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Urteil Appellationsgericht (BS - BES.2023.117)

Zusammenfassung des Urteils BES.2023.117: Appellationsgericht

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt führt gegen A____ ein Strafverfahren wegen Nötigung, Hausfriedensbruch und Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot im Zusammenhang mit einer Klimaaktion. A____ hat Beschwerde gegen die erkennungsdienstliche Erfassung und DNA-Analyse erhoben. Das Appellationsgericht entscheidet, dass die Zwangsmassnahmen verhältnismässig sind und den Tatverdacht stützen. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Notwendigkeit der Massnahmen und argumentiert gegen die Verhältnismässigkeit. Die Staatsanwaltschaft verteidigt die Massnahmen als erforderlich zur Identifizierung und Aufklärung der Anlasstat. Am Ende wird die Beschwerde abgewiesen und die Kosten der Beschwerdeführerin auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts BES.2023.117

Kanton:BS
Fallnummer:BES.2023.117
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung: Einzelgericht
Appellationsgericht Entscheid BES.2023.117 vom 25.01.2024 (BS)
Datum:25.01.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Staatsanwaltschaft; Delikt; Recht; Delikte; Aufklärung; Person; Aktivist; Anhaltspunkt; Zwangsmassnahme; Erfassung; Anhaltspunkte; Zwangsmassnahmen; DNA-Profil; Analyse; Erstellung; Verfügung; Rechtsprechung; Bundesgericht; Personen; Taten; önne
Rechtsnorm: Art. 10 StGB ;Art. 13 BV ;Art. 181 StGB ;Art. 255 StPO ;Art. 259 StPO ;Art. 260 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 428 StPO ;Art. 48 BGG ;Art. 8 EMRK ;
Referenz BGE:137 IV 22; 145 IV 263; 147 I 372;
Kommentar:
Donatsch, Hans, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 1900

Entscheid des Verwaltungsgerichts BES.2023.117



Geschäftsnummer: BES.2023.117 (AG.2024.71)
Instanz: Appellationsgericht
Entscheiddatum: 25.01.2024 
Erstpublikationsdatum: 28.02.2024
Aktualisierungsdatum: 24.04.2024
Titel: Erkennungsdienstliche Erfassung und nichtinvasive Probenahme sowie DNA-Analyse
 
 

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Einzelgericht

 

 

BES.2023.117

 

ENTSCHEID

 

vom 25. Januar 2024

 

 

Mitwirkende

 

lic. iur. Liselotte Henz   

und Gerichtsschreiber MLaw Lukas von Kaenel

 

 

 

Beteiligte

 

A____, geb. [...]                                                          Beschwerdeführerin

Wohnort unbekannt                                                                Beschuldigte

vertreten durch [...], Advokatin,

[...]   

 

gegen

 

Staatsanwaltschaft Basel-Stadt                            Beschwerdegegnerin

Binningerstrasse 21, 4051 Basel

 

 

Gegenstand

 

Beschwerde gegen zwei Verfügungen der Staatsanwaltschaft

vom 11. August 2023

 

betreffend erkennungsdienstliche Erfassung und nicht invasive Probenahme sowie DNA-Analyse

 


Sachverhalt

 

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt führt gegen A____ ein Strafverfahren wegen Nötigung, Hausfriedensbruch und Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot. Konkret wird ihr die Teilnahme an einer Klimaaktion vom 11. August 2023 vorgeworfen, anlässlich welcher sich Aktivistinnen und Aktivisten mit Kletterausrüstung von der Dreirosenbrücke abseilten, um damit auf den Erdöltransport über den Rhein aufmerksam zu machen. Dabei sei der Schiffsverkehr blockiert worden. Am 11. August 2023 verfügte die Staatsanwaltschaft die erkennungsdienstliche Erfassung und die nicht invasive Probenahme eines Wangenschleimhautabstrichs von A____. Gleichentags ordnete sie die Erstellung eines DNA-Profils an.

 

Gegen diese Verfügung hat A____ (nachfolgend Beschwerdeführerin), vertreten durch [...], mit Eingabe vom 21. August 2023 Beschwerde an das Appellationsgericht erhoben. Sie beantragt, es seien die Verfügungen betreffend Anordnung der erkennungsdienstlichen Erfassung und nicht invasiven Probe­nahme sowie DNA-Analyse vom 11. August 2023 vollumfänglich aufzuheben. Darüber hinaus seien die abgenommenen DNA‑Proben und Fingerabdrücke umgehend zu vernichten und allfällige, bereits erfolgte Einträge in entsprechenden DNA‑ und daktyloskopischen Datenbanken umgehend zu löschen. Schliesslich seien die gesamte erkennungsdienstliche Behandlung und Erfassung, insbesondere ihre fotografische Erfassung, sowie sich darauf beziehende schriftliche Dokumentation umgehend zu löschen. Allfällige, bereits erfolgte Einträge in entsprechenden Datenbanken seien umgehend zu löschen. Insbesondere sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, die mit der Rundum-Kamera erhobenen Daten (3D-Gesichtsprofil) vollumfänglich zu löschen, alles unter o/e‑Kostenfolge. Prozessual beantragte die Beschwerdeführerin unter anderem die Beschwerdeverfahren gegen die beiden angefochtenen Verfügungen zusammenzulegen. Am 23. August 2023 stellte die verfahrensleitende Gerichtspräsidentin die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zur Stellungnahme zu und verfügte, dass entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführerin über beide angefochtenen Verfügungen im vorliegenden Beschwerdeverfahren BES.2023.117 entschieden werde. Mit Stellungnahme vom 25. September 2023 beantragt die Staatsanwaltschaft die kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin hat hierzu mit Eingabe vom 15. November 2023 repliziert, wobei sie an ihren Anträgen festhält. Am 16. November 2023 hat die Verteidigerin der Beschwerdeführerin ihre Honorarnote eingereicht. Mit Verfügung vom 8. Januar 2024 teilte die verfahrensleitende Präsidentin den Parteien mit, dass der auf telefonische Nachfrage per Mail zugestellte Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Region Bern‑Mittelland vom 16. März 2020 zu den Akten genommen und der Staatsanwaltschaft sowie der Verteidigerin eine entsprechende Kopie zur Kenntnisnahme zugestellt werde. Der vorliegende Entscheid ist aufgrund der Akten, einschliesslich der von der Staatsanwaltschaft eingereichten Verfahrensakten, ergangen. Die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.

 

 

Erwägungen

 

1.

Gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. a der Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) unterliegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft der Beschwerde an die Beschwerdeinstanz. Zuständiges Beschwerdegericht ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§ 88 Abs. 1 und § 93 Abs. 1 Ziff. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]), welches mit freier Kognition urteilt (Art. 393 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdeführerin ist durch die verfügten Zwangsmassnahmen unmittelbar berührt und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an deren Aufhebung bzw. Änderung, womit ihre Beschwerdelegitimation gegeben ist (Art. 382 Abs. 1 StPO). Die Beschwerde ist nach Art. 396 StPO form- und fristgemäss eingereicht worden, sodass auf sie einzutreten ist.

 

2.

Die Beschwerdeführerin macht zunächst eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, namentlich der Begründungspflicht, hinsichtlich der angefochtenen Verfügungen geltend.

 

2.1      Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, die erkennungsdienstlichen Massnahmen und der Wangenschleimhautabstrich (WSA) seien nicht notwendig zur Aufklärung der Anlasstat, zumal ihre Anwesenheit und Identität unbestritten und aufgrund des anlässlich der Verhaftung mitgeführten Identitätsausweises belegt sei. Die Staatsanwaltschaft behaupte zwar weiter, es gäbe erhebliche und konkrete Anhaltspunkte, dass sie, die Beschwerdeführerin, in andere – auch künftige – Delikte verwickelt sein könnte. Welche angeblich konkreten Anhaltspunkte bestünden und um was für Delikte es sich dabei handeln sollte, werde jedoch nicht ausgeführt. Die Staatsanwaltschaft unterlasse es also, die einzige Begründung darzulegen, die allenfalls erkennungsdienstliche Massnahmen rechtfertigen könnten. Ohne Nennung der angeblich konkreten Anhaltspunkte für weitere Delikte werde keine valable Begründung für die durchgeführten Zwangsmassnahmen gegeben. Auch hinsichtlich der verfügten DNA-Analyse bleibe die Staatsanwaltschaft eine konkrete Begründung schuldig. Statt abzuklären, ob tatsächlich Spuren zugeordnet werden könnten und müssten, werde generalklauselartig darauf verwiesen, dass dies bei der Aufklärung von Vergehen der Fall sein könnte. Dies ergebe sich bereits aus der Formulierung «geht es doch um die Aufklärung von Vergehen, bei welchen mitunter Spuren zugeordnet werden müssen». Das Wort «mitunter» zeige, dass hier nicht der Einzelfall betrachtet worden sei, sondern dass allgemein bei Vergehen ab und zu Spuren auszuwerten seien. Wiederum unterlasse es die Staatsanwaltschaft erhebliche und konkrete Anhaltspunkte zu nennen, aufgrund welcher die Annahme bestehe, dass sie, die Beschwerdeführerin, in weitere Delikte verwickelt sein könnte. Die Verfügungen seien nicht individualisiert und nicht klar formuliert (act. 3 Rz. 16 ff. und act. 14 S. 2 ff.).

 

2.2      Die erkennungsdienstliche Erfassung ist gemäss Art. 260 Abs. 3 Satz 1 StPO schriftlich anzuordnen und kurz zu begründen. An die Begründungsdichte dürfen jedoch keine übermässigen Anforderungen gestellt werden, was bereits durch die gesetzliche Formulierung zum Ausdruck kommt, welche lediglich eine «kurze» Begründung fordert. Wie umfassend diese Begründung sein muss, kann nicht mit einer allgemein gültigen Formel umschrieben werden (vgl. AGE BES.2021.54 vom 29. November 2021 E. 2.4, BES.2021.84 vom 21. Oktober 2021 E. 2.1, BES.2018.216 vom 7. Juni 2019 E. 3; Weber, in: Basler Kommentar, 3. Auflage 2023, Art. 199 StPO N 6). Nach der Rechtsprechung muss die Begründung einer erkennungsdienstlichen Erfassung DNA-Analyse auf die konkrete Situation des Einzelfalls Bezug nehmen (vgl. AGE BES.2021.54 vom 29. November 2021 E. 2.4, BES.2020.186 vom 5. März 2021 E. 3.3, BES.2020.23 vom 18. Mai 2020 E. 2.2.4, BES.2019.158 vom 17. Dezember 2019 E. 3.3, BES.2017.209 vom 14. August 2019 E. 4.3, BES.2018.148 vom 12. Februar 2019 E. 2.3).

 

Ob eine genügende Begründung vorliegt, beurteilt sich nicht nur aufgrund des Anordnungsdokuments. Zu berücksichtigen ist auch die übrige Aufklärung, die gegenüber dem Betroffenen anlässlich der Eröffnung des Befehls geleistet und dokumentiert wird. So werden namentlich die Bekanntgaben in einer gleichzeitig durchgeführten Einvernahme berücksichtigt. Entscheidend ist, ob für die betroffene Person insgesamt genügend klar erkennbar ist, was ihr vorgeworfen wird und weshalb die Massnahmen durchgeführt werden (vgl. AGE BES.2022.26 vom 17. Mai 2023 E. 2.2, BES.2021.54 vom 29. November 2021 E. 2.4, BES.2020.186 vom 5. März 2021 E. 3.3, BES.2019.18 vom 5. August 2019 E. 3.3.1, BES.2019.82 vom 30. Juli 2019 E. 3.2, BES.2018.206 vom 5. Juni 2019 E. 3.4, BES.2018.213 vom 23. April 2019 E. 3.3).

 

2.3      Die Staatsanwaltschaft weist in ihrer Stellungnahme (act. 7 S. 2 ff.) zunächst zu Recht darauf hin, dass sowohl aus dem Befehl zur erkennungsdienstlichen Erfassung und zur nicht invasiven Behandlung vom 11. August 2023 als auch der gleichzeitig ergangenen Verfügung betreffend DNA‑Analyse klar ersichtlich sei, welche Straftatbestände der Beschwerdeführerin vorgeworfen würden (Nötigung, Hausfriedensbruch und Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot), um welchen Tatzeitraum es sich handle (11. August 2023) und welche Zwangsmassnahmen sie folglich durchzuführen beabsichtige. Als Zweck werden einerseits die Identifizierung der Beschwerdeführerin und die Klärung der Anlasstat und andererseits die Aufklärung weiterer Delikte angegeben. So bestünden konkrete Anhaltspunkte für die Verwicklung der Beschwerdeführerin in solche weiteren Delikte und seien die angeordneten Massnahmen dabei zur Bestätigung Entkräftung geeignet. In der Verfügung betreffend DNA-Analyse gibt die Staatsanwaltschaft weiter an, es gehe «um die Aufklärung von Vergehen, bei welchen mitunter Spuren zugeordnet werden müssen». Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem Kontext der Aufklärung der Anlasstat, dass die Staatsanwaltschaft sich dabei durchaus auf die der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Vergehen (Nötigung und Hausfriedensbruch) bezieht. Wenn auch die Formulierung nicht ganz eindeutig sein mag, so ist nicht ersichtlich, welche anderen Interpretationsmöglichkeiten bestehen sollten, die der Beschwerdeführerin eine angemessene Anfechtung verwehren würden. Im Befehl zur erkennungsdienstlichen Erfassung und zur nicht invasiven Behandlung erwähnt die Staatsanwaltschaft denn auch, dass «diverses Beweismaterial» gesichert worden sei. Auch diesbezüglich scheint aufgrund des Kontexts naheliegend, dass die Staatsanwaltschaft damit ihre Absicht zu erkennen geben wollte, mit den angeordneten Massnahmen dieses Beweismaterial den beteiligten Personen zuzuordnen. Hinzu kommt, dass der Erlass dieser Verfügungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der gleichentags durchgeführten Einvernahme steht. Anlässlich dieser Einvernahme wurde der Beschwerdeführerin der gegen sie erhobene Vorwurf bereits einlässlich erläutert. Zudem wurden ihr auch diverse Fragen hinsichtlich einer Mitgliedschaft in einer Organisation, zu ihrer Beziehung zu den anderen beteiligten Personen und zu weiteren geplanten Aktionen gestellt. Bereits daraus durfte für die Beschwerdeführerin erkennbar gewesen sein, dass aus der Sicht der Staatsanwaltschaft offenbar Anhaltspunkte bestanden haben, dass sie in weitere Delikte involviert gewesen sei in Zukunft sein könnte. Angesichts der in den angefochtenen Verfügungen enthaltenen Kurzbegründungen und der anlässlich der Einvernahme erläuterten Vorwürfe ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Überlegungen, auf welche die Staatsanwaltschaft ihre Verfügung stützte, für die Beschwerdeführerin genügend erkennbar waren. Entsprechend war es ihr auch möglich, diese mit der vorliegenden Beschwerde sachgerecht anzufechten. Ob die vorgebrachten Begründungen der Staatsanwaltschaft – etwa, ob die angeordneten Zwangsmassnahmen zur Aufklärung der Anlasstat erforderlich sind – tatsächlich zutreffen, ist sodann im Rahmen der nachfolgenden Prüfung zu erörtern. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist daraus indes nicht abzuleiten.

 

3.

Sodann wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Verhältnismässigkeit der angeordneten Zwangsmassnahmen.

 

3.1

3.1.1   Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihr werde die Teilnahme an der Klimaaktion vom 11. August 2023 vorgeworfen. Diese Aktion sei nicht nur völlig friedlich abgelaufen, sondern habe überdies einen Zweck verfolgt, der dringender nicht sein könnte: Die Klimaerwärmung und den Zusammenhang zu fossilen Brennstoffen (hier vor allem das Erdöl) sowie die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Migration aufzuzeigen. Die damit verbundene Meinungsäusserung sei grundrechtlich geschützt, was bei der Verhältnismässigkeitsprüfung miteinbezogen werden müsse.

 

Weiter sei bereits in Frage gestellt, ob die angeordneten Zwangsmassnahmen zur Aufklärung der vorgeworfenen Straftat geeignet sei. Selbst wenn sich auf sichergestellten Gegenständen ihre Fingerabdrücke ihre DNA befänden, wäre dies noch kein Beweis für eine bestimmte Beteiligung, in Hinsicht auf allfällige DNA nicht einmal auf einen direkten Kontakt mit den Gegenständen. Fingerabdrücke könnten durch einen früheren Kontakt mit Gegenständen (z.B. auf dem Klimacamp) erklärbar sein, DNA-Spuren wären auch durch eine Sekundärübertragung möglich, da sie in Kontakt mit den Personen gekommen sein könnte, welche die Gegenstände angefasst hätten. Zudem sei sie mit Kletterausrüstung am Ufer von der Polizei angehalten worden. Daher würden weder die ED-Massnahmen noch die DNA-Analyse weiteres zur Aufklärung der Anlasstat beitragen.

 

In Bezug auf die Aufklärung weiterer Delikte würden in der Verfügung keine erheblichen und konkreten Anhaltspunkte im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dafür genannt, dass sie überhaupt in andere – auch zukünftige – Delikte von gewisser Schwere verwickelt sein könnte. Ihr werde aktuell kein Delikt gegen die körperliche sexuelle Integrität vorgeworfen. Mit dem Vorwurf der Nötigung und des Hausfriedensbruchs im Zusammenhang mit einer friedlichen Meinungsäusserung sei sodann nicht die Deliktsschwere erreicht, welche in der Interessenabwägung ausserhalb der Anlasstat die Erstellung und Aufbewahrung der ED/WSA-Daten resp. die Erstellung eines DNA-Profils zulassen würden. Mit Blick auf die anstehende StPO-Revision könne zudem der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung bezüglich der Zulässigkeit von DNA-Analysen auch zur Aufklärung künftiger Delikte nicht mehr gefolgt werden. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht selbst vor kurzem in einem Entscheid betreffend das Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft bei Haftentlassungsentscheiden dem VE‑StPO eine «Vorwirkung» zugesprochen habe. Dies lasse sich auf die Frage der Zulässigkeit einer WSA-Abnahme und Profilerstellung im Hinblick auf zukünftige Delikte übertragen, da in diesem Fall die Legislative ebenfalls klar gegen die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung entschieden habe und die Kompetenz inskünftig einzig dem Sachgericht nach einer Verurteilung und nicht der Staatsanwaltschaft bereits im Untersuchungsverfahren zuspreche. Dies habe bereits vor Inkrafttreten der Revision zu gelten, da es bisher keine explizite gesetzliche Regelung gegeben habe, welche dies erlaubt hätte. Vielmehr habe das Bundesgericht Art. 255 Abs. 1 lit. 1 StPO in diese Richtung ausgelegt. Eine DNA-Analyse zu präventivem Zweck verstosse zudem gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK, SR 0.101), wonach Eingriffe in die Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung nur zulässig seien, wenn sie sich auf eine gesetzliche Grundlage stützen könnten. Dies sei mit Art. 255 Abs. 1 lit. a StPO nicht gegeben. Überdies sei die verdachtsunabhängige Abnahme von DNA und die anschliessende Erstellung eines DNA-Profils «in einer demokratischen Gesellschaft [nicht] notwendig» (Art. 8 Abs. 2 EMRK), mithin unverhältnismässig (act. 3 Rz. 27 ff.).

 

3.1.2   Die Staatsanwaltschaft führt diesbezüglich in ihrer Stellungnahme aus, entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin seien die durchgeführten Massnahmen notwendig gewesen, um einerseits eine mögliche Identifizierung der Beschwerdeführerin und anderer betroffener Personen vorzunehmen bzw. diese zu bestätigen und andererseits das sichergestellte Beweismaterial zweifelsfrei zuzuordnen bzw. entsprechende DNA-Vergleiche durchzuführen. Die erkennungsdienstliche Erfassung durch das Abnehmen von Fotos diene primär der Erstellung des Signalements für den Abgleich mit dem Fotomaterial. Auch sei die Beschwerdeführerin daktyloskopisch behandelt worden. Ebenso sei die nicht invasive Probenahme mittels Wangenschleimhautabstrich ein wesentlicher Schritt im Rahmen der polizeilichen Ermittlung, um sicherzustellen, dass alle erforderlichen Informationen für eine geordnete Führung des Strafverfahrens vorlägen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass ihre Identität bereits zweifelsfrei bekannt gewesen sei, sei nicht zutreffend. Selbst wenn eine Identität aufgrund einer mitgeführten Identitätskarte angenommen werden könne, müssten diese Angaben in einem ordnungsgemässen Verfahren regelmässig überprüft werden, um mögliche Fälschungen Unstimmigkeiten auszuschliessen. Dies sei vor allem wichtig, wenn – wie vorliegend – die Beschwerdeführerin keinen festen Wohnsitz in der Schweiz habe und die angegebene Adresse in Deutschland noch bestätigt werden müsse. Die strafrechtliche Verantwortung der Beschwerdeführerin hänge zudem nicht einzig von ihrer alleinigen Anwesenheit, sondern auch von den individuellen Handlungen und Tatbeiträgen ab. Die erkennungsdienstlichen Massnahmen würden es ermöglichen, objektive Beweismittel zu erbringen, welche zur Klärung der Umstände und der Verantwortlichkeit von grosser Relevanz seien. Es zeige sich oft erst im Verlauf der Ermittlungen, wie entscheidend die Frage nach den individuellen Tatbeiträgen sei. Im vorliegenden Fall stelle sich beispielsweise die Frage, welche Aktivisten wo «gehangen» seien, welche Rolle die verschiedenen beteiligten Aktivisten innegehabt hätten, ob sie Gehilfen Mittäter gewesen seien und welche Gegenstände von wem mitgeführt worden seien. Diese Fragen beträfen die Zuordnung des verschiedenen Beweismaterials und seien von grosser Bedeutung für die Aufklärung des Sachverhalts.

 

Aufgrund des entschlossenen und zielgerichteten Vorgehens der Beschwerdeführerin am 11. August 2023, ohne grosse Rücksicht auf Einhaltung der Rechtsordnung, bestünden zudem durchaus konkrete Anhaltspunkte, dass sie als Klima-Aktivistin bereits Erfahrung im Kampf gegen sogenannte «Klimasünder», deren Vertreter und andere missliebige Personen habe. Dies werde auch durch ihre – dem Eindruck nach – grosse Vertrautheit mit anderen Beteiligten unterstützt. Mit anderen Worten gebe es durchaus konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie bereits in früheren vergleichbaren Situationen, auch zukünftig, auf ähnliche deliktische Weise in Erscheinung getreten sei bzw. treten werde. Es sei offensichtlich, dass in Fällen, wie den hier diskutierten Vorwürfen, die erkennungsdienstliche Erfassung sowie die DNA-Probenahme und -Profilerstellung durchgeführt werden müssten und dies keineswegs auf routinemässige Weise geschehe. Dies liege auch daran, dass die Beschwerdeführerin und andere Aktivisten, die an der Aktion teilgenommen hätten, von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht hätten. Daher werde zur Klärung des vorliegenden Verfahrens ausschliesslich auf objektive Beweismittel zurückgegriffen werden müssen.

 

Unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit würden derartige Massnahmen auch dazu dienen, die Rechte anderer unschuldiger Personen zu schützen. Zudem handle es sich für die Beschwerdeführerin um einen vergleichsweise geringen Eingriff in ihre Grundrechte. Da auf der anderen Seite die Aufklärung ihrer möglichen Beteiligung an Straftaten (Vergehen) im Vordergrund stünde, könnten die angeordneten Massnahmen als zumutbar angesehen werden (act. 7 S. 2 ff.).

 

3.1.3   Die Beschwerdeführerin entgegnet dem in ihrer Replik, sie habe die Schweizer Staatsbürgerschaft und nicht, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet, einen deutschen Ausweis. Wenn ein amtlicher Ausweis zur Identifikation nicht ausreiche, wie es die Staatsanwaltschaft darstelle, so müsste bei allen Personen, die einer Straftat verdächtigt würden, routinemässig eine ED-Erfassung vorgenommen werden, da sonst die Identifizierung nie zweifelsfrei möglich wäre. Denn ein Ausweis könnte ja immer gefälscht sein, und nur eine Erfassung mit Fotos und Fingerabdrücken könnte die Identität zweifelsfrei belegen. Dies sei jedoch eben gerade nicht zulässig. Habe eine Person einen amtlichen Ausweis dabei, und entspreche ihr Aussehen dem Foto auf diesem Ausweis, so sei sie als eindeutig identifiziert anzusehen. Zu den Fotos werde von der Staatsanwaltschaft vorgebracht, dass diese für die Erstellung des Signalements zum Abgleich mit dem Fotomaterial dienen würden. Wenn dem so wäre, die Fotos also einer Zuordnung dienen sollten, wer wo an der Brücke gehangen sei, dann würden ja Fotos der Kleidung ausreichen, ohne dass die Gesichter der Personen notwendig wären. Es könnte stattdessen (als weniger eingriffsintensive Massnahme) notiert werden, welche Person welche Kleidung getragen habe, womit sich Fotos der Personen erübrigen würden. Ihr werde zudem ohnehin vorgeworfen, sich vermummt zu haben, weshalb noch weniger ersichtlich sei, warum Fotos des Gesichts gemacht worden seien. Weiter bringe die Staatsanwaltschaft vor, dass verwendetes Material eindeutig zugeordnet werden solle. Sowohl Material, das sie, die Beschwerdeführerin, auf sich getragen habe, als auch Material, das von anderen Personen wieder nach oben auf die Brücke gezogen worden sein solle. Hier stelle sich die Frage, was genau durch die Zuordnung von Material zur Aufklärung der Anlasstat beigetragen werden solle. Sie sei noch an der Brücke hängend auf ein Polizeiboot gezogen worden. Die Anwesenheit an einem Seil an der Brücke sei also nicht bestritten. Welche Erkenntnisse im Hinblick auf die vorgeworfenen Straftaten sich also genau aus allfälligen Spuren an Seilen anderen Materialien ergeben solle, sei nicht klar. Aus Fingerabdrücken DNA-Spuren an Material würde sich maximal ein Kontakt mit diesen Materialien zu irgendeinem Zeitpunkt nachweisen lassen (wobei in Bezug auf DNA auch dies durch nachgewiesenermassen leicht erfolgende Sekundärübertragungen nicht eindeutig bewiesen wäre). Ein Kontakt mit den Materialien an sich wäre nicht strafbar, es handle sich nicht um illegale Materialien. Die Seile und Klettermaterialien seien zudem am Klima-Camp für alle zugänglich gewesen, und habe es Workshops gegeben, bei welchen das Material verwendet worden sei. Aus Spuren an sichergestellten Gegenständen lasse sich also kein Rückschluss auf die Begehung der vorgeworfenen Delikte ableiten.

 

In Bezug auf die von der Staatsanwaltschaft behaupteten konkreten Anhaltspunkte für weitere Delikte handle es sich lediglich um Mutmassungen. Aus dem aktuell laufenden Strafverfahren, in dem noch gar nicht entschieden sei, ob überhaupt ein Verstoss gegen die Rechtsordnung vorliege, werde abgeleitet, dass im gleichen Themenbereich «weitere militante Aktionen» begangen worden sein könnten. Die Definition des Begriffs «militant» werde dabei nicht genauer ausgeführt, solle aber wohl bedrohlich gewalttätig klingen. Auch die geltend gemachte «grosse Vertrautheit mit anderen Beteiligten» – woraus dies geschlossen werde und um welche anderen Beteiligten es sich handeln solle, werde nicht ausgeführt – sei kein solcher Anhaltspunkt. Bekanntschaft mit Personen sage noch nichts über das deliktische Verhalten einer Person aus. Es werde also mehrfach aus einer vermeintlichen Beobachtung ein Schluss auf mögliches deliktisches Verhalten gezogen, der nicht genauer erklärt werde. Die vorgeworfene Aktion selbst sei völlig friedlich gewesen, es seien dabei weder Menschen noch Sachen in Mitleidenschaft gezogen worden. Es sei weder eine Vorstrafe ihrerseits noch eine Kontrolle im Zusammenhang mit anderen Aktionen bekannt. Es seien also keine erheblichen und konkreten Anhaltspunkte ersichtlich, dass sie in unbekannte vergangene zukünftige Delikte verwickelt sein könnte. Die Staatsanwaltschaft vermische sodann die Schwere der Delikte der Anlasstat mit der Schwere der unbekannten vergangenen zukünftigen Delikte, wenn sie angebe, dass Nötigung und Hausfriedensbruch die vom Bundesgericht geforderte Schwere erreichen würden. Sie nenne also die Delikte der Anlasstat und scheine entweder davon auszugehen, dass vergangene zukünftige Delikte die gleichen Straftaten betreffen würden irgendwelche Anhaltspunkte für die genannten Straftaten bestünden, ohne dies aber genauer zu erläutern. Sie bleibe so so aber sowohl die erheblichen und konkreten Anhaltspunkte dafür schuldig, dass sie, die Beschwerdeführerin, andere Straftaten begangen haben noch begehen könnte als auch den Hinweis darauf, warum es sich allenfalls um die gleichen Straftaten handeln könnte, wie die aktuell vorgeworfenen. Damit würden auch in diesem Fall die Voraussetzungen für die Anordnung einer DNA-Analyse fehlen.

 

Schliesslich scheine die Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass Straftaten per se nicht «völlig friedlich» sein könnten. Gerade im von ihr mehrfach zitierten BGE 147 I 372 werde jedoch bei der Abwägung der Verhältnismässigkeit genau darauf Bezug genommen. Das Bundesgericht unterscheide darin zwischen zwar strafrechtlich relevantem aber friedlichem Verhalten und gewalttätigem Verhalten. Gehe es um eine friedliche Protestaktion, so sei dies in der Abwägung der Verhältnismässigkeit der Massnahmen klar miteinzubeziehen, und erscheine eine Zwangsmassnahme klar weniger verhältnismässig, als wenn es um gewalttätiges Verhalten gehe. Vorliegend sei also sehr wohl mit einzubeziehen, dass bei der Aktion keine Personen verletzt worden und kein Sachschaden entstanden sei. Die friedliche Protestaktion am Schluss der Stellungnahme noch in einen Kontext mit Kundgebungen zu stellen, bei denen es «regelmässig zu massiven Ausschreitungen, Gewaltdelikten und anderen Straftaten» käme, entbehre jeder Grundlage und lasse die notwendige Differenzierung vermissen. Nicht jede Kundgebung, bei der möglicherweise eine Straftat begangen werde, sei schwerwiegend genug, um die angeordneten Zwangsmassnahmen rechtfertigen zu können. Nicht jede Person die an einer Aktion ihre Meinung äussere, nehme deshalb auch an anderen und völlig anders gearteten Formen der Meinungsäusserung wie Kundgebungen Demonstrationen teil, bei denen es zu Ausschreitungen komme. Auch dieser Schluss der Staatsanwaltschaft erweise sich daher als unzulässig (act. 14 S. 2 ff.).

 

3.2     

3.2.1   Zur Aufklärung eines Verbrechens eines Vergehens kann von der beschuldigten Person eine Probe genommen und ein DNA-Profil erstellt werden (Art. 255 Abs. 1 lit. a StPO). Ein solches Vorgehen ist nicht nur möglich zur Aufklärung bereits begangener und den Strafverfolgungsbehörden bekannter Delikte, deren die beschuldigte Person verdächtigt wird. Wie aus Art. 259 StPO in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 lit. a des DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 2003 (SR 363, Stand am 23. Januar 2023) klarer hervorgeht, soll es die Erstellung eines DNA-Profils vielmehr auch erlauben, Täter von Delikten zu identifizieren, die den Strafverfolgungsbehörden noch unbekannt sind. Dabei kann es sich um vergangene künftige Delikte handeln. Das DNA-Profil kann so Irrtümer bei der Identifikation einer Person und die Verdächtigung Unschuldiger verhindern. Es kann auch präventiv wirken und damit zum Schutz Dritter beitragen. Auch hinsichtlich derartiger Straftaten bildet Art. 255 Abs. 1 lit. a StPO eine gesetzliche Grundlage für die DNA-Probenahme und -Profilerstellung (BGE 147 I 372 E. 2.1, 145 IV 263 E. 3.3; BGer 1B_387/2021 vom 19. Mai 2022 E. 3.1).

 

Art. 255 StPO ermöglicht aber nicht bei jedem hinreichenden Tatverdacht die routinemässige Entnahme von DNA-Proben, geschweige denn deren generelle Analyse (BGE 147 I 372 E. 2.1, mit weiteren Hinweisen). Vielmehr ist eine DNA-Probenahme und -Profilerstellung, die nicht der Aufklärung der Anlasstat dient, nur dann verhältnismässig, wenn erhebliche und konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die beschuldigte Person in andere – auch künftige – Delikte verwickelt sein könnte. Dabei muss es sich um Delikte von einer gewissen Schwere handeln. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die beschuldigte Person vorbestraft ist. Trifft dies nicht zu, schliesst das die Erstellung eines DNA-Profils nicht aus. Der Umstand fliesst vielmehr als eines von vielen Kriterien in die Gesamtabwägung ein und ist entsprechend zu gewichten (BGE 147 I 372 E. 4.2 und 4.3.2, 145 IV 263 E. 3.4, 141 IV 87 E. 1.3 und 1.4; BGer 1B_387/2021 vom 19. Mai 2022 E. 3.1). Umgekehrt bedeutet selbst das Vorliegen einer einschlägigen Vorstrafe nicht automatisch, dass die Erstellung eines DNA-Profils verhältnismässig ist. Die Vorstrafe ist stattdessen als eines von vielen Kriterien im Rahmen der umfassenden Verhältnismässigkeitsprüfung miteinzubeziehen (BGE 147 I 372 E. 4.3.2).

 

3.2.2   Das zur DNA-Probenahme und -Profilerstellung Ausgeführte gilt gleichermassen für die erkennungsdienstliche Erfassung gemäss Art. 260 Abs. 1 StPO, mit dem Unterschied, dass diese auch für Übertretungen angeordnet werden kann. Art. 260 Abs. 1 StPO erlaubt indessen ebenso wenig wie Art. 255 Abs. 1 StPO eine routinemässige erkennungsdienstliche Erfassung (BGE 147 I 372 E. 2.1; BGer 1B_387/2021 vom 19. Mai 2022 E. 3.2). Die erkennungsdienstliche Behandlung umfasst mehrere Teilaspekte, beschränkt sich aber auf die Feststellung Festhaltung äusserlich wahrnehmbarer Tatsachen, etwa mittels Fotografien der beschuldigten Person, mittels Festhalten von Grösse und Gewicht der beschuldigten Person mittels Abdrücken von Fingern, Handballen, Ohren, Füssen, Zähnen und anderen allenfalls relevanten Körperteilen (Botschaft StPO, in BBl 2006, S. 1085, 1243).

 

3.2.3   Erkennungsdienstliche Massnahmen und die Aufbewahrung der daraus gewonnenen Daten können das Recht auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 der Bundesverfassung [BV, SR 101]) und auf informationelle Selbstbestimmung berühren (Art. 13 Abs. 2 BV sowie Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention [SR 0.101]; BGE 147 I 372 E. 2.2, 136 I 87 E. 5.1, 128 II 259 E. 3.2). Der Eingriff in die körperliche Integrität durch die Entnahme eines Wangenschleimhautabstrichs bzw. durch die Abnahme von Fingerabdrücken, bei welchen die Haut weder verletzt noch Schmerzen zu erwarten sind, kann gemäss ständiger Rechtsprechung nicht als schwer eingestuft werden (BGE 147 I 372 E. 2.3, 145 IV 263 E. 3.4, 144 IV 127 E. 2.1). Während das Bundesgericht den Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung in seiner früheren Rechtsprechung ebenfalls als leicht eingestuft hatte (vgl. BGE145 IV 263 E. 3.4, 144 IV 127 E. 2.1, je mit Hinweisen), liess es neuerdings offen, ob an dieser Praxis festgehalten werden könne. Die diesbezügliche Kritik in der Lehre lege jedenfalls eine differenzierte Beurteilung der Eingriffsvoraussetzungen nahe (BGE 147 I 372 E. 2.3.1 ff.). Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und müssen durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt sowie verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 1–3 BV). In Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Vorgaben können Zwangsmassnahmen gemäss Art. 197 Abs. 1 StPO vielmehr nur ergriffen werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (lit. b), die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können (lit. c) und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (lit. d).

 

3.3      Wie bereits erwähnt, führt die Staatsanwaltschaft gegen die Beschwerdeführerin eine Strafuntersuchung wegen Verdachts auf Nötigung, Hausfriedensbruch und Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot. In Bezug auf den Vorwurf der Nötigung ist der hinreichende Tatverdacht gestützt auf die Akten zu bejahen: So geht aus dem Polizeirapport vom 11. August 2023 hervor, dass sich beim besagten Vorfall mehrere Aktivistinnen und Aktivisten mit Kletterausrüstung von der Dreirosenbrücke über die Schifffahrtsrinne des Rheins abgeseilt und Transparente installiert hätten. In der Folge sei die Schifffahrt durch die Schweizerischen Rheinhäfen aus Sicherheitsgründen über mehrere Stunden eingestellt worden. Auf der Brücke seien den in den Seilen hängenden Personen zudem weitere Personen aktiv unterstützend zur Seite gestanden. Zum einen seien diese teilweise über Funkgeräte mit den an der Brücke hängenden Aktivistinnen und Aktivisten in Kontakt gestanden und zum anderen hätten sie ihnen mit Seilen Taschen zukommen lassen, um persönliche Gegenstände abzutransportieren. Kurz vor dem Ende der Kundgebung habe eine Gruppe von ca. 50 Personen eine Schwimmdemonstration durchgeführt, wobei die Polizei erfolgreich verhindert habe, dass sich die hängenden Aktivistinnen und Aktivisten in diese Gruppe habe einreihen können. Die Beschwerdeführerin habe sich in den Rhein fallen lassen, wo sie dann in ein Boot der Feuerwehr habe geholt werden können. Weiter finden sich in den Akten diverse Fotos, unter anderem von den an der Dreirosenbrücke hängenden und im Wasser schwimmenden Aktivistinnen und Aktivisten, den sichergestellten Kleidern sowie der Kletterausrüstung. Auf einem Foto ist zudem ersichtlich, wie eine Aktivistin ein Aktivist (von der Kantonspolizei als die Beschwerdeführerin identifiziert) während dem Hängevorgang an der Brücke einen orangen Stoffsack bei sich hat und zudem gelbe Socken und braune Schuhe trägt. Bei einer Mitaktivistin auf der Brücke, [...], konnte sodann eine derartige orange Stofftasche samt braunen Schuhen sichergestellt werden, was auf einem weiteren Foto zu erkennen ist. Dies belegt den im Polizeirapport beschriebenen Abtransport der Kleider. Weiter soll sich in den Effekten der Beschwerdeführerin neben ihrer Identitätskarte verschiedenes Material wie eine Kletterausrüstung, bestehend aus einem Hosengurt, vier Nylonschlaufen, einem Aluring, einem Achter und zwei Karabiner sowie einem Funkgerät [...] und einem Helm befunden haben. Schliesslich ist in den Akten eine Auflistung der Schiffe zu finden, die aufgrund der Brückenaktion an ihrer Weiterfahrt gehindert worden sein sollen. Die daraus hervorgehende Wartezeit betrug zum Teil bis zu acht Stunden. Die Beschwerdeführerin selbst machte anlässlich der Einvernahme vom 11. August 2023 von ihrem Aussagenverweigerungsrecht Gebrauch. Aus ihren Eingaben im vorliegenden Beschwerdeverfahren geht indes hervor, dass sie ihre Teilnahme an der Kundgebung und die diesbezügliche Identifikation durch die Staatsanwaltschaft nicht bestreitet. Angesichts dieser Beweis- und Indizienlage lässt sich das Verhalten der Beschwerdeführerin vorläufig ohne weiteres unter den Tatbestand der Nötigung subsumieren. Damit ist der hinreichende Tatverdacht im Sinne von Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO gegeben.

 

Ob zusätzlich auch ein hinreichender Tatverdacht hinsichtlich eines Hausfriedensbruchs und einer Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot vorliegt, erscheint indessen fraglich. Dies kann vorliegend offenbleiben, zumal der Vorwurf der Nötigung ohnehin am schwersten wiegt und damit ein Vergehen im Raum steht, welches ganz grundsätzlich die in Frage stehenden Zwangsmassnahmen zulässt. In Bezug auf den Vorwurf des Hausfriedensbruchs bleibt immerhin anzumerken, dass sich in den Akten kein entsprechender gültiger Strafantrag findet. Lediglich der Polizeirapport enthält eine Bemerkung, wonach ein namentlich nicht bekannter Vertreter des Nationalen Strassenunterhaltsdienstes Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt habe. Hinsichtlich des Vorwurfs der Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot ist festzuhalten, dass dieser Tatbestand als Übertretung ausgestaltet ist und damit zumindest die Erstellung des DNA-Profils ohnehin nicht zu rechtfertigen vermag.

 

3.4      Alsdann ist zu prüfen, ob die angeordneten Zwangsmassnahmen verhältnismässig waren.

 

3.4.1   Gemäss den angefochtenen Verfügungen dienen die angeordneten Zwangsmassnahmen zunächst der Aufklärung der Anlasstat. Diesbezüglich gilt es indes festzuhalten, dass die Identifikation der Beschwerdeführerin als einer der Aktivistinnen, welche sich von der Brücke abseilten, bereits erstellt ist. Gemäss dem soeben Erwogenen liegen dazu diverse Beweise und Indizien vor. So sind sowohl ihre Anwesenheit als auch ihre Rolle insbesondere aufgrund ihrer Festnahme in flagranti, den in den Akten befindlichen Fotos, den teilweise bereits objektivierten Feststellungen der Polizei sowie den bei ihr sichergestellten Gegenständen, namentlich ihrer Identitätskarte und der Kletterausrüstung, rechtsgenüglich erstellt. Die Beschwerdeführerin ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren denn insoweit auch geständig. Die Staatsanwaltschaft vermag nicht aufzuzeigen, inwiefern die angeordneten Zwangsmassnahmen darüber hinaus noch für die Aufklärung des Sachverhalts geeignet sein könnten. Die Vorbringen der Staatsanwaltschaft sind allesamt abstrakter Natur. So zeigt sie nicht auf, welche Tatbeiträge konkret in Frage stünden und der Beschwerdeführerin noch zuzuordnen seien. Auch die abstrakte Möglichkeit, dass die mitgeführte Identitätskarte gefälscht sei Unstimmigkeiten vorliegen könnten, vermag offensichtlich nicht zu genügen, andernfalls stets Zweifel hinsichtlich der zutreffenden Identifikation bestünden und in jedem Fall weitere Zwangsmassnahmen anzuordnen wären. Eine solche routinemässige erkennungsdienstliche Erfassung bzw. DNA‑Analyse ist indes gerade nicht zulässig.

 

Da die Beschwerdeführerin zweifelsfrei und unbestrittenermassen an der Brückenaktion teilgenommen hat und die angeordneten Zwangsmassnahmen nach dem Gesagten nicht zur Aufklärung der laufenden Strafuntersuchung beitragen können, ist deren Zulässigkeit somit in Bezug auf allfällige weitere Delikte zu prüfen. Auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich alternativer Übertragungsmöglichkeiten von Fingerabdrücken sowie DNA-Spuren braucht daher nicht eingegangen werden.

 

3.4.2

3.4.2.1 Vorab ist jedoch auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin einzugehen, angesichts der StPO-Revision könne nur noch das Sachgericht die DNA-Probenahme und -profilerstellung hinsichtlich möglicher zukünftiger Delikte anordnen. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin würden diese Normen – ebenso wie die explizite Regelung in Art. 222 revStPO, wonach die Staatsanwaltschaft entgegen bisheriger bundesgerichtlicher Rechtsprechung über kein Beschwerderecht gegen Entscheide der Zwangsmassnahmengerichte in Haftsachen verfüge – bereits vor Inkrafttreten der revidierten StPO Vorwirkung beanspruchen (act. 3 Rz. 39 ff.).

 

3.4.2.2 Mit dem Inkrafttreten der neuen StPO am 1. Januar 2024 haben sich die Voraussetzungen für die Erstellung eines DNA-Profils teilweise geändert. Während unter altem Recht auch die Staatsanwaltschaft während der Untersuchung die Erstellung eines DNA-Profils zwecks Aufklärung allfälliger künftiger Delikte anordnen konnte (vgl. oben E. 3.2.1), darf dies gemäss den Art. 255 Abs. 1bis sowie Art. 257 revStPO neu nur noch das Sachgericht im Falle einer Verurteilung wegen eines Verbrechens Vergehens (Betticher, Die DNA-Analyse nach Schweizerischer Strafprozessordnung, Diss. Zürich 2023, Rz. 374; Fricker/Maeder, in: Basler Kommentar, 3. Auflage 2023, Art. 255 StPO N 39; Wohlers, DNA-Profil, in: Geth [Hrsg.], Die revidierte Strafprozessordnung, Basel 2023, Rz. 5.17 ff., 5.28). Da die angefochtene Verfügung indes am 11. August 2023, mithin vor dem Inkrafttreten der StPO‑Revision, erlassen wurde, fragt sich, ob die vorliegende Beschwerde unter altem neuen Recht zu beurteilen ist. Diesbezüglich zu beachten ist zunächst, dass gemäss den Übergangsbestimmungen der StPO ein Rechtsmittel nach bisherigem Recht zu beurteilen ist, sofern der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes gefällt worden ist (Art. 453 Abs. 1 StPO). Insofern ist vorliegend die alte Rechtslage massgebend.

 

3.4.2.3 Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, den neuen Bestimmungen käme analog dem Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft bei Haftentlassungsentscheiden bereits eine Vorwirkung zu, vermag daran nichts zu ändern. So hat das Appellationsgericht bereits mit Entscheid BES.2022.26 vom 17. Mai 2023 festgehalten, mit Art. 222 revStPO habe der Gesetzgeber ein Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, welches das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung entgegen dem Gesetzeswortlaut und unter Annahme eines gesetzgeberischen Versehens durch Richterrecht geschaffen habe (siehe bereits BGE 137 IV 22 E. 1), nunmehr ausdrücklich ausgeschlossen. So laute der Wortlaut von Art. 222 revStPO: «Einzig die verhaftete Person kann Entscheide über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- Sicherheitshaft bei der Beschwerdeinstanz anfechten», während der vorherige Wortlaut schlichtweg «[d]ie verhaftete Person» legitimiert habe. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichts sei angesichts des Ablaufens der Referendumsfrist und der damit einhergehenden Gewissheit des Inkrafttretens der revStPO die «seltene Konstellation» eingetreten, in welcher der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht habe, dass entgegen der Auffassung des Bundesgerichts kein gesetzgeberisches Versehen vorliege, sondern ein Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft nicht gewollt sei. Das Gewaltenteilungsprinzip erfordere daher eine unverzügliche Änderung der Rechtsprechung, wobei es sich nach Auffassung des Bundesgerichts «nicht um eine echte Vorwirkung […] [handle, da] keine neue Rechtsnorm vor ihrer Inkraftsetzung angewendet, sondern dem bereits bisher geltenden Gesetzestext zum Durchbruch verholfen» werde (zum Ganzen BGer 1B_614/2022 vom 10. Januar 2023 E. 2.4). Zudem habe das Bundesgericht festgehalten, dass sich die Änderung der Rechtsprechung im Bereich des strafprozessualen Haftverfahrens auch aus dem Grundrecht auf persönliche Freiheit ergebe, welches hier insbesondere das Interesse an der Rechtssicherheit überwiege (BGer 1B_614/2022 vom 10. Januar 2023 E. 2.4).

 

Im Rahmen der DNA-Analyse zur Aufklärung weiterer – auch künftiger – mit der Anlasstat nicht identischer Delikte verhält es sich gemäss den Erwägungen des Appellationsgerichts hingegen anders: Hier habe der Gesetzgeber vielmehr in Anlehnung an die bundesgerichtliche Rechtsprechung ausdrücklich die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft vorgesehen, eine DNA-Probe und die Erstellung eines DNA-Profils anzuordnen, «wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte anzunehmen ist, sie könnte weitere Verbrechen Vergehen begangen haben» (siehe Art. 255 Abs. 1bis revStPO, Hervorhebung hinzugefügt). Daneben habe der Gesetzgeber mit Blick auf DNA‑Analysen zur Aufklärung künftiger Delikte eine spezielle Regelung vorgesehen, welche diese nur noch auf Anordnung des Gerichts anlässlich einer Verurteilung hin erlaube (Art. 257 revStPO). Diese eigentliche Neuregelung betreffend die Aufklärung künftiger Delikte ergibt sich indessen – anders als das ausschliessliche Beschwerderecht der beschuldigten Person im Rahmen von Art. 222 StPO – nicht bereits aus der geltenden Fassung der StPO. Und die gefestigte bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen ein DNA-Profil erstellt werden dürfe, das nicht zur Aufklärung der Anlasstat erforderlich sei, entbehre – anders als jene zum Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft im Rahmen von Art. 222 StPO – nicht jeglicher gesetzlichen Grundlage. Vielmehr stütze sie sich auf eine weite Auslegung des geltenden Gesetzestextes von Art. 255 Abs. 1 StPO, der von DNA-Probenahmen und -Analysen zur «Aufklärung eines Verbrechens Vergehens» spreche, und vom Bundesgericht in Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 2 lit. a DNA-Profil-Gesetz gelesen werde, aus dem klar hervorgehe, dass die Erstellung eines DNA-Profils es auch erlauben müsse, Täter von Delikten zu identifizieren, die den Strafverfolgungsbehörden noch unbekannt seien (BGE 145 IV 263 E. 3.3 sowie oben E. 3.2.1, je mit weiteren Hinweisen). Diese Auslegung werde auch in der Literatur als dem gesetzgeberischen Willen entsprechend qualifiziert (Hans­jakob/Graf, in: Donatsch et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 2020, Art. 255 N 11). Vor diesem Hintergrund würde durch die geltend gemachte Vorwirkung der revStPO nicht analog dem angerufenen Bundesgerichtsentscheid (zum Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft) dem bisher geltenden Gesetzestext zum Durchbruch verholfen werden. Vielmehr läge darin eine echte Vorwirkung, wobei die positive Vorwirkung (im Sinne der Anwendung zukünftigen Rechts wie geltendes Recht) grundsätzlich unzulässig und die negative Vorwirkung (im Sinne der Aussetzung alten Rechts bis zur Inkraftsetzung neuen Rechts) nur zulässig sei, wenn sie vom geltenden Recht vorgesehen werde und daneben weitere Anforderungen gegeben seien (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Auflage, Zürich/St. Gallen 2020, Rz. 298 ff. m.w.N.). Diese Voraussetzungen seien vorliegend indes offensichtlich nicht erfüllt (vgl. AGE BES.2022.26 vom 17. Mai 2023 E. 3.5.1).

 

3.4.2.4 Die Beschwerdeführerin kann mithin weder aus Art. 257 revStPO noch aus der angerufenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung etwas zu ihren Gunsten ableiten. Demzufolge ist die Zulässigkeit der vorliegend angeordneten DNA-Analyse nachfolgend unter dem Blickwinkel der alten Rechtslage zu beurteilen.

 

3.4.3 Soweit die Beschwerdeführerin weiter vorbringt, eine DNA-Analyse zu präventivem Zweck verstosse mangels gesetzlicher Grundlage gegen Art. 8 EMRK (act. 3 Rz. 43), ist ihr ebenfalls nicht zu folgen. Das Bundesgericht hat unter der alten und vorliegend massgeblichen Rechtslage wiederholt dargelegt, dass mit Art. 255 Abs. 1 lit. a StPO auch eine gesetzliche Grundlage für die Erstellung eines DNA-Profils im Hinblick auf allfällige zukünftige Delikte von gewisser Schwere vorliege (BGE 147 I 372 E. 4.1, 145 IV 263 E. 3.3). Es besteht vorliegend kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

 

3.4.4   Näher zu prüfen ist nachfolgend hingegen das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, die strittigen Zwangsmassnahmen im Hinblick auf die Aufklärung weiterer Straftaten seien unverhältnismässig.

 

3.4.4.1 Es ist unbestritten, dass die Aufklärung vergangener und die Verhinderung zukünftiger Straftaten mittels erkennungsdienstlicher Massnahmen im öffentlichen Interesse liegen. Sowohl die erkennungsdienstliche Erfassung als auch die DNA‑Profilerstellung sind zudem grundsätzlich geeignet, zur Aufklärung von bereits begangenen künftigen Delikten beizutragen, sofern DNA-Spuren bzw. Fingerabdrücke sichergestellt werden können, anhand welcher die Täterschaft identifiziert werden könnte.

 

3.4.4.2 Das Verhältnismässigkeitsprinzip verlangt weiter, dass eine behördliche Mass­nahme für das Erreichen des im öffentlichen im privaten Interesse liegenden Zieles nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich ist und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als zumutbar erweist. Es muss eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation vorliegen (vgl. BGE 147 I 372 E. 4.2, 146 I 70 E 6.4, mit Hinweisen). Wie bereits erwähnt, ist die Erstellung eines DNA‑Profils, das – wie vorliegend – nicht der Aufklärung der Anlass dazu gebenden Straftaten eines laufenden Strafverfahrens dient, nur dann verhältnismässig, wenn erhebliche und konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die beschuldigte Person in andere – auch künftige – Delikte verwickelt sein könnte. Dabei muss es sich um Delikte von einer gewissen Schwere handeln (vgl. BGE 147 I 372 E. 4.2, 145 IV 263 E. 3.4, mit Hinweisen).

 

3.4.4.3 Im Nachfolgenden ist daher zu prüfen, ob solche Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund welcher die angeordneten Zwangsmassnahmen erforderlich sind, um das öffentliche Interesse an der Aufklärung und Verhinderung von Straftaten von einer gewissen Schwere zu wahren.

 

Die der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Teilnahme an der Klimaaktion vom 11. August 2023 vorgeworfene Nötigung (Art. 181 StGB) stellt gemäss abstrakter Strafandrohung ein Vergehen (Art. 10 Abs. 3 StGB) dar. Bei der Beurteilung der erforderlichen Deliktsschwere kommt es nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung indes weder einzig auf die Ausgestaltung als Antrags- bzw. Offizialdelikt noch auf die abstrakte Strafdrohung an. Vielmehr sind das betroffene Rechtsgut und der konkrete Kontext miteinzubeziehen, wobei eine präventive erkennungsdienstliche Erfassung Erstellung eines DNA-Profils sich nach Auffassung des Bundesgerichts «insbesondere [d.h. nicht ausschliesslich] dann als verhältnismässig [erweist], wenn die besonders schützenswerte körperliche bzw. sexuelle Integrität von Personen bzw. unter Umständen auch das Vermögen (Raubüberfälle, Einbruchdiebstähle) bedroht» sind, mithin «ernsthafte Gefahren für wesentliche Rechtsgüter drohen» (BGE 147 I 372 E. 4.3.1, BGer 1B_171/2021 vom 6. Juli 2021, mit weiteren Nachweisen). Nach der Rechtsprechung können Delikte hinreichender Schwere unter Umständen sogar bei einer Sachbeschädigung mit hohem Schaden bejaht werden (BGer 1B_17/2019 vom 24. April 2019 E. 4.1 f., teilweise publiziert in BGE 145 IV 263).

 

Wie die Beschwerdeführerin zu Recht geltend macht, werden ihr vorliegend zwar keine Delikte gegen die besonders schützenswerte körperliche sexuelle Integrität vorgeworfen. Zudem liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass die in Frage stehende Kundgebung nicht friedlich verlaufen wäre. Nichtsdestotrotz ist festzuhalten, dass die Brückenaktion – anders als andere friedliche Kundgebungen – mit einer erheblichen abstrakten Gefahr sowohl für die Aktivistinnen und Aktivisten selber als auch für unbeteiligte Dritte verbunden war. In diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist nämlich, dass die auf dem Rhein verkehrenden grossen Schiffe einen enormen Bremsweg haben. Es ist nicht davon auszugehen, dass sämtliche Schiffe im Falle einer unerwarteten Blockade durch Aktivistinnen und Aktivisten rechtzeitig und sicher bremsen bzw. ausweichen können. Diesem Risiko durften sich auch die Beteiligten bewusst gewesen sein. Hinzu kommt, dass mit dadurch verursachten Verspätungen der Transportschiffe erhebliche finanzielle Nachteile einhergehen können. Insofern ist eine menschliche Blockade des Schiffsverkehrs, was das Gefahren- und Schadenspotenzial anbelangt, nicht vergleichbar mit einer friedlichen Sitzblockade vor einem Bankgebäude (vgl. BGE 147 I 372 E. 4.3.1). Unter diesen Umständen erfüllt die der Beschwerdeführerin vorliegend vorgeworfene Nötigung die erforderliche Schwere.

 

Was sodann die Anhaltspunkte für weitere Delikte von einer gewissen Schwere anbelangt, ist zunächst hervorzuheben, dass die Beschwerdeführerin entgegen ihren Vorbringen bereits vorbestraft ist. Gemäss dem rechtskräftigen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Bern‑Mittelland vom 16. März 2020 wurde die Beschwerdeführerin wegen Hausfriedensbruchs zum Nachteil der Einwohnergemeinde [...] zu einer Geldstrafe von 24 Tagessätzen à CHF 30.–, mit bedingtem Strafvollzug, verurteilt. Hintergrund war die Teilnahme an einer Hausbesetzung der Räumlichkeiten des [...] an der [...] in [...]. Der Beschwerdeführerin wird nun eine Straftat in einem ähnlichen Umfeld zur Last gelegt. Anlässlich der vorliegend in Frage stehenden Brückenaktion vom 11. August 2023 kam ihr als «hängende» Aktivistin gar eine tragende Rolle im Rahmen der Kundgebung zu. Gemäss den Angaben im Polizeirapport war sie während der Aktion zudem vermummt. Der Ablauf der Aktion sowie die mitgeführte und benützte Kletterausrüstung lassen darüber hinaus auf eine intensive Planung und Vorbereitung schliessen, was im Hinblick auf die Prognosestellung anders zu bewerten ist als eine Spontanaktion. Auch unter Berücksichtigung ihrer Vorstrafe ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in einer politischen Gruppierung verankert ist, die vor der Begehung von Straftaten nicht zurückschreckt (vgl. dazu ähnlich BGer 1B_284/2018 vom 13. Dezember 2018 E. 2.3). Schliesslich ist eine Steigerung in ihrer Deliktsintensität zu beobachten, zumal die vorliegend zur Diskussion stehende Aktion nach dem Gesagten ein erhebliches Schadenspotenzial aufwies.

 

Angesichts der aufgeführten Umstände bestehen ernstliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit in Straftaten von ähnlicher Schwere verwickelt war bzw. in Zukunft sein könnte. Die angeordneten Zwangsmassnahmen sind im Hinblick auf weitere Delikte als Beweismassnahmen auch deshalb erforderlich, weil die Beschwerdeführerin sich im Strafverfahren bisher völlig passiv verhält und zu sämtlichen Vorhalten keine Aussagen macht. Eine fehlende Mitwirkung wäre denn auch in zukünftigen Verfahren zu erwarten, in welchen die Identifikation der Täterschaft – anders als vorliegend – nicht bereits erstellt ist. Es handelt sich vorliegend somit nicht um eine routinemässige erkennungsdienstliche Erfassung bzw. Erstellung eines DNA‑Profils. Das Aufklärungsinteresse an den zu erwarteten Straftaten überwiegt gegenüber den damit verbundenen Grundrechtseingriffen. Die angeordneten Zwangsmassnahmen erweisen sich nach dem Gesagten somit als verhältnismässig.

 

4.

4.1      Die Beschwerde ist nach dem Erwogenen abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO die unterliegende Beschwerdeführerin dessen Kosten zu tragen, welche auf CHF 800.– festzusetzen sind (vgl. § 21 Abs. 2 des Gerichtsgebührenreglements [SG 154.810]).

 

4.2      Die beantragte Parteientschädigung ist zufolge Unterliegens abzuweisen. Da sich den Akten weder ein entsprechendes Gesuch noch ein Nachweis der Mittellosigkeit entnehmen lässt, ist ihr auch keine amtliche Verteidigung für das vorliegende Beschwerdeverfahren zu gewähren.

 

 

Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):

 

://:        Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

Die Beschwerdeführerin trägt die ordentlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens mit einer Gebühr von CHF 800.–, einschliesslich Auslagen.

 

Mitteilung an:

-       Beschwerdeführerin

-       Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

 

APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT

 

Die Präsidentin                                                         Der Gerichtsschreiber

 

 

lic. iur. Liselotte Henz                                               MLaw Lukas von Kaenel

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.

 



 
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