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Urteil Appellationsgericht (BS - BES.2023.47)

Zusammenfassung des Urteils BES.2023.47: Appellationsgericht

Am 28. Februar 2023 ereignete sich in Basel ein schwerer Verkehrsunfall, bei dem eine Passantin lebensbedrohlich verletzt wurde und am nächsten Tag verstarb. Der Fahrer des Fahrzeugs, A____, wurde zur Abnahme von Blut- und Urinproben ins Universitätsspital Basel-Stadt gebracht. Die Staatsanwaltschaft ordnete die Proben an, da der Verdacht auf grobe Verkehrsregelverletzung bestand. A____ legte Beschwerde gegen diese Anordnung ein, die jedoch abgewiesen wurde, da genügend Indizien für eine Fahrunfähigkeit vorlagen. Der Entscheid erging am 14. November 2023 durch das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt. Die Gerichtskosten von CHF 800 trägt A____.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts BES.2023.47

Kanton:BS
Fallnummer:BES.2023.47
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung: Einzelgericht
Appellationsgericht Entscheid BES.2023.47 vom 14.11.2023 (BS)
Datum:14.11.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Unfall; Untersuchung; Staatsanwalt; Anordnung; Staatsanwaltschaft; Fahrunfähigkeit; Recht; Basel; Untersuchungsbefehl; Urinprobe; Verdacht; Fahrzeug; Blutprobe; Verletzung; Appellationsgericht; Fahrfähigkeit; Verkehrsunfall; Passantin; Befehl; Basel-Stadt; Verfügung; Feststellung; ührt
Rechtsnorm: Art. 251 StPO ;Art. 251a StPO ;Art. 259 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 428 StPO ;Art. 436 StPO ;Art. 48 BGG ;
Referenz BGE:143 IV 313;
Kommentar:
Schmid, Jositsch, Praxis, 4. Auflage , Art. 251 OR StPO, 2019

Entscheid des Verwaltungsgerichts BES.2023.47



Geschäftsnummer: BES.2023.47 (AG.2023.700)
Instanz: Appellationsgericht
Entscheiddatum: 14.11.2023 
Erstpublikationsdatum: 08.05.2024
Aktualisierungsdatum: 08.05.2024
Titel: Untersuchung der Fahrfähigkeit bei schwerem Verkehrsunfall
 
 

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Einzelgericht

 

 

BES.2023.47

 

ENTSCHEID

 

vom 14. November 2023 

 

 

Mitwirkende

 

lic. iur. Marc Oser

und Gerichtsschreiber Dr. Urs Thönen

 

 

 

Beteiligte

 

A____, geb. [...]                                                              Beschwerdeführer

[...]

vertreten durch [...], Advokat,

[...]

 

gegen

 

Staatsanwaltschaft Basel-Stadt                             Beschwerdegegnerin

Binningerstrasse 21, 4001 Basel

 

 

Gegenstand

 

Beschwerde gegen eine Verfügung der Staatsanwaltschaft

vom 2. März 2023

 

betreffend Untersuchung der Fahrfähigkeit bei schwerem Verkehrsunfall

 


Sachverhalt

 

Am 28. Februar 2023 ereignete sich in Basel folgender Verkehrsunfall:

 

Fahrzeug: Toyota Hilux BS [...]

Tatzeit: 28.02.2023 / 07:30 Uhr

Unfallort: Basel, Thiersteinerallee / Güterstrasse

 

Gemäss Darstellung der Kantonspolizei Basel-Stadt im Unfallaufnahmeprotokoll wurde das Fahrzeug von A____ (Beschwerdeführer) gelenkt. Er bog mit seinem Fahrzeug an der Kreuzung nach rechts ab und kollidierte dabei mit einer Passantin, die den Fussgängerstreifen überquerte. Staatsanwalt [...] ordnete die Feststellung der Fahrfähigkeit mündlich an und der Beschwerdeführer wurde zur Abnahme der Blut- und Urinproben ins Universitätsspital Basel-Stadt verbracht. Die Passantin wurde durch die Kollision lebensbedrohlich verletzt und verstarb am Folgetag, dem 1. März 2023.

 

Mit schriftlichem Untersuchungsbefehl vom 2. März 2023 ordnete Staatsanwalt [...] die Blutprobe (einschliesslich ärztliche Untersuchung) und die Urinprobe des Beschwerdeführers schriftlich an. Zur Begründung wurde der Verdacht der groben Verkehrsregelverletzung sowie Ort, Zeit und Fahrzeug des Unfalls genannt. Gemäss Vermerk auf dem Untersuchungsbefehl handelt es sich um die Bestätigung der vorgängigen mündlichen Anordnung vom 28. Februar 2023 durch Staatsanwalt «[...]» (gemeint: [...]).

 

Gegen diesen schriftlichen Untersuchungsbefehl richtet sich die Beschwerde vom 14. März 2023, mit welcher der Beschwerdeführer die kostenfällige Aufhebung des Untersuchungsbefehls und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung beantragt. Mit Vernehmlassung vom 17. April 2023 hat die Staatsanwaltschaft die kostenfällige Abweisung der Beschwerde beantragt und die Vorakten eingereicht, welche dem Beschwerdeführer anschliessend zur Einsicht zugestellt wurden. Nach dreimal erstreckter Frist hat sich der Beschwerdeführer mit Replik vom 19. September 2023 geäussert.

 

Der vorliegende Entscheid ist aufgrund der Akten ergangen. Die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.

 

 

Erwägungen

 

1.

1.1      Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Staatsanwaltschaft kann gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 lit. b der Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) Beschwerde erhoben werden. Zuständiges Beschwerdegericht ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§ 88 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 Abs. 1 Ziff. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]). Die Kognition des Beschwerdegerichts ist frei und somit nicht auf Willkür beschränkt (Art. 393 Abs. 2 StPO).

 

1.2      Die Beschwerde ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Mit der Zustellung des angefochtenen Untersuchungsbefehls am 6. März 2023 und der Postaufgabe der Beschwerde am 15. März 2023 ist die Beschwerdefrist gewahrt. Auf das Rechtsmittel ist demnach einzutreten.

 

2.

2.1      Der Beschwerdeführer lässt ausführen, die Polizisten hätten ihm vor Ort mitgeteilt, eine Blut- und Urinprobe werde «bei einem solchen Unfall immer gemacht», weshalb von einer routinemässigen Untersuchung auszugehen sei. Ein konkreter Verdacht auf eine Fahrunfähigkeit infolge Drogen, Alkohol sonstiger Substanzen sei dem Beschwerdeführer nicht mitgeteilt worden. Mutmasslich sei ein Alkoholtest durchgeführt worden, der negativ verlaufen sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers werden in der angefochtenen Verfügung überhaupt keine Anhaltspunkte für eine Fahrunfähigkeit erwähnt. Mangels solcher Angaben entfalte der Befehl keine Begrenzungs- und Überprüfungsfunktion, weshalb von einer routine- standardmässigen Probeanordnung ausgegangen werden müsse. Die routinemässige Probenentnahme sei vom Appellationsgericht im Zusammenhang mit der erkennungsdienstlichen Erfassung und den DNA-Profilen schon mehrfach beanstandet worden. Zudem seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts für die Anordnung einer Blutprobe strengere Anforderungen zu stellen als für einen blossen Betäubungsmittel-Vortest.

 

2.2      Demgegenüber vertritt die Staatsanwaltschaft die Auffassung, der Untersuchungsbefehl stütze sich auf den angeführten Vorwurf der groben Verletzung der Verkehrsregeln im Zusammenhang mit dem genannten schweren Verkehrsunfall vom 28. Februar 2023. Ergänzend werden in der Vernehmlassung die Tatbestände der fahrlässigen (schweren) Körperverletzung, der fahrlässigen Tötung sowie diesbezügliche Sorgfaltspflichtverletzungen genannt. Der Beschwerdeführer sei beim fraglichen Verkehrsunfall als Lenker eines Lieferwagens aus nicht näher bekannten Gründen auf einem Fussgängerstreifen in eine vortrittsberechtigte Fussgängerin hineingefahren. Er habe vor Ort gegenüber den Polizeibeamten auf Nachfrage hin angegeben, gelegentlich Cannabis und Schmerzmittel (Ibuprofene 600 mg) zu konsumieren und habe auf dem Beifahrersitz seines Lieferwagens eine Schachtel Ibuprofene Sandoz 600 (600 mg; Schmerzmittel) mitgeführt.

 

3.

3.1      Blut- und Urinproben gehören zu den körperlichen Untersuchungen im Sinne von Art. 251 StPO. Werden sie zur Feststellung der Fahrunfähigkeit angeordnet, unterliegen sie den besonderen Voraussetzungen von Art. 55 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG, SR 741.01) und Art. 12 bis 14 der Strassenverkehrskontrollverordnung (SKV, SR 741.013; BGer 1B_443/2020 vom 18. Januar 2021 E. 2.1 mit Hinweis auf BGE 143 IV 313 E. 5, 146 IV 88 E. 1.4). Gemäss Art. 55 Abs. 3 lit. a SVG und Art. 12a SKV ist eine Blutprobe anzuordnen, wenn Anzeichen von Fahrunfähigkeit vorliegen, die nicht auf Alkoholeinfluss zurückzuführen sind. Zusätzlich kann eine Sicherstellung von Urin angeordnet werden. Gemäss bisher geltendem, hier anwendbarem Recht handelt es sich bei der Blutentnahme zur Feststellung der Fahrunfähigkeit um eine Zwangsmassnahme, welche selbst dann von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden muss, wenn der Betroffene in diese einwilligt (BGE 143 IV 313 E. 5.2, 146 IV 88 E. 1.4.2). Mit der Revision der Strafprozessordnung per 1. Januar 2024 wird diese Anordnungskompetenz in vergleichbaren, die Untersuchung der Fahrunfähigkeit gemäss Art. 12a SKV betreffenden Fällen, auf die Polizei übergehen (Art. 251a StPO; Botschaft zur Änderung der Strafprozessordnung, in: BBl 2019 S. 6697, 6752; Jositsch/Schmid, StPO Praxiskommentar, 4. Auflage 2023, Art. 251a N 1). Da sich der vorliegende Sachverhalt vor Inkrafttreten dieser Änderung ereignete, bedurfte es noch einer Anordnung der Staatsanwaltschaft.

 

Für die Anordnung einer Blutprobe kommen jegliche Indizien in Frage, die einen entsprechenden Verdacht begründen können. Sie können im – allfällig verursachten – Unfall aber in der Person des Fahrzeuglenkers begründet sein (BGE 146 IV 88 E. 1.6.3; vgl. Weisungen vom 2. August 2016 des Bundesamtes für Strassen [ASTRA] betreffend die Feststellung der Fahrunfähigkeit im Strassenverkehr, Ziff. 2.1 lit. d, S. 5).

 

3.2      Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bestehen im vorliegenden Fall klarerweise konkrete, auf den Einzelfall bezogene Indizien, die eine Abklärung der Fahrunfähigkeit notwendig machen. Ein hinreichender Verdacht darf nach der Rechtsprechung nämlich gestützt auf das Verhalten des Lenkers vor, während und nach der Fahrt angenommen werden. Ein Unfall, der a priori nicht auf andere Ursachen zurückzuführen ist, eine auffällige Fahrweise indizieren eine Fahrunfähigkeit (Fahrni/Heimgartner, in: Basler Kommentar SVG, Basel 2014, Art. 55 N 36). Aus dem Unfall als solcher – seiner Art, seiner Schwere und seinem Hergang – dürfen konkrete Anzeichen für die Fahrunfähigkeit gewonnen werden (Weissenberger, Kommentar SVG, 2. Auflage 2015, Art. 55 SVG N 5). In diesem Zusammenhang ist der Passus aus der Rechtsprechung hervorzuheben, dass Indizien für einen Verdacht «im – allfällig verursachten – Unfall» begründet sein können (BGE 146 IV 88 E. 1.6.3). Blutproben sind demnach etwa im Fall einer Streifkollision mit einem entgegenkommenden Personenwagen (BGE 131 IV 36 E. 2.2.1) bei Selbstunfällen mit massiven Sachschäden anzuordnen (BGE 102 IV 40 E. 2; BGer 6B_196/2010 vom 20. April 2010 E. 1.3 f.).

 

Das Übersehen einer Passantin auf dem Fussgängerstreifen und deren schwere Verletzung ist glücklicherweise nicht alltäglich, so dass mit der konkreten Art und Schwere des Unfalls die vom Verteidiger genannte Begrenzungs- und Überprüfungsfunktion durchaus erfüllt wird. Der Unfall wird a priori nicht durch andere Umstände erklärt, so dass sich berechtigte Fragen hinsichtlich der Fahrfähigkeit des Lenkers stellen. Beim vorliegenden schweren Unfall mit anfänglicher Verletzungsfolge und späterem Todeseintritt der angefahrenen Person besteht also konkret gebotener Anlass für die Abklärung der Fahrfähigkeit. In Bezug auf den Tatverdacht ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer auf dem Fussgängerstreifen in einem belebten Stadtquartier eine Frau angefahren hat, wobei diese gestürzt ist, so dass die Sanität und der Notarzt gerufen werden mussten. Am Folgetag ist die Passantin verstorben. Es besteht daher der begründete Verdacht der groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 91 Abs. 2 SVG, eventuell auch der fahrlässigen Tötung. Der Verdacht der groben Verkehrsregelverletzung wird im Befehl ausgewiesen. Es ist nicht zu beanstanden, sondern zeugt von einer gewissen Vorsicht, wenn der Tötungsverdacht bei einem Unfall im Strassenverkehr nicht reflexartig genannt wird. Zudem ist zu bedenken, dass die Passantin erst nach der mündlichen Anordnung verstarb, so dass ihr Hinschied im Zeitpunkt der mündlichen Anordnung und der Entnahme der Blut- und Urinprobe noch nicht eingetreten war. Es ist der Staatsanwaltschaft nicht vorzuwerfen, dass sie der schriftlichen Anordnung die damalige Perspektive zu Grunde legte (BGer 1B_443/2020 vom 18. Januar 2021 E. 2.3). Die mündliche Anordnung wurde dem Beschwerdeführer am Unfallort sogleich eröffnet. Zwei Tage später erging der schriftliche Befehl, den der Verteidiger gemäss Zustellnachweis am 6. März 2023 in Empfang nahm.

 

3.3      Da bereits aufgrund des Unfalls genügend Anhaltspunkte für die Anordnung einer Blutprobe bestanden, erübrigt sich die Behandlung der weiteren Anhaltspunkte im Beschwerdeverfahren. Immerhin ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren die beantragte Akteneinsicht erhalten hat (Verfügung vom 24. April 2023). In den Vorakten befindet sich das E-Mail vom 3. April 2023 des am Unfallortes eingerückten Polizeibeamten, Wachtmeister [...]. Demgemäss habe der Beschwerdeführer angegeben, drei Tage vor dem Unfall einen Joint geraucht zu haben und bei Schmerzen, wie vom Arzt verschieben, zwei Tabletten Ibuprofene 600 mg einzunehmen. Auf dem Beifahrersitz seines Fahrzeuges sei eine Schachtel mit solchen Tabletten deponiert gewesen. Das Rauchen des Joints hat sich aufgrund des Fahrfähigkeits-Gutachtens vom 5. April 2023 des Instituts für Rechtsmedizin als richtig erwiesen, wobei bloss ein niedriger THC-Wert nachgewiesen wurde. Diese Vorhalte wurden dem Beschwerdeführer in der Einvernahme vom 3. April 2023 in Anwesenheit seines Verteidigers mitgeteilt. Der Beschwerdeführer berief sich auf sein Schweigerecht und machte dazu keine Aussagen. Es wird Aufgabe der Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls (im Falle einer Anklage) des Sachgerichts sein, diese konkreten Hinweise auf THC- und allfälligen Medikamentenkonsum mit Blick auf den Strafvorwurf zu würdigen.

 

3.4      Zur Verhältnismässigkeit ist festzuhalten, dass mildere Massnahmen zur Abklärung eines allfälligen Betäubungsmittels- und Medikamentenkonsums nicht ersichtlich sind und dass die Bedeutung der vorgeworfenen Straftrat (eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln mit ersten Folgen) die angeordnete Massnahme rechtfertigt.

 

3.5      Auch der von der Verteidigung angestrengte Vergleich mit Verfügungen über die erkennungsdienstliche Erfassung und die Abnahme von DNA-Proben will auf den vorliegenden Sachverhalt nicht passen. Die im Vergleich angesprochene Routineproblematik ergibt sich typischerweise bei geringfügigen Anlässen mit Gelegenheit zur Probenahme, die der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit der Identifikation einer unbekannten Täterschaft von unbekannten künftigen Delikten bietet (Art. 259 StPO in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 lit. a des DNA-Profil-Gesetzes [SR 363]; vgl. BGE 145 IV 263 E. 3.4 S. 267; 141 IV 87 E. 1.4.2 S. 91 f.; BGer 1B_217/2022 vom 15. Mai 2023 E. 3.1, je mit Hinweisen). Vorliegend geht es demgegenüber um einen bekannten, konkret belegten Vorwurf gegenüber dem Beschwerdeführer. Ihm wird keine Bagatellstraftat, sondern ein Vergehen vorgeworfen (Art. 90 Abs. 2 SVG und Art. 10 Abs. 3 des Strafgesetzbuchs [StGB, SR 311.0]). Die Rüge der unzulässigen Routinekontrolle erweist sich demnach auch aus diesem Grund als unzutreffend.

 

3.6      Was schliesslich die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs angeht, so lässt sich dem Untersuchungsbefehl klar entnehmen, dass die Blut- und Urinprobe wegen des Verdachts der groben Verletzung der Verkehrsregeln anlässlich des genau bezeichneten Verkehrsunfalls angeordnet wurde.

 

Gemäss der Rechtsprechung des Appellationsgerichts im Zusammenhang mit erkennungsdienstlichen Erfassungen ist bei der Beurteilung, ob deren Anordnung genügend begründet wurde, nicht einzig auf die Angaben in der Anordnungsverfügung (Befehl) abzustellen. Ebenfalls zu berücksichtigen ist die übrige Aufklärung, die gegenüber dem Betroffenen anlässlich der Eröffnung des Befehls geleistet dokumentiert wird. So werden namentlich die Bekanntgaben in einer gleichzeitig durchgeführten Einvernahme berücksichtigt. Entscheidend ist, ob für die betroffene Person insgesamt genügend klar erkennbar ist, was ihr vorgeworfen wird und weshalb die Massnahme durchgeführt wird (vgl. AGE BES.2023.60 vom 29. September 2023 E. 2.1.2; BES.2022.82 vom 13. Dezember 2022 E. 2.2, BES.2022.110 vom 14. November 2022 E. 2.2, BES.2020.186 vom 5. März 2021 E. 3.3, BES.2019.18 vom 5. August 2019 E. 3.3.1, BES.2019.82 vom 30. Juli 2019 E. 3.2, BES.2018.206 vom 5. Juni 2019 E. 3.4, BES.2018.213 vom 23. April 2019 E. 3.3).

 

Im vorliegenden Fall nannte die Staatsanwaltschaft den genauen Ort und die Zeit des Unfalls. Sie nannte das Fahrzeug und den Vorwurf der groben Verletzung von Verkehrsregeln sowie die getroffene Massnahme (Blutprobe inkl. ärztliche Untersuchung, Urinprobe). Zu berücksichtigen ist im weiteren auch das Vorwissen des Betroffenen, der am Unfallort selber anwesend war. Er hatte die Kollision mit der Passantin und die Ankunft des Krankenwagens vor Augen, als ihm der schriftliche Befehl zuging, so dass er sich hinsichtlich des Anlasses der Untersuchung kaum auf Unwissenheit berufen kann. Die Rüge der Gehörsverletzung erweist sich demnach als unbegründet.

 

3.7      Zusammenfassend ist nach den vorstehenden Erwägungen festzuhalten, dass die mit dem Untersuchungsbefehl bestätigte mündliche Anordnung der Entnahme von Blut- und Urinproben rechtmässig ist. Die vorliegende Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen.

 

4.

Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO der unterliegende Beschwerdeführer dessen Kosten zu tragen, welche auf CHF 800.– festzusetzen sind (vgl. § 21 Abs. 2 des Gerichtsgebührenreglements [SG 154.810]). Dem replicando vorgetragenen Eventualantrag auf Kostenverzicht kann nicht entsprochen werden, da keine Gehörsverletzung vorliegt, welche die Beschwerde notwendig gemacht hätte (vgl. hiervor E. 3.6). Was schliesslich den Antrag auf Parteientschädigung betrifft, so ist dieser zufolge Unterliegens (bzw. Unangemessenheit der Beschwerdeführung im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 436 Abs. 1 StPO) abzuweisen.

 

 

Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):

 

://:        Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit einer Gebühr von CHF 800.–.

 

Mitteilung an:

-       Beschwerdeführer

-       Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

 

APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT

 

Der Präsident                                                            Der Gerichtsschreiber

 

 

lic. iur. Marc Oser                                                      Dr. Urs Thönen

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.

 



 
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