Kanton: | BS |
Fallnummer: | BEZ.2020.22 (AG.2021.342) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 27.05.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Konkurseröffnung nach Art. 166 SchKG |
Zusammenfassung: | Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat am 8. Juni 2021 entschieden, dass der Konkurs über die Firma A____, der am 18. März 2020 eröffnet wurde, aufgehoben wird. Die Schuldnerin hatte Beschwerde gegen die Konkurseröffnung eingelegt, da formelle Mängel vorlagen. Nach diversen Verfahrensschritten stellte das Gericht fest, dass die Konkursandrohung nicht rechtsgültig war und der Konkurs daher aufgehoben werden muss. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 350.- für das erstinstanzliche Verfahren und CHF 600.- für das Beschwerdeverfahren werden der Schuldnerin auferlegt. |
Schlagwörter: | Konkurs; Entscheid; Schuldnerin; Verfahren; Basel-Stadt; Gläubiger; Zivilgericht; Konkursandrohung; Aufsichtsbehörde; Eingabe; Betreibung; Verfahrens; Zwischenentscheid; Appellationsgericht; Zivilgerichts; SchKG; Konkursamt; Betreibungs; Aberkennungsklage; Rechtsmittel; Bundesgericht; Konkurseröffnung; Entscheids; Beschwerdeverfahren; Konkursentscheid; Prozesskosten; Gerichtskosten; Kantons; Parteien |
Rechtsnorm: | Art. 104 ZPO ; Art. 109 ZPO ; Art. 113 BGG ; Art. 166 KG ; Art. 173 KG ; Art. 318 ZPO ; Art. 327 ZPO ; Art. 42 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Sutter-Somm, Freiburghaus, Hasenböhler, Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Art. 327 OR ZPO URG, 2016 |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Dreiergericht |
BEZ.2020.22
ENTSCHEID
vom 8. Juni 2021
Mitwirkende
Dr. Claudius Gelzer, Dr. Olivier Steiner, Prof. Dr. Ramon Mabillard
und Gerichtsschreiber PD Dr. Benedikt Seiler
Parteien
A____ Beschwerdeführerin
[...] Schuldnerin
vertreten durch [...], Advokatin,
[...]
gegen
B____ Beschwerdegegner
[...] Gläubiger
vertreten durch [...], Avvocato,
[...]
Gegenstand
Beschwerde gegen einen Entscheid des Zivilgerichts
vom 18. März 2020
betreffend Konkurseröffnung nach Art. 166 SchKG
Sachverhalt
Mit Entscheid vom 18. März 2020 eröffnete das Zivilgericht auf entsprechendes Begehren von B____ (Gläubiger) mit Wirkung per 18. März 2020, 08:07Uhr, den Konkurs über die A____ (Schuldnerin).
Mit Schreiben vom 1. April 2020 erhob die Schuldnerin beim Appellationsgericht Beschwerde und beantragte darin, es sei die am 18. März 2020 um 8:07 Uhr über sie ausgesprochene Konkurseröffnung aufzuheben. Eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben, die Konkurseröffnung auszusetzen und die Frage, ob die Konkursandrohung noch gültig sei, der Aufsichtsbehörde zu überweisen. Es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Mit Verfügung vom 24. April 2020 erteilte der Verfahrensleiter der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Damit wurden sowohl die Vollstreckbarkeit als auch die formelle Rechtskraft des Entscheids des Zivilgerichts vom 18. März 2020 vorläufig aufgeschoben. Der Verfahrensleiter ordnete zudem die Aufnahme eines Güterverzeichnisses im Sinn von Art.162ff.SchKG durch das Konkursamt des Kantons Basel-Stadt an.
Mit Zwischenentscheid des Appellationsgerichts vom 24. Juli 2020 wurde das Beschwerdeverfahren sistiert und die Sache zur Prüfung der Gültigkeit der Konkursandrohung an die untere Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt überwiesen. An der Anordnung der aufschiebenden Wirkung und der Aufnahme eines Güterverzeichnisses durch das Konkursamt des Kantons Basel-Stadt gemäss Verfügung vom 24. April 2020 wurde festgehalten. Die untere Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt eröffnete daraufhin ein entsprechendes Verfahren und sistierte dieses mit Verfügung vom 25.November 2020 bis zum rechtskräftigen Entscheid der Pretura di Lugano über die Rechtzeitigkeit der Einreichung der Aberkennungsklage. Dieses Verfahren wurde von der Pretura di Lugano mit Entscheid vom 9.Februar 2021 zufolge Klaganerkennung abgeschrieben. Mit Entscheid vom 3.Mai 2021 stellte die untere Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt die Nichtigkeit der Konkursandrohung vom 11. September 2019 fest. Mit Eingabe vom 10. Mai 2021 teilte der Gläubiger dem Appellationsgericht mit, dass er gegenüber der unteren Aufsichtsbehörde mitgeteilt habe, dass er auf ein Rechtsmittel gegen den vorgenannten Entscheid vom 3. Mai 2021 verzichte. Zudem habe er die dem Konkursentscheid zugrunde liegende Betreibung aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit der Schuldnerin zurückgezogen. Er beantragt, es sei der gegenüber der Schuldnerin ausgesprochene Konkurs zu widerrufen. Die ordentlichen Kosten seien der Schuldnerin aufzuerlegen und die ausserordentlichen Kosten seien wettzuschlagen. Mit Eingabe vom 21.Mai 2021 teilte die Schuldnerin mit, dass sie sich den Anträgen des Gläubigers gemäss seiner Eingabe vom 10.Mai 2021 anschliesse. Der vorliegende Entscheid erging unter Beizug der Akten des Zivilgerichts auf dem Zirkulationsweg.
Erwägungen
1.
Angefochten ist im vorliegenden Fall ein Entscheid des Zivilgerichts Basel-Stadt als Konkursgericht vom 18.März2020 betreffend Konkurseröffnung. Im Zwischenentscheid vom 24. Juli 2020 wurde bereits festgehalten, dass auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist. Es kann auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden. Dasselbe gilt betreffend Zuständigkeit und Kognition (Zwischenentscheid vom 24. Juli 2020 E.1).
2.
2.1 Die Schuldnerin macht im Beschwerdeverfahren nicht geltend, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung des Konkurses gemäss Art. 174 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG, SR 281.1) erfüllt seien. Sie rügt in ihrer Beschwerde allerdings formelle respektive materielle Mängel des angefochtenen Entscheids. Das Zivilgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt und den Sachverhalt falsch festgehalten.
2.2 Die von der Schuldnerin geltend gemachte Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs wurde im Zwischenentscheid vom 24. Juli 2020 verworfen. Es kann auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden (Zwischenentscheid vom 24.Juli 2020 E.2.2). Offengelassen wurde im Zwischenentscheid hingegen die Frage, ob die dem angefochtenen Konkursentscheid zugrunde liegende Konkursandrohung des Betreibungsamts Basel-Stadt vom 11.September 2019 (mit der neuen Betreibungsnummer [...]) nichtig sei, nachdem das Bundesgericht der Beschwerde gegen den Rechtsmittelentscheid im Rechtsöffnungsverfahren nachträglich die aufschiebende Wirkung zuerkannt hat und eine Aberkennungsklage innerhalb von 20 Tagen seit dem Entscheid des Bundesgerichts eingereicht worden sei. Die von der Schuldnerin geltend gemachte Nichtigkeit dieser Konkursandrohung könne nicht ausgeschlossen, aber auch nicht offensichtlich bejaht werden. Deshalb sei in Anwendung von Art. 173 Abs. 2 SchKG der Entscheid auszusetzen und der Fall an die untere Aufsichtsbehörde zu überweisen (Zwischenentscheid vom 24. Juli 2020 E.3). Diese sistierte nach der Einleitung des entsprechenden Verfahrens ihrerseits das Verfahren, um den Ausgang des Anerkennungsverfahrens abzuwarten. Mit Entscheid vom 3. Mai 2021 stellte die untere Aufsichtsbehörde fest, dass das Verfahren betreffend Aberkennungsklage zufolge Klageanerkennung abgeschrieben worden sei. Mit der Gutheissung der Aberkennungsklage werde der Nichtbestand respektive die mangelnde Fälligkeit der in Betreibung gesetzten Forderung im Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls festgestellt. Werde nach Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung eine Aberkennungsklage erhoben und werde diese gutgeheissen, so müsse dies dazu führen, dass eine Konkursandrohung keine Wirkung habe, auch wenn sie zuvor gültig erlassen worden sei. Vorliegend sei die Aberkennungsklage zwar nicht gutgeheissen, jedoch vom Gläubiger anerkannt worden. Einer Anerkennung im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens komme aber die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheids zu. Es sei demgemäss davon auszugehen, dass die Konkursdrohung als Fortsetzung einer Betreibung trotz Rechtsvorschlags keine Wirkung habe. Somit sei gemäss Art.22 Abs. 1 SchKG die Nichtigkeit der Konkursandrohung vom 11. September 2019 festzustellen. Mit diesem Entscheid wurde dem entsprechenden Rechtsbegehren der Schuldnerin Folge geleistet. Der Gläubiger, der bereits mit der Eingabe vom 3.März 2021 die Gutheissung der Rechtsbegehren der Schuldnerin beantragt hatte, teilte in der Eingabe vom 10. Mai 2021 mit, dass er auf die Erhebung einer Beschwerde gegen den Entscheid vom 3. Mai 2021 verzichte. Es ist daher, wie vom Gläubiger in seiner Eingabe vom 10. Mai 2021 vorgebracht, von der Rechtskraft des Entscheids der unteren Aufsichtsbehörde vom 3. Mai 2021 auszugehen.
2.3 Eine Konkurseröffnung darf nur bei einer vorgängigen rechtskonformen Konkursandrohung eröffnet werden. Aufgrund des rechtskräftigen Entscheids der unteren Aufsichtsbehörde vom 3. Mai 2021 steht fest, dass vorliegend keine rechtskonforme Konkursandrohung vorliegt. Folglich ist der am 18. März 2020 eröffnete Konkurs über die Schuldnerin definitiv aufzuheben.
3.
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die Beschwerde gutzuheissen ist und der Konkursentscheid des Zivilgerichts aufzuheben ist. Zu regeln verbleiben die Prozesskosten für das vorliegende Verfahren. In Analogie zu Art. 318 Abs. 3 ZPO entscheidet die Beschwerdeinstanz nicht nur über ihre eigenen, sondern auch über die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens, wenn sie einen neuen Entscheid trifft (vgl. Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 3. Aufl., Zürich 2016, N 24 zu Art. 327 ZPO). Zu beachten sind dabei die allgemeinen Bestimmungen zur Verteilung und Liquidation der Prozesskosten (Art. 104 ff. ZPO). Gemäss Art.106 ZPO werden die Prozesskosten in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Vorliegend ist aber zu berücksichtigen, dass der Gläubiger dem Appellationsgericht mit Eingabe vom 10. Mai 2021 beantragt hat, es seien die ordentlichen Kosten der Schuldnerin aufzuerlegen und die ausserordentlichen Kosten seien wettzuschlagen. Mit Eingabe 21. Mai 2021 teilte die Schuldnerin mit, dass die Anträge des Gläubigers in seiner Eingabe vom 10. Mai 2021 den vertraglichen Vereinbarungen entsprächen, womit die Schuldnerin sich diesen anschlössen. Es liegt somit in Bezug auf die Verfahrenskosten ein gemäss Art. 109 Abs. 1 ZPO verbindlicher Vergleich vor, zumal keine Gründe für eine abweichende Kostenverteilung gemäss Art. 109 Abs. 2 ZPO vorliegen. Dementsprechend trägt die Schuldnerin die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens. In Anwendung von Art.52 lit.b und Art.61 Abs.1 der Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG, SR 281.35) werden die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf CHF 350.- und die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens auf CHF 600.- festgesetzt. Der zwischen den Parteien abgeschlossenen Vereinbarung entsprechend werden die Parteikosten wettgeschlagen.
Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Dreiergericht):
://: Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Konkursentscheid des Zivilgerichts vom 18.März2020 (KB.2020.1) wird aufgehoben.
Die Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens von CHF350.- und des Beschwerdeverfahrens von CHF600.-.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Mitteilung an:
- Beschwerdeführerin
- Beschwerdegegner
- Zivilgericht Basel-Stadt
- Konkursamt Basel-Stadt
- Betreibungsamt Basel-Stadt
- Grundbuch- und Vermessungsamt Basel-Stadt
- Handelsregisteramt Basel-Stadt
- Staatliche Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Gerichtsschreiber
PD Dr. Benedikt Seiler
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
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