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Urteil Appellationsgericht (BS)

Kopfdaten
Kanton:BS
Fallnummer:DG.2016.16 (AG.2016.758)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid DG.2016.16 (AG.2016.758) vom 14.11.2016 (BS)
Datum:14.11.2016
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Ausstandsbegehren gegen den Appellationsgerichtspräsidenten
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 113 BGG ; Art. 118 ZPO ; Art. 191b BV ; Art. 202 ZPO ; Art. 276 ZPO ; Art. 29 BV ; Art. 296 ZPO ; Art. 299 ZPO ; Art. 300 ZPO ; Art. 301 ZPO ; Art. 42 BGG ; Art. 47 ZPO ; Art. 49 ZPO ; Art. 51 ZPO ; Art. 53 ZPO ; Art. 57 ZPO ; Art. 58 ZPO ; Art. 84 ZPO ; Art. 85 ZPO ;
Referenz BGE:116 Ia 135; 116 Ia 325; 126 I 7; 140 I 240; 140 I 326; 140 V 521;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

als Verwaltungsgericht

Dreiergericht


DG.2016.16


URTEIL


vom 14. November 2016



Mitwirkende


lic. iur. André Equey, Dr. Carl Gustav Mez, Dr. Cordula Lötscher

und Gerichtsschreiber lic. iur. Johannes Hermann




Beteiligte


A____ Gesuchstellerin

[...]



Gegenstand


Ausstandsbegehren gegen den Appellationsgerichtspräsidenten


(im Verfahren VD.2016.122)


Sachverhalt


A____ (Gesuchstellerin) ergriff gegen einen Entscheid des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 8. April 2016 Berufung und gegen einen Entscheid des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU) vom 6. Mai 2016 Rekurs. Sowohl im zivilrechtlichen Berufungsverfahren (ZB.2016.19) als auch im verwaltungsrechtlichen Rekursverfahren (VD.2016.122) wird die Verfahrensleitung von Appellationsgerichtspräsident B____ wahrgenommen. Mit Gesuch vom 9. September 2016 beantragt A____, dass der verfahrensleitende Gerichtspräsident in den Verfahren ZB.2016.19 und VD.2016.122 in den Ausstand trete und alle seine Entscheide und Verfügungen nichtig erklärt würden. Zudem beantragt sie Schadenersatz für alle Handlungen, welche sowohl im Zivilgericht als nun seit geraumer Zeit im Appellationsgericht vorfallen, sowie Befreiung von allen Kosten. Mit Stellungnahme vom 15. September 2016 beantragt der abgelehnte Gerichtspräsident die kostenfällige Abweisung des Ausstandsbegehrens. Das Einschreiben vom 19. September 2016, mit dem die Stellungnahme des Gerichtspräsidenten der Gesuchstellerin zugestellt wurde, holte diese auf der Post nicht ab. Die Einzelheiten der Standpunkte der Beteiligten und der weitere Sachverhalt ergeben sich, soweit sie für das Urteil von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen


1.

Zuständig zur Beurteilung des Rekurses gegen den Entscheid des WSU ist das Verwaltungsgericht als Dreiergericht (§ 92 Abs. 1 Ziff. 11 und § 99 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]). Über streitige Ausstandsbegehren gegen Mitglieder des Dreiergerichts entscheidet unter Vorbehalt bundesrechtlicher Vorschriften das Dreiergericht des betreffenden Gerichts ohne die abgelehnte Gerichtsperson (§ 56 Abs. 4 Ziff. 2 GOG). Diese wird für die Beurteilung des Ausstandsbegehrens durch ein ihr entsprechendes Gerichtsmitglied ersetzt (§ 56 Abs. 5 GOG).


2.

2.1 Die Gesuchstellerin begründet ihr Ausstandsbegehren mit angeblichem Fehlverhalten des abgelehnten Gerichtspräsidenten im Verfahren ZB.2016.19. Diesbezüglich ist vorweg festzuhalten, dass im Rekursverfahren VD.2016.122 ein Nichteintretensentscheid des WSU in einem sozialhilferechtlichen Verfahren wegen Säumnis bei der Rekursbegründung angefochten ist und damit andere Fragen als im zivilrechtlichen Verfahren ZB.2016.19 zu beantworten sind.


2.2 In Verfahren vor dem Appellationsgericht als Verwaltungsgericht gelten die Vorschriften der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) über den Ausstand (Art. 47 ff. ZPO) sinngemäss (§ 56 Abs. 2 GOG). Gemäss Art. 47 Abs. 1 ZPO tritt eine Gerichtsperson unter anderem in den Ausstand, wenn sie in einer anderen Stellung, insbesondere als Mitglied einer Behörde, als Rechtsbeiständin oder Rechtsbeistand, als Sachverständige oder Sachverständiger, als Zeugin oder Zeuge, als Mediatorin oder Mediator in der gleichen Sache tätig war (lit. b) oder wenn sie aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder ihrer Vertretung, befangen sein könnte (lit. f). Kein Ausstandsgrund für sich allein ist insbesondere die Mitwirkung bei der Anordnung vorsorglicher Massnahmen (Art. 47 Abs. 2 lit. d ZPO). Die den Ausstand begründenden Tatsachen sind von der Partei, die eine Gerichtsperson ablehnen will, glaubhaft zu machen (Art. 49 Abs. 1 ZPO). Art. 47 bis 51 ZPO konkretisieren den verfassungs- und menschenrechtlichen Anspruch der Parteien auf ein unparteiisches Gericht (Art. 30 Abs. 1 der Bundesverfassung [BV, SR 101], Art. 6 Ziff. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK, SR 0.101]; vgl. Kiener, in: Oberhammer et al. [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 2. Aufl., Basel 2014, Art. 47 ZPO N 1). Befangenheit und damit ein Ausstandsgrund ist generell anzunehmen, wenn Umstände bestehen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit der Gerichtsperson zu erwecken. Das subjektive Empfinden einer Partei ist bei der Beurteilung solcher Umstände nicht massgebend. Vielmehr müssen die Umstände bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit oder Voreingenommenheit begründen. Dass die Gerichtsperson tatsächlich befangen ist, wird nicht verlangt (vgl. BGE 140 I 240 E. 2.2 S. 242; 139 I 121 E. 5.1 S. 125; Kiener, a.a.O., Art. 47 ZPO N 2). Wenn eine Gerichtsperson in einem früheren Verfahren mit der konkreten Streitsache schon einmal befasst gewesen ist, ist massgebend, ob sie sich durch ihre Mitwirkung an einer früheren Entscheidung in einzelnen Punkten bereits in einem Mass festgelegt hat, das sie nicht mehr als unvoreingenommen und dementsprechend das Verfahren nicht mehr als offen erscheinen lässt (BGE 140 I 326 E. 5.1 S. 329; 133 I 89 E. 3.2 S. 92). Der Unterschied zwischen zulässiger und unzulässiger Vorbefassung besteht darin, ob die vorbefasste Person erst ihre vorläufige Einschätzung zur Streitsache zum Ausdruck bringt oder aber der Eindruck entsteht, sie habe sich über den Ausgang des Verfahrens bereits eine feste Meinung gebildet (BGE 140 I 326 E. 6.3 S. 333). Verfahrensfehler oder inhaltlich falsche Entscheide einer Gerichtsperson vermögen im Allgemeinen keinen objektiven Verdacht der Befangenheit zu begründen. Sie können somit grundsätzlich nicht als Begründung für die Befangenheit herangezogen werden, sondern sind im dafür vorgesehenen Rechtsmittelverfahren zu rügen. Befangenheitsbegründend sind nur besonders qualifizierte oder wiederholte Fehler, die als schwere Amtspflichtverletzungen zu betrachten sind (vgl. BGE 116 Ia 135 E. 3a S. 138; BGer 5A_472/2009 vom 10. November 2009 E. 6.2; Kiener, a.a.O., Art. 47 ZPO N 19; Rüetschi, in: Berner Kommentar, 2012, Art. 47 ZPO N 50).


2.3

2.3.1 Die Gesuchstellerin sieht einen Befangenheitsgrund darin, dass der abgelehnte Gerichtspräsident im Verfahren ZB.2016.19 mit Verfügung vom 23. August 2016 festgestellt habe, dass der Kindesvertreter bisher gar nicht in das Berufungsverfahren einbezogen worden sei. Dies könne - so die Gesuchstellerin - nicht festgestellt werden, da der angebliche Kindesvertreter weder von ihrem Sohn bevollmächtigt noch im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Zivilgericht oder im Berufungsverfahren vor dem Appellationsgericht mittels Verfügung eingesetzt worden sei (Ausstandsgesuch, S. 1).


2.3.2 Der Verfügung vom 23. August 2016 geht folgender prozessualer Sachverhalt voraus: Die Gesuchstellerin ersuchte im Verfahren ZB.2016.19 mit Eingabe vom 20. Juli 2016 unter anderem um Akteneinsicht. In Ziff. 5 seiner Verfügung vom 8. August 2016 ordnete der abgelehnte Gerichtspräsident an, dass der Gesuchstellerin umfassende Einsicht in die Akte des Verfahrens ZB.2016.19 auf der Kanzlei des Appellationsgerichts gewährt wird. Er setzte eine Frist von fünf Tagen ab Zustellung der Verfügung für eine allfällige, begründet einzureichende Einsprache. Des Weiteren ordnete er an, dass Ziff. 5 der Verfügung mit der dazugehörigen Begründung auch an den Sohn der Gesuchstellerin geht. Dieser sei ebenfalls berechtigt, gegen die Einsichtgabe zu opponieren, wenn er dies wünsche. Zur Begründung führte der Gerichtspräsident aus, dass nach Durchsicht der Akte der Gesuchstellerin umfassende Akteneinsicht gewährt werden könne. Der Sohn der Gesuchstellerin habe zwar bei seiner Anhörung durch den Vorrichter am 21. April 2015 erklärt, dass er im Moment eher nicht wolle, dass seinen Eltern Einsicht in die Notiz dieser Anhörung gegeben werde. Nach Ablauf von mehr als einem Jahr seien aber keine Gründe mehr ersichtlich, der Gesuchstellerin die Einsicht in die Notiz zu verweigern. Gemäss Verfahrensprotokoll wurde die Verfügung vom 8. August 2016 auch Advokat lic. iur. C____ zugestellt. Mit Einsprache vom 17. August 2016 beanstandete die Gesuchstellerin die Zustellung der Verfügung an den Advokaten, weil dieser weder von ihrem Sohn bevollmächtigt noch vom Gericht als Kindesvertreter eingesetzt worden sei, und beantragte die sofortige Absetzung von Advokat lic. iur. C____ als Kindesvertreter. Diesbezüglich stellte der abgelehnte Gerichtspräsident mit Verfügung vom 23. August 2016 fest, dass der Kindesvertreter - bis auf die unbenutzt gebliebene Gelegenheit zur Einsprache gegen die Einsicht der Gesuchstellerin in das Protokoll der Kindesanhörung - bisher gar nicht in das Berufungsverfahren einbezogen worden sei. Daher ziele der Antrag der Gesuchstellerin zumindest derzeit ins Leere.


2.3.3 Die Behauptung der Gesuchstellerin, dass der Kindesvertreter weder von ihrem Sohn bevollmächtigt noch im zivilgerichtlichen Verfahren oder im Berufungsverfahren eingesetzt worden sei, ist aktenwidrig. Advokat lic. iur. C____ teilte dem Zivilgericht mit Eingabe vom 28. April 2015 mit, dass er vom Sohn der Gesuchstellerin mit der Wahrung seiner Interessen gegenüber allen Behörden beauftragt worden sei. Gleichzeitig beantragte er, er sei als Rechtsvertreter/Kinderanwalt des Sohns zu ermächtigen, gegenüber den involvierten Behörden, den Ärzten und Schulbehörden die Interessen des Sohns zu vertreten, und im Verfahren vor dem Zivilgericht als unentgeltlichen Rechtsbeistand des Sohns einzusetzen. Dazu reichte er eine Vollmacht des Sohns der Gesuchstellerin vom 24. April 2015 ein, mit der ihn dieser zur Interessenwahrung gegenüber Eltern, Behörden und Schule betreffend Wohnsitz, Verhältnis zu den Eltern und Zivilprozess ermächtigt hatte (Vorakten, Nr. 39). Der Verfahrensleiter des Zivilgerichts bestätigte mit Verfügung vom 4. Mai 2015 Advokat lic. iur. C____ als Kinderanwalt und bewilligte die unentgeltliche Rechtspflege mit diesem als Kindesvertreter.


Die Kindesvertretung dauert unter Vorbehalt einer vorzeitigen Aufhebung bis zur Rechtskraft des Urteils bezüglich der Kinderbelange (vgl. Schweighauser, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Zürich 2016, Art. 300 ZPO N 29 f.; van de Graaf, in: Oberhammer et al. [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, a.a.O., Art. 299 ZPO N 16). Vorliegend ist der die Belange des Sohns betreffende Entscheid des Zivilgerichts vom 8. April 2016 noch nicht rechtskräftig, nachdem die Gesuchstellerin ihn angefochten hat. Dass die Kindesvertretung vorzeitig aufgehoben worden ist, kann den Akten nicht entnommen werden und wird von der Gesuchstellerin auch nicht behauptet. Die Vertretung des Sohns durch Advokat lic. iur. C____ dauert somit an. Bei Kindesvertretung sind Entscheide und Zwischenentscheide betreffend Kinderbelange der Vertretung zu eröffnen (vgl. Art. 301 ZPO; Schweighauser, a.a.O., Art. 301 ZPO N 17, 22 und 24). Entsprechend wurde die Verfügung vom 8. August 2016 an Advokat lic. iur. C____ zugestellt. Auch trifft die Feststellung in der Verfügung vom 23. August 2016 zu, dass der Kindesvertreter - bis auf die unbenutzt gebliebene Gelegenheit zur Einsprache gegen die Einsicht der Gesuchstellerin in das Protokoll der Kindesanhörung - bisher gar nicht in das Berufungsverfahren einbezogen worden ist. Die Zustellung der Verfügung vom 8. August 2016 und die Feststellung in der Verfügung vom 23. August 2016 begründen somit in keiner Weise den Anschein der Befangenheit oder Voreingenommenheit.


2.4

2.4.1 Als weiteren Befangenheitsgrund macht die Gesuchstellerin geltend, dass der abgelehnte Gerichtspräsident in einer Verfügung vom 29. August 2016 fälschlicherweise festgestellt habe, dass ihr die Akteneinsicht gewährt worden sei. Die entscheidenden Akten seien ihr gerade nicht in Kopie ausgehändigt worden, was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle. Diese Akten seien ihr und ihrem Rechtsvertreter bereits im Verfahren vor dem Zivilgericht vorenthalten worden und seien verschwunden (Ausstandsgesuch, S. 2).


2.4.2 Der Verfügung vom 29. August 2016 geht folgender Sachverhalt voraus: Die Gesuchstellerin beantragte mit Eingabe vom 20. Juli 2016 unter anderem, dass ihr das rechtliche Gehör in Form von Akteneinsicht und Aktenkopien uneingeschränkt gewährt werde. Der abgelehnte Gerichtspräsident gewährte der Gesuchstellerin mit Verfügung vom 8. August 2016 umfassende Einsicht in die Akte des Verfahrens ZB.2016.19 auf der Kanzlei des Appellationsgerichts. Mit Eingabe vom 25. August 2016 ersuchte die Gesuchstellerin erneut um vollständige Akteneinsicht inklusive Schulzeugnisse Januar und Juni 2016, vollständige Anamnese und Vollmacht für eine Therapie bei Dr. [...], bei Prof. [...], Physiotherapien, Kieferorthopädenbehandlungsdossier, Schlagzeugunterricht, Judo-Training, Journal des täglichen Ablaufes, Art der Schulung, Therapien usw. bei der Durchgangsstation [...] Basel, vom 14. April 2015 bis Ende Juni 2015, Therapieansatz und Verlauf bei Frau [...], Perspektive und Verfügung dafür und dessen Kostenübernahmebewilligung, wie sonstige Akten, welche sachdienlich und notwendig sind und mir bis anhin absichtlich und unrechtmässig vorenthalten wurden. Der abgelehnte Gerichtspräsident trat mit Verfügung vom 29. August 2016 auf das Akteneinsichtsgesuch vom 25. August 2016 nicht ein, soweit die Gesuchstellerin Einsicht in Unterlagen verlangt, die gar nicht zum zivilrechtlichen Verfahren betreffend Urteilsänderung beigezogen worden sind. Des Weiteren wies er die Gesuchstellerin darauf hin, dass ihr bereits mit Verfügung vom 8. August 2016 die umfassende Einsicht in die Akte des Verfahrens ZB.2016.19 auf der Kanzlei des Appellationsgerichts gewährt worden sei.


2.4.3 Gemäss Art. 53 ZPO haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör (Abs. 1). Insbesondere können sie die Akten einsehen und Kopien anfertigen lassen, soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen (Abs. 2). Der Norminhalt von Art. 53 ZPO entspricht demjenigen von Art. 29 Abs. 2 BV (Göksu, in: Brunner et al. [Hrsg.], ZPO Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 53 ZPO N 1; Hurni, in: Berner Kommentar, a.a.O., Art. 53 ZPO N 5). Gegenstand des Akteneinsichtsrechts bilden alle schriftlichen oder elektronischen Aufzeichnungen, die geeignet sind, dem Gericht als Grundlage des Entscheids zu dienen (Göksu, a.a.O., Art. 53 ZPO N 31; Hurni, a.a.O., Art. 53 ZPO N 70; Sutter-Somm/Chevalier, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, a.a.O., Art. 53 ZPO N 19). Im Verfahren ZB.2016.19 kann die Gesuchstellerin deshalb nur Einsicht in Aufzeichnungen verlangen, die in diesem Verfahren erstellt, eingereicht oder beigezogen worden sind. Folglich trat der Gerichtspräsident auf ihr Akteneinsichtsgesuch zu Recht nicht ein, soweit sich dieses auf Unterlagen bezog, die im Verfahren ZB.2016.19 nicht beigezogen worden waren. Einsicht in die Akten des Verfahrens ZB.2016.19 ist der Gesuchstellerin bereits mit Verfügung vom 8. August 2016 gewährt worden. Die Aushändigung von Kopien ist der Gesuchstellerin - soweit aus den Akten ersichtlich - bis zur Einreichung ihres Ausstandsgesuchs am 9. September 2016 vom Appellationsgericht nicht verweigert worden. Der unsubstanziierte Vorwurf der Gesuchstellerin, Akten seien verschwunden, entbehrt jeglicher Grundlage. Bei objektiver Betrachtung besteht bezüglich der Gewährung des rechtlichen Gehörs bis zum Eingang des Ausstandsgesuchs am 9. September 2016 somit kein Anschein der Befangenheit oder Voreingenommenheit.


2.4.4 Gemäss der Stellungnahme des abgelehnten Gerichtspräsidenten vom 15. September 2016 hat die Gesuchstellerin in der Zwischenzeit auf der Kanzlei des Appellationsgerichts Einsicht in die Akten genommen und sind Kopien der von der Gesuchstellerin gewünschten Unterlagen erstellt worden. Diese Darstellung wird durch das Verfahrensprotokoll bestätigt. Am 13. September 2016 verfügte der Gerichtspräsident, dass die Gesuchstellerin dem Gericht für die 18 Kopien CHF 36.- zu bezahlen hat und ihr die Kopien ohne Bezahlung nicht ausgehändigt werden können. Gemäss der Begründung dieser Verfügung und der Stellungnahme vom 15. September 2016 handle es sich bei den kopierten Unterlagen um Dokumente, die von der Gesuchstellerin selber produziert worden seien, ihr bereits zugestellt worden seien oder sie gar nicht beträfen.


Auf Wunsch der Gesuchstellerin wurden folgende Aktenstücke kopiert:

- Vereinbarung zwischen dem Kindesvater und der Gesuchstellerin vom 27. Januar 2015

- Auszug aus dem Entscheid des Zivilgerichts vom 14. April 2015, welcher der Gesuchstellerin gleichentags ausgehändigt wurde

- Seite 4 des Protokolls im Verfahren F.2014.658 des Zivilgerichts, die ein Protokoll einer Verhandlung des Zivilgerichts vom 27. Januar 2015 enthält, an der die Gesuchstellerin persönlich teilgenommen hat. Darin werden insbesondere die Vereinbarung vom 27. Januar 2015 und die anlässlich der Verhandlung vom 27. Januar 2015 erlassene Verfügung wiedergeben. Letztere ist zusätzlich der damaligen Rechtsvertreterin der Gesuchstellerin zugestellt worden.

- handschriftliche Eingabe der Gesuchstellerin, datiert am 25. April 2015

- ausgedruckte und von der Gesuchstellerin unterzeichnete E-Mail der Gesuchstellerin vom 17. April 2016

- Entbindung von der Schweigepflicht vom 16. April 2015, mit welcher der Kindesvater den Verfahrensleiter des Zivilgerichts und die Beiständin ihres Sohns gegenseitig von ihrer Schweigepflicht befreit

- Verordnung zur Kinderphysiotherapie vom 22. April 2015 betreffend den Sohn der Gesuchstellerin

- Terminübersichten vom 27. April 2015 und 8. Mai 2015 betreffend die Physiotherapie des Sohns der Gesuchstellerin

- medizinische Informationen zum Sohn der Gesuchstellerin

- Aktennotiz des Durchgangs- und Beobachtungsheims [...] vom 29. April 2015 insbesondere betreffend die medizinische Behandlung des Sohns der Gesuchstellerin

- Schreiben des Leiters des Durchgangs- und Beobachtungsheims [...] betreffend Medikation des Sohns der Gesuchstellerin

- Medikamentenkontrollblatt betreffend den Sohn der Gesuchstellerin

- Schreiben des Durchgangs- und Beobachtungsheims [...] an das Zivilgericht vom 17. März 2016 mit den Vermerken Zu den Akten und Wie vereinbart

- Honorarnote der [ ] AG vom 26. Januar 2016 betreffend den Sohn der Gesuchstellerin

- Einzahlungsscheine betreffend Leistungen der [ ] AG

- Rechnung des Kindesvertreters vom 7. April 2016

- Kostenblatt betreffend die Bemühungen des vormaligen unentgeltlichen Rechtsbeistands der Gesuchstellerin

- Leistungsaufstellung betreffend den Kindesvater

- Honorarnote des unentgeltlichen Rechtsbeistands des Kindesvaters vom 5. April 2016

- Mietvertrag zwischen der [ ]-Pensionskasse und dem Kindesvater

- Belege für Einzahlungen des Kindesvaters


Diese Auflistung zeigt, dass die Feststellung des abgelehnten Gerichtspräsidenten zutrifft, die kopierten Unterlagen seien von der Gesuchstellerin selber produziert worden, seien ihr bereits zugestellt worden oder beträfen sie nicht.


2.4.5 Der Anspruch auf rechtliches Gehör verschafft den Parteien das Recht, die Akten am Sitz des Gerichts einzusehen, Notizen zu machen und Kopien selber auf einem Kopiergerät des Gerichts anzufertigen oder vom Gericht anfertigen zu lassen, soweit es für das Gericht zu keinem unverhältnismässigen Aufwand führt (vgl. BGE 126 I 7 E. 2b S. 10; 116 Ia 325 E. 3d/aa S. 327 f.; Gehri, in: Basler Kommentar, 2. Aufl. 2013, Art. 53 ZPO N 29 f.; Göksu, a.a.O., Art. 53 ZPO N 32; Müller/Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl., Bern 2008, S. 879). Das Gericht kann für die Erstellung der Kopien Gebühren erheben (BGE 116 Ia 325 E. 3d/aa S. 327 f.; Göksu, a.a.O., Art. 53 ZPO N 32). Die Kostenpflicht für die Anfertigung von Kopien regelt das kantonale Gebührenrecht (Hurni, a.a.O., Art. 53 ZPO N 73). Gemäss § 11 Abs. 1 Ziff. 13.2 der Gebührenverordnung (GebV, SG 154.810) beträgt die Gebühr für Kopien CHF 2.- pro Seite. Die unentgeltliche Rechtspflege steht der Erhebung von Gebühren für Kopien nicht von vornherein entgegen. Sie bezweckt, der mittellosen Partei die prozessuale Rechtsverfolgung zu ermöglichen. Entsprechend ist ihr Umfang ausgestaltet (Rüegg, in: Basler Kommentar, a.a.O., Art. 118 ZPO N 1). Sie umfasst insbesondere die Befreiung von Vorschuss- und Sicherheitsleistungen sowie von den Gerichtskosten (Art. 118 Abs. 1 lit. a und b ZPO).


Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Gesuchstellerin zur Rechtsverfolgung Kopien von Dokumenten braucht, die sie selber produziert hat oder die ihr bereits zugestellt worden sind. Zudem hätte sich die Anfertigung von Kopien bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erübrigt, weil die Gesuchstellerin in diesem Fall Kopien der von ihr selbst produzierten Dokumente und die ihr zugestellten Dokumente aufbewahrt hätte. Jedenfalls soweit diese nicht geeignet sind, dem Gericht als Grundlage des Entscheids zu dienen, ist auch kein Grund dafür ersichtlich, dass die Gesuchstellerin zur Rechtsverfolgung Kopien von Dokumenten brauchen sollte, die sie gar nicht betreffen. Weshalb die verlangten Kopien geeignet wären, dem Gericht als Grundlage des Entscheids zu dienen, wird von der Gesuchstellerin nicht dargelegt. Unter diesen Umständen kann in der Erhebung einer Gebühr von CHF 36.- für die Aushändigung der 18 teilweise doppelseitigen Kopien kein qualifizierter Fehlentscheid gesehen werden, der bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit oder Voreingenommenheit begründet.


2.5

2.5.1 Die Gesuchstellerin sieht einen weiteren Befangenheitsgrund darin, dass der abgelehnte Gerichtspräsident mit Verfügung vom 23. August 2016 ihr Begehren um vorsorgliche Regelung des persönlichen Verkehrs mit ihrem Sohn abgewiesen habe. Sie habe diese Regelung vor dem Hintergrund beantragt, dass der Kindesvater am 16. April 2015 vor ihrer Tochter [...] mit seiner Gehilfin gegenüber der Mutter der Gesuchstellerin tätlich geworden sei, wobei die Mutter Verletzungen und einen Schock erlitten habe. Die Abweisung ihres Begehrens stehe im Widerspruch zu Art. 58 ZPO (Ausstandsgesuch, S. 1).


2.5.2 Im angefochtenen Entscheid vom 8. April 2016 teilte das Zivilgericht die elterliche Sorge über den Sohn der Gesuchstellerin dem Kindesvater zu (Ziff. 1). Es sah von der Festlegung eines Besuchsrechts der Gesuchstellerin ab. Für den Fall, dass der Sohn von sich aus Kontakt mit der Gesuchstellerin wünscht, ersuchte das Gericht die Beiständin des Sohns, den persönlichen Kontakt in geeignetem Rahmen herzustellen (Ziff. 2). Es begründete diese Anordnungen damit, dass ein Kontakt zwischen der Gesuchstellerin und ihrem Sohn mit dem Kindeswohl nicht vereinbar sei, solange der Sohn den Kontakt nicht wünsche (E. 5). Im Berufungsverfahren beantragte die Gesuchstellerin mit Eingabe vom 17. August 2016, es sei vorsorglich zu verfügen, dass ihre Familie und sie ihren Sohn uneingeschränkt sehen und sprechen dürfen. Der abgelehnte Gerichtspräsident wies das Begehren um vorsorgliche Regelung des persönlichen Verkehrs ab. Zur Begründung führte er aus, dass der Antrag auf eine einstweilige Verfügung nicht weiter begründet werde. Das Zivilgericht habe sich im angefochtenen Entscheid eingehend zur Regelung des persönlichen Verkehrs geäussert. Dies werde mit dem Entscheid des Berufungsgerichts zu überprüfen sein. Gründe für eine dringende Abänderung dieser Regelung seien nicht ersichtlich (vgl. Verfügung vom 23. August 2016).


2.5.3 Die Anordnung vorsorglicher Massnahmen in Abänderungsverfahren nach Art. 134 des Zivilgesetzbuchs (ZGB, SR 210) wird von Art. 276 ZPO geregelt (Sutter-Somm/Stanischewski, in: Sutter-Somm et. al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, a.a.O., Art. 276 ZPO N 4). Nach dieser Bestimmung trifft das Gericht die nötigen vorsorglichen Massnahmen, wobei die Bestimmungen über die Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft sinngemäss anwendbar sind (Abs. 1). Vorsorgliche Massnahmen dürfen nur angeordnet werden, sofern sie nötig, geeignet und verhältnismässig sind (Sutter-Somm/Stanischewski, a.a.O., Art. 276 ZPO N 8). Da die Massnahmen nur während des Verfahrens einigermassen Frieden schaffen sollen, ist Zurückhaltung geboten, und sollte die endgültige Regelung nicht präjudiziert werden (Siehr/Bähler, in: Basler Kommentar, a.a.O., Art. 276 ZPO N 2). Die Gesuchstellerin begründet ihr Begehren um vorsorgliche Regelung des persönlichen Verkehrs erstmals in ihrem Ausstandsgesuch vom 9. September 2016 (vgl. E. 2.5.1 hiervor). Diese Begründung war für den abgelehnten Gerichtspräsidenten somit aus der Eingabe der Gesuchstellerin vom 17. August 2016 nicht ersichtlich. Darin behauptete sie zwar, ihr Sohn habe gegenüber Advokat lic. iur. C____ ausdrücklich den Wunsch geäussert, seine Mutter zu sehen und zu dieser zurückzukehren. Diese Behauptung machte sie aber in keiner Art und Weise glaubhaft. In den Akten findet sich kein Hinweis auf einen derartigen Sinneswandel ihres Sohns. Unter diesen Umständen konnte der abgelehnte Gerichtspräsident davon ausgehen, dass es weder nötig noch verhältnismässig ist, in Abweichung vom angefochtenen Entscheid vorsorglich den persönlichen Verkehr zu regeln.


Des Weiteren rügt die Gesuchstellerin, dass der abgelehnte Gerichtspräsident ihr Begehren um Erlass einer vorsorglichen Massnahme abgewiesen habe, obwohl die Gegenpartei keinen Antrag auf Abweisung gestellt habe. Darin sieht sie eine Verletzung des Dispositionsgrundsatzes gemäss Art. 58 Abs. 1 ZPO. Im Geltungsbereich des Dispositionsgrundsatzes darf das Gericht einer Partei gemäss Art. 58 Abs. 1 ZPO nicht mehr und nichts anderes zusprechen, als sie verlangt, und nicht weniger, als die Gegenpartei anerkannt hat. Dieser Formulierung ist zu entnehmen, dass das Gericht nur insoweit an einen Antrag der Gegenpartei gebunden ist, als diese den klägerischen Antrag anerkannt hat. Folglich kann das Gericht einen Antrag in Anwendung des Grundsatzes der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 57 ZPO) auch ohne formellen Abweisungsantrag der Gegenpartei abweisen (Hurni, a.a.O., Art. 58 ZPO N 35). Zudem gilt für vorsorgliche Massnahmen in Kinderbelangen ohnehin die Offizialmaxime (Art. 296 Abs. 3 ZPO; Sutter-Somm/Stanischewski, a.a.O., Art. 276 ZPO N 42). Das Gericht ist deshalb nicht an die Parteianträge gebunden (Art. 58 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 296 Abs. 3 ZPO).


In der Abweisung des Gesuchs um vorsorgliche Regelung des persönlichen Verkehrs kann daher kein qualifizierter Fehlentscheid gesehen werden, der bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit oder Voreingenommenheit begründet. Auch kann sich der Gerichtspräsident in der Begründung seiner Verfügung im Berufungsverfahren nicht in einem Mass festgelegt haben, das den Eindruck erwecken könnte, er habe sich über den Ausgang des Rekursverfahrens bereits eine feste Meinung gebildet. Denn die Verfügung vom 23. August 2016 betrifft allein das Berufungsverfahren und berührt das Rekursverfahren nicht, in dem das vorliegend zu beurteilende Ausstandsbegehren gestellt worden ist (vgl. E. 2.1 hiervor). Der Umstand, dass der abgelehnte Gerichtspräsident das Gesuch der Gesuchstellerin um vorsorgliche Massnahmen abgewiesen hat, begründet demzufolge keinen Anschein der Befangenheit oder Voreingenommenheit.


2.6 Die weiteren Vorwürfe der Gesuchstellerin gegenüber dem abgelehnten Gerichtspräsidenten (vgl. Ausstandsgesuch, S. 1 und 2) bleiben völlig unsubstanziiert. Sie sind nicht nachvollziehbar und bei objektiver Betrachtung offensichtlich nicht geeignet, den Anschein der Befangenheit oder Voreingenommenheit des Gerichtspräsidenten zu begründen. Insgesamt vermag die Gesuchstellerin somit keine den Ausstand begründende Tatsachen glaubhaft zu machen. Das Ausstandsbegehren ist daher abzuweisen.


2.7 Die Gesuchstellerin begehrt sodann, dass alle Entscheide und Verfügungen des abgelehnten Gerichtspräsidenten für nichtig erklärt werden. Amtshandlungen, an denen eine zum Ausstand verpflichtete Gerichtsperson mitgewirkt hat, sind aufzuheben und zu wiederholen, sofern dies eine Partei innert 10 Tagen verlangt, nachdem sie vom Ausstandsgrund Kenntnis erhalten hat (Art. 51 Abs. 1 ZPO). Solche Amtshandlungen sind somit unter Vorbehalt sehr schwerer Mängel nicht nichtig, sondern anfechtbar (Kiener, a.a.O., Art. 51 ZPO N 2). Vorliegend ist jedoch auch eine Aufhebung der sinngemäss angefochtenen Amtshandlungen, an denen der abgelehnte Gerichtspräsident mitgewirkt hat, ausgeschlossen, weil dieser nicht zum Ausstand verpflichtet gewesen ist (vgl. E. 2.1-2.6 hiervor). Das sinngemässe Begehren der Gesuchstellerin auf Aufhebung dieser Amtshandlungen ist deshalb abzuweisen.


3.

Die Gesuchstellerin begehrt schliesslich die Zusprechung von Schadenersatz. Damit macht sie sinngemäss einen Schadenersatzanspruch aus Staatshaftung geltend. Forderungen geschädigter Personen gegen den Staat werden auf dem Weg des Zivilprozesses von den ordentlichen Gerichten entschieden (§ 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Haftung des Staates und seines Personals [HG, SG 161.100]). Forderungen, die sich auf schädigendes Verhalten von Mitgliedern des Zivilgerichts beziehen, werden vom Appellationsgericht und Forderungen, die sich auf schädigendes Verhalten von Mitgliedern des Appellationsgerichts beziehen, vom Bundesgericht beurteilt (§ 6 Abs. 2 HG). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann § 6 Abs. 2 HG jedoch keine Zuständigkeit des Bundesgerichts zur Beurteilung von Schadenersatzansprüchen gegen den Kanton Basel-Stadt begründen, weil das Bundesrecht die funktionelle Zuständigkeit des Bundesgerichts abschliessend regelt. Der Kanton Basel-Stadt ist gemäss Art. 191b Abs. 1 BV verpflichtet, auch für die Beurteilung von Schadenersatzforderungen aus schädigendem Verhalten von Mitgliedern des Appellationsgerichts selber eine richterliche Behörde zu bestellen (BGer 8C_609/2014 vom 24. November 2014 E. 2.3).


Welche richterliche Behörde für solche Schadenersatzforderungen zuständig ist, kann vorliegend offenbleiben, weil auf den Antrag der Gesuchstellerin auf Schadenersatz ohnehin nicht eingetreten werden kann. Gemäss Art. 202 Abs. 1 ZPO wird das Verfahren durch ein Schlichtungsgesuch eingeleitet. Im Schlichtungsgesuch sind die Gegenpartei, das Rechtsbegehren und der Streitgegenstand zu bezeichnen (Art. 202 Abs. 2 ZPO). Das Rechtsbegehren muss so bestimmt gefasst werden, dass die beklagte Partei in die Lage versetzt wird, sich eine Vorstellung davon zu machen, was die klagende Partei von ihr will. Schlichtungsgesuche, mit denen die Bezahlung eines Geldbetrags verlangt wird, erfüllen dieses Erfordernis grundsätzlich nur, wenn der Geldbetrag beziffert ist (Art. 84 Abs. 2 ZPO; vgl. AGE ZB.2012.52 vom 29. Mai 2013 E. 2.3.1). Unbezifferte Rechtsbegehren sind in solchen Fällen nur zulässig, wenn es der klagenden Partei unmöglich oder unzumutbar ist, ihre Forderung bereits zu Beginn des Prozesses zu beziffern (Art. 85 Abs. 1 ZPO). Indem die Gesuchstellerin Schadenersatz beantragt, verlangt sie die Bezahlung eines Geldbetrags. Diesen beziffert sie nicht. Ein Grund, weshalb ihr dies noch nicht möglich oder zumutbar sein sollte, wird von ihr nicht geltend gemacht und ist nicht ersichtlich. Damit genügt das unbezifferte Rechtsbegehren der Gesuchstellerin den gesetzlichen Anforderungen nicht. Darüber hinaus setzt das Erfordernis der Bezeichnung des Streitgegenstands voraus, dass das Schlichtungsgesuch alle für die Individualisierung des Streits notwendigen Elemente enthält (AGE ZB.2012.52 vom 29. Mai 2013 E. 2.3.1). Aus dem Gesuch vom 9. September 2016 ist nicht ersichtlich, in welchen Verfahren welche Personen der Gesuchstellerin einen Schaden zugefügt haben sollen. Damit ist der Streit nicht individualisierbar. Auf das Begehren um Zusprechung von Schadenersatz kann folglich mangels hinreichend bezifferten Rechtsbegehrens und mangels hinreichend bestimmter Bezeichnung des Streitgegenstands nicht eingetreten werden (vgl. dazu AGE ZB.2012.52 vom 29. Mai 2013 E. 1.1.1).


4.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Begehren der Gesuchstellerin sich als unbegründet erweisen und daher abzuweisen sind, soweit auf sie überhaupt eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Gesuchstellerin in der Regel dessen Kosten zu tragen (§ 30 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes [VRPG, SG 270.100]).


Der Antrag der Gesuchstellerin auf Befreiung von allen Kosten kann als Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege verstanden werden. Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege hat eine Person, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 29 Abs. 3 BV). Die Mittellosigkeit der Gesuchstellerin kann offengelassen werden, da ihre Begehren im Ausstandsverfahren aussichtslos erscheinen. Als aussichtslos sind nach der Rechtsprechung Rechtsbegehren zu betrachten, deren Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die daher kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht bereits als aussichtslos, wenn sich die Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Person, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet (statt vieler BGE 140 V 521 E. 9.1 S. 537; VGE VD.2014.216 vom 9. Februar 2015 E. 5). Vorliegend sind keine Umstände ersichtlich, die bei objektiver Betrachtung auch nur im Geringsten geeignet wären, den Anschein der Befangenheit oder Voreingenommenheit des abgelehnten Gerichtspräsidenten zu begründen. Zudem erliess dieser im Verfahren VD.2016.122 keine verfahrensleitende Verfügung, aus welcher der Gesuchstellerin ein Nachteil erwuchs. Es ist deshalb auch nicht nachvollziehbar, was diese mit dem Gesuch um Nichtigerklärung bzw. Aufhebung erreichen will. Der Antrag auf Zusprechung von Schadenersatz genügt den formellen Voraussetzungen eindeutig nicht. Zudem behauptet die Gesuchstellerin im Gesuch vom 9. September 2016 nicht einmal, dass sie irgendeinen Schaden erlitten hätte. Eine Person, die über die nötigen Mittel verfügt, hätte deshalb bei vernünftiger Überlegung auf die Geltendmachung der Rechtsbegehren der Gesuchstellerin verzichtet. Folglich ist das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Ausstandsverfahren wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen und hat die Gesuchstellerin die Verfahrenskosten zu tragen. Die Gebühr für Entscheide über Ablehnungsbegehren beträgt CHF 200.- bis 3'000.- (§ 11 Abs. 1 Ziff. 9 GebV). Unter Berücksichtigung, dass das vorliegende Ausstandsverfahren und dasjenige im zivilrechtlichen Berufungsverfahren ZB.2016.19 gleich gelagert sind, wird die Gebühr vorliegend auf CHF 500.- festgesetzt.



Demgemäss erkennt das Verwaltungsgericht (Dreiergericht):


://: Das Ausstandsbegehren und das Begehren um Aufhebung der Amtshandlungen, an denen der Appellationsgerichtspräsident mitgewirkt hat, werden abgewiesen.


Auf das Begehren um Zusprechung von Schadenersatz wird nicht eingetreten.


Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.


Die Gesuchstellerin trägt die Kosten des Ausstandsverfahrens mit einer Gebühr von CHF 500.-, einschliesslich Auslagen.


Mitteilung an:

- Gesuchstellerin

- Appellationsgerichtspräsident



APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Der Gerichtsschreiber

lic. iur. Johannes Hermann


Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.


Ob an Stelle der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.



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