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Urteil Appellationsgericht (BS)

Kopfdaten
Kanton:BS
Fallnummer:BES.2017.56 (AG.2017.395)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid BES.2017.56 (AG.2017.395) vom 27.04.2017 (BS)
Datum:27.04.2017
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Verfahrenseinstellung
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 2 StPO ; Art. 29 BV ; Art. 312 StGB ; Art. 319 StPO ; Art. 322 StPO ; Art. 42 BGG ; Art. 48 BGG ; Art. 5 StPO ; Art. 78 StPO ;
Referenz BGE:137 IV 219; 138 IV 86;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Einzelgericht



BES.2017.56


ENTSCHEID


vom 27. April 2017



Mitwirkende


lic. iur. Christian Hoenen

und Gerichtsschreiberin MLaw Sibylle Kuntschen




Beteiligte


A____, geb. [...] Beschwerdeführer

[...]

gegen


Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Beschwerdegegnerin 1

a.o. Staatsanwalt [...]

c/o Zweierstrasse 25, Postfach 9780, 8036Zürich


B____ Beschwerdegegnerin 2

c/o Strafgericht Basel-Stadt, Beschuldigte

Schützenmattstrasse20, 4003Basel


Gegenstand


Beschwerde gegen eine Verfügung der Staatsanwaltschaft

vom 23. März 2017


betreffend Verfahrenseinstellung


Sachverhalt


In der Zeit vom 4. August 2010 bis zum 23. Mai 2011 initiierte A____ (Beschwerdeführer) eine Vielzahl von Strafanzeigen gegen verschiedene im weitesten Sinn in der Basler Strafjustiz tätige Personen, mit deren Handlungen oder Entscheiden er nicht einverstanden war.


Mit Beschluss des Regierungsrats Basel-Stadt vom 7. Juni 2011 wurde der im Kan-ton Zürich als leitender Staatsanwalt tätige [...] als ausserordentlicher Staatsanwalt für die Behandlung der 15 Anzeigen eingesetzt, darunter jener vom 30. August 2010 gegen B____ (Beschwerdegegnerin 2) wegen Amtsmissbrauchs und Protokollfälschung. Die Anzeigen wurden am 10. Juni 2011 an den eingesetzten Staatsanwalt übermittelt. Dieser befragte den Beschwerdeführer am 15. August 2011 als Zeugen und die Beschwerdegegnerin 2 am 23. Dezember 2014 als Beschuldigte. Der ausserordentliche Staatsanwalt verfügte am 23. März 2017 gestützt auf Art.319 ff. der Strafprozessordnung (StPO, SR312.0) die Einstellung des Strafverfahrens.


Gegen diese Verfügung der Staatsanwaltschaft richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 27. März 2017. Er beantragt darin die Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Eventualiter sei die Sache an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich zurückzuweisen. Diese hat am 19. April 2017 die Akten eingereicht und der eingesetzte Staatsanwalt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.


Die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen


1.

1.1 Gemäss Art.393 Abs.1 lit.a in Verbindung mit 20 Abs. 1 lit.b StPO unterliegen Verfügungen der Staatsanwaltschaft der Beschwerde an die Beschwerdeinstanz. Für Einstellungsverfügungen wird dies in Art. 322 Abs. 2 StPO ausdrücklich hervorgehoben.


1.2 Zur Beschwerde legitimiert ist jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides hat (Art.382 Abs. 1 StPO). Der Begriff Partei wird umfassend im Sinne von Art.104 und 105 StPO verstanden. Neben der beschuldigten Person, der Staatsanwaltschaft und der Privatklägerschaft kann auch jede andere am Verfahren beteiligte Person, wie namentlich die Anzeige erstattende Person, zur Beschwerde legitimiert sein, sofern sie sich am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt hat beziehungsweise von diesem berührt ist und ein rechtlich geschütztes Interesse geltend machen kann (Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2. Auflage, Zürich 2014, Art.382N2; Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2013, Art. 382 N1f.; AGEBES.2017.46 vom 11. April 2017 E. 1.2). Der Beschwerdeführer ist als Anzeigesteller durch die Verfahrenseinstellung grundsätzlich selbst und unmittelbar in seinen Interessen tangiert, da die angezeigten Delikte zu seinem Nachteil begangen worden sein sollen. Entsprechend hat er ein Interesse an der Aufhebung der Einstellungsverfügung, welches ihn zur Beschwerdeerhebung legitimiert.


1.3 Die Beschwerde ist gemäss Art.396 StPO form- und fristgerecht eingereicht und begründet worden, so dass auf sie einzutreten ist. Zuständiges Beschwerdegericht ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§88 Abs.1 in Verbindung mit 93 Abs. 1 Ziff. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]). Die Kognition des Beschwerdegerichts ist frei und somit nicht auf Willkür beschränkt (Art.393 Abs.2 StPO).


2.

2.1 Gemäss Art. 319 Abs. 1 lit. a-e StPO stellt die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren ein, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt, wenn kein Straftatbestand erfüllt ist, wenn ein Rechtfertigungsgrund anwendbar ist, Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden können oder Prozesshindernisse aufgetreten sind oder nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung oder Bestrafung verzichtet werden kann. Die Staatsanwaltschaft hat sich bei der Beurteilung dieser Frage allerdings in Zurückhaltung zu üben. Im Zweifelsfall ist das Verfahren in Beachtung des ungeschriebenen, sich aus dem Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 der Bundesverfassung [BV, SR 101] und Art. 2 Abs. 1 StPO) sowie indirekt aus Art. 319 in Verbindung mit 324 Abs. 1 StPO ergebenden Grundsatzes "in dubio pro duriore" weiterzuführen und an das Gericht zu überweisen (BGE 137 IV 219 E. 7.2 S. 227). Ist die Beweislage unklar, so ist es grundsätzlich nicht Sache der Staatsanwaltschaft, eine abschliessende Beweiswürdigung vorzunehmen. Es obliegt vielmehr dem Gericht, darüber zu befinden, ob sich jemand im strafrechtlichen Sinn schuldig gemacht hat oder nicht. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren nur dann einzustellen, wenn ein Freispruch oder ein vergleichbarer Entscheid des Strafgerichts sicher oder doch sehr wahrscheinlich erscheint und eine Hauptverhandlung daher als Ressourcenverschwendung erscheinen würde (Grädel/Heiniger, in: Basler Kommentar, 2. Auflage2014, Art. 319 StPO N 8; BGE 138 IV 86 E. 4.1 und 4.2 S.90f.; statt vieler: AGEBES.2017.46 vom 11. April 2017 E. 2.1).

2.2 Die Vorinstanz hat in ihrer Einstellungsverfügung vom 23. März 2017 erwogen, dass nicht jeder behördliche Fehler eine Straftat darstelle. Aufgrund der Akten- und Beweislage sei nicht einsichtig, in welcher Hinsicht sich die Beschwerdegegnerin2 des Amtsmissbrauchs und der Falschbeurkundung schuldig gemacht haben könnte. Das gegen sie geführte Strafverfahren sei deshalb einzustellen (angefochtene Verfügung Ziff. 7.1 und 9 S. 4 und 6).


2.3 Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde vom 27. März 2017 geltend, die Beschwerdegegnerin 2 habe die rechtswidrige Verzögerung in der Ausfertigung eines schriftlich motivierten Urteils zu verantworten. Dieses amtspflichtwidrige Verhalten sei für die Wahrheitsfindung nachteilig gewesen und habe sich zugunsten der Gegenparteien des Beschwerdeführers ausgewirkt. Ausserdem habe sie wesentliche Aussagen nicht und/oder unkorrekt protokolliert. Mit diesen setze sich der eingesetzte Staatsanwalt nicht auseinander. Des Weiteren rügt der Beschwerdeführer eine Rechtsverzögerung (Beschwerde Ziff.A, B.I.1 und 3 ff. S. 1 ff.).


3.

Hierzu ist Folgendes zu erwägen:


3.1 Die Beschwerdegegnerin 2 verfasste als Gerichtsschreiberin das Protokoll der Sitzung des Strafgerichtspräsidenten Basel-Stadt vom 3. Juni 2008 (act. 5/8). Im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Drohung und Diensterschwerung wurde darin (samt Kurzbegründung) festgehalten, dass der Beweisantrag der damaligen Privatverteidigerin des Beschwerdeführers, einen Zeugen zu befragen, abgewiesen wurde (act. 5/8 S. 9 f.). Zu ihrem Parteivortrag wurde u.a. vermerkt: Abweisung von Beweisantrag = Verletzung des rechtlichen Gehörs (act. 5/8 S. 17). Das Urteil des Strafgerichtspräsidenten erging am 3. Juni 2008 und wurde im Dispositiv ausgehändigt (act. 5/10). Am 25.Februar 2009 erhob der Beschwerdeführer eine Rechtsverzögerungsbeschwerde, welche mit Urteil des Ausschusses des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 17.Juni 2009 gutgeheissen wurde (AGE909/2009 vom 17. Juni 2009).


3.2

3.2.1 Amtsmissbrauch im Sinne von Art. 312 StGB begeht, wer als Mitglied einer Behörde oder Beamter seine Amtsgewalt missbraucht, um sich oder einer anderen Person einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder jemandem einen Nachteil zuzufügen. Dieser hinsichtlich der Tathandlung sehr allgemein gehaltene Tatbestand erfährt durch die höchstrichterliche Praxis eine einschränkende Auslegung, wonach nur diejenige Person ihr Amt missbraucht, welche die ihr verliehenen Machtbefugnisse unrechtmässig anwendet, indem sie kraft ihres Amtes verfügt oder Zwang ausübt, wo dies nicht geschehen dürfte. In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich, das heisst, dass sich der Täter über seine Sondereigenschaft im Klaren sein und bewusst seine Amtsgewalt missbrauchen muss. Daran fehlt es, wenn er glaubt, pflichtgemäss zu handeln. Zusätzlich muss eine Vorteils- oder Benachteiligungsabsicht vorliegen (Trechsel/Vest, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2013, Art. 312 N 7).


3.2.2 Vorliegend nahm sich die Beschwerdegegnerin 2 für die Urteilsbegründung über ein Jahr Zeit. Durch eine solche Unterlassung ist ein Amtsmissbrauch nicht möglich, da durch Passivität grundsätzlich kein Zwang ausgeübt werden kann (HEIMGARTNER, in: Basler Kommentar, 3. Auflage 2013, Art. 312 StGB N 18, mit Hinweisen). Die Staatsanwaltschaft hat deshalb zutreffend festgestellt (angefochtene Verfügung Ziff. 7.2 S. 4), dass die objektiven und subjektiven Tatbestandselemente des Amtsmissbrauchs nicht erfüllt sind.


3.3

3.3.1 Bereits vor Inkrafttreten der eidgenössischen StPO wurden Einvernahmen regelmässig nicht wörtlich, sondern ihrem wesentlichen Inhalt nach beziehungsweise sinngetreu protokolliert, da ein Wortprotokoll für den praktischen Gebrauch zu unübersichtlich war (Näpfli, in: Basler Kommentar, 2. Auflage2014, Art. 78 StPO N 7, mit Hinweisen). Zum Teil wurde ein Teil der Fragen weggelassen und wurde einzig die Antwort oder wurden mehrere Antworten zusammengefasst protokolliert (Näpfli, a.a.O., Art.78 StPO N 7).


3.3.2 Der Beschwerdeführer behauptete in seiner Einvernahme, er sei im Zusammenhang mit der ihm vorgeworfenen Diensterschwerung sauer geworden, weil der Richter einen Zeugen abgewiesen habe. Der Richter habe ihn deswegen sogar aus dem Gerichtssaal schmeissen wollen. von dieser ganzen 45-minütigen Geschichte mit gegenseitigen Vorwürfen sei kein einziges Wort ins Protokoll aufgenommen worden. Das wäre aber für die nächste Instanz von Bedeutung gewesen (act.5/5 S.3).


3.3.3 Entsprechend der vorstehenden Erwägung (siehe oben E. 3.3.1) und entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers (act. 5/5 S. 4) musste die Beschwerdegegnerin 2 als Gerichtsschreiberin nicht alles, was im Gerichtssaal gesprochen wurde, ins Protokoll aufnehmen. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat (angefochtene Verfügung Ziff. 8.1 S. 5), musste im Zusammenhang mit der Ablehnung des Beweisantrags im Protokoll nur festgehalten werden, dass ein solcher gestellt und wie darüber entschieden wurde (act. 5/8 S. 10). Bei der anschliessenden, diesbezüglich ausgebrochenen Streitigkeit zwischen dem Beschwerdeführer und dem Richter handelt es sich hingegen nicht um einen wesentlichen Vorgang, der im Protokoll festgehalten werden musste. Inwiefern diese für das Appellationsgericht von Bedeutung hätte sein sollen, ist ohnehin nicht ersichtlich, hat es doch den Zeugen befragt (AGEAS.2009.344 vom 23. April 2010 E. 2.2). Ausserdem wurde der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Gerichtssaal während der Befragung von [...] verlassen musste, durch die Beschwerdegegnerin 2 im Protokoll vermerkt (act.5/8S.11).


Der Vorwurf der Falschbeurkundung entbehrt damit jeder Grundlage. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Beschwerdegegnerin 2 bezüglich der Wahrheit der Urkunde einen Irrtum erregen wollte. Wo hier eine Täuschung zwecks Veranlassung zu einem rechtserheblichen Verhalten liegen soll, ist nicht ersichtlich.


3.4 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gegen die Beschwerdegegnerin 2 zu Recht eingestellt hat.


4.

4.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Rechtsverzögerung. Gemäss Art. 29 Abs. 1BV hat jede Person in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist. Eine Rechtsverweigerung (in einem weiteren Sinn) liegt vor, wenn eine Behörde untätig bleibt oder das gebotene Handeln über Gebühr hinauszögert, obwohl sie zum Tätigwerden verpflichtet wäre. Die Rechtsverzögerung ist demnach lediglich ein Teilaspekt der Rechtsverweigerung. Von Rechtsverweigerung kann nicht schon dann die Rede sein, wenn eine Behörde eine Eingabe nicht sofort behandelt. Rechtsverzögerung ist nur gegeben, wenn sich die zuständige Behörde zwar bereit zeigt, den Entscheid zu fällen, ihn aber nicht binnen der Frist trifft, welche nach der Natur der Sache und nach der Gesamtheit der übrigen Umstände noch als angemessen erscheint. Eine besondere Bedeutung hat das Rechtsverzögerungsverbot im Strafrecht und insbesondere im Rahmen des in Art. 5 StPO statuierten Beschleunigungsgebots. Gemäss Art. 5 Abs.1 StPO nehmen die Strafbehörden die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss. Dabei sind nach der bundesgerichtlichen Praxis, welche diesbezüglich auch unter der Geltung der eidgenössischen StPO massgeblich ist, Verletzungen des Beschleunigungsgebots in zweierlei Hinsicht denkbar, nämlich dass entweder die Gesamtheit des Verfahrens zu viel Zeit in Anspruch nimmt, oder aber einzelne Abschnitte des Verfahrens zu lange dauern. Bei beiden Fragen ist jeweils eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Eine Rechtsverzögerung liegt demnach vor, wenn die Behörde bei objektiver Betrachtung des Einzelfalls in der Lage gewesen wäre, das Verfahren oder den Verfahrensabschnitt innert wesentlich kürzerer Zeit abzuschliessen. Dies ist vor allem dann zu bejahen, wenn die Behörde im Verfahren über mehrere Monate hinweg untätig gewesen ist oder durch unnötige Massnahmen Zeit verschwendet hat. Dass hingegen eine einzelne Verfahrenshandlung zu einem früheren Zeitpunkt hätte vorgenommen werden können, verletzt das Beschleunigungsgebot für sich allein gesehen noch nicht (dazu Wohlers, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2. Auflage, Zürich 2014, Art. 5 N 9; AGEBES.2017.46 vom 11.April 2017 E. 4.1).


4.2 Mit Entscheid vom 7. Juni 2011 wurde [...] vom Regierungsrat Basel-Stadt mit der Aufgabe betraut, sämtliche vom Beschwerdeführer gegen Personen der Basler Strafverfolgungsbehörden und Gerichte erstatteten Strafanzeigen als ausserordentlicher Staatsanwalt zu bearbeiten. Dabei handelt es sich um 15 Anzeigen. Die Anzeigen wurden am 10. Juni 2011 an den eingesetzten Staatsanwalt übermittelt. Am 15. August 2011 fand zur Klärung des Anzeigesachverhaltes in Sachen B____ eine Befragung des Beschwerdeführers statt. Weshalb es erst am 23.Dezember 2014, und somit Jahre später, zu einer Befragung der Beschwerdegegnerin 2 durch den Staatsanwalt kam, ergibt sich nicht aus den Akten und ist nicht nachvollziehbar, zumal es sich beim betreffenden Sachverhalt nicht um ein komplexes Geschehen handelt. Hingegen wiegen die Tatvorwürfe des Amtsmissbrauchs und der Falschbeurkundung schwer, sodass bereits in der schleppenden Verfahrensführung eine Rechtsverzögerung festzustellen ist. Hinzu kommt, dass es für die Beschuldigte mit zunehmendem Abstand zur behaupteten Straftat immer schwieriger wird, sich überhaupt noch angemessen verteidigen zu können (AGEBES.2017.46 vom 11. April 2017 E. 4.2). Diesbezüglich kann exemplarisch auf das Befragungsprotokoll von B____ (act. 5/40) verwiesen werden, die gemäss Seite 4 des Befragungsprotokolls aussagte: Ich muss dazu sagen, dass mir der Ablauf dieser Verhandlung heute nicht mehr präsent ist und ich deshalb eigentlich inhaltlich zu diesem Vorwurf nichts sagen kann. Zudem bedeutet es für eine Beschuldigte eine nicht zu unterschätzende Belastung, wenn über Jahre ein Strafverfahren hängig ist (AGEBES.2017.46 vom 11. April 2017 E. 4.2).


Als besonders stossend kommt hinzu, dass nach der am 23.Dezember 2014 durchgeführten Befragung der Beschwerdegegnerin 2 während über zwei Jahren keine konkreten Verfahrensschritte unternommen wurden. Erst am 23. März 2017 hat die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt die Verfahrenseinstellung verfügt. Obwohl es gerichtsnotorisch ist, dass die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte mit einer grossen Arbeitslast zu kämpfen haben, entschuldigt eine unzureichende personelle Ausstattung Verzögerungen bekanntlich nicht (Wohlers, a.a.O., Art. 5 N 10). Sollte der verfahrensleitende Staatsanwalt mit eigenen Verfahren überlastet gewesen sein, so hätte er die Ernennung zum ausserordentlichen Staatsanwalt nicht annehmen dürfen (AGEBES.2017.46 vom 11. April 2017 E. 4.2).


4.3 Nach dem Gesagten sind in teilweiser Gutheissung der Beschwerde im Strafverfahren gegen B____ mehrfache, vermeidbare Verzögerungen, die schlussendlich zu einer überlangen Verfahrensdauer und somit zu einer Rechtsverzögerung geführt haben, festzustellen.


5.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens (Teilobsiegen) ist dem Beschwerdeführer gemäss Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO für das Beschwerdeverfahren eine bloss reduzierte Gebühr von CHF 250.- aufzuerlegen.



Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):


://: In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird festgestellt, dass eine Rechtsverzögerung vorliegt. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.


Dem Beschwerdeführer wird für das Beschwerdeverfahren eine reduzierte Gebühr von CHF 250.- auferlegt.


Mitteilung an:

- Beschwerdeführer

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

- a.o. Staatsanwalt [...]

- B____


APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Der Präsident Die Gerichtsschreiberin

lic. iur. Christian Hoenen MLaw Sibylle Kuntschen

Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.



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