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Urteil Appellationsgericht (BS)

Kopfdaten
Kanton:BS
Fallnummer:BES.2018.170 (AG.2019.21)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid BES.2018.170 (AG.2019.21) vom 03.12.2018 (BS)
Datum:03.12.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Rechtsverzögerung
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 10 StGB ; Art. 163 StGB ; Art. 382 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 42 BGG ; Art. 48 BGG ; Art. 5 StPO ; Art. 70 StGB ; Art. 73 StGB ;
Referenz BGE:126 IV 255; 133 IV 158; 134 IV 185;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Einzelgericht



BES.2018.170



ENTSCHEID


vom 3. Dezember 2018



Mitwirkende


lic. iur. Liselotte Henz

und Gerichtsschreiber Dr. Beat Jucker




Beteiligte


A____, [...] Beschwerdeführer

[...]

vertreten durch B____, Advokat,

[...]


gegen


Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Beschwerdegegnerin

Binningerstrasse21, 4001 Basel



Gegenstand


Beschwerde betreffend


Rechtsverzögerung


Sachverhalt


Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt führt aufgrund einer Verdachtsmeldung der Bank C____ (zeitweise D____, heute Bank G____) seit dem 1. Oktober 2014 gegen A____ (Beschwerdeführer) ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Geldwäscherei (Art. 305bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches [StGB, SR311.0]). Dem Beschwerdeführer wird zusammenfassend vorgeworfen, bei der Bank C____ angelegte Vermögenswerte im Wert von rund EUR800000.-, von welchen er gemäss Formular A als wirtschaftlich Berechtigter geführt wird, in einem Deutschen Insolvenzverfahren, welches in den Jahren 2005 bzw. 2006 gegen ihn geführt wurde, verschwiegen und sich damit (in Deutschland) eines Konkursdelikts sowie gleichzeitig (in der Schweiz) der Geldwäscherei schuldig gemacht zu haben.


Im Rahmen des zur Diskussion stehenden Strafverfahrens wies die Staatsanwaltschaft mit Verfügung an Finanzintermediäre vom 2. Oktober 2014 die Bank C____ an, das entsprechende Konto sofort zu sperren und die Vermögenswerte möglichst sicher, werterhaltend und Ertrag bringend anzulegen. Am 26.Mai 2016 sistierte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer unbefristet mit der Begründung, dass abgewartet werden müsse, ob in Deutschland ein Nachtragsverteilungsverfahren durchgeführt werde, in welchem die in der Schweiz beschlagnahmten Vermögenswerte miteinbezogen und zu Gunsten der Gläubiger verwendet würden. Mit Verfügung vom 6. August 2018 teilte die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer auf seine Nachfrage hin mit, dass das Nachtragsverteilungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei und sie deshalb an der Sistierung festhalte.


Mit Schreiben vom 3. Oktober 2018 gelangte der Beschwerdeführer an das Appellationsgericht und verlangt, im gegen seine Person laufenden Strafverfahren eine Rechtsverzögerung durch die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt festzustellen und dieselbe anzuweisen, das Verfahren beförderlich zu behandeln (unter o/e-Kostenfolge zu Lasten der Staatsanwaltschaft). Die Staatsanwaltschaft hat dazu mit Schreiben vom 10.Oktober 2018 Stellung bezogen und beantragt, die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen. Hierzu hat der Beschwerdeführer am 25. Oktober 2018 repliziert, woraufhin am 15.November 2018 eine Duplik der Staatsanwaltschaft einging.


Der vorliegende Entscheid ist aufgrund der Akten (einschliesslich der Verfahrensakten der Staatsanwaltschaft) ergangen. Die Einzelheiten der Standpunkte ergeben sich - soweit für den Entscheid von Belang - aus den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen


1.

1.1 Gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 lit. b der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) unterliegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Staatsanwaltschaft der Beschwerde an die Beschwerdeinstanz. Damit können gemäss Art. 393 Abs. 2 lit. a StPO unter anderem Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung gerügt werden. Beschwerdefähig sind diesfalls auch Unterlassungen der Staatsanwaltschaft. Zur Beurteilung zuständig ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§ 88 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 Abs. 1 Ziff. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]), das nach Art. 393 Abs. 2 StPO mit freier Kognition urteilt.


1.2 Beschwerden wegen Rechtsverzögerung bzw. Rechtsverweigerung sind an keine Rechtsmittelfrist gebunden (Art. 396 Abs. 2 StPO; Guidon, in: Basler Kommentar, 2. Auflage 2014, Art. 396 StPO N 17 f.). Zur Beschwerde legitimiert ist jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids hat (Art. 382 Abs. 1 StPO). Der Beschwerdeführer macht die behauptete Rechtsverzögerung in einem ihn selbst betreffenden Strafverfahren geltend und ist deshalb zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist demnach einzutreten.


2.

2.1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen gemäss Art. 29 der Schweizerischen Bundesverfassung (BV, SR 101) Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist. Eine Rechtsverweigerung liegt vor, wenn eine Behörde eine ihr obliegende hoheitliche Verfahrenshandlung verweigert, obschon eine Pflicht zum Tätigwerden bestünde. Unter die Rechtsverzögerung sind Fälle zu subsumieren, in denen sich die Behörde zwar bereit zeigt, das Geschäft zu behandeln, den Entscheid jedoch nicht innerhalb der Zeit fällt, die nach der Natur der Sache und der Gesamtheit der übrigen Umstände angemessen erscheint (vgl. Guidon, a.a.O., Art. 396 StPO N 17 f.; AGE BES.2017.56 vom 27.April 2017 E. 4.1).


2.2 Eine besondere Bedeutung hat das Rechtsverzögerungsverbot im Strafrecht. Gemäss dem in Art.5 Abs.1 StPO, Art.29 Abs.1 BV und Art.6 Ziff.1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK, SR 0.101) statuierten Beschleunigungsgebot sind die Behörden verpflichtet, das Strafverfahren voranzutreiben. Ziel des Beschleunigungsgebots ist es, zu verhindern, dass die beschuldigte Person unnötig lange über die gegen sie erhobenen Vorwürfe im Unwissen belassen und den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt wird (Summers, in: Basler Kommentar, 2.Auflage 2014, Art. 5 StPO N 1; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Auflage, Zürich 2016, N 1046; statt vieler: BGE 133 IV 158 E. 8 S.170).


2.3 Verletzungen des Beschleunigungsgebots manifestieren sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in einer zu langen Dauer entweder der Gesamtheit des Verfahrens oder einzelner Verfahrensabschnitte (BGer 6B_605/2014 vom 22. Dezember 2014 E. 2.2). Die Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer entzieht sich indes starren Regeln. Vielmehr ist jeweils eine Gesamtwürdigung der fallspezifischen Umstände vorzunehmen. Neben dem Verhalten der Strafverfolgungsbehörde sind auch weitere Faktoren, wie etwa der Umfang und die Komplexität des Falles, das Verhalten der in die Untersuchung involvierten Personen, die Schwere der zu untersuchenden Delikte und die Zumutbarkeit für die beschuldigte Person zu berücksichtigen (BGE 133 IV 158 E. 8 S. 170, 130 I 269 E. 3.1 S. 273; BGer 6B_249/2015 vom 11. Juni 2015 E. 2.4; Summers, a.a.O., Art. 5 StPO N 7).


2.4 Es kann von den Strafbehörden nicht verlangt werden, dass sie sich ständig mit einem Fall beschäftigen. Es ist unvermeidlich, dass ein Verfahren Zeiten aufweist, während denen nichts unternommen wird. Eine Rechtsverzögerung liegt demnach vor, wenn die Behörde bei objektiver Betrachtung des Einzelfalls in der Lage gewesen wäre oder dies hätte sein müssen, das Verfahren oder den Verfahrensabschnitt innert wesentlich kürzerer Zeit abzuschliessen. Dies ist insbesondere in Fällen zu bejahen, in denen die Behörde über mehrere Monate untätig geblieben ist oder durch unnötige Massnahmen Zeit verschwendet hat (Wohlers, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2.Auflage 2014, Art.5 N9; AGE BES.2017.79 vom 12.September 2017 E.2.2, BES.2017.56 vom 27. April 2017 E.4.1).


3.

Gemäss Art 314 Abs. 1 lit. b StPO kann die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung sistieren, wenn der Ausgang des Strafverfahrens vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängt. Eine Sistierung steht im Spannungsverhältnis zum Beschleunigungsgebot, weshalb von einer vorläufigen Einstellung des Verfahrens nur sehr zurückhaltend Gebrauch zu machen ist bzw. eine Sistierung nur dann in Frage kommt (der zuständigen Behörde kommt ein Ermessensspielraum zu), wenn die Gründe nach Art. 314 Abs. 1 lit. a - d die Fortsetzung und den Abschluss der Voruntersuchung während längerer Zeit verunmöglichen (Bosshard/Landshut, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2.Auflage 2014, Art.314 N4; BGer 1B_250/2008 vom 13.Mai 2009 E.5, 1B_57/2009 vom 16.Juni 2009 E.2.1.1, 1B_67/2011 vom 13.April 2011 E.4.4.1).


4.

Die Frage, ob mit der Sistierung des zur Diskussion stehenden Strafverfahrens eine Rechtsverzögerung begangen wurde, hängt davon ab, ob in der Schweiz im Jahr 2014 ein hinreichender Tatverdacht auf Geldwäscherei vorlag (begangen im Jahr 2005 bzw. 2006) und somit die Sperrung des Kontos bei der C____ zu Recht verfügt wurde bzw. ob heute ein solcher Tatverdacht immer noch anzunehmen und die Sperrung des Kontos weiterhin gerechtfertigt erscheint.


5.

5.1

5.1.1 Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 305bis Ziff. 1 StGB). Die in der Schweiz begangene Geldwäscherei wird auch dann erfasst, wenn die Tat, aus der die Vermögenswerte stammen, im Ausland verübt worden ist. Voraussetzung ist allerdings, dass die Vortat am Begehungsort unter Strafandrohung steht (Art. 305bis Ziff. 3 StGB), wobei sich die Einordnung als Verbrechen auch in diesen Fällen an den Massstäben des Schweizerischen Rechts zu orientieren hat. Insoweit gilt das Prinzip der abstrakten beidseitigen Strafbarkeit (BGE136 IV 179 E. 2 S. 180 ff.; Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV, Delikte gegen die Allgemeinheit, 5. Auflage, Zürich 2017, S. 497 f.; Trechsel/Pieth, in:Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3.Auflage, Zürich 2018, Art. 305bis N 28).


5.1.2 Aufgrund der von der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt in Deutschland rechtshilfeweise getätigten Ermittlungen scheint erstellt, dass der Beschwerdeführer im Rahmen eines in den Jahren 2005 bzw. 2006 in Deutschland gegen ihn geführten Insolvenzverfahrens den in der Schweiz bei der C____ angelegten Geldbetrag, bezüglich welchem er zum damaligen Zeitpunkt (und übrigens auch heute noch) als wirtschaftlich Berechtigter geführt wurde, nicht angegeben hat und folglich die Gläubiger im Deutschen Insolvenzverfahren zu Schaden gekommen sind. Die Behauptung des Beschwerdeführers anlässlich seiner rechtshilfeweisen Einvernahme vom 31. Juli 2015, wonach er die Vermögenswerte freiwillig angegeben habe, dürfte sich aufgrund der Mitteilung des Insolvenzgerichts Hannover an die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt vom 16. Februar 2016, wonach der Beschwerdeführer den entsprechenden Geldbetrag im Insolvenzverfahren nicht angegeben habe, als unwahr erweisen.


5.1.3 Ob der Beschwerdeführer - wie geltend gemacht (vgl.Beschwerde Ziff.3) - das entsprechende Vermögen bereits mit Zessionsvertrag vom 15. Juni 1996 bzw. vom 10. Oktober 2002 an E____ abgetreten hat, scheint vor dem Hintergrund, dass er zum Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens im Jahr 2005 bzw. 2006 gemäss Formular A als wirtschaftlich Berechtigter geführt wurde, nicht von Bedeutung zu sein. Aus denselben Gründen dürfte auch die Behauptung des Beschwerdeführers, dass er die Forderung im September 1992 an seine Ehefrau F____ abgetreten habe, irrelevant sein, wobei diesbezüglich ohnehin zu beachten ist, dass die Ehefrau am 16. September 1992 offenbar verfügte, dass der entsprechende Betrag dem Beschwerdeführer mit Erreichen seines 66. Lebensjahres zur freien Verfügung stehen soll und dass die Bank C____ eine Million (Deutsche) Mark zur sicheren und nicht spekulativen Anlage erhalten soll. Eine diesbezügliche Empfangsbestätigung der Bank datiert vom 30.Dezember 1992.


5.1.4 Der zur Diskussion stehende Sachverhalt dürfte (neben der in der Schweiz mutmasslich begangenen Geldwäscherei) den Tatbestand des Bankrotts nach § 283 des Deutschen Strafgesetzbuches erfüllen. Demgemäss wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseiteschafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemässen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht. Da der Tatbestand des Bankrotts damit demjenigen des betrügerischen Konkurses und Pfändungsbetrug nach Schweizer Recht (Art. 163 StGB) entspricht, scheint auch das Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit erfüllt zu sein. Darüber hinaus entspricht die (in Deutschland) angedrohte Sanktion nach den Massstäben des Schweizerischen Rechts einem Verbrechen nach Art. 10 Abs.2 StGB.


5.2

5.2.1 Die Einziehung von Vermögenswerten aus der Vortat darf zum Zeitpunkt der Geldwäschereihandlung nicht verjährt sein. Ein verjährter Einziehungsanspruch kann nicht mehr durchgesetzt werden und entsprechend der ratio legis des Geldwäschereitatbestands nicht geschützt werden (vgl. Ackermann, in: Ackermann/Heine [Hrsg.], Wirtschaftsstrafrecht der Schweiz, Hand- und Studienbuch, Bern 2013, § 15 N 42; Pieth, in: Basler Kommentar, 4. Auflage 2019, Art. 305bis StGB N 25; Trechsel/Pieth, a.a.O., Art. 305bis N 10). Bei ausländischer Vortat, sind die ausländischen Verjährungsfristen und die ausländischen Regeln zu deren Berechnung massgebend (BGE 126 IV 255 E. 3 S. 261 ff.; Ackermann, a.a.O., § 15 N 43).


5.2.2 In casu wurde die (mutmassliche) Geldwäschereihandlung im Jahr 2005 bzw. 2006 anlässlich eines Deutschen Insolvenzverfahrens begangen. Da Vortat (Bankrott nach § 283 des Deutschen Strafgesetzbuches) und Geldwäschereihandlung - wollte man von der Verwirklichung der entsprechenden Tatbestände ausgehen - gleichzeitig begangen wurden, konnte die Vortat - zum Zeitpunkt der Geldwäschereihandlung - noch gar nicht verjährt sein. Es ist deshalb irrelevant, ob die Vortat in Deutschland zum heutigen Zeitpunkt verjährt ist (vgl. indes Beschwerde Ziff. 4).


5.2.3 Von Bedeutung ist hingegen, ob der Geldwäschereitatbestand zum heutigen Zeitpunkt (in der Schweiz) noch verfolgbar ist oder ob diesbezüglich bereits die Verjährung eingetreten ist. Da der Beschwerdeführer laut Kontoauszügen der C____ bzw. D____ (heute Bank G____) aus den entsprechenden Anlagen in regelmässigen Abständen Erträge von deutlich über CHF 10000.- erwirtschaftet und auch aufgrund des beträchtlichen Deliktsbetrags (rund EUR 800000.-) von gewerbsmässiger Geldwäscherei bzw. einem schweren Fall im Sinne von Art.305bis Ziff. 2 lit. c StGB und damit einem erweiterten Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe) auszugehen sein dürfte (vgl. dazu im Detail Donatsch/Thommen/Wohlers, a.a.O., S. 507 f.; Pieth, a.a.O., Art. 305bis StGB N 66; Trechsel/Pieth, a.a.O., Art. 305bis N26), beträgt die Verjährungsfrist 15 Jahre (Art.97 Abs.1 lit. b StGB). Da die Geldwäschereihandlung im Jahr 2005 bzw. 2006 zu verorten ist, dürfte die Verjährung deshalb frühestens im Jahr 2020 eintreten, sodass der Geldwäschereitatbestand zum heutigen Zeitpunkt wohl noch verfolgbar ist.


6.

6.1 Nach dem Gesagten ist festzustellen, dass im Oktober 2014 ein hinreichender Tatverdacht bezüglich Geldwäscherei vorlag und damit die Sperrung des Kontos bei C____ zu Recht verfügt wurde. Inzwischen sind indes mehr als vier Jahre vergangen und die wichtigsten Beweise sind erhoben worden. Zudem kann die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers unabhängig vom Ergebnis des Deutschen Nachtragsverteilungsverfahrens beantwortet werden, sodass sich eine weitere Sistierung des zweifellos komplexen Strafverfahrens unter Würdigung der gesamten Umstände nicht mehr rechtfertigen lässt, zumal eine solche nur zurückhaltend verfügt werden sollte (vgl. E. 3). Unabhängig davon ist ohnehin zu beachten, dass der (qualifizierte) Tatbestand der Geldwäscherei im Jahr 2020 verjähren dürfte und Fälle mit Auslandsbezug erfahrungsgemäss eine längere Zeit in Anspruch nehmen, weswegen auch vor diesem Hintergrund eine gewisse Eile geboten ist. Die Staatsanwaltschaft wird nun innert kurzer Frist zu entscheiden haben, ob sich der Tatverdacht bezüglich Geldwäscherei derart verdichtet hat, dass sie Anklage erheben muss, oder ob das Strafverfahren zufolge Verjährung oder anderer Verfahrenshindernisse einzustellen ist.

6.2

6.2.1 Wird in Bezug auf Vermögenswerte aus einem ausländischen Delikt in der Schweiz ein weiteres Delikt - namentlich Geldwäscherei - begangen, so gelten die betroffenen Vermögenswerte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts als durch eine schweizerische Straftat erlangt und sind deshalb mit Bezug auf diese Straftat hier einziehbar (BGE 134 IV 185 E. 2.1 S. 187 f., 128 IV 145 E. 2d S. 151 f.; BGer6B_914/2009 vom 3. November 2010 E. 2.2; AGE BES.2017.12 vom 23. Januar 2017 E. 4.1; Baumann, in: Basler Kommentar, 4.Auflage 2019, Art. 70/71 StGB N 20a; Heierli, Zivilrechtliche Haftung für Geldwäscherei, Diss. Zürich 2012, N 265; Trechsel/Jean-Richard, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 3. Auflage, Zürich 2018, Vor Art. 69 N 12; a.A. Kobryn, Beschlagnahme und Einziehung von in der Schweiz «gewaschenen» Vermögenswerten aus einer rein ausländischen Vortat, in: forumpoenale 4/2017, S. 234 ff., 235).


6.2.2 Sollte die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt anklagen, könnte sie dem Strafgericht gemäss dem soeben Referierten beantragen, die beschlagnahmten Vermögenswerte im Sinne von Art. 70 StGB einzuziehen und wohl auch verlangen, den entsprechenden Betrag zu Gunsten der Geschädigten zu verwenden (Art. 73 StGB). Sollte die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen, bestünde im Sinne von Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO kein hinreichender Tatverdacht und daher kein strafrechtlicher Titel mehr, um die gesperrten Gelder beschlagnahmt zu lassen. Diesfalls wären die beschlagnahmten Vermögenswerte wohl unter vorangehender Fristansetzung und Mitteilung an das Insolvenzgericht in Hannover bzw. die in das Nachtragsverfahren involvierten Gläubiger (etwa um die Gelder mit Arrest im Sinne von Art.271 ff. des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs [SchKG, SR281.1] zu belegen oder das Deutsche Insolvenzdekret in der Schweiz gemäss Art.166 ff. des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht [IPRG, SR 291] anzuerkennen) freizugeben.


7.

Bei diesem Verfahrensausgang werden keine ordentlichen Kosten erhoben und hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung. Sein Rechtsvertreter hat keine Kostennote eingereicht. Der Aufwand für Beschwerdeschrift und Replik ist auf acht Stunden zu schätzen (Stundenansatz CHF250.-). Die Entschädigung für die Rechtsvertretung im Beschwerdeverfahren ist somit auf CHF 2000.- festzusetzen (inkl. Auslagen), zuzüglich 7,7 % Mehrwertsteuer von CHF154.-, insgesamt also CHF 2154.-.

Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):


://: In Gutheissung des Beschwerde wird festgestellt, dass die Staatsanwaltschaft eine Rechtsverzögerung begangen hat. Sie wird angewiesen, die Strafuntersuchung innert kurzer Dauer zum Abschluss zu bringen.


Dem Beschwerdeführer wird eine Parteientschädigung von CHF 2154.- (inklusive Auslagen und Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse ausgerichtet.


Mitteilung an:

- Beschwerdeführer

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber

lic. iur. Liselotte Henz Dr. Beat Jucker

Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.




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