Zusammenfassung des Urteils AUS.2015.74 (AG.2015.870): Appellationsgericht
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht hat am 30. Dezember 2015 entschieden, dass die Anordnung der Ausschaffungshaft gegen A____ rechtmässig ist. A____, geboren in Bulgarien, war mehrfach deliktisch aufgefallen und hatte sich nicht an Wegweisungsverfügungen gehalten. Da er als bulgarischer Staatsangehöriger in den Genuss der Personenfreizügigkeit kommt, muss die Wegweisungsverfügung standhalten. Aufgrund der aktenkundigen Sachlage und der bestehenden Untertauchensgefahr entschied das Gericht, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten. Die Haft wurde bis zum 10. Januar 2016 verlängert, und es wurden keine Kosten erhoben.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | AUS.2015.74 (AG.2015.870) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 30.12.2015 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Anordnung der Ausschaffungshaft |
Schlagwörter: | Beurteilte; Migration; Wegweisungsverfügung; Ausländer; Migrationsamt; Basel; Kantons; Einzelrichter; Zwangsmassnahmen; Ausländerrecht; Schweiz; Einreiseverbot; Ausschaffung; Basel-Stadt; Verfügung; Ausschaffungshaft; Vollzug; Verhandlung; Kantonspolizei; Vollzug; Recht; Appellationsgericht; Verwaltungsgericht; Bulgarien; Bahnhof; Gesetzes |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 128 II 241; |
Kommentar: | - |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im |
AUS.2015.74
URTEIL
vom 30. Dezember 2015
Beteiligte
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt,
Spiegelgasse 12, Postfach, 4001 Basel
gegen
A____, geb. [...] 1981, von Bulgarien,
Wohnort unbekannt
Zustelladresse: c/o Gefängnis Bässlergut,
Freiburgerstr.48, 4057Basel
Gegenstand
Verfügung vom 29. Dezember 2015
betreffend Anordnung der Ausschaffungshaft
Sachverhalt
dass A____ am 29. Dezember 2015 um 04.50 Uhr in einem Zug auf Gleis 31 im Bahnhof SBB festgestellt und kontrolliert worden ist, wobei er sich nur mit einem abgelaufenen bulgarischen "temporary passport" ausweisen konnte und wobei sich herausgestellt hat, dass er gemäss am 4. Dezember 2012 eröffneter Wegweisungsverfügung die Schweiz bis 28. Dezember 2015, 23.59 Uhr hätte verlassen müssen und dass er mit einem am 29. Juni 2015 eröffneten, vom 30. Juni 2015 bis 29. Juni 2017 gültigen Einreiseverbot für das schweizerische und liechtensteinische Gebiet belegt ist,
dass das Migrationsamt am 29. Dezember 2015 über A____ Ausschaffungshaft bis 10. Januar 2016 verfügt hat,
dass gemäss § 2 des Gesetzes über den Vollzug der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (SG 122.300) ein Einzelrichter am Appellationsgericht als Verwaltungsgericht zur in Art. 80 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) vorgesehenen Überprüfung der Haft zuständig ist,
dass das Gericht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten kann, wenn die Ausschaffung voraussichtlich innerhalb von acht Tagen nach der Haftanordnung erfolgen wird und die betroffene Person sich damit schriftlich einverstanden erklärt hat (Art. 80 Abs. 3 AuG),
dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind - der Beurteilte hat den Verzicht erklärt, seine Identität ist geklärt, ein Flug nach Bulgarien wird somit voraussichtlich innert acht Tagen möglich sein - und eine mündliche Verhandlung aufgrund der klaren Aktenlage auch entbehrlich erscheint,
dass Untertauchensgefahr regelmässig dann vorliegt, wenn der Ausländer bereits einmal untergetaucht ist, behördlichen Auflagen keine Folge leistet, hier straffällig geworden ist, durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollzugsbemühungen der Behörden zu erschweren versucht sonst klar zu erkennen gibt, dass er auf keinen Fall in sein Heimatland zurückzukehren bereit ist (BGE 128 II 241 E. 2.1 S. 243; 125 II 369 E. 3 b/aa S. 375) sowie bei eigentlichen Täuschungsmanövern, um die Identität zu verschleiern bzw. die Papierbeschaffung zu erschweren (z.B. Verwendung gefälschter Papiere, Auftreten unter mehreren Namen),
dass die Staatsanwaltschaft den Beurteilten mit Strafbefehl vom 29. Juni 2015 wegen eines zwei Tage zuvor begangenen Ladendiebstahls in der Bahnhof-Apotheke zu 30 Tagen Freiheitsstrafe (unbedingt) verurteilt hat, nachdem er schon zuvor mehrere Male deliktisch aufgefallen war, so etwa am 14. Oktober 2014 anlässlich eines Ladendiebstahls im [...] am Centralbahnplatz,
dass der Beurteilte bereits mit Verfügung vom 29. Juni 2015 zum ersten Mal aus der Schweiz weggewiesen worden ist und ihm an jenem Datum auch das vorgenannte Einreiseverbot eröffnet worden ist,
dass der Beurteilte im Anschluss daran sich entweder nicht an die Wegweisungsverfügung nicht an das Einreiseverbot gehalten hat, was indessen offen gelassen werden kann, nachdem er am 27. November 2015 zusammen mit einem notabene ebenfalls mit einem Einreiseverbot belegten Komplizen durch die Kantonspolizei angehalten worden war, nachdem sich die beiden an der vor einer [...]-Filiale ausgestellten Ware zu schaffen gemacht hatten und bei ihnen bestimmte Werkzeuge gefunden wurden, woraus die Kantonspolizei auf professionellen Kriminaltourismus schloss,
dass der Beurteilte am 29. November 2015 durch die Kantonspolizei Bern vorläufig festgenommen wurde, nachdem er im Zug von Lausanne her kommend ohne gültigen Fahrausweis betroffen worden war, woraufhin er nach Basel überführt und hier am 1. Dezember 2015 in den Strafvollzug ab 10. Dezember 2015 versetzt, indessen am 3. Dezember 2015 aus der Haft entlassen wurde,
dass der Beurteilte also die Schweiz trotz Wegweisungsverfügungen nicht verlassen hat und mehrfach deliktisch aufgefallen ist, womit nicht davon ausgegangen werden kann, dass er sich in Freiheit dem Wegweisungsvollzug zur Verfügung halten würde und weshalb Untertauchensgefahr vorliegt,
dass zu bedenken ist, dass der Beurteilte als bulgarischer Staatsangehöriger in den Genuss der Personenfreizügigkeit kommt und daher die Wegweisungsverfügung als Entfernungsmassnahme Art. 5 Anhang I des bilateralen Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681; FZA) standhalten muss (AGE AUS.2015.38 vom 7. August 2015 E. 2.3; 2015.33 vom 17. Juli 2015 E. 2.2; Marc Spescha, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli, Migrationsrecht, 3. Aufl., AuG 64 N 1 f.; 67 N 1 und FZA 5 N 6),
dass die vorliegende Wegweisungsverfügung mit der deliktischen Tätigkeit des Beurteilten begründet wird, was im vorliegenden Haftüberprüfungsverfahren indessen nicht überprüft werden kann, da gegen die Wegweisungsverfügung die Beschwerde an das Justiz- und Sicherheitsdepartement offen gestanden wäre und soweit ersichtlich kein Rechtsmittel ergriffen worden ist,
dass die Begründung der Wegweisungsverfügung nicht offensichtlich unzulässig erscheint (vgl. BGer 2C_218/2013 vom 26. März 2013 E. 3.2.2 m.w.H.),
dass der Beurteilte grundsätzlich die Wahl hat, in welches Land er ausgeschafft werden will (Art. 69 Abs. 2 AuG), indessen über keine gültigen Reisepapiere verfügt, sodass ihm die Ausreise in einen anderen als seinen Heimatstaat verwehrt ist (Anhang I Art. 1 Abs. 1 FZA; Art. 4 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten [ABl. L 158/77 vom 30.4.2004]),
dass keine mildere Massnahme als die angeordnete Haft zur Sicherstellung des Wegweisungsvollzugs zweckmässig erscheint und das Beschleunigungsgebot gewahrt ist,
dass die Haft damit bis 10. Januar 2016 verhältnismässig und rechtmässig ist (Art. 80 Abs. 3 AuG),
dass das Verfahren kostenlos ist (§ 4 Abs. 1 des Gesetzes über den Vollzug der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht),
erkennt der Einzelrichter:
://: Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird verzichtet.
Die über A____ angeordnete Ausschaffungshaft ist bis 10. Januar 2016 rechtmässig und angemessen.
Es werden keine Kosten erhoben.
Das Migrationsamt wird angewiesen, A____ das vorliegende Urteil in einer für ihn verständlichen Sprache zu eröffnen.
Mitteilung an
- A____
- Migrationsamt Basel-Stadt
- Staatssekretariat für Migration
VERWALTUNGSGERICHT BASEL-STADT
Der Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht
Dr. Peter Bucher
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Diese ist mit einem Antrag und einer Begründung zu versehen. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.
Bestätigung
Dieses Urteil wurde A____ durch das Migrationsamt
in _________________ Sprache eröffnet.
Datum:
Unterschrift Beurteilter:
Unterschrift Migrationsamt:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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