2011 Gesundheitsrecht und Adoption 207
IX. Gesundheitsrecht und Adoption
52 Zweckentfremdung und Veräusserung von Spitalanlagen und -liegen- schaften (§ 14 Abs. 6 SpiG) Die Entlassung einer Einrichtung aus dem staatlichen Leistungsauftrag und die Verwendung von Anlagen und Liegenschaften in tatsächlicher Hinsicht für eine Nutzung, die nicht mehr auf einem Leistungsauftrag gemäss kantonaler Spitalkonzeption beruht, stellen eine Zweckentfrem- dung im Sinne von § 14 Abs. 6 SpiG und § 9 Abs. 2 SpiV dar.
Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 6. Juli 2011 in Sachen A. gegen Regierungsrat (WBE.2008.14).
Aus den Erwägungen
3.
3.1.
Die Vorinstanz hat die Zweckentfremdung gemäss § 9 der
Spitalverordnung (SpiV; SAR 331.211) sowohl nach der Fassung
vom 26. Mai 2004 wie jener vom 13. September 2006 bejaht. Sie hat
u. a. erwogen, dass mit der Aufhebung des Spitalstandorts D. der
Leistungsauftrag der Beschwerdeführerin im Rahmen der kantonalen
Spitalkonzeption entfallen sei. Die B. sei nicht Teil der kantonalen
Spitalversorgung, sondern lediglich aus gesundheitspolitischen Grün-
den im Besitz einer Betriebsbewilligung. Die Verwendung der Anla-
gen und Liegenschaften sowie Teilen davon entspreche nicht mehr
dem ursprünglichen Subventionszweck. In der Vernehmlassung wird
ergänzt, dass von einer Einbettung der B. in die kantonale Spitalkon-
zeption keine Rede sein könne. Die B. betreibe ein Ambulatorium
bzw. eine teilstationäre Einrichtung ohne einen kantonalen Versor-
gungsauftrag.
2011 Verwaltungsgericht 208
3.2.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist der Begriff der
Zweckentfremdung in § 14 Abs. 6 des Spitalgesetzes vom 25. Feb-
ruar 2003 (SpiG; SAR 331.200) nicht definiert und dahingehend
auszulegen, dass der in Frage stehende Vermögenswert nicht mehr
seinem ursprünglichen Zweck diene und damit einer anders gearteten
Nutzung zugeführt werde. Dies treffe aber sowohl auf C. als auch auf
die B. nicht zu. Der einzige Unterschied zur früheren Nutzung beste-
he darin, dass das Spital D. eine stationäre Einrichtung gewesen sei,
während es sich beim B. um eine Tagesklinik bzw. eine teilstationäre
Einrichtung handle. Art. 25 KVG sehe dieselben Leistungen für den
stationären Aufenthalt in der allgemeinen Abteilung eines Spitals als
auch für den Aufenthalt in einer teilstationären Einrichtung vor.
Selbst der Regierungsrat habe in der Betriebsbewilligung vom
29. Juni 2005 der B. die zweckentsprechende Benützung der Infra-
struktur des Spitals attestiert. Die B. sei schliesslich wie das vorma-
lige Spital in eine staatliche Tarifordnung eingebunden. Die Gebäude
und Anlagen würden weiterhin demselben Zweck dienen. Der Grosse
Rat habe in seinem Beschluss vom 8. März 2005 dem Regierungsrat
den Auftrag erteilt, die Voraussetzungen für den Betrieb eines priva-
ten medizinischen Zentrums zu schaffen. Dieses sei in die Spitalkon-
zeption einbezogen und habe einen Leistungsauftrag für teilstationä-
re Medizin erhalten. Eine Zweckentfremdung liege daher nach der
Definition von § 9 Abs. 2 aSpiV unter diesen Umständen nicht vor.
Die ab 13. September 2006 geltende Fassung dieser Bestimmung
komme infolge unzulässiger Rückwirkung nicht zur Anwendung. Die
Verordnungsänderung sei im Übrigen Beleg dafür, dass § 9 SpiV in
der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung keine ausreichende
Rechtsgrundlage für Rückforderungsansprüche sei.
3.3.
Ausgangspunkt für die Prüfung einer Zweckentfremdung ist
§ 14 Abs. 6 SpiG. Nach dieser Bestimmung fällt bei einer Zweckent-
fremdung Veräusserung der Anlagen und Liegenschaften der
Ertrag dem Kanton zu. Anknüpfungspunkt ist damit der ursprüng-
liche Zweck der Subvention, d. h. vorliegend die Zweckbestimmung,
welche mit der vom Kanton ausgerichteten Subventionen und den
2011 Gesundheitsrecht und Adoption 209
damit bezahlten Bauten und Anlagen verknüpft war. Für die Zweck-
bestimmung der Subvention massgebend ist § 4 Abs. 1 des alten
Spitalgesetzes, wonach der Staat im Rahmen der kantonalen Spital-
konzeption Spitäler unterstützt, die u.a. durch Stiftungen mit ge-
meinnützigem Zweck betrieben werden und der Staat die Kosten für
Neu-, Um- und Erweiterungsbauten trägt (§ 5 Abs. 1 aSpiG). Gemäss
§ 4a Abs. 1 aSpiG gehörte die Beschwerdeführerin zu den beitrags-
berechtigten Spitälern. Die subventionsrechtliche Zweckentfremdung
besteht daher in der Entlassung der Beschwerdeführerin zur Führung
des beitragsberechtigten Spitals D. aus dem staatlichen Leistungsauf-
trag und in tatsächlicher Hinsicht in der Verwendung der Anlagen
und Liegenschaften für eine Nutzung, die nicht mehr auf einem
Leistungsauftrag gemäss kantonaler Spitalkonzeption beruht. Dieser
Tatbestand wird in § 9 Abs. 3 SpiV in der Fassung vom 26. Mai 2004
auch ausdrücklich festgehalten. Die Bestimmung präzisiert, was im
Subventionsverhältnis zwischen den beitragsberechtigten Spitälern
als (Subventions-) Empfänger der Finanzhilfe und dem Kanton als
Subvenienten ohnehin gilt. Die Bausubventionen an die Beschwerde-
führerin waren keine einseitigen, voraussetzungslosen Zahlungen.
Nachdem der Grosse Rat mit Beschluss vom 8. März 2005 den
Spitalstandort D. aufgehoben hatte, war die Beschwerdeführerin aus
dem Leistungsauftrag der kantonalen Spitalkonzeption 2005 aus dem
Jahre 1994 entlassen und auch kein beitragberechtigtes Spital gemäss
§ 4a aSpiG mehr. Die Entlassung der Beschwerdeführerin aus dem
Rahmen der Spitalkonzeption führt subventionsrechtlich dazu, dass
jede nachfolgende Nutzung der Bauten und Anlagen eine zweck-
fremde Nutzung darstellt. Dies wird auch deutlich durch den Zusam-
menhang von Spitalplanung, Spitalkonzept und Leistungsauftrag
nach § 16 und 17 SpiG mit dem Zulassungssystem für Spitäler nach
dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März
1994 (KVG; SR 832.10). Gemäss Art. 39 Abs. 1 KVG ist das Spital
eine Einrichtung, welche der stationären Behandlung akuter Krank-
heiten der stationären medizinischen Rehabilitation dient. Die
Spitäler haben bestimmte, in Art. 39 Abs. 1 lit. a bis d KVG
umschriebene Dienstleitungen und Infrastrukturen zu gewährleisten
(vgl. dazu Botschaft zum KVG, BBl 1992 I S. 66) und die Kantone
2011 Verwaltungsgericht 210
sind zur Spitalplanung verpflichtet (Art. 39 Abs. 1 lit. d KVG). Die
Beschwerdeführerin betreibt kein Spital mehr, sondern vermietet
Teile ihrer Bauten, Räumlichkeiten und Anlagen; wesentliche Ein-
richtungen des früheren Spitals hat sie zudem veräussert. Dass diese
Vorgänge subventionsrechtlich und gemäss § 14 Abs. 6 SpiG eine
Zweckentfremdung darstellen ist offensichtlich. Die Beschwerde-
führerin kann sich die Tätigkeit der B. im Subventionsverhältnis zum
vornherein nicht als eigene Nutzung Erfüllung öffentlich-
rechtlicher Obliegenheiten anrechnen lassen. Abgesehen davon er-
füllt die B. keinen Leistungsauftrag gemäss Spitalkonzeption. Un-
bestritten ist, dass sie keinen Leistungsauftrag für ein Spital gemäss
§ 17 SpiG hat. Sie betreibt auch kein Spital im Sinne des KVG. Für
die Zweckentfremdung nicht massgebend ist, ob die Beschwerde-
führerin Dritte Tätigkeiten und Leistungen gemäss Art. 25 KVG
erbringen, da diese Bestimmung die Leistungspflicht der obligatori-
schen Krankenpflegeversicherung umschreibt. Massgebend ist - ent-
gegen der Beschwerdeführerin - auch nicht, ob die B. nach einer
staatlichen Tarifordnung medizinische Leistungen, die sogar gesund-
heitspolitisch erwünscht sind, anbietet den ambulanten Teil des
Spitals D. auf privater Basis weiterführt. Nachdem für die B. auch in
der Spitalkonzeption 2015 kein Leistungsauftrag für ein Spital (§ 17
SpiG) besteht, sondern für "teilstationäre Behandlungen" bzw. eine
Tagesklinik, welche nicht dem Spitalgesetz und auch nicht der kann-
tonalen Spitalplanung unterstehen, liegt eine Zweckentfremdung der
subventionierten Bauten und Einrichtungen vor.
Anzufügen bleibt, dass an diesem Ergebnis weder die Einla-
dung des Grossen Rates an den Regierungsrat noch die Betriebsbe-
willigung für die B. vom 29. Juni 2005 etwas ändern können. Für die
Spitalkonzeption ist der Grosse Rat nicht zuständig (§ 6 SpiG). Die
im Grossratsbeschluss vom 8. März 2005 beschlossene Einladung
zur Schaffung der Voraussetzungen für ein privates medizinisches
Zentrum ist auch rechtlich eine blosse Einladung, kein parlamentari-
scher Vorstoss mit verpflichtenden Wirkungen Weisungscha-
rakter (vgl. dazu §§ 41 f. des Gesetzes über die Organisation des
Grossen Rates und über den Verkehr zwischen dem Grossen Rat,
dem Regierungsrat und dem Obergericht vom 19. Juni 1990 [Ge-
2011 Gesundheitsrecht und Adoption 211
schäftverkehrsgesetz, GVG; SAR 152.200]). Die Betriebsbewilli-
gung wurde der B. gestützt auf § 58 des Gesundheitsgesetzes vom
10. November 1987 (aGesG; AGS Band 12, S. 553) unter dem aus-
drücklichen Hinweis erteilt, dass sich die Bewilligung nur auf die
Prüfung der gesundheitspolizeilichen Voraussetzungen beschränke
und mit der Bewilligung kein Anspruch auf Aufnahme in die
Spitalliste bestehe.
3.4.
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass eine relevante
Zweckänderung gemäss § 14 Abs. 6 SpiG und in Anwendung von
§ 9 Abs. 3 aSpiV (Fassung vom 26. Mai 2004) zu bejahen ist. Die
Beschwerdeführerin bestreitet überdies nicht, dass die Vorausset-
zungen einer Zweckänderung wie sie § 9 Abs. 3 SpiV in der Fassung
vom 13. September 2006 umschrieben sind, erfüllt sind. In der Tat ist
mit der Revision die Beschränkung der Zweckänderung auf den
Leistungsauftrag gemäss Spitalkonzeption entfallen und die Verord-
nungsbestimmung erfasst nunmehr die Zweckbindung aus dem Sub-
ventionsverhältnis allgemein. Ob dies eine blosse Präzisierung der
Gesetzesnorm darstellt, wie dies vom Regierungsrat betont wird,
kann offen gelassen werden. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass mit
dieser Änderung die Beschwerdeführerin die B. gegenüber dem
Normgehalt von § 9 Abs. 3 aSpiV benachteiligt worden wäre. Die
Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit sie die Feststellung
der Zweckentfremdung beanstandet.
4.
4.1.
Im angefochtenen Entscheid wird die Beschwerdeführerin ver-
pflichtet, die kantonalen Vorinvestitionen mit jährlich Fr. 72'856.00
pro Jahr ab 1. Januar 2008 in einem einmaligen Betrag von
Fr. 2'048'545.00 zu bezahlen.
Der Regierungsrat stellte im Wesentlichen auf verschiedene Be-
richte des DGS "Spital D. - Mietwertberechnung", die Teilergebnisse
der Arbeitsgruppe sowie die Empfehlungen der E. AG ab. In den
Berichten wurde festgehalten, dass das Gebäude aufgrund seiner
spezifischen Nutzung kein marktgängiges Objekt darstelle und die
Berechnung des Mietwertes deshalb nur über die kostendeckende
2011 Verwaltungsgericht 212
Verzinsung des Realwertes erfolgen könne. Gestützt auf übliche
Regeln der Immobilienbewirtschaftung und unter Anwendung weite-
rer Hilfsmittel seien die Gebäudebestandteile in verschiedene Raum-
kategorien eingeteilt und bei jeder Kategorie für die Erstellungs-
kosten inkl. Ausstattung prozentuale Zuschläge angenommen wor-
den. Die Altersentwertung sei ebenfalls gestützt auf die in der
Immobilienwirtschaft üblichen Regeln berücksichtigt worden. Be-
züglich der Verzinsung stelle der Regierungsrat auf die Variante mit
einer mittleren Kapitalverzinsung von 3 % und einem Unterhalt von
2,5 % ab, wobei die Kosten für eine langfristige Substanzwerterhal-
tung nicht berücksichtigt seien. Der aufgeschobene Unterhalt an
Gebäude und Haustechnik und die Kosten der Instandstellung der
Innenräume wurden auf Fr. 2.6 Mio. geschätzt, die Sanierung der
Lüftung/Klima wurde mit geschätzten Fr. 1 Mio. eingesetzt. Nach
der Vornahme dieser Abzüge wurden ein Realwert für die an die B.
vermieteten Anlagen von Fr. 2'428'545.00 und ein Mietwert von
Fr. 133'570.00 ermittelt. Dieser Betrag wurde in eine Kapitalver-
zinsung von Fr. 72'856.00 (gerechnet mit 3 %) und in die Kosten für
Unterhalt-/Instandstellung in der Höhe von Fr. 60'714.00 (mit 2,5 %
angerechnet) pro Jahr aufgeteilt. Die Vorinstanz stellte im Ergebnis
fest, dass die geforderte Rückzahlung von Fr. 72'856.00/Jahr unter
Einbezug aller Faktoren (Fläche, Quadratmeterpreis, Vergleich mit
ortsüblichen Mietpreisen im Raum D., Einnahmen aus der Weiterver-
mietung an Dritte) sehr massvoll kalkuliert sei.
4.2.
Die Beschwerdeführerin rügt zur Hauptsache, dass der Regie-
rungsrat einen theoretischen, nicht den tatsächlichen Ertrag bean-
spruche. Soweit sich die Berechnung auf § 9 SpiV in der Fassung
vom 13. September 2006 stütze, liege sowohl ein Verstoss gegen
§ 14 Abs. 6 SpiG wie auch gegen das Rückwirkungsverbot vor.
Weiter wird unter Bezugnahme auf den Bericht der C. vom
28. August 2006 ein Zeitwert der vom Kanton in den Jahren 1995 bis
2005 mitfinanzierten Gebäudesanierungen bezogen auf jenen Teil,
welcher an die B. vermietet sei, von Fr. 810'000.00 (ohne Unterhalt,
Reparaturen und Verbrauchsmaterial) geltend gemacht. Bei einer
2011 Gesundheitsrecht und Adoption 213
Verzinsung mit 3 % ergäbe sich ein Kapitalzins bzw. angemessener
Mietzins von lediglich Fr. 24'000.00 pro Jahr.
5.
5.1.
Gemäss § 14 Abs. 6 SpiG unterliegt bei einer Zweckentfrem-
dung Veräusserung der Ertrag der Rückerstattungspflicht. § 9
SpiV in der Fassung vom 26. Mai 2004 präzisiert den Ertrag nur mit
Bezug auf die Anlageobjekte (,,Vermögensteile"), die der Rücker-
stattungspflicht unterliegen.
In der Fassung der Verordnung vom 13. September 2006 gilt als
Ertrag ein angemessener Verkaufspreis im Falle einer Vermie-
tung ein angemessener Mietzins (§ 9 Abs. 5 Satz 1 SpiV). Die Be-
rechnung richtet sich nach marktüblichen Werten sowie nach den
allgemeinen Richtlinien der Immobilienwirtschaft (§ 9 Abs. 5 Satz 2
SpiV). Diese Teilrevision von § 9 SpiV ist am 15. September 2006 in
Kraft getreten.
5.2.
5.2.1.
Die Rückerstattungspflicht in § 14 Abs. 6 SpiG knüpft an zwei
alternative Tatbestände, die Zweckentfremdung und die Veräus-
serung. Die Aufgabe Beendigung der Zweckbindung aus dem
Subventionsverhältnis genügt daher für sich allein nicht. Die Zweck-
entfremdung entsteht vielmehr mit einer Nutzung subventionierter
Bauten und Einrichtungen, welche nicht mehr der Zweckbindung aus
dem Subventionsverhältnis entspricht. Ist die Rückerstattungspflicht
die Rechtsfolge einer neuen und andern Nutzung der Subventions-
objekte, sind in zeitlicher Hinsicht die im Zeitpunkt der Nutzungs-
änderung (oder Veräusserung) tatsächlichen Umstände massgebend.
Die Aufhebung der Zweckbindung der Bauten und Einrichtun-
gen erfolgte in rechtlicher Hinsicht und gestützt auf den Beschluss
des Grossen Rates vom 8. März 2005 per 31. Dezember 2005. Tat-
sächlich entliess der Regierungsrat die Beschwerdeführerin vorzeitig
und sukzessive aus der Pflicht zur Führung des Spitals D. im Ver-
laufe des 2. Semesters 2005. Der Spitalbetrieb wurde im Einverneh-
men mit dem Regierungsrat vorzeitig geschlossen. Die Beschwerde-
führerin schloss den Mietvertrag mit der B. per 1. Januar 2006 ab,
2011 Verwaltungsgericht 214
obwohl die B. berechtigt war, die Mietgegenstände ab 1. Juli 2005 zu
nutzen (Mietvertrag). Die Zweckänderung trat damit für Anlage- und
Einrichtungsteile des früheren Spitals D. sukzessive im 2. Semester
2005 ein. Der genaue Zeitpunkt für die tatsächliche Zweckent-
fremdung lässt sich nicht exakt bestimmen. Der Grosse Rat beschloss
die Aufhebung des Spitalstandortes auf den 31. Dezember 2005, der
Regierungsrat hat in die vorzeitige Schliessung des Spitals einge-
willigt und die Beschwerdeführerin vereinbarte den Mietbeginn mit
der B. auf den 1. Januar 2006. Unter diesen Umständen ist vorlie-
gend der massgebliche Zeitpunkt für die Zweckentfremdung auf den
1. Januar 2006 festzulegen. Dieses Datum ist damit auch für die Be-
stimmung des Ertrages massgebend.
5.2.2.
Die Nutzungsänderung durch die Vermietung an die B. und da-
mit die Zweckentfremdung ist ein einmaliger, abgeschlossener Vor-
gang. Das Mietverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der
B. begründet nur zwischen den Mietvertragsparteien ein privatrecht-
liches Dauerschuldverhältnis. Zwischen dem Kanton Aargau und der
B. besteht kein öffentlichrechtliches Verhältnis. Die subventions-
rechtliche Beziehung zwischen Kanton und Beschwerdeführerin be-
schränkt sich, solange die finanziellen Vorleistungen des Kantons
nicht vollständig abgegolten sind, auf die Ablieferungspflicht gemäss
§ 14 Abs. 6 SpiG. Veränderungen in der Nutzung der Subventi-
onsobjekte die Abänderung des Mietvertrages mit der B. führen
je nach den Umständen zu weiteren neuen subventionsrechtlichen
Rückforderungsansprüchen. Hingegen ist die subventionsrechtliche
Zweckentfremdung (§ 14 Abs. 6 SpiG) - jedenfalls für die Dauer der
Miete durch die B. und unter Vorbehalt von Änderungen des Miet-
vertrages - am 1. Januar 2006 eingetreten und auch abgeschlossen.
Der Ertrag gemäss § 14 Abs. 6 SpiG ist kausal zur (jeweiligen)
Zweckentfremdung, richtet sich hier nach den konkreten Umständen
am 1. Januar 2006. Er kann auch nur für die Dauer des unveränderten
Mietverhältnisses mit der B. bestimmt werden.
5.2.3.
Nachdem die Zweckentfremdung ab 1. Januar 2006 ein abge-
schlossener Vorgang darstellt, kann eine Anwendung der revidierten
2011 Gesundheitsrecht und Adoption 215
Bestimmungen der Spitalverordnung, welche erst am 15. September
2006 in Kraft getreten sind, aufgrund des Rückwirkungsverbots nicht
in Frage kommen. Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass
der Regierungsrat mit der Revision der Verordnung während der
schon über ein Jahr andauernden Verhandlungen die Modalitäten
betreffend die Rückerstattungspflicht geändert hat. Insbesondere
kann § 9 Abs. 5 SpiV, soweit der rückerstattungspflichtige Ertrag als
"angemessener Mietzins" nach der üblichen Liegenschaftsschät-
zungspraxis definiert wird, nicht angewendet werden.
Auf die von der Beschwerdeführerin beantragte inzidente Nor-
menkontrolle von § 9 SpiV in der Fassung vom 13. September 2006
kann bei diesem Ergebnis verzichtet werden.
5.2.4.
Der Kanton Aargau verfügt über kein allgemeines Subventions-
gesetz wie der Bund mit dem Bundesgesetz über Finanzhilfen und
Abgeltungen vom 5. Oktober 1990 (Subventionsgesetz, SuG;
SR 616.6) einzelne Kantone wie Zürich und Bern. Die Bestim-
mungen in § 14 Abs. 6 SpiG und § 9 SpiV (Fassung vom 24. März
2004) bilden vorliegend die einzige (spezial-) gesetzliche Grundlage
für den Rückforderungsanspruch aus dem Subventionsverhältnis.
Soweit eine ausdrückliche Regelung fehlt, können zur Lückenfüllung
allgemeine Rechtsgrundsätze Rechtsregeln herangezogen wer-
den (vgl. dazu Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus Müller,
Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Bern 2009, § 18 N 8 f.:
Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwal-
tungsrecht, 6. Aufl., Zürich/St. Gallen 2010, Rz. 187 f. und 769 ff.).
Der Rückerstattungspflicht untersteht nach dem Wortlaut von
§ 14 Abs. 6 SpiG der Ertrag. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird
darunter das Ergebnis, der finanzielle Nutzen die Ausbeute aus
Kapital und Arbeit verstanden (Duden, Das grosse Wörterbuch der
deutschen Sprache, Band 2, 2. Auflage, 1993, S. 976).
Nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz können Zuwendun-
gen aus einem nachträglich weggefallenen Grund auch im öffent-
lichen Recht zurückgefordert werden. Diese Regel gilt gleicherweise
für ungerechtfertigte Leistungen, die vom Gemeinwesen von
2011 Verwaltungsgericht 216
Privaten erbracht worden sind (Ulrich Häfelin/Markus Müller/Felix
Uhlmann, a.a.O., Rz. 188 mit Hinweisen; BGE 88 I 216 f.).
Der Rückforderungsanspruch gemäss § 14 Abs. 6 SpiG entsteht,
weil die subventionsrechtliche Zweckbindung der Anlagen und
Einrichtungen des Spitals, die im Eigentum der Beschwerdeführerin
stehen, beendet unmöglich wurde und die Beschwerdeführerin
aus der Vermietung der Anlagen und Einrichtungen Einnahmen er-
zielt. Dieser Anspruch aus der (vorzeitigen) Beendigung des Subven-
tionsverhältnisses ist seiner Natur nach ein Bereicherungsanspruch
(vgl. Max Imboden/René Rhinow, Schweiz. Verwaltungsrecht-
sprechung, Band 1, 6. Aufl., Basel 1986 und René Rhinow/Beat
Krähenmann, Ergänzungsband, Basel 1990, je Nr. 32 B I und V).
Der rückerstattungspflichtige Vermögenswert (Ertrag) steht
nicht im Zusammenhang mit eigentumsrechtlichen Vorgängen, wie
dies die Parteien anzunehmen scheinen. Sämtliche Anlagen und Bau-
ten des ehemaligen Spitals D. waren und sind weiterhin Eigentum
der Beschwerdeführerin (Art. 642 Abs. 1 und 2 ZGB und Art. 644
Abs. 1 und 2 ZGB). Mit der sachenrechtlichen Rechtslage sind die
verschiedenen ("Ertrags-") Berechnungen der Parteien nur schwer
vereinbar. Die Real- bzw. Zeitwertberechnungen von Bauten und
Einrichtungen sind Schätzungen eines Sachwertes von Bauten (vgl.
Wolfgang Nägeli/Heinz Wenger, Der Liegenschaftsschätzer, 4. Aufl.,
Zürich 1997, Seite 11 f.). Die Beschwerdeführerin ist mit der Zweck-
änderung indessen nicht Eigentümerin der subventionierten Anlagen
und Einrichtungen geworden, noch ist ihr sachenrechtlich oder
rechtsgeschäftlich ein Vermögenswert im Zeitpunkt der Zweckent-
fremdung zugeflossen. Die Beendigung der Zweckbindung aus dem
Subventionsverhältnis kann auch nicht mit der Beendigung eines
Nutzungsrechts einer Grundlast gleichgesetzt werden (vgl. z.B.
den Heimfall beim Baurecht gemäss Art. 779c ZGB; Art. 789 ZGB).
Insbesondere in jenen Fällen, wo das Gemeinwesen das Subventions-
verhältnis einseitig und vorzeitig beendet, ist von einer analogen
Anwendung von Rechtsgrundsätzen, die von einer (automatischen)
objektiven Vermögensvermehrung beim Subventionsempfänger aus-
gehen, abzusehen. Hinzu kommt, dass mit der Realwertmethode der
eigentliche Marktwert einer Bausubstanz in einem bestimmten
2011 Gesundheitsrecht und Adoption 217
Zeitpunkt und Zustand nicht berechnet werden kann. Diese Methode
summiert nur die Erstellungskosten und lässt die tatsächliche Nut-
zung, die Nutzungsmöglichkeiten und die Marktsituation ausser
Acht. Aus Kosten ergeben sich keine Werte und dieser Methode
fehlen die Marktelemente (Francesco Canonica, Die Immobilienbe-
wertung, SIV, 2009, S. 311 f.). Der Realwert entspricht auch im
Wohnungsbau kaum je dem effektiven Verkehrs- Marktwert.
Aus diesen Erwägungen folgt als Zwischenergebnis, dass die
angefochtene Verfügung, soweit sie einen geschätzten Zeit- oder
Realwert und einen einmaligen Betrag in der Höhe von
Fr. 2'428`545.00 als Rückforderungsbetrag festlegt und als Anspruch
in dieser Höhe bedingt gegenüber der Beschwerdeführerin geltend
macht, unrechtmässig und aufzuheben ist.
5.3.
5.3.1.
Wie ausgeführt, handelt es sich beim Rückforderungsanspruch
des Subvenienten um einen Bereicherungsanspruch (vorne
Erw. 5.2.4.). Die Beschwerdeführerin hat dem Kanton zu ersetzen,
was sie nach Aufhebung der Zweckbindung und ihrer subventions-
rechtlichen Verpflichtung an Ertrag aus der anderweitigen Nutzung
der subventionierten Spitalbauten und Einrichtungen erzielt. Der
Ertrag entsteht aus der zweckentfremdeten Nutzung. Der Ertrag im
Sinne von § 14 Abs. 6 SpiG ist daher kausal von der (weiteren) Ver-
wendung Nutzung der subventionierten Bauten abhängig, nicht
von der Zweckentfremdung allein. Wird - ohne eine Veräusserung -
auf jede weitere Nutzung verzichtet, entsteht auch kein ,,Ertrag". Die
Rückerstattung umfasst daher jeden finanziellen Vorteil der Be-
schwerdeführerin aus der Vermietung der subventionierten Bauten
und Anlagen.
5.3.2.
Im zivilen Bereicherungsrecht gilt der Grundsatz, dass voller
Wertersatz geschuldet ist und sich die Ersatzforderung grundsätzlich
nach dem Verkehrswert ("Marktwert") der Bereicherung, nach einer
"objektiven Berechnung" (Ingeborg Schwenzer, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl., Bern 2009, N 58.09 f.)
bemisst. Dieser Grundsatz kennt im Privatrecht Ausnahmen, wenn
2011 Verwaltungsgericht 218
die Bereicherung dem Bereicherten "aufgedrängt" wurde. Nach Leh-
re und Rechtsprechung rechtfertigt sich in solchen Fällen kein objek-
tiver (Verkehrs-) Wertersatz, massgebend ist vielmehr der "subjektive
Wert", den die Bereicherung für den Bereicherten mindestens wert ist
("subjektive Berechnung"; Jörg Schmid, Die Geschäftsführung ohne
Auftrag, 3. Aufl., Zürich 1993, Nr. 907 f.; Peter Gauch, Werkvertrag,
4. Aufl., Zürich 1996, Nr. 1311; ZR 99, 2000, Nr. 2, S. 6; ähnlich
BGE 119 II 252 f. und 122 III 64; Peter Gauch/ Walter Schluep/Jörg
Schmid/Heinz Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner
Teil, Band I, Nr. 1517b und Nr. 2724 mit Hinweisen). Dieses sub-
jektive Element enthält auch die Wertungsgrundsätze, die nach Art.
672 Abs. 2 ZGB beim (gutgläubigen) Einbau von Material auf frem-
dem Grundstück gelten (vgl. dazu Heinz Rey, Basler Kommentar,
Zivilgesetzbuch II, 3. Aufl., Basel 2003, Art. 672 ZGB N 9 f. mit
Hinweisen). Diese Wertung kommt auch im Wortlaut von § 14 Abs. 6
SpiG zum Ausdruck, indem als "Ertrag" nicht der (Vermögens-) Wert
(Zuwachs) der verbleibende Restwert der Finanzhilfe (vgl. dazu
Art. 29 Abs. 1 SuG) dem Kanton "zufällt", sondern der durch die
veränderte Nutzung verursachte bzw. erzielte Ertrag. Der subjektive
Mehrwert kann den objektiven Mehrwert weit unterschreiten (vgl.
BGE 99 II 144 f.), im Extremfall sogar gleich null sein (vgl. zum
Ganzen: Arthur Meier-Hayoz, Berner Kommentar, Art. 672 ZGB
N 18).
Ursprung und Ursache der Bereicherung der Beschwerdeführe-
rin liegen im Beschluss des Grossen Rates vom 8. März 2005. Mit
der Schliessung des Spitals D. per 31. Dezember 2005 musste der
Regierungsrat das Subventionsverhältnis mit der Beschwerdeführerin
beenden, d.h. widerrufen. Die Beschwerdeführerin hat die Beendi-
gung des Subventionsverhältnisses auf den 1. Dezember 2006 nicht
verursacht. Die aus dem Subventionsverhältnis entstandene Berei-
cherung wurde ihr insofern aufgedrängt. Es rechtfertigt sich daher,
diesen Umstand bei der Festlegung der Höhe des Rückerstattungsan-
spruches zu berücksichtigen.
5.3.3.
Die Beschwerdeführerin erzielt nach der übereinstimmenden
Darstellung der Parteien aus der Vermietung der Einrichtungen und
2011 Gesundheitsrecht und Adoption 219
Anlagen an die B. Einnahmen in der Höhe des vereinbarten Miet-
zinses. Nachdem im Mietvertrag sämtliche Neben- und Unterhalts-
kosten der B. überbunden wurden (vgl. Mietvertrag), bilden die
Mietzinseinnahmen auch den Ertrag aus der "zweckentfremdeten"
Nutzung der subventionierten Anlagen und Einrichtungen. Für die
Beschwerdeführerin haben die "freigewordenen" Bauten und Anla-
gen keinen höheren Wert als der Mietzins, der ihr aus der Vermietung
zufliesst. Der Mietzins ist mit andern Worten der Ertrag, den die
Beschwerdeführerin im konkreten Fall für die Nutzung der Subven-
tionsobjekte erhält.
Aus den Erwägungen folgt, dass der massgebende Ertrag ge-
mäss § 14 Abs. 6 SpiG dem Mietzins von Fr. 50'000.00 pro Jahr
entspricht.
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