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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2019 20)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2019 20: Verwaltungsgericht

Die Ingenieurgemeinschaft A. hat gegen B. Beschwerde eingereicht, jedoch wird darauf nicht eingetreten, da die Bietergemeinschaft als einfache Gesellschaft keine Rechtspersönlichkeit besitzt. Die Sachurteilsvoraussetzungen, wie Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit, müssen erfüllt sein, damit die Beschwerdeinstanz das Rechtsmittel prüfen kann. Die Beschwerdebefugnis richtet sich nach § 42 VRPG und erfordert ein schutzwürdiges eigenes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Entscheids. Die Ingenieurgemeinschaft A. wird explizit als Beschwerdeführerin genannt, obwohl sie als einfache Gesellschaft keine Rechtspersönlichkeit besitzt und somit nicht befugt ist, gegen den Zuschlagsentscheid Beschwerde zu erheben. Es handelt sich um eine Firma

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2019 20

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2019 20
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2019 20 vom 08.10.2019 (AG)
Datum:08.10.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:V. Submissionen 20 Partei- und Prozessfähigkeit
Schlagwörter: ähig; Recht; Vorbem; Ingenieurgemeinschaft; Mitglied; Mitglieder; Bietergemeinschaft; Gesellschaft; BERTSCHI; Konsortium; MERKER; HERZOG; Submissionen; Zuschlag; Verwaltungsrechtspflege; Zürich/Basel/Genf; Kanton; MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG; Rechtsmittel; Verwaltungsgericht; Gemeinschaft; Entscheid; Sachen; Sachurteilsvoraussetzungen; MARTIN; Kantons; Auflage
Rechtsnorm: Art. 530 OR ;Art. 544 OR ;
Referenz BGE:131 I 160; 131 I 161; 137 III 459;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2019 20

2019 Submissionen 147

V. Submissionen

20 Partei- und Prozessfähigkeit
Mitglieder einer Bietergemeinschaft müssen gegen einen Zuschlag ge-
meinsam Beschwerde führen. Wird die Beschwerde einzig und allein von
der Bietergemeinschaft erhoben, ist darauf nicht einzutreten, da die
Bietergemeinschaft als einfache Gesellschaft über keine Rechtspersön-
lichkeit verfügt.

Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 8. Oktober
2019, in Sachen Ingnieurgemeinschaft A. gegen B. (WBE.2019.311).



2.
2.1.
Neben der Zuständigkeit gelten als Sachurteilsvoraussetzungen
- d.h. als Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit die Be-
schwerdeinstanz auf das Rechtsmittel eintritt, die Sache inhaltlich
(materiell) prüft und einen Sachentscheid fällt (vgl. MICHAEL
MERKER, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach
dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Kom-
mentar zu den §§ 38 - 72 [a] VRPG, Diss., Zürich 1998, Vorbem. zu
§ 38 N 1; MARTIN BERTSCHI, in: ALAIN GRIFFEL [Hrsg.], Kommen-
tar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG],
3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, Vorbem. zu §§ 19 - 28a N 52;
THOMAS MERKLI/ARTHUR AESCHLIMANN/RUTH HERZOG, Kom-
mentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton
Bern, Bern 1997, Art. 51 N 6) - u.a. die Parteifähigkeit, die Prozess-
fähigkeit und die Beschwerdebefugnis (vgl. MERKER, a.a.O.,
Vorbem. zu § 38 N 9 ff.; BERTSCHI, a.a.O., Vorbem. zu §§ 19 - 28a;
MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O., Art. 51 N 6). Das Vorliegen
2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 148
der Sachurteilsvoraussetzungen ist von Amtes wegen zu prüfen
(MERKER, a.a.O., Vorbem. zu § 38 N 2; BERTSCHI, a.a.O., Vorbem.
zu §§ 19 - 28a, N 53; MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O.,
Art. 51 N 8).
Die Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, in einem Verfahren als Par-
tei auftreten zu können. Sie ist die prozessuale Rechtsfähigkeit.
Rechtsfähig ist, wer fähig ist, Rechte und Pflichten zu haben, also
jedes Rechtssubjekt (vgl. MERKER, a.a.O., Vorbem. zu §§ 38 - 72
N 9; BERTSCHI, a.a.O., Vorbem. zu §§ 21 - 21a N 2;
MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O., Art. 11 N 3). Die Pro-
zessfähigkeit ist die Fähigkeit den Prozess selbst zu führen oder
durch einen gewählten Vertreter führen zu lassen. Die Prozessfähig-
keit ist das Gegenstück zur zivilrechtlichen Handlungsfähigkeit (vgl.
MERKER, a.a.O., Vorbem. zu §§ 38 N 32; BERTSCHI, a.a.O., Vorbem.
zu §§ 21 - 21a N 7; MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O., Art. 11
N 1). Die Beschwerdebefugnis richtet sich sodann nach § 42 VRPG
(i.V.m. § 23 SubmD). Gemäss lit. a dieser Bestimmung ist zur Be-
schwerde befugt, wer ein schutzwürdiges eigenes Interesse an der
Aufhebung der Änderung des Entscheids hat. Zwischen bundes-
rechtlicher (vgl. Art. 89 Abs. 1 des BGG) und aargauischer Be-
schwerdebefugnis (nach § 42 lit. a VRPG) besteht inhaltlich kein
Unterschied (vgl. VGE vom 17. Juni 2009 [WBE.2009.56], S. 4 f.;
Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen
Rat vom 14. Februar 2007, Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege,
Ges.-Nr. 07.27, S. 55).
2.2.
2.2.1.
Die von Anwälten verfasste Beschwerde wurde gemäss Deck-
blatt von der Ingenieurgemeinschaft A. erhoben, mit der Zustell-
adresse c/o C. SA. In der Begründung der Beschwerde bestätigt
sich dies, indem ausgeführt wird, Die Beschwerdeführerin, die
Ingenieurgemeinschaft A., ist ein Konsortium, bestehend aus den
rechtlich selbständigen Unternehmen C. SA, die D. AG sowie die E.
AG. Das Konsortium hat als Anbietergemeinschaft im streitgegen-
ständlichen Vergabeverfahren ein Angebot eingereicht. Federführend
für das Konsortium ist die C. SA. . Die Ingenieurgemeinschaft A.
2019 Submissionen 149
wird somit auch hier explizit als die Beschwerdeführerin bezeich-
net.
Bei der Ingenieurgemeinschaft A. handelt es sich um eine Bie-
tergemeinschaft, ein Konsortium. Bietergemeinschaften Kon-
sortien treten - wie auch Arbeitsgemeinschaften - regelmässig in der
Form der einfachen Gesellschaft (Art. 530 ff. OR) auf (AGVE 2015,
S. 192; DANIELA LUTZ, Bietergemeinschaften und Subunternehmer,
in: JEAN-BAPTISTE ZUFFEREY/MARTIN BEYELER/STEFAN SCHERLER
[Hrsg.], Aktuelles Vergaberecht 2018, Zürich/Basel/Genf 2018,
S. 239 f.; PETER GAUCH, Der Werkvertrag, 6. Auflage,
Zürich/Basel/Genf 2019, Rz. 243). Von einer einfachen Gesellschaft
ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.
2.2.2.
Die einfache Gesellschaft ist keine juristische Person, sondern
eine zivilrechtliche Gemeinschaft, die nicht über Rechtspersönlich-
keit verfügt und daher weder partei- noch prozessfähig ist (vgl. BGE
142 III 783 = Pra 2018, S. 395; vgl. auch BGE 137 III 459 = Pra
2012, S. 135; LUTZ, a.a.O., S. 240; GAUCH, a.a.O., Rz. 243). Insbe-
sondere im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens ist insofern
allgemein anerkannt, dass die Mitglieder einer Bieter- Arbeits-
gemeinschaft bzw. eines Konsortiums, die gemeinsam Gläubiger von
Gesellschaftsforderungen sind (Art. 544 Abs. 1 OR), von einem
Nicht-Zuschlag nicht einzeln, sondern nur als Partnerschaft betroffen
sind. Das Recht zur Beschwerde gegen eine solche Verfügung mit
dem Ziel, den Zuschlag dennoch zu erhalten, kommt deshalb nur
allen gemeinsam zu und muss - gleich wie die notwendigen Streit-
genossen im Zivilprozess - auch gemeinsam ausgeübt werden
(BGE 131 I 160 f. mit diversen Hinweisen = Pra 2006, S. 195; Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juli 2009 [B-2561/2009],
Erw. 3.3 ff.; AGVE 2015, S. 192 = Baurecht 2017, S. 265; vgl. auch
VGE vom 29. September 1998 [BE.98.00223], S. 5; Baurechtsent-
scheide des Kanton Zürich [BEZ] 2000 Nr. 7, S. 23 f.; RB Uri
2004/05 Nr. 45, S. 109; LUTZ, a.a.O., S. 261 f.; BERTSCHI, a.a.O.,
§ 21 N 43; ROBERT WOLF, Der Rechtsschutz im öffentlichen Be-
schaffungswesen, in: ISABELLE HÄNER/ BERNHARD WALDMANN
2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 150
[Hrsg.], Brennpunkte im Verwaltungsprozess, Zürich/Basel/Genf
2013, S. 173).
Für die Arbeitsgemeinschaft als Ganzes ihre anderen Mit-
glieder kann ein einzelnes Mitglied somit nicht Beschwerde führen.
Möglich ist die Beschwerdeführung indes im Namen und mit Voll-
macht aller Mitglieder der Gemeinschaft (AGVE 2015, S. 139; BEZ
2000 Nr. 7, S. 23; BGE 131 I 161 mit Hinweisen = Pra 2006, S. 195).
Voraussetzung ist allerdings, dass die Beschwerde rechtzeitig im
Namen aller Mitglieder erhoben wurde; eine nachträgliche Erklä-
rung, dass diese weiterhin bereit seien, den Auftrag auszuführen, ge-
nügt nicht (AGVE 2015, S. 193; vgl. ROBERT WOLF, Die Be-
schwerde gegen Vergabeentscheide - Eine Übersicht über die Recht-
sprechung zu den neuen Rechtsmitteln, in: ZBl 104/2003, S. 16; fer-
ner: BEZ 2000 Nr. 7, S. 23). In solchen Fällen ist daher auch keine
Frist für das nachträgliche Beibringen weiterer Vollmachten anzu-
setzen (AGVE 2015, S. 193; BEZ 2000 Nr. 7, S. 23).
2.2.3.
Vorliegend wurde die Beschwerde nicht gemeinsam von allen
Mitgliedern der Bietergemeinschaft bzw. des Konsortiums erhoben,
sondern - wie dargelegt - explizit von der Ingenieurgemeinschaft
A. . Als Beschwerdeführerin wird einzig und allein die Ingenieur-
gemeinschaft A. bezeichnet (siehe bereits Erw. 2.2.1). Da es sich bei
der Ingenieurgemeinschaft A. jedoch um eine einfache Gesellschaft
handelt (siehe Erw. 2.2.1), kommt ihr keine Rechtspersönlichkeit zu,
d.h. sie ist weder partei- noch prozessfähig und damit auch nicht be-
fugt, gegen den Zuschlagsentscheid Beschwerde zu erheben (vgl.
Erw. 2.2.2). Auf die Beschwerde der Ingenieurgemeinschaft A. ist
deshalb nicht einzutreten.
Hinzuweisen ist überdies, dass die Beschwerde gerade nicht
von der C. SA erhoben wurde. Diese hat zwar die Anwaltsvollmacht
federführend für die Ingenieurgemeinschaft A. erteilt und das Be-
schwerdeverfahren letztlich verursacht. Sie trat jedoch nicht als Be-
schwerdeführerin auf. Die Beschwerde wurde auch nicht von ihr im
Namen aller Mitglieder der Gemeinschaft erhoben. Daran ändert
schliesslich ebenso wenig, dass auf dem Deckblatt die Adresse der C.
SA angegeben wurde, geht aus dem Vermerk c/o doch klar hervor,
2019 Submissionen 151
dass es sich dabei lediglich um die Zustelladresse der Ingenieurge-
meinschaft A. handelt.

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