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Urteil Steuerrekursgericht (AG)

Kopfdaten
Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2017 48
Instanz:Steuerrekursgericht
Abteilung:-
Steuerrekursgericht  Entscheid AGVE 2017 48 vom 13.12.2017 (AG)
Datum:13.12.2017
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:I. Zivilrecht (Zivilgesetzgebuch)A. Familienrecht48 Vorsorgeauftrag; Eignung des/ der eingesetzten Vorsorgebeauftragen(Art. 363 Abs. 2 ZGB)Bei der Prüfung der Eignung des Vorsorgebeauftragten bedürfen dieKriterien aus Art. 400 ZGB einer Relativierung im Sinne des Vorrangsder Selbstvorsorge: Die in Art....
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 363 ZGB ; Art. 368 ZGB ; Art. 374 ZGB ; Art. 388 ZGB ; Art. 389 ZGB ; Art. 400 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
2017 Zivilrecht 271

I. Zivilrecht (Zivilgesetzgebuch)
A. Familienrecht
48 Vorsorgeauftrag; Eignung des/ der eingesetzten Vorsorgebeauftragen
(Art. 363 Abs. 2 ZGB)
Bei der Prüfung der Eignung des Vorsorgebeauftragten bedürfen die
Kriterien aus Art. 400 ZGB einer Relativierung im Sinne des Vorrangs
der Selbstvorsorge: Die in Art. 363 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB statuierte Voraus-
setzung der pflichtgemässen Besorgnung der Aufgaben durch den Vorsor-
gebeauftragten, ist zu bejahen, wenn die Interessen der betroffenen Per-
son weder gefährdet noch nicht mehr gewahrt sind.
Aus dem Entscheid des Obergerichts, Kammer für Kindes- und Erwachse-
nenschutz, vom 13. Dezember 2017, i.S. K.L. (XBE.2017.75)

2.
2.1.
2.1.1. Das neue Erwachsenenschutzrecht legt grossen Wert auf
die Subsidiarität des staatlichen Eingriffs, wonach behördliche Mass-
nahmen nur anzuordnen sind, wenn die Unterstützung der
hilfsbedürftigen Person nicht ausreichend durch die Familie oder
Dritte sichergestellt werden kann oder von vornherein nicht aus-
reicht. Zusätzlich werden behördliche Massnahmen notwendig, wenn
eine Person urteilsunfähig wird und keine oder keine ausreichende
eigene Vorsorge getroffen wurde bzw. die Massnahmen von Gesetzes
wegen (Art. 374 ff. ZGB) nicht genügen (Art. 389 ZGB). Auch wenn
die Zweiteilung zwischen eigener privater Vorsorge einerseits und
behördlichen Massnahmen andererseits im neuen Recht zentral ist,
lassen sich die Institutionen nicht vollständig trennen. Eine gewisse
staatliche Kontrolle ist auch bei der eigenen und privaten Vorsorge
notwendig, um das mit dem Erwachsenenschutzrecht bezweckte
2017 Obergericht, Abteilung Zivilgericht 272

Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicherzustellen
(Art. 388 Abs. 1 ZGB; Urteil des Obergerichts Aargau vom 3. April
2014 Erw. 4.3, XBE.2013.108, publiziert in CAN 2015 Nr. 1 S. 8).
2.1.2.Gemäss Art. 363 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB hat die vorsorge-
beauftragte Person für ihre Aufgaben geeignet zu sein.
Art. 400 ZGB definiert bei behördlichen Massnahmen die
Geeignetheit der Beiständin und des Beistandes für die vorgesehenen
Aufgaben mit persönlicher und fachlicher Eignung einerseits und der
Verfügbarkeit der erforderlichen Zeit für eine persönliche Betreuung
anderseits.
Bei der Prüfung der Eignung des Vorsorgebeauftragten bedürfen
diese Kriterien aber einer Relativierung im Sinne des Vorrangs der
Selbstvorsorge. Die Prüfung der Geeignetheit im Sinne von Art. 363
ZGB erhält damit eine andere Grundlage als in Art. 400 ZGB defi-
niert ist. Die in Art. 363 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB statuierte Voraussetzung
der pflichtgemässen Besorgung der Aufgaben durch den Vorsorgebe-
auftragen, ist zu bejahen, wenn die Interessen der betroffenen Person
weder gefährdet noch nicht mehr gewahrt sind und der
vorsorgebeauftragten Person deswegen die Befugnisse teilweise oder
ganz zu entziehen wären (BOENTE, in: Zürcher Kommentar zum
ZGB N. 111 zu Art. 363)
Die Verfügbarkeit und zeitliche Disponibilität für die persön-
liche Betreuung eines Vorsorgebeauftragten ist verhältnismässig
leicht zu prüfen und wird zumindest bei ortsabwesenden Personen
häufig einhergehen mit der fehlenden Bereitschaft zur Übernahme
des Mandats an sich.
Die persönliche Eignung des Vorsorgebeauftragten ist aufgrund
des Wunsches der betroffenen Person zu vermuten oder gegeben. Der
Wille der betroffenen Person, welche einen Vorsorgeauftrag errichtet
hat, soll möglichst respektiert werden, ohne zusätzliche Kriterien ein-
zuführen. Mit der privaten Vorsorge wurde dem Umstand Rechnung
getragen, dass die betroffene Person den Vorsorgebeauftragten
wissentlich und im Besitz ihrer geistigen Kräfte ausgewählt hat.
Kannte die betroffene Person gewisse Schwächen des Vorsorge-
beauftragten, hat sie diese i.d.R. bewusst in Kauf genommen. Bei der
2017 Zivilrecht 273

Prüfung des Vorsorgebeauftragten bezüglich der persönlichen Eig-
nung ist somit nur dann vom Willen des Auftraggebers abzuweichen,
wenn offensichtlich ist, dass die bezeichnete Person nicht zur pflicht-
gemässen Ausübung der ihr übertragenen Aufgaben geeignet ist
(Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zi-
vilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindes-
recht] BBl 2006 7001 ff., S. 7027). Dazu sind zumindest wenn finan-
zielle Interessen im Raum stehen Betreibungs- und Strafregisteraus-
züge einzuholen und v.a. allfällige Interessenkollisionen zu prüfen
(BOENTE, in: Zürcher Kommentar zum ZGB N. 111 ff. zu Art. 363
ZGB). Bis dahin darf die Erwachsenenschutzbehörde aufgrund des
Selbstbestimmungsrechts der betroffenen Person als Auftraggeber
von dessen Willen nicht abweichen bzw. nicht einschreiten, selbst
wenn es besser geeignete Personen gäbe (RUMO-JUNGO, in: Basler
Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 5. Auflage 2014, N. 25 zu Art. 363
ZGB).
Es ist damit noch der Teilbereich der fachlichen Eignung für die
vorgesehenen Aufgaben des Vorsorgebeauftragten zu prüfen. Die
übertragenen Aufgaben beinhalten beim Vorsorgeauftrag (Vorausset-
zung Urteilsunfähigkeit in Bezug auf den durch den Vorsorgeauftrag
umschriebenen Bereich!) oft eine umfassende Betreuung, allerdings
je nach Schwächezustand mit unterschiedlichen Betreuungsschwer-
punkten (medizinisch, gesundheitlichen Betreuung, Vermögenssorge,
etc.). Auch die fachliche Eignung ist aufgrund des durch den Vorsor-
geauftrag manifestierten Vertrauensverhältnisses vermutungsweise
gegeben. Es ist davon auszugehen, dass die betroffene Person bei der
Errichtung des Vorsorgeauftrages die Stärken und Schwächen des
Vorsorgebeauftragten kannte. Allerdings kann kaum davon ausge-
gangen werden, dass die betroffene Person die Erfordernisse an die
Betreuung beim Inkrafttreten des Vorsorgeauftrages im Zeitpunkt ih-
rer Urteilsunfähigkeit umfassend kennen konnte, insbesondere die
Erfordernisse und die Ansprüche an gesundheitliche, betreuerische
Aufgaben lassen sich im Zeitpunkt der Errichtung eines Vorsorgeauf-
trages nicht abschliessend überblicken. Die fachliche Eignung ist zu-
dem nicht nur die Akkumulation von Kenntnissen und Fähigkeiten,
sondern vielmehr auch die kognitive Fähigkeit, das fachliche Wissen
2017 Obergericht, Abteilung Zivilgericht 274

kritisch zu prüfen, zu gewichten sowie zu vertiefen und selbständig
zu erweitern (HÄFELI, in: FamKommentar Erwachsenenschutz,
N. 13 zu Art. 400 ZGB). Gerade das beim Vorsorgeauftrag i.d.R.
gegebene Vertrauensverhältnis zwischen der betroffenen Person und
der vorsorgebeauftragen Person kann aber auch den Blick und die
Erkenntnis auf das fachlich Gebotene trüben und damit die fachliche
Eignung in Frage stellen, insbesondere wenn der Beauftragte in den
subjektiven Wünschen der betroffenen Person gefangen scheint und
dadurch der Blick auf das objektiv Gebotene eingeschränkt wird.
2.1.3. Im Rahmen der Eignungsprüfung sind die obgenannten
Grundsätze zu berücksichtigen und gegebenenfalls die durch den
Vorsorgeauftrag selbstbestimmt getroffene Vorsorge behördlich zu
ergänzen und/oder zu korrigieren. Dies kann auf zwei Arten gesche-
hen: Entweder ist der Vorsorgeauftrag mit konkreten Weisungen zu
ergänzen und die allenfalls fehlende Regelung oder mangelhafte Eig-
nung behördlich zu übersteuern (Art. 363 Abs. 2 Ziff. 4 ZGB oder
Art. 368 ZGB) oder aber ist bei grösseren Mängeln die Eignung der
beauftragten Person zu verneinen, dem Vorsorgeauftrag die Feststel-
lung der Wirksamkeit zu versagen und durch eine behördliche Mass-
nahmen zu ersetzen.
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