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Urteil Appellationsgericht (BS - AUS.2024.51)

Zusammenfassung des Urteils AUS.2024.51: Appellationsgericht

Der algerische Staatsangehörige A____ reiste 2016 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, das abgelehnt wurde. Aufgrund von Straftaten und wiederholten Verurteilungen wurde er zu Freiheitsstrafen, Geldstrafen und Bussen verurteilt. Trotz Landesverweisungen blieb er in der Schweiz und zeigte sich strafrechtlich auffällig. Nachdem er zwangsweise nach Algerien zurückgeführt wurde, wurde er erneut in der Schweiz festgenommen und eine Ausschaffungshaft von drei Monaten angeordnet. Ein Richter entschied, dass die Haft gerechtfertigt ist, da A____ als Fluchtgefahr gilt. Die Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AUS.2024.51

Kanton:BS
Fallnummer:AUS.2024.51
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung: Verwaltungsgericht Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht
Appellationsgericht Entscheid AUS.2024.51 vom 23.09.2024 (BS)
Datum:23.09.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Beurteilte; Gericht; Ausländer; Basel; Migration; Freiheit; Freiheits; Landes; Urteil; Beurteilten; Ausschaffung; Migrationsamt; Schweiz; Landesverweisung; Vollzug; Untertauchensgefahr; Ausschaffungshaft; Basel-Stadt; Ausländerrecht; Freiheitsstrafe; Behörde; Behörden; Gerichts; Zwangsmassnahmen; Algerien; Verhandlung; Appellationsgericht; Anordnung; Entscheid
Rechtsnorm: Art. 74 AIG ;Art. 78 AIG ;Art. 79 AIG ;
Referenz BGE:127 II 168; 130 II 56; 134 I 93;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AUS.2024.51



Geschäftsnummer: AUS.2024.51 (AG.2024.535)
Instanz: Appellationsgericht
Entscheiddatum: 23.09.2024 
Erstpublikationsdatum: 24.09.2024
Aktualisierungsdatum: 24.09.2024
Titel: Anordnung der Ausschaffungshaft
 
 

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

als Verwaltungsgericht

Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht

 

AUS.2024.51

 

URTEIL

 

vom 23. September 2024

 

 

 

Beteiligte

 

Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt,

Spiegelgasse 12, Postfach, 4001 Basel

 

gegen

 

A____, geb. [...], von Algerien,

zurzeit in Haft im Gefängnis Bässlergut,

Freiburgerstr. 48, 4057 Basel

 

 

Gegenstand

 

Verfügung des Migrationsamts vom 20. September 2024

 

betreffend Anordnung der Ausschaffungshaft

 

 

Sachverhalt

 

Der algerische Staatsangehörige A____ (nachfolgend Beurteilter) reiste am 21. Januar 2016 in die Schweiz ein und stellte gleichentags ein Asylgesuch. Dieses wurde mit Entscheid des Staatssekretariats für Migration (nachfolgend SEM) vom 22. April 2016 abgelehnt. Gleichzeitig wurde der Beurteilte aus der Schweiz weggewiesen. Mangels gültiger Reisepapiere stellte das Migrationsamt an 27. Juni 2016 beim SEM ein Gesuch um Vollzugsunterstützung. Am 29. September 2016 teilte das SEM mit, dass die algerischen Behörden bereit seien, für den Beurteilten ein Laissez Passer auszustellen. Wegen einer medizinischen Behandlung konnte für den Beurteilten vorderhand kein Flug gebucht werden. Am 31. März 2017 stellte der Beurteilte beim SEM aus medizinischen Gründen ein Gesuch auf Wiedererwägung des Asylentscheids, auf welches das SEM wegen Verspätung mit Entscheid vom 13. April 2017 jedoch nicht eintrat.

 

Da zwangsweise Rückführungen weggewiesener algerischer Staatsangehöriger in der Folge über längere Zeit ausgesetzt blieben, verblieb auch der Beurteilte auf Zusehen hin in der Schweiz. In dieser Zeit trat er wiederholt strafrechtlich in Erscheinung, wofür er verschiedentlich zu Freiheits- und Geldstrafen sowie Bussen verurteilt wurde. Unter anderem sprach ihn das Strafgericht Basel-Stadt am 12. Dezember 2018 der mehrfachen Beschimpfung, der Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, der mehrfachen geringfügigen Sachbeschädigung, der mehrfachen Sachbeschädigung sowie der Missachtung der Ein- Ausgrenzung im Sinne des Ausländer- und Integrationsgesetzes schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 30.– und einer Busse in Höhe von CHF 900.–. Am 20. Oktober 2020 sprach ihn dasselbe Gericht der mehrfachen einfachen Körperverletzung schuldig und verurteilte ihn zu sechs Monaten Freiheitsstrafe. Zudem verwies es ihn für drei Jahre des Landes. Auf seine Berufung hin erklärte das Appellationsgericht ihn mit Urteil vom 19. Dezember 2022 «lediglich» der einfachen Körperverletzung für schuldig und reduzierte die Freiheitsstrafe auf vier Monate. Die Landesverweisung von drei Jahren bestätigte es. Am 17. März 2022 verurteilte das Strafgericht Basel-Stadt A____ wegen verschiedener Delikte (Raub, Raufhandel, Hehlerei, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, mehrfache Widerhandlung gegen das Waffengesetz, rechtswidrige Einreise und Aufenthalt, Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes) zu 20 Monaten Freiheitsstrafe und sprach eine Landesverweisung von acht Jahren aus. Am 18. November 2022 beantragte das Migrationsamt beim SEM die Wiederaufnahme der Papierbeschaffung. Nach längeren Bemühungen teilte das SEM am 11. Juli 2023 mit, dass die algerischen Behörden bereit seien, für den Beurteilten ein Laissez Passer auszustellen. Infolgedessen wurde der Beurteilte in Ausschaffungshaft versetzt (VGE AUS.2023.34; bestätigt mit BGer 2C_434/2023 vom 28. September 2023) und am 18. August 2023 erfolgreich nach Algerien überstellt.

 

Am 15. September 2024 wurde der Beurteilte (erneut) am Bahnhof SBB betroffen und einer Personenkontrolle unterzogen. Er wurde wegen einer offenen Busse zunächst für fünf Tage in Strafhaft versetzt. Am 20. September 2024 verfügte das Migrationsamt eine Ausschaffungshaft von drei Monaten, mithin bis zum 19. Dezember 2024. Am 23. September 2024 hat eine mündliche Verhandlung des Einzelrichters für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht stattgefunden. Dabei ist der Beurteilte befragt worden. Für sämtliche Ausführungen wird auf das Protokoll verwiesen. Das vorliegende Urteil (einschliesslich Rechtsmittelbelehrung) ist dem Beurteilten anlässlich der mündlichen Verhandlung erläutert und ihm (wie auch dem Migrationsamt) überdies schriftlich ausgehändigt worden.

 

 

Erwägungen

 

1.

Gemäss Art. 80 Abs. 2 Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG, SR 142.20) sind die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft spätestens nach 96 Stunden durch eine richterliche Behörde aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu überprüfen. Diese Frist ist mit der heutigen Verhandlung und Haftüberprüfung eingehalten.

 

2.

Die Ausschaffungshaft setzt einen erstinstanzlichen Weg- Ausweisungsentscheid eine erstinstanzliche Landesverweisung nach Artikel 66a 66abis Strafgesetzbuch (StGB, SR 311.0) voraus, dessen Vollzug mit der entsprechenden Festhaltung sichergestellt werden soll. Gegen den Beurteilten liegen zwei rechtskräftige Landesverweisungen vor: Mit Urteil vom 20. Oktober 2020 verwies ihn das Strafgericht Basel-Stadt für drei Jahre des Landes (bestätigt vom Appellationsgericht mit Urteil vom 19. Dezember 2022). Am 17. März 2022 verurteilte das Strafgericht den Beurteilten zu einer Landesverweisung von acht Jahren.

 

3.

3.1      Nach den gesetzlichen Vorschriften kann ein Ausländer zur Sicherstellung des Vollzugs eines eröffneten erstinstanzlichen Weg- Ausweisungsentscheids einer erstinstanzlichen Landesverweisung nach Art. 66a 66abis StGB insbesondere dann in Haft genommen werden, wenn Gründe nach Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. b, c, g h AIG vorliegen, so etwa, wenn er wegen eines Verbrechens verurteilt worden ist (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. h AIG). Ausserdem kann er in Haft genommen werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass er sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere, weil er besonderen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 AIG), wenn Untertauchensgefahr vorliegt (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AIG). Dies ist regelmässig dann der Fall, wenn der Ausländer bereits einmal untergetaucht ist, behördlichen Auflagen keine Folge leistet, hier straffällig geworden ist, durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollzugsbemühungen der Behörden zu erschweren versucht sonst klar zu erkennen gibt, dass er auf keinen Fall in sein Heimatland zurückzukehren bereit ist (BGE 140 II 1 E. 5.4, 130 II 56 E. 3.1). Untertauchensgefahr ist auch zu bejahen bei eigentlichen Täuschungsmanövern, um die Identität zu verschleiern bzw. die Papierbeschaffung zu erschweren (Businger, Ausländerrechtliche Haft, Zürich 2015, S. 120 f.). Seinen Mitwirkungspflichten nach Art. 90 AIG kommt auch nicht nach, wer sich rein passiv verhält und somit den Wegweisungsvollzug aktiv vereitelt (BGE 130 II 377 E. 3.2.2; BGer 2C_442/2020 vom 24. Juni 2020 E. 3.2.1). Die Beurteilung der Untertauchensgefahr beruht auf einer Prognose. Diese ist in erster Linie vom Haftgericht vorzunehmen und zu begründen, letzteres nicht zuletzt deshalb, da das Haftgericht den Ausländer im Rahmen der obligatorischen mündlichen Verhandlung befragt und von ihm einen persönlichen Eindruck erhält (vgl. Hugi Yar, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax et al. [Hrsg.], Ausländerrecht, 3. Auflage, Basel 2023, Rz 12.103; Entscheid des Verwaltungsgerichts ZH VB.2014.00104 vom 17. März 2014 E. 4.3).

 

3.2      Der Beurteilte ist in der Vergangenheit wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten und deswegen verschiedentlich zu Freiheits- und Geldstrafen wie auch Bussen verurteilt worden. Zuletzt ist er mit Urteil des Strafgerichts vom 17. März 2022 unter anderem wegen Raubs (Nötigungshandlung) und Hehlerei für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Unter Verbrechen im Sinne von Art. 75 Abs. 1 lit. h AIG sind Straftaten zu verstehen, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind (Art. 10 Abs. 2 StGB). Bei den erwähnten Straftatbeständen des Raubs und der Hehlerei handelt es sich um Verbrechen im Sinne der genannten Bestimmung. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (Raub) hält eine Strafandrohung bis zu zehn Jahre bereit, Art. 160 Abs. 1 StGB (Hehlerei) eine von bis zu fünf Jahren. Der Haftgrund der (rechtskräftigen) Verurteilung wegen eines Verbrechens (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 1 lit. h AIG) ist damit vorliegend erfüllt. Unerheblich ist, dass der Beurteilte «bloss» zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden ist. Massgebend ist nämlich allein die abstrakte Strafandrohung und nicht die tatsächlich verhängte Strafe (BGer 2C_260/2018 vom 9. April 2018 E. 4.3; Zünd, in: Spescha et al. [Hrsg.], Kommentar Migrationsrecht, 5. Auflage, Zürich 2019, Art. 75 AIG N 12).

 

3.3     

3.3.1   Im vorliegenden Fall ist auch die Untertauchensgefahr ohne Weiteres zu bejahen. Im Urteil VGE AUS.2023.34 (bestätigt mit BGer 2C_434/2023 vom 28. September 2023) wurde dazu Folgendes erwogen:

 

«Der Beurteilte weigert sich seit Jahren, an der Beschaffung von Reisepapieren mitzuwirken (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 AIG). Jegliche Bemühungen der Behörden, ihn zur Beschaffung von Papieren in der Heimat bei der algerischen Botschaft zu bewegen, weist er zurück. Seit Jahren lehnt er beharrlich die Rückkehr in sein Herkunftsland ab. Bei seiner Einreise in die Schweiz im Jahre 2016 reichte er unter falschen Namen (B____) und falschem Geburtsdatum ([...]) ein Asylgesuch ein. Erst im Rahmen der Bemühungen des SEM bei der algerischen Botschaft um Ausstellung eines Laissez Passer für den Beurteilten stellte sich seine wahre Identität heraus (vgl. Schreiben des SEM vom 29. September 2019). Eigentliche Täuschungsmanöver wie die Verwendung von Alias-Namen stellen gewichtiges Indiz für die Untertauchensgefahr dar (BGE 140 II 1 E. 5.3; Baumann/Göksu, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Zürich/St. Gallen 2022, Rz. 62). Die Untertauchensgefahr ist auch bei strafrechtlich relevantem Verhalten zu bejahen, da bei einem straffälligen Ausländer – eher als bei einem unbescholtenen – eher davon auszugehen ist, er werde künftig behördliche Anordnungen missachten (Baumann/Göksu, a.a.O., Rz 62; Hugi Yar, a.a.O., Rz 12.97). Der Beurteilte wurde seit dem Jahr 2018 wiederholt wegen geringerer, aber auch schwererer Delikte zu Freiheits- und Geldstrafen sowie Bussen verurteilt. Ins Gewicht fallen dabei mehrere Verurteilungen zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen, darunter die Urteile des Strafgerichts vom 12. Dezember 2018 (acht Monate) und vom 17. März 2022 (20 Monate) sowie das Urteil des Appellationsgerichts vom 19. Dezember 2022 (vier Monate). Die Verurteilung im erstgenannten Urteil des Strafgerichts vom 12. Dezember 2018 unter anderem wegen Missachtung einer Eingrenzungsverfügung wie auch seine Festnahme durch die Kantonspolizei am 27. Juni 2020 am Rheinbord beim Dreirosenareal, wo er sich aufgrund der Ausgrenzungsverfügung des Migrationsamts vom 28. November 2019 nicht aufhalten durfte, machen unmissverständlich deutlich, dass der Beurteilte nicht bereit ist, sich an behördliche Anordnung zu halten. Kommt hinzu, dass der Beurteilte keine Familienangehörige hierzulande hat, bei denen er unterkommen könnte. Diese leben nach seinen Angaben (Verhandlungsprotokoll, S. 3) in Spanien, wohin er aber ohne Reisepapiere nicht auf legalem Weg reisen könnte. Aus dem gesamten Verhalten des Beurteilten ist daher auf eine Untertauchensgefahr zu schliessen».

 

3.3.2   Diese Erwägungen beanspruchen auch für dieses Urteil vollumfänglich Gültigkeit. Zusätzlich hat sich die Untertauchensgefahr in der Zwischenzeit sogar noch akzentuiert: So ist der Beurteilte trotz im August 2023 erfolgter Ausschaffung nach Algerien nur gut ein Jahr später – trotz dem mit der Landesverweisung verbundenen Einreiseverbot – wieder in der Schweiz betroffen worden, was einmal mehr belegt, dass er nicht bereit ist, sich an behördliche Anordnungen zu halten. Dass er anlässlich seiner Anhaltung vom 15. September 2024 ein anderes Geburtsdatum als bisher angegeben hat, bedeutet zudem ein weiteres Täuschungsmanöver: Sollte die aktuelle Aussage zutreffen und er tatsächlich am [...] geboren sein (was angesichts der erfolgten Identifizierung durch die Heimatbehörden wenig plausibel ist), dann hat er die Schweizer Behörden seit seiner Einreise im Jahr 2016 bis zu seiner zwangsweisen Rückführung im August 2023 während sieben Jahren getäuscht. Sollte er am [...] geboren sein, dann hat er die Schweizer Behörden bei seiner Anhaltung vom 15. September 2024 ein weiteres Mal zu täuschen versucht. Auch dieses Mal hat er – auch heute – unmissverständlich zu Protokoll gegeben, dass er nicht bereit sei, nach Algerien zurückzukehren, er liebe die Schweiz. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass der Beurteilte bei einer Haftentlassung in der Schweiz untertauchen nach Spanien (wo seine Familie leben soll) Frankreich (woher er gekommen sein will und er auch habe zurückkehren wollen) flüchten würde.

 

4.

4.1      Die Vorbereitungs- und die Ausschaffungshaft nach Art. 75 bis 77 AIG sowie die Durchsetzungshaft nach Art. 78 AIG dürfen zusammen in der Regel die maximale Haftdauer von sechs Monaten nicht überschreiten (Art. 79 Abs. 1 AIG). Weiter darf der Vollzug einer allfälligen Weg- Ausweisung nicht aus rechtlichen tatsächlichen Gründen undurchführbar sein (Art. 80 Abs. 6 lit. a AIG; BGE 127 II 168 E. 2c). Schliesslich muss die Haft als Ganzes verhältnismässig sein (vgl. BGE 130 II 56 E. 1, 125 II 369 E. 3a) und müssen die Behörden das Beschleunigungsgebot einhalten. Die Ausschaffungshaft soll den Vollzug der Entfernungsmassnahme sicherstellen und muss ernsthaft geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen, was nicht (mehr) der Fall ist, wenn die Weg- Ausweisung trotz der behördlichen Bemühungen nicht in einem dem konkreten Fall angemessenen Zeitraum vollzogen werden kann. Die Festhaltung hat, weil unverhältnismässig, dann als unzulässig zu gelten, wenn triftige Gründe für solche Verzögerungen sprechen praktisch feststeht, dass sich der Vollzug kaum innert vernünftiger Frist wird realisieren lassen (BGE 130 II 56 E. 4.1.3; BGer 2C_1072/2015 vom 21. Dezember 2015 E. 3.2). Im Übrigen ist zu berücksichtigen, wieweit der Betroffene es tatsächlich in der Hand hat, seine Festhaltung zu beenden, indem er seiner Mitwirkungs- bzw. Ausreisepflicht nachkommt (BGE 134 I 93 E. 2.3.2; BGer 2C_1/2016 vom 27. Januar 2016 E. 2.3 und E. 3.2.1 sowie 2C_262/2016 vom 12. April 2016 E. 3.3).

 

4.2      Aufgrund des vorstehend Erwogenen bzw. der einschlägigen Vorstrafe (Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt vom 12. Dezember 2018) ist auszuschliessen, dass sich der Beurteilte an eine Ein- Ausgrenzung (Art. 74 AIG) im Sinne einer milderen Massnahme halten würde, sodass eine Inhaftierung das einzige Mittel darstellt, mit dem der Vollzug der beiden Landesverweisungen bzw. der Wegweisung sichergestellt werden kann, zumal mangels Vorhandenseins auch kein Reisepass beim Migrationsamt hinterlegt werden könnte und eine Meldepflicht der ausgeprägten Untertauchensgefahr nicht wirksam begegnen kann. Das als gross einzustufende öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Landesverweisungen bzw. Wegweisung überwiegt dasjenige des Beurteilten an seiner persönlichen Freiheit bei weitem, zumal der Beurteilte auch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt und er ernsthafte gesundheitliche Probleme anlässlich der Befragung vom 20. September 2024 und auch heute verneint hat, wobei solche einer Inhaftierung ohnehin nicht entgegenstünden, ist die medizinische Betreuung (inklusive Medikation) im Gefängnis Bässlergut doch sichergestellt.

 

4.3      Dass eine Rückführung nach Algerien tatsächlich möglich ist, ergibt sich nur schon aus der Tatsache, dass täglich Linienflüge nach Algier verkehren (ab Basel, teilweise mit Zwischenlandung). Auch ergeben sich mit Hinweis auf den abschlägigen Asylentscheid keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beurteilten bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine durch Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK, SR 0.101) verbotene Strafe Behandlung droht. Zudem sprechen weder die in Algerien herrschende politische Situation noch andere Gründe gegen die Zumutbarkeit der Rückführung dorthin. Zwar ist der Beurteilte als algerischer Staatsangehöriger bereits identifiziert worden. Indes muss er als nicht freiwillig Zurückkehrender noch an einem noch nicht terminierten Counselling-Gespräch mit den Heimatbehörden teilnehmen. Anschliessend muss eine Flugbuchung in Auftrag und das Laissez-passer beschafft werden, sodass auch die für drei Monate verfügte Dauer der Haft nicht zu beanstanden ist. Der Beurteilte wird jedoch auf die Möglichkeit eines Haftentlassungsgesuchs hingewiesen.

 

5.

Nach dem Gesagten erweist sich die Haft als notwendig und verhältnismässig, weshalb sie zu bestätigen ist. Das vorliegende Verfahren ist kostenlos (§ 4 Abs. 1 des Gesetzes über den Vollzug der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht).

 

 

Demgemäss erkennt der Einzelrichter:

 

://:        Die über A____ angeordnete Ausschaffungshaft ist für die Dauer von drei Monaten, das heisst bis zum 19. Dezember 2024, rechtmässig und angemessen.

 

            Es werden keine Kosten erhoben.

 

            Mitteilung an:

-       Beurteilter

-       Migrationsamt Basel-Stadt

-       Staatssekretariat für Migration (SEM)

 

 

VERWALTUNGSGERICHT BASEL-STADT

 

Der Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

 

 

 

Dr. Beat Jucker

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Diese ist mit einem Antrag und einer Begründung zu versehen. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

 

Der inhaftierte Ausländer kann einen Monat nach der Haftüberprüfung ein Haftentlassungsgesuch einreichen beim Verwaltungsgericht Basel-Stadt, Bäumleingasse 1, 4051 Basel.



 
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