| Sozialversicherungsgericht |
URTEIL
vom 11. März 2020
Mitwirkende
Dr. G. Thomi (Vorsitz), P. Waegeli, Dr. med. W. Rühl
und Gerichtsschreiberin Dr. B. Gruber
Parteien
A____
[...]
vertreten durch lic. iur. B____, [...]
Beschwerdeführerin
Kantonale Amtsstelle für Arbeitslosenversicherung
Hochstrasse37, Postfach, 4002Basel
vertreten durch Amt für Wirtschaft und Arbeit, Herrn lic. iur. C____, Hochstrasse37, Postfach, 4002Basel
Beschwerdegegnerin
Gegenstand
AL.2019.32
Einspracheentscheid vom 10. September 2019
Nichtigkeit; Abstellen auf die effektiv bezogenen Lohnzahlungen bei der Prüfung der erfüllten Beitragszeit
Tatsachen
I.
Die Beschwerdeführerin meldete sich am 7. Februar 2019 zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung ab dem 1. Februar 2019 bei der Öffentlichen Arbeitslosenkasse Basel-Stadt an (Beschwerdeantwortbeilage [BAB] 1). Mit Verfügung vom 22. März 2019 (BAB 12) lehnte die ÖAK den Anspruch auf Leistungen ab, da die Beschwerdeführerin im massgebenden Zeitraum vom 1. Februar 2017 bis 31. Januar 2019 keine Beitragszeit ausgewiesen habe.
Die Beschwerdeführerin erhob am 6. Mai 2019 (BAB 13) dagegen Einsprache. Im Schreiben vom 14. Mai 2019 (BAB 15) teilte die ÖAK mit, dass sie ihre Verfügung vom 22. März 2019 zurückziehe und die Einsprache gutheisse. Der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung werde erneut durch den Rechtsdienst geprüft. Sobald dieser seine Abklärungen abgeschlossen habe, erhalte sie einen schriftlichen Entscheid. Mit Schreiben vom 15. Mai 2019 (BAB 16) überwies die ÖAK die Sache an die kantonale Amtsstelle (KASt) gemäss Art. 81 Abs. 2 AVIG.
Am 16. Mai 2019 (BAB 17) verfügte die KASt, die Beschwerdeführerin habe keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, da die Beitragszeit nach Art. 13 AVIG nicht rechtsgenüglich nachgewiesen sei; es seien keine Lohnzahlungen nachgewiesen. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 14. Juni 2019 (BAB 18) Einsprache, die mit Einspracheentscheid vom 10. September 2019 (BAB 19) abgewiesen wurde.
II.
Mit Beschwerde vom 14. Oktober 2019 beantragt die Beschwerdeführerin, vertreten durch lic. iur. B____, Advokatin, es sei die Nichtigkeit des Einspracheentscheids vom 10. September 2019 und die diesem zugrundeliegende Verfügung vom 16. Mai 2019 der Beschwerdegegnerin betreffend Ablehnung der Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin ab dem 1. Februar 2019 festzustellen. Eventualiter sei der Einspracheentscheid aufzuheben. Es sei die Öffentliche Arbeitslosenkasse Basel-Stadt anzuweisen, die Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin ab dem 1. Februar 2019 festzustellen und der Beschwerdeführerin ab dem 1. Februar die gesetzlichen Leistungen auszurichten, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge.
In der Beschwerdeantwort vom 20. Dezember 2019 schliesst die KASt auf Abweisung der Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin repliziert am 20. Januar 2020 und hält an ihren Anträgen fest.
III.
Am 11. März 2020 findet die Beratung der Kammer des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt statt.
Entscheidungsgründe
1.
1.1. Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt ist zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde sachlich zuständig (Art. 57 des Bundesgesetzes vom 6.Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG, SR830.1] in Verbindung mit § 82 des Gesetzes vom 3. Juni 2015 betreffend die Organisation der Gerichte und der Staatsanwaltschaft [Gerichtsorganisationsgesetz, GOG, SG 154.100] und § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 9. Mai 2001 über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und über das Schiedsgericht in Sozialversicherungssachen [Sozialversicherungsgesetz, SVGG, SG 154.200]). Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich aus Art. 100 Abs. 3 (Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], SR837.0) in Verbindung mit Art. 128 Abs. 2 sowie Art. 119 Abs. 1 lit. a der Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsverordnung [AVIV, SR 837.02]).
1.2. Da die Beschwerde sodann rechtzeitig innert der 30-tägigen Frist nach Eröffnung des Einspracheentscheids erhoben worden ist (Art. 60 ATSG) und auch die übrigen formellen Beschwerdevoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
2.
2.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Verfügung vom 16. Mai 2019 sei nichtig, weil der KASt die Kompetenz zu deren Erlass gefehlt habe. Sie habe nämlich bereits über den gleichen Gegenstand entschieden (Art. 81 AVIG). Der Entscheid der ÖAK vom 14. Mai 2019 binde auch die KASt, die der gleichen Behörde, nämlich dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt angehöre. Sie würde den gleichen Sachverhalt und dieselbe Rechtsfrage wie bereits die Verfügung der ÖAK vom 22. März 2019 und den Entscheid vom 14. Mai 2019 betreffen. Beide Verfügungen und Entscheide würden die Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosenentschädigung und die Erfüllung der Beitragszeit in der Rahmenfrist von 1. Februar 2017 bis 31. Januar 2019 prüfen. Es sei jedoch nicht zulässig, dass zwei Abteilungen einer Behörde nacheinander über die gleiche Sache verfügten. Die ÖAK habe den Entscheid aber nicht sofort an die KASt überwiesen, sondern habe in der Angelegenheit am 22. März 2019 selbst verfügt und den Anspruch der Beschwerdeführerin zunächst verneint. Anschliessend habe die ÖAK die dagegen erhobene Einsprache der Beschwerdeführerin vom 6. Mai 2019 mit Entscheid vom 14. Mai 2019 gutgeheissen. Ein Überweisungsbeschluss liege weder vor noch sei die Beschwerdeführerin von der ÖAK über einen Überweisungsbeschluss informiert worden. Stattdessen habe die ÖAK über die Einsprache vom 6. Mai 2019 selbst entschieden und sie gutgeheissen. Der Beschwerdegegnerin stehe es somit nicht zu, erneut in der gleichen Sache zu verfügen. Stattdessen hätte die ÖAK aufgrund der Gutheissung der Einsprache vom 6. Mai 2019 mit Entscheid vom 14. Mai 2019 der Beschwerdeführerin ArbeitsIosenentschädigung gewähren müssen. Folglich sei die Verfügung vom 16. Mai 2019 nichtig.
2.2. Nichtigkeit einer Verfügung eines Entscheids ist nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung gegeben, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er offensichtlich zumindest leicht erkennbar ist und zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Als Nichtigkeitsgründe fallen vorab funktionelle und sachliche Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht. Die Nichtigkeit eines Entscheids ist von sämtlichen rechtsanwendenden Behörden jederzeit von Amtes wegen zu beachten (BGE 138 II 501 E. 3.1 mit weiteren Hinweisen).
2.3. Im Schreiben vom 14. Mai 2019 (BB 12) teilte die ÖAK der Beschwerdeführerin mit, dass sie ihre Verfügung vom 22. März 2019 zurückziehen und die oben genannte Einsprache gutheissen würde. Der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung der Beschwerdeführerin werde erneut durch ihren Rechtsdienst geprüft. Sobald dieser seine Abklärungen abgeschlossen habe, erhalte die Beschwerdeführerin einen schriftlichen Entscheid.
2.4. Aus formeller Sicht geht aus dem Schreiben klar hervor, dass es sich um ein Schreiben und nicht um einen Einspracheentscheid handelt. Denn das Schreiben enthält weder eine Rechtsmittelbelehrung noch ist es mit «Einspracheentscheid» betitelt. Ebenso wenig enthält es ein Dispositiv. Das Schreiben ging an die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin. Aufgrund ihrer Fachkunde musste ihr erkennbar sein, dass wesentliche Elemente eines Einspracheentscheids fehlen. Auch wenn die ÖAK in diesem Schreiben den Begriff «gutheissen» verwendete, lässt sich dem formellen Kontext entnehmen, dass es sich nicht um einen Einspracheentscheid handelt. Andererseits geht aus dem inhaltlichen Kontext eindeutig hervor, dass der Anspruch vom Rechtsdienst noch einmal geprüft wird. Das Schreiben vom 14. Mai 2019 enthält auch gerade keine Aussage zur Frage, ob die Beschwerdeführerin die Beitragszeit in der Rahmenfrist von 1. Februar 2017 bis 31. Januar 2019 erfüllte. Eine Gutheissung des Anspruchs im Sinne der Ausrichtung von Arbeitslosentaggeldern konnte daher mit dem Wort «gutheissen» nicht gemeint sein, sondern lediglich eine Gutheissung im Sinne der Aufhebung der Verfügung vom 22. März 2019. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass die ÖAK die Verfügung «zurückzieht». Schliesslich handelt es sich vom inhaltlichen Standpunkt her um eine Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 3 ATSG.
2.5. Der Versicherungsträger kann eine Verfügung einen Einspracheentscheid, gegen die Beschwerde erhoben wurde, so lange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt (Art. 53 Abs. 3 ATSG).
2.6. Mit Einreichung der Beschwerde wird die Beschwerdeinstanz zum Entscheid über die angefochtene Verfügung zuständig (sogenannter Devolutiveffekt). Die Devolution, d.h. die Überwälzung der Zuständigkeit, ist ein Resultat des hierarchischen Aufbaus der Verwaltungsbehörden. Folgerichtig ist es der Verwaltung grundsätzlich verwehrt, nach Einreichung des Rechtsmittels weitere zusätzliche Abklärungen vorzunehmen, soweit sie den Streitgegenstand betreffen und auf eine allfällige Änderung der angefochtenen Verfügung durch Erlass einer neuen abzielen (BGE 127 V 228 E. 2.b/aa; 130 V 138 E. 4.2). Der Devolutiveffekt bewirkt zudem, dass der Rechtsmittelentscheid prozessual die angefochtene Verfügung ersetzt und damit den alleinigen Anfechtungsgegenstand für einen nachfolgenden Instanzenzug bildet (BGE 130 V 138 E. 4.2). Hinter einer Ausnahmeregelung zum Devolutiveffekt wie dem Art. 53 Abs. 3 ATSG steht der Gedanke der Prozessökonomie im Sinne der Vereinfachung des Verfahrens. Die Verwaltung soll lite pendente (nach Eintritt bzw. während der Rechtshängigkeit) auf ihre Verfügung zurückkommen können, wenn diese sich, allenfalls im Lichte der Vorbringen in der Beschwerde, als unrichtig erweist (BGE 127 V 228 E. 2.b/bb), dies jedoch innerhalb der Schranken der entsprechenden Bestimmung.
2.7. Die ÖAK ist im Schreiben vom 14. Mai 2019 auf ihre Verfügung vom 22. März 2019 zurückgekommen. Dies war im Rahmen von Art. 53 Abs. 3 ATSG zulässig.
2.8. Was den Vorwurf der Beschwerdeführerin anbelangt, sie sei über die Überweisung an die KASt nicht informiert worden, so kann die Arbeitslosenkasse gemäss Art. 81 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 85 Abs. 1 lit. e AVIG einen Fall der kantonalen Amtsstelle zum Entscheid unterbreiten, wenn Zweifel bestehen, ob für wie viele Tage auf welchen Zeitpunkt eine versicherte Person in der Anspruchsberechtigung eingestellt werden muss.
2.9. In der Verfügung vom 16. Mai 2019 schreibt die KASt ausdrücklich, die ÖAK habe sie mit der Durchführung des Einspracheverfahrens beauftragt. Dies ist nach den oben genannten Bestimmungen rechtens. Einer Information der versicherten Person bedarf es hierzu nicht. Die KASt ist daher sachlich zuständig, eine Verfügung auf diesem Gebiet zu erlassen, auch wenn sie ursprünglich nicht selbst verfügt hat.
2.10. Nichtigkeit ist nur in Ausnahmefällen anzunehmen, wenn die Verfügung gravierende Mängel aufweist (Urteil des Bundesgerichts vom 24. Juli 2008, 9C_333/2007, E. 2.1). Dieses Erfordernis ist vorliegend nicht erfüllt, weswegen die Verfügung vom 16. Mai 2019 und der Einspracheentscheid vom 10. September 2019 in formeller Hinsicht Bestand haben. Zu prüfen sind nun die Einwände der Beschwerdeführerin in materieller Hinsicht.
3.
3.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, es sei ein Monatslohn von Fr. 5'000.-- vereinbart worden, der angesichts ihrer Qualifikationen und Berufserfahrung tiefer bemessen sei als ein marktüblicher Lohn und im Vergleich mit den Gehältern der anderen Mitarbeitenden bescheiden ausgefallen sei. Grund sei die schwache finanzielle Lage der D____ AG gewesen und der Erfolg der D____ AG sei der Beschwerdeführerin ein Anliegen gewesen. Sie habe sich den ihr zustehenden Lohn während des Arbeitsverhältnisses vorerst nicht auszahlen, sondern als Forderung gegenüber der D____ AG in deren Buchhaltung verbuchen lassen. Die D____ AG habe seit ihrem Bestehen aufgrund der bis heute andauernden grossen Krise in der Medienbranche mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen gehabt. Der Beschwerdeführerin sei nicht nur der Erfolg der D____ AG ein Anliegen gewesen, sondern auch, dass die Löhne der mehrheitlich jungen Mitarbeitenden am Anfang ihrer Berufslaufbahn ausbezahlt werden konnten. Die Beschwerdeführerin sei zum damaligen Zeitpunkt aufgrund ihres Privatvermögens auf den ihr zustehenden Lohn nicht angewiesen gewesen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Daher sei die Beschwerdeführerin mit der D____ AG übereingekommen, dass ihr Lohn vorerst nicht ausbezahlt werde. Es habe zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses kein Zweifel darüber bestanden, dass es sich bei diesen Buchungen um Lohnforderungen der Beschwerdeführerin gehandelt habe, die zu einem späteren Zeitpunkt ausbezahlt würden. Daher habe die D____ AG die Sozialversicherungsbeiträge für den Lohn der Beschwerdeführerin ordnungsgemäss abgerechnet und sie habe den Lohn auch jeweils in der Steuererklärung vermerkt. Die Parteien hätten vereinbart, dass der Lohn bei genügend Liquidität ausbezahlt werde. Dazu sei es jedoch nicht mehr gekommen, weil die D____ AG im Juni 2018 in Nachlassstundung getreten sei, im August 2018 ihren Betrieb eingestellt habe und im November 2018 Konkurs angemeldet habe. Die Beschwerdeführerin habe der D____ AG über die Jahre mehrmals auch Darlehen aus ihrem Privatvermögen gewährt.
3.2. Strittig ist die Frage, ob auf die Lohnzahlungen abzustellen ist, welche die Beschwerdeführerin effektiv bezogen hat diejenigen, auf die sie nach Arbeitsvertrag Anspruch hatte, ohne Rücksicht darauf, ob und inwieweit sie tatsächlich in den Genuss dieser Zahlungen gekommen ist.
3.3. Der Versicherte hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 7 Abs. 2 lit. a AVIG), wenn er unter anderem die Beitragszeit erfüllt hat von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist (Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 und 14 AVIG). Die Beitragszeit erfüllt hat, wer innerhalb der dafür vorgesehenen Rahmenfrist für die Beitragszeit (Art. 9 Abs. 3 AVIG) während mindestens zwölf Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat (Art. 13 Abs. 1 AVIG).
3.4. Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung unter dem Gesichtspunkt der erfüllten Beitragszeit nach Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 AVIG ist grundsätzlich einzig die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung während der geforderten Dauer von zwölf Beitragsmonaten. Diese Tätigkeit muss genügend überprüfbar sein. Dem Nachweis tatsächlicher Lohnzahlung kommt nicht der Sinn einer selbstständigen Anspruchsvoraussetzung zu, wohl aber jener eines bedeutsamen und in kritischen Fällen unter Umständen ausschlaggebenden Indizes für die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung (BGE 131 V 444 E. 3.3).
3.5. Als Beweis für den tatsächlichen Lohnfluss genügen Belege über entsprechende Zahlungen auf ein auf den Namen des Arbeitnehmers der Arbeitnehmerin lautendes Post- Bankkonto. Höchstens Indizien für tatsächliche Lohnzahlung bilden Arbeitgeberbescheinigungen, vom Arbeitnehmer der Arbeitnehmerin unterzeichnete Lohnabrechnungen und Steuererklärungen sowie Eintragungen im individuellen Konto (BGE 131 V 444 E. 1.2 mit weiteren Hinweisen). Auch dem Vorsorgeausweis kommt in dieser Hinsicht lediglich Informationscharakter zu und er dient demzufolge lediglich als Indiz (vgl. BGE 144 V 63 E. 4.2).
3.6. Für die im Rahmen einer beitragspflichtigen Beschäftigung geleistete Arbeit besteht grundsätzlich ein Lohn- Entschädigungsanspruch. Die Höhe des Entgelts bestimmt sich danach, was vereinbart wurde üblich ist unter Berücksichtigung allfälliger zwingender gesetzlicher Vorschriften (vgl. Art. 322 ff. OR [Einzelarbeitsvertrag] und BGE 115 V 330 Erw. 4). Gelingt der anspruchsberechtigten Person der Nachweis des tatsächlichen Lohnbezugs nicht, erfolgte namentlich keine regelmässige Überweisung auf ein auf ihren Namen lautendes Post- Bankkonto, wird sie bei Verneinung des Anspruchsmerkmals der erfüllten (Mindest-)Beitragszeit nach Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 AVIG im Ergebnis so gestellt, wie wenn sie gänzlich auf ein Arbeitsentgelt verzichtet hätte (BGE 131 V 444 E. 3.3).
3.7. Ein Lohnverzicht ist indessen nicht leichthin anzunehmen. Der Arbeitnehmer die Arbeitnehmerin ist in der Verwendung des Lohnes grundsätzlich frei. Im Verhältnis zum Arbeitgeber ist Art. 323b Abs. 3 OR zu beachten. Danach sind Abreden über die Verwendung des Lohnes im Interesse des Arbeitgebers nichtig. Unter dieses Verbot fällt beispielsweise, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitnehmerin sich verpflichtet, einen Teil des Lohnes als Darlehen für bestimmte Zeit beim Arbeitgeber stehen zu lassen. Dagegen wird eine Vereinbarung über eine Lohnstundung als zulässig erachtet, soweit sie zur Erhaltung des Arbeitsplatzes bei vorübergehender Illiquidität des Arbeitgebers getroffen wird. Selbst ein solches an sich unzulässiges «Stehenlassen» von Lohnforderungen lässt indessen nicht ohne weiteres den Schluss auf einen arbeitslosenversicherungsrechtlich bedeutsamen Lohnverzicht zu. Dies trifft insbesondere bei Sachverhalten zu, die unter Art. 165 Abs. 1 ZGB fallen, gilt aber grundsätzlich auch dort, wo der Ehegatte des Arbeitnehmers der Arbeitnehmerin eine leitende Funktion im Betrieb innehat und eine wirtschaftlich massgebliche Stellung im Unternehmen bekleidet. Die gegenteilige Auffassung liesse sich mit der eherechtlichen Verpflichtung nicht vereinbaren, gemeinsam für den Unterhalt der Familie zu sorgen, sei es durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder durch Mithilfe im Beruf Gewerbe des andern Ehegatten (Art. 163 Abs. 1 und 2 ZGB). Kommen die Verhältnisse dem Tatbestand der Mitarbeit im «Beruf Gewerbe des andern» im Sinne von Art. 164 f. ZGB gleich, stellt sich die weitere Frage, ob die in unselbstständiger Stellung geleistete Arbeit sich im Rahmen der eherechtlichen Unterhaltspflicht hält. Ist dies zu bejahen, besteht zwar Anspruch auf einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung (Art. 164 Abs. 1 ZGB). Dabei handelt es sich indessen nicht um massgebenden Lohn im Sinne von Art. 5 Abs. 2 AHVG (BGE 131 V 444 E. 3.3 mit weiteren Nachweisen).
3.8. Auch nach der Rechtsprechung zur Ermittlung des versicherten Verdienstes in der Arbeitslosenversicherung, wo Art. 23 Abs. 1 AVIG (ebenfalls) auf den im Sinne der AHV-Gesetzgebung massgebenden Lohn verweist, kann nicht unbesehen auf die arbeitsvertraglich festgelegten Löhne abgestellt werden. Dies brächte die Gefahr missbräuchlicher Absprachen mit sich, indem fiktive Löhne als vereinbart attestiert werden könnten, welche in Wirklichkeit nicht zur Auszahlung gelangt sind. Es ist daher für die Ermittlung des versicherten Verdienstes grundsätzlich von den tatsächlichen Lohnbezügen, nicht von (höheren) vertraglichen Abmachungen auszugehen (BGE 128 V 189 E. 3a/aa, 123 V 70 E. 3 mit Hinweisen). Der versicherten Person obliegt die Beweislast dafür, dass die Löhne tatsächlich bezahlt worden sind (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts C 5/06 vom 28. März 2006, E. 2 und 3). Von dieser Regelung im Einzelfall abzuweichen rechtfertigt sich nur dort, wo ein Missbrauch im Sinne der Vereinbarung fiktiver Löhne, welche in Wirklichkeit nicht zur Auszahlung gelangt sind, praktisch ausgeschlossen werden kann (BGE 128 V 189 E. 3a/aa). So kann namentlich auf den vertraglich festgesetzten Lohn abgestellt werden, wenn dieser in einem langdauernden Arbeitsverhältnis nie bestritten war. Ob subjektiv die Absicht einer Gesetzesumgehung bestand zumindest eine solche in Kauf genommen wurde, ist nicht von Bedeutung. Entscheidend ist die unter objektivem Gesichtswinkel zu bejahende Missbrauchsgefahr (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts C161/04 vom 29. Juli 2005, E. 3.1).
3.9. Nach der Rechtsprechung ist daher bei der Ermittlung des versicherten Verdienstes gemäss Art. 23 Abs. 1 AVIG der im Bemessungszeitraum (Art. 37 AVIV) tatsächlich bezogene Lohn massgebend; eine davon abweichende Lohnabrede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat grundsätzlich unbeachtet zu bleiben (BGE 128 V 189 E. 3a/aa mit Hinweisen). Bei Art. 23 AVIG handelt es sich im Unterschied zu Art. 13 AVIG (in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG) um eine Bemessungsnorm. Sie bekommt nur dann die Bedeutung einer negativen Anspruchsvoraussetzung, wenn der Mindestbetrag für den versicherten Verdienst von monatlich 500 Franken nach Art. 40 AVIV über den Bemessungszeitraum gemittelt nicht erreicht wird (BGE 128 V 189 E. 1; vgl. auch BGE 127 V 52). Das Abstellen auf den tatsächlich ausgerichteten Lohn anstatt auf den vereinbarten Lohn wirkt sich allenfalls auf die Höhe des Taggeldes aus (Art. 22 Abs. 1 AVIG), berührt somit nicht den Anspruch an sich (BGE 131 V 444 E. 3.2.1).
4.
4.1. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin keinen tatsächlichen Lohnfluss nachweisen kann. Sie macht einen solchen auch nicht geltend und gibt an, ihren Nettolohn jeweils als Darlehen für die D____ AG stehen gelassen zu haben. Dies ist gemäss Rechtsprechung zulässig, soweit dies zur Erhaltung des Arbeitsplatzes bei vorübergehender Illiquidität des Arbeitgebers dient (vgl. oben Erw. 3.7.). Davon kann hier jedoch nicht gesprochen werden, da die Beschwerdeführerin seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses am 1. Juli 2016 bis zum Konkurs der D____ AG im November 2018 ihren Lohn als Darlehen stehen liess, somit während der gesamten Dauer ihres Arbeitsverhältnisses. Bei diesem Zeitraum von mehr als zwei Jahren kann man nicht mehr von einer vorübergehenden Illiquidität sprechen. Ausserdem ging es ihr nicht um die Erhaltung ihres eigenen Arbeitsplatzes, sondern jenem der anderen Mitarbeiter. Mit der Entscheidung, sich keinen Lohn auszahlen zu lassen, sondern diesen der D____ AG als Darlehen zu gewähren, hat die Beschwerdeführerin daher im Ergebnis das wirtschaftliche bzw. unternehmerische Risiko der D____ AG mitgetragen. Denn die D____ AG war offensichtlich im gesamten Zeitraum finanziell gar nicht in der Lage, der Beschwerdeführerin einen Lohn zu zahlen. Mit dem Verzicht auf den Lohn hat die Beschwerdeführerin unternehmerisch gehandelt, weswegen ein Lohnverzicht anzunehmen ist. Dieser Umstand ist ausschlaggebend dafür, dass das Vorliegen einer Beitragszeit nach Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG zu verneinen ist.
4.2. Hervorzuheben ist, dass die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt ihres Arbeitsverhältnisses einen Lohnfluss nachweisen kann. Es fehlt damit an der Absicht der D____ AG, der Beschwerdeführerin einen Lohn zu bezahlen, bzw. an der Absicht der Beschwerdeführerin, ihren Lohn tatsächlich zu beziehen. Somit wurde seit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Juli 2016 effektiv kein Lohn ausgerichtet. In diesem Verhalten muss auch unter dem Blickwinkel von Art. 23 Abs. 1 AVIG ein konkludenter Salärverzicht erblickt werden. Ob subjektiv die Absicht einer Gesetzesumgehung bestand zumindest eine solche in Kauf genommen wurde und gegebenenfalls in welchem Zeitpunkt spätestens, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Entscheidend ist die unter objektivem Gesichtswinkel zu bejahende Missbrauchsgefahr, welche auch und gerade in Fällen der vertraglich geregelten Arbeit des einen Ehegatten im Betrieb des andern besteht. Der Ehemann der Beschwerdeführerin war während der gesamten Zeit Mitglied des Verwaltungsrates der D____ AG mit Einzelunterschrift, zeitweise auch dessen Präsident. Auch wenn und soweit es einer Erfahrungstatsache entspricht, dass in Zeiten finanzieller Schwierigkeiten vor der Entlöhnung des Ehegatten zunächst die übrigen geschäftlichen Verpflichtungen erfüllt werden, wie dies die Beschwerdeführerin auch vorgebracht hat, genügt dies allein nicht, um bei der Verdienstberechnung auf den vereinbarten Lohn abzustellen (siehe dazu insbesondere BGE 128 V 189 E. 3b).
4.3. Ein Anwendungsfall von Art. 165 Abs. 1 ZGB, wonach bei der Ermittlung des versicherten Verdienstes unter Umständen nicht auf die tatsächlichen Lohnbezüge innerhalb des Bemessungszeitraumes abzustellen ist, liegt nicht vor. Nach Art. 165 Abs. 3 ZGB besteht nämlich kein Entschädigungsanspruch gestützt auf Art. 165 Abs. 1 ZGB, wenn der Beitrag des Ehegatten an den Unterhalt der Familie in Form der Mitarbeit im Beruf Gewerbe des andern seinen Rechtsgrund u.a. in einem Arbeitsvertrag hat (BGE 128 V 189 E. 3. a/aa). Ein Arbeitsvertrag liegt hier vor. Ginge man von Mitarbeit im «Beruf Gewerbe des andern» im Sinne von Art. 164 f. ZGB aus, besteht zwar Anspruch auf einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung (Art. 164 Abs. 1 ZGB). Dabei handelt es sich indessen nicht um massgebenden Lohn im Sinne von Art. 5 Abs. 2 AHVG (siehe oben Erw. 3.7.).
4.4. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass sie sich den Lohn hätte auszahlen lassen können und dann wieder in die Firma hätte einbringen können. Dies mag aus Sicht der Beschwerdeführerin einen Leerlauf darstellen. Sie übersieht dabei, dass die dargestellte Rechtsprechung den Zweck hat, einer potentiellen Missbrauchsgefahr entgegenzuwirken. Zudem sieht Art. 323b Abs. 3 OR eine Nichtigkeit für solche Abreden vor. Diese Wertung hat der Gesetzgeber vorgenommen. Entsprechende Rücküberweisungen wären wohl ebenfalls von der Nichtigkeit erfasst, da ansonsten die Bestimmung ausgehöhlt würde. Es ist zudem daran zu erinnern, dass es unter anderem zum Wesen eines Arbeitsvertrages gehört, dass sich der Arbeitgeber zur Entrichtung eines Lohnes verpflichtet (siehe Art. 319 Abs. 1 OR). Auch wenn die Beschwerdeführerin sich den Lohn auszahlen hätte lassen, um ihn anschliessend wieder dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen, würde man damit Sinn und Zweck des Arbeitsvertrages unterlaufen.
4.5. Damit hat die Beschwerdeführerin aufgrund des gänzlich fehlenden Lohnflusses während der gesamten Dauer ihres Arbeitsverhältnisses nicht nur die Beitragszeit nach Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG nicht erfüllt, sondern hat auch den Mindestbetrag für den versicherten Verdienst von monatlich 500 Franken nicht erreicht. Für dessen Ermittlung ist wie bereits einlässlich dargestellt der tatsächlich bezogene Lohn massgebend und er wirkt sich bei Nichterreichen des Mindestbetrages im Ergebnis wie eine negative Anspruchsvoraussetzung aus. Aus diesem Grund hat die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Arbeitslosentschädigung (siehe dazu auch das Urteil des Bundesgerichts vom 25. Juni 2013, 8C_75/2013, E. 3.5.).
4.6. Nach dem Gesagten erweist sich der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 10. September 2019 als rechtens.
5.
5.1. Die Beschwerde ist darum abzuweisen.
5.2. Das Verfahren ist kostenlos.
5.3. Die ausserordentlichen Kosten sind dem Verfahrensausgang entsprechend wettzuschlagen.
Demgemäss erkennt das Sozialversicherungsgericht:
://: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Das Verfahren ist kostenlos.
Die ausserordentlichen Kosten werden wettgeschlagen.
Sozialversicherungsgericht BASEL-STADT
Der Präsident Die Gerichtsschreiberin
Dr. G. Thomi Dr. B. Gruber
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG]). Die Beschwerdefrist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegründe sind in Art. 95 ff. BGG geregelt.
Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, in dreifacher Ausfertigung zuzustellen. Die Beschwerdeschrift hat den Anforderungen gemäss Art. 42 BGG zu genügen; zu beachten ist dabei insbesondere:
a) Die Beschwerdeschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten;
b) in der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt;
c) die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat, ebenso der angefochtene Entscheid.
Geht an:
- Beschwerdeführerin
- Beschwerdegegnerin
- seco
Versandt am: