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Urteil Sozialversicherungsgericht (BS - AH.2019.6 (SVG.2020.145))

Zusammenfassung des Urteils AH.2019.6 (SVG.2020.145): Sozialversicherungsgericht

Ein türkischer Staatsangehöriger betrieb eine Firma in der Schweiz und beantragte die Überweisung seiner AHV-Beiträge an die Türkei. Nachdem er psychische Probleme hatte und in die Türkei zurückkehrte, wurde ihm die schweizerische IV-Rente verweigert. Trotz mehrerer Beschwerden wurde entschieden, dass er keine schweizerische IV-Rente erhalten kann. Später beantragte er eine AHV-Rente, die ihm gewährt wurde, aber er legte Einspruch ein. Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt wies den Einspruch ab, da er die Schweiz definitiv verlassen hatte. Die Gerichte kamen zu dem Schluss, dass die Überweisung der Beiträge an die Türkei rechtmässig war und er keine Ansprüche mehr auf schweizerische Leistungen hat. Der Beschwerdeführer kann jedoch eine Altersrente in der Türkei beziehen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AH.2019.6 (SVG.2020.145)

Kanton:BS
Fallnummer:AH.2019.6 (SVG.2020.145)
Instanz:Sozialversicherungsgericht
Abteilung:
Sozialversicherungsgericht Entscheid AH.2019.6 (SVG.2020.145) vom 03.09.2019 (BS)
Datum:03.09.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Auszahlung AHV-Guthaben (Bundesgerichtsurteil 9C_471/2020 vom 10.9.20)
Schlagwörter: Schweiz; Beiträge; Urteil; Sozialversicherung; Türkei; Abkommen; Basel; Hinterlassenen; Basel-Stadt; Abkommens; Sozialversicherungsgericht; Bundesgericht; Über; AHV-Guthaben; Überweisung; Recht; Auszahlung; Hinterlassenenversicherung; Schweizer; Staatsangehörige; Urteilsfähig; Beschwerdeführers; Hinweis; Entscheid; Zeitpunkt
Rechtsnorm: Art. 13 ATSG ;Art. 16 ZGB ;Art. 18 AHVG ;Art. 29 AHVG ;Art. 42 BGG ;Art. 47 BGG ;Art. 95 BGG ;
Referenz BGE:113 V 61; 127 I 6; 136 V 33; 141 V 530;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AH.2019.6 (SVG.2020.145)

Sozialversicherungsgericht

des Kantons Basel-Stadt



URTEIL


vom 3. September 2019



Mitwirkende


Dr. G. Thomi (Vorsitz), C. Müller, MLaw M. Kreis

und Gerichtsschreiberin Dr. B. Gruber



Parteien


A____

[...]

Beschwerdeführer


Ausgleichskasse Basel-Stadt

Wettsteinplatz1, Postfach, 4001Basel

Beschwerdegegnerin


Gegenstand


AH.2019.6

Einspracheentscheid vom 15. April 2019

Auszahlung AHV-Guthaben




Tatsachen

I.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Türkei. 1986 reiste er in die Schweiz ein, wo er an der Universität [...] studierte und später eine Firma für Informatik-Dienstleistungen betrieb. Im März 2006 reiste der Beschwerdeführer in die Türkei. Am 19. Juni 2007 beantragte er bei der Türkischen Generaldirektion der Sozialversicherungen (Sosyal Sigortalar Kurumlu [SSK]) die Überweisung der zu seinen Gunsten an die Schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) geleisteten Beiträge (Beschwerdeantwortbeilage [AB] 1 S. 2). In der Folge prüfte die Schweizerische Ausgleichskasse (SAK) den Antrag und verfügte am 12. November 2007 die Auszahlung der entsprechenden Beiträge für die Jahre 1986 bis 2003 von insgesamt Fr.41'713.85 an die SSK (AB 1 S. 2). Am 5. November 2008 kehrte der Beschwerdeführer in die Schweiz zurück und meldete sich unter Hinweis auf psychische Probleme zum Leistungsbezug bei der IV-Stelle Basel-Stadt an. Diese stellte dem Beschwerdeführer mit Vorbescheid vom 26. September 2011 zunächst eine ganze Invalidenrente ab dem 1. Oktober 2009 in Aussicht. Später informierte sie ihn darüber, dass der Beschwerdeführer die Mindestbeitragsdauer für den Bezug einer schweizerischen IV-Rente nicht erfülle (Beschwerdebeilage [BB] 23), da seine AHV-Beiträge auf seinen Wunsch hin im Jahr 2007 an die SSK überwiesen worden waren (AB 1 S. 3). Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 12. Dezember 2012 ab. Diesen Entscheid focht der Beschwerdeführer mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an; das Bundesgericht wies die Beschwerde mit Entscheid vom 29. Juli 2013 ab (Urteil des Bundesgerichts 8C_250/2013 vom 29. Juli 2013). Am 30. November 2018 reichte die Sozialhilfe Basel-Stadt bei der Ausgleichskasse Basel-Stadt (AKBS) eine Anmeldung für den Vorbezug einer AHV-Rente ein.

Am 29. Januar 2019 verfügte die AKBS die Ausrichtung einer Altersrente der AHV an den Beschwerdeführer von monatlich Fr.232.-- ab dem 1. März 2019 (BB 2).

Gegen die Verfügung vom 29.Januar 2019 erhob der Beschwerdeführer am 27.Februar 2019 Einsprache (AB 3). Mit Einspracheentscheid vom 15.April 2019 wies die AKBS die Einsprache gegen die Verfügung vom 29.Januar 2019 ab (AB 5).

II.

Am 25. Mai 2019 erhebt der Beschwerdeführer Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und beantragt die Aufhebung des Einspracheentscheids vom 15.April 2019 und sinngemäss die Neuberechnung der AHV-Rente. Weiter beantragt er die unentgeltliche Rechtspflege und den Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.

Die AKBS schliesst in der Beschwerdeantwort vom 20. Juni 2019 auf Abweisung der Beschwerde.

III.

Nachdem keine der Parteien die Durchführung einer Parteiverhandlung verlangt hat, findet am 3. September 2019 die Urteilsberatung durch die Kammer des Sozialversicherungsgerichts statt.

Entscheidungsgründe

1.

1.1. Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt ist gemäss Art. 57 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) in Verbindung mit § 82 Abs. 1 des basel-städtischen Gerichtsorganisationsgesetzes vom 3. Juni 2015 (GOG; SG 154.100) und § 1 Abs. 1 des kantonalen Sozialversicherungsgerichtsgesetzes vom 9. Mai 2001 (SVGG; SG 154.200) in sachlicher Hinsicht als einzige kantonale Instanz zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 84 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG; SR 831.10). Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben (Art.60 ATSG) und auch die übrigen formellen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Infolgedessen ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Auszahlung seines AHV-Guthabens an die SSK sei zu Unrecht erfolgt. Er habe die Schweiz damals aus Krankheitsgründen verlassen und seinen schweizerischen Wohnsitz nicht aufgegeben. Zudem sei er aufgrund seiner psychischen Erkrankung im Zeitpunkt seiner Antragsstellung auf Auszahlung der AHV-Beiträge an die SSK offensichtlich urteilsunfähig bzw. handlungsunfähig gewesen. 2.2. Die Beschwerdegegnerin wendet dagegen ein, die Beiträge der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Beitragszeiten von 1986 bis 2006 seien auf dessen Wunsch hin am 12.November 2007 der türkischen Sozialversicherung überwiesen worden. Über die Rechtmässigkeit dieser Überweisung habe das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt bereits am 12. Dezember 2012 entschieden. Für die Berechnung der Altersrente seien lediglich die von November 2008 bis Februar 2019 entrichteten Beiträge massgeblich.

3.

3.1. Nach Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 AHVG sind Ausländer und ihre nicht das Schweizer Bürgerrecht besitzenden Hinterlassenen rentenberechtigt, solange sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben (Art. 13 ATSG) und ihnen für mindestens ein volles Jahr Einkommen, Erziehungs- Betreuungsgutschriften angerechnet werden können. Vorbehalten bleiben die besonderen bundesrechtlichen Vorschriften über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Staatenlosen sowie abweichende zwischenstaatliche Vereinbarungen. 3.2. Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 1. Mai 1969 und dessen Schlussprotokoll (SR 0.831.109.763.1; nachfolgend: Abkommen) ist anwendbar auf Staatsangehörige der beiden Vertragsparteien sowie deren Angehörige und Hinterlassenen, soweit diese ihre Rechte und Pflichten von den genannten Staatsangehörigen ableiten (Art. 2 Ziff. 1 des Abkommens). In der Schweiz findet das Abkommen unter anderem Anwendung auf die Bundesgesetzgebung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Art. 1 B Ziff. 1 lit. a des Abkommens). 3.3. Da der Beschwerdeführer als türkischer Staatsangehöriger in der Schweiz niedergelassen ist und die zu beurteilende Streitigkeit die Bundesgesetzgebung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung betrifft, gelten vorliegend die Bestimmungen dieses Abkommens. 3.4. Art. 8 Ziff. 1 des Abkommens statuiert, dass türkische Staatsangehörige grundsätzlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf die ordentlichen Renten der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung haben. Vorausgesetzt ist damit, dass sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben (Art. 18 Abs. 2 AHVG) und ihnen für mindestens ein volles Jahr Einkommen, Erziehungs- Betreuungsgutschriften angerechnet werden können (Art. 29 Abs. 1 AHVG). 3.5. Gemäss Art. 10a Abs. 1 des Abkommens können türkische Staatsangehörige in Abweichung von den Artikeln 8 und 12 des Abkommens verlangen, dass die zu ihren Gunsten an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung entrichteten Beiträge an die türkische Sozialversicherung überwiesen werden, sofern ihnen noch keine Leistungen aus der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung gewährt worden sind und vorausgesetzt, dass sie die Schweiz verlassen haben, um sich in der Türkei einem Drittstaat niederzulassen. 3.6. Gemäss Art. 10a Ziff. 2 des Abkommens können türkische Staatsangehörige, deren Beiträge an die türkische Sozialversicherung überwiesen wurden, sowie ihre Hinterlassenen, gegenüber der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung aufgrund dieser Beiträge keinerlei Ansprüche mehr geltend machen. Ebenfalls ausgeschlossen ist nach Ziff. 9 des Schlussprotokolls eine erneute Überweisung dieser Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung. Aus diesen Beiträgen können gegenüber der AHV keine Rechte mehr abgeleitet werden.

4.

4.1. Umstritten und zu prüfen ist, ob die vom Beschwerdeführer beantragte Auszahlung der AHV-Beiträge an die SSK zu Recht bewilligt worden ist. 4.2. Türkische Staatsangehörige können gemäss Art.10a Ziff.1 Abs. 1 des Abkommens die Auszahlung der zu ihren Gunsten an die AHV geleisteten Beiträge an die SSK beantragen. Diese wird nur bewilligt, sofern der Versicherte noch keine Leistungen aus der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung bezogen hat und die Schweiz verlassen hat, um sich in der Türkei einem Drittstaat niederzulassen (vgl. vorne E. 3.5). 4.3. Unbestritten ist, dass dem Beschwerdeführer bis zum Zeitpunkt der Überweisung seines AHV-Guthabens an die SSK keine Leistungen aus der AHV IV gewährt worden sind. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass er die Schweiz verlassen habe, um sich in der Türkei niederzulassen. Unter Berufung auf die Bestätigung des Einwohneramtes Basel-Stadt vom 13.Juli 2012 (BB 8) vertritt er die Ansicht, sein AHV-Guthaben hätte nicht an die SSK überwiesen werden dürfen, denn er habe sich nicht offiziell in Basel abgemeldet. Dieses Vorbringen haben das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt (Urteil IV.2012.101 vom 12. Dezember 2012) und das Bundesgericht (Urteil 8C_250/2013 vom 23.Juli 2013) bereits gewürdigt. 4.4. Das vorliegend anwendbare Abkommen knüpft verschiedene Leistungen, welche in der Schweiz von einer Anwesenheitsdauer abhängen, an den Begriff des «Wohnens» (vgl. z.B. Art. 11 des Abkommens). In Ziff. 3 des Schlussprotokolls ist diesbezüglich festgelegt, dass «wohnen» im Sinne des Abkommens «sich gewöhnlich aufhalten» bedeutet. Für den «gewöhnlichen Aufenthalt» in der Schweiz fordert die Rechtsprechung des Bundesgerichts neben dem effektiven Aufenthalt in der Schweiz und dem Willen, diesen während einer gewissen Dauer aufrechtzuhalten zusätzlich, dass der Schwerpunkt aller Beziehungen in der Schweiz liegt (BGE 141 V 530 E. 5.3, 119 V 98 E.6c). 4.5. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 24. März 2006 die Schweiz verlassen hat und am 12. November 2007, als die SAK die Überweisung seines AHV-Guthabens verfügte, bereits seit über eineinhalb Jahren in der Türkei lebte. Der Beschwerdeführer bestreitet sodann nicht, in der Türkei seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt zu haben und stützt seine Argumentation alleine auf die einwohneramtliche Meldung in Basel. In den Akten finden sich jedoch eher Indizien, die für eine Verlagerung des Beziehungsschwerpunktes von der Schweiz in die Türkei sprechen. So lebte der Beschwerdeführer in der Türkei bei Familienangehörigen und Bekannten (Schreiben Beschwerdeführer an SAK vom 3. Oktober 2007, AB4, S. 13) und er führte die Korrespondenz mit der Beschwerdegegnerin von der Türkei aus. Es lassen sich den Akten jedoch keine Hinweise entnehmen, dass der Beschwerdeführer zwischen April 2006 und November 2007 den Schwerpunkt seiner Beziehungen in der Schweiz gehabt hätte. Er kann in dieser Zeit nicht einmal einen Aufenthalt, auch keinen kurzen, in der Schweiz belegen. Alleine aus dem Umstand, dass er sich nicht offiziell abgemeldet hat, kann im fraglichen Zeitraum nicht auf einen «gewöhnlichen Aufenthalt» in der Schweiz einen schweizerischen Wohnsitz im Sinne von Art. 23 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) geschlossen werden. 4.6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die SAK im Überweisungszeitpunkt davon ausgehen durfte, dass der Beschwerdeführer die Schweiz definitiv verlassen hatte.

5.

5.1. Weiter ist zu klären, ob der Beschwerdeführer sich darauf berufen kann, dass er im Zeitpunkt des Antrags auf Überweisung des AHV-Guthabens aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, offensichtlich nicht urteilsfähig gewesen sei. 5.2. Urteilsfähig im Sinne von Art. 16 ZGB ist jede Person, der es nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch ähnlicher Zustände an der Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln. Das Vorliegen der Urteilsfähigkeit ist die Regel und wird aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung vermutet. Rechtsprechungsgemäss ist die Urteilsfähigkeit im Sozialversicherungsrecht in Bezug auf die in Frage stehende konkrete Handlung und unter Würdigung der bei ihrer Vornahme herrschenden objektiven und subjektiven Verhältnisse zu prüfen (BGE 113 V 61 E.2c mit Hinweisen). Für die Beurteilung der Urteilsunfähigkeit ist im Einzelfall von den konkreten Umständen hinsichtlich einer bestimmten Handlung auszugehen. Urteilsunfähigkeit kann angenommen werden, wenn es an der Fähigkeit fehlt, eine bestimmte Lage richtig zu beurteilen und in Angelegenheiten der in Frage stehenden Art ein vernünftiges Urteil zu bilden sowie die Beweggründe und Folgen eines bestimmten Verhaltens richtig zu erkennen. Das Vorliegen einer Geisteskrankheit hat nicht zwangsläufig Urteilsunfähigkeit zur Folge, sondern ist mit der konkret zu beurteilenden Handlung in Beziehung zu setzen. Aufgrund dieser Kriterien ist demnach die Frage der Urteilsunfähigkeit des Beschwerdeführers anhand der Gesamtheit der vorliegenden Sachverhaltselemente zu prüfen (BGE 127 I 6 E. 7b/aa). 5.3. Sowohl das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt (Urteil IV.2012.101 vom 12.Dezember 2012) als auch das Bundesgericht (Urteil 8C_250/2013 vom 29.Juli 2013) setzten sich bereits mit der Frage der Urteilsfähigkeit des Beschwerdeführers auseinander und bejahten diese. Trotz Vorliegens einer paranoiden Schizophrenie fanden die urteilenden Instanzen ausreichend Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer sich um die Auszahlung seiner AHV-Beiträge an die SSK bemüht hatte, weshalb sie die Urteilsfähigkeit vermuteten. Auch wenn insbesondere das Schreiben des Beschwerdeführers vom 3. Oktober 2007 Anlass zu Zweifeln gibt, denn mit Formulierungen wie «mit einer hochentwickelten Technologie aus der Schweiz deportiert», «die Gruppe hat Frequenz-Waffen» «alles dies bedeutet hat es mit persönlicher DNA zu tun» kommt das Wesen seiner Erkrankung, insbesondere der Einfluss von Wahnvorstellungen (vgl. ICD-10 F20.0 zur paranoiden Schizophrenie) deutlich zum Ausdruck, stehen dem mehrere Handlungen des Beschwerdeführers gegenüber, in denen er den Willen, sich sein AHV-Guthaben in die Türkei überweisen zu lassen, zum Ausdruck brachte. 5.4. Der Beschwerdeführer legte mehrere Arztberichte vor. Dr. med. B____, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, führte in ihrem Bericht vom 25. November 2013 aus, dass sie aufgrund eines Schreibens des Beschwerdeführers (BB 7) klar der Meinung sei, dass auch im Juli 2006 beim Beschwerdeführer eine paranoide Schizophrenie vorgelegen habe. Im Bericht vom 22. Dezember 2008 (AB 4) schloss sie auf eine chronische paranoide Schizophrenie, welche die Urteilsfähigkeit des Beschwerdeführers in manchen Belangen immer wieder dauernd stark beeinträchtige und dass seine Ausreise in die Türkei unter grossem, paranoiden Druck erfolgt sei. Seine Bemühungen, sich dagegen zu schützen, seien inadäquat und Teil eines verwirrten Umherirrens, indem er offenbar sowohl in der Türkei als auch in der Schweiz Anzeige gegen die Beeinflussung durch «Mikrostrahlenwaffen» zu erstatten versucht habe. Der den Beschwerdeführer seit Februar 2009 behandelnde Hausarzt Dr. med. C____, Allgemeinmedizin FMH, äusserte sich lediglich zum Gesundheitszustand seit 2009, beschrieb aber einen schlechten Gesundheitszustand mit akustischen Halluzinationen, paranoiden Vorstellungen und ausgeprägten hypochondrischen Ängsten. Er sei durch seine Krankheit in Denken und Handeln schwer eingeengt, zu diesem Zeitpunkt sei er zweifellos nicht entscheidungsfähig gewesen. Mit Neuroleptika und Abilify sei seit 2011 eine Besserung seines Zustandes eingetreten (Arztbericht vom 15. Juni 2016, BB 20). Dr.med. D____, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, behandelt den Beschwerdeführer seit März 2013. Er ist der Ansicht, es liege ein seit zumindest anfangs dieses Jahrtausends symptomatisch gewordenes und seither anhaltendes, ängstlich gefärbtes paranoid-halluzinatorisches Syndrom vor, das im Quer- und Längsschnittverlauf als paranoide Schizophrenie einzustufen sei (IDC-10 F20.0). Diesem Krankheitsbild sei inhärent, dass eine Krankheitseinsicht nicht per se gegeben ist. Von diesem Hintergrund aus betrachtet, sei es nicht unverständlich, dass der Beschwerdeführer vor den ihn hier in der Schweiz ängstigenden Einflüssen - den Frequenzwaffen - in sein Herkunftsland, die Türkei geflüchtet sei. Es erscheine ihm rückblickend als völlig plausibel, dass der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt von seiner paranoiden Angst getrieben worden sei und in der Folge krankheitsbedingt für Aussenstehende nicht nachvollziehbar habe handeln können (Arztbericht vom 9. September 2013, BB 22). Im Arztbericht vom 19. Mai 2019 (BB 25) bestätigte Dr. med. D____, dass die paranoide Schizophrenie weitgehend remittiert sei. Diese Berichte geben zumindest Hinweise, dass an der Urteilsfähigkeit des Beschwerdeführers im fraglichen Zeitpunkt gezweifelt werden könnte. Ein solcher Hinweis ist auch dem Arztbericht vom 23. August 2007 der allgemeinen Gerichtsmedizin aus der Türkei (BB14) zu entnehmen. Gemäss diesem wurde aufgrund einer psychiatrischen Untersuchung festgestellt, der Beschwerdeführer sei «nicht zurechnungsfähig», doch sei dies lediglich «ein provisorischer Meinungsbericht» und es sei ein definitiver Bericht durch Spezialärzte zu erstellen. Wie bereits ausgeführt, stehen diesen Zweifeln jedoch jene Handlungen gegenüber, in denen der Beschwerdeführer den Willen, sich sein AHV-Guthaben in die Türkei überweisen zu lassen, zum Ausdruck brachte. 5.5. Gemäss dem Gesagten kann festgehalten werden, dass zwar Hinweise vorliegen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Antrags auf Überweisung seines AHV-Guthabens nicht in der Lage war, vernunftgemäss zu handeln. Diese reichen jedoch nicht aus. Die SAK durfte demnach von der Urteilsfähigkeit des Beschwerdeführers ausgehen und nahm die Überweisung des AHV-Guthabens rechtmässig vor.

6.

6.1. Umstritten und zu prüfen ist weiter, ob trotz Rückvergütung noch Ansprüche aus diesen Beiträgen gegenüber der AHV abgeleitet werden können. 6.2. Gemäss Bundesgericht bewirkt die Rückvergütung von AHV-Beiträgen den Ausschluss eines aus diesen Beiträgen abgeleiteten anwartschaftlich bestehenden Rentenanspruchs. Diese Konsequenz ergibt sich schliesslich auch aus Art.10a Abs.2 des Abkommens. Danach können türkische Staatsangehörige, deren Beiträge nach Abs. 1 an die türkische Sozialversicherung überwiesen wurden, gegenüber der schweizerischen AHV und IV keinerlei Ansprüche mehr geltend machen. Mit der Auszahlung der Beiträge verzichtet der Ausländer definitiv auf entsprechende Leistungen der schweizerischen AHV/IV. Diese Regelung ist auch im Ergebnis nicht unbillig; denn die entsprechenden Beiträge werden gemäss Art.10a Abs. 3 des Abkommens an den zuständigen türkischen Versicherungsträger weitergeleitet und für den Anspruch auf eine türkische Rente den türkischen Beiträgen und Zeiten gleichgestellt. Ergibt sich aus der Überweisung für den Versicherten kein Vorteil aus der türkischen Rentenversicherung, so zahlt der zuständige Träger dem Berechtigten die überwiesenen Beiträge aus. Diese sind somit nicht verloren, sondern werden im Sinne einer völkerrechtlich geregelten internationalen Koordinationsregelung im Rahmen der türkischen, und nicht mehr der schweizerischen Sozialversicherung, berücksichtigt (BGE 136 V 33 E. 4.3.1; in Urteil 8C_250/2013 vom 29.Juli 2013 E. 3.2). 6.3. Den Akten ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer seit Juli 2012 eine monatliche Altersrente des türkischen Staates bezieht (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_486/2018 vom 30. Juli 2018, AB 1; Berechnung der Sozialhilfe, BB 26). Dies zeigt, dass die Beiträge im Rahmen der türkischen Sozialversicherung berücksichtigt werden. 6.4. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aus den von der SAK an die SSK überwiesenen Beiträgen gegenüber der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung keinerlei Ansprüche mehr geltend machen kann. Diese Beiträge bleiben für die Berechnung seiner Schweizer Altersrente unberücksichtigt. Jedoch berechtigen sie den Beschwerdeführer gegenüber den türkischen Behörden zum Bezug einer Altersrente und gehen somit nicht verloren.

7.

7.1. Aufgrund der obenstehenden Erwägungen ist der Einspracheentscheid vom15. April 2019 zu schützen und die Beschwerde folglich abzuweisen. 7.2. Das Verfahren ist kostenlos (Art. 61 lit. a ATSG). 7.3. Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die ausserordentlichen Kosten wettzuschlagen.
Demgemäss erkennt das Sozialversicherungsgericht:

://: Die Beschwerde wird abgewiesen.

Das Verfahren ist kostenlos.

Die ausserordentlichen Kosten werden wettgeschlagen.



Sozialversicherungsgericht BASEL-STADT


Der Präsident Die Gerichtsschreiberin


Dr. G. Thomi Dr. B. Gruber





Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG]). Die Beschwerdefrist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegründe sind in Art. 95 ff. BGG geregelt.

Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, in dreifacher Ausfertigung zuzustellen. Die Beschwerdeschrift hat den Anforderungen gemäss Art. 42 BGG zu genügen; zu beachten ist dabei insbesondere:

a) Die Beschwerdeschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten;

b) in der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt;

c) die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat, ebenso der angefochtene Entscheid.







Geht an:

- Beschwerdeführer
-
Beschwerdegegnerin
- Bundesamt für Sozialversicherungen

Versandt am:



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