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Urteil Appellationsgericht (BS - BES.2017.12 (AG.2018.191))

Zusammenfassung des Urteils BES.2017.12 (AG.2018.191): Appellationsgericht

Die Beschwerdeführerinnen A____ und C____ S.A. haben gegen eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt vom 24. Januar 2017 Beschwerde eingelegt, da ihr Antrag auf Beschlagnahme von Vermögenswerten abgelehnt wurde. Die Beschwerde richtet sich gegen die Nichtbeschlagnahme von Vermögenswerten im Zusammenhang mit einem Betrugsfall, der auch eine Schweizer Firma betrifft. Das Appellationsgericht Basel-Stadt entschied, nicht auf die Beschwerde einzutreten, da die angefochtene Verfügung bereits umgesetzt wurde. Die Gerichtskosten von CHF 500.- werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts BES.2017.12 (AG.2018.191)

Kanton:BS
Fallnummer:BES.2017.12 (AG.2018.191)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid BES.2017.12 (AG.2018.191) vom 23.01.2018 (BS)
Datum:23.01.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Nichtbeschlagnahme von Vermögenswerten
Schlagwörter: Staatsanwaltschaft; Schweiz; Beschwer; Beschuldigte; Verfügung; Konto; Beschuldigten; Recht; Verfahren; Schweizer; Vermögenswerte; Antrag; Verfahren; Auflage; Einziehung; Beschlagnahme; Basel; Akten; Beschwerdeführerinnen; Über; Schweizerischen; Recht; Ausland; Basel-Stadt; Vermögenswerten; Anzeige; IBAN-Nummer
Rechtsnorm: Art. 197 StPO ;Art. 24 BetmG;Art. 3 StGB ;Art. 376 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 428 StPO ;Art. 48 BGG ;Art. 69 StGB ;Art. 8 StGB ;
Referenz BGE:133 IV 171; 141 IV 155;
Kommentar:
Keller, Donatsch, Hans, Hansjakob, Lieber, Basler 2. Auflage , Art. 382 StPO, 2014

Entscheid des Verwaltungsgerichts BES.2017.12 (AG.2018.191)

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Einzelgericht



BES.2017.12


ENTSCHEID


vom 23. Januar 2018



Mitwirkende


lic. iur. Christian Hoenen

und Gerichtsschreiber Dr. Beat Jucker




Beteiligte


A____ Beschwerdeführerin 1

[...]vertreten durch Dr. B____, Advokat, [...]


C____ S.A. Beschwerdeführerin 2

[...],

vertreten durch Dr. B____, Advokat, [...]

gegen


Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Beschwerdegegnerin

Binningerstrasse 21, 4001 Basel


D____ Beschwerdegegner

[...] Beschuldigter



Gegenstand


Beschwerde gegen eine Verfügung der Staatsanwaltschaft

vom 24. Januar 2017


betreffend Nichtbeschlagnahme von Vermögenswerten


Sachverhalt


Die griechische Staatsangehörige A____ (Beschwerdeführerin 1) reichte am 21.Juni2012 gegen ihren Landsmann D____ (Beschuldigter) Strafanzeige wegen Betrugs und Geldwäscherei ein (Akten S.170 ff.). Die Anzeige steht im Zusammenhang mit einer geplanten Investition (angebliches Recycling in Spanien), welche über die E____ AG mit Sitz in Basel hätte abgewickelt werden sollen. Diese Gesellschaft wurde mithilfe des Schweizer Staatsbürgers und späteren Verwaltungsratspräsidenten F____ gegründet, am 23.März2010 ins Handelsregister eingetragen und am 28.Februar2014 darin gelöscht, nachdem das konkursamtliche Liquidationsverfahren mangels Aktiven eingestellt worden war. Mit Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 23.August2013 (Akten S.13 f.) wurde die örtliche Zuständigkeit zur Strafverfolgung auf jene Vorgänge eingeschränkt, die einen Bezug zur Schweiz aufweisen (Zahlung von EUR 250000.- durch die Beschwerdeführerin 2 vom 22.Februar2010; Abzug des Aktienkapitals der E____ AG durch den Beschuldigten am 10./11.Januar2012).


Aufgrund der Annahme, dass sich der Beschuldigte am 29. Dezember 2010 EUR500000.- der angeblich ertrogenen Gelder auf ein Konto der G____ in Zürich überweisen liess, beantragte Dr. B____ der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt mit Schreiben vom 31. Mai 2016 (Akten, S. 316/1), das entsprechende Konto bei der G____ in Zürich (IBAN-Nummer [...]) zu sperren und die dort sich befindlichen Vermögenswerte zu beschlagnahmen. In einer weiteren Eingabe vom 8. Juli 2016 (Akten, S.316/13) beantragte der erwähnte Advokat wiederum, das Konto des Beschuldigten bei der G____ in Zürich sperren zu lassen und etwaige noch vorhandene Vermögenswerte gestützt auf Art. 263 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) unverzüglich zu beschlagnahmen. Mit einem neuen Schreiben vom 8.November 2016 (Akten, S. 316/23) ersuchte Dr. B____ die Staatsanwaltschaft darum, vorhandene Vermögenswerte auf dem Konto der G____ in Zürich sowie nun auch auf etwaigen Konti der H____ AG unverzüglich sicherzustellen. Die Staatsanwaltschaft orientierte den ersuchenden Advokaten in der Folge mit Schreiben vom 15. November 2016 (Akten, S. 316/26) über die Gründe, warum sie bisher untätig geblieben ist. Mit Schreiben vom 19.Januar 2017 (Akten, S.316/30) beantragte Dr. B____ schliesslich nochmals die bereits erwähnte Beschlagnahme von Vermögenswerten auf dem Schweizer Bankkonto bei der G____ in Zürich und von Geldern auf etwaigen Konten der H____ AG. Sollte die Staatsanwaltschaft weiterhin untätig bleiben, sei durch dieselbe eine beschwerdefähige Verfügung zu erlassen.


Mit Verfügung vom 24. Januar 2017 wies die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Beschlagnahme von Vermögenswerten mangels schweizerischer Zuständigkeit ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 3. Februar 2017. Die beiden Beschwerdeführerinnen beantragen, Ziff. 2 der streitgegenständlichen Verfügung unter o/e-Kostenfolge aufzuheben (Ziff.1 und 4) und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, dem Antrag auf Sperrung und Beschlagnahme des Kontos des Beschuldigten bei der G____ in Zürich mit der IBAN-Nummer [...] stattzugeben (Ziff. 2). Im Weiteren sei den Beschwerdeführerinnen ein Replikrecht zu gewähren (Ziff.3). Die Staatsanwaltschaft hat sich am 13. März 2017 mit dem Antrag auf kostenfällige Abweisung bzw. Nichteintreten auf die Beschwerde vernehmen lassen. Dazu haben die Beschwerdeführerinnen mit Eingabe vom 26.Juni 2017 repliziert.


Mit Schreiben vom 13. Juni 2017, welches sowohl der Replik vom 26. Juni 2017 beigelegt war als auch durch die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 29. Juni 2017 eingereicht wurde, ersuchte Dr. B____ auch noch explizit namens und im Auftrag der Beschwerdeführerin 2 das Konto des Beschuldigten bei der G____ in Zürich mit der IBAN-Nummer [...] unverzüglich zu sperren und etwaige dort sich befindlichen Vermögenswerte zu beschlagnahmen. Die Staatsanwaltschaft hat diesem Antrag stattgegeben und mit Verfügung vom 15. Juni 2017 gestützt auf Art. 71 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB, SR 311.0) umgesetzt. Wie aus dem diesbezüglichen Antwortschreiben der G____ hervorgeht, sind die entsprechenden Bankbeziehungen des Beschuldigten saldiert worden. Am 17. Juli 2017 hat die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdegericht ein weiteres an sie adressiertes Schreiben von Dr. B____ eingereicht. Die Staatsanwaltschaft hat schliesslich mit Eingabe vom 17. August 2017 dupliziert. Gleichzeitig hat sie der Duplik ein Schreiben an Dr. B____, datierend vom 21. Juli 2017, beigelegt. Der Beschuldigte hat sich zur Beschwerde nicht vernehmen lassen. Die Tatsachen und die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich - soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind - aus den nachfolgenden Erwägungen.



Erwägungen


1.

1.1 Vorliegende Beschwerde richtet sich gegen eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt vom 24. Januar 2017, mit welcher der Antrag auf Beschlagnahme von Vermögenswerten abgewiesen wurde. Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Strafverfolgungsbehörden kann Beschwerde erhoben werden (Art.393 Abs. 1 lit.a StPO). Zu deren Beurteilung ist das Appellationsgericht als Einzelgericht zuständig (§88 Abs. 1 in Verbindung mit §93 Abs. 1 Ziff. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG,SG154.100]). Die Kognition des Beschwerdegerichts ist frei und somit nicht auf Willkür beschränkt (Art. 393 Abs. 2 StPO).


1.2 Zur Ergreifung des Rechtsmittels der Beschwerde ist nach Art. 382 Abs.1StPO legitimiert, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung Änderung eines Entscheides hat. Ein solches kann geltend machen, wer durch die angefochtene Verfügung beschwert, mithin unmittelbar in seinen ihren Interessen tangiert ist. Die Parteien und weitere Verfahrensbeteiligte können einen Entscheid somit nur bezüglich Punkten anfechten, die für sie selbst ungünstig lauten, die sie also persönlich beschweren und diese Beschwer noch andauert bzw. noch aktuell ist. Andernfalls fehlt ein Rechtsschutzinteresse und damit eine Prozessvoraussetzung (Ziegler/Keller, in: Basler Kommentar, 2. Auflage 2014, Art. 382 StPO N 1; Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2.Auflage 2014, Art. 382 N 13).


1.3 Das rechtlich geschützte Interesse an der Aufhebung bzw. Änderung ergibt sich aus dem Dispositiv des angefochtenen Entscheids (zu dessen Auslegung können die Erwägungen beigezogen werden). Dass sich die Partei am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt hat, wird indessen nach dem Gesetzeswortlaut nicht verlangt (Schmid/Jositsch, Handbuch des Schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Auflage, Zürich 2017, N 1458). Die Parteistellung vor Vorinstanz wird allerdings regelmässig Bedingung sein, damit die betreffende Person beschwert ist (Ziegler/Keller, a.a.O., Art. 382 N 1; Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, in: BBl 2006 S.1085 ff., 1308).


2.

2.1 In der Beschwerdeschrift vom 3. Februar 2017 wird beantragt, es sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, dem Antrag auf Sperrung und Beschlagnahme des Kontos des Beschuldigten bei der G____ in Zürich mit der IBAN-Nummer [...] stattzugeben (Ziff. 2). Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, hat die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 15.Juni 2017 das Konto des Beschuldigten bei der G____ in Zürich mit der IBAN-Nummer [...] zu sperren und etwaige dort sich befindlichen Vermögenswerte zu beschlagnahmen versucht. Gemäss diesbezüglichem Antwortschreiben der G____, sind die entsprechenden Bankbeziehungen des Beschuldigten jedoch saldiert worden.


2.2 Damit ist die in Ziff. 2 der Beschwerde verlangte Tätigkeit - wenn auch formell bloss auf Antrag der Beschwerdeführerin 2 - von der Staatsanwaltschaft vorgenommen worden. Obigen Erwägungen entsprechend ist demgemäss mangels Rechtsschutzinteresse auf die Beschwerde - soweit sie die Sperrung und Beschlagnahme des Kontos des Beschuldigten bei der G____ in Zürich betrifft -nicht einzutreten.

3.

3.1 Die Staatsanwaltschaft beantragt, bezüglich der Beschwerdeführerin 2 nicht auf die Beschwerde einzutreten, da der Schriftenwechsel, der zur Verfügung vom 24.Januar 2017 führte, ausschliesslich zwischen der Beschwerdeführerin 1 und der Staatsanwaltschaft bestanden habe. Die streitgegenständliche Verfügung vom 24.Januar 2017 basiere auf den im Schreiben vom 8. Juli 2016 formell gestellten Anträgen der Beschwerdeführerin 1 und sei auch bloss dieser eröffnet worden. Weil die Beschwerdeführerin 2 nicht Adressatin der Verfügung vom 24. Januar 2017 sei, fehle es ihr an der Legitimation zur Beschwerdeerhebung, was formell zum Nichteintreten auf von ihr gestellte Verfahrensanträge führen müsse (Stellungnahme vom 13. März 2017, Ziff.III.1 und 2).


3.2 Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen macht in seinem Schreiben vom 11. Juli 2017 geltend, dass es nicht zutreffe, dass die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 24. Januar 2017 einzig und allein auf formell gestellten Anträgen der Beschwerdeführerin 1 basiere. Richtig sei bloss, dass diese Verfügung einzig der Beschwerdeführerin 1 eröffnet worden sei. Im Schreiben vom 8. Juli 2016 seien die Anträge jedoch formell keineswegs nur für die Beschwerdeführerin 1 gestellt worden.


3.3 Wie es sich mit der Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin 2 verhält, braucht an dieser Stelle nicht abschliessend geklärt zu werden: Einerseits kann auf die Beschwerde bezüglich des Antrags auf Sperrung und Beschlagnahme des Kontos des Beschuldigten bei der G____ in Zürich - wie bereits erwähnt - mangels Rechtsschutzinteresse nicht eingetreten werden. Andererseits haben die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerinnen im Beschwerdeverfahren keinen formellen Antrag auf Sperrung und Beschlagnahme von Konten der H____ gestellt. Damit ist der Themenkomplex H____ nicht vom Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens erfasst, sodass auch diesbezüglich ein Nichteintretensentscheid zu ergehen hat.


3.4 Aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigt es sich trotzdem, im Folgenden zu prüfen, ob die Staatsanwaltschaft die Konti der H____ zu Recht nicht gesperrt bzw. beschlagnahmt hat.


4.

4.1 Nach herrschender Lehre und bundesgerichtlicher Rechtsprechung kommt als Anlasstat der Einziehung auch eine Auslandstat in Frage, wobei zumindest bei der hier relevanten Vermögenseinziehung - vorbehältlich spezieller Regelungen wie etwa Art. 24 des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG, SR 812.121) - ein Anknüpfungspunkt nach Art. 3 ff. StGB gegeben sein muss (BGE 141 IV 155 E. 4.1 S. 161 ff., 134 IV 185 E. 2.1 S.187 f., 132 II 178 E. 5.1 S. 186, 128 IV 145 E. 2 S. 148 ff.; Trechsel/Jean-Richard, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 3. Auflage, Zürich 2018, Vor Art. 69 StGB N 12; Baumann, in: Basler Kommentar, 3. Auflage 2013, Art. 70/71 N 20; Cassani, Die Anwendbarkeit des Schweizerischen Strafrechts auf internationale Wirtschaftsdelikte (Art. 3-7 StGB), in: ZStrR 114 [1996], S. 237 ff., 259 f.; Stratenwerth, Strafrecht Allgemeiner Teil II, Strafen und Massnahmen, 2. Auflage, Bern 2006, § 13 N139; anders - aber unter Festhalten am Erfordernis der beidseitigen abstrakten Strafbarkeit - Schmid, Kommentar zu Einziehung, Organsiertes Verbrechen, Goldwäscherei, Band I, 2. Auflage, Zürich 2007, Art.69 StGB N 31, Art. 70-72 StGB N 28 f.; derselbe, Das neue Einziehungsrecht nach StGB Art. 58 ff., in: ZStrR 113 [1995], S. 321 ff., 325 f., 332).


5.2 Gemäss Art. 3 Abs. 1 StGB ist dem Schweizerischen Strafgesetzbuch unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen ein Vergehen verübt. Nach Art. 8 Abs. 1 StGB gilt ein Verbrechen ein Vergehen als dort begangen, wo der Täter es ausführt pflichtwidrig untätig bleibt, und (dort) wo der Erfolg eingetreten ist. Als Ausführung der Tat gilt jedes einzelne tatbestandsmässige Verhalten. Dabei genügt bereits eine teilweise Erfüllung des Tatbestands auf schweizerischem Gebiet, nicht aber der Entschluss der Tat die blosse Vorbereitungshandlung. Nach der Rechtsprechung erscheint es im internationalen Verhältnis zur Vermeidung negativer Kompetenzkonflikte grundsätzlich als geboten, auch in Fällen ohne engen Bezug zur Schweiz, die schweizerische Zuständigkeit zu bejahen. Als Anknüpfungspunkt in der Schweiz genügt dabei namentlich, dass im Ausland ertrogene Gelder auf einem Schweizer Bankkonto gutgeschrieben werden (BGE 133 IV 171 E. 6.3 S. 177; Trechsel/Vest, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 3. Auflage, Zürich 2018, Art. 8 N 1).


5.3 Bei der Transaktion vom 19. April 2010 war hingegen kein schweizerisches Bankkonto involviert. Der Betrag von EUR 1'090'436.50 floss vom spanischen Konto des Beschuldigten im Umfang von EUR 972'398.72 auf das spanische Konto der Firma I____, um danach auf ein spanisches Konto der H____ weiterüberwiesen zu werden (vgl. Separatbeilagen, Anzeigebeilagen, S.73). Darüber hinaus ist keine der in die Überweisungen involvierten Firmen in der Anklageschrift des spanischen Verfahrens als beschuldigt genannt. Vielmehr geht aus der Anklageschrift das Gegenteil hervor, wonach - in freier Übersetzung der englischen Fassung - keine Anhaltspunkte bestünden, dass vom Geldtransfer begünstigte Dritte von den Aktivitäten des Beschuldigten gewusst hätten (vgl. Separatbeilagen, Anzeigebeilagen, S. 86). Wenigstens die Endbegünstigte H____ hat in dem gegen den Beschuldigten geführten Strafverfahren daher als nicht beschuldigte Drittperson" zu gelten, gegen welche Zwangsmassnahmen nur besonders zurückhaltend einzusetzen sind (Art. 263 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 197 Abs. 2 StPO).


5.4 Hinzu kommt - wie die Staatsanwaltschaft zu Recht ausführt -, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichts vor dem Hintergrund zu interpretieren ist, wonach es negative Kompetenzkonflikte bei Straftaten mit internationalem Bezug zu vermeiden gilt. Im vorliegenden Verfahren ist aufgrund der Anklage der Staatsanwaltschaft von Palma de Mallorca vom 1. Dezember 2015 (Separatbeilagen, Anzeigebeilagen, S. 85 ff.) bzw. aufgrund der Verfügung betreffend Antrag auf abgekürztes Verfahren des Untersuchungsgerichts Nr. 8 von Palma de Mallorca vom 11. Dezember 2015 (Separatbeilagen, Anzeigebeilagen, S. 93 ff.) erstellt, dass sowohl die am 22.Februar 2010 erfolgte Überweisung von CHF250000.- an die J____. sowie insbesondere die drei weiteren Geldtransfers der Beschwerdeführerin 1 an den Beschuldigten (am 15. März 2010, 15. April 2010 und 16. April 2010) Gegenstand des in Spanien geführten Strafverfahrens bilden. Diese Überweisungen sind über spanische Bankkonten gelaufen und haben in der Folge zur Überweisung der EUR972'398.72 auf das spanische Konto der Firma I____ geführt. Ein negativer Kompetenzkonflikt besteht somit nicht.


5.5 Insgesamt ist bezüglich der Überweisung von EUR 972'398.72 auf das spanische Konto der H____ kein schweizerischer Anknüpfungspunkt ersichtlich. Zwar handelt es sich bei der H____ um eine in der Schweiz domizilierte Gesellschaft. Der entsprechende Betrag ist jedoch keinem Schweizer Bankkonto gutgeschrieben worden, sodass sich vor dem Hintergrund der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung kein Bezug zur Schweiz ausmachen lässt. Dass Vermögenswerte aus einer Auslandstat in der Schweiz gewaschen worden sind (Art.305bis StGB) und deshalb ein binnenschweizerisches Verfahren wegen Geldwäscherei zu eröffnen wäre, erscheint vor dem dargestellten Hintergrund ausgeschlossen.


6.

6.1 Gemäss Art. 376 StPO wird ein selbstständiges Einziehungsverfahren durchgeführt, wenn ausserhalb eines Strafverfahrens über die Einziehung von Gegenständen Vermögenswerten zu entscheiden ist. Das selbständige Einziehungsverfahren ist subsidiär, d.h. es darf nur zur Anwendung kommen, wenn eine akzessorische Einziehung im Strafverfahren aus objektiven Gründen nicht in Frage kommt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Strafverfahren im Ausland geführt wird, in der Schweiz jedoch einzuziehende Vermögenswerte vorhanden sind und überdies die Anlasstat gem. Art. 3 - 8 StGB Spezialbestimmungen (z.B. Art. 24 BetmG) unter schweizerische Gerichtsbarkeit fällt. Gemäss Praxis des Bundesgerichts ist bei Strafverfahren im Ausland allenfalls gar eine überholende selbständige Einziehung in der Schweiz möglich, wenn sich das ausländische Verfahren erheblich in die Länge zieht und die Beweislage eindeutig ist (Baumann, in: Basler Kommentar, 2. Auflage 2014, Art. 376 StPO N 4 mit Verweis auf BGer 6S.68/2004 vom 9. August 2005 E.11.2.2).


6.2 Ein Untätigbleiben der spanischen Behörden bzw. eine klare Beweislage wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Eine überholende selbständige Einziehung - sofern eine solche überhaupt zulässig sein sollte - entfällt damit.


7.

Gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO gilt eine Partei, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird, als unterliegend. Bei diesem Ausgang des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführerinnen die Verfahrenskosten mit einer Gebühr von insgesamt CHF 500.- zu tragen (§ 21 Abs. 2 des Reglements über die Gerichtsgebühren [SG154.810]).



Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):


://: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.


Die Beschwerdeführerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit einer Gebühr in der Höhe von CHF 500.- (in solidarischer Verbindung).


Mitteilung an:

- Beschwerdeführerin 1

- Beschwerdeführerin 2

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

- Beschwerdegegner



APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT


Der Präsident Der Gerichtsschreiber

lic. iur. Christian Hoenen Dr. Beat Jucker

Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer diplomatischen konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.




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