Zusammenfassung des Urteils BES.2019.6 (AG.2019.333): Appellationsgericht
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat über eine Beschwerde entschieden, die sich gegen die Nichtanhandnahme einer Strafanzeige richtete. Der Beschwerdeführer hatte Strafanzeige wegen Betrugs, Nötigung und Amtsmissbrauchs erstattet, die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt jedoch entschieden, die Anzeige nicht weiter zu verfolgen. Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung dieser Entscheidung und die Weiterleitung des Falls an eine andere Staatsanwaltschaft. Das Gericht wies die Beschwerde ab und entschied, dass der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens tragen muss.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | BES.2019.6 (AG.2019.333) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 18.03.2019 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Nichtanhandnahme |
Schlagwörter: | Staatsanwaltschaft; Basel; Basel-Stadt; Nichtanhandnahme; Anzeige; Auflage; Recht; Verfügung; Rechnung; Kommentar; Verfahren; Schweiz; Appellationsgericht; Beschwerdegegner; Prozessordnung; Interesse; Schweizerische; Nichtanhandnahmeverfügung; Verfahren; Einzelgericht; Beschuldigte; Aufhebung; Akten; Entscheid; Person; Anzeige; Schweizerischen; Verfahrens |
Rechtsnorm: | Art. 310 StPO ;Art. 322 StPO ;Art. 41 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 48 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Donatsch, Hans, Schweizer, Fingerhuth, Hansjakob, Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Art. 41 OR StPO, 2014 |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Einzelgericht |
BES.2019.6
ENTSCHEID
vom 18. März 2019
Mitwirkende
lic. iur. Christian Hoenen
und Gerichtsschreiberin MLaw Sibylle Kuntschen
Beteiligte
A____ Beschwerdeführer
[...]
gegen
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Beschwerdegegnerin 1
Binningerstrasse21, 4051Basel
B____ Beschwerdegegnerin 2
[...] Beschuldigte
C____ Beschwerdegegner
[...] Beschuldigter
Gegenstand
Beschwerde gegen eine Verfügung der Staatsanwaltschaft
vom 16. Januar 2019
betreffend Nichtanhandnahme
Sachverhalt
Am 2. November 2018 stellte die B____ (Beschwerdegegnerin 2) A____ (Beschwerdeführer) Rechnung unter anderem für die Besichtigung, Wertabklärung und Lagerung seiner Postlieferung aus England in der Höhe von CHF 13.- sowie für deren Verzollung in der Höhe von insgesamt CHF 22.25 (CHF 16.- und 3% vom Warenwert).
Mit Eingabe vom 15. Dezember 2018 erstattete der Beschwerdeführer bei der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Strafanzeige gegen die Beschwerdegegnerin 2 und den C____ (Beschwerdegegner) wegen Betrugs, Nötigung und Amtsmissbrauchs. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt verfügte am 16. Januar 2019 gestützt auf Art.310 der Strafprozessordnung (StPO, SR312.0) die Nichtanhandnahme der Strafanzeige.
Gegen diese Verfügung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 21. Januar 2019. Er beantragt darin sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Die Sache sei sodann an eine andere Staatsanwaltschaft zu überweisen. Ausserdem wird um Amtshilfe der Wettbewerbskommission (Weko) und der Berner Staatsanwaltschaft Jura-Seeland ersucht. Der Appellationsgerichtspräsident hat die Akten bezogen, auf die Einholung von Vernehmlassungen aber verzichtet (Art. 390 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.
Erwägungen
1.
1.1 Gemäss Art.393 Abs.1 lit.a in Verbindung mit 20 Abs. 1 lit.b StPO unterliegen Verfügungen der Staatsanwaltschaft der Beschwerde an die Beschwerdeinstanz. Für Einstellungsverfügungen wird dies in Art. 322 Abs. 2 StPO ausdrücklich hervorgehoben. Beschwerden gegen Nichtanhandnahmeverfügungen sind gemäss Art. 310 Abs. 2 StPO analog zu behandeln (vgl. Omlin, in: Basler Kommentar, 2.Auflage 2014, Art.310 StPO N 26).
1.2 Zur Beschwerde legitimiert ist jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung Änderung eines Entscheides hat (Art.382 Abs. 1 StPO). Der Begriff Partei wird umfassend im Sinne von Art.104 und 105 StPO verstanden. Neben der beschuldigten Person, der Staatsanwaltschaft und der Privatklägerschaft kann auch jede andere am Verfahren beteiligte Person, wie namentlich die Anzeige erstattende Person, zur Beschwerde legitimiert sein, sofern sie sich am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt hat beziehungsweise von diesem berührt ist und ein rechtlich geschütztes Interesse geltend machen kann (Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2.Auflage, Zürich 2014, Art.382N2; Schmid/Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3.Auflage, Zürich/St. Gallen 2018, Art.382 N1f.; AGEBES.2017.100 vom 25.Juli 2017 E.1.2). Der Beschwerdeführer ist als Anzeigesteller durch die Nichtanhandnahme grundsätzlich selbst und unmittelbar in seinen Interessen tangiert, da die angezeigten Delikte zu seinem Nachteil begangen worden sein sollen. Entsprechend hat er ein Interesse an der Aufhebung der Nichtanhandnahmeverfügung, welches ihn zur Beschwerdeerhebung legitimiert.
1.3 Die Beschwerde ist gemäss Art.396 StPO form- und fristgerecht eingereicht und begründet worden, so dass auf sie einzutreten ist. Zuständiges Beschwerdegericht ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§§88 Abs.1 in Verbindung mit 93 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]). Die Kognition des Beschwerdegerichts ist frei und somit nicht auf Willkür beschränkt (Art.393 Abs.2 StPO).
2.
Gemäss Art.310 Abs.1 lit. a StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme, sofern aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände eindeutig nicht erfüllt sind. Eine Nichtanhandnahmeverfügung hat zu ergehen, wenn der Fall allein aufgrund der Akten sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht klar und bereits aus den Akten ersichtlich ist, dass der zur Beurteilung vorliegende Sachverhalt mit Sicherheit unter keinen Straftatbestand fällt, so dass die Führung eines Verfahrens geradezu aussichtslos erscheint. Die fraglichen Tatbestände können als eindeutig nicht erfüllt erachtet werden, wenn gar nie ein Verdacht hätte geschöpft werden dürfen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Strafanzeige unglaubhaft ist sich keine deliktsrelevanten Anhaltspunkte feststellen lassen. Die Staatsanwaltschaft darf namentlich eine Untersuchung erst eröffnen, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO). Die zur Eröffnung einer Strafuntersuchung erforderlichen tatsächlichen Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein. Bei Vorliegen der in Art.310 StPO genannten Gründe darf die Staatsanwaltschaft kein Strafverfahren eröffnen, sondern muss eine Nichtanhandnahmeverfügung erlassen - die Vorschrift hat zwingenden Charakter (Omlin, a.a.O., Art.310 StPO N 6 ff.; AGEBES.2017.100 vom 25. Juli 2017 E. 2).
3.
3.1 Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt ihre Zuständigkeit nicht geprüft habe. Seine Strafanzeige habe sich gar nicht gegen die Beschwerdegegnerin 2 gerichtet. Er habe gegen die in Basel Ansässige Firma vorgehen wollen, die im Absender der beanstandeten Rechnung ersichtlich sei. Bei einem Strafverfahren gegen die Beschwerdegegnerin 2 wäre nicht die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, sondern die Berner Staatsanwaltschaft zuständig gewesen. Ausserdem gründeten die in Rechnung gestellten Verzollungskosten nicht auf einer Verfügung mit Rechtsgrundlage und Rechtsmittelbelehrung. Eine lediglich im Internet publizierte Preisliste genüge dafür nicht, weshalb ein Betrug vorliege. Eine Nötigung sieht der Beschwerdeführer darin, dass vor Aushändigung der bestellten Ware diese Kosten bezahlt werden müssten (act.2).
3.2 Will eine Partei die Zuständigkeit der mit dem Strafverfahren befassten Behörde anfechten, so hat sie dieser unverzüglich die Überweisung des Falles an die zuständige Strafbehörde zu beantragen (Art. 41 Abs. 1 StPO). Unverzüglichkeit ist gefordert, weil die Hinnahme der nach Meinung der betreffenden Partei unzuständigen Behörde während längerer Zeit als Anerkennung des Gerichtsstandes durch konkludentes Verhalten gewertet werden kann und weil auch der Grundsatz von Treu und Glaube (Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO) Unverzüglichkeit gebietet (Riklin, StPO Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2014, Art.41 N1). Aus dem nachweislich verspäteten Antrag kann auf die Absicht einer missbräuchlichen Verschleppung des Verfahrens geschlossen werden (Kuhn, in: Basler Kommentar, 2.Auflage 2014, Art.41 StPO N 5).
Umstritten ist in der Lehre, ob der Beschwerdeführer als Anzeigeerstatter überhaupt einen Parteiantrag nach Art. 41 Abs. 1 StPO stellen darf (dafür: Kuhn, a.a.O., Art.41 StPO N 1; dagegen: Fingerhuth/Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2. Auflage, Zürich 2014, Art.41 N1; Lieber, a.a.O., Art.104 N19). Selbst wenn dies der Fall sein sollte, läge vorliegend ein Missbrauch dieses Antragrechts vor, hat der Beschwerdeführer doch selbst Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt eingereicht und darin die Beschwerdegegnerin 2, welche Ausstellerin der beanstandeten Rechnung ist, als Beschuldigte angegeben. Durch sein Verhalten hat der Beschwerdeführer damit den Gerichtsstand im Kanton Basel-Stadt anerkannt.
3.3 Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt legt nachvollziehbar dar, die erhobenen Kosten für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Importverzollung durch die Beschwerdegegnerin 2 liessen sich auf deren Website einsehen (act., besucht am 1. April 2019). Diese Bemessungsgrundlage von vorliegend CHF242.-, welche der Veranlagungsverfügung MWST entnommen werden und vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird, setzt sich aus dem Warenwert von CHF207.72 und den vom Beschwerdeführer beanstandeten Kosten von insgesamt CHF35.25 zusammen. Wie die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt zutreffend festhält, lässt sich der Rechnung der Hinweis auf die elektronisch verfügbare Veranlagungsverfügung MWST entnehmen, welche mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen ist (act. 1 S. 1). Ein strafbares Verhalten ist nicht ersichtlich. Inwiefern dem Beschwerdegegner ein solches zur Last zu legen wäre, ist ebenso wenig erkennbar. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt hat die Strafanzeige daher zu Recht nicht an die Hand genommen.
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer dessen Kosten (Art.428 Abs.1 Satz1 StPO). Die Gebühr ist vorliegend auf CHF300.- zu bemessen.
Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):
://: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit einer Gebühr von CHF 300.- (einschliesslich Kanzleiauslagen).
Mitteilung an:
- Beschwerdeführer
- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt
- Beschwerdegegnerin 2
- Beschwerdegegner
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Präsident Die Gerichtsschreiberin
lic. iur. Christian Hoenen MLaw Sibylle Kuntschen
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
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