Zusammenfassung des Urteils EL.2019.13 (SVG.2020.276): Sozialversicherungsgericht
Eine Beschwerdeführerin hat sich beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt beschwert, da ihr Anspruch auf Ergänzungsleistungen und kantonale Beihilfen verneint wurde. Die Beschwerdegegnerin berücksichtigte einen Vermögensverzicht der Beschwerdeführerin, was zu einer Ablehnung führte. Nach einer mündlichen Verhandlung wurde entschieden, dass der Vermögensverzicht nicht anzurechnen ist und die Beschwerde gutgeheissen wird. Die Beschwerdegegnerin muss der anwaltlichen Vertretung der Beschwerdeführerin eine Entschädigung zahlen. Der Entscheid kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | EL.2019.13 (SVG.2020.276) |
Instanz: | Sozialversicherungsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 15.11.2020 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | ELG Keine Anrechnung eines Verzichtsvermögens |
Schlagwörter: | Leistung; Vermögens; Ausgabe; Ausgaben; Ergänzung; Ergänzungsleistung; Einsprache; Vermögensverzicht; Betrag; Recht; Ergänzungsleistungen; Verzicht; Verzichts; Einspracheentscheid; Verzichtsvermögen; Basel; Anspruch; Höhe; Einnahme; Konto; Zahlung; Schenkung; Sozialversicherungsgericht; Beihilfe; Einspracheverfahren; Aufwand; Bargeld |
Rechtsnorm: | Art. 42 BGG ;Art. 47 BGG ;Art. 57 ATSG ;Art. 58 ATSG ;Art. 95 BGG ;Art. 958f OR ; |
Referenz BGE: | 121 V 204; 131 V 329; |
Kommentar: | - |
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
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URTEIL
Vom 15. November 2020
Mitwirkende
Dr. G. Thomi (Vorsitz), P. Waegeli, lic. phil. D. Borer
und Gerichtsschreiberin lic. iur. H. Hofer
Parteien
A____
vertreten durch lic. iur. B____
Beschwerdeführerin
Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt
Rechtsdienst, Grenzacherstrasse62, Postfach, 4005Basel
Beschwerdegegnerin
Gegenstand
EL.2019.13
Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2019
Keine Anrechnung eines Verzichtsvermögens
Tatsachen
I.
Die 1944 geborene Beschwerdeführerin war zusammen mit ihrer Schwester als Erbin am Nachlass der im Jahr 2003 verstorbenen Mutter beteiligt. Im November 2017 meldete sie sich bei der Beschwerdegegnerin zum Bezug von Ergänzungsleistungen und kantonalen Beihilfen an.
Mit Verfügungen vom 16. Juli 2019 (Beschwerdebeilagen [BB] 4) verneinte die Beschwerdegegnerin rückwirkend per 1. November 2017 infolge eines Einnahmenüberschusses einen Anspruch der Beschwerdeführerin bis Ende Juni 2019 (BB 4a). Ab Juli 2019 wurde ein Anspruch infolge Anrechnung eines Verzichtsvermögens ebenfalls verneint (BB 4b). Eine dagegen durch den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, lic. iur. B____, erhobene Einsprache (Beschwerdeantwortbeilage [AB] 3) wies die Beschwerdegegnerin mit Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2019 (AB 2) ab.
II.
Dagegen gelangt die Beschwerdeführerin mit Beschwerde vom 25. November 2019 an das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt. Sie beantragt, es sei der Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2019 aufzuheben und der Anspruch auf Ergänzungsleistungen für den Zeitraum November 2017 bis Juli 2019 sowie die Beihilfe ab August 2019 neu zu berechnen. Dabei sei von der Anrechnung eines Vermögensverzichts abzusehen. Eventualiter sei der Vermögensverzicht zu reduzieren. Subeventualiter sei der Fall zur weiteren Abklärung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Des Weiteren sei der Beschwerdeführerin für das vorinstanzliche Verfahren im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege ein Kostenerlasshonorar von Fr.1'223.00 zuzusprechen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragt die Beschwerdeführerin die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren.
Die Beschwerdegegnerin schliesst mit Beschwerdeantwort vom 29. Januar 2020 auf Abweisung der Beschwerde.
Mit Replik vom 4. Mai 2020 hält die Beschwerdeführerin an den gestellten Anträgen fest. Zusätzlich beantragt sie, es sei eine mündliche Parteiverhandlung durchzuführen.
III.
Am 19. August 2020 findet vor der Kammer des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt eine mündliche Parteiverhandlung statt. Die Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch Advokat Dr. C____, wird befragt und die Vertreter gelangen zum Vortrag. Beide Parteien reichen neue Unterlagen ein. Für alle Ausführungen wird auf das Verhandlungsprotokoll und die nachstehenden Entscheidungsgründe verwiesen.
IV.
Das vorliegende Urteil wird auf dem Zirkularweg gefällt.
Entscheidungsgründe
1.
1.1. Gemäss Art. 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG; SR 831.30) findet das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) auf die Ergänzungsleistungen grundsätzlich Anwendung. Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt ist somit gemäss Art. 56 Abs. 1 und Art. 57 ATSG in Verbindung mit § 82 Abs. 1 des basel-städtischen Gerichtsorganisationsgesetzes vom 3. Juni 2015 (GOG; SG 154.100) und § 1 Abs. 1 des kantonalen Sozialversicherungsgesetzes vom 9. Mai 2001 (SVGG; SG 154.200) als einzige kantonale Instanz in sachlicher Hinsicht zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 58 Abs. 1 ATSG.
1.2. Auf die im Ãœbrigen frist- und formgerechte Beschwerde ist daher einzutreten.
4.3.2. In den Kontoauszügen der Beschwerdeführerin ist der Betrag von Fr.80'000.-- nicht aufgeführt. Sämtliche übrigen Beträge können aus den Kontoauszügen nachvollzogen werden. Es gibt keine Anhaltspunkte, weshalb die Fr.80'000.-- nicht, wie sämtliche anderen Beträge auch, über das Konto der BKB hätten laufen sollen, zumal eine Barauszahlung eines solch hohen Betrages durch einen Anwalt respektive Notar höchst unwahrscheinlich ist. So gesteht auch die Beschwerdegegnerin ein, dass kein Auszahlungsdatum aus den Akten hervorgehe (Eingabe Verhandlung vom 19. August 2020). Dass der Betrag der Beschwerdeführerin tatsächlich zugegangen ist, kann damit nicht als mit dem erforderlichen Beweisgrad erstellt betrachtet werden, weshalb er bei der folgenden Ermittlung des Verzichtsvermögens nicht zu berücksichtigen ist.
4.3.3. Die Einnahmen der Beschwerdeführerin, und damit das Vermögen, welches als Ausgangswert zu berücksichtigen ist, belaufen sich demnach auf Fr.1'251'289.-- (Fr. 1'331'289.-- abzüglich Fr. 80'000.--).
4.4. 4.4.1. Davon sind die belegten Ausgaben in Abzug zu bringen. Die Beschwerdegegnerin ist gestützt auf die Kontodokumente der BKB von belegten Ausgaben in der Höhe von Fr. 981'670.-- ausgegangen. Sie berücksichtigt dabei Fr.500'043.-- für den Einkauf in die Lebensrentenversicherung bei der Swiss Life, Fr.256'627.-- belegte Ausgaben für die Jahre 2004 bis 2007 (Fr. 66'935.-- für 2004, Fr.62'418.-- für 2005, Fr. 52'458.-- für 2006 und Fr. 74'816.-- für 2007) und Fr.225'000.-- Lebensunterhalt (Fr. 60'000.-- pro Jahr von 2005 bis 2007 sowie Fr.45'000.-- anteilsmässig für das Jahr 2004 ab April). 4.4.2. Die Kosten betreffend den Lebensunterhalt und den Einkauf in die Lebensversicherung sind unbestritten und geben keinen Anlass zu Bemerkungen. 4.4.3. Die Ausgaben ab April 2004 bis 2007 sind als belegt zu erachten, sofern für diese ein adäquater Gegenwert erhalten wurde. Sämtliche Zahlungen, aus denen der Zahlungsadressat hervorgeht und somit ein Gegenwert vermutet werden kann, haben demnach als belegt gewertet zu werden. Vom 1. April 2004 bis 31. Dezember 2004 hat die Beschwerdeführerin belegte Ausgaben von Fr. 67'157.65, 2005 Fr.62'712.80, 2006 Fr. 72'017.90 und 2007 Fr. 89000.60 getätigt. Die Abweichungen zu den Zahlen der Beschwerdegegnerin ergeben sich, neben arithmetischen Differenzen, grösstenteils dadurch, dass diese die Zahlung der Beschwerdeführerin an die «UBS Card Center AG» in der Höhe von Fr. 32'706.05 nicht berücksichtigt hat. Weshalb die Beschwerdegegnerin diese Ausgaben nicht als belegt erachtet, führt sie nicht aus.Es darf angenommen werden, dass es sich dabei um Zahlungen für die Deckung von Kreditkartenrechnungen handelt. Aus den Akten geht nicht hervor, welche Zahlungen mit der Kreditkarte vorgenommen wurden. Üblicherweise wird mit der Kreditkarte kein Bargeld bezogen, kostet dies bei den meisten Kreditkartenanbietern Gebühren, weswegen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Beschwerdeführerin die Kreditkarten zur Bezahlung von Dienstleistungen und Warenkäufen genutzt hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass durch die Verwendung der Kreditkarte in Form von Schenkungen auf Vermögen verzichtet worden ist. Es ist deswegen kein Grund ersichtlich und wird von der Beschwerdegegnerin auch nicht geltend gemacht, weshalb die Zahlungen an die «UBS Card Center AG» nicht als belegte Ausgaben erachtet werden sollten (vgl. dazu auch BGer 9C_515/2012 vom 6. Dezember 2012 E. 4.1).
4.4.4. Die belegten Ausgaben ab April 2004 bis 2007 belaufen sich somit auf Fr.290'888.95 (Fr. 67'157.65 2004, Fr. 62'712.80 2005, Fr. 72'017.90 2006, Fr.89'000.60). Zuzüglich der von der Beschwerdegegnerin - entsprechend der bundesgerichtlichen Praxis (vgl. oben E. 3.3.) ohne belegten Gegenwert anerkannten Lebenshaltungskosten von Fr. 225'000.-- und dem Einkauf in die Lebensversicherung von Fr.500'043.-- ergibt dies gesamthaft Fr. 1'015931.95 an belegten Ausgaben. 4.5. 4.5.1. Bringt man vom zu berücksichtigenden Vermögen von Fr. 1'251'289.-- die belegten Ausgaben von Fr. 1'015'931.95 in Abzug verbleibt ein unbelegter Betrag von Fr.235'357.05. Darin enthalten sind Fr. 50'000.00, welche die Beschwerdeführerin ihren Töchtern im April 2004 schenkungsweise überlassen hat und die als Verzichtsvermögen zu gelten haben. Damit verbleibt eine nicht belegte Summe in der Höhe von Fr. 185'357.05. verteilt auf den vorliegend fraglichen Zeitraum von April 2004 bis Ende 2007 (45 Monate) ergibt dies einen Betrag von durchschnittlich rund Fr.4'120.00 monatlich, für den ein Gegenwert nicht belegt ist. 4.5.2. Aus den Kontoauszügen der BKB der Jahre 2004 bis 2007 geht hervor, dass dieser Betrag sich weitgehend mit den zahlreichen Barbezügen deckt. Bis zum Betrag von Fr. 3'000.-- erfolgten diese via Geldautomaten, summenmässig darüber hinausgehende Auszahlungen bezog die Beschwerdeführerin am Bankschalter. Grösstenteils wurden die Bezüge in Schweizer Franken getätigt, teilweise bezog sie auch kleinere Summen in Euro. 4.5.3. Grundsätzlich bietet das System der Ergänzungsleistungen keine gesetzliche Handhabung für eine wie auch immer geartete «Lebensführungskontrolle». Es kann nicht allein deswegen ein Verzicht angenommen werden, weil jemand vor der Anmeldung zum Ergänzungsleistungsbezug über seinen Verhältnissen gelebt haben könnte (BGer 9C_688/2019 vom 30. Juni 2020 E. 2.3.1 mit Hinweis auf BGE 121 V 204 E. 4b). Die Beschwerdeführerin durfte folglich nach der geltenden Rechtslage ihr Geld "verschleudern" und war nicht gehalten, dieses für "schlechte Zeiten" auf die Seite zu legen. Fraglich ist, ob sie sich die Summe von Fr. 185'357.05 als Verzichtsvermögen anrechnen lassen muss, da sich ein Gegenwert mittels Quittungen nicht nachweisen lässt. 4.5.4. Die Beschwerdeführerin bestreitet, für dieses Geld keinen Gegenwert erhalten zu haben. Sie macht geltend, sie stamme aus gutbürgerlichem Haus und sei einen hohen Lebensstil gewohnt gewesen. Diesen habe sie jedoch über längere Zeit nicht mehr pflegen können, da sie als alleinerziehende Mutter mit zwei Töchtern in sehr bescheidenen Verhältnissen habe leben müssen. Als sie dann durch die Erbschaft zu Vermögen gekommen sei, habe sie wieder einen aufwändigeren Lebensstil führen können. Sie habe über ihren Verhältnissen gelebt und das Geld unbedacht ausgegeben. Nebst den Schenkungen an ihre beiden Töchter im Umfang von je Fr.25'000.-- habe sie das Geld jedoch nicht verschenkt. So habe sie zum Beispiel vermehrt wieder Kulturveranstaltungen besucht, was ihr vorher aufgrund der finanziellen Lage nicht möglich gewesen sei. Sie sei in die Ferien gefahren und habe sich Möbel gekauft. Viele Güter und Dienstleistungen seien mit Bargeld bezahlt worden. Die Bezahlung mit der EC-Karte sei nicht so üblich gewesen wie heute, Bargeld habe damals noch einen grossen Stellenwert gehabt. Auch habe sie Bargeld bezogen, um Rechnungen über die Post mittels dem «gelben Büchlein» zu begleichen (Replik vom 4. Mai 2020 Rz. 9 sowie Verhandlungsprotokoll).4.5.5. Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass Bargeld während der vorliegend zu prüfenden Jahre sicherlich ein höherer Stellenwert zukam als dies heute der Fall ist. Dass es bei Bargeldbezügen naturgemäss schwierig ist, einen Nachweis zu erbringen liegt auf der Hand, insbesondere, wenn die Ausgaben sehr lange zurückliegen und kaum mehr Quittungen vorhanden sind. Der fragliche Zeitraum liegt mehr als zehn Jahr zurück. Selbst im Geschäftsleben besteht keine über zehn Jahre hinausgehende Aufbewahrungspflicht für Buchungsbelege (vgl. Art. 958f Abs. 1 OR [Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Fünfter Teil, vom 30. März 1911, SR 220]). Dementsprechend war es der Beschwerdeführerin auch nicht mehr möglich, Auszüge ihres E____-Kontos einzureichen, aus denen vermutlich weitere Verwendungszwecke ersichtlich gewesen wären. Wohl trägt die Beschwerdeführerin die Beweislast dafür, dass sie für ihre Ausgaben einen Gegenwert erhalten hat und dementsprechend die Folgen der Beweislosigkeit. Es kann jedoch nicht angehen, hinsichtlich Aufbewahrungspflicht an die Beschwerdeführerin strengere Anforderungen zu stellen, als dies im Geschäftsleben Usus ist. Vielmehr ist aufgrund einer Würdigung der gesamten Umstände zu prüfen, ob als mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt betrachtet werden kann, dass die Beschwerdeführerin für den Betrag von Fr.185'357.05 einen äquivalenten Gegenwert erhalten hat.
4.5.6. Wie die Beschwerdeführerin einlässlich ausführt, hat sie während der Jahre 2004 bis 2007 einen aufwändigen Lebensstil gepflegt, welcher zweifellos über die durchschnittlichen Verhältnisse und auch über das hinausging, was sie sich in den vorangegangenen Jahren finanziell leisten konnte. Die belegten Ausgaben bestätigen dies. Zahlreiche Einkäufe erfolgten in namhaften Kleiderboutiquen, in Blumengeschäften, Einrichtungsgeschäften und bei Friseuren. Dass die Beschwerdeführerin weitere Luxusgüter gegen Barzahlung konsumierte, ist aufgrund ihrer Schilderungen und der nachweislich getätigten Einkäufe durchaus überzeugend. Unter Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere der bereits belegten Ausgaben und der Schilderungen der Beschwerdeführerin, erscheint es überwiegend wahrscheinlich, dass sie die Bargeldzahlungen zur Finanzierung ihres exklusiven Lebensstils nutzte. Dafür spricht auch die Tatsache, dass das Geld nach und nach bezogen wurde. Die Beschwerdeführerin legt überzeugend dar, dass sie das Geld, mit Ausnahme der Schenkung an ihre Töchter, für sich selbst und nicht für Zuwendungen verwendet hat. Indizien dafür, dass sie darüberhinausgehende Beträge verschenkt hätte, liegen keine vor. Demnach kann aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände vorliegend anerkannt werden, dass die Beschwerdeführerin über die rechtsprechungsgemäss durchschnittlich für den üblichen Lebensbedarf ohne weitere Rechenschaftslegung anerkannten Fr. 60'000.-- hinaus, für einen überdurchschnittlich kostspieligen Lebensstil monatlich Ausgaben von rund Fr. 4'000.-- getätigt hat. Dies ist - in Würdigung aller relevanten Sachumstände - der wahrscheinlichste aller in Betracht kommenden Geschehensabläufe. Dass die fragliche Summe nach und nach verschenkt wurde, ist hingegen als weit weniger wahrscheinlich zu würdigen. Es darf angenommen werden, dass weitere Beweismassnahmen, zumal fraglich ist, welcher Art diese sein könnten, an diesem Ergebnis nichts ändern würden.
4.5.7. Als Ausgaben ohne äquivalenten Gegenwert zu werten sind damit einzig die beiden Schenkungen an ihre zwei Töchter von insgesamt Fr. 50'000.-- (je Fr.25'000.--), welche auch die Beschwerdeführerin als Schenkungen anerkennt (Replik vom 4. Mai 2020 Rz. 4). Somit liegt ein Vermögensverzicht in der Höhe von Fr.50'000.-- vor.
4.6. Die Beschwerdeführerin hat durch die Schenkung im Jahr 2004 erstmalig auf Vermögen verzichtet (Vergütung per 4. Mai 2004, Kontoauszug BKB [Replik Beilage 1a]), weshalb der Betrag unverändert auf das Jahr 2005 übertragen wird und ab 2006 jährlich um Fr. 10'000.-- vermindert wird. Im Jahr 2019 ergibt dies eine Amortisation von Fr 130'000.--. Nach der Amortisation verbleibt somit kein anrechenbarer Vermögensverzicht.://: Der Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2019 wird aufgehoben und die Sache in Gutheissung der Beschwerde zur Neuberechnung der Ergänzungsleistung ab Juli 2019 und der kantonalen Beihilfe ab August 2019 im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.
Die Beschwerdegegnerin bezahlt der anwaltlichen Vertretung ein Kostenerlasshonorar von Fr. 1'104.-- zuzüglich Fr. 85.-- (7.7%) MWSt. für das Einspracheverfahren.
Das vorliegende Verfahren ist kostenlos.
Die Beschwerdegegnerin bezahlt der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 6'000.-- (inkl. Auslagen) zuzüglich Fr. 462.-- (7.7%) MWSt.
Sozialversicherungsgericht BASEL-STADT
Der Präsident Die Gerichtsschreiberin
Dr. G. Thomi lic. iur. H. Hofer
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG]). Die Beschwerdefrist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegründe sind in Art. 95 ff. BGG geregelt.
Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, in dreifacher Ausfertigung zuzustellen. Die Beschwerdeschrift hat den Anforderungen gemäss Art. 42 BGG zu genügen; zu beachten ist dabei insbesondere:
a) Die Beschwerdeschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten;
b) in der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt;
c) die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat, ebenso der angefochtene Entscheid.
Geht an:
- Beschwerdeführerin
- Beschwerdegegnerin
- Bundesamt für Sozialversicherungen
Versandt am:
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