vom 4. April 2011 E. 1.4). Es ist daher bereits zweifelhaft, ob ein Privatgutachten die Überzeugungskraft eines gerichtlich angeordneten Gutachtens zu erschüttern vermag (BGE 141 IV 369 E. 6.2 S.374; BGer 6B_951/2009 vom 26. Februar 2010 E. 1.3, 6B_283/2007 vom 5.Oktober 2007 E. 2).


Vorliegend verfasste K____ die eingereichte Stellungnahme im Auftrag des Berufungsklägers und wurde per Vorauskasse auch durch diesen für ihre Tätigkeit entlöhnt (vgl. die Ausführungen des Verteidigers, Akten S. 2723 f.). Mithin ist die Stellungnahme als Privatgutachten zu behandeln. Aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung steht dem auch nicht entgegen, dass es sich gemäss Aussagen des Verteidigers bei K____ um eine erfahrene Aussagepsychologin handle, die häufig in Deutschland über Tage beim Gericht als Expertin eingesetzt werde. Ferner vermag daran auch der Umstand nichts zu ändern, dass es sich bei dem durch den Berufungskläger ins Recht gelegte Privatgutachten nicht selbst um ein aussage-psychologisches Gutachten über die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers, sondern «nur» um eine aussagepsychologische Stellungnahme handelt, sind doch die vom Bundesgericht für ein Parteigutachten vorgebrachten Umstände, weshalb diese lediglich Parteibehauptungen darstellen, auch für eine solche (methodenkritische) Stellungnahme einschlägig (günstig für die Partei, welche sie einreicht; Gutachter nicht unabhängig und unparteiisch; Auftragsverhältnis zu der ihn beauftragenden privaten Partei; Erstellerin wurde von den juristischen Entscheidungsträgern nicht in die Pflicht genommen; Anschein einer Befangenheit).


Immerhin kann ein Privatgutachten unter Umständen aber geeignet sein, Zweifel an der Schlüssigkeit eines Gerichtsgutachtens die Notwendigkeit eines (zusätzlichen) Gutachtens zu begründen. Ergibt sich aus ihm, dass entscheidrelevante Aspekte im amtlich bestellten Gutachten nicht rechtsgenügend geprüft sind dass erhebliche Zweifel an der Schlussfolgerung dieses Gutachtens bestehen, müssen diese abgeklärt bzw. ausgeräumt werden. Entscheide dürfen indes nicht ausschliesslich auf Parteigutachten abgestützt werden (BGer 6B_438/ 2011 vom 18. Oktober 2011 E. 2.4.3). Wie bei jeder substantiiert vorgebrachten Einwendung ist das Gericht deshalb verpflichtet zu prüfen, ob das Privatgutachten die Schlussfolgerungen des behördlich bestellten Gutachters derart zu erschüttern vermag, dass davon abzuweichen ist (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 ff.; BGer 6B_215/2013 vom 27. Januar 2014 E.1.2; 6B_48/2009 vom 11. Juni 2009 E. 4.2; Heer, a.a.O., Art. 189 StPO N 7).


3.5.3.2 Vorliegend sind das Parteigutachten bzw. die methodenkritische Stellungnahme sowie die Ausführungen der Parteigutachterin jedoch nicht geeignet, die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich zu erschüttern. Die mit der Erstellung des ursprünglichen aussagepsychologischen Gutachtens betrauten Expertinnen Dipl.-Psych. J____ und Dr. med. L____ konnten im Rahmen der zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vom 9. Dezember 2020 grundsätzlich alle durch den Berufungskläger bzw. die Privatgutachterin vorgebrachte Kritik am Gutachten widerlegen bzw. plausible Antworten auf aufgeworfenen Fragen vorbringen.


Hinsichtlich der durch den Berufungskläger kritisierten Zurückweisung der Überlegung möglicher psychopathologischer Auffälligkeiten gravierender bzw. relevanter Persönlichkeitsakzentuierungen beim Opfer legten die Expertinnen klar dar, dass aufgrund der subjektiven Angaben des Opfers, welche dieses im Rahmen der gutachterlich erfolgten Exploration konsistent, nachvollziehbar und plausibel habe wiedergeben können und den vorliegenden fremdanamnestischen Angaben eine Persönlichkeitsstörung mit hinreichender Validität ausgeschlossen werden könne (Akten S. 2684; vgl. auch Akten S.2530a, GA S.96). Auch die Privatgutachterin selbst hält fest, dass gemäss ihrer Einschätzung keine Hinweise auf eine massive Einschränkung der Aussagetüchtigkeit des Opfers vorlägen (Akten S. 2700). Eine möglicherweise beim Opfer vorliegende Anpassungsstörung geringer Ausprägung (bei in casu nicht vorliegenden Komorbiditäten) habe überdies keinen Einfluss ihre Aussagetüchtigkeit (Akten S.2685). Hinsichtlich der Überprüfung psychopathologischer Auffälligkeiten vor dem Jahre 2012 seien von den Expertinnen zudem diverse Arztberichte ab dem Jahre 2002 eingeholt worden. In diesen fänden sich keine Hinweise auf eine Persönlichkeitsstörung interaktionelle Auffälligkeiten des Opfers (Akten S.2699). Aus den Arztberichten von Dr. med. G____ gehe gemäss den Expertinnen ausserdem hervor, dass offenbar eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung durchgeführt worden sei, wonach die Dauer der Behandlungen bzw. der Gespräche gemäss der Praxis in der Schweiz in der Regel 50 Minuten betragen würden. Es gehe aus den Berichten auch hervor, dass die medikamentöse Behandlung nicht vordergründig gewesen sei, womit davon ausgegangen werden könne, dass es sich vorwiegend um eine psychotherapeutisch ausgerichtete Behandlung gehandelt habe. Zudem sei anzunehmen, dass Dr. med. G____ als Facharzt bzw. Psychiater aus demselben Kulturkreis wie das Opfer während eines Behandlungszeitraums von mehreren Jahren gravierende interaktionelle Auffälligkeiten im Sinne einer Persönlichkeitsstörung erkennen würde (Akten S. 2701). Ausserdem habe das Opfer beispielsweise erhebliche psychosoziale Belastungen durch die Krankheit ihrer Tochter erfahren und sei auch in diesem Zusammenhang offenbar nicht durch extrem gravierende Abweichungen - Voraussetzung für die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung - aufgefallen (Akten S.2702). Des Weiteren könne auch nicht, bezogen auf die vom Berufungskläger bzw. der Privatgutachterin geltend gemachten Diskrepanzen zwischen dem Austrittsbericht der UPK vom 14. August 2012 und der kurz darauf erfolgten Kontaktierung eines Notfallpsychiaters durch das Opfer, auf eine Persönlichkeitsakzentuierung - im Sinne einer nicht voll ausgeprägten Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 - geschlossen werden, da sich eine solche nicht isoliert auf eine Beziehungskonstellation äussern würde. Vielmehr sei zu erwarten, dass sich eine solche Problematik der emotionalen Instabilität und der Wechselhaftigkeit auch in anderen Lebensbereichen zeige und auch von Laien wahrnehmbar sei. Die für das Gutachten eingeholten Fremdauskünfte liessen jedoch nicht auf solch eine Persönlichkeitsakzentuierung schliessen (Akten S. 2704 f.). Die vom Berufungskläger monierten Diskrepanzen zwischen den Therapieberichten von lic. phil. H____, Psychotherapeutin ASP, und dem Gutachten wurden von den Expertinnen schliesslich ebenfalls anerkannt, jedoch hielten letztere daran fest, dass sich, gestützt auf die retrospektiven Angaben des Opfers bezüglich der Symptomatik im Jahr 2014, die von H____ gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung aus gutachterlicher Sicht nicht (mehr) nachvollziehen lasse. Gestützt werden könne lediglich das Vorliegen eines depressiven Syndroms (Akten S.2706, vgl. auch Akten S.2530a, GA S.95 f.).


In Bezug auf die in der Stellungnahme monierte angebliche unvollständige Befund­erhebung und das in diesem Zusammenhang geltend gemachte Fehlen von zentralen Beurteilungsschritten im Gutachten führten die Expertinnen aus, dass das Gutachten die Hypothese von einer absichtlichen Falschbeschuldigung nicht explizit zurückweise. Eine solche Falschbeschuldigung durch das Opfer sei entsprechend nicht ganz unwahrscheinlich. Ein Ausschluss im Rahmen der aussagepsychologischen Methodik bedeute nämlich, dass die Hypothese wirklich zurückgewiesen werden könne. Und für dieses Zurückweisen brauche es eine vollständige Diagnostik, worunter auch die Aussagekonstanz zu subsumieren sei, die man im vorliegenden Falle nur sehr bedingt habe beurteilen können. Bezogen auf die gesamte Bewertung sei es jedoch nach wie vor wenig wahrscheinlich, dass das Opfer die in seinen Aussagen vorkommenden Realkennzeichen einer konstruierten Darstellung hätte aufprägen können. Im Falle der Kritik an einer fehlenden Exploration zur Sache entgegneten die Expertinnen, dass in Deutschland zwar so eine Praxis existiere, dies in der Schweiz aber aus Gründen der strafprozessualen Verwertbarkeit allfälliger Opferaussagen zur Sache nicht gleich gehandhabt werde. Anscheinend schien eine fehlende Exploration zur Sache auch die Privatgutachterin nicht grundsätzlich von einer aussagepsychologischen Beurteilung der Aussagen des Opfers abzuhalten, gab diese doch in ihrer ersten aussagepsychologischen Stellungnahme vom 1. Oktober 2018 (und damit nota bene vor Erstellung des aussagepsychologischen Gutachtens durch die beiden Expertinnen) an, dass sie deshalb auf eine eigene aussagepsychologische Beurteilung verzichtet habe, da ihr dies «aus Zeitgründen»[!] (und nicht etwa mangels Exploration zur Sache) nicht möglich gewesen sei (Akten S. 2428). In Bezug auf die vom Berufungskläger monierte Konstanz der Opferaussagen hielten die Expertinnen fest, dass - bezogen auf die Aussagen im Januar 2013 - eine Konstanzanalyse zwar aufgrund der Befragungsstruktur der «fortgesetzten Einvernahme» schwierig vorzunehmen gewesen sei, dies aber im Gutachten bei einzelnen Schilderungselementen bzw. Vorfällen gleichwohl habe vorgenommen werden können, etwa bei den Handlungsschilderungen vom «16./17.12.» (Akten S.2687 ff.; vgl. auch Akten S.2530a, GA S.). In Bezug auf den zeitweisen Widerruf der Aussagen des Opfers hielten die Expertinnen des Weiteren fest, dass aufgrund opferfremder Quellen nicht aussagepsychologisch beurteilbar sei, ob eine Beeinflussung durch dritte Personen in der vom Opfer geschilderten Art und Weise stattgefunden und es sich mithin um einen in einer Zwangslage getätigten nicht glaubhaften Widerruf gehandelt habe, sondern es sich hierbei vielmehr um eine Frage der Beweiswürdigung handle, die vom Gericht vorzunehmen sei (Akten S.2690; vgl. auch Akten S.2530a, GA S.126 f.). Zudem bleibe eine damit zusammenhängende Beurteilung der möglichen Motivation des Opfers für allfällige diskrepante Aussagen immer spekulativ (Akten S.2698). In Bezug auf die Kritik des Berufungsklägers, dass fehlende Wortprotokolle von Aussagen gerade keine Unterschätzung der inhaltlichen Qualität nach sich ziehen würden, stellten die Expertinnen klar, dass die Qualität der Protokollierung eine Frage der Beweiswürdigung sei und sich diese «Qualität» in beide Richtungen auswirken könne. Das bedeute, dass sowohl Dinge, die die Qualität einer Aussage leicht erhöht hätten, möglicherweise nicht protokolliert worden sein könnten, weil im Rahmen der Protokollierung nicht mit spezifisch aussagepsychologischer Perspektive geachtet worden sei. Es könne jedoch auch umgekehrt sein, dass, aus aussagepsychologischer Sicht, mögliche qualitätsmindernde Aspekte nicht protokolliert worden seien (Akten S. 2691).


Des Weiteren moniert die Privatgutachterin, dass für eine aussagepsychologische Analyse hätte berücksichtigt werden müssen, dass das Verfahren gegen den Ex-Ehemann des Opfers eingestellt worden sei. Aufgrund der Parallelen zwischen den Vorwürfen in den beiden Verfahren hätte man im Gutachten diskutieren müssen, welche Kompetenzen sich daraus für ein mögliches falsches Behaupten solcher Erlebnisse mit dem Berufungskläger ergäben. Die Expertinnen wiesen demgegenüber darauf hin, dass es bei einem solchen Qualitäts-Kompetenz-Vergleich bei einer erwachsenen Frau - im Gegensatz zu einem Kind - mit den Erfahrungen, die das Opfer habe, zunehmend schwieriger werde, solche Dinge zu erforschen. Zudem sei das Ergebnis des Gutachtens derart, dass im Gegenteil vieles für den Erlebnisbezug der Aussagen des Opfers spreche, obgleich sich die Hypothese nur bezogen auf die Opferaussagen nicht zurückweisen lasse (Akten S. 2708). In diesem Zusammenhang bringt die Privatgutachterin ferner auch die Kritik vor, dass zu dem Umstand, dass das Opfer mehrere Jahre lang in einem kurdischen Frauenverein tätig gewesen sei, keine weiteren Abklärungen getroffen worden seien. So hätte zwecks Durchführung eines Qualitäts-Kompetenzabgleichs - insbesondere hinsichtlich der Erfindungskompetenz des Opfers - der Frage nachgegangen werden müssen, ob sie möglicherweise mit anderen kurdischen Frauen über ähnliche Erlebnisse, Gewalterlebnisse, sexuelle Übergriffe im Rahmen von Partnerschaft und Ehe gesprochen habe. Die Expertinnen wiesen auch hier darauf hin, dass es theoretisch viele Möglichkeiten für eine erwachsene Person gebe, sich zu informieren, wenn sich jemand effektiv zielgerichtet vornehme, eine falsche Beschuldigung machen zu wollen. Betreffend den kurdischen Frauenverein erhelle daher nicht, weshalb dieser so spezifisch sein solle (Akten S. 2708 f.).


Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass es dem Berufungskläger bzw. der Privatgutachterin nicht gelungen ist, gewichtige und zuverlässig begründete Tatsachen Indizien vorzubringen, welche die Überzeugungskraft des Gutachtens ernsthaft zu erschüttern in der Lage waren. Zwar war es dem Gutachten nicht möglich, alle Fragen zu beantworten (im Gutachten wurde auch offengelegt, wo möglicherweise Fragen unbeantwortet geblieben sind), jedoch sind die erfolgten Ausführungen in sich überaus schlüssig und ist auch die Methodik schlüssig dargelegt. Die Privatgutachterin hält in ihrer Stellungnahme vom 6. Februar 2020 so auch selbst fest, dass die aussagepsychologische Methodik von Dipl.-Psych. J____ grundsätzlich zutreffend beschrieben worden sei und auch die Hinzuziehung psychiatrischen Sachverstandes vor dem Hintergrund der mehrjährigen psychiatrischen Behandlung des Opfers sachgerecht erscheine (Akten S. 2545). Wie die Expertinnen des Weiteren festhalten, handelt es sich bei der Frage der Konstanzanalyse im Rahmen der Widerrufsthematik der Opferaussagen im vorliegenden Fall um ein Problem der Beweiswürdigung, dass entsprechend bei den dortigen Ausführungen zu behandeln ist (s. hinten E. 4.5.5.2). Überdies besteht auch kein Grund, an der Kompetenz der Gutachterinnen selbst zu zweifeln. Wie aufgezeigt wurde, waren die Expertinnen in allen Punkten in der Lage, die an sie gestellten Fragen zu beantworten sowie die gewonnenen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen widerspruchsfrei zu begründen. Die Privatgutachterin hielt denn nach der gerichtlichen Befragung der Expertinnen selbst fest, dass sie aufgrund der Ausführungen von Dipl.-Psych. J____ zu der aussagepsychologischen Beurteilung im engeren Sinne viele Fragen zurückgestellt habe bzw. diese beantwortet worden seien (Akten S. 2707). Die Expertise krankt mithin auch nicht an Mängeln, die derart offensichtlich sind, dass sie auch ohne spezielles Fachwissen erkennbar sind. Im Gegensatz wurde vielmehr auch Kritik an der methodenkritischen Stellungnahme der Privatgutachterin angebracht. So brachte Dipl.-Psych. J____ etwa vor, dass die Privatgutachterin mit ihrer Kritik am gutachterlichen Qualitäts-Kompetenz-Vergleich sehr weit gegangen und diese auch nicht nachvollziehbar sei, da dies einen sehr hypothetischen Bereich betreffe (Akten S. 2711). Die zweite Expertin, Dr. med. L____, konnte die Kritik der Privatgutachterin zum diagnostischen Teil schliesslich überhaupt nicht nachvollziehen (Akten S. 2710). Das Gutachten stellt somit eine rechtsgenügliche Grundlage für eine umfassende und taugliche richterliche Beweiswürdigung der Opferaussagen dar, womit der Antrag des Berufungsklägers auf Einholung eines Obergutachtens abzuweisen ist.


3.6 Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass alle vom Berufungskläger gestellten Beweisanträge abzuweisen sind.


4.

Der Berufungskläger wendet sich sodann gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung, insbesondere gegen die Ausführungen zur Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers. Die Kritik des Berufungsklägers ist dabei in zwei Abschnitten zu unterteilen: Zum einen in die kritischen Ausführungen vor Erstellung des aussagepsychologischen Glaubhaftigkeitsgutachtens von Dipl.-Psych. J____ und Dr. med. L____ vom 4. Dezember 2019 (nachfolgend E. 4.1.2) und andererseits in die Vorbringen danach (nachfolgend E. 4.2.2). Letztere richten sich dabei nicht unmittelbar gegen die Ausführungen der Vorinstanz, sondern direkt gegen die gutachterlichen Feststellungen. In beiden Fällen beantragt der Berufungskläger jedoch einen vollumfänglichen Freispruch.

4.1

4.1.1 Das Strafgericht kam im Entscheid vom 22. November 2013 in Rahmen seiner Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass das Opfer bei den Einvernahmen im Januar 2013 weitgehend gleichbleibende, nachvollziehbare, detaillierte und in sich stimmige Aussagen gemacht habe, welche eine Vielzahl von Realkriterien aufwiesen, die für die Zuverlässigkeit seiner Darstellung und somit dafür sprächen, dass seine Schilderungen auf tatsächlich Erlebtem beruhten. Die von der Verteidigung vorgebrachten Ungereimtheiten seien von nebensächlicher Natur und schmälerten die Glaubwürdigkeit des Opfers keineswegs. Es lasse sich denn auch kein plausibles Motiv für eine allfällige Falschbeschuldigung ausmachen. Ferner stelle der «Widerruf» der zu Beginn des Jahres 2013 gemachten Aussagen nicht etwa eine Rückbesinnung auf die Wahrheit dar, sondern sei vielmehr der Versuch des Opfers, die getätigten Aussagen zu relativieren, um den Berufungskläger - zum eigenen Schutz des Opfers - zu entlasten. Überdies stützten zahlreiche objektive Beweise und Indizien die im Januar 2013 gemachten Opferaussagen und machten diese zusätzlich glaubhaft. Die Aussagen des Berufungsklägers präsentierten sich dagegen als haltlos und würden jeglicher Glaubhaftigkeit entbehren. Insoweit könne vollumfänglich auf die Aussagen des Opfers abgestellt werden und der auf seinen Angaben beruhende Sachverhalt werde demzufolge als nachgewiesen angesehen.


4.1.2 Der Berufungsläger führte demgegenüber aus, dass das Opfer keine konkreten Angaben zu den Tatvorwürfen habe machen Details schildern können. Es lägen entsprechend auch keine Realkriterien vor. Zudem habe das Opfer sich in Widersprüche verstrickt. Auch habe das Strafgericht die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers bejaht, ohne sich dabei auf eigene, unmittelbare Wahrnehmung seiner Aussagen abstützen zu können. Ferner habe das Opfer auch die anfänglich erhobenen Vorwürfe mehrfach widerrufen. Auch habe das Bezirksgericht Baden den Berufungskläger am 15. April 2015 unter anderem von den Vorwürfen der mehrfachen Vergewaltigung und der mehrfachen häuslichen Gewalt freigesprochen. Dies sei umso bemerkenswerter, als der Freispruch in voller Kenntnis des Basler Verfahrens erfolgt sei (Plädoyer im Rahmen der [ersten] zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vom 14. Januar 2016, S. 1857 ff., 1902 f.).


4.2

4.2.1 Wie bereits erwähnt, wurde bei den beiden Sachverständigen Dipl.-Psych. J____ und Dr.med. L____ ein aussagepsychologisches Gutachten vom 4. Dezember 2019 zur Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers eingeholt. Dieses geht auftragsgemäss einerseits der Frage nach, ob die Aussagetüchtigkeit und Aussagekompetenz des Opfers gegeben waren und welche psychopathologischen Auffälligkeiten diese allenfalls beeinflussen könnten. Andererseits umfasst es Ausführungen dazu, wie die Aussagen in Bezug auf Qualität, Konstanz, Entstehungsgeschichte und möglichen Motivhintergrund zu bewerten sind. Im Einzelnen wurden die Gutachterinnen insbesondere um die Beantwortung folgender Fragen gebeten: 1). Wie ist die Persönlichkeit der des Opfers im Hinblick auf seine Aussagetüchtigkeit und Aussagekompetenz zu beurteilen? 2). Liegen psychopathologische Auffälligkeiten vor, welche die Aussagetüchtigkeit und Glaubhaftigkeit der Aussagen beeinflussen können, und falls ja: Wie sind diese Auffälligkeiten im Hinblick auf die konkrete Aussagetüchtigkeit und Glaubhaftigkeit zu bewerten? 3). Wie ist die Aussage aus aussagepsychologischer Sicht in Bezug auf ihre Qualität, ihre Konstanz, ihre Entstehungsgeschichte und den möglichen Motivhintergrund zu beurteilen? 4). Wie wird insgesamt der Realitätsgehalt der sachrelevanten Bekundungen unter Berücksichtigung der in Frage kommenden Alternativhypothesen zur Glaubhaftigkeit der Aussage aussagepsychologisch beurteilt? 5). Ergeben sich aus aussagepsychologischer Sicht noch weitere Bemerkungen?


Das Gutachten kommt diesbezüglich zum (hier verkürzt wiedergegebenen) Ergebnis, dass beim Opfer zu den aussagerelevanten Zeitpunkten die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10 F33), differentialdiagnostisch eine Anpassungsstörung (ICD-10 43.2) bestanden habe. Der Grad der depressiven Episoden dürfte dabei leicht bis mittelschwer gewesen sein. Es hätten sich keine Hinweise dafür ergeben, dass aufgrund der diagnostizierten psychischen Störung und damit verbundenen psychopathologischen Auffälligkeiten die Aussagetüchtigkeit des Opfers zu den aussagerelevanten Zeitpunkten beeinträchtigt gewesen wäre. Auch aktuell lasse sich seine allgemeine Aussagetüchtigkeit bejahen. Gestützt auf die diagnostische Einordnung der psychopathologischen Symptomatik hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ausgehend von dieser Symptomatik die Validität der Aussage Einschränkungen unterworfen wäre. Hingegen sei in Betracht zu ziehen, dass unter dem Einfluss einer depressiven Symptomatik eine Beeinträchtigung der Aussagequalität bzw. -quantität resultiert sein könnte, und zwar nicht im Sinne verfälschender Einflüsse, sondern im Sinne eines nicht sehr detailreichen Schilderungsstils, wie er bei depressiven Personen vermehrt zu beobachten sei. Das Gutachten verneint des Weiteren suggestive Einflüsse auf die Erinnerungsfähigkeit des Opfers. Anhand der inhaltlichen Aussagebewertung kommen die Gutachterinnen sodann zur Einschätzung, dass aus aussagepsychologischer Sicht vieles für den Erlebnisbezug der hier zur Diskussion stehenden Aussage spreche. Ein ganz sicherer Nachweis gelinge aussagepsychologisch (d.h. allein anhand der Aussage - die Würdigung weiterer Beweismittel liege nicht in der aussagepsychologischen Kompetenz) mit der methodisch und juristisch geforderten Eindeutigkeit nicht, was sich in der eingeschränkten Möglichkeit zur Beurteilung der Aussagekonstanz und insbesondere im wechselhaften Aussageverhalten (zeitweiliger Widerruf) des Opfers begründe. Die Beurteilung der Frage, ob eine Beeinflussung durch dritte Personen in der vom Opfer geschilderten Art und Weise stattgefunden habe nicht und ob gegebenenfalls deshalb die Rücknahme von Belastungen erfolgt sei, es sich also um einen in einer Drucksituation getätigten und nicht glaubhaften Widerruf gehandelt habe, liege hier nicht in der aussagepsychologischen Kompetenz, sondern sei der Beweiswürdigung vorbehalten.


4.2.2 Der Berufungskläger bzw. die Privatgutachterin wenden gegen das Gutachten ein, das dieses unter gravierenden Mängeln leide. So könne die Unwahrhypothese nicht widerlegt werden. Auch die Gutachterin Dipl.-Psych. J____ habe in der (zweiten) zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vorgebracht, dass die Lügenhypothese nicht widerlegt werden könne. Auch habe sie klar die Aussagekonstanz als hochproblematisch bezeichnet, die ja selbst eine conditio sine qua non darstelle. Ohne Aussagekonstanz sei die Annahme von Glaubhaftigkeit nicht möglich. Ein wesentlicher Mangel des Gutachtens bestehe zudem darin, dass es unvollständig sei. Es schliesse die Aussagen des Opfers im Aargauer Verfahren a priori aus, obgleich sie hätten berücksichtigt werden müssen. Darin liege ein gravierender Mangel, weil das Gutachten Zwang und Drohung als mögliche Erklärung für Unstimmigkeiten in der Aussagegenese für plausibel halte, während sich im Vergleich zwischen der Aussage vom 14.Januar 2016 vor Appellationsgericht und der Befragung durch die Aargauer Kantonspolizei am 5. August 2014, dem Tag der neuerlichen Anzeigeerstattung gegen den Berufungskläger wegen mehrfacher Vergewaltigung, gravierende Widersprüche zeigen würden. So habe das Opfer bei der Polizei im Rahmen der Anzeigeerstattung - im Gegensatz zum Verfahren in Basel-Stadt - nicht angegeben, dass es nur zum Berufungskläger zurückgegangen sei, weil letzterer ihm gedroht und gesagt habe, er werde die Tochter und den Bruder des Opfers umbringen. Im Aargauer Verfahren habe das Opfer vielmehr ausgesagt, dass der Berufungskläger nach seiner Haftentlassung im November 2013 wieder zu ihm gekommen sei und gesagt habe, dass er einen Fehler gemacht habe. Das Opfer habe ihn sodann wieder «zurückgenommen» und der Berufungskläger habe wieder bei ihm leben können. Auch besitze das Opfer offenbar die Fähigkeit, sogar geschulte Leute - auch etwa in der UPK - durch seine Aussagen überzeugen zu können und entsprechend in unterschiedlichen Situationen andere Aussagen zu machen. Eine solche Falschanschuldigungshypothese sei auch vom Gutachten nicht umgestossen worden. Allgemein arbeite das Gutachten mit zu wenigen Unterhypothesen. Überhaupt erwecke die Lektüre des Gutachtens den Eindruck, dass es entgegen dem Fundamentalprinzip der Glaubhaftigkeitsbeurteilung, der Unwahrhypothese Nullhypothese, nicht nullhypothesengeleitet, sondern gerade umgekehrt arbeite, indem stets versucht werde, für die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers zu argumentieren, ohne der Gegenhypothese nachzugehen und diese zu falsifizieren. Dies stelle einen gravierenden Kunstfehler dar und widerspreche dem Grundsatz der Unschuldsvermutung sowohl als Beweislast- als auch als Beweiswürdigungsregel. Nur wenn die Glaubhaftigkeitsbeurteilung stets nullhypothesengeleitet sei, sei der Grundsatz der Unschuldsvermutung als Beweislastregel nicht verletzt. Schliesslich weise das Gutachten auch elementare methodische Mängel auf, wie dies die methodenkritische Stellungnahme der Privatgutachterin belege: Zunächst fehle eine sachverhaltsbezogene Exploration, was umso gravierender sei, als keine Wortprotokolle von Audio- Videoaufzeichnungen vorlägen. Des Weiteren betreffe ein gravierender Mangel auch die fehlenden fremdanamnestischen Angaben in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer Persönlichkeitsstörung beim Opfer. Ferner ergebe sich als relevante Hypothese die Denkmöglichkeit, dass das Opfer gegebenenfalls nur geduldete als wenig erfüllend erlebte sexuelle Kontakte bei jeweiligem Hervortreten entsprechend negativer Stimmung bzw. Einstellung dem Berufungskläger gegenüber retrospektiv als gewaltsam und unfreiwilliger erinnert habe, als es sie in der jeweiligen Situation noch erlebt habe. Zudem sei das Verfahren in Bern mit dem Ex-Ehemann des Opfers F____ durch Hypothesenbildung nicht diskutiert worden. Dabei hätte in Betracht gezogen werden müssen, dass das Opfer in Beziehungskonflikten auf entsprechende Vorwürfe zurückgreife, um eigene Ziele durchzusetzen. Ausserdem spreche der intraindividuelle Strukturvergleich gegen die Glaubhaftigkeit des Opfers. Erlebnisse aus der Kindheit und Jugend würden sehr detailreich geschildert, während fallrelevante Schilderungen schwammiger und auch auf Nachfragen hin unpräziser sogar logisch inkonsistent bleiben würden. Des Weiteren sei die Analyse der inhaltlichen Qualität unter methodischen Gesichtspunkten gar nicht sinnvoll durchführbar. Im Gegenteil werde im Widerspruch zur Nullhypothese sowie zum eben geschilderten Widerspruch im interindividuellen [wohl gemeint: intraindividuellen] Strukturvergleich zu Gunsten des Opfers angenommen, der fehlende Detailreichtum sei Folge seiner Depression. Schliesslich insinuiere das Gutachten in tendenziöser Art und Weise dem Leser den Eindruck, das Gutachten würde aussagekräftige Ergebnisse wiedergeben, obwohl eine Konstanzanalyse, wie das Gutachten selbst einräume, methodisch unter den vorliegenden Bedingungen kaum sinnvoll durchführbar sei. Ferner habe das Opfer wegen seiner Sozialhilfeabhängigkeit möglicherweise auch Angst um seine Niederlassungsbewilligung gehabt, was auch zu berücksichtigen sei, wenn man die Auseinandersetzungen mit dem Berufungskläger anschaue, da das Opfer ein Interesse an einer Verbindung mit dem Berufungskläger gehabt habe.


4.2.3 Die Staatsanwaltschaft bringt demgegenüber vor, dass das Opfer seine Aussagen keineswegs erfunden haben könne. Seine Ausführungen würden zudem sehr direkt unterstreichen, dass es wiederholt unter Druck gesetzt worden sei. Das Gutachten vom 4. Dezember 2019 sei in sich schlüssig und weise keine Widersprüche auf. Die Methodik werde klar erläutert und es werde dargelegt, welche Schlüsse möglich und welche eben gestützt auf die Umstände nicht möglich seien. Zur aussagepsychologischen Stellungnahme der Fachpsychologin K____ vom 6.Februar 2020 gelte es festzuhalten, dass dieser insbesondere die Aussagen des Opfers gerade nicht vorlägen. Ohne vollständige Aktenkenntnis erscheine jedoch eine wissenschaftliche Beurteilung als unvollständig. Weiter falle auf, dass die Privatgutachterin zahlreiche Behauptungen in den Raum stelle, es aber unterlasse, diese durch Fundstellen zu belegen. Einzig auf Seite 15 werde eine Aussage mit einer Literaturstelle belegt. Sie schreibe zwar von «professionellen Standards», welche angeblich nicht eingehalten seien, lasse den Leser jedoch im Dunkeln, wie sie darauf komme und wo diese Standards definiert seien. Als weiteres Beispiel lasse sich nennen, dass die Privatgutachterin behaupte, dass die Gutachterinnen nach der Tätigkeit des Opfers im Verein für kurdische Frauen hätten fragen müssen - hier hätte man mögliche Erfindungskompetenzen sachverständigerseits einschätzen können. Vor dem Hintergrund, dass es in der kurdischen Kultur gerade verpönt sei, über eine Vergewaltigung zu sprechen, weil sich eine Frau dadurch selber «schuldig macht» und ausgestossen würde, erscheine diese Äusserung absurd. In der Summe gelange man zum Ergebnis, dass in erster Linie eine für den Berufungskläger positive Stellungnahme verfasst worden sei - ein Parteigutachten wie es nicht exemplarischer sein könnte. Die an der Methodik des Gutachtens vom 4. Dezember 2019 geübte Kritik erscheine zudem nicht nachvollziehbar. Auf dieses Parteigutachten sei demnach nicht abzustellen und es vermöge demzufolge die Überzeugungskraft des gerichtlichen Gutachtens nicht zu erschüttern.


4.3 Bei Konstellationen, in denen sich wie hier als massgebende Beweise hauptsächlich belastende Aussagen des (mutmasslichen) Opfers und bestreitende Aussagen des Berufungsklägers gegenüberstehen, müssen deren Depositionen vom urteilenden Gericht einlässlich gewürdigt werden. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist für die Wahrheitsfindung die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage bedeutsam, die durch methodische Analyse ihres Inhalts darauf überprüft wird, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem tatsächlichen Erleben der aussagenden Person entspringen. Damit eine Aussage als zuverlässig gewürdigt werden kann, ist sie insbesondere auf das Vorhandensein von Realitätskriterien und umgekehrt auf das Fehlen von Phantasiesignalen zu überprüfen. Entscheidend ist, ob die aussagende Person unter Berücksichtigung der Umstände, ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit und der Motivlage eine solche Aussage auch ohne realen Erlebnishintergrund machen könnte. Methodisch wird die Prüfung in der Weise vorgenommen, dass das im Rahmen eines hypothesengeleiteten Vorgehens durch Inhaltsanalyse (aussageimmanente Qualitätsmerkmale, sogenannte Realkennzeichen) und Bewertung der Entstehungsgeschichte der Aussage sowie des Aussageverhaltens insgesamt gewonnene Ergebnis auf Fehlerquellen überprüft und die persönliche Kompetenz der aussagenden Person analysiert wird. Dabei wird zunächst davon ausgegangen, dass die Aussage gerade nicht realitätsbegründet ist, und erst wenn sich diese Annahme (Nullhypothese) aufgrund der festgestellten Realitätskriterien nicht mehr halten lässt, wird geschlossen, dass die Aussage einem wirklichen Erleben entspricht und wahr ist (vgl. BGE 133 I 33 E. 4.3 S. 45 f., 129 I 49 E. 5 S. 58 f., 128 I 81 E. 2 S. 85 f.; BGer 6B_331/2020 vom 7. Juli 2020 E. 1.2, 6B_793/2010 vom 14. April 2011 E. 1.3.1, je mit Hinweisen).


4.4 Im Folgenden gilt es die Glaubhaftigkeit der Ausführungen des Opfers zu überprüfen. Dabei ist in einem ersten Schritt auf die einzelnen vom Berufungskläger (zusammen mit der Privatgutachterin) im Berufungsverfahren vorgebrachten Rügen hinsichtlich des vorinstanzlichen Urteils bzw. des aussagepsychologischen Gutachtens einzugehen, sofern diese nicht schon zuvor behandelt wurden (sogleich E. 4.5). Nicht näher einzugehen ist so etwa auf das monierte Fehlen einer sachverhaltsbezogenen Exploration des Opfers, da dieser Umstand bereits im Rahmen der Ausführungen zu den Beweisanträgen abgehandelt wurde (vgl. vorne E.3.5.3.2). In einem zweiten Schritt gilt es, eine Prüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers - gestützt auf das aussagepsychologische Gutachten - in ihrer Gänze vorzunehmen (E.4.6) und auch die Aussagen des Berufungsklägers sowie allfällige vorhandene objektive Beweismittel zu würdigen (E. 4.7).


4.5

4.5.1 Der Berufungskläger rügt zum einen, dass das Gutachten unvollständig sei. Es schliesse die Aussagen des Opfers im Aargauer Verfahren a priori aus, obgleich sie hätten berücksichtigt werden müssen. Darin liege ein gravierender Mangel, weil das Gutachten Zwang und Drohung als mögliche Erklärung für Unstimmigkeiten in der Aussagegenese für plausibel halte, während sich doch im Vergleich zwischen der Aussage vom 14. Januar 2016 vor Appellationsgericht und der Befragung durch die Aargauer Kantonspolizei am 5. August 2014, dem Tag der neuerlichen Anzeigeerstattung gegen den Berufungskläger wegen mehrfacher Vergewaltigung, gravierende Widersprüche zeigen würden. So sei nicht einzusehen, warum es anlässlich der erneuten Anzeigeerstattung wegen mehrfacher Vergewaltigung im Kanton Aargau in der Einvernahme vom 5. August 2014 ausgesagt habe, der Berufungskläger sei, «[a]ls er hinaus kam (November 2013), [...] wieder zu [ihm] [gekommen] und [habe] [ge]sagt, dass er einen Fehler gemacht habe und diesen auch verstanden hätte. [Das Opfer] [habe] ihn wieder zurück[genommen] und er konnte wieder bei [ihm] leben.» Kein Wort von Gewalt Drohung sei hier zu lesen. Es gebe nun aber keinen Grund, warum das Opfer über den Grund für die Wiederaufnahme der Beziehung anlässlich der Befragung vom 5. August 2014 hätte lügen sollen, habe es doch bei dieser Befragung erneut Anzeige gegen den Berufungskläger wegen mehrfacher Vergewaltigung erstattet.


Den Ausführungen des Berufungsklägers ist nicht zu folgen. So hält das Gutachten zutreffend fest, dass fast alle der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Aussagen des Opfers von dem nachfolgenden Geschehen nicht beeinflusst sein können, da sie zeitlich vor dem Aargauer Verfahren erhoben worden sind (vgl. Akten S. 2530a, GA S.17). Zwar ist dem Berufungskläger zuzustimmen, dass dies nicht für die Schilderungen des Opfers beim Appellationsgericht in der Verhandlung vom 14./15. Januar 2016 gilt, da diese nach den Aussagen im Aargauer Verfahren erfolgten und ebenfalls in die aussagepsychologische Beurteilung einzubeziehen sind. Jedoch hält das Gutachten zutreffend fest, dass das Opfer am Appellationsgericht zu den hier zur Diskussion stehenden Ereignissen nicht mehr im Einzelnen detailliert befragt wurde. Auch seine weiteren Schilderungen (insbesondere: warum es kurz bevor es zur Inhaftierung des Berufungsklägers gekommen sei, ausgerechnet in [...] eine Stelle gesucht habe; wie es dazu gekommen sei, dass es nach der Gerichtsverhandlung wieder mit dem Beschuldigten zusammen gekommen sei; Ausführungen zu den Widerrufen) fügen sich in das geschilderte Gesamtbild ein, so dass auf die Vorkommnisse das Aargauer Verfahren betreffend aussagepsychologisch nicht weiter einzugehen war (vgl. Akten S.2530a, GA S. 139 f.). Sofern der Berufungskläger nun vorbringt, dass sich die Aussagen des Opfers im Aargauer Verfahren in der Einvernahme am 5. August 2014 und an der zweitinstanzlichen Verhandlung vor dem Appellationsgericht am 14./15. Januar 2016 widersprechen würden und er vermute, dass das Opfer die Aussage vor dem Appellationsgericht angepasst habe, da eine Woche nach dem Basler Verfahren das obergerichtliche Verfahren im Aargau stattgefunden habe und das Opfer einen präjudizierenden Freispruch des Berufungsklägers habe verhindern wollen, so ist dem Folgendes entgegenzuhalten: Der Berufungskläger neigt vorliegend dazu, die Aussagen des Opfers im Aargauer Verfahren nur selektiv zu zitieren und übergeht damit Ausführungen, welche das Opfer zur Haftentlassung im November 2013 machte, in denen es angab, weshalb es wieder mit dem Berufungskläger zusammengekommen sei. Wie der Berufungskläger korrekt ausführt, sagte das Opfer in der Einvernahme vom 5.August 2014 zwar aus, dass der Berufungskläger nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft im November 2013 wieder zu ihm gekommen sei und gesagt habe, dass er einen Fehler gemacht habe. Das Opfer habe diesen auch verstanden. Es habe ihn zurückgenommen und der Berufungskläger habe wieder bei ihm leben können (Aargauer Verfahrensakten, S. 90). Das Opfer äussert sich zwar nicht dazu, ob es Drohungen seitens des Berufungsklägers gab, es verneinte diese jedoch auch nicht explizit. Nur gut zwei Wochen später führte das Opfer (im Aargauer Verfahren) in der Einvernahme vom 27. August 2014 jedoch aus, dass es auch im November 2013 durch den Berufungskläger bedroht worden sei, als er zu ihm zurückgekommen sei. So habe er das Opfer nach seiner Haftentlassung bedroht, falls es ihn nicht heiraten wolle, da die Aufenthaltsbewilligung des Berufungsklägers nicht verlängert worden sei. Seit November 2013 habe er ihm immer gedroht, wenn sich das Opfer hätte trennen wollen. Das Opfer habe den Berufungskläger nur wegen der Drohungen wieder nach Hause genommen (Aargauer Verfahrensakten, S.137). Der Berufungskläger habe das Opfer nach seiner Haftentlassung zuerst telefonisch kontaktiert und es bereits am Telefon wieder bedroht (Aargauer Verfahrensakten, S.145). Diese Ausführungen verschweigt der Verteidiger des Berufungsklägers in seiner Berufungsbegründung sowie in seinem Plädoyer vom 9. Dezember 2020 wohlweislich. Bezieht man diese nämlich in das Aussageverhalten des Opfers mit ein, so kann die durch den Berufungskläger vorgebrachte Hypothese der angeblichen Aussageanpassung des Opfers im Rahmen der appellationsgerichtlichen Verhandlung 14./15. Januar 2016 klar widerlegt werden. Entsprechend ist auch nicht zu beanstanden, dass das Gutachten nicht näher auf die Aargauer Verfahrensakten eingegangen ist.


4.5.2 Der Berufungskläger bringt des Weiteren im Sinne einer allgemeinen Kritik am Gutachten vor, dass dieses entgegen dem Fundamentalprinzip der Glaubhaftigkeitsbeurteilung, der Unwahrhypothese Nullhypothese, nicht nullhypothesengeleitet sei. Diesem Vorbringen des Berufungsklägers ist ebenfalls nicht zu folgen. Für Ausführungen dazu ist - sofern darauf nicht bereits unter E. 4.5 eingegangen wird - auf die weiter hinten folgenden Erwägungen zur allgemeinen Prüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers in toto zu verweisen (s. E. 4.6).


4.5.3 Überdies moniert der Berufungskläger, dass fremdanamnestischen Angaben in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer Persönlichkeitsstörung fehlen würden. Wie das Gutachten selbst festhalte, könnten eigenanamnestische Angaben des Opfers keine tragfähige Grundlage für eine lege artis Beurteilung des Vorliegens einer Persönlichkeitsstörung bilden, schon gar nicht im Rahmen einer Glaubhaftigkeitsbeurteilung, die nullhypothesengeleitet zu sein habe. Dies werde belegt durch die hohe Überzeugungskraft des Opfers auch geschultem Personal gegenüber.


Den Vorbringen des Berufungsklägers ist auch in dieser Hinsicht zu widersprechen. Zwar hält das Gutachten selbst fest, dass im Hinblick auf die diagnostische Validität aus gutachterlicher Sicht einschränkend darauf hingewiesen werden müsse, dass die Verifizierung/Falsifizierung von Persönlichkeitsakzentuierungen und/oder -Störungen nach gängiger Lehrmeinung auf möglichst vielen Informationsquellen beruhen sollte. Als allgemeine Richtlinie gelte in diesem Sinne, dass mehr als ein Untersuchungsgespräch mit den Betroffenen sowie Fremdanamnesen und Fremdberichte vorliegen sollten, was beim Opfer aufgrund des Migrationshintergrunds nicht der Fall sei. Vor dem Hintergrund des Fehlens belastbarer Fremdauskünfte führt das Gutachten jedoch aus, dass zwecks Erhöhung der diagnostischen Validität eingehend auf die Entwicklung des Opfers nach seiner Immigration in die Schweiz im Jahr 2002 eingegangen worden sei (Akten S. 2530a, GA S. 91 ff.). Das Gutachten kommt dabei zum Ergebnis, dass sich aus gutachterlicher Sicht das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung auch unter Berücksichtigung der weitergehenden lebensgeschichtlichen Entwicklung, der Aktenlage ab dem Jahr 2002 und eigener Untersuchungsbefunde mit hinreichender diagnostischer Validität ausschliessen lasse (Akten S. 2530a, GA S.91 ff., 92). Gestützt auf die Aktenlagen und die Angaben des Opfers im Rahmen der Untersuchungsgespräche lasse sich zwar mit hinreichender diagnostischer Validität festhalten, dass das Opfer mehrfach vor dem Hintergrund verschiedener psychosozialer Belastungen und eigenen Angaben zufolge potentiell traumatisierender Ereignisse in den Jahren 2010, Sommer 2012 und 2014/15 jeweils ein depressives Syndrom entwickelt habe, was aus gutachterlicher Sicht die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10 F33) rechtfertige. Die Schwere der depressiven Episoden dürfte dabei leicht- bis mittelschwer gewesen sein. Differentialdiagnostisch könne bei stärker Fokussierung auf die Ätiopathogenese der Symptomentwicklung eine Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2) in Erwägung gezogen werden. Hinsichtlich der Aussagetüchtigkeit hätten sich jedoch gestützt auf die Untersuchungsergebnisse keine Hinweise dafür ergeben, dass aufgrund der diagnostizierten psychischen Störung und damit verbundener psychopathologischer Auffälligkeiten die Fähigkeiten des Opfers einen spezifischen Sachverhalt zuverlässig wahrzunehmen, diesen in der zwischen dem Geschehen und der Befragung liegenden Zeit im Gedächtnis zu bewahren, die Geschehnisse in einer Befragungssituation verbal wiederzugeben und Erlebtes von anders generierten Vorstellungen zu unterscheiden (= Aussagetüchtigkeit) zu den fraglichen Zeitpunkten beeinträchtigt gewesen wäre es aktuell sei (Akten S. 2530a, GA S. 96). Hinsichtlich der vom Berufungskläger geltend gemachten «Überzeugungskraft» des Opfers auf geschultes Personal ist es als höchst unwahrscheinlich anzunehmen, dass es mit seinem Wissen und seiner Ausbildung über Jahre hinweg verschiedenstes fachlich geschultes Personal hätte täuschen und auch bei der im vorliegenden Fall vorgenommenen Exploration die Gutachterinnen hätte in die Irre führen können. So führte denn auch die Privatgutachterin in der (zweiten) zweitinstanzlichen Hauptverhandlung aus, dass sie von einem qualifizierten Psychotherapeuten erwarte, dass er/sie im Laufe einer längeren Therapie eine Persönlichkeitsstörung erkennen könne (Akten S. 2713). Im Ergebnis ist daher - entgegen den Ausführungen des Berufungsklägers - kein Mangel am Gutachten in Bezug auf fehlende fremdanamnestische Angaben hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer Persönlichkeitsstörung beim Opfer ersichtlich.


4.5.4 Des Weiteren bringt der Berufungskläger vor, dass verschiedene (Alternativ)Hypothesen keinen Eingang ins Gutachten gefunden hätten. So ergebe sich als relevante Hypothese die Denkmöglichkeit, dass das Opfer gegebenenfalls nur geduldete als wenig erfüllend erlebte sexuelle Kontakte bei jeweiligem Hervortreten entsprechend negativer Stimmung bzw. Einstellung dem Berufungskläger gegenüber retrospektiv als gewaltsam und unfreiwilliger erinnert habe, als es sie in der jeweiligen Situation noch erlebt habe. Hinsichtlich eines vorzunehmenden Qualitäts-Kompetenzabgleichs sei zum einen das Verfahren in Bern mit dem Ex-Ehemann des Opfers F____ unter Hypothesenbildung nicht diskutiert worden. Dabei hätte in Betracht gezogen werden müssen, dass das Opfer in Beziehungskonflikten auf entsprechende Vorwürfe zurückgreife, um eigene Ziele durchzusetzen. Zum anderen sei das Opfer während mehrerer Jahre in einem kurdischen Frauenverein tätig gewesen. Dort habe es möglicherweise mit anderen kurdischen Frauen über ähnliche (Gewalt-)Erlebnisse und sexuelle Übergriffe im Rahmen von Partnerschaft und Ehe gesprochen. Das wäre etwas, was bei der Beurteilung der Qualität der Angaben des Opfers auch zu berücksichtigen wäre, da es dessen Erfindungskompetenz betreffen könne.


Auch in diesem Fall verfängt die Argumentation des Berufungsklägers nicht. Wie die Sachverständige Dipl.-Psych. J____ zutreffend in der (zweiten) zweitinstanzlichen Berufungsverhandlung darlegte, sind solche zusätzlichen Hypothesen äusserst spekulativ. Für eine erwachsene Person, die sich zielgerichtet vornehmen würde, eine falsche Beschuldigung zu machen, gäbe es theoretisch viele Möglichkeiten, auf für eine solche Aussage relevante Informationen zurückzugreifen. Bei erwachsenen Personen ist es denn - im Vergleich etwa zu Kindern - auch ungleich schwieriger, solche Umstände zu erforschen (vgl. Akten S. 2709). Wieso dies nun gerade der vom Berufungskläger erwähne kurdische Frauenverein sein soll, erhellt nicht. Wie die Gutachterin denn auch festhält, spricht im Gegenteil vieles in den Aussagen des Opfers für einen Erlebnisbezug (vgl. Akten S. 2708). Was das Strafverfahren gegen den Ex-Ehemann des Opfers anbelangt, ist zum einen festzuhalten, dass aussagepsychologisch stets eine konkrete Aussage beurteilt wird und nicht etwa globale Schlussfolgerungen aus Verhaltensweisen der aussagenden Person in einem anderen Kontext gezogen werden (vgl. Akten S. 2530a, GA S. 23). Konkret wurde das Strafverfahren gegen den Ex-Ehemann zwar erst im Juni 2011 eingestellt (ein Verfahren wegen einfacher Körperverletzung, begangen am 28. Februar 2005, war mit einem separaten Strafbefehl beurteilt worden), jedoch bezogen sich die vorgeworfenen Delikte auf den Zeitraum Juli 2002 bis Oktober 2005 und lagen somit mehrere Jahre zurück, bevor das vorliegende Verfahren eingeleitet wurde. Für die aussagepsychologische Beurteilung relevant ist, dass die damaligen Aussagen des Opfers sowie die hier zur Diskussion stehenden Schilderungen im Rahmen einer jeweils spezifischen Beziehungskonstellation zustande kamen. Aussagepsychologisch besteht hier somit kein Anlass, Zusammenhänge mit systematisch verfälschendem Einfluss auf die vorliegenden Aussagen herzustellen. Solche Parallelen werden im Übrigen auch vom Opfer selbst nicht hergestellt (vgl. Akten S.2530a, GA S. 143). Dies wurde auch in der Befragung am Appellationsgericht am 14. Januar 2016 sowie in den eigenen gutachterlichen Untersuchungen deutlich, derweil vom Opfer selbst die Unterschiede zwischen den beiden Beziehungen differenziert markiert wurden. Das Gutachten verweist auch hier zutreffend erneut auf die Befunde der gutachterlichen psychiatrischen Untersuchung, wonach beim Opfer keine psychische Störung, wie z.B. eine Persönlichkeitsstörung, vorliegt, die grundsätzlich potentiell geeignet wäre, die Aussagevalidität nachteilig zu beeinflussen (vgl. Akten S.2530a, GA S. 139).


4.5.5 Der Berufungskläger macht ausserdem geltend, dass eine Konstanzanalyse der Aussagen des Opfers vorliegend nicht möglich sei. Eine solche sei indessen conditio sine qua non für die Glaubhaftigkeit der Aussagen. Zwar stelle das Gutachten einerseits zutreffend dar, dass eine Konstanzanalyse methodisch unter den vorliegenden Bedingungen kaum sinnvoll durchführbar sei, die ausführlichen Erörterungen mit der Schlussfolgerung, dass sich jedenfalls keine dem Erlebnisgehalt entgegenstehenden Besonderheiten ergeben hätten, würden dem Leser allerdings den Eindruck vermitteln, dass hier doch aussagekräftige Ergebnisse dargestellt würden. Insofern sei die Darstellung mindestens als tendenziös zu beschreiben.


Wie der Berufungskläger insoweit korrekt ausführt, stellt die Konstanz einer Aussage einen wichtigen Aspekt der Glaubhaftigkeitsprüfung dar. Liegen von einer Person mindestens zwei Aussagen über denselben Sachverhalt zu verschiedenen Zeitpunkten vor, können diese Aussagen mittels einer Konstanzanalyse unter aussagepsychologischen Gesichtspunkten überprüft und bewertet werden. (Ludewig/Baumer/Tavor, Einführung in die Aussagepsychologie - Wie können aussagepsychologische Erkenntnisse Richtern und Staatsanwälten helfen?, in: Ludewig/Baumer/Tavor [Hrsg.], Aussagepsychologie für die Rechtspraxis, Zürich/St. Gallen 2017, S. 17, 63 f.). Die Frage der Aussagekonstanz bezieht sich aus aussagepsychologischer Sicht dabei auf Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen solchen Aussagen unter Berücksichtigung gedächtnispsychologischer Aspekte (S.2530a, GA S. 110). Gravierende Widersprüche in zentralen Aspekten sprechen gegen die Erlebnisbasiertheit der Aussage. Kommt es über den Zeitverlauf zu einer Anreicherung, kann dies Hinweis auf eine bewusste Lüge auf suggestive Einflüsse sein. Liegen hingegen über längere Zeitintervalle keinerlei Abweichungen zwischen mehreren Aussageversionen vor, ist allenfalls eine gewisse Skepsis angebracht, da eine Ausdünnung unter diesen Umständen zu erwarten wäre (Ludewig/Baumer/Tavor, a.a.O., S.17, 64).


Wie das Gutachten und die Sachverständigen diesbezüglich zutreffend festhalten, ist aussagepsychologisch hier zweierlei relevant: Einerseits der Umstand, dass vorliegend eine spezielle Befragungsstruktur vorlag (fortgesetzte Befragung, sogleich E.4.5.5.1), andererseits die Beurteilung der Frage, ob eine Beeinflussung durch dritte Personen in der vom Opfer geschilderten Art und Weise stattgefunden hat (oder nicht) und ob deshalb die Rücknahme von Belastungen erfolgt ist, es sich also um einen in einer Zwangslage getätigten nicht glaubhaften Widerruf handelte (sogleich E.4.5.5.2).


4.5.5.1 Hinsichtlich des ersten Punktes hält das Gutachten fest, dass es sich bei den vorliegenden Aussagen des Opfers zwischen dem 3. Januar 2013 und dem 31.Januar 2013 mehr um eine fortgesetzte Befragung und weniger um wiederholte Schilderungen des gesamten Sachverhaltes handle, so dass eine Konstanzanalyse im eigentlichen Sinne nur bedingt durchführbar sei (zur Problematik einer gutachterlichen Exploration zur Sache siehe vorne E. 3.5.3.2). Gleichwohl gilt es festzuhalten, dass eine Aussagekonstanzbeurteilung nicht gänzlich ausgeschlossen ist und zumindest bei einzelnen Schilderungselementen bzw. Vorfällen eine Beurteilung vorgenommen werden kann bzw. bestimme Aussagen auch im in Frage stehenden Zeitraum vom Opfer wiederholt angesprochen wurden (vgl. Akten S.2530a, GA S.110 ff.).


Wie das Gutachten zutreffend festhält, gilt es grundsätzlich zu konstatieren, dass bei der Vielzahl von berichteten Ereignissen exakte Datumsangaben schwierig zu erinnern sind (vgl. Akten S.2530a, GA S. 111). Folgende Erlebnisse konnten jedoch vom Opfer gleichwohl zeitlich (mehr weniger) verortet werden und wurden von ihm auch wiederholt angesprochen: Das distinkt geschilderte Ereignis «Er drückte mir die Beine derart nach hinten, dass ich das Gefühl hatte, er bricht mir meinen Nacken» (Akten S.730) bzw. «Diese Verletzungen fügte er mir zu, als er mir die Beine neben meinem Kopf herunterdrückte und mich vergewaltigte. Ich habe mich geschämt, meiner Ärztin zu erzählen, dass ich vergewaltigt werde. Ich erzählte ihr, dass er mich geschlagen hat» (Akten S. 732) wurde erstmals in der Einvernahme am 3. Januar 2013 erwähnt (vgl. auch Akten S.2530a, GA S. 112). Diese Aussagen wurden sodann in der (erstmals mit Dolmetscherin) durchgeführten Einvernahme vom 22. Januar 2013 präzisiert: «Ich wehrte mich wieder, dann schling er seine Beine um meinen Hals und hatte fest zugedrückt, sodass ich das Gefühl hatte, mein Nacken würde brechen. Ich war so, als wäre ich in zwei geklappt. (Erklärung der Position notwendig). Es war im Bett im Schlafzimmer. Ich lag auf dem Rücken. Er versuchte sich auf mich zu legen. Ich habe ihn versucht gegen seine Brust wegzustossen. Ich sagte zu ihm, das was du machst ist Vergewaltigung. Lass mich, ich will das nicht unter diesen Umständen. Er hörte gar nicht, was ich sagte, er packte mich an meinen Beinen und klappte mich zusammen, sodass meine Beine an meiner Schulter und am Hals waren. Er übte Druck aus, sodass ich das Gefühl hatte, dass meine Schultern und der Nacken brechen. Ich schrie, auch aus Schmerz, aber er vergewaltigte mich in dieser Position. Am nächsten Tag ging ich zu Frau Dr. P____. Ich konnte ihr auch nicht sagen, dass ich vergewaltigt worden bin. Ich sagte zu ihr, dass mein Freund mich zusammengeschlagen hätte» (Akten S. 789); «Das mit den Beinen nach oben klappen war im November 2012 und im Dezember 2012 war der andere Vorfall» (Akten S. 794). Zudem äusserte das Opfer sich zu diesem Vorfall auch in der Befragung vom 25. Januar 2013: «Als er meine Beine hochgeklappt hatte und fest drückte, sagte ich ja, dass ich sehr starke Schmerzen am Hals und Nacken bekam» (Akten S. 808); «Im November 2012 war ja die Vergewaltigung gewesen, wo er meine Beine nach oben klappte und ich danach grosse Schmerzen hatte am Hals, Nacken» (Akten S, 809).


Neben diesem Ereignis wird vom Opfer wiederholt und zeitlich einordnend auch der Vorfall beschrieben, der am 16. 17.Dezember 2012 stattgefunden haben soll: «[ ] der 16. 17. Dezember 2012, wollte er wieder Geschlechtsverkehr haben. Er war sehr grob, ich habe mich gewehrt, er hatte mich ein paar Mal geohrfeigt und hatte mich von vorne und hinten vergewaltigt (auf Frage: ich lag auf dem Rücken und er drang vaginal ein, dann hatte er mich auf den Bauch gedreht und von den Hüften hochgehalten und von hinten vaginal vergewaltigt und dann auch im Stehen), sodass es aufgerissen wurde [ ] Er hatte mich ja mehrmals vergewaltigt. Das erste Mal war ungefähr 30 Minuten, als ich danach im Bett geweint habe, wollte er mich einfach wieder foltern. Es war wie Folter gewesen, er hatte Spass daran. Er hatte mich nochmals vergewaltigt, ca. 15-20 Minuten. Es hat ihm einfach Spass gemacht. Dass er mich einfach noch gedrängt hat, im Stehen mich zu vergewaltigen [ ] Im Bett von vorne und hinten dauerte ca. 30 Minuten.» (Akten S. 789 f.). Dieses Ereignis wurde sodann in der Einvernahme vom 25. Januar 2013 nochmals erfragt, worauf das Opfer detaillierte Schilderungen von sich gab, welche sich in den Eckpunkten zu den bereits erfolgten Aussagen stimmig einfügen: «An dem Tag war ich müde gewesen. Ich ging vor ihm ins Bett. Er kam dann später hinterher und machte an mir herum, versuchte mich auszuziehen. Ich sagte zu ihm, dass ich das nicht möchte und schlafen wolle. Er hörte nicht und legte sich auf mich. Ich versuchte mich zu wehren und sagte einen Moment [ ] Er legte sich auf mich, ich sagte einen Moment, aber er drang schon in mich ein. Dann hat er mich gedreht und auch so vergewaltigt von hinten und er hatte sich schon erleichtert. Ich hatte starke Schmerzen, ich weinte, ich ging ins Bad und sah, dass ich blutete. Danach bin ich ins Wohnzimmer gegangen und habe mich dort hingelegt. Es sind bestimmt 40 Minuten 1 Stunde vergangen. Er kam dann auch dort hin und hielt mich am Arm und zerrte mich ins Schlafzimmer. Ich sagte zu ihm, lass mich los, es geht mir nicht gut, ich habe starke Schmerzen und blute, aber er hat mich nicht losgelassen. Dann hat er im Schlafzimmer, ich trug Trainerhosen, die hatte er mir ausgezogen, dann hatte er mich stehend vergewaltigt [ ] Er hat mich eben ausgezogen [ ] die Trainerhosen, ein T-Shirt und Unterhose. Danach versuchte er ein Vorspiel mit mir zu haben. Er versuchte mich zu küssen, er berührte mich mit seinem Ding überall. [ ] Er hatte es einmal in mich hereingesteckt und wieder herausgeholt. Hatte wieder an mir herumgemacht [ ] er versuchte mehr Spass zu haben, er berührte meine Brüste, meine Brustwarzen, das. Dann ist er wieder in mich eingedrungen. Dann drehte er mich um [ ] Ich habe geweint. Ich habe schluchzend geweint, während er das alles gemacht hat. Ich habe gesagt, lass mich. Ich versuchte mich zu wehren, soweit meine Kraft reichte, aber ich konnte nichts machen [ ] Als er mich ins Schlafzimmer gezerrt hatte und mich ausgezogen hatte, hat er mich festgehalten am Arm und Körperteilen, Haaren, hielt mich ständig irgendwo fest und versuchte einen meiner Füsse auf die Bettkante hochzuheben. Ich habe mich gewehrt, versuchte mich loszubekommen von ihm, wegzulaufen. Diesmal drehte er mich um, hielt mich von hinten an den Hüften fest, ich weinte die ganze Zeit. Dann drang er in mich ein [ ] Er hatte mich nach vorne gebeugt und drang so in mich ein. Ich hatte sehr grosse Schmerzen. Ich weinte nur noch und wollte nur noch, dass es vorbei ist und wehrte mich nicht mehr. Ich wollte nur, dass er sich erleichtert und von mir ablässt. Im Schlafzimmer haben wir Spiegel. Er sagte, dass es ihm viel mehr Spass machen würde, sich zu beobachten dabei» (Akten S.805 f.; vgl. auch Akten S.2530a, GA S. 113). Wie auch das Gutachten zutreffend festhält, ist hier insbesondere hervorzuheben, dass das Detail «weinen im Bett» in beiden Schilderungen zeitlich zwischen «vaginales eindringen auf Rücken und Bauch liegend» sowie «stehend» eingebettet ist. Im Weiteren ist zu erwähnen, dass die «Ergänzbarkeit einer Aussage bei nachfolgenden Befragungen» als Qualitätsmerkmal hier zutage tritt (Akten S.2530a, GA S. 114). Ferner machte das Opfer auch wiederholte Äusserungen zum Schlag, den der Berufungskläger ihm gegen den Brustkorb zugefügt hatte. So sagte es bei der Einvernahme am 3. Januar 2013 aus: «Er boxte mich im Oktober 2012 dermassen in meinen Brustkorb, dass ich noch heute Atemprobleme habe» (Akten S. 730). Dieses Ereignis präzisierte das Opfer sodann in der Einvernahme vom 22. Januar 2013: «Das eine Mal hatte er mich mit der Faust (zeigte auf die linke Brustseite) so fest geschlagen, sodass ich nicht mehr atmen konnte und in Ohnmacht fiel. Als ich wieder zu mir kam, habe ich gesehen, wie er von mir abliess und erleichtert von mir aufstand» (Akten S. 788); «Wir lagen im Bett. Er lag rechts von mir und wollte wieder Geschlechtsverkehr. Ich sagte, warte kurz und versuchte aufzustehen und zu gehen. Ich setzte mich zuerst auf. Er packte mich (zeigte auf den rechten Arm) am rechten Arm, zog mich zurück und schlug mit der Faust auf meine linke Brust. Noch heute wenn ich auf die linke Brust drücke, schmerzt es. Ich war auch wegen den Schmerzen beim Arzt gewesen, aber es wurde nichts protokolliert. In dem Moment blieb mir die Luft weg, ich konnte nicht atmen, ich hatte Schmerzen. Er legte sich auf mich und vergewaltigte mich und hatte dabei einen Samenerguss» (Akten S. 791). Diese Aussagen bestätigte das Opfer auch in der Konfrontationseinvernahme vom 5. März 2013 (Akten S. 876). Wiederholte Ausführungen zu Vergewaltigungsvorwürfen finden sich auch zu den vorgebrachten Vergewaltigungen am Mittag (Einvernahme vom 3. Januar 2013: «Während der Mittagspause musste ich den Haushalt machen und anschliessend wurde ich von ihm brutal vergewaltigt» [Akten S.731]; Einvernahme vom 22. Januar 2013: «Manchmal hatte er mich auch mittags vergewaltigt, weil sein Geschäft ist oben und unten. Mittags, wenn ich nach oben ging, wenn mittags nicht viel los war im Geschäft, bin ich nach oben gegangen um mich auszuruhen etwas anderes zu erledigen, dann kam er und vergewaltigte mich auch dann» [Akten S. 792]) sowie zum Umstand, dass der Berufungskläger umso mehr Spass am Geschlechtsverkehr hatte, wenn das Opfer dies nicht wollte (Einvernahme vom 22. Januar 2013: «Aber er vergewaltigte mich jedes Mal und sagte zu mir, wenn ich dich so sehe, dass du nicht willst, macht es mir noch mehr Spass» [Akten S.789]; Einvernahme vom 25. Januar 2013: «Er sagte zu mir, wenn du keine Lust auf Sex hast, habe ich umso mehr Lust darauf und es macht mir auch viel mehr Spass, weil deine Vagina in dem Moment kleiner und trockener ist» [Akten S. 807]; letztere Aussage bestätigte das Opfer zudem in der Konfrontationseinvernahme vom 5. März 2013 [Akten S. 875]). Zu den vorgeworfenen Drohungen ist des Weiteren insbesondere die wiederholte Aussage des Opfers hervorzuheben, wonach der Berufungskläger angab, bereits einmal eine Waffe besessen zu haben, welche ihm zwar von der Polizei abgenommen worden sei, er jedoch problemlos eine Neue besorgen könne. So führte es erstmals in der Einvernahme vom 3. Januar 2013 aus: «[ ] zeigte er mir ein Papier auf dem zu sehen war, dass ihm die Polizei eine Waffe abgenommen hat. Er erklärte mir dazu, dass es für ihn kein Problem sei, eine Waffe zu besorgen und niemand, auch die Polizei nicht, etwas dagegen tun könne. Er sagte, dass er genug Geld habe, um jederzeit wieder eine Waffe zu kaufen» (Akten S. 729). In der Einvernahme vom 17.Januar 2013 präzisierte es: «Er hatte mir im Lager ein grünes Papier gezeigt. Er sagte zu mir, (zeigt mir ein Blatt in die Höhe) schaue, ich hatte bereits eine Waffe. Er habe genug Geld, es sei kein Problem, wieder so eine Waffe zu besorgen. Die Polizei könne nichts machen» (Akten S. 781). Dieses Vorgehen erwähnte das Opfer erneut in der Einvernahme vom 25. Januar 2013 («[ ] er hatte mich davor ja auch ständig bedroht, indem er mir sagte, er werde mich umbringen und dies und jenes tun und er mir dieses Papier für die Waffe zeigte» [Akten S. 810]) und bestätigte es auch in der Konfrontationseinvernahme vom 5. März 2013 (Akten S. 877).


Aus dem Ausgeführten erhellt, dass - entgegen den Ausführungen des Berufungsklägers - teilweise, insbesondere hinsichtlich distinkt geschilderter Ereignisse, eine Konstanzprüfung vorgenommen werden kann. Das Gutachten hält dies etwa explizit für den Vorfall vom 16./17. Dezember 2012 fest. Allgemein führen die Sachverständigen überdies aus, dass, soweit die Aussagen verglichen werden können, sich keine gravierenden Abweichungen ergeben, welche einem Erlebnisbezug entgegenstehen (Akten S.2530a, GA S. 114, 142). Durch die soeben erfolgten Ausführungen spricht mithin auch hinsichtlich dieser abgrenzbaren Schilderungen in Bezug auf die dort feststellbare Aussagekonstanz vieles für den Erlebnisbezug der Opferaussagen.


4.5.5.2 In Bezug auf die Beurteilung der damit zusammenhängenden Frage, ob eine Beeinflussung durch dritte Personen in der vom Opfer geschilderten Art und Weise stattgefunden hat nicht und ob deshalb die Rücknahme von Belastungen erfolgt ist, es sich also um einen in einer Zwangslage getätigten nicht glaubhaften Widerruf handelte, hat das Gutachten - wie bereits erwähnt - richtigerweise ausgeführt, dass diese Frage nicht in der aussagepsychologischen Kompetenz liegt, sondern der Beweiswürdigung vorbehalten ist (vgl. Akten S.2530a, GA S. 126 f.). Diese «Kompetenzaufteilung» wird vom Berufungskläger auch nicht angefochten. Wie aufzuzeigen sein wird, spricht eine Vielzahl von Gründen dafür, dass das Opfer seine Aussagen unfreiwillig aufgrund durch Dritte erfolgten Drucks zurückzog.


Wie bereits das Strafgericht festhielt, distanzierte sich das Opfer durch sein Verhalten, mithin sein Schreiben vom 27. Mai 2013 an die Staatsanwaltschaft, sein Schreiben vom 6.Februar 2013 an seinen ursprünglichen Rechtsvertreter, seine Anrufe bei der Staatsanwaltschaft vom 12. Februar 2013, vom 20. März 2013 und vom 10. April 2013, seine Äusserungen gegenüber seinem ursprünglichen Rechtsvertreter sowie seine Aussagen anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zunächst von seinen Vorwürfen. Hierbei tat es seinen Willen kund, dass sämtliche Anzeigen gegen den Berufungskläger zurückzuziehen seien und dieser aus der Haft zu entlassen sei. So gab es an, dass es mit seinen gemachten Aussagen übertrieben und es auch Schuld an den Streitereien habe. Aufgrund seiner damaligen schlechten psychischen Verfassung habe es gewisse Dinge, unter anderem den Umstand, dass die Ex-Ehefrau des Berufungsklägers ihr Geschäft unmittelbar neben seinem Lebensmittelladen betreibe, nicht ertragen. Daher habe es aus Wut übertriebene Aussagen zulasten des Berufungsklägers gemacht (Schreiben vom 27. Mai 2013, Akten S. 433 f.; Schreiben vom 6. Februar 2013, Akten S. 154; Aktennotiz betr. Telefonat mit dem Opfer, Akten S. 891 und 895; Aktennotiz betr. Telefonat mit RA Q____, Akten S.163; Aussagen des Opfers, Akten S. 1127 ff.).


Diese Widerrufe sind jedoch - in Übereinstimmung mit der Vorinstanz - als nicht glaubhaft einzustufen. So hat das Strafgericht ausführlich dargestellt, dass das Opfer wiederholt bei der Polizei Anzeige erstattete und in die [...] und ins Frauenhaus ging, dann aber jeweils wieder zum Berufungskläger zurückkehrte. Dies einerseits aus Liebe und der Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden würde, er sich ändere und dass man eine Paartherapie machen würde, andererseits aber auch wegen des Drucks und der Drohungen seitens des Berufungsklägers. Wiederholt legte das Opfer auch dar, dass es ihm als kurdischer Frau mit Kind aus erster Ehe auch um die Ehre und darum gehe, der Gefahr des Verstossenwerdens entgegen zu wirken. Im Übrigen bezogen sich seine Relativierungen jeweils - und insbesondere auch in der Verhandlung vor der Vorinstanz - bloss auf die Wertung, nicht auf das Geschehen als solches: Aus - nachträglicher - kurdischer Perspektive des Opfers in der Konfrontationseinvernahme vom 5. März 2013 und anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung war der als solcher immerhin bestätigte erzwungene Geschlechtsverkehr keine Vergewaltigung. Anlässlich der Konfrontation vor dem Appellationsgericht am 14. Januar 2016 war es dies aus Sicht des Opfers aber eben doch (wieder). Das Opfer bestätigte in sämtlichen Einvernahmen und auch vor der Vorinstanz, dass der Berufungskläger gegen den Willen des Opfers an ihm Geschlechtsverkehr vollzogen hat, was es selber zum Zeitpunkt des Geschehens auch als Vergewaltigung gewertet hatte. Letztendlich hat das Opfer die früheren Aussagen ebenso wie die soeben genannten Aspekte auch vor dem Appellationsgericht erneut bestätigt. Dies, obwohl es enorm unter Druck stand und weil es sich keinerlei Vorteil aus den Anschuldigungen mehr versprach, sondern darin nur noch Nachteile erblickte, wie aus seinen Aussagen mehrfach überdeutlich hervorgeht. Stellvertretend sei hier auf die Aussage von der Konfrontationseinvernahme vom 5. März 2013 zu verweisen (vgl. die Zitierung vorne in E. 3.2.3.2). Auf Fragen der Verteidigung führte das Opfer einige Bedrohungsszenen auch noch detailliert aus. In der Sache bestätigte es die früheren Aussagen zu den Vergewaltigungsvorwürfen und legte diese in groben Zügen noch einmal dar (Akten S. 1899 ff.).


Wie die Vorinstanz und auch die Staatsanwaltschaft (erneut) in der (zweiten) zweitinstanzlichen Hauptverhandlung zutreffend vorgebracht haben, ist auffällig, dass ab Beginn Februar 2013 beim Opfer offenbar ein plötzliches «Umdenken» stattgefunden hat. Während es zuvor den Berufungskläger stets gleichbleibend belastete, verfasste es am 6. Februar 2013 ein Schreiben an seinen damaligen Rechtsvertreter und führte darin aus, sämtliche Anzeigen gegen den Berufungskläger zurückziehen zu wollen und wünschte, dass er aus der Untersuchungshaft entlassen werde. Bereits tags darauf fand ein Treffen bei der Verteidigung des Berufungsklägers statt, anlässlich dessen das Opfer ebenfalls - ohne Voranmeldung - erschien und gemäss Aussagen der Verteidigung erneut seinen Willen bekundet habe, seine Anzeige gegen den Berufungskläger zurückzuziehen (Akten S. 62 ff.). Auch R____ wies in der vorsorglichen Zeugeneinvernahme vom 11. November 2013 auf den Umstand hin, dass das Opfer nach dem Treffen mit dem Verteidiger des Berufungsklägers berichtet habe, dass es seine Anschuldigungen bereue und übertrieben habe (Akten S. 1093). Gemäss Telefonat vom 27. Februar 2013 mit dem ursprünglichen Rechtsvertreter des Opfers habe das Opfer diesem auf Nachfrage, wieso es zu einem solchen Treffen gekommen sei, geantwortet, dass es keine Wahl gehabt habe (Akten S. 155). Am 12.Februar 2013 rief das Opfer sodann die Staatsanwaltschaft an und verlangte, dass der Berufungskläger aus der Haft zu entlassen sei (Akten S. 862). Am 20. März 2013 und 10. April 2013 erfolgten weitere Anrufe des Opfers mit der Bitte, den Berufungskläger aus der Haft zu entlassen und der Äusserung, dass es mit seinen Anschuldigungen übertrieben habe (Akten S. 891 und 895). Am 16. April 2013 meldete sich der ursprüngliche Rechtsvertreter des Opfers telefonisch bei der Staatsanwaltschaft und teilte mit, dass er das Gefühl habe, das Opfer werde durch das familiäre Umfeld des Berufungsklägers, aber auch durch seine eigene Familie, stark unter Druck gesetzt. So befürchte das Opfer, von der Familie ausgestossen zu werden, wenn es an seinen Aussagen festhalte (Akten S.163). Dies erwähnte das Opfer im Übrigen auch anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 5. März 2013 als es sagte: «In unserer Kultur ist das so, dass ich als Frau gesagt habe, dass ich vergewaltigt worden bin, also bin ich die Schuldige und ich werde ausgestossen. Deshalb möchte ich diese ganze Sache nicht mehr als Vergewaltigung ansehen» (Akten S. 872 f.). Mit Schreiben vom 22.April 2013 teilte der ursprüngliche Rechtsvertreter des Opfers schliesslich mit, dass sich das Opfer als Privatklägerin aus dem Strafverfahren gegen den Berufungskläger zurückgezogen habe (Akten S. 164). Am 27.Mai 2013 verfasste das Opfer ein Schreiben, worin es darlegte, dass es bei seinen Anschuldigungen übertrieben habe und seine Anzeige ein «riesen Fehler» gewesen sei (Akten S.433 ff.). Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung fiel auf, dass es den zulasten des Berufungsklägers gestellten Fragen, wenn immer möglich, auswich und versuchte konkrete Angaben zu vermeiden. Das Opfer war ganz offensichtlich darum bemüht, nichts Belastendes gegen den Berufungskläger auszusagen. Dennoch widerstrebte es dem Opfer, seine vorherigen Aussagen pauschal als Lügen zu präsentieren. Überdies geht aus dem Verhalten der involvierten Personen eindeutig hervor, dass (letztlich) das Opfer dafür verantwortlich gemacht wurde, dass sich der Berufungskläger in Haft befand und ihm eine Verurteilung drohte. Insofern wurde über einen längeren Zeitraum versucht, eine «aussergerichtliche Einigung» zu finden. Diesen Umstand verdeutlichen auch die Aussagen von R____ anlässlich der vorsorglichen Zeugeneinvernahme vom 11.November 2013, der darlegte, wie er stets darum bemüht gewesen sei, die Probleme zwischen dem Berufungskläger und dem Opfer im Rahmen einer Aussprache zu schlichten und eine Lösung zu finden (Akten S. 1091 ff.). Zudem brachte das Opfer auch vor, dass es nicht gewollt habe, dass die Situation eskaliert wäre, wenn die Männer schliesslich «das Problem untereinander lösen» (Akten S. 1899). Ferner ist auch auf den SMS-Verkehr zwischen dem Opfer und der Ex-Ehefrau des Berufungsklägers, D____, zu verweisen. Den dortigen Nachrichten des Opfers ist ebenfalls zu entnehmen, dass der Berufungskläger bzw. Dritte versuchen würden, es zum Rückzug seiner Anzeige zu bewegen (vgl. SMS vom 29. Januar 2013: «schau die rufen überall an damit ich die Anzeige zurück ziehe aber sie haben keinen Mut mich anzurufen», Akten S. 595).


Zusammenfassend ist daher nicht von einem freiwilligen Widerruf der früheren Aussagen des Opfers auszugehen, sondern es wurde vielmehr massiv unter Druck gesetzt, damit es seine belastenden Aussagen gegen den Berufungskläger zurückzieht. Zu keinem Zeitpunkt nahm das Opfer jedoch seine Aussagen inhaltlich zurück. Es relativierte diese zwar, indem es einerseits meinte, dass es betreffend Drohungen vielleicht anfangs übertrieben habe, weil es so frisch gewesen sei. Andererseits lieferte das Opfer für die Vergewaltigungsvorwürfe kulturelle Erklärungen nach, weshalb es aus «kurdischer Sicht» gerade keine Vergewaltigung gewesen sei und es dies nun entsprechend so handhaben wolle. Dies deckt den Umfang des «Widerrufs» bereits ab. Ansonsten erklärte das Opfer ausgiebig, weshalb es kein Interesse an einer weiteren Verfolgung des Berufungsklägers mehr habe und weshalb es für es besser wäre, wenn er aus der Haft entlassen werde. Auch habe es - inzwischen (!) - keine Angst mehr vor dem Berufungskläger, zumal seine Familie auch auf ihn einwirke und das Opfer beschützt werde (!). Aus dem in Frage stehenden «Widerruf» kann mithin in keiner Weise abgeleitet werden, dass die durch das Opfer erfolgten Belastungen des Berufungsklägers nicht der Wahrheit entsprechen würden. Schliesslich gilt es auch anzufügen, dass die rechtliche Würdigung nicht Sache des Opfers, sondern des Gerichts ist und diese nach Schweizer Recht erfolgt.


4.5.6 Der Berufungskläger bringt sodann vor, dass der intraindividuelle Strukturvergleich gegen die Glaubhaftigkeit des Opfers spreche. Erlebnisse aus der Kindheit und Jugend würden sehr detailreich geschildert, während fallrelevante Schilderungen schwammiger und auch auf Nachfragen hin unpräziser sogar logisch inkonsistent bleiben würden.


Der Berufungskläger spricht den intraindividuellen Vergleich an. Dabei wird im Rahmen eines Qualitäts-Strukturvergleichs die Qualität der Aussagen zum Kerngeschehen mit der qualitativen Ausprägung von Schilderungen zu nicht tatbezogenen Inhalten verglichen. Bei einer falschaussagenden Person wird erwartet, dass die Aussagen zum Kerngeschehen aufgrund der mit der Produktion der Falschaussage verbundenen erhöhten kognitiven Anforderungen eine tiefere Qualität aufweisen als deren Schilderungen zu tatsächlich erlebten, fallneutralen Ereignissen Nebensächlichkeiten der Aussage (Ludewig/Baumer/Tavor, a.a.O., S. 17, 66). Entgegen dem Dafürhalten des Berufungsklägers zeigen sich beim Qualitäts-Strukturvergleich keine Auffälligkeiten, welche die Erlebnisbasiertheit der Opferaussagen in Frage stellen würden. Zwar hält das Gutachten fest, dass mangels Wortprotokollen sowie nicht durchgängig vorhandener Übersetzungsleistung ein detaillierter Strukturvergleich nicht vorgenommen werde könne (Akten S.2530a, GA S. 109), jedoch ist ein solcher zumindest in Bezug auf die bereits im Rahmen der Konstanzanalyse besprochenen distinkt geschilderten (sexuellen) Übergriffe durchaus möglich (auch der Berufungskläger selbst bringt nicht vor, dass ein Strukturvergleich nicht möglich sei, sondern ein solcher vielmehr gegen die Glaubhaftigkeit des Opfers spreche). So schilderte das Opfer etwa die zwei folgenden Übergriffe durch den Berufungskläger hinsichtlich des Kerngeschehens durchaus detailliert: «Ich wehrte mich wieder, dann schling er seine Beine um meinen Hals und hatte fest zugedrückt, sodass ich das Gefühl hatte, mein Nacken würde brechen. Ich war so, als wäre ich in zwei geklappt. (Erklärung der Position notwendig) Es war im Bett im Schlafzimmer. Ich lag auf dem Rücken. Er versuchte sich auf mich zu legen. Ich habe ihn versucht gegen seine Brust wegzustossen. Ich sagte zu ihm, das was du machst ist Vergewaltigung. Lass mich, ich will das nicht unter diesen Umständen. Er hörte gar nicht, was ich sagte, er packte mich an meinen Beinen und klappte mich zusammen, sodass meine Beine an meiner Schulter und am Hals waren. Er übte Druck aus, sodass ich das Gefühl hatte, dass meine Schultern und der Nacken brechen. Ich schrie, auch aus Schmerz, aber er vergewaltigte mich in dieser Position» (Akten S. 789); «[ ] der 16. 17. Dezember 2012, wollte er wieder Geschlechtsverkehr haben. Er war sehr grob, ich habe mich gewehrt, er hatte mich ein paar Mal geohrfeigt und hatte mich von vorne und hinten vergewaltigt (auf Frage: ich lag auf dem Rücken und er drang vaginal ein, dann hatte er mich auf den Bauch gedreht und von den Hüften hochgehalten und von hinten vaginal vergewaltigt und dann auch im Stehen), sodass es aufgerissen wurde [ ] Er hatte mich ja mehrmals vergewaltigt. Das erste Mal war ungefähr 30Minuten, als ich danach im Bett geweint habe, wollte er mich einfach wieder foltern. Es war wie Folter gewesen, er hatte Spass daran. Er hatte mich nochmals vergewaltigt, ca. 15-20 Minuten. Es hat ihm einfach Spass gemacht. Dass er mich einfach noch gedrängt hat, im Stehen mich zu vergewaltigen [ ] Im Bett von vorne und hinten dauerte ca. 30 Minuten.» (Akten S. 789 f.); «An dem Tag war ich müde gewesen. Ich ging vor ihm ins Bett. Er kam dann später hinterher und machte an mir herum, versuchte mich auszuziehen. Ich sagte zu ihm, dass ich das nicht möchte und schlafen wolle. Er hörte nicht und legte sich auf mich. Ich versuchte mich zu wehren und sagte einen Moment [ ] Er legte sich auf mich, ich sagte einen Moment, aber er drang schon in mich ein. Dann hat er mich gedreht und auch so vergewaltigt von hinten und er hatte sich schon erleichtert. Ich hatte starke Schmerzen, ich weinte, ich ging ins Bad und sah, dass ich blutete. Danach bin ich ins Wohnzimmer gegangen und habe mich dort hingelegt. Es sind bestimmt 40 Minuten 1 Stunde vergangen. Er kam dann auch dort hin und hielt mich am Arm und zerrte mich ins Schlafzimmer. Ich sagte zu ihm, lass mich los, es geht mir nicht gut, ich habe starke Schmerzen und blute, aber er hat mich nicht losgelassen. Dann hat er im Schlafzimmer, ich trug Trainerhosen, die hatte er mir ausgezogen, dann hatte er mich stehend vergewaltigt [ ] Er hat mich eben ausgezogen [ ] die Trainerhosen, ein T-Shirt und Unterhose. Danach versuchte er ein Vorspiel mit mir zu haben. Er versuchte mich zu küssen, er berührte mich mit seinem Ding überall. [ ] Er hatte es einmal in mich hereingesteckt und wieder herausgeholt. Hatte wieder an mir herumgemacht [ ] er versuchte mehr Spass zu haben, er berührte meine Brüste, meine Brustwarzen, das. Dann ist er wieder in mich eingedrungen. Dann drehte er mich um [ ] Ich habe geweint. Ich habe schluchzend geweint, während er das alles gemacht hat. Ich habe gesagt, lass mich. Ich versuchte mich zu wehren, soweit meine Kraft reichte, aber ich konnte nichts machen [ ] Als er mich ins Schlafzimmer gezerrt hatte und mich ausgezogen hatte, hat er mich festgehalten am Arm und Körperteilen, Haaren, hielt mich ständig irgendwo fest und versuchte einen meiner Füsse auf die Bettkante hochzuheben. Ich habe mich gewehrt, versuchte mich loszubekommen von ihm, wegzulaufen. Diesmal drehte er mich um, hielt mich von hinten an den Hüften fest, ich weinte die ganze Zeit. Dann drang er in mich ein [ ] Er hatte mich nach vorne gebeugt und drang so in mich ein. Ich hatte sehr grosse Schmerzen. Ich weinte nur noch und wollte nur noch, dass es vorbei ist und wehrte mich nicht mehr. Ich wollte nur, dass er sich erleichtert und von mir ablässt. Im Schlafzimmer haben wir Spiegel. Er sagte, dass es ihm viel mehr Spass machen würde, sich zu beobachten dabei» (Akten S.805 f.; vgl. auch Akten S.2530a, GA S. 113). Die mit diesen Aussagen zu vergleichenden Äusserungen des Opfers weisen durchgängig einen vergleichbaren Schilderungsstil auf, etwa hinsichtlich des Kennenlernens: «Seit Juli 2012 wohnte ich mit meinem Ex-Freund A____ an der [...] in [...]. Davor lebte ich seit 2002 in einer Ortschaft bei [...]. Im April 2012 lernte ich A____ kennen. Wir sind indirekt miteinander verwandt und stammen aus derselben Stadt in der Türkei.» (Akten S. 771); «Wir sind seit April 2012 zusammen [ ] Meine Mutter und seine Mutter sind ferner verwandt. Er hatte mir eine Freundschaftsanfrage über Facebook geschickt, so haben wir uns geschrieben» (Akten S. 821), der Geschichte rund um die Pille und die Dreimonatsspritze: «In [...] habe ich von meiner Frauenärztin eine Dreimonatsspritze bekommen. Bis zum 5. September 2012. Ich bin ja im Juli 2012 hier nach [...] gekommen. Die letzte Dreimonatsspritze habe ich ja dann bekommen, welche bis am 5. September wirkte. Dann habe ich es meinem Arzt in [...], Dr. S____, gesagt und er hatte mir die Pille verordnet. A____ wusste nichts, dass ich verhüte und als er die Pille sah, hatte er sie in den Müll geworfen. Er wusste auch nicht, dass ich die Dreimonatsspritze hatte, dass ich verhütet habe» (Akten S. 792 f.); «Ich hatte meine Regel noch nicht und als ich mit Dr. S____ geredet habe, hatte er das Rezept in die Apotheke gefaxt, weil er ja nichts wissen durfte. Ich habe die Pille nicht einnehmen können, weil ich meine Tage noch nicht hatte. Er hatte die Pille mitgenommen, was er damit gemacht hatte, weiss ich nicht, aber höchstwahrscheinlich hatte er sie vernichtet. Es war ca. im September 2012.» (Akten S. 793) etwa die Pilzinfektion: «Er hatte mich mit Pilz angesteckt, wobei ich noch heute behandelt werden muss.» (Akten S. 790); «Ich ging in [...] zu meiner Hausärztin Dr. P____. Sie meinte, dass ich eine Pilzinfektion habe und gab mir Medikamente (auf Frage: es waren Vaginaltabletten, den Namen kenne ich nicht), welche ich drei Tage benutzt habe. Es ging mir danach zwei Tage gut, danach war es wieder dasselbe. Es ist noch nicht vorbei. Danach bin ich in [...] zu meinem Hausarzt gegangen, wo dieser Pilz jetzt behandelt wird.» (Akten S. 790).


Der Berufungskläger bzw. die Privatgutachterin äussert sich im Rahmen der Vorbringen zum intraindividuellen Strukturvergleich nicht zu den soeben verglichenen Ausführungen des Opfers. Vielmehr bringt sie relativ pauschal vor, dass fallrelevante Schilderungen nicht detailliert, unpräzise sogar logisch inkonsistent bleiben würden. Auch die diesbezüglichen Ausführungen der Privatgutachterin verfangen nicht. So gibt sie etwa als Beispiel für eine «schwammige» Aussage an, dass das Opfer die «Beziehung mit dem Angeklagten ab Sommer 2012 [ ] im Wesentlichen grob zusammenfasste» (Akten S.2553). Die Privatgutachterin legt in der Folge jedoch nicht dar, was sie aus ihrer Aussage genau ableiten will. Sofern sie damit den Qualitäts-Strukturvergleich anspricht, ist darauf zu verweisen, dass die angesprochenen Schilderungen des Opfers gerade nicht das unmittelbare Kerngeschehen selbst betreffen und somit eben gerade aufzeigen, dass sich das Opfer auch in Bezug auf mehr weniger fallneutrale Schilderungen nicht besonders detailreich zu äussern pflegt. Auch das Gutachten selbst führt aus, dass Detailarmut an gewissen Stellen durchaus plausibel mit dem individuellen Schilderungsstil des Opfers erklärt werden könne. So sei aufgefallen, dass das Opfer - bezogen auf verschiedene lebensgeschichtliche und persönliche Aspekte - Erinnerungen in der spontanen Berichterstattung konsistent, aber wenig detailliert und dadurch wenig plastisch und etwas unscharf wiedergegeben habe. Hierbei verweist das Gutachten auf die Darstellungen zur Kindheit/Jugend, die Unterdrückung durch die türkische Regierung sowie etwa Probleme nach der Heirat. Auf entsprechende Nachfrage habe das Opfer zwar Präzisierungen vorzunehmen und teilweise Erinnerung auch bildhaft wiederzugeben vermocht, doch sei teilweise dennoch eine gewisse Unschärfe bestehen geblieben (Akten S.2530a, GA S. 47, 109 f.). Genau das hiergenannte Beispiel «Gewalt- und Bedrohungserleben, z.B. durch das türkische Militär» führt die Privatgutachterin jedoch als Exempel für eine «sehr detailreich[e]» Ereignisschilderung auf (Akten S.2553), womit sie diametral und nicht nachvollziehbar von der gutachterlichen Expertise abweicht. Die vom Opfer geäusserten - und indirekt im Gutachten wiedergegebenen - Schilderungen stimmen nämlich mit dem vom Gutachten beschriebenen allgemeinen Schilderungsstil des Opfers genau überein: Nach allgemeinen und nicht sehr detaillierten initialen Äusserungen («gab Frau B____ an, nach ihrem siebten Lebensjahr habe sie die kurdische Bewegung kennengelernt. Es sei die Zeit gewesen, wo das türkische Militär recht Druck ausgeübt habe, das sei so die Anfangszeit gewesen, als sie etwa siebenjährig gewesen sei. Man habe tägliche Kontrollen durch das Militär gehabt, man habe ihren Bruder geholt, ihren Vater geholt, und sie [Frau B____] habe im Alter von zehn Jahren mit ansehen müssen, wie sie ihrer Tante Gewalt angetan hätten.», Akten S.2530a, GA S. 51) stellte das Opfer erst aufgrund weiterer Fragen Präzisierungen an («Auf weitere Fragen [wie die Militärkontrollen jeweils abgelaufen seien] gab Frau B____ an, sie seien jeden Tag gekommen und hätten das Haus nach PKK-Anhängern durchsucht und dabei jedes Mal das ganze Haus verwüstet», Akten S.2530a, GA S. 51). Schliesslich führten die Sachverständigen auch in der (zweiten) zweitinstanzlichen Hauptverhandlung aus, dass Detailarmut an gewissen Stellen durchaus plausibel mit dem individuellen Schilderungsstil des Opfers erklärt werden könne und auch eine Parallelität zwischen dem Aussagestil im Strafverfahren und demjenigen in der Exploration durch die Sachverständigen bestehe (Akten S. 2693).


Im Ergebnis spricht daher auch der intraindividuelle Strukturvergleich bzw. der Qualitäts-Strukturvergleich für die Erlebnisbasiertheit der Opferaussagen.


4.6 In einem weiteren Schritt gilt es - wie erwähnt - noch im Sinne einer Gesamtwürdigung die Aussagen des Opfers, insbesondere gestützt auf die gutachterlichen Ausführungen, auf ihre Glaubhaftigkeit zu überprüfen.


4.6.1 Das Gutachten stellt für die aussagepsychologische Begutachtung die Leitfrage auf, ob die betreffende Person mit den gegebenen individuellen Voraussetzungen, unter den gegebenen Befragungsumständen und unter Berücksichtigung der im konkreten Fall möglichen Einflüssen von Dritten diese spezifische Aussage hätte machen können, ohne dass sie auf einem realen Erlebnishintergrund basiert. Generell gehe es im Wesentlichen um die Abklärung von zwei Gegenhypothesen zur Wahrannahme: 1.) Bei der zu prüfenden Aussage handelt es sich um eine absichtliche Falschdarstellung (Phantasie- bzw. Lügenhypothese), 2.) Bei der zu prüfenden Aussage handelt es sich um eine subjektiv von der Aussageperson für wahr gehaltene Erinnerung, auf einer vermeintlichen «Erinnerung» basierende Darstellung, deren Inhalt aber tatsächlich keine Entsprechung in einer vorausgegangenen Realität hat. Eine Pseudoerinnerung also, die durch fremdsuggestive Einflüsse und/oder autosuggestive Tendenzen zustande gekommen ist (Akten S.2530a, GA S.11 f.). Bezogen auf den vorliegenden Fall sei gemäss den Sachverständigen nach der Analyse der Akten im Hinblick auf die Hypothesenbildung festzuhalten, dass gestützt auf die Akten und vorbehaltlich weiterer Befunde aus der Begutachtung keine Anhaltspunkte dafür bestehen würden, dass sich derartige suggestive Prozesse in den Aussagen ausgewirkt haben könnten, so dass die Hypothese von Pseudoerinnerungen ohne Relevanz scheine (Akten S.2530a, GA S. 13).


Diese gutachterliche Aussage erscheint aus gerichtlicher Sicht nachvollziehbar und ist nicht zu kritisieren. Auch der Berufungskläger bzw. die Privatgutachterin wenden sich nicht gegen diese gutachterliche Feststellung. Nach deren Auffassung sei den Gutachterinnen zuzustimmen, dass sich keine Hinweise auf bedeutsame externe suggestive Einflussnahmen ergeben würden und letztlich auch die Annahme umfassender Pseudoerinnerungen ausgesprochen unwahrscheinlich erscheine, zumal eine sexuelle Beziehung zwischen dem Opfer und dem Berufungskläger gar nicht in Frage stehe (Akten S. 2551).


4.6.2 Die Gutachterinnen führen des Weiteren aus, dass die dokumentierten psychiatrischen und psychologischen Behandlungen des Opfers in Kombination mit seinem auffälligen Aussageverhalten (wiederholte Beschuldigungen und Widerrufe) zur Hypothese führen würden, ob ganz teilweise nicht erlebnisbasierte Schilderungen möglicherweise aus einer bereits vorgängig bestehenden psychischen Störung heraus resultiert sein zumindest durch diese mitbeeinflusst worden sein könnten (Akten S.2530a, GA S. 15 f.). In Übereinstimmung mit der Privatgutachterin sei daher als Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass eine bereits längerfristig bestehende psychische Störung (z.B. eine Persönlichkeitsstörung) zur Entstehung der vorliegenden Angaben beigetragen haben könnte, ohne dass diese auf einem tatsächlichen Erlebnishintergrund beruhen würden (Falschbelastung, Mehrbelastung). Die Frage nach dem Vorliegen einer psychischen Störung sei gemäss Gutachten aussagepsychologisch in zweierlei Hinsicht relevant. Zum einen könnten zu aussagerelevanten Zeitpunkten (Zeitpunkt der Wahrnehmung des jeweiligen Geschehens sowie Zeitpunkt der Befragung) vorhandene psychische Störungen zu einer Beeinträchtigung der Aussagetüchtigkeit führen. Sei die Aussagetüchtigkeit gegeben, stelle sich auf der Ebene der Glaubhaftigkeit die Frage, ob die Aussage gegebenenfalls durch psychopathologische Prozesse beeinträchtigt sein könnte. Abhängig von den Befunden der Begutachtung bleibe die Hypothese einer absichtlichen Falschbeschuldigung zu prüfen, für sich genommen gegebenenfalls in Kombination mit relevanten psychopathologischen Auffälligkeiten (Akten S.2530a, GA S. 16).


Hinsichtlich der Frage der Aussagetüchtigkeit wurde zwar bereits ausgeführt, dass das Gutachten die Aussagetüchtigkeit des Opfers bejaht (vgl. vorne E. 4.2.1), jedoch drängen sich der Vollständigkeit halber noch die folgenden Ausführungen auf: Das Gutachten führt zur Aussagetüchtigkeit des Opfers aus, dass sich, gestützt auf die Aktenlagen und die Angaben des Opfers im Rahmen der Untersuchungsgespräche mit hinreichender diagnostischer Validität festhalten lasse, dass das Opfer mehrfach, vor dem Hintergrund verschiedener psychosozialer Belastungen und eigenen Angaben zufolge potentiell traumatisierender Ereignisse in den Jahren 2010, Sommer 2012 und 2014/15 jeweils ein depressives Syndrom entwickelt habe, was aus gutachterlicher Sicht die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10 F33) rechtfertige. Die Schwere der depressiven Episoden dürfte dabei leicht- bis mittelschwer gewesen sein. Differentialdiagnostisch könne bei stärkerer Fokussierung auf die Ätiopathogenese der Symptomentwicklung eine Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2) in Erwägung gezogen werden (Akten S.2530a, GA S. 96). Ausgeschlossen werden könne jedoch aus gutachterlicher Sicht mit hinreichender diagnostischer Validität das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung (Akten S.2530a, GA S. 93). Hinsichtlich der Aussagetüchtigkeit hätten sich gestützt auf die Untersuchungsergebnisse keine Hinweise dafür ergeben, dass aufgrund der diagnostizierten psychischen Störung und damit verbundener psychopathologischer Auffälligkeiten die Fähigkeiten des Opfers, einen spezifischen Sachverhalt zuverlässig wahrzunehmen, diesen in der zwischen dem Geschehen und der Befragung liegenden Zeit im Gedächtnis zu bewahren, die Geschehnisse in einer Befragungssituation verbal wiederzugeben und Erlebtes von anders generierten Vorstellungen zu unterscheiden (= Aussagetüchtigkeit) zu den fraglichen Zeitpunkten beeinträchtigt gewesen sei. Auch aktuell lasse sich die allgemeine Aussagetüchtigkeit des Opfers bejahen (Akten S.2530a, GA S.96, 144). Hingegen sei in Betracht zu ziehen, dass unter dem Einfluss einer depressiven Symptomatik eine Beeinträchtigung der Aussagequalität bzw. -quantität resultiert sein könnte, und zwar nicht im Sinne verfälschender Einflüsse, sondern im Sinne eines nicht sehr detailreichen Schilderungsstils, wie er bei depressiven Personen vermehrt zu beobachten sei (Akten S.2530a, GA S. 144). Diesen schlüssigen Feststellungen des Gutachtens ist nichts hinzuzufügen. Entsprechend ist im vorliegenden Fall von der Aussagetüchtigkeit des Opfers auszugehen.


4.6.3 Das Gutachten äusserst sich sodann zur Aussageanalyse selbst (Akten S.2530a, GA S. 97 ff.). Hinsichtlich der Untersuchung der Qualität der Opferaussagen aus aussagepsychologischer Sicht, mithin ihrer Konstanz und des Qualitäts-Strukturvergleichs sowie der Untersuchung der Aussagezuverlässigkeit, also die Entstehungsgeschichte und den möglichen Motivhintergründen betreffend, stützt sich das Gutachten auf die Einvernahme des Opfers vom 3. Januar 2013, 17. Januar 2013, 22. Januar 2013, 25. Januar 2013 und 31.Januar 2013, die Konfrontationseinvernahme (direkte Konfrontation) vom 5. März 2013, die Einvernahme in der Hauptverhandlung am Strafgericht vom 21. November 2013 sowie die Einvernahme im Rahmen der (ersten) Berufungsverhandlung am Appellationsgericht vom 14. Januar 2016 (Akten S.2530a, GA S. 98 f.).


Grundsätzlich hält das Gutachten im Hinblick auf die logische Konsistenz der Aussagen des Opfers (im Sinne einer inneren Stimmigkeit, logischen Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit) fest, dass diese insgesamt gegeben scheine (Akten S.2530a, GA S. 99). Das Gutachten führt des Weiteren aus, dass eine Reihe von Realkennzeichen zu identifizieren sei. So hält es zutreffend fest, dass die Aussagen des Opfers zum einen etwa Interaktionsschilderungen enthalten, die ein Indiz für den Erlebnisbezug der Ausführungen sind, da solche Merkmale individuelle Informationen enthalten, welche automatisch reproduziert werden, wenn ein Abruf aus dem Gedächtnis erfolgt. Zu nennen sind dabei z.B. die folgenden Schilderungen des Opfers: «Ich ging ins Schlafzimmer schlafen. Er kam dann später zu mir ins Bett, versuchte an mir herumzumachen und mich auszuziehen. Ich habe mich gewehrt und zu ihm gesagt, dass das was er da ständig mit mir macht, Vergewaltigung ist. Dies interessierte ihn nicht. Er lachte und sagte, ja und? Als wenn du das jemandem erzählen könntest. Wer würde dir schon glauben, ich bin dein Mann, dass dein Mann dich vergewaltigt. Sie würden dir ins Gesicht spucken. Ich wehrte mich wieder, dann schlang er seine Beine um meinen Hals und hatte fest zugedrückt, so dass ich das Gefühl hatte, mein Nacken würde brechen. Ich war so, als wäre ich in zwei geklappt. Es war im Bett im Schlafzimmer. Ich lag auf dem Rücken. Er versuchte sich auf mich zu legen. Ich habe ihn versucht gegen seine Brust wegzustossen. Ich sagte zu ihm, dass was du machst ist Vergewaltigung. Lass mich, ich will das nicht unter diesen Umständen. Er hörte gar nicht, was ich sagte, er packte mich an meinen Beinen und klappte mich zusammen, so dass meine Beine an meiner Schulter und am Hals waren. Er übte Druck aus, so dass ich das Gefühl hatte, dass meine Schultern und der Nacken brechen. Ich schrie, auch aus Schmerz, aber er vergewaltigte mich in dieser Position [ ]» (Einvernahme vom 22. Januar 2013, Akten S. 789); «Wir lagen im Bett. Er lag rechts von mir und wollte wieder Geschlechtsverkehr. Ich sagte warte kurz und versuchte aufzustehen und zu gehen. Ich setzte mich zuerst auf. Er packte mich (zeigt auf den rechten Arm) am rechten Arm, zog mich zurück und schlug mit der Faust auf meine linke Brust. [ ] In dem Moment blieb mir die Luft weg, ich konnte nicht atmen, ich hatte Schmerzen. Er legte sich auf mich und vergewaltigte mich und hatte dabei einen Samenerguss» (Einvernahme am 22. Januar 2013, Akten S. 791); «Er legte sich auf mich, ich sagte einen Moment, aber er drang schon in mich ein. Dann hat er mich gedreht und auch so vergewaltigt von hinten und er hatte sich schon erleichtert. Ich hatte starke Schmerzen, ich weinte, ich ging ins Bad und sah, dass ich blutete. Danach bin ich ins Wohnzimmer gegangen und habe mich dort hingelegt. [ ] Er kam dann auch dort hin und hielt mich am Arm und zerrte mich ins Schlafzimmer. Ich sagte zu ihm, lass mich los, es geht mir nicht gut, ich habe starke Schmerzen und blute, aber er hat mich nicht losgelassen. Dann hat er im Schlafzimmer, ich trug Trainerhosen, die hatte er mir ausgezogen, dann hatte er mich stehend vergewaltigt [ ]» (Einvernahme vom 25. Januar 2013, Akten S. 805).


Des Weiteren finden sich gemäss Gutachten in den Aussagen des Opfers Schilderungselemente, in denen handlungsbezogene Gesprächswiedergaben (als einseitige verbale Äusserungen Dialoge) erfolgen, welche, so wie die Interaktionsschilderungen, als spezielle Inhalte zu werten sind, da sie auf individuelle und damit schemaabweichende Information verweisen. Derartige Gesprächswiedergaben sind schwierig zu erfinden, da die aussagende Person sich völlig in die Rolle der anderen Person hineinversetzen müsste, um solche Schilderungselemente ohne Erlebnisbezug zu produzieren. Hierzu ist etwa auf folgende Stellen zu verweisen: «Mein Ex-Freund A____ sagte zu mir, dass der Schütze ein Kollege von ihm sei und ich seine Drohungen, also die Drohungen von A____ somit ernst nehmen sollte.» (Einvernahme vom 3. Januar 2013, Akten S. 729); (auf Frage, um was der erste Streit gegangen sei, sodass der Berufungskläger gleich wegen der Trennung mit einer Waffe/dem Tod gedroht habe): «Der Inhalt des Briefes war etwas Gerichtliches, da A____ offenbar diese Frau geschlagen hatte. Ich habe ihn darauf angesprochen, ich verstand den Brief nicht ganz, etwas von der Polizei. Er hat mir gesagt, dass er sie geschlagen hatte, er konnte nichts machen. Er hatte auch gesagt, er habe auch die Exfrau geschlagen. Ich sagte oje. So hat der Streit angefangen.» (Einvernahme vom 17. Januar 2013, Akten S. 781); «Nach dem ersten Streit in [...] anfangs Juli 2012 wollte ich gehen. Er wollte nicht, ich fragte, was willst du machen. Er sagte, ich bringe deinen Bruder und deine Tochter um. Er hatte mir im Lager ein grünes Papier gezeigt. Er sagte zu mir (zeigt ein Blatt in die Höhe), schau, ich hatte bereits eine Waffe. Er habe genug Geld, es sei kein Problem, wieder so eine Waffe zu besorgen. Die Polizei könne nichts machen.» (Einvernahme vom 17. Januar 2013, Akten S. 781); «Als ich in der Notfallstation war, haben wir lange auf die Ärzte gewartet. Als ich meine Augen wieder öffnete, waren meine Tochter da sowie A____. Er drohte mir sofort, dass wenn ich die Wahrheit erzählen würde, werde er die Tochter umbringen. Er werde nach Deutschland fahren, meine Brüder sowie meine Tochter umbringen.» (Einvernahme vom 17. Januar 2013, Akten S. 783); «Was mir gerade einfällt, was ihm selber gefallen hat, was er auch zu Wort brachte, ist immer gewesen, er sagte zu mir, wenn du keine Lust auf Sex hast, habe ich umso mehr Lust darauf und es macht mir auch viel mehr Spass, weil deine Vagina in dem Moment kleiner und trockener ist.» (Einvernahme am 25. Januar 2013, Akten S. 807); «Ich weinte nur noch und wollte nur noch, dass es vorbei ist und wehrte mich nicht mehr. Ich wollte nur noch, dass er sich erleichtert und von mir ablässt. Im Schlafzimmer haben wir Spiegel. Er sagte, dass es ihm viel mehr Spass machen würde, sich zu beobachten dabei.» (Einvernahme vom 25. Januar 2013, Akten S. 806).


Gemäss Gutachten kommen in der Aussage zudem Schilderungselemente vor, welche sich auf eigenpsychisches Erleben (Gedanken, Gefühle, Empfindungen) beziehen. Hier ist unter anderem auf folgende Stellen zu verweisen: «Er drohte mir damals schon, dass er mich umbringen werde, wenn ich nicht wieder zurück zu ihm komme. Ich hatte Angst. Vor allem um meine Tochter hatte ich grosse Angst, denn er wusste ja wo sie zur Schule geht und konnte sie jederzeit finden. Allein schon aus diesem Grund musste ich zu ihm zurück.» (Einvernahme vom 3. Januar 2013, Akten S. 728); «Er boxte mich im Oktober 2012 dermassen in meinen Brustkorb, dass ich noch heute Atemprobleme habe.» (Einvernahme vom 3. Januar 2013, Akten S. 730); «[...] ich habe seit August nur noch überlegt, wie ich von diesem Mann wegkomme, ohne dass er mir, meiner Tochter sonst jemandem der Familie etwas antut.» (Einvernahme am 3. Januar 2013, Akten S. 730); «Ich habe mich geschämt, meiner Ärztin zu erzählen, dass ich vergewaltigt werde.» (Einvernahme vom 3.Januar 2013, Akten S. 732); «Wenn ich versuchte mich zu wehren und nein sagte, hatte er mich geschlagen. Das eine Mal hatte er mich mit der Faust (zeigt auf die linke Brustseite) so fest geschlagen, so dass ich nicht mehr atmen konnte und in Ohnmacht fiel. Als ich wieder zu mir kam, habe ich gesehen, wie er von mir abliess und erleichtert von mir aufstand.» (Einvernahme vom 22. Januar 2013, Akten S. 788); «[ ] dann schlang er seine Beine um meinen Hals und hatte fest zugedrückt, so dass ich das Gefühl hatte, mein Nacken würde brechen.» (Einvernahme vom 22. Januar 2013, Akten S. 789); «Ich schrie, auch aus Schmerz [ ]» (Einvernahme vom 22. Januar 2013, Akten S.789); (auf Frage, ob sie dieses Gefühl und den Ausdruck Ohnmacht beschreiben könne) «Mir ist schwarz vor den Augen geworden, in dem Moment konnte ich nichts hören, alles war dunkel, ganz schwarz. Bei der Brust hatte ich das Gefühl, wie wenn man mich mit einem spitzen Gegenstand stechen würde. Mein ganzer Körper hatte sich so angefühlt, als könnte ich nichts spüren, so kraftlos.» (Einvernahme vom 22.Januar 2013, Akten S.791); «Am Anfang habe ich gedacht, dass er mir nur Angst machen würde. Aber als ich dieses Schreiben gesehen habe, hatte ich wirklich Angst.» (Einvernahme vom 17.Januar 2013, Akten S. 782).


Des Weiteren verweist das Gutachten auf ein Schilderungselement, welches das Kriterium der Schilderung einer Komplikation im Handlungsverlauf erfüllt. Eine solche Schilderung verweist auf den Abruf aus dem Gedächtnis und ist in einer erfundenen Schilderung eher nicht zu erwarten, zumal die Aussage dadurch weniger übersichtlich würde. Zu nennen ist etwa folgende Aussage des Opfers: «Ich weiss noch ganz genau, dass ich das nicht machen wollte und dass ich mindestens zweimal, weil er mir es in den Mund steckte, erbrechen musste. Er hatte mich gezwungen, ja. [ ] Ich habe es ja versucht, aber es ging nicht, ich musste zweimal erbrechen. [ ] Ich bin zum Lavabo gelaufen. Ins Lavabo. Ich musste sofort erbrechen, als ich es im Mund hatte. Er kam nicht zum Samenerguss.» (Einvernahme vom 22. Januar 2013, Akten S.792).


Gemäss Gutachten finden sich unter dem Aspekt aussagepsychologisch relevanter Qualitätsmerkmale in den Aussagen auch Schilderungselemente, welche auf das Fehlen einer sogenannten strategischen Selbstpräsentation verweisen und den motivationsbezogenen Merkmalen zuzuordnen sind. Schilderungselemente, die das Kriterium einer Selbstbelastung erfüllen, finden sich z.B. an folgenden Stellen: «Ich habe ihn geliebt und bin auch deshalb zu ihm gegangen, aber nachdem ich alles erleben musste, seine Vergewaltigung, konnte ich nicht mehr und habe mich vor mir selber geschämt als Frau.» (Einvernahme vom 22. Januar 2013, Akten S. 788); «Nach der ersten Vergewaltigung wollte ich es nochmals versuchen, eine Woche lang ging es gut, aber es hat nicht geklappt, es ging nicht mehr.» (Einvernahme am 22. Januar 2013, Akten S. 795); «Im letzten September 2012 hatte ich ca. 5 Tage/1 Woche lang einvernehmlichen Sex. Ich versuchte einvernehmlichen Sex zu haben, aber es ging nicht, weil davor ich so vieles hatte erleben müssen. Der Grund warum ich es versuchte, ist gewesen, dass er davor immer mich beschuldigte, indem er sagte, du bist doch keine Frau, du hast keine Gefühle wie eine Frau, du bist an allem schuld. Ich versuchte es, aber es ging einfach nicht, weil davor so viel passiert ist. Also es lag nicht an mir, es lang an ihm.» (Einvernahme vom 25. Januar 2013, Akten S. 808); «Ich muss auch sagen, dass in manchen Situationen innerhalb der sieben Monate es Zeiten gab, wo ich einfach nur dachte, er soll machen und es soll so bald wie möglich aufhören. Da tat ich nichts. Da hatte ich mich zum Beispiel nicht gewehrt und hatte nichts gesagt. Ich tat so, als wäre es meine Pflicht.» (Einvernahme vom 25. Januar 2013, Akten S. 809); (auf Hinweis, dass das Opfer gestützt auf die Akten am 19. Dezember 2012 nach [...] zurückgegangen sei und es am 31. Dezember 2012 zwecks Stellenbewerbung wieder nach [...] gekommen sei, sowie auf Frage, aus welchem Grund es sich ausgerechnet in [...] für eine Stelle beworben habe, wenn es in grosser Angst vor dem Berufungskläger lebe) «Ich hatte mir im Voraus gedacht, dass er wieder herunterkommt und unsere Trennung akzeptiert, weil er mit zwei/drei Personen unserer Kultur geredet hat und denen berichtete, dass er mir nichts antun würde und jeder seinen eigenen Weg gehen könne. Aber als ich hierherkam, habe ich gesehen, dass es doch nicht so ist und er einfach nur will, dass ich unter seiner Hand so lebe.» (Einvernahme vom 22. Januar 2013, Akten S. 797); (im Kontext, dass das Opfer den Berufungskläger im Dezember 2012 im Spital besucht habe) «Als Mensch habe ich ihn wirklich sehr gern gehabt und als ich dort im Spital bei ihm war, sah ich, dass er keine Unterwäsche und kein Pyjama hatte. Ich habe somit diese Besorgung für ihn gemacht und es bei der Krankenschwester abgegeben.» (Einvernahme vom 22. Januar 2013, Akten S. 798); «Eigentlich hatte ich in [...] ein sehr schönes Leben gehabt. Ich hatte eine Wohnung, ich hatte Möbel und alles. Dies alles hatte ich für einen Mann liegen gelassen und bin ihm hinterher. Ich habe fünf Jahre lang in einem kurdischen Frauenverein im Vorstand gearbeitet und ich schämte mich für all das, was ich über mich habe ergehen lassen, all diese Gewalt.» (Einvernahme vom 25. Januar 2013, Akten S. 814 f.).


Des Weiteren verweist das Gutachten unter dem Aspekt motivationsbezogener Qualitätsmerkmale auf spontane Korrekturen in den Aussagen, welche gegen eine strategische und für das Bemühen um eine sachliche Aussagehaltung sprechen: «Wenn ich täglich gesagt habe, dann ist das nicht wortwörtlich gemeint, sondern im Durchschnitt alle zwei Tage hat er mich vergewaltigt.» (Einvernahme vom 22. Januar 2013, Akten S.788); (nachdem sie an anderer Stelle zuvor angegeben hatte, das letzte Mal sei im November 2012 gewesen) «Was mir jetzt noch einfällt, der 16. 17. Dezember 2012 wollte er wieder Geschlechtsverkehr haben.» (Einvernahme vom 22.Januar 2013, Akten S. 789).


Schilderungselemente, die den Berufungskläger entlasten bzw. zumindest auf eine sachliche Aussagehaltung verweisen, finden sich gemäss Gutachten etwa an folgenden Stellen: «Ich bin von [...] nach [...] gezogen, in [...] war alles gut.» (Einvernahme vom 17. Januar 2013, Akten S. 780 f.); (auf Frage, ob das Opfer jemals die Initiative zum Geschlechtsverkehr ergriffen habe) «In [...], als ich noch in [...] war, ja. Da war nämlich alles anders.» (Einvernahme vom 25. Januar 2013, Akten S. 809); «Meine Tochter schlug er nie.» (Einvernahme vom 3. Januar 2013, Akten S. 771).


Bezogen auf die Gesamtaussage verweist das Gutachten ausserdem unter dem Aspekt inhaltlicher Qualität auf eine Steigerungskomponente, wonach der Berufungskläger kurz nach dem Zusammenziehen angefangen habe, das Opfer zu beleidigen und verbal zu bedrohen. Im Weiteren führte das Opfer aus, dass er dann auch angefangen habe zu schlagen (Einvernahme vom 3. Januar 2013, Akten S. 771). Ebenso gab das Opfer an, es habe am Anfang gedacht, dass der Berufungskläger ihm nur Angst machen würde, es aber, als es dieses Schreiben gesehen habe, wirklich Angst gehabt habe (Einvernahme am 17. Januar 2013, Akten S. 782). Gemäss Gutachten würden solche Schilderungskomponenten, die hier auf eine Zuspitzung der geschilderten Dynamik verweisen würden und im übrigen deliktsspezifisch seien, die Schilderung komplexer und komplizierter machen, was bei einer erfundenen Darstellung eher nicht zu erwarten wäre. Zwar fänden sich gemäss Gutachten in den Aussagen des Opfers auch einzelne Schilderungselemente mit möglicherweise fraglichlich sachlicher Aussagehaltung (insbesondere betr. Akten S.2530a, GA S. 106 ff.), jedoch lasse sich dies aufgrund fehlenden Ansprechens des Opfers auf diese Unstimmigkeiten nicht weiter aufklären (Akten S.2530a, GA S. 108). Insgesamt hält das Gutachten zur inhaltlichen Aussagequalität (gestützt auf die vorliegenden Realkennzeichen, unter Ausklammerung der Konstanzanalyse, dazu sogleich unter E4.6.4) fest, dass, soweit distinkt beschriebene Ereignisse betroffen seien, stellenweise detaillierte und anschauliche Schilderungen vorlägen. Hinsichtlich eher pauschaler Angaben bezüglich der hier zur Diskussion stehenden Ereignisse sei zu berücksichtigen, dass eine Vielzahl von ähnlichen Ereignissen, die über einen Zeitraum von mehreren Monaten hinweg stattgefunden haben sollen, geschildert würden. Gedächtnispsychologische Befunde würden darauf verweisen, dass bei multiplen - im Vergleich zu einmaligen - Ereignissen die Tendenz bestehe, generische Gedächtnisrepräsentationen zu bilden. Dabei werde das Allgemeine aus den Erfahrungen extrahiert. Generische Gedächtnisinhalte würden besonders gut behalten, dies jedoch zu Lasten der Erinnerung an spezifische Episoden mit spezifischen Details (Akten S.2530a, GA S. 108 f.). Ebenfalls führt das Gutachten aus, dass das Opfer verschiedentlich geäussert habe, dass es schwer für es sei, über die hier relevanten Ereignisse zu sprechen, wegen der damit einhergehenden psychischen Belastung sowie auch aus kulturellen Gründen. Gehe man von Erlebnisbezug aus, sei dies psychologisch nachvollziehbar, grundsätzlich bestehe dabei jedoch die Schwierigkeit, dass nicht Geschildertes einer aussagepsychologischen Analyse nicht zugänglich sei. Im Weiteren verweist das Gutachten darauf, dass in den eigenen gutachterlichen Explorationen hinsichtlich des Schilderungsstils des Opfers aufgefallen sei, dass - bezogen auf verschiedene lebensgeschichtliche und persönliche Aspekte - Erinnerungen in der spontanen Berichterstattung konsistent, aber eher wenig detailliert und dadurch wenig plastisch und etwas unscharf wiedergegeben worden seien. Auf entsprechende Nachfrage habe das Opfer in den Explorationen zwar Präzisierungen vorzunehmen und teilweise Erinnerungen auch bildhaft wiederzugeben vermocht, doch sei teilweise dennoch eine gewisse Unschärfe bestehen geblieben (Akten S.2530a, GA S. 109). Die in den Aussagen des Opfers vorkommende Detailarmut könne somit an gewissen Stellen durchaus plausibel mit dem individuellen Schilderungsstil der Auskunftsperson erklärt werden (Akten S.2530a, GA S. 109 f.). Diese gutachterliche Aussage wurde durch die Sachverständigen überdies auch nochmals in der (zweiten) zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vom 9. Dezember 2020 bestätigt (Akten S. 2693). Schliesslich hielt auch die Vorinstanz im begründeten Entscheid vom 22. November 2013 fest, dass die Aussagen des Opfers eine «Fülle von Realkennzeichen» enthalten würden, die seine Glaubhaftigkeit stützten (Urteil der Vorinstanz vom 22. November 2013, Akten S. 1227 ff.).


Zusammenfassend kann diesen gutachterlichen Ausführungen sowie den Erwägungen des Strafgerichts unter Verweis auf das soeben Gesagte vollumfänglich gefolgt werden, zumal dieser Teil der begutachteten Aussagequalität, also der merkmalsorientierten Inhaltsanalyse bzw. der Analyse der Realkennzeichen, vom Berufungskläger zum grössten Teil nicht angefochten bzw. nicht vorgebracht wird, dass sie nicht korrekt vorgenommen worden sei. Sofern der Berufungskläger jedoch geltend macht, dass Widersprüche in den Opferaussagen im Gutachten fälschlicherweise als Präzisierungen interpretiert worden seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass spontane Präzisierungen und Korrekturen der eigenen Aussagen (nicht erst auf Frage hin) unbestrittenermassen ein anerkanntes Realkennzeichen darstellen (Ludewig/Baumer/Tavor, a.a.O., S. 17, 50), weshalb die gutachterlichen Feststellungen diesbezüglich nicht zu beanstanden sind.


4.6.4 In Bezug auf die Konstanz der Aussagen des Opfers kann auf das bereits unter E.4.5.5 Ausgeführte verwiesen werden. Entsprechend gilt es festzuhalten, dass insbesondere hinsichtlich distinkt geschilderter Ereignisse eine Konstanzprüfung vorgenommen werden kann. Dabei ist die Aussagekonstanz insbesondere in Bezug auf die in der Anklageschrift aufgeführten Einzelereignisse der mehrfachen Vergewaltigung (AS Ziff. 3.2 - 3.4, Akten S. 985 f.) zu bejahen. Auch das Gutachten hält dies etwa explizit für den Vorfall vom 16./17. Dezember 2012 fest. Allgemein führen die Sachverständigen aus, dass, soweit die Aussagen verglichen werden können, sich keine gravierenden Abweichungen ergeben, welche einem Erlebnisbezug entgegenstehen (Akten S. 2530a, GA S. 114, 142). Überdies konnte die Frage, ob eine Beeinflussung durch dritte Personen in der vom Opfer geschilderten Art und Weise stattgefunden hat, bejaht werden, wodurch die durch das Opfer erfolgten (zwischenzeitlichen) Widerrufe der Aussagen erklärt werden können. Dadurch konnte auch in dieser Hinsicht die Aussagekonstanz (wieder) hergestellt werden.


4.6.5 Eine Voraussetzung für die Analyse der Glaubhaftigkeit der konkreten Aussagen ist sodann die sog. Kompetenzanalyse, in welcher die spezifischen Kompetenzen der betreffenden Person ermittelt werden. Die Analyse umfasst neben der Aussagetüchtigkeit auch die jeweiligen intellektuellen Fähigkeiten, die Analyse des Erinnerungsvermögens, der Erzähl- und Erfindungskompetenz sowie die Ermittlung der Lebenserfahrung, des Wissensstands und der Erfahrung bezüglich des spezifischen Sachverhalts (Ludewig/Baumer/Tavor, a.a.O., S. 17, 53, 56 f.). Hinsichtlich der Frage der Aussagetüchtigkeit beim Opfer kann auf das bereits Gesagte verwiesen werden, wonach die Aussagetüchtigkeit als gegeben zu erachten ist (s. vorne E. 4.6.2). Was die intellektuellen Fähigkeiten anbelangt, so gilt es zu konstatieren, dass das Opfer durchschnittlich intelligent wirkt und daher sicher in der Lage wäre, ein Lügengebäude aufrecht zu erhalten. Die hier vorliegende Situation ist jedoch aufgrund der Anzahl und Länge der erfolgten Einvernahmen und der Vielzahl der genannten Ereignisse (auch nicht deliktische Natur) zu komplex, um ein Lügengebäude widerspruchsfrei aufrecht zu erhalten. Zwar ist der Detaillierungsgrad der Anschuldigungen des Opfers nicht sehr umfangreich, jedoch wurde bereits im Rahmen des vorgenommenen - und mit der Kompetenzanalyse in engem Zusammenhang stehenden - Qualitäts-Strukturvergleichs aufgezeigt, dass sich das Opfer auch in Bezug auf mehr weniger fallneutrale Schilderungen nicht besonders detailreich zu äussern pflegt. Die Detailarmut an gewissen Stellen kann so durchaus plausibel mit dem individuellen Schilderungsstil des Opfers erklärt werden (s. vorne E. 4.5.6). Hinzu kommt einerseits der Umstand, dass eine Beeinträchtigung der Aussagequalität bzw. -quantität im Sinne eines nicht sehr detailreichen Schilderungsstils gemäss Gutachten auch etwa unter dem Einfluss einer depressiven Symptomatik resultiert sein könnte (Akten S. 2530a, GA S. 144). Zudem gilt es hierbei auch den Umstand zu beachten, dass wenig detaillierten Aussagen des Opfer zudem aufgrund seines soziokulturellen Hintergrunds erklärt werden können.


Es können dem Opfer im vorliegenden Fall - im Gegensatz zum Berufungskläger (vgl. dazu hinten E. 4.7) - grundsätzlich denn auch keine Falschaussagen in Bezug auf das Kerngeschehen vorgeworfen werden. Zwar geht das Gutachten auf den Umstand ein, dass eine Diskrepanz zwischen einerseits den Angaben des Opfers besteht, bis zur Einvernahme am 3. Januar 2013 mit niemandem über die inkriminierten sexuellen Handlungen gesprochen zu haben und andererseits den vom Helfernetz erfassten Angaben. Ob das Opfer sich möglicherweise einfach nicht mehr daran erinnerte, sowohl dem behandelnden Psychiater gegenüber als auch im Frauenhaus [...] diese Ereignisse ebenfalls erwähnt zu haben, vielleicht auch weil es den Fokus der Frage in Bezug auf Polizei und Justizbehörden und nicht etwa dem psychosozialen Helfersystem gesehen hatte, aber ob das Opfer diesen Aspekt in den Einvernahmen bewusst anders dargestellt hatte, lasse sich nicht weiter aufklären. Welchen Vorteil es aus letzterem hätte ziehen sollen, sei allerdings nicht offensichtlich, zumal es sich mit der Einsichtnahme in die betreffenden Unterlagen einverstanden erklärt hatte, ausser dass in Betracht zu ziehen sei, dass gewisse Verdeutlichungstendenzen hier eine Rolle gespielt haben könnten. Im Weiteren legten die Aufzeichnungen aus den Institutionen nahe, dass die Dynamik von Flucht und Rückkehr zum Berufungskläger stärker auch mit eigenen Beweggründen - im Sinne einer starken inneren Ambivalenz - einhergegangen sei, als dies vom Opfer in den Einvernahmen geschildert worden sei. Auch hier seien gewisse Verdeutlichungstendenzen in Betracht zu ziehen, wobei das Opfer allerdings bereits im Rahmen der polizeilichen Anzeige erwähnt habe, dass sie «trotz allem» jeweils wieder zum Berufungskläger zurückgegangen sei, «in der Hoffnung, dass Besserung eintrete», so dass dieser Aspekt, welcher in Konstellationen von häuslicher Gewalt nicht selten auftrete, in der Aussage durchaus seinen Niederschlag finde. Ebenfalls für die Beurteilung herangezogen werden könnten auch die Angaben des Opfers, welche in der eigenen gutachterlichen Untersuchung in Bezug auf sein eigenes Erleben zum Zeitpunkt, als es zum Berufungskläger nach [...] gezogen sei, erhoben worden seien. Darauf angesprochen, dass es gemäss Austrittsbericht der UPK [...] für das Opfer nicht einfach gewesen sei, dass die Ex-Ehefrau des Berufungsklägers nebenan gewohnt habe, habe das Opfer angegeben, es sei ja so gewesen, dass er von ihr getrennt gewesen sei, dies aber nicht so gelebt worden sei. Immer wenn nebenan irgendwelche Männer gewesen seien, habe er zu erkennen gegeben, dass sie seine Frau sei. Das Opfer sei damals auch eifersüchtig gewesen. Es habe es gestört, wie der Berufungskläger sich in dieser Situation verhalten habe und es habe dies damals in den UPK auch angegeben. Dies sei eines von vielen Problemen gewesen, welche man gehabt habe. Diese Äusserungen würden ebenfalls darauf verweisen, dass das Opfer die hier zur Diskussion stehenden Ereignisse in eine Gesamtsituation mit verschiedenen Facetten eingebettet habe, was eher für das Bemühen um eine objektive Berichterstattung und eine authentische Aussagehaltung und weniger für eine gerichtete Aussagehaltung spreche (Akten S. 2530a, GA S. 137 f.).


Was sodann den (zwischenzeitlichen) Widerruf der Aussagen des Opfers angeht, ist wiederum auf die bereits gemachten Ausführungen zur Konstanzanalyse zu verweisen, wonach dieser durch Beeinflussungen Dritter und der dadurch entstandenen inneren Drucksituation erklärt werden kann (s. vorne E. 4.5.5). Dies lasse sich auch gemäss Gutachten aussagepsychologisch konsistent und stimmig in das Gesamtbild einreihen (vgl. Akten S. 2530a, GA S. 140).


Im Ergebnis spricht somit auch die Kompetenzanalyse für die Erlebnisbasiertheit der Opferaussagen.

4.6.6 Die Kompetenzanalyse steht sodann in engem Zusammenhang mit dem Qualitäts-Strukturvergleich der Opferaussagen. Für diese kann auf das bereits Gesagte verwiesen werden (s. vorne E. 4.5.6). Demnach spricht im Ergebnis auch der intraindividuelle Strukturvergleich bzw. der Qualitäts-Strukturvergleich für die Erlebnisbasiertheit der Aussagen des Opfers.


4.6.7 Des Weiteren ist eine Analyse der Aussageentstehung durchzuführen. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage kann nämlich nur beurteilt werden, wenn bekannt ist, in welchem Zusammenhang sie entstand (vgl. Ludewig/Baumer/Tavor, a.a.O., S.17, 76). Die Analyse der Aussageentstehung dient unter anderem der Klärung der Frage, ob zum Zeitpunkt der Aussage eine Motivation für eine absichtliche Falschbezichtigung vorgelegen haben könnte ob allfällige suggestive Beeinflussungen vorgelegen haben (Ludewig/Baumer/Tavor, a.a.O., S. 17, 76; Niehaus, Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Kinderaussagen, in: FamPra 2010, S. 315, 325).


Der Berufungskläger will als Grund für die Trennung sowie die Falschbelastungen (insbesondere in Bezug auf die ihm vorgeworfenen Sexualstraftaten), die er anführt, Motive beim Opfer erkennen, welche dafür ausschlaggebend gewesen sein sollen. So bringt er etwa vor, dass am 15./16. Dezember 2012 der zweite Brief von der Fremdenpolizei gekommen sei, dass das Opfer zurückgehen müsse und es ihn am selben Tag verlassen habe, weil er es nicht geheiratet habe. Zudem brachte er vor, dass das Opfer unter psychischen Problemen leide sowie insbesondere, dass es eifersüchtig auf seine Ex-Frau gewesen sei und es z.B. gewollt habe, dass er das Geschäft verkaufe und man von dort weggehe (Einvernahme vom 31. Januar 2013, Akten S. 849, 858).


Bezogen auf den vorliegenden Fall wurde bereits festgehalten, dass, gestützt auf die Akten und vorbehaltlich weiterer Befunde aus der Begutachtung, keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich suggestive Prozesse in den Aussagen des Opfers ausgewirkt haben könnten, so dass die Hypothese von Pseudoerinnerungen ohne Relevanz erscheint (vgl. vorne E. 4.6.1, s. auch Akten S. 2530a, GA S. 141).


Dem vom Berufungskläger vorgebrachten allfälligen Motiv des Opfers, dass dieses ihn verlassen habe, als der zweite Brief der Fremdenpolizei am 15/16. Dezember 2012 gekommen sei und er das Opfer in der Folge nicht geheiratet habe, ist zudem aus folgendem Grund zu widersprechen: Weder der Berufungskläger noch das Opfer reden in den jeweiligen Einvernahmen davon, dass jemals der Umstand thematisiert worden sei, dass das Opfer keine Verlängerung seiner Schweizer Niederlassungsbewilligung erhalten würde. Es sei nur darum gegangen, dass [...] eine Anmeldung abgelehnt habe bzw. das Opfer von [...] nach [...] hätte zurückkehren müssen (Akten S. 836, 878, 879 f.). Dies hätte das Opfer gemäss eigenen Aussagen auch getan, sei jedoch vom Berufungskläger daran gehindert worden (Akten S. 836). Zwar führt der Berufungskläger bzw. sein Verteidiger soweit zutreffend aus, dass das Migrationsamt [...] den beantragten Kantonswechsel aufgrund des erheblichen Sozialhilfebezugs des Opfers ablehnte, jedoch widerrief der bis anhin zuständige Bewilligungskanton ([...]) die Niederlassungsbewilligung nicht (vgl. Schreiben Migrationsamt [...] vom 12. Oktober 2012, Akten S. 2341 f.). Insofern erhellt nicht, weshalb das Opfer hätte um seine Niederlassungsbewilligung fürchten müssen und aus diesem Grund eine Ehe mit dem Berufungskläger hätte erzwingen wollen. In migrationsrechtlicher Hinsicht gilt es zudem darauf hinzuweisen, dass ein unverschuldeter Sozialhilfebezug - z.B. durch alleineinziehende Mütter - im Regelfall den Widerruf der Niederlassungsbewilligung nicht rechtfertigt (Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, in: BBl 2002 3709, 3810; Spescha, in: OFK Migrationsrecht, 5. Aufl., Zürich 2019, Art. 63 AIG N 19; so auch schon die Vorauflage noch zum AuG, Spescha, in: OFK Migrationsrecht, 3.Aufl., Zürich 2012, Art.63 AuG N 11). Dies gilt auch für einen Sozialhilfebezug, der durch gesundheitliche Beeinträchtigungen bedingt ist (vgl. BGer 2C_958/2011 vom 18. Februar 2013 E.3.2.3, 3.3). Genau diese Umstände scheinen jedoch im vorliegenden Fall auf das Opfer zuzutreffen, musste es doch die an Leukämie erkrankte Tochter mehrheitlich alleine grossziehen, weshalb auch in migrationsrechtlicher Hinsicht keine Motivation des Opfers ersichtlich wird, die es dazu gedrängt hätten, eine Ehe mit dem Berufungskläger zu erzwingen. Diesbezüglich ist als Motiv auch eine mögliche Härtefallbewilligung für einen Aufenthalt als Opfer sexueller Gewalt auszuschliessen. Eine Rechtsgrundlage für eine solche Härtefallbewilligung besteht nicht, waren der Berufungskläger und das Opfer doch nicht verheiratet und haben sie doch auch keine gemeinsamen Kinder (vgl. Art. 30 Abs. 1, Art. 50 Abs. 2 des damals gültigen Ausländergesetzes [AuG, SR 142.20]).


Hinsichtlich des vom Berufungskläger geltend gemachten Umstands, dass die dem Opfer vorgeworfenen Falschbehauptungen ihre Ursache in dessen psychischen Problemen gehabt hätten, gilt es wiederum auf die Befunde der gutachterlichen psychiatrischen Untersuchung zu verweisen, wonach beim Opfer keine psychische Störung, wie etwa eine Persönlichkeitsstörung, vorliegt, die grundsätzlich potentiell geeignet wäre, die Aussagevalidität nachteilig zu beeinflussen (vgl. Akten S. 2530a, GA S. 139).


Dem ebenfalls vom Berufungskläger vorgebrachten Eifersuchtsmotiv des Opfers (Eifersucht auf Ex-Ehefrau des Berufungsklägers) ist entgegenzuhalten, dass das Opfer zwar selbst aussagte bzw. schrieb, dass es sich ungerecht behandelt gefühlt, auch keinen Lohn für seine Arbeit erhalten habe und eifersüchtig auf die Ex-Ehefrau des Berufungsklägers gewesen sei (vgl. etwa Akten S. 433, 771, 1127 f., 2530a, GA S.78 f.), doch gibt es keine Anzeichen, die auf eine krankhafte Eifersucht schliessen lassen. Ein Motiv dafür, eine derart schwere falsche Anschuldigung konstruieren zu wollen, ist angesichts der gesamten Aktenlage und auch der langanhaltenden Belastung des Opfers durch das Verfahren mithin nicht denkbar. Die Aussagen des Opfers, eifersüchtig gewesen zu sein, müssen zudem unter dem Aspekt betrachtet werden, dass es zum Aussagezeitpunkt unter dem Eindruck der inzwischen wieder versöhnten Familie stand, was dem Opfer Sicherheit gab, es aber auch unter Druck setzte, alles zu tun, um eine Verurteilung des Berufungsklägers zu verhindern. Ebenso wenig vermögen finanzielle Aspekte eine allfällige falsche Anschuldigung zu erklären, hat doch das Opfer im vorliegenden Verfahren keine Parteistellung inne. Schliesslich ist auch davon auszugehen, dass allfällig angedachte wirtschaftliche Verflechtungen zwischen der Familie des Opfers und jener des Berufungsklägers zum Zeitpunkt der Aufnahme des vorliegenden Verfahrens noch deutlich weniger weit gediehen waren, als wohl bei der Aufnahme des Verfahrens in [...], und daher in den das vorliegende Verfahren betreffenden Akten auch kein Thema und folglich unbeachtlich sind. Auch das Gutachten kommt diesbezüglich zum Schluss, dass zwar gewisse Hinweise auf Verdeutlichungstendenzen beim Opfer bestünden, die Befunde jedoch insgesamt eher für das Bemühen um eine objektive Berichterstattung und weniger für eine gerichtete Aussagehaltung sprechen (Akten S.2530a, GA S. 143).


Hinsichtlich der allfälligen Motivation für eine absichtliche Falschbezichtigung wird im Gutachten im Allgemeinen zutreffend festgehalten, dass sich aussagepsychologisch bis und mit der Konfrontationseinvernahme vom 5. März 2013 keine Hinweise für Einflussfaktoren ergeben, welche sich unmittelbar nachteilig - im Sinne einer mangelnden Zuverlässigkeit - in der Aussage ausgewirkt haben könnten. Die Schilderung wie es zur Erstattung der Anzeige durch das Opfer kam, bettet sich mithin in die geschilderte Dynamik aus Sicht des Opfers ein und enthält auch Qualitätsmerkmale, wie selbstbelastende Inhalte (wie z.B. dass sie wieder auf den Berufungskläger zugegangen sei, da sie gedacht habe, er sei «heruntergekommen»), die auf eine erlebnisbasierte Schilderung verweisen. Im Rahmen der polizeilichen Anzeige schilderte das Opfer, dass sie vom Berufungskläger oft geschlagen worden sei, weshalb die Polizei einige Mal habe eingreifen müssen, sie trotz allem aber aus Liebe und in der Hoffnung zu ihm zurückgegangen sei, dass Besserung eintrete. Dies fügt sich in die geschilderte Beziehungsdynamik ebenfalls stimmig ein (vgl. Akten S. 709 ff., 2530a, GA S. 130).


Überdies ist auch auf den Umstand hinzuweisen, dass das Opfer sich bereits vor der Strafanzeige am 3. Januar 2013 an Dritte wandte und diesen von den sexuellen Übergriffen des Berufungsklägers - neben den Vorwürfen betreffen Körperverletzungen, Tätlichkeiten und Drohungen usw., die durchgehend vom Opfer vorgebracht wurden - berichtete. So ist zum einen dem Arztbericht von Dr. med. G____ vom 11. August 2019 zu entnehmen, dass das Opfer «ab Juli 2012 in Gesprächen immer wieder über die sexuelle Gewalt sowie Handgreiflichkeiten in der Beziehung» berichtet habe (Akten S. 2525). Zum anderen findet sich ein Verlaufseintrag der Beratungsstelle [...] vom 26. Oktober 2012, wonach das Opfer «mit Sack und Pack vor der Türe» gestanden sei. Am 16. und 19. Oktober 2012 sei das Opfer von Ihrem Partner vergewaltigt worden. Am 17. Oktober 2012 sei sie von ihm zudem geschlagen und wiederum vergewaltigt worden (Akten S. 916). Diese zwei Nachweise belegen, dass das Opfer die Vergewaltigungsvorwürfe gegenüber dem Berufungskläger nicht erstmals im Rahmen der Strafanzeige vom 3.Januar 2013 vorbrachte, sondern sich diesbezüglich bereits zuvor seinem Psychiater und der Beratungsstelle [...] anvertraute. Dies bettet sich auch in die übrigen Aussagen ein, dass das Opfer demgegenüber der Polizei nichts davon erzählt habe, da es vor dem Berufungskläger richtig Angst gehabt habe, dass er etwas mache und dass etwas passiere, wenn er herauskomme (Akten S. 780).


Hinsichtlich der vom Berufungskläger vorgebrachten angeblichen Motivation für eine Falschaussage des Opfers an der (zweiten) zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vom 14. Januar 2016 - welche im Widerspruch zur Befragung durch die Aargauer Kantonspolizei am 5. August 2014 gestanden habe - aufgrund der angeblichen Angst des Opfers vor einem Strafverfahren wegen falscher Anschuldigung kann wiederum auf die bereits erfolgten Ausführungen verwiesen werden (s. vorne E. 4.5.1).


Entsprechend kann im Ergebnis die Motivation für eine absichtliche Falschbezichtigung des Berufungsklägers durch das Opfer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.


4.6.8 Schliesslich erscheint es auch angebracht, auf die Ambivalenz des Verhaltens des Opfers gegenüber dem Berufungskläger einzugehen. Prima vista mag es erstaunen, dass das Opfer nicht nur während der Beziehung im Jahr 2012, sondern auch nach der Haftentlassung des Berufungsklägers trotz der Misshandlungen, verschiedenen Aufenthalten in der [...] und im Frauenhaus sowie einem Suizidversuch immer wieder zu ihm zurückgekehrte. Auf die Bedrohungssituation und seine Liebe zum Berufungskläger wurde bereits hingewiesen. Abgesehen davon, dass das Opfer vom Berufungskläger angezogen war und immer wieder Hoffnung hatte, es könne mit ihm glücklich werden, sind aber auch gesellschaftliche und familiäre Gründe für die Ambivalenz erkennbar: Beide (miteinander verwandten) Familien hätten es gern gesehen, wenn das Opfer mit dem Berufungskläger zusammenbleiben und womöglich eine Familie gründen würde. Eine solche Entwicklung hätte aus der Sicht der Familie des Opfers möglicherweise auch einen gewissen - finanziellen - Profit bedeutet, standen doch im Aargauer Verfahren allfällige geschäftliche Beteiligungen des Bruders des Opfers an den ökonomischen Aktivitäten des Berufungsklägers im Raum. Aus Sicht des Berufungsklägers und seiner Familie wiederum wäre ein Gewinn darin gelegen, dass er - auch aufgrund des laufenden Strafverfahrens - bessere Chancen gehabt hätte, die Aufenthaltsbewilligung behalten zu können (das Opfer selbst hat, wie bereits erwähnt, die C-Bewilligung), und dass zudem sein Ansehen als rechtschaffener Mann - nach einer Scheidung und einer weiteren Trennung von einer Landsfrau - gewahrt wäre. Das Opfer selbst wäre, wenn die Beziehung mit dem Berufungskläger geglückt wäre, ebenfalls wieder besser angesehen und in beiden Familien geschätzt gewesen. Überdies wäre es noch finanziell versorgt und als Ehefrau eines in ihren Kreisen angesehenen Geschäftsmannes bestens etabliert gewesen, noch dazu allenfalls als Mutter eines ehelichen Kindes. Ganz im Gegensatz zum Falle einer Trennung, bei welcher das Opfer als gescheiterte (geschiedene, erneut getrennte) und alleinerziehende Frau keinerlei Ansehen in ihren Kreisen geniessen würde (vgl. dazu die Berichte der [...] und vom [...] [Akten S. 910 ff.] sowie die beigezogenen Akten im Aargauer Verfahren). Vor diesem Hintergrund erklären sich gewisse vermeintliche Ungereimtheiten in den Aussagen und im Verhalten des Opfers vollständig und bestärken die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen umso mehr.


4.6.9 In der Gesamtschau der Befunde hält das Gutachten fest, dass «aus aussagepsychologischer Sicht vieles für den Erlebnisbezug der hier zur Diskussion stehenden Aussage spricht. Ein ganz sicherer Nachweis gelingt aussagepsychologisch (d.h. allein anhand der Aussage, die Würdigung weiterer Beweismittel liegt nicht in der aussagepsychologischen Kompetenz) mit der methodisch und juristisch geforderten Eindeutigkeit nicht, was sich in der eingeschränkten Möglichkeit zur Beurteilung der Aussagekonstanz und insbesondere im wechselhaften Aussageverhalten (zeitweiliger Widerruf) [des Opfers] begründet. Die Beurteilung der Frage, ob eine Beeinflussung durch dritte Personen in der [vom Opfer] geschilderten Art und Weise stattgefunden hat nicht und ob gegebenenfalls deshalb die Rücknahme von Belastungen erfolgte, es sich also um einen in einer Drucksituation getätigten und nicht glaubhaften Widerruf handelte, liegt hier jedoch nicht in der aussagepsychologischen Kompetenz, sondern ist der Beweiswürdigung vorbehalten.» (Akten S. 2530a, GA S.143 f.). Sprach somit bereits vor der richterlichen Beweiswürdigung der Konstanzanalyse in Bezug auf den (zeitweiligen) Widerruf der Opferaussagen viel für deren Erlebnisbezug, kann dies nun im Lichte der obigen Ausführungen umso mehr als erstellt gelten. Insgesamt ist somit zur inhaltlichen Aussagequalität der Aussagen der Privatklägerin festzuhalten, dass aufgrund des soeben Gesagten die Annahme, dass die Aussagen des Opfers nicht realitätsbegründet sind (Nullhypothese), nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Konsequenterweise ist vorliegend davon auszugehen, dass die Aussagen des Opfers seinem wirklichen Erleben entsprechen.


4.7 Die Ergebnisse der aussagepsychologischen Begutachtung der Opferaussagen werden zudem noch von weiteren Indizien und Beweisen gestützt.


Hierzu ist etwa auf die Aussagen des Berufungsklägers zu verweisen, dessen pauschale Bestreitungen angesichts der bis hierhin dargestellten Beweislage nicht glaubhaft sind. Immerhin stimmte er anlässlich der ersten Konfrontation vom 5. März 2013, als das Opfer den erzwungenen Geschlechtsverkehr nicht mehr als Vergewaltigung, sondern als aus kurdischer Perspektive normal interpretierte, dieser Sichtweise ausdrücklich zu und fügte an, es gebe in dieser Kultur auch keine Gleichberechtigung. In diesem Zusammenhang räumte der Berufungskläger damals immerhin noch ein: «Das mit dem Würgen kann passiert sein, vielleicht aber auch nicht, ich kann nicht ja nein sagen. Vielleicht ist es bei einer Auseinandersetzung so weit gekommen, dass ich sie vielleicht gepackt habe, vielleicht aber auch nicht. Wenn sie zum Beispiel gehen wollte.» (Akten S. 873 f.). Auf Vorhalt dieses - zwar etwas gewundenen - Zugeständnisses einer möglichen Gewaltanwendung anlässlich der (ersten) Hauptverhandlungen vor dem Appellationsgericht stritt er allerdings ab, das Opfer je am Hals gepackt gewürgt zu haben. Vielmehr habe das Opfer ihn gewürgt und am Hals gekratzt (Akten S. 1895). In der (zweiten) Hauptverhandlung vom 9. Dezember 2020 sagte der Berufungskläger demgegenüber wieder aus, dass das «passieren» könne (Akten S. 2679).


Befremdlich erscheint auch die Reaktion des Berufungsklägers auf Vorhalt seiner einschlägigen Verurteilung durch den Strafgerichtspräsidenten vom 29. April 2004 wegen einfacher Körperverletzung, mehrfacher Drohung und mehrfacher Tätlichkeiten zum Nachteil seiner damaligen Ehefrau E____: Es habe sich um eine Verleumdung (Akten S. 845) beziehungsweise um einen rein verbalen Streit gehandelt (Akten S. 1896). Dieses Urteil ist immerhin rechtskräftig. Auch wenn es dem Berufungskläger bei der Strafzumessung nicht mehr entgegen zu halten ist, so illustriert es doch die Grundhaltung des Berufungsklägers, jegliche häusliche Gewalt zu bestreiten, selbst dann noch, wenn die Tatsachen offensichtlich und belegt sind und rechtskräftig beurteilt wurden.


Die angesprochene Verurteilung belegt in Verbindung mit den vorliegenden Vorwürfen sodann eine gewisse Täteradäquanz des Verhaltens des Berufungsklägers. Angefügt sei, dass gerade auch der Freispruch von den dem Berufungskläger zum Nachteil von D____ zur Last gelegten Taten ebenfalls die Vermutung aufkommen lässt, dass dies möglicherweise auf deren Nichterscheinen zufolge Drucks seitens des Berufungsklägers und seiner Familie zurückzuführen ist (Akten S.1209 f.). Eine plausible Erklärung dafür, weshalb nicht nur das Opfer, sondern auch die früheren Partnerinnen jeweils ins Frauenhaus gegangen waren, vermochte der Berufungskläger anlässlich der Verhandlung(en) vor dem Appellationsgericht jedenfalls nicht abzugeben (Akten S. 1896).


Als geradezu gerichtsnotorisch typisches Täterverhalten zu werten ist die vom Berufungskläger abgegebene Darstellung des Opfers als sexgierige, faule und psychisch kranke Person: Auf Vorhalt praktisch täglicher Vergewaltigungen entgegnete er: «Wie geht das bitte? Die meiste Zeit, seit sie bei mir ist, war sie im Frauenhaus im Spital. Wie kann ein Mensch derart lügen? Sie ist diese Person, die immer Sex wollte [ ] Als sie sich dann an mich ran machte und Sex wollte, war ich einfach zu müde. Dann sagte sie, ich sei halt 10 Jahre älter als sie und darum würde ich nicht mehr diese Ausdauer haben.» (Akten S. 756). Es folgten dann noch Ausführungen darüber, wie faul die Frau gewesen sei, dass sie nichts im Haushalt geholfen habe, dass sie häufig krank gewesen sei, dass sie mit der Tochter ausgeschlafen habe (was eingedenk des schulpflichtigen Kindes kaum möglich ist). In einigem Widerspruch dazu stehen die Ausführungen, dass die Frau «höchstens so bis Mittag» gearbeitet habe, also morgens (Akten S. 755, 756, 758).


Der Berufungskläger log im Übrigen nachweislich: So bestritt er auf Vorhalt, das Opfer am Mittwoch, 2. Januar 2013 telefonisch bedroht zu haben. Es habe ihn angerufen und er habe das Handy nicht abgenommen. Als er am gleichen Tag entlassen worden sei, sei er nach Hause gegangen. Dann habe er das Opfer angerufen. Ihr Bruder habe das Telefon abgenommen und sich als neuer Freund des Opfers ausgegeben, worauf er den Bruder nur ausgelacht habe (Akten S. 760). Aus der Randdatenauswertung ergibt sich demgegenüber, dass das Opfer ihn am Morgen des 2.Januar 2013 einmal anrief, nachdem er innert weniger als 10 Minuten viermal auf das Mobiltelefon des Opfers angerufen, dieses aber die Anrufe nicht entgegengenommen hatte. Nach diesem fünfminütigen Gespräch rief er bereits fünf Minuten später wieder an - das Gespräch dauerte nun 14 Sekunden. Nachmittags versuchte er es zwei Mal, wobei das Opfer das zweite Mal abnahm und sich ein zwölfminütiges Gespräch ergab. Am Abend rief er noch zwei Mal an und es ergaben sich ein knapp drei- und ein knapp zweiminütiges Gespräch. Das Opfer rief ihn überhaupt nicht mehr an, auch nicht am nächsten Tag, als er es mehrfach, aber vergeblich versuchte (Akten S. 752 f.).


Offensichtlich die Unwahrheit sagt der Berufungskläger auch im Zusammenhang mit den Drohungen, die er anhand der Verfügung und Bestätigung einer Sicherstellung einer Schusswaffe gemacht hat: In der Einvernahme vom 31. Januar 2013 bestritt er, dem Opfer dieses Dokument gezeigt zu haben (Akten S. 847 f.) und anlässlich der Konfrontationseinvernahme meinte er: «Nein, ich habe so ein Dokument gar nicht» (Akten S. 878). Es ist als abwegig zu werten, dass das Opfer dieses real existierende Dokument (Akten S. 514) einschliesslich seiner grünen Farbe erfunden haben könnte (vgl. dazu auch die Ausführungen der Vorinstanz, Akten S.1219 f., 1228). Zudem ist erstellt, dass dem Berufungskläger effektiv am 17. August 2011 eine Pistole «[ ]» wegen Verdachts des Verstosses gegen das Waffengesetz abgenommen wurde (Akten S. 514 ff.).


Wie auch die Vorinstanz zutreffend festhält, werden die Aussagen des Opfers sodann durch weitere objektive Gegebenheiten und Indizien gestützt. So werden seine Depositionen insbesondere untermauert durch die verschiedenen Polizeirapporte, die Berichte der Frauenhäuser, ein Arztzeugnis, die Handyauswertung des Opfers und den SMS-Verkehr mit D____ (Rapport vom 13. August 2012, Akten S.683 ff.; Rapport vom 15. August 2012, Akten S. 691 ff.; Rapport vom 27. August 2012, Akten S. 702 ff.; Requisition vom 28. August 2012, Akten S. 724; Requisition vom 20. Oktober 2012, Akten S. 725 f.; Rapport vom 3. Januar 2013, Akten S. 715 ff.; Verlaufsbericht Frauenhaus [...] mit Aktennotiz [betr. stationärer Aufenthalt vom 26. Oktober bis 13. November 2012, Akten S. 901 ff.]; Verlaufsbericht [...] Frauenberatung gegen Gewalt, Akten S.909 ff.; Verlaufsbericht Stiftung [...] [betr. stationäre Aufenthalte vom 15. bis 19. August 2012 und vom 27. August bis 11.September 2012]; Arztzeugnis Dr.P____, Akten S. 829 f.; Aktennotiz betr. Handyauswertung des Opfers mit Auswertungsunterlagen, Akten S. 743 ff.; Aktennotiz betr. Handyauswertung D____ in Bezug auf den SMS-Kontakt mit dem Opfer, Akten S. 581 ff.).


Zusammenfassend sind somit einerseits die Aussagen des Berufungsklägers nicht als glaubhaft zu werten. Neben den dargelegten Widersprüchen in seinen Aussagen stützen andererseits auch die entgegenstehenden objektiven Beweismittel die vom Opfer geschilderte Sachverhaltsversion.


4.8 Im Ergebnis ist somit der Sachverhalt in dem Umfang als erstellt anzusehen, wie ihn das Strafgericht gestützt auf die Anklageschrift angenommen hat. Entsprechend kann für den als erstellt angesehenen Sachverhalt neben den hiesigen Ausführungen auch auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden.


5.

Der Berufungskläger hat zum Rechtlichen keine Ausführungen gemacht. Das Strafgericht hat diesbezüglich sorgfältige und zutreffende Erwägungen angestellt (Akten S.1230 f.), auf welche vollumfänglich verwiesen werden kann (Art. 82 Abs. 4 StPO). Der Berufungskläger wird somit der mehrfachen Vergewaltigung, der mehrfachen sexuellen Nötigung, der mehrfachen Nötigung, der mehrfachen Drohung, der einfachen Körperverletzung und der mehrfachen Tätlichkeiten schuldig gesprochen.


6.

6.1 Die Vorinstanz hat eine Freiheitsstrafe von 3½ Jahren und eine Busse von CHF1'000.- ausgesprochen. Der Berufungskläger ficht die Strafzumessung nicht explizit an, da er einen vollumfänglichen Freispruch verlangt. Die Staatsanwaltschaft beantragt demgegenüber die kostenpflichtige Abweisung der Berufung und entsprechend eine Bestätigung der vorinstanzlichen Strafzumessung.


6.2 Gemäss Art.47 des Strafgesetzbuchs misst das Gericht die Strafe innerhalb des anzuwendenden Strafrahmens nach dem Verschulden des Täters zu und berücksichtigt dabei sein Vorleben, seine persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf sein Leben (Täterkomponenten, Abs.1). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie nach seinen Möglichkeiten, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden, bemessen (Tatkomponenten, Abs.2). Dem Richter kommt ein Ermessen zu, in welchem Umfang er die einzelnen Strafzumessungskriterien berücksichtigt (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 19 f.). An eine «richtige» Strafzumessung werden drei allgemeine Anforderungen gestellt: Sie muss zu einer verhältnismässigen Strafe führen (Billigkeit), ein Höchstmass an Gleichheit gewährleisten (Rechtssicherheit) und transparent, überzeugend begründet und dadurch überprüfbar sein (Legitimation durch Verfahren; vgl. Wiprächtiger/Keller, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. Auflage 2019, Art.47 StGB N10). Die Strafzumessung ist einlässlich zu begründen (Art.50 StGB; BGE 136 IV 55 E.5.4; 134 IV 17 E.2.1; BGer 6B_579/2013 vom 20. Februar 2014 E.4.3; Eugster/Frischknecht, Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel, in: AJP 2014 S. 327 ff., 332).


6.3 Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt das Gericht ihn zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht diese angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Die Anwendbarkeit von Art. 49 Abs. 1 StGB setzt dabei voraus, dass für die zur Beurteilung stehenden Delikte im konkreten Fall gleichartige Strafen ausgefällt würden (BGE 144 IV 217 E. 3.3 ff. S. 224 ff.). Bei der Bildung der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB ist vorab der Strafrahmen für das (abstrakt) schwerste Delikt zu bestimmen und alsdann die Einsatzstrafe für die schwerste Tat innerhalb dieses Strafrahmens festzusetzen. Von derjenigen Straftat auszugehen, die im konkreten Fall die höchste Strafe nach sich zieht, erscheint nur dann sinnvoll, wenn mehrere Straftatbestände mit gleichem Strafrahmen zu beurteilen sind. Geht es um mehrere Straftatbestände, die den gleichen oberen Strafrahmen enthalten, aber eine unterschiedliche Mindeststrafe vorsehen, ist die höchste Mindeststrafe massgebend, welche die schwerste Tat definiert (Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2.Auflage, Basel 2019, Rz.485f.). Die Einsatzstrafe für die schwerste Tat kann demnach durchaus niedriger sein als andere im Rahmen der Gesamtstrafenbildung zu berücksichtigende (verwirkte) Einzelstrafen (BGE 144 IV 217 E.3.5.1 S.233). In einem zweiten Schritt sind die hypothetischen Einsatzstrafen für die weiteren Taten zu bestimmen. Sodann ist die Gesamtstrafe durch angemessene Erhöhung der Einsatzstrafe (in Anwendung des Asperationsprinzips) zu bilden. Nach der Festlegung der Gesamtstrafe für sämtliche Delikte sind schliesslich die allgemeinen Täterkomponenten zu berücksichtigen (BGE 127 IV 101 E. 2b S. 104; BGer 6B_483/2016 vom 30.April 2018 E.3.5.1, 6B_466/2013 vom 25.Juli 2013 E.2.1 und 2.3.2, 6B_460/2010 vom 4. Februar 2011 E. 3.3.4; AGE SB.2016.114 vom 15. September 2017 E. 3.3.2).


6.4 Ausgangspunkt für die Bemessung der Strafe bildet der Strafrahmen für (mehrfache) Vergewaltigung, der gemäss Art. 190 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren vorsieht. Dazu kommen die Verurteilungen wegen (mehrfacher) sexueller Nötigung mit einem Strafrahmen bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe Geldstrafe (Art. 189 Abs. 1 StGB), (mehrfacher) Nötigung mit einem Strafrahmen von bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe Geldstrafe (Art. 181 StGB), (mehrfacher) Drohung mit einem Strafrahmen von bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe Geldstrafe (Art.180 StGB) sowie einfacher Körperverletzung mit einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren Geldstrafe (Art. 123 Ziff. 1 und 2 StGB). Hinzu kommen die mehrfachen Tätlichkeiten (Art. 126 StGB), welche mit Busse bestraft werden.


Die Vorinstanz hat für die einzelnen Delikte keine Einzelstrafen festgesetzt, sondern diese pauschal beurteilt, was nicht zulässig ist (BGer 6B_986/2020 vom 6. Januar 2021 E. 4.3, 6B_712/2018 vom 18.Dezember 2019 E. 3.1). Sie bestimmt die Strafe undifferenziert und unzulässig aufgrund der Gesamtprüfung aller Delikte (BGE 144 IV 217 E. 4.1 S. 239; Urteil 6B_409/2018 vom 7. Juni 2019 E. 2.3). Die Strafzumessung hat vorliegend mithin anhand der bundesgerichtlichen Kriterien zu erfolgen, weshalb für jedes Delikt zwecks Gesamtstrafenbildung vorgängig eine (hypothetische) Einsatzstrafe festzusetzen ist.


6.5 Art. 189 Abs. 1 StGB sieht für die sexuelle Nötigung einen Strafrahmen von einem Tagessatz Geldstrafe bis hin zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor, während eine Vergewaltigung gemäss Art. 190 StGB mit einer Freiheitsstrafe von einem bis hin zu zehn Jahren geahndet wird. Aufgrund der höheren Mindeststrafe ist eine der vom Berufungskläger begangenen Vergewaltigungen für die Festsetzung der Einsatzstrafe heranzuziehen (es wird noch auf den Strafmilderungsgrund des Zeitablaufs gemäss Art. 48 lit. e StGB einzugehen sein, dieser wirkt sich vorliegend jedoch nur innerhalb des ordentlichen Strafrahmens strafmindernd aus, s. sogleich E. 6.12).


6.5.1 Verschuldensmässig am schwersten wiegt in diesem Zusammenhang die Vergewaltigung im November 2012 (mutmasslich am 25. November 2012, AS Ziff.C.3.3).


6.5.1.1 Hinsichtlich der objektiven Tatkomponenten ist insbesondere die Verwerflichkeit des Handelns hervorzuheben. Dabei gilt es etwa zu berücksichtigen, wie intensiv der Täter seinen Plan verfolgte, welche Mittel er einsetzte und welchen Aufwand er betrieb («kriminelle Energie») sowie, wie brutal grausam er sein Opfer behandelte (BGer 6B_375/2014 vom 28. August 2014 E. 2.4, 6S.444/2005 vom 10.Februar 2006 E.2). Vorliegend ist zum einen im Allgemeinen schulderhöhend zu berücksichtigen, dass der Berufungskläger das Opfer über mehrere Monate massiv unterdrückte und in dem durch ihn erschaffenen Klima der Angst und Unterdrückung zusätzlich die Vergewaltigungen durchführte. Zudem machte er sich den Umstand zu Nutze, dass in der kurdischen Kultur die Unterordnung der Frau unter ihren Partner weiterhin stark verbreitet ist und ersterer im Falle des gegen den Mann erhobenen Vorwurfs der Vergewaltigung eher Beschuldigung und Ablehnung entgegenschlägt als dem Täter selbst. So bemerkte der Berufungskläger denn auch lachend, es würde dem Opfer ohnehin niemand glauben, dass «ihr Mann» sie vergewaltige, man würde ihr ins Gesicht spucken. Dem Opfer war es somit so gut wie unmöglich, sich Freunden Verwandten aus demselben Kulturkreis anzuvertrauen. Auch ist in Übereinstimmung mit der Vorinstanz in diesem Zusammenhang zu konstatieren, dass das Perfide an häuslicher Gewalt ist, dass sie sich meistens im Verborgenen abspielt, oftmals schleichend ihre Anfänge nimmt und sich im Verlaufe der Zeit steigert. Beginnend mit verbalen Demütigungen, Drohungen und Beschimpfungen gelangt sie zu körperlichen und sogar sexuellen Übergriffen. Einem Opfer gelingt es dann nur schwer, einer derartigen Gewaltbeziehung zu entfliehen, sei es aus Angst, Scham der stets neu gefassten Hoffnung, es werde alles wieder gut, was der Berufungskläger schamlos ausnutzte. Ein solch massiver Eingriff in die Selbstbestimmung hat gravierende Folgen und führt bereits bei einem einzigen Übergriff zu einer psychischen Destabilisierung, ganz zu schweigen bei mehreren, regelmässigen Übergriffen.


Ferner setzte der Berufungskläger auch starke Nötigungsmittel ein, um dem Opfer seinen Willen aufzuzwingen, drückte er doch die auf dem Rücken liegende Frau, die sich vergeblich mit Wegstossversuchen zu wehren versuchte, mittels Körperkraft nieder, schlang seine Beine um ihren Hals, packte sodann ihre Beine und drückte sie gewaltsam so weit nach hinten, dass sie auf den Schultern und am Hals des Opfers zu liegen kamen. Dies verursachte dem Opfer, welches das Gefühl hatte, seine Schultern und sein Nacken würden brechen, heftige Schmerzen, so dass es laut aufschrie. In Bezug auf den vom Berufungskläger verschuldeten objektiven Erfolg die Gewaltanwendung betreffend wurden bei der am 26. November 2012 durchgeführten Untersuchung bei Dr. med. P____ beim Opfer Hämatome im Bereich des rechten Oberarms und linken Unterarms, Kratzspuren im Bereich der beiden Oberarme, sowie Schmerzen und Druckdolenz im Nacken- und Halsbereich festgestellt. Selbst bei einer Nachkontrolle am 5. Dezember 2012 hatte das Opfer dem Arztzeugnis zufolge noch persistierend Schmerzen im Bereich des linken Kieferwinkels und im Nacken- und BWS-Bereich. Die Art und Weise der Tatbegehung ist somit insgesamt als verwerflich zu bewerten.


6.5.1.2 In Bezug auf die subjektiven Tatkomponenten ist bei den Beweggründen des Berufungsklägers hervorzuheben, dass er seine Ziele der sexuellen Befriedigung - auch hinsichtlich der übrigen Vergewaltigungen - äusserst rücksichtslos und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln (wiederholt) durchsetzte. Wie bereits festgehalten wurde, machte der Berufungskläger sich hierbei das durch ihn erschaffene Klima der Angst sowie auch seine körperliche Überlegenheit zu Nutze. Der Beschuldigte handelte vorliegend mit (direktem) Vorsatz. Motivseitig war das Vorgehen des Berufungsklägers insbesondere von seinem vermeintlichen Anspruch auf sexuelle Handlungen mit seiner Partnerin getragen, auch wenn diese die sexuellen Kontakte ablehnte. Der Berufungskläger setzte sich relativ skrupellos über den Willen des Opfers hinweg, indem er auf seine Weigerung hin, sich auf ihn einzulassen, ohne grössere Umschweife zur Ausübung von Zwang und Gewalt überging und das Opfer dergestalt überrumpelte, dass es ihn trotz nicht geringer körperlicher Gegenwehr nicht von seinem Vorhaben abbringen konnte. Von grosser Verhöhnung des Opfers zeugt darüber hinaus auch die Tatsache, dass der Berufungskläger nicht nur seine Tatbegehung abstritt, sondern vielmehr das Opfer als «sexgierige», faule und psychisch kranke Person bezeichnete, die immer Sex gewollt habe.


Als weitere (subjektive) Tatkomponente bestimmt sich die Höhe des Verschuldens schliesslich danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. So können sich etwa Konflikte aus Alkoholabhängigkeit aus der Bindung an eine andere Kultur ergeben (BGE 117 IV 7 E. 3a.aa S. 8, 127 IV 10 E. 3 S. 19; Stratenwerth/Bommer, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II: Strafen und Massnahmen, 3. Auflage, Bern 2020, § 5 N 35). Vorliegend wurde dem Berufungskläger zum Tatzeitpunkt kein Alkoholkonsum nachgewiesen. Auch liegt kein Kulturkonflikt vor, da sich der Berufungskläger einerseits seit mehr als 30 Jahren in der Schweiz befindet und ihm entsprechend keine fehlende Sozialisation in Bezug auf entsprechende Delikte zugutegehalten werden könnte. Andererseits ist davon auszugehen, dass etwa auch in seinem Heimatland die Vergewaltigung unter Strafe gestellt ist. Entsprechend lässt sich aus dem Umstand, dass das Vorgefallene in der kurdischen Kultur keine «Vergewaltigung» darstelle, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Ebenso wenig kann ihm zugutegehalten werden, dass es sich beim Opfer um seine damalige Partnerin handelte, ist doch deren Schutz der körperlichen und sexuellen Integrität nicht minder schützenswert als ausserhalb einer Partnerschaft. Auch sind keine äusseren Umstände ersichtlich, wonach der Berufungskläger in eine Versuchungssituation geführt worden wäre, gab ihm das Opfer doch umgehend zu verstehen, dass es keinen Geschlechtsverkehr haben wolle. Spätestens im Zeitpunkt der Zurückweisung durch das Opfer mittels körperlicher Gegenwehr hätte der Berufungskläger von seinem Vorhaben Abstand nehmen müssen.


6.5.1.3 Anhand des Gesagten zu den Tatkomponenten wiegt das Tatverschulden des Berufungsklägers für die Vergewaltigung im November 2012 im Ergebnis mittel bis schwer, weshalb sich eine Einsatzstrafe von 17 Monaten rechtfertigt.


6.5.2 Verschuldensmässig nur wenig hinter die soeben behandelte Vergewaltigung fallen die Vergewaltigungen von Mitte Dezember 2012 (AS C. 3.4).

6.5.2.1 Hinsichtlich der objektiven Tatkomponenten kann einerseits für die kriminelle Energie auf das bereits unter E. 6.5.1.1 Ausgeführte verwiesen werden, bediente sich der Berufungskläger doch auch hier dem durch ihn geschaffenen Klima der Angst. Bei diesem Vorfall machte der Berufungskläger das Opfer mit Ohrfeigen gefügig, bevor er das mittlerweile weinende, vergebliche Abwehrversuche unternehmende Opfer auf dem Bett während ca. 30 Minuten zunächst auf dem Rücken liegend und dann auf den Bauch gedreht vergewaltigte. Das Opfer hatte im Anschluss an diesen Übergriff starke Schmerzen und blutete an der Vagina. Dies hielt den Berufungskläger jedoch nicht davon ab, das sich ins Wohnzimmer geflüchtete Opfer nach einer Stunde am Arm zu packen und es ins Schlafzimmer zu zerren, wo er ihm die Trainerhose herunterzog. Obwohl das Opfer dem Berufungskläger daraufhin weinend mitteilte, es habe Schmerzen und er solle es in Ruhe lassen, liess er nicht von ihm ab, sondern hielt es gewaltsam an Armen, Hüften und Haaren fest, beugte es vornüber und drang hinter ihm stehend vaginal in das Opfer ein. Zu diesem Zeitpunkt verfügte das bereits vom vorangegangenen Übergriff erschöpfte, Schmerzen leidende Opfer nicht mehr über die Kraft, sich dem Berufungskläger entgegenzustellen, so dass es diese neue Gewalttat ohne weitere Gegenwehr erdulden musste.


6.5.2.2 In Bezug auf die subjektiven Tatkomponenten kann ebenfalls auf das bereits unter E. 6.5.1.2 Gesagte verwiesen werden. Hinzu kommt beim vorliegenden Vorfall, dass der Berufungskläger sein Ziel der sexuellen Befriedigung mit noch weniger Rücksichtnahme auf das Opfer verfolgte, vergewaltigte er es doch bereits nach einer Stunde erneut, obgleich das Opfer bereits Verletzungen von der ersten Vergewaltigung davongetragen hatte und ihn weinend darum bat, es ihn Ruhe zu lassen.


6.5.2.3 Im Ergebnis wiegt das Verschulden auch bei diesen beiden Vorfällen mittel bis schwer, weshalb hypothetische Einsatzstrafen von jeweils 16 bzw. 12 Monaten verschuldensangemessen erscheinen.


6.5.3 Vom Verschulden her vergleichbar mit den soeben genannten Delikten präsentiert sich die Vergewaltigung vom (mutmasslich) Herbst 2012 (AS Ziff. C. 3.2).


6.5.3.1 Auch hier kann hinsichtlich der objektiven Tatkomponenten zum einen für die kriminelle Energie auf das bereits unter E. 6.5.1.1 Ausgeführte verwiesen werden. Der Berufungskläger verlangte auch hier vom Opfer Geschlechtsverkehr, welchen es jedoch verweigerte und sich dem Berufungskläger durch Aufstehen vom Bett entziehen wollte. Dies verhinderte er jedoch, indem er das Opfer am Arm packte und es zurückriss. Dann schlug er ihm mit der Faust so heftig auf die Brust, dass ihm die Luft wegblieb. Sodann vollzog der Berufungskläger am Opfer, das er auf diese Weise widerstandsunfähig gemacht hatte, den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss.


6.5.3.2 Bei den subjektiven Tatkomponenten gilt es - neben dem Verweis auf die Ausführungen unter E. 6.5.1.2 - festzuhalten, dass der Berufungskläger seinen Wunsch nach sexueller Befriedigung mit brachialer körperlicher Gewalt durchsetzte.


6.5.3.3 Für diese Vergewaltigung rechtfertigt sich daher eine hypothetische Einsatzstrafe von 12 Monaten.


6.6 Sodann gilt es das Verschulden für die sexuellen Nötigungen festzusetzen. Dabei handelt es sich um den wiederholt (zwei Mal) erzwungenen ungeschützten Oralverkehr zu Lasten des Opfers. Hierbei kann bei den objektiven und subjektiven Tatkomponenten grundsätzlich auf die Ausführungen unter E. 6.5.1.1 und E. 6.5.1.2 verwiesen werden. Zugute zu halten ist hierbei dem Berufungskläger immerhin, dass er jeweils vom Opfer abliess und die sexuelle Nötigung nicht weiterführte, bis er zu einem Samenerguss kam. Gleichwohl ist das Verschulden in beiden Fällen keinesfalls mehr leicht, weshalb jeweils von einer hypothetischen Einsatzstrafe von 6 Monaten auszugehen ist (die hypothetischen Einsatzstrafen, welche 12 Monate nicht übersteigen und keine zwingende Freiheitsstrafe vorsehen, sind jeweils alternativ als Freiheitsstrafe Tagessätze anzusehen, die konkrete Wahl der Strafart erfolgt erst unter E. 6.9).


6.7

6.7.1 Des Weiteren sind die Nötigungen und Drohungen in der Zeit von Anfang Juli 2012 bis zum 2.Januar 2013 zum Nachteil des Opfers zu behandeln. So drohte der Berufungskläger dem Opfer während dieser Zeit in [...] persönlich und telefonisch mehrfach mit dem Tod. Er sagte ihm jeweils, er werde es erschiessen und/oder seine Familie umbringen, wenn es sich endgültig von ihm trenne wenn es nicht das tue, was er von ihm verlange.


Beim Tatkomplex der häuslichen Gewalt stellt sich oftmals die Schwierigkeit, dass zahlreiche Delikte zu behandeln sind, die grundsätzlich in einem engen Zusammenhang zueinander stehen. Aufgrund der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann jedoch nicht mehr unbenommen auf einen Gesamtzusammenhang im Sinne einer Gesamtstrafenbildung abgestellt werden (BGE 144 IV 217 E. 4.1 S.239; BGer 6B_986/2020 vom 6. Januar 2021 E. 4.3, 6B_409/2018 vom 7. Juni 2019 E. 2.3). Aufgrund der Vielzahl der vorliegend erfolgten Drohungen und Nötigungen zum Nachteil des Opfers führt die Anwendung der konkreten Methode zu einer nicht vernachlässigbaren Problematik innerhalb des Tatkomplexes der häuslichen Gewalt, die es möglicherweise vom Bundesgericht in seiner zukünftigen Rechtsprechung zu überdenken gilt (- dies auch im Lichte des am 11. Februar 2020 eingereichten Postulats 20.3009 «Überprüfung der Regeln zur Gesamtstrafenbildung»). Vorliegend sind immerhin die folgenden Einzeltaten von der Vielzahl von Delikten ausscheidbar und einer Strafzumessung im Rahmen der konkreten Methode zugänglich.


6.7.2 So pflegte der Berufungskläger beispielsweise zu betonen, es sei für ihn kein Problem, an eine Waffe zu gelangen. Er habe genügend Geld, dagegen könne auch die Polizei nichts unternehmen und dann werde er ernst machen. So drohte er etwa an einem Tag im Sommer 2012, als er das Opfer die ihm am 17. August 2011 von der Polizei ausgestellte Sicherstellungsbestätigung für eine Faustfeuerwaffe (Pistole Magnum 357) und 33 Stück Munition zeigte, dass er es und seine Angehörigen umbringen werde (AS Ziff. C. 1.1). Des Weiteren drohte der Berufungskläger im Nachgang zu einem Vorfall am 15. August 2012 dem Opfer, das sich gleichentags in die [...] begeben hatte, erneut mehrfach mit Umbringen, so dass es aus Angst am 19. August 2012 zu ihm zurückkehrte, sich mit ihm zusammen am 20. August 2012 um 18:00 Uhr in der Polizeiwache Kannenfeld meldete und den am 15. August 2012 gestellten Strafantrag zurückzog (AS Ziff. C. 1.2).


Ferner gab das Opfer aufgrund der Drohungen des Berufungsklägers am 13.September 2012 anlässlich seiner Befragung durch die Kriminalpolizei zu den Vorfällen im August 2012 wahrheitswidrig zu Protokoll, es sei alles wieder gut und erklärte, es wünsche keine Bestrafung des Berufungsklägers. Daraufhin unterzeichnete es den Antrag auf Sistierung der Strafverfahren (welchen es am 17. Januar 2013 widerrief, AS Ziff. C. 1.3). Schliesslich nötigte der Berufungskläger das Opfer dazu, zu ihm zurückzukehren, als letzteres von Ende August bis zum 11. September 2012 in der [...] Zuflucht gesucht hatte und der Berufungskläger die Tochter des Opfers auf dem Schulweg abpasste, das Opfer ständig anrief und ihm drohte, sie (das Kind und das Opfer) andernfalls umzubringen (AS Ziff. C. 2.4).


6.7.3 Hinsichtlich der objektiven Tatkomponenten kann ebenfalls auf das durch den Berufungskläger erschaffene Klima der Angst und Unterdrückung verwiesen werden. Dies erhielt er aufrecht, indem er dem Opfer immer wieder mit dem Tod drohte, wenn es nicht machte, was er wollte sich sogar dazu entschliessen sollte, ihn zu verlassen. Auch schreckte der Berufungskläger nicht davor zurück, Todesdrohungen unter anderem mit dem Hinweis auf ein verübtes Tötungsdelikt seines Baklavalieferanten zu untermalen, was besonders perfid erscheint und die Angst des Opfers noch mehr steigerte. Der Berufungskläger konnte und wollte ganz offensichtlich nicht akzeptieren, dass das Opfer eine moderne kurdische Frau ist, die ihre eigenen Vorstellungen der Lebensführung hat und sich nicht per se jener des Partners unterordnet.


6.7.4 Bei den subjektiven Tatkomponenten gilt es zusätzlich zu dem bereits Gesagten auszuführen, dass sein Motiv rein egoistischer Natur war, wollte er sich seine Partnerin durch sein Gebaren doch offensichtlich gefügig machen. Er griff immer dann zu Drohungen, wenn das Opfer sich nicht exakt so verhielt, wie er es von ihm verlangte und erwartete.


6.7.5 Das Verschulden wiegt auch hier nicht mehr ganz leicht, weshalb für die drei erwähnten Drohungen bzw. Nötigungen hypothetische Einsatzstrafe von jeweils 3Monaten einzusetzen sind.


6.8 Schliesslich gilt es die Verschuldensbemessung der mehrfachen einfachen Körperverletzungen und der mehrfachen Tätlichkeiten vorzunehmen.


6.8.1 Der Berufungskläger wandte gegenüber dem Opfer neben den physischen Nötigungsmitteln im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen in der Zeit von mindestens Juli 2012 bis Mitte Dezember 2012 auch regelmässig mehrmals wöchentlich körperliche Gewalt an. Diese bestand - vor allem, wenn sich das Opfer nicht seinem Willen gemäss verhielt sich aufzulehnen wagte - vornehmlich darin, es zu schlagen, ihm Ohrfeigen zu verabreichen und es mit einer beiden Händen am Hals zu packen und auf das Bett zu werfen gegen eine Wand zu drücken. Bei zwei Gelegenheiten - einmal im Schlafzimmer und einmal im Ladengeschäft des Berufungsklägers - verlor das Opfer aufgrund von Würgevorgängen kurz das Bewusstsein. Aus diesen Vorkommnissen sind dabei die folgenden Einzelereignisse gesondert ausscheidbar:


Betreffend einfache Körperverletzung teilte der Berufungskläger - entgegen seinen früheren Zusicherungen - dem Opfer am 13. August 2012 zwischen 16:00 und 16:45Uhr in der gemeinsamen Wohnung mit, er werde sich nun doch nicht von seiner Ehefrau scheiden lassen, worauf das Opfer erwiderte, es gehe nun, und sich in das Schlafzimmer begab, um persönliche Effekten zusammenzupacken. Auf dies hin trat der Berufungskläger zu ihm, packte es an beiden Handgelenken und riss es herum, wodurch es mit seiner rechten Schulter gegen die Wand prallte. Dann packte er es mit einer Hand am Hals und warf es auf das Bett. Das Opfer erlitt infolge dieses gewalttätigen Übergriffs des Berufungsklägers Hämatome an den Armen.


Hinsichtlich der Tätlichkeiten kam es bereits am 15. August 2012 zwischen dem Berufungskläger und dem Opfer zwischen ca. 14:30 und 15:30 Uhr in der gemeinsamen Wohnung zu einer neuerlichen Auseinandersetzung. Als das Opfer deswegen den Notruf des Frauenhauses wählen wollte, riss ihm der Berufungskläger das Telefon aus der Hand, worauf es zu einem Handgemenge kam, welches beim Opfer eine Schürfwunde am Zeigefinger zur Folge hatte. Am 27. August 2012 ging das Opfer sodann mit seiner Tochter, welche es von der Schule abgeholt hatte, kurz nach 12:00 Uhr zu Fuss in Richtung Tramhaltestelle am [...] in [...]. Dabei näherte sich ihm der Berufungskläger, packte es an den Oberarmen, beschimpfte es und stiess es hin und her. Am 20. Oktober 2012 teilte der Berufungskläger dem Opfer kurz vor 23:30 Uhr in der Wohnung an der [...] erneut Schläge aus, so dass es mit seiner Tochter ins Kinderzimmer flüchtete und sich dort bis zum Eintreffen der Polizei einschloss.


6.8.2 Bei den objektiven Tatkomponenten ist in Bezug auf die kriminelle Energie auch hier auf die bereits erfolgten Erwägungen zu verweisen. Was den eingetretenen Taterfolg anbelangt, wurde bereits erwähnt, dass beim Opfer aufgrund der einfachen Körperverletzung Hämatome an den Armen festgestellt wurden.


6.8.3 Hinsichtlich der subjektiven Tatkomponenten erübrigen sich weitergehende Ausführungen. Es kann somit ebenfalls auf die obigen Erwägungen verwiesen werden.


6.8.4 Das Verschulden ist auch in diesen Fällen nicht mehr als gering einzustufen. Für die einfache Körperverletzung rechtfertigt sich daher eine hypothetische Einsatzstrafe von 3 Monaten. Für die drei Tätlichkeiten, für die nur eine Busse ausgesprochen werden kann, werden jeweils CHF 400.- eingesetzt.


6.9

6.9.1 Wenn nebeneinander Geldstrafe und Freiheitsstrafe in Betracht fallen, ist bei der Wahl der Sanktionsart als wichtiges Kriterium die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97 E. 4.2 S. 101; 134 IV 82 E.4.1 S. 84 f.). Nach der Konzeption des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches stellt die Geldstrafe in deren Anwendungsbereich (Art. 34 StGB) die Hauptsanktion dar. Freiheitsstrafen sollen nur verhängt werden, wenn der Staat keine anderen Mittel hat, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten bzw. eine Freiheitsstrafe geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 41 Abs.1 lit.a StGB). Nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit soll bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft, wodurch der Geldstrafe grundsätzlich Vorrang gegenüber der eingriffsstärkeren Freiheitsstrafe zukommt (vgl. BGE134 IV 79 E. 4.2.2 S. 101 f.).


6.9.2 Vorliegend sieht der Tatbestand der Vergewaltigung gemäss Art. 190 StGB ausschliesslich Freiheitsstrafe als mögliche Sanktion vor, während bei den übrigen zur Anwendung gelangenden Tatbeständen (mit Ausnahme der Tätlichkeiten) die Verhängung sowohl von Geldstrafe wie auch Freiheitsstrafe möglich ist. Auch für diese Tatbestände kommt jedoch aus den folgenden Gründen nur jeweils die Verhängung einer Freiheitsstrafe in Frage: Bei der Strafzumessung ist im Rahmen der Zweckmässigkeit stets auch die Wirksamkeit einer Strafe miteinzubeziehen. So sind bei der Wahl der Sanktionsart als wichtige Kriterien die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 137 II 297 E. 2.3.4 S. 300 f.; 134 IV 97 E. 4.2 S. 101; BGer 6B_523/2018 vom 23. August 2018 E.1.2.3). Dabei steht den Gerichten bei der Wahl der Strafart ein weiter Ermessensspielraum zu (BGer 6B_1137/2016 vom 25. April 2017 E. 1.7). Vorliegend ist der Berufungskläger zwar nicht einschlägig vorbestraft (dazu sogleich auch hinten E. 6.11.1), jedoch hat er sich im Laufe des Strafverfahrens weder einsichtig gezeigt, noch zeigte er Reue Verständnis dem Opfer gegenüber. Es ist damit zu befürchten, dass er auch weiterhin in der Lage wäre, vergleichbare Delikte zum Nachteil der jetzigen Ehefrau auch zukünftiger Partnerinnen zu begehen. Zudem ist im Lichte von Zweckmässigkeitsüberlegungen nicht einzusehen, weshalb der Berufungskläger im vorliegenden Fall, der insgesamt als einheitlicher Komplex im Rahmen von wiederholter häuslicher Gewalt betrachtet werden muss, neben den ohnehin mit Freiheitsstrafe zu ahndenden Delikten der Vergewaltigung, ergänzend mit einer Geldstrafe sanktioniert werden sollte, zumal die Delikte wie etwa Nötigungen, Drohungen und Körperverletzungen die schwereren Straftaten im Sinne einer Drohkulisse erst möglich machten. Insbesondere unter spezialpräventiven Aspekten erscheint es nicht sachgerecht, aufgrund des engen Konnexes zwischen den einzelnen Taten (welche sich im Übrigen immer gegen die gleichen Rechtsgüter des Opfers gerichtet haben) ein Bedürfnis nach zwei wesensverschiedenen Sanktionen herauszubilden. Im Ergebnis ist daher für sämtliche Delikte (ausser den Übertretungen) eine Freiheitsstrafe als gleichartige Strafe auszufällen.


6.10

6.10.1 Bei der Bemessung der Gesamtstrafe müssen die einzelnen Straftaten in einem selbständigen Schritt gewürdigt werden. Nach der Praxis des Bundesgerichts sind namentlich das Verhältnis der einzelnen Taten untereinander, ihr Zusammenhang, ihre grössere geringere Selbständigkeit sowie die Gleichheit Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und Begehungsweisen zu berücksichtigen. Der Gesamtschuldbeitrag des einzelnen Delikts ist dabei geringer zu veranschlagen, wenn die Delikte zeitlich, sachlich und situativ in einem engen Zusammenhang stehen (BGer 6B_523/2018 vom 23. August 2018 E. 1.2; Ackermann, in Basler Kommentar, 4. Auflage, Basel 2019, Art. 49 StGB N 122a).


6.10.2 Grundsätzlich wurden bei den einzelnen Straftaten insbesondere das Rechtsgut der körperlichen und sexuellen Integrität verletzt. Auch die Begehungsweise glich sich, wie dargelegt, in mehrfacher Hinsicht. Neben einem engen sachlichen Konnex bestand im Fall der beiden Vergewaltigungen von Mitte Dezember 2012 auch ein enger zeitlicher Zusammenhang. Insgesamt wird dadurch der Gesamtschuldbeitrag der einzelnen Delikte leicht verringert.


6.10.3 Es rechtfertigt sich daher in Anwendung des Asperationsprinzips gemäss Art.49 Abs. 1 StGB folgende Gesamtstrafenbildung vorzunehmen: Die Einsatzstrafe für die Vergewaltigung von November 2012 von 17 Monaten wird für die beiden Vergewaltigungen von Mitte Dezember 2012 um 8 bzw. 6 Monate auf 31 Monate erhöht. Des Weiteren erfolgt eine Erhöhung für die Vergewaltigung vom Herbst 2012 um 7Monate auf 38 Monate. Durch die beiden sexuellen Nötigungen erfolgt sodann eine Erhöhung um jeweils 3 Monate auf 44 Monate. Ferner wird die Strafe für die erfolgten Drohungen/Nötigungen um jeweils 1 Monat auf 47 Monate erhöht, zuzüglich einer Erhöhung für die einfache Körperverletzung um 1 Monat auf insgesamt 48 Monate Freiheitsstrafe. Für die drei Bussen ergibt sich sodann eine Gesamtbussenhöhe von insgesamt CHF 1'000.-.


6.11

6.11.1 Schliesslich sind die allgemeinen Täterkomponenten noch miteinzubeziehen. Der [...] geborene Berufungskläger ist als siebtes von 16 Geschwistern (5 Brüder, 10 Schwestern) in einem Dorf der Provinz [...] in der Türkei aufgewachsen, wo er fünf Jahre die Schule besuchte und ein «normales glückliches Leben, nicht streng und auch nicht arm» führte. Sein Vater verstarb, als er 15 Jahre alt war. Im Alter von 17 Jahren hat er die Nachbarin E____ geheiratet. Mit ihr hat er zwei Töchter und einen Sohn und ist seit August 2012 von ihr geschieden. 1990 reiste der Berufungskläger in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Er hat auf Baustellen und in Fabriken gearbeitet und war nie arbeitslos. Seit September 2002 lebte er in [...] und führte bis zur Scheidung an der [...] ein Lebensmittelgeschäft, an dem man «gut verdient» habe. In der Folge führte er in unmittelbarer Nachbarschaft auch selbständig eine Metzgerei, welche mit seiner Inhaftierung von seinem Sohn übernommen wurde. Im Anschluss an seine Entlassung aus der Haft in [...] führte er in [...] AG wiederum selbständig ein Lebensmittelgeschäft. Momentan führt er immer noch einen Lebensmittelladen, eine Metzgerei sowie ein Imbiss- und Kebabgeschäft. Er verdient dort gemäss eigenen Angaben pro Monat ungefähr CHF6'000.- bis 7'000.-. Seit dem 10. Dezember 2019 ist er erneut verheiratet. Der Vorinstanz ist mithin darin beizupflichten, dass zugunsten des Berufungsklägers zu berücksichtigen ist, dass er in der Schweiz, abgesehen von seinen durchzogenen Deutschkenntnissen, gut integriert ist. Er baute mit viel Arbeitsaufwand eine wirtschaftliche Existenz auf und ernährte seine Familie, was ihn insoweit auch strafempfindlich macht. Allerdings hatte der Berufungskläger offensichtlich keine Mühe, bei Inhaftierung für die Weiterführung seiner Geschäfte durch Familienangehörige und bei Haftentlassung für seine umgehende wirtschaftliche Reintegration zu sorgen. Ihm droht somit bei Abwesenheit kein wirtschaftlicher Ruin. Dies umso weniger, als ihm die ausgestandene Haft anzurechnen ist - darauf wird zurückzukommen sein. Schliesslich können dem Berufungskläger auch keine einschlägigen Vorstrafen (mehr) entgegengehalten werden.


6.11.2 Andererseits kann dem Berufungskläger vorliegend kein Geständnis zugutegehalten werden. So bestritt er sämtliche Vorwürfe, was durchaus sein Recht ist. Negativ ins Gewicht fällt aber, dass der Berufungskläger sich nicht mit den Bestreitungen begnügte, sondern keine Gelegenheit ausliess, das Opfer zu diskreditieren und es für sämtliche Geschehnisse verantwortlich zu machen. Sich selber stellte er durchwegs als anständigen und unfehlbaren Beziehungspartner dar, während er das Opfer als Lügner bezichtigte. Auch zeigte er keinerlei Reue gar Verständnis dem Opfer gegenüber, trotz dessen zahlreicher Aufenthalte im Frauenhaus, der vielen Streitereien und des Opfers Schicksalsschlägen. Sein fehlendes Unrechtsbewusstsein ist erschreckend. Aufgrund des Zeitablaufs könne dem Berufungskläger jedoch keine einschlägigen Vorstrafen entgegengehalten werden.


6.11.3 Im Ergebnis wirken sich die Täterkomponenten daher neutral auf die Verschuldens- und Strafhöhe aus.


6.12 Zu Anwendung gelangt vorliegend jedoch der Strafmilderungsgrund des Zeitablaufs gemäss Art. 48 lit. e StGB. Demgemäss mildert das Gericht die Strafe, wenn das Strafbedürfnis in Anbetracht der seit der Tat verstrichenen Zeit deutlich vermindert ist und der Täter sich in dieser Zeit wohl verhalten hat. Der Strafmilderungsgrund ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in jedem Fall zu beachten, wenn zwei Drittel der Verjährungsfrist verstrichen sind. Ohne Bedeutung ist, ob die Verjährungsfrist noch läuft nach einem erstinstanzlichen Urteil nicht mehr eintreten kann. Erhebt ein Verurteilter Berufung, ist auf das Datum des zweitinstanzlichen Urteils abzustellen (BGE 140 IV 145 E. 3.1, vgl. auch AGE SB.2017.49 vom 8. Juni 2018 E. 5.5.4.2). Das Gericht kann die Zeitspanne auch unterschreiten, um Art und Schwere der Tat Rechnung zu tragen (BGE 132 IV 1 E. 6.2 S 3 f.). Vorliegend ist die 2/3-Regel bei den Nötigungen, Drohungen, der einfachen Körperverletzung sowie den Tätlichkeiten klarweise als erfüllt anzusehen. Hinzu kommt, dass bei den Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen 2/3 der Verjährungsfrist bald abgelaufen sind und sich der Berufungskläger grundsätzlich wohlverhalten hat (keine einschlägigen Delikte). Insgesamt rechtfertigt sich daher eine Strafmilderung um 12 Monate auf insgesamt 36 Monate Freiheitsstrafe bzw. um CHF 300.- auf eine Bussenhöhe von insgesamt CHF 700.-.


6.13

6.13.1 In Würdigung sämtlicher relevanter Strafzumessungsfaktoren ist über den Berufungskläger somit eine Freiheitsstrafe von 36 Monaten auszufällen. Zusätzlich ist eine Busse von CHF 700.- auszusprechen.


6.13.2 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben (Art. 43 Abs. 1 StGB). Der unbedingt vollziehbare Teil darf die Hälfte der Strafe nicht übersteigen (Art. 43 Abs. 2 StGB). Sowohl der aufgeschobene wie auch der zu vollziehende Teil müssen mindestens sechs Monate betragen (Art. 43 Abs. 3 StGB). Grundvoraussetzung für eine teilbedingte Strafe ist, dass die Legalprognose des Täters nicht schlecht ausfällt (BGE 139 IV 270 E. 3.3 S. 277; siehe auch: Schneider/Garré, in: Basler Kommentar, 4. Auflage, Basel 2019, Art. 43 StGB N 11). Vorliegend kann dem nicht einschlägig vorbestraften Berufungskläger eine hinreichend günstige Prognose gestellt werden. Dies steht auch nicht im Widerspruch zur Verhängung von Freiheitsstrafen anstelle von Geldstrafen (vgl. vorne E. 6.9.2), da die Legalbewährungsprognose im Sinne von Art.43 StGB je nach dem anders ausfallen kann, ob der Aufschub einer Geldstrafe einer Freiheitsstrafe zur Diskussion steht. Eine (teil-)bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe zeitigt denn auch eine höhere Abschreckungswirkung als eine bedingte Geldstrafe (vgl. Mazzucchelli in: Basler Kommentar, 4. Auflage, Basel 2019, Art.41 StGB N40). Entsprechend ist dem Berufungskläger im Umfang von 1½ Jahren der bedingte Strafvollzug zu gewähren. Die Probezeit hierfür ist auf zwei Jahre festzulegen. Für die Berechnung der Probezeit ist dabei die Zeitspanne vom 15. Januar 2016 bis 17. Mai 2017 mit einzuberechnen, da das Verfahren in dieser Zeit vor dem Bundesgericht hängig war (vgl. BGer 6B_306/2020 vom 27. August 2020 E. 3.3).


6.14

6.14.1 Gemäss Art. 51 StGB ist die ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft anzurechnen, wie es bereits die Vorinstanz für die das vorliegende Verfahren betreffende Haft getan hat. Nun hat der Berufungskläger zwischenzeitlich auch Untersuchungs- und Sicherheitshaft im Kanton Aargau ausgestanden, und zwar vom 5.August 2014 bis 2. Dezember 2015.


6.14.2 Gemäss Art. 51 StGB rechnet das Gericht die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an. Zu dieser führt das Bundesgericht in BGE 141 IV 236 E. 3.3 - ebenfalls im Zusammenhang mit ausserkantonaler Haft - aus, dass, gestützt auf diese Bestimmung, das Gericht die Untersuchungshaft auf die Strafe anrechnet, die der Täter während dieses eines anderen Verfahrens ausgestanden hat (vgl. BGE 135 IV 126 E.1.3.5 S. 128 f.). Als Untersuchungshaft gilt jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft (Art. 110 Abs. 7 StGB). Nach dem Wortlaut von Art. 51 StGB ist für die Anrechnung der Haft weder Tat- noch Verfahrensidentität erforderlich (vgl. auch BGE 133 IV 150 E. 5.1 S. 154 ff.; Urteil 1B_179/2011 vom 17. Juni 2011 E. 4.2; je mit Hinweisen). Anzurechnen ist sowohl auf unbedingte als auch auf bedingte Strafen (vgl. BGE 135 IV 126 E. 1.3.6 S. 129; Urteil 6B_75/2009 vom 2. Juni 2009 E. 4.3 und 4.4). Art. 51 StGB liegt der Grundsatz der umfassenden Haftanrechnung zugrunde. Erst wenn eine Anrechnung der Untersuchungs- Sicherheitshaft an eine andere Sanktion nicht mehr erfolgen kann, stellt sich die Frage der finanziellen Entschädigung. Der Ausgleich von Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft soll demnach in erster Linie als Realersatz erfolgen. Es ist dabei primär auf Freiheitsstrafen anzurechnen, sekundär auf allfällige Nebensanktionen wie Geldstrafen, Arbeitsstrafen Bussen (vgl. BGE 135 IV 126 E. 1.3.6 S.129; BGE 133 IV 150 E. 5.1 S. 155 mit Hinweisen). Der Ausgleich in Form einer Entschädigung ist subsidiär. Der Betroffene hat diesbezüglich kein Wahlrecht.


6.14.3 Somit ist vorliegend auch die im Kanton Aargau ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft anzurechnen. Daran ändert nichts, dass der Berufungskläger dort freigesprochen wurde (vgl. auch das Urteil des Obergerichts Aargau vom 23. November 2017 Ziff. 2 des Dispositivs, Akten S. 2143: «[Die] Entschädigung entfällt im Umfang, in welchem eine Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft auf eine vom Appellationsgericht Basel-Stadt ausgesprochene Strafe stattfindet»).


6.14.4 Im Ergebnis wird somit die vom 3. Januar bis 22. November 2013 (324 Tage) im vorliegenden Verfahren sowie die im Kanton Aargau vom 4. August 2014 bis 2.Dezember 2015 (486 Tage) ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft an die Strafe angerechnet.


7.

7.1 Die schuldig gesprochene Person hat - sofern keine gesetzlichen Ausnahmen vorliegen - gestützt auf Art. 426 Abs. 1 StPO sämtliche kausalen Verfahrenskosten zu tragen (BGer 6B_811/2014 vom 13. März 2015 E. 1.4). Die Verfahrenskosten werden somit nach dem Verursacherprinzip auferlegt.


7.2 Da der Berufungskläger auch im Berufungsverfahren wegen aller ihm vorgeworfenen Delikte verurteilt bzw. der erstinstanzliche Schuldspruch bestätigt wird, sind die erstinstanzlichen Verfahrenskosten sowie die erstinstanzliche Urteilsgebühr zu belassen.


8.

8.1 Für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens kommt Art. 428 Abs. 1 StPO zum Tragen. Ob bzw. inwieweit eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt unterliegt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor der zweiten Instanz gestellten Anträge gutgeheissen werden (BGer 6B_1025/2014 vom 9. Februar 2015 E. 2.4.1).


8.2 Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren ist der Berufungskläger mit seinen Anträgen zu weiten Teilen unterlegen, sodass er die entsprechenden Kosten zu tragen hat. Ein Abzug von einem Viertel ist ihm jedoch aufgrund der im Vergleich zum Urteil der Vorinstanz tiefer angesetzten Strafe zuzusprechen. Unter diesen Umständen trägt der Beschuldigte die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer reduzierten Urteilsgebühr von CHF 3'000.- (inkl. Kanzleiauslagen), zuzüglich der Kosten für das aussagepsychologische Gutachten vom 4. Dezember 2019 in Höhe von CHF 19'959.50 sowie der Auslagen für die Expertisen der beiden Sachverständigen Dipl.-Psych. J____ und Dr. med. L____ vor den Schranken in Höhe von CHF 4'848.- (Art. 428 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Gerichtsgebührenreglements [GGR, SG 154.810]).


9.

9.1 Für die zweite Instanz wird dem Verteidiger [...], für seine Bemühungen im Rahmen der amtlichen Verteidigung aus der Gerichtskasse eine Entschädigung ausgerichtet. In seinen beiden eingereichten Honorarnoten macht der Berufungskläger insgesamt einen Zeitaufwand von 127.74 Stunden geltend. Dieser Aufwand ist dabei als überhöht zu werten. So ist nicht einzusehen, weshalb der Aufwand der Verteidigung seit der ersten Hauptverhandlung vor dem Appellationsgericht vom 14./15. Januar 2016 mehr als doppelt so hoch gewesen sein sollte (die Honorarnote vom 14. Januar 2016 gibt einen Stundenaufwand von 58.02 Stunden an), war der Verteidigung doch der Grossteil der Verfahrensakten bereits bekannt. Entsprechend wird dem amtlichen Verteidiger für das Berufungsverfahren ab 15. Januar 2016 ein Honorar pauschal im Umfang von 100 Stunden für einen Ansatz von CHF 200.- zzgl. Auslagen und MWST, ohne Kosten der aussagepsychologischen und methodenkritischen Stellungnahmen, aus der Gerichtskasse zugesprochen. Für die genaue Höhe der Entschädigung ist auf das Dispositiv zu verweisen.


9.2 Gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO hat die beschuldigte Person, die zu den Verfahrenskosten verurteilt wird, dem Gericht die der Verteidigung bezahlte Entschädigung zurückzuerstatten, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Diese Rückzahlungspflicht bezieht sich jedoch, wie sich aus Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO ergibt, nicht auf die Entschädigung für Aufwendungen der Verteidigung in den Punkten, in welchen der Beschuldigte obsiegt hat. Da der Berufungskläger zweitinstanzlich zu einer milderen Strafe verurteilt wurde, ist der rückzuerstattende Betrag ebenfalls um 25 % zu kürzen, womit Art. 135 Abs. 4 der Strafprozessordnung nur im Umfang von 75 % vorbehalten bleibt.


10.

Schliesslich ist der unentgeltliche Beistand des Opfers gestützt auf das Opferhilfegesetz (OHG; SR 312.5) aus der Gerichtskasse zu entschädigen. Für die Höhe der Entschädigung ist ebenfalls auf das Dispositiv zu verweisen.


Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Kammer):


://: Es wird festgestellt, dass folgende Punkte des Urteils des Strafgerichts vom 22. November 2013 mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen sind:

- Freispruch des A____ von der Anklage der mehrfachen sexuellen Nötigung, der mehrfachen Vergewaltigung, der versuchten sexuellen Nötigung und des versuchten Schwangerschaftsabbruchs ohne Einwilligung der schwangeren Frau zum Nachteil von D____ (AS Ziff. I.A);

- Nichtvollziehbarerklärung der gegen A____ am 26. August 2009 vom Strafbefehlsrichter Basel-Stadt bedingt ausgesprochenen Geldstrafe von 14 Tagessätzen zu CHF 80.-, Probezeit 3 Jahre, in Anwendung von Art. 46 Abs. 2 des Strafgesetzbuches;

- Verbleib der beigelegten 6 CDs bei den Akten;

- Entschädigung der amtlichen Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren.


A____ wird der mehrfachen Vergewaltigung, der mehrfachen sexuellen Nötigung, der mehrfachen Nötigung und der mehrfachen Drohung (hetero- homosexuelle Lebenspartner), der einfachen Körperverletzung (hetero- homosexuelle Lebenspartner) und der mehrfachen Tätlichkeiten (hetero- homosexuelle Lebenspartner) schuldig erklärt und verurteilt zu 3 Jahren Freiheitsstrafe, unter Einrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft vom 3.Januar bis 22. November 2013 (324 Tage) sowie der im Kanton Aargau ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft vom 4. August 2014 bis 2.Dezember 2015 (486 Tage), davon 1 ½ Jahre mit bedingtem Strafvollzug, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren, unter Einrechnung der Zeitspanne vom 15. Januar 2016 bis 17. Mai 2017,

sowie zu einer Busse von CHF 700.- (bei schuldhafter Nichtbezahlung 7 Tage Ersatzfreiheitsstrafe),

in Anwendung von Art. 190 Abs. 1, 189 Abs. 1, 181, 180 Abs. 1 und 2 lit. b, 123 Ziff. 1 und 2 Abs. 6, 126 Abs. 1 und 2 lit. c, 43, 44, 49 Abs. 1, 51 und 106 des Strafgesetzbuches.


Das Strafverfahren gegen A____ wegen einfacher Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) und Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) zum Nachteil von E____ wird gemäss Art. 55a Abs. 5 des Strafgesetzbuches eingestellt.


A____ trägt für das erstinstanzliche Verfahren die Verfahrenskosten von CHF 4'548.80 und eine Urteilsgebühr von CHF 8'000.- sowie die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens mit Einschluss einer reduzierten Urteilsgebühr von CHF 3'000.- (inkl. Kanzleiauslagen, zzgl. allfälliger übriger Auslagen sowie der Kosten für das aussagepsychologische Gutachten vom 4. Dezember 2019 in Höhe von CHF 19'959.50 sowie der Auslagen für die Expertisen der beiden Sachverständigen Dipl.-Psych. J____ und Dr. med. L____ vor den Schranken in Höhe von CHF 4'848.-).


Dem amtlichen Verteidiger, [...], wird für das Berufungsverfahren bis 15. Januar 2016 ein Honorar von CHF 12'704.- sowie ein Auslagenersatz von CHF 349.35, zzgl. 8 % MWST von insgesamt CHF 1'044.25, somit total CHF 14'097.60, aus der Gerichtskasse zugesprochen. Art. 135 Abs. 4 der Strafprozessordnung bleibt im Umfang von 75 % vorbehalten.


Dem amtlichen Verteidiger, [...], wird für das Berufungsverfahren ab 15. Januar 2016 ein Honorar von CHF 20'000.- sowie ein Auslagenersatz von CHF 418.25, zzgl. 8 % MWST von insgesamt CHF 72.85 sowie 7.7 % MWST von insgesamt CHF 1'502.05, somit total 21'993.15, aus der Gerichtskasse zugesprochen. Art. 135 Abs. 4 der Strafprozessordnung bleibt im Umfang von 75 % vorbehalten.


Dem unentgeltlichen Beistand von B____ (ehemals C____), [...], Advokat, wird für das Berufungsverfahren bis 15. Januar 2016 ein Honorar von CHF 1'800.- sowie ein Auslagenersatz von CHF37.25, zzgl. 8 % MWST von insgesamt CHF 147.-, somit total CHF1'984.25, aus der Gerichtskasse zugesprochen.


Dem unentgeltlichen Beistand von B____ (ehemals C____), [...], Advokat, wird für das Berufungsverfahren ab 15. Januar 2016 ein Honorar von CHF 2'900.- sowie ein Auslagenersatz von CHF121.10, zuzüglich 8 % MWST von insgesamt CHF 107.95 sowie 7.7 % MWST von insgesamt CHF 128.70, somit total 3'257.75, aus der Gerichtskasse zugesprochen.


Mitteilung an:

- Berufungskläger

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

- Opfer

- Strafgericht Basel-Stadt

- Strafregister-Informationssystem VOSTRA

- Universitäre Psychiatrische Kliniken [...], Dipl.-Psych. J____ und Dr. med. L____

- Justiz- und Sicherheitsdepartement, Abteilung Strafvollzug

- Migrationsamt Basel-Stadt


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber

lic. iur. Eva Christ MLaw Martin Seelmann, LL.M.

Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.


Die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Vertretung der Privatklägerschaft können gegen einen allfälligen Entscheid betreffend ihre Entschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren gemäss Art. 135 Abs. 3 lit. b der Strafprozessordnung (StPO) innert 10 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde beim Bundesstrafgericht (Viale Stefano Franscini 7, Postfach 2720, 6501 Bellinzona) erheben (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_360/2014 vom 30. Oktober 2014).



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