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Urteil Appellationsgericht (BS - AUS.2024.27)

Zusammenfassung des Urteils AUS.2024.27: Appellationsgericht

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat am 24. Mai 2024 entschieden, dass die Ausschaffungshaft für A____ rechtmässig und angemessen ist. A____, ein nigerianischer Staatsangehöriger, wurde wegen Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und mit einer Landesverweisung belegt. Das Migrationsamt hat ihn aus der Schweiz weggewiesen und in Untersuchungshaft genommen. Die Haft wurde angeordnet, da Untertauchensgefahr besteht und A____ als gefährlich für die öffentliche Sicherheit angesehen wird. Die Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AUS.2024.27

Kanton:BS
Fallnummer:AUS.2024.27
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung: Verwaltungsgericht Einzelrichter in für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht
Appellationsgericht Entscheid AUS.2024.27 vom 24.05.2024 (BS)
Datum:24.05.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Ausländer; Migration; Ausschaffung; Ausschaffungshaft; Vollzug; Untertauchen; Migrationsamt; Basel; Untertauchensgefahr; Recht; Ausländerrecht; Landes; Urteil; Landesverweisung; Schweiz; Anordnung; Freiheit; Zwangsmassnahmen; Verhandlung; Behörde; Auflage; Basel-Stadt; Verwaltungsgericht; Einzelrichter; Verfügung; Spanien; Wegoder; ördliche
Rechtsnorm: Art. 69 AIG ;Art. 75 AIG ;Art. 76 AIG ;Art. 78 AIG ;Art. 79 AIG ;
Referenz BGE:125 II 369; 127 II 168; 128 II 241; 130 II 56; 140 II 409;
Kommentar:
Spescha, Zünd, Kommentar Migrationsrecht, Art. 75 AIG SR, 2019

Entscheid des Verwaltungsgerichts AUS.2024.27



Geschäftsnummer: AUS.2024.27 (AG.2024.325)
Instanz: Appellationsgericht
Entscheiddatum: 24.05.2024 
Erstpublikationsdatum: 25.05.2024
Aktualisierungsdatum: 25.05.2024
Titel: Ausschaffungshaft (Art. 76 Abs. 1 AIG)
 
 

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

als Verwaltungsgericht

Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht

 

AUS.2024.27

 

URTEIL

 

vom 24. Mai 2024

 

 

 

Beteiligte

 

Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt,

Spiegelgasse 12, Postfach, 4001 Basel

 

gegen

 

A____, geb. [...], von Nigeria,

[...]

zurzeit im Gefängnis Bässlergut, Freiburgerstrasse 48, 4057 Basel  

 

 

Gegenstand

 

Verfügung des Migrationsamtes vom 22. Mai 2024

 

betreffend Ausschaffungshaft (Art. 76 Abs. 1 AIG)


Sachverhalt

 

Der nigerianische Staatsangehörige A____ mit einem gültigen Aufenthaltstitel für Spanien wurde mit Strafurteil vom 22. Mai 2024 des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG, SR 812.121) schuldig erklärt und zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 20 Monaten, unter Anrechnung des bereits ausgestandenen Freiheitsentzugs und unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren, sowie zu einer Landesverweisung von 5 Jahren verurteilt. Nachdem er sich seit dem 27. Oktober 2023 in Untersuchungshaft bzw. dem vorzeitigen Strafvollzug befand, wurde er nach dem Schuldspruch zu Handen des Migrationsamts aus dem Freiheitsentzug entlassen.

 

Das Migrationsamt hat mit Verfügungen vom 22. Mai 2024 A____ aus der Schweiz weggewiesen und für die Dauer eines Monats in Untersuchungshaft gesetzt.

 

An der heutigen Verhandlung ist A____ zur Sache befragt worden. Für sämtliche Depositionen wird auf das Protokoll verwiesen.

 

Erwägungen

 

1.

Gemäss Art. 80 Abs. 2 Ausländer-und Integrationsgesetz (AIG, SR 142.20) sind die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft spätestens nach 96 Stunden durch eine richterliche Behörde aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu überprüfen. Diese Frist ist mit der heutigen Verhandlung und Haftüberprüfung eingehalten.

 

2.

Die Ausschaffungshaft setzt einen erstinstanzlichen Weg- Ausweisungsent-scheid eine erstinstanzliche Landesverweisung nach Artikel 66a 66abis Strafgesetzbuch (StGB, SR 311.0) Artikel 49a 49abis Militärstrafgesetzbuch (MStG, SR 321.0) voraus, dessen Vollzug mit der entsprechenden Festhaltung sichergestellt werden soll. Die Verfügung muss (noch) nicht in Rechtskraft erwachsen sein (BGE 140 II 409 E. 2.3.4; Zünd, in Spescha et al. [Hrsg.], Kommentar Migrationsrecht, 5. Auflage 2019, Art. 76 AIG N 1; Göksu, in: Handkommentar AIG, Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], Bern 2010, Art. 76 AIG N 2; Busslinger/Segessenmann, Ausschaffung im Dublin-Verfahren, in: Rechtsschutz bei Schengen Dublin, Breitenmoser/Gless/Lagodny [Hrsg.], Zürich/St. Gallen 2013, S. 207, 214). A____ ist mit Strafurteil vom 22. Mai 2024 für 5 Jahre des Landes verwiesen und gleichentags vom Migrationsamt zusätzlich aus der Schweiz weggewiesen worden, wobei der Vollzug der Wegweisung unverzüglich zu erfolgen habe.

 

3.

3.1      Nach den gesetzlichen Vorschriften kann ein Ausländer zur Sicherstellung des

Vollzugs eines eröffneten erstinstanzlichen Weg- Ausweisungsentscheids einer erstinstanzlichen Landesverweisung nach Art. 66a 66abis StGB Art. 49a oder 49abis MStG insbesondere in Haft genommen werden, wenn Gründe nach Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 75 Abs. 1 lit. b, c, g, h i AIG vorliegen, so etwa wenn gegen eine Einreisesperre für das Gebiet der Schweiz verstossen wird (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 75 Abs. 1 lit. c AIG). Ausserdem kann er in Haft genommen werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass er sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil er besonderen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 AIG), wenn Untertauchensgefahr vorliegt (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AIG). Dies ist regelmässig der Fall, wenn der Ausländer bereits einmal untergetaucht ist, behördlichen Auflagen keine Folge leistet, hier straffällig geworden ist, durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollzugsbemühungen der Behörden zu erschweren versucht sonst klar zu erkennen gibt, dass er auf keinen Fall in sein Heimatland zurückzukehren bereit ist (BGE 128 II 241 E. 2.1 S. 243, 125 II 369 E. 3 b/aa S. 375). Untertauchensgefahr ist auch zu bejahen bei eigentlichen Täuschungsmanövern, um die Identität zu verschleiern bzw. die Papierbeschaffung zu erschweren (z.B. Verwendung gefälschter Papiere, Auftreten unter mehreren Namen). Das Gleiche gilt bei strafrechtlich relevantem Verhalten, ist bei einem straffällig gewordenen Ausländer doch eher als bei einem unbescholtenen davon auszugehen, er werde in Zukunft behördliche Anordnungen missachten (vgl. auch Art. 75 Abs. 1 lit. g und h AIG).

 

Die Beurteilung der Untertauchensgefahr beruht auf einer Prognose. Diese ist in erster Linie vom Haftgericht vorzunehmen und zu begründen, letzteres nicht zuletzt deshalb, da das Haftgericht den Ausländer im Rahmen der obligatorischen mündlichen Verhandlung befragt und von ihm einen persönlichen Eindruck erhält (vgl. Hugi Yar, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Ausländerrecht, Uebersax et al. [Hrsg.], 2. Auflage 2009, Rz. 10.94; Entscheid des Verwaltungsgerichts ZH VB.2014.00104 E. 4.3).

 

Die Ausschaffungshaft setzt nicht voraus, dass dem betroffenen Ausländer eine Ausreisfrist gesetzt wurde und er bereits Gelegenheit zur selbständigen Ausreise hatte, da er im Falle des Bestehens einer Untertauchensgefahr eine solche Frist zum Untertauchen nutzen könnte (Businger, Ausländerrechtliche Haft, in: Zürcher Studien zum öffentlichen Recht, Zürich/Basel/Genf 2015, S. 98).

 

3.2

Das Migrationsamt begründet die Anordnung der Ausschaffungshaft mit dem Vorliegen einer Untertauchensgefahr (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AIG), mit der Begründung aufgrund der erfolgten Verurteilung von A____ wegen eines Verbrechens gegen das BetmG gehe von diesem eine grosse Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Richtig ist, dass gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aufgrund dieser Verurteilung davon ausgegangen werden darf, dass die Anwesenheit A____ Personen an Leib und Leben erheblich gefährdet und damit der Haftgrund von Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 75 Abs. 1 lit g AIG gegeben ist (s. dazu: Zünd, in: Spescha et al, Kommentar Migrationsrecht, 5. Auflage 2019, Art. 75 AIG N 11 mit Verweis auf BGE 125 II 369 E. 3b/bb). Gleichzeitig kann aber auch die Untertauchensgefahr bejaht werden, da nicht zu erwarten ist, dass A____, welcher wohl bereits die Rechtsordnung der Schweiz erheblich verletzt hat, sich in Freiheit entlassen an behördliche Anordnungen halten wird. Gleichzeitig ist den Akten zu entnehmen, dass sich A____ in der Vergangenheit bereits einer anderen Identität bedient hat, was als weiterer Hinweis auf das Bestehen von Untertauchensgefahr zu werten ist. Zwar gibt er an, grundsätzlich gewillt zu sein, nach Spanien zurück zu kehren. Da er sein Geld aber wohl mit Drogenhandel verdient, kann auf diese Aussage nicht unbesehen abgestützt werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass er bereit ist, in der Schweiz unterzutauchen, falls dies seinen finanziellen Interessen dienen würde. Damit liegen zwei Haftgründe für die Anordnung von Ausschaffungshaft vor. Gleichzeitig besteht ein grosses öffentliches Interesse am Vollzug der angeordneten Landesverweisung. Eine mildere Massnahme, wie etwa eine Eingrenzung eine regelmässige Meldepflicht, vermögen den Vollzug der Landesverweisung aufgrund des in Freiheit zu erwartenden Verhaltens von A____ nicht genügend sicher zu stellen. Damit ist die Anordnung von Haft auch verhältnismässig.

 

4.

4.1      Die Vorbereitungs- und die Ausschaffungshaft nach Art. 75 bis 77 AIG sowie die Durchsetzungshaft nach Art. 78 AIG dürfen zusammen in der Regel die maximale Haftdauer von sechs Monaten nicht überschreiten (Art. 79 Abs. 1 AIG). Weiter darf der Vollzug einer allfälligen Weg- Ausweisung nicht aus rechtlichen tatsächlichen Gründen undurchführbar sein (Art. 80 Abs. 6 lit. a AIG; BGE 127 II 168 E. 2c S. 171 f.). Schliesslich muss die zuständige Behörde ohne Verzug über die Aufenthaltsberechtigung des Ausländers entscheiden (Art. 75 Abs. 2 AIG, Beschleunigungsgebot) und die Haft als Ganzes verhältnismässig sein (vgl. BGE 130 II 56 E. 1S. 58 und BGE 125 II 369 E. 3a S. 374 f.).

 

4.2      Die spanischen Behörden haben der Rückübernahme von A____ bereits zugestimmt (s. E-Mail Schreiben des Staatssekretariats für Migration [SEM] vom 29. Februar 2024; zur Rückführung in ein anderes Land als das Heimatland s. Art. 69 Abs. 2 AIG), welche ihnen allerdings mindestens 72 Stunden im Voraus mitzuteilen ist. Zudem verfügt A____ über gültige Reisedokumente. Ein Rückflug nach Spanien kann erfahrungsgemäss rasch organisiert werden. Gleichwohl wird die angeordnete Haft im Umfang eines Monats bestätigt, falls in der Organisation der Rückführung unerwartete Schwierigkeiten auftauchen sollten.


 

5.

Es werden keine Kosten erhoben (§ 4 Gesetz über den Vollzug der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, SG 122.300).

 

 

Demgemäss erkennt die Einzelrichterin:

 

://:        Die über A____ angeordnete Ausschaffungshaft ist vom 22. Mai 2024, 14.00 Uhr, bis zum 21. Juni 2024, 14.00 Uhr, rechtmässig und angemessen.

 

            Es werden keine Kosten erhoben.

 

            Mitteilung an:

            - A____

            - Migrationsamt

            - Staatssekretariat für Migration

 

 

 

VERWALTUNGSGERICHT BASEL-STADT

 

Die Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

 

 

 

lic. iur. Barbara Grange

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Diese ist mit einem Antrag und einer Begründung zu versehen. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

 

Der inhaftierte Ausländer kann einen Monat nach der Haftüberprüfung ein Haftentlassungsgesuch einreichen beim Verwaltungsgericht Basel-Stadt, Bäumleingasse 1, 4051 Basel.

 

 

 

Hinweis

 

Dieses Urteil wurde dem Ausländer am heutigen Tag mündlich erläutert und schriftlich ausgehändigt.



 
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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