Zusammenfassung des Urteils BEZ.2021.6 (AG.2021.178): Appellationsgericht
Die B____ AG hat eine Forderung von CHF 1'677.- gegen A____ in Betreibung gesetzt. Nachdem die Schuldnerin Rechtsvorschlag erhoben hatte, erteilte das Zivilgericht Basel-Stadt der Gläubigerin provisorische Rechtsöffnung. Die Schuldnerin behauptete, den schriftlich begründeten Entscheid nie erhalten zu haben, was zu einem Streit über die Zustellung führte. Trotz Beschwerden wurde der Verlustschein Nr. [...] gegen die Schuldnerin ausgestellt, was zu weiteren Beschwerden und Gerichtsverfahren führte. Letztendlich wurde die Beschwerde abgewiesen, und der Schuldnerin wurden Gerichtskosten auferlegt.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | BEZ.2021.6 (AG.2021.178) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 26.03.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Verlustschein |
Schlagwörter: | Entscheid; Schuldnerin; Recht; Aufsichtsbehörde; Betreibung; Betreibungs; Rechtsmittel; Basel; Rechtsöffnung; Konkurs; Eingabe; SchKG; Basel-Stadt; Konkursamt; Zivilgericht; Bundesgericht; Verfahren; Verfügung; Gebühr; Beschwerdeverfahren; Appellationsgericht; Betreibungsamt; Verlustschein; Rechtsvorschlag; Rechtsmittelbelehrung; Rechtsöffnungssache; Gläubigerin |
Rechtsnorm: | Art. 113 BGG ;Art. 142 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 20a KG ;Art. 319 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 42 BGG ;Art. 56 KG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Obere Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt |
BEZ.2021.6
ENTSCHEID
vom 26. März 2021
Mitwirkende
Dr. Olivier Steiner, Dr. Claudius Gelzer, lic. iur. André Equey
und Gerichtsschreiber lic. iur. Johannes Hermann
Beteiligte
A____ Beschwerdeführerin
[...] Schuldnerin
gegen
Betreibungsamt Basel-Stadt Beschwerdegegner
Aeschenvorstadt 56, 4051 Basel
Gegenstand
Beschwerde gegen einen Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde
über das Betreibungs- und Konkursamt vom 21. Dezember 2020
betreffend Verlustschein
Sachverhalt
Die B____ AG (Gläubigerin) setzte gestützt auf einen Pfändungsverlustschein eine Forderung von CHF 1'677.- gegen A____ (Schuldnerin) in Betreibung (Zahlungsbefehl Nr. [...] des Betreibungsamts Basel-Stadt). Die Schuldnerin erhob Rechtsvorschlag. Am 8. November 2019 fand vor dem Zivilgericht Basel-Stadt die Rechtsöffnungsverhandlung statt (Verfahren V.2019.764). Das Zivilgericht erteilte der Gläubigerin mit Entscheid vom gleichen Tag die provisorische Rechtsöffnung. Den schriftlich begründeten Entscheid sandte es der Schuldnerin am 6. Januar 2020 per Gerichtsurkunde zu. Die Post konnte die Sendung nicht zustellen und retournierte sie an das Zivilgericht. Dieses sandte den Entscheid am 10. Januar 2020 der Schuldnerin nochmals per A-Post zu. Am 3. März 2020 meldete die Schuldnerin dem Zivilgericht, dass sie den schriftlich begründeten Entscheid nie erhalten habe. Mit Verfügung vom 5. März 2020 teilte das Zivilgericht der Schuldnerin mit, dass die per Gerichtsurkunde vorgenommene Zustellung des schriftlich begründeten Entscheids erfolglos gewesen sei und dass der Entscheid aus Kulanzgründen nochmals per A-Post zugestellt worden sei. Der Entscheid gelte der Schuldnerin als zugestellt. Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies das Appellationsgericht mit Entscheid vom 27. Juli 2020 ab (Verfahren BEZ.2020.13). Auf eine dagegen erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht nicht ein (BGer 5D_269/2020 vom 18. November 2020).
Gestützt auf das Fortsetzungsbegehren der Gläubigerin erfolgte am 2. Juli 2020 die Pfändung. Da bei der Schuldnerin nichts gepfändet werden konnte, stellte das Betreibungsamt Basel-Stadt am 4. September 2020 einen Verlustschein aus (Nr. [...]). Die Schuldnerin gelangte mit Beschwerde vom 21. September 2020 an die untere Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt. Sie beantragte darin, der Verlustschein Nr. [...] sei für ungültig zu erklären. Die untere Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde mit Entscheid vom 21. Dezember 2020 ab, soweit sie darauf eintrat. Sie auferlegte der Schuldnerin eine Gebühr von CHF 500.-.
Mit Einschreiben vom 11. Januar 2021 wandte sich die Schuldnerin an die untere Aufsichtsbehörde. Sie erklärte darin, dass es ihr nicht möglich sei, den Entscheid vom 21. Dezember 2020 gemäss der Rechtsmittelbelehrung weiterzuziehen, solange die im Entscheid enthaltene Androhung einer Busse bis zu CHF 1'500.- und andere Drohungen nicht zurückgenommen würden. Im Übrigen halte sie daran fest, dass ihr «Rechtsvorschlag in der Rechtsöffnungssache [...] auf dem regulären rechtlichen Weg» nicht beseitigt worden sei. Eine Kopie dieses Schreibens sandte die Schuldnerin an die obere Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt. Der Verfahrensleiter der oberen Aufsichtsbehörde informierte die Schuldnerin mit Schreiben vom 14. Januar 2021, dass aufgrund des Inhalts des Einschreibens vom 11. Januar 2021 ohne anderslautende Eingabe der Schuldnerin kein Beschwerdeverfahren eröffnet werde. Die Schuldnerin teilte daraufhin mit Einschreiben vom 27. Januar 2021 mit, dass aus ihrer Sicht eine Beschwerde gegen den Entscheid vom 21. Dezember 2020 «durchaus angebracht» sei. Sie beantragt, den Verlustschein Nr. [...] für ungültig zu erklären und ihr das rechtliche Gehör «in der Rechtsöffnungssache [...] zu gewähren». Der Verfahrensleiter eröffnete in der Folge ein Beschwerdeverfahren. Auf die Einholung einer Beschwerdeantwort verzichtete er. Der vorliegende Entscheid erging unter Beizug der Vorakten auf dem Zirkulationsweg.
Erwägungen
1.
1.1 Entscheide der unteren Aufsichtsbehörde können innert 10 Tagen nach der Eröffnung an die obere Aufsichtsbehörde weitergezogen werden (Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs [SchKG, SR 281.1]). Als obere Aufsichtsbehörde amtet ein Dreiergericht des Appellationsgerichts (§ 5 Abs. 3 des Gesetzes betreffend Einführung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs [EG SchKG, SG 230.100] in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Ziffer 13 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]). Das Verfahren richtet sich nach Art. 20a SchKG. Im Übrigen gelten die Vorschriften der schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) sinngemäss (§ 5 Abs. 4 EG SchKG), insbesondere die Bestimmungen von Art. 319 ff. ZPO über das Beschwerdeverfahren.
1.2 Der angefochtene Entscheid vom 21. Dezember 2020 wurde der Schuldnerin am 31. Dezember 2020 eröffnet. Mit Eingabe vom 11. Januar 2021 - und damit am letzten Tag der Rechtsmittelfrist (vgl. Art. 142 Abs. 1 und 3 ZPO, Art. 145 Abs. 4 ZPO in Verbindung mit Art. 56 und 63 SchKG) - erklärte die Schuldnerin, dass es ihr nicht möglich sei, diesen Entscheid gemäss der Rechtsmittelbelehrung weiterzuziehen. Auf entsprechende Anfrage erklärte die Schuldnerin mit Eingabe vom 27. Januar 2021, dass gegen den Entscheid vom 21. Dezember 2020 eine Beschwerde durchaus angebracht sei. Die Eingabe vom 11. Januar 2021 wurde daher als Beschwerde entgegengenommen. Die Eingabe vom 27. Januar 2021 reichte die Schuldnerin erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist ein. Soweit diese Eingabe die Beschwerde nachträglich ergänzt, ist sie daher unzulässig und unbeachtlich (vgl. AGE BEZ 2020.36 vom 27. Oktober 2020 E. 1.1, mit Hinweisen).
1.3 Aus der gesetzlichen Pflicht, die Beschwerde zu begründen (vgl. Art. 321 Abs. 1 ZPO), fliesst die Pflicht, mit der Beschwerde konkrete Anträge zu stellen, ansonsten auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann. Mit den konkreten Anträgen gibt der Beschwerdeführer bekannt, in welchem Umfang der vorinstanzliche Entscheid angefochten wird, mithin dieser Entscheid zu seinen Gunsten abgeändert werden soll (näher dazu Kunz, in: Kunz et al. [Hrsg.], ZPO-Rechtsmittel, Basel 2013, Art. 321 N 30, mit Verweis auf Art. 311 N 60 f.; Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm et. al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 321 N 14).
In ihrer als Beschwerde zu behandelnden Eingabe vom 11. Januar 2021 erklärt die Schuldnerin, dass es ihr nicht möglich sei, den Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde gemäss der Rechtsmittelbelehrung weiterzuziehen. Dementsprechend enthält die Eingabe auch keinen ausdrücklichen Antrag. Immerhin führt die Schuldnerin aus, daran festzuhalten, dass der «Rechtsvorschlag in der Rechtsöffnungssache [...] auf dem regulären rechtlichen Weg» nicht beseitigt worden sei. Ob daraus ein konkreter Antrag abzuleiten und demzufolge auf die Beschwerde einzutreten ist, kann offenbleiben. Wie die nachfolgende Erwägung zeigt, wäre die Beschwerde nämlich ohnehin abzuweisen, wenn darauf eingetreten würde.
2.
Die untere Aufsichtsbehörde hielt fest, dass der Rechtsöffnungsentscheid vom 8. November 2019 gemäss der Verfügung des Zivilgerichts vom 5. März 2020 als zugestellt gelte (angefochtener Entscheid, E. 3.2). Beschwerden der Schuldnerin gegen diese Verfügung an das Appellationsgericht und das Bundesgericht blieben erfolglos. Die Verfügung vom 5. März 2020 wurde somit rechtkräftig. Damit steht fest, dass der Rechtsöffnungsentscheid der Schuldnerin korrekt zugestellt und damit eröffnet worden ist. Die untere Aufsichtsbehörde wies im angefochtenen Entscheid sodann zu Recht darauf hin, dass ein Rechtsöffnungsentscheid formell rechtskräftig und vollstreckbar ist, nachdem er den Parteien eröffnet worden ist (angefochtener Entscheid, E. 4.2). Die Behauptung der Schuldnerin, wonach ihr «Rechtsvorschlag in der Rechtsöffnungssache [...] auf dem regulären rechtlichen Weg» nicht beseitigt worden sei, ist somit haltlos.
Die Beschwerde ist auch unbegründet, soweit sie sich gegen den Kostenentscheid der unteren Aufsichtsbehörde richten sollte. Die untere Aufsichtsbehörde stützte die Auferlegung einer Gebühr von CHF 500.- zu Recht auf Art. 20a Abs. 2 Ziffer 5 SchKG. Gemäss dieser Bestimmung können einer Partei ihrem Vertreter bei böswilliger mutwilliger Prozessführung Bussen bis zu CHF 1'500.- sowie Gebühren und Auslagen auferlegt werden. Die untere Aufsichtsbehörde qualifizierte das Vorgehen der Schuldnerin zutreffend als mutwillige Prozessführung (angefochtener Entscheid, E. 5). Die Erhebung einer Gebühr von CHF 500.- ist daher nicht zu beanstanden.
3.
Aufgrund dieser Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. Das Beschwerdeverfahren ist kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziffer 5 SchKG, Art. 61 Abs. 2 lit. a der Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs [GebV SchKG, SR 281.35]).
Demgemäss erkennt die obere Aufsichtsbehörde:
://: Die Beschwerde gegen den Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt vom 21. Dezember 2020 (AB.2020.56) wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Das Beschwerdeverfahren ist kostenlos.
Mitteilung an:
- Beschwerdeführerin
- Betreibungsamt Basel-Stadt
- Untere Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt
Basel-Stadt
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Gerichtsschreiber
lic. iur. Johannes Hermann
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 10 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
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