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Urteil Appellationsgericht (BS - BES.2020.186 (AG.2021.183))

Zusammenfassung des Urteils BES.2020.186 (AG.2021.183): Appellationsgericht

Der Beschwerdeführer A____ wurde beschuldigt, an einer Pokalfeier des FC Basel einen Angestellten angegriffen zu haben. Er erhob Beschwerde gegen die erkennungsdienstliche Erfassung und Probenahme, die von der Staatsanwaltschaft angeordnet wurden. Das Appellationsgericht Basel-Stadt wies die Beschwerde ab und entschied, dass A____ die Gerichtskosten von CHF 800.- tragen muss.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts BES.2020.186 (AG.2021.183)

Kanton:BS
Fallnummer:BES.2020.186 (AG.2021.183)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid BES.2020.186 (AG.2021.183) vom 22.03.2021 (BS)
Datum:22.03.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Befehl für erkennungsdienstliche Erfassung (Art. 260 StPO) und nicht-invasive Probenahme (Art. 255 StPO)
Schlagwörter: Staatsanwalt; Akten; Staatsanwaltschaft; Erfassung; Wachmann; Person; Basel; PDF-Akten; Begründung; DNA-Profil; Recht; Befehl; Massnahmen; Einvernahme; Probe; Fussball; Probenahme; Erstellung; Personen; Barfüsserplatz; Anordnung; DNA-Profils; Verfahren; Aufklärung; Delikte; Beschuldigte; Vergehen
Rechtsnorm: Art. 199 StPO ;Art. 255 StPO ;Art. 260 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 428 StPO ;Art. 48 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts BES.2020.186 (AG.2021.183)

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Einzelgericht



BES.2020.186


ENTSCHEID


vom 5. März 2021



Mitwirkende


lic. iur. Liselotte Henz

und Gerichtsschreiber Dr. Urs Thönen




Beteiligte


A____, geb. [...] Beschwerdeführer

[...] Beschuldigter

gegen


Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Beschwerdegegnerin

Binningerstrasse 21, 4001 Basel



Gegenstand


Beschwerde gegen eine Verfügung der Staatsanwaltschaft

(Kriminalkommissär) vom 15. September 2020


betreffend erkennungsdienstliche Erfassung (Art. 260 StPO)

und nicht-invasive Probenahme (Art. 255 StPO)



Sachverhalt


Gegen A____ (Beschwerdeführer) führt die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt ein Strafverfahren. Ihm wird vorgeworfen, am 3. Juni 2017 anlässlich einer Pokalfeier des FC Basel auf dem Barfüsserplatz zusammen mit einem Mittäter einen Angestellten des B____-Sicherheitsdienstes mit Fäusten angegriffen und verletzt zu haben. Die beiden Angreifer hätten auch dessen Mobiltelefon beschädigt.


Auf schriftliche Vorladung hin (act. 3) wurde der Beschwerdeführer am 15. September 2020 polizeilich befragt (Einvernahmeprotokoll, PDF-Akten S. 135). Sodann wurde ihm der polizeiliche Befehl für erkennungsdienstliche Erfassung und nicht-invasive Probenahme mittels Wangenschleimhautabstrich (WSA) gegen Unterschrift ausgehändigt und die darin genannten Massnahmen vollzogen. In der Folge wurde kein DNA-Profil erstellt. Der zuständige Staatsanwalt vermerkte in den Akten mit Eintrag vom 18. September 2020: «Verzicht auf DNA-Erstellung» (PDF-Akten S. 54).


Mit Beschwerde vom 25. September 2020 erhebt der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Befehl für erkennungsdienstliche Erfassung und nicht-invasive Probenahme. Er beantragt dessen kostenfällige Aufhebung und die Vernichtung der erhobenen Daten. Im Eventualpunkt ersucht er um unentgeltliche Prozessführung. Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Vernehmlassung vom 3. Dezember 2020 die kostenfällige Abweisung der Beschwerde und die Nichtgewährung der unentgeltlichen Prozessführung.


Nachdem der Beschwerdeführer am 30. Dezember 2020 beim Beschwerdegericht Akteneinsicht genommen hat, hält er mit Replik vom 7. Januar 2021 (Postaufgabe) an seinen Anträgen fest. Mit Duplik vom 5. Februar 2021 hat sich die Staatsanwaltschaft nochmals zum Ablauf und den Zuständigkeiten betreffend Anordnung der Probenahme und zum allfälligen Folgeentscheid über deren Auswertung (Erstellung des DNA-Profils) geäussert. Diese Duplik ist dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zugestellt worden.


Der vorliegende Entscheid ist aufgrund der Akten ergangen, einschliesslich der elektronischen Verfahrensakten der Staatsanwaltschaft, die vorliegend als «PDF-Akten» zitiert werden. Die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich - soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind - aus den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen


1.

Gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. a der Strafprozessordnung (StPO, SR312.0) unterliegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft der Beschwerde an die Beschwerdeinstanz. Der Beschwerdeführer ist durch die angeordneten bzw. bereits vorgenommenen Zwangsmassnahmen unmittelbar berührt und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an ihrer Aufhebung bzw. Änderung, womit die Beschwerdelegitimation gegeben ist (Art. 382 Abs. 1 StPO). Die Beschwerde ist nach Art. 396 StPO form- und fristgemäss eingereicht worden, sodass darauf einzutreten ist. Zuständiges Beschwerdegericht ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§§88 Abs. 1 und 93 Abs. 1 Ziff. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG154.100]). Die Kognition des Beschwerdegerichts ist frei und daher nicht auf Willkür beschränkt (Art. 393 Abs.2 StPO).


2.

Der Beschwerdeführer beruft sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach erkennungsdienstliche Erfassungen nicht routinemässig erfolgen dürfen. In seinem Fall seien keine Gründe für die erkennungsdienstliche Erfassung ersichtlich. Weiter kritisiert er die Begründung des angefochtenen Befehls, die lediglich einen Textbaustein enthalte. Die vorgeworfene Tat liege über drei Jahre zurück. Dem Befehl lasse sich nicht entnehmen, weshalb Fingerabdrücke und ein DNA-Profil notwendig sein sollen. Auch anlässlich des Termins bei der Staatsanwaltschaft seien dafür keine Gründe genannt, sondern lediglich ein Foto vorgelegt worden. Insoweit sei das rechtliche Gehör verletzt.


Die Staatsanwaltschaft verwehrt sich gegen den Vorwurf der routinemässigen Abnahme und der ungenügenden Begründung. Sie macht geltend, die angeordneten Massnahmen beruhten auf einem konkreten Deliktsvorwurf gegen den Beschwerdeführer, nämlich dem Vorgang vom 3. Juni 2017 (Angriff auf einen Wachmann anlässlich der Pokalfeier des FC Basel). Der angegriffene Wachmann habe ein Foto des Beschwerdeführers aufgenommen, welches durch das aktuelle erkennungsdienstliche Foto ergänzt werde und zur Deliktsaufklärung der Taten im Dunstkreis von FC-Basel-Anhängern unabdingbar sei. Weiter verweist die Staatsanwaltschaft auf die Vorwürfe vom 25.Mai 2019 und vom 19. September 2019, die sich ebenfalls gegen den Beschwerdeführer richten (separat geführtes Verfahren betreffend zweimaliges Abbrennen von Notsignalfackeln im Fussballstadion). Zur Gehörsrüge führt die Staatsanwaltschaft aus, dem Beschwerdeführer seien die Hauptvorwürfe in der Einvernahme vom 15. September 2020 bekanntgegeben worden, bevor der WSA vorgenommen worden sei.


Der Beschwerdeführer antwortet in der Replik, dass ihm die Vernichtung der Probe nicht mitgeteilt worden sei. Weiter lägen die Vorwürfe betreffend Pyrotechnik ausserhalb des Streitgegenstandes und seien daher nicht zu hören. Sodann gebe es (nicht näher bezeichnete) Aussagen von Auskunftspersonen, wonach der Wachmann den fraglichen Vorfall provoziert habe und der Nasenbeinbruch nicht vom Beschwerdeführer verursacht worden sei.


3.

3.1 Bei der erkennungsdienstlichen Erfassung nach Art. 260 Abs. 1 StPO, welche der Abklärung des Sachverhalts, insbesondere der Feststellung der Identität einer Person, dient, werden die Körpermerkmale einer Person festgestellt und Abdrücke von Körperteilen genommen. Erkennungsdienstliche Massnahmen und die Aufbewahrung der Daten können das Recht auf persönliche Freiheit (Art.10 Abs.2 der Bundesverfassung [BV, SR101]) und auf informationelle Selbstbestimmung (Art.13 Abs.2 BV und Art.8 der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK, SR 0.101]) berühren (BGE136 I 87 E.5.1 S.101, 128 II 259 E.3.2 S.268). Dabei ist von einem leichten Grundrechtseingriff auszugehen, der sich unter den Voraussetzungen von Art.36 BV als zulässig erweist (BGE144 IV 127 E.2.1 S.133, 134 III 241 E.5.4.3 S.247). Die erkennungsdienstliche Erfassung ist gemäss Art. 260 Abs.3 Satz 1 StPO schriftlich anzuordnen und kurz zu begründen. An die Begründungsdichte dürfen jedoch keine übermässigen Anforderungen gestellt werden, was bereits durch die gesetzliche Formulierung zum Ausdruck kommt, welche lediglich eine «kurze» Begründung fordert. Wie umfassend diese Begründung sein muss, kann nicht mit einer allgemein gültigen Formel umschrieben werden (vgl.BES.2018.216 vom 7.Juni 2019 E. 3; Weber, in: Basler Kommentar StPO, 2.Auflage 2014, Art. 199 N6).


Art.255 Abs.1 lit.a StPO ermächtigt zur Entnahme einer DNA-Probe der beschuldigten Person und zur Erstellung eines DNA-Profils zur Aufklärung eines Verbrechens eines Vergehens, wobei nach Abs.2 die Polizei die nicht-invasive Probenahme anordnen kann. Die Anordnung der Auswertung (DNA-Profil) muss indessen durch die Staatsanwaltschaft das Gericht erfolgen (BGE141 IV 87 E.1.3.2). Im Unterschied zur erkennungsdienstlichen Erfassung schreibt das Gesetz für die DNA-Probenahme und die Profilerstellung keine schriftliche Anordnung vor (vgl. Art. 255 und Art. 199 StPO; ebenso BGer 1B_324/2013 vom 24. Januar 2014 E.2.2). Gleichwohl unterliegen diese Anordnungen in der Praxis einer Begründungspflicht (vgl. hiernach E. 3.3).

3.2 Die erkennungsdienstliche Erfassung und die Abnahme des WSA zwecks Erstellung eines DNA-Profils stellen Zwangsmassnahmen dar. Solche können gemäss Art.197 Abs. 1 StPO nur dann ergriffen werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (lit.b), die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können (lit.c) und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (lit.d). Soweit diese Massnahmen nicht der Aufklärung der Straftaten eines laufenden Strafverfahrens dienen, sind sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur dann verhältnismässig, wenn erhebliche und konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die beschuldigte Person in andere - auch künftige - Delikte verwickelt sein könnte. Dabei muss es sich um Delikte von einer gewissen Schwere handeln. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die beschuldigte Person vorbestraft ist. Trifft dies nicht zu, schliesst das die Erstellung eines DNA-Profils nicht aus, sondern es fliesst als eines von vielen Kriterien in die Gesamtabwägung ein und ist entsprechend zu gewichten (BGE141 IV 87 E.1.3 und 1.4 S.90ff.; BGer1B_17/2019 vom 24. April 2019 E. 3.4, 1B_185/2017 vom 21. August 2017 E. 3).


3.3 Nach der Rechtsprechung muss die Begründung einer erkennungsdienstlichen Erfassung DNA-Analyse auf die konkrete Situation des Einzelfalls Bezug nehmen (vgl. AGE BES.2020.23 vom 18. Mai 2020 E.2.2.4, BES.2019.158 vom 17.Dezember 2019 E. 3.3, BES.2017.209 vom 14. August 2019 E. 4.3, BES.2018. 148 vom 12.Februar 2019 E. 2.3). Ob eine genügende Begründung vorliegt, beurteilt sich nicht nur aufgrund des Anordnungsdokuments (Befehl). Zu berücksichtigen ist auch die übrige Aufklärung, die gegenüber dem Betroffenen anlässlich der Eröffnung des Befehls geleistet und dokumentiert wird. So werden namentlich die Bekanntgaben in einer gleichzeitig durchgeführten Einvernahme berücksichtigt. Entscheidend ist, ob für den Betroffenen insgesamt genügend klar erkennbar ist, was ihm vorgeworfen wird und weshalb die Massnahmen durchgeführt werden (vgl. AGE BES. 2019.18 vom 5.August 2019 E.3.3.1, BES.2019.82 vom 30. Juli 2019 E. 3.2, BES. 2018.206 vom 5.Juni 2019 E.3.4, BES.2018.213 vom 23. April 2019 E. 3.3).


4.

4.1 Aus den Ermittlungsakten ergibt sich folgender Sachverhalt: Am 3. Juni 2017, 19:10 Uhr, wurde der für den B____-Sicherheitsdienst arbeitende C____ im Rahmen einer Pokalfeier des FC Basel auf dem Barfüsserplatz von mehreren Personen angegriffen, nachdem er vier Personen, welche beim Barfüsserplatz ein Baugerüst hochklettern wollten, darauf hingewiesen hatte, dass dies verboten sei und er deshalb die Polizei rufen werde. Wegen des Verhaltens der vier Personen nahm er sein Handy hervor und erstellte ein paar Fotos der Gruppe. Plötzlich kam eine Person («Beschuldigter 1») auf ihn zu und riss ihm das Mobile aus den Händen, welches dadurch zu Boden fiel und kaputtging. In der Folge kam es zwischen den beiden Personen zu einem Gerangel, in dessen Verlauf der Beschuldigte 1 dem Wachmann einen Faustschlag auf die Nase verpasste. Zudem gesellte sich auch noch ein «Beschuldigter 2» (später ermittelt als der Beschwerdeführer) dazu und schlug dem Wachmann seinerseits mit der Faust auf den Hinterkopf. C____ stellte gleichentags Strafantrag wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung. Ein Arztzeugnis der Notfallstation des Universitätsspitals Basel, welches die Körperverletzungen dokumentiert, liegt vor. Anhand der sichergestellten Fotos konnte der Beschwerdeführer durch einen Mitarbeiter der dezentralen Fachstelle Fussball als einer der Beschuldigten (Beschuldigter 2) am 20. März bzw. 24. März 2020 identifiziert werden (PDF-Akten S. 79, 87 f.). Dem Beschwerdeführer wird weiter vorgeworfen, anlässlich von zwei Fussballspielen (25. Mai und 19. September 2019) im Stadion St. Jakob Park, «Muttenzerkurve», mitten im Publikum in einer der vordersten Reihen bzw. in der 5.Reihe jeweils eine Notsignalfackel abgebrannt zu haben und kurz vor deren Erlöschen diese auf den Boden gelegt bzw. diese zwischen den nicht besetzten Sitzplatzreihen 4 und 5 auf den Boden geworfen und sich anschliessend vom Tatort entfernt zu haben. Dabei sei der Beschwerdeführer vermummt gewesen. Da er nach der Tat jeweils die Kapuze seiner Jacke hinunterzog, konnte er dennoch identifiziert werden.


Am 15. September 2020 wurde der Beschwerdeführer in Zusammenhang mit der körperlichen Attacke auf den Wachmann auf der Staatsanwaltschaft zur Sache befragt. Dabei wurde ihm die Gewalttat gegen den Wachmann auf dem Barfüsserplatz vorgehalten. Der Beschwerdeführer machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Sodann wurde dem Beschwerdeführer bei der gleichen Gelegenheit der angefochtene Befehl für erkennungsdienstliche Erfassung und nicht-invasive Abnahme eines WSA eröffnet. In der schriftlichen Anordnung wurden die Zwangsmassnahmen damit begründet, dass dem Beschwerdeführer ein Vergehen Verbrechen vorgeworfen werde und die Massnahmen zur Identifizierung und Sachverhaltsabklärung für allfällige spätere Verfahren sachdienlich und notwendig seien. Gleichzeitig erhielt der Beschwerdeführer das sog. Merkblatt. Mit Verfügung vom 18. September 2020 eröffnete der Staatsanwalt ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung (PDF-Akten S 57). Gleichentags verfügte er, auf die Erstellung eines DNA-Profils zu verzichten (PDF-Akten S.54).


4.2 Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist zunächst der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft auf die Erstellung eines DNA-Profils ausdrücklich verzichtet hat. Soweit sich die Beschwerde also gegen eine Profilerstellung wendet, geht sie an der Sache vorbei. Zur Beurteilung steht vorliegend alleine die erkennungsdienstliche Erfassung und die DNA-Probenahme mittels eines Wattestäbchens. Zur Beurteilung dieser Massnahmen ist auszuführen, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte (Aussagen des Wachmannes, Fotografie) ein Tatverdacht bestand, der dem Beschwerdeführer in der Einvernahme anlässlich der Eröffnung des Befehls vorgehalten wurde, und zwar unter Nennung der belastenden Aussage des Geschädigten und unter Vorlage der Fotografie der tatverdächtigen Personen. Die Verletzungen am Kopf des Wachmannes sind durch den polizeilichen Rapport vom 3. Juni 2017, die Verletzungsfotografien und ein ärztliches Zeugnis der Notfallstation des Universitätsspitals Basel dokumentiert (PDF-Akten S.60, 64, 70). Zu berichtigen ist einzig das in der Einvernahme genannte Datum des Vorfalls (Einvernahmeprotokoll S. 2 = PDF-Akten S. 136). Die Gewalttat gegenüber dem Wachmann ereignete sich am 3. Juni 2017, nicht am 3. März 2017 (Polizeirapport, PDF-Akten S.60). Ansonsten stimmen die bekanntgegebenen Details aber mit der Sach- und Aktenlage überein (Pokalfeier auf dem Barfüsserplatz, Erklimmung des Baugerüsts, Verletzung des Wachmanns), so dass der Vorwurf richtig eingeordnet werden konnte. Der Beschwerdeführer war vor der Einvernahme von der polizeilichen Fachstelle Fussball auf dem vorgelegten Foto als einer der Verdächtigen identifiziert worden (Rapport vom 24. März 2020 = PDF-Akten S. 87 f.). In der Einvernahme vom 15.September 2020 wurde ihm folgerichtig die Teilnahme an einer gewalttätigen Auseinandersetzung vorgehalten.


Das vorgeworfene Körperverletzungsdelikt ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bedroht; es handelt sich also um ein Vergehen, für dessen Aufklärung sowohl die erkennungsdienstliche Behandlung als auch die Abnahme eines WSA vorgesehen ist (Art. 123 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 3 des Strafgesetzbuchs [StGB, SR 311.0]; Art.255 Abs. 1 StPO). Bei konkreter Betrachtung des Verdachtsfalls muss gesagt werden, dass die Faustschläge gegen den Kopf zielten, weshalb eine ernstzunehmende Gewalttat vorliegt. Zudem wurde die vorgeworfene Tat an einem Anlass mit grossem Personenaufkommen auf einem öffentlichen Platz begangen. Deswegen ist es nicht nur zur korrekten Identifikation, sondern auch zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlich, die verschiedenen zur Verfügung stehenden erkennungsdienstlichen Mittel (Fotografien, Vergleichsfotografien, Fingerabdrücke) einzusetzen. Die erkennungsdienstlichen Fotografien tragen als Vergleichsfotografien dazu bei, die verantwortlichen Personen auf den zur Tatzeit angefertigten Fotos zu erkennen und in den Akten zu dokumentieren. Sie erlauben überdies auch einen Vergleich mit den in Befragungen erhobenen Täterbeschreibungen. Insgesamt besteht an der Aufklärung der Gewalttat gegen den Wachmann ein erhebliches öffentliches Interesse, welches das private Interesse des Tatverdächtigen an seiner persönlichen Freiheit und der informationellen Selbstbestimmung überwiegt. Die erkennungsdienstliche Erfassung des Beschwerdeführers erweist sich als rechtmässig. Der Vorwurf der routinemässigen Durchführung ist bei der gegebenen konkreten Verdachtslage offensichtlich unhaltbar.


4.3 Mag die erkennungsdienstliche Behandlung auch für die Aufklärung des Übergriffs auf den Wachmann nicht mehr erforderlich gewesen sein, so zeigt doch das zweite hängige Verfahren, dass dem Beschwerdeführer inzwischen zwei weitere Vergehen vorgeworfen werden, welche sich wieder im Rahmen eines Fussballereignisses abgespielt haben. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers entfaltet der «Streitgegenstand» in der vorliegenden Konstellation keine Sperre für die Berücksichtigung dieser strafrechtlichen Vorwürfe. Vielmehr sind gemäss der Rechtsprechung zur erkennungsdienstlichen Erfassung und DNA-Abnahme konkrete Hinweise auf andere Delikte zu berücksichtigen, wobei es sich dabei um bereits erfolgte auch um künftige, zu befürchtende Straftaten handelt (hiervor E. 3.2).


Bei den beiden Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz [SprstG, SR 941.41]) gemäss (nicht rechtskräftigem) Strafbefehl vom 6.Oktober 2020 handelt es sich um Vergehen (Art. 37 Ziff. 1 Satz 1 SprstG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 3 und Art. 333 Abs. 2 lit. b StGB). Dem Beschwerdeführer werden Taten vom 25.Mai 2019 und vom 19. September 2019 zur Last gelegt, als er anlässlich von Fussballspielen im Stadion Notsignalfackeln gezündet habe (vgl. Strafbefehl, PDF-Akten S. 31 f.). Bei solchem deliktischen Vorgehen ist es für die Ermittlungen entscheidend, über das entsprechende erkennungsdienstliche Material zu verfügen. Aufgrund der Verdachtslage wegen Körperverletzung und wegen mehrfachen Vergehens gegen das Sprengstoffgesetz besteht die berechtigte Besorgnis, dass der Beschwerdeführer in weitere, auch künftige Straftaten verwickelt sein könnte, bei denen es zu körperlichen Schädigungen anderer Menschen kommt, sei es durch Faustschläge gegen empfindliche Körperteile wie den Kopf, sei es durch das Abbrennen von Notsignalfackeln während Fussballspielen, wodurch es namentlich auch zu Verbrennungen anderer Fussballfans Sportler kommen kann. Diese konkret zu befürchtenden Delikte weisen eine erhebliche Schwere auf, weshalb die erkennungsdienstliche Erhebung seiner Körpermerkmale auch insoweit rechtmässig ist.


4.4 Anzumerken bleibt, dass der Beschwerdeführer bei der gegebenen Ausgangslage durchaus mit der DNA-Profilerstellung hätte rechnen müssen. So hat das Berner Obergericht in einem Strafverfahren wegen Zündens einer Handlichtfackel durch einen Vermummten während eines Fussballspiels die DNA-Analyse als zulässig erachtet (Entscheid BK 16 304 vom 28. Oktober 2016, publiziert in: CAN 2017 Nr. 34 S.107 und forumpoenale 6/2017 S. 384, mit kritischer Besprechung von Vetterli). Entsprechend wäre die DNA-Analyse wohl auch im Falle des Beschwerdeführers zulässig gewesen. Jedenfalls kann der Beschwerdeführer aus dem Unterbleiben der DNA-Analyse nichts zu seinen Gunsten ableiten.


4.5 Der Beschwerdeführer rügt schliesslich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Was die angeblich mangelhafte Begründung des Befehls angeht, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer vor Durchführung der Zwangsmassnahmen wegen der Delikte, für welche diese angeordnet wurden, befragt wurde. Unter diesem Aspekt darf die Begründung der Massnahmen durchaus kürzer ausfallen, wie dies in der Rechtsprechung des Appellationsgerichts immer wieder bestätigt wurde (vgl. hiervor E. 3.3). Der Beschwerdeführer wurde am 15. September 2020 während 40Minuten einvernommen. Er wurde mit dem Vorfall am Barfüsserplatz, mit den Aussagen des Wachmannes und der Fotografie, die den Beschwerdeführer zur Tatzeit zeigen soll, konfrontiert. Die Verdachtslage wurde detailliert und - mit Ausnahme der irrtümlichen Datumsangabe (vgl. hiervor E. 4.2) - zutreffend geschildert. Der Beschwerdeführer verweigerte seine Aussagen. Aufgrund der Schilderungen der Untersuchungsbeamtin in der Befragung des Beschwerdeführers, die im Einvernahmeprotokoll über mehrere Seiten hinweg niedergeschrieben wurden, ist zu schliessen, dass dem Beschwerdeführer völlig klar war, welche Delikte zur Diskussion stehen und was ihm genau vorgeworfen wird. Seine Gehörsrüge erweist sich daher als unbegründet.


5.

Aus dem Gesagten folgt, dass die Beschwerde abzuweisen ist.


Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer dessen ordentliche Kosten mit einer Gebühr von CHF 800.- zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 21 Abs. 2 des Gerichtsgebührenreglements [GGR, SG 154.810]). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, da sich die Beschwerde bei der gegebenen Verdachtslage und Begründungssituation als offensichtlich aussichtslos erweist.



Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):


://: Die Beschwerde wird abgewiesen.


Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.


Der Beschwerdeführer trägt die ordentlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens mit einer Gebühr von CHF 800.-, einschliesslich Auslagen.


Mitteilung an:

- Beschwerdeführer

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber

lic. iur. Liselotte Henz Dr. Urs Thönen



Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.



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