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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2008 51)

Kopfdaten
Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2008 51
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2008 51 vom 13.02.2008 (AG)
Datum:13.02.2008
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2008 51 S.295 2008 Verwaltungsrechtspflege 295 51 Formelle Anforderungen an eine Beschwerde; Unterschrift. Die Unterschrift...
Zusammenfassung:Das Verwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 13. Februar 2008 in einem Fall zwischen V.T. und dem Bezirksamt Brugg entschieden, dass Beschwerden schriftlich und mit einer eigenhändigen Unterschrift eingereicht werden müssen. Eine angemessene Frist zur Verbesserung wird gesetzt, wenn formelle Anforderungen nicht erfüllt sind. Der Beschwerdeführer hat eine Beschwerde nicht unterzeichnet, aber die Identität und der Wille zur Beschwerde sind klar ersichtlich. Das Gericht kritisiert eine übertriebene Formalität und entscheidet zugunsten des Beschwerdeführers.
Schlagwörter: Unterschrift; Recht; Beschwerdeschrift; Bezug; Eingabe; Verwaltungsrechtspflege; Identifikation; Willen; Anforderungen; Hinsicht; Ausfertigung; Laien; Unter-; Begründung; Kommentar; Verwaltungsgericht; Merker; Beschwerdetext; Rechts-; Vorinstanz; Kopie; Verfügung; Unterlagen; Glauben; Formalismus
Rechtsnorm: Art. 13 OR ; Art. 29 BV ;
Referenz BGE:119 III 6; 127 I 31;
Kommentar:
Bruno Schmidlin, Berner Band VI, 1, Art. 13 OR, 1986
Entscheid
2008 Verwaltungsrechtspflege 295

51 Formelle Anforderungen an eine Beschwerde; Unterschrift. - Die Unterschrift muss in räumlicher und zeitlicher Hinsicht nicht mit der Ausfertigung und dem Text zusammenfallen, solange der Bezug zur Beschwerdeschrift sichergestellt und die Identifikation gewähr- leistet ist (Erw. 2.1). - Wird auf eine Beschwerde eines Laien, welche die genannten Vor- aussetzungen erfüllt, nicht eingetreten, liegt überspitzter Formalis- mus vor (Erw. 2.3).
Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 13. Februar 2008 in Sa- chen V.T. gegen das Bezirksamt Brugg (WBE.2007.350).
Aus den Erwägungen

2.
2.1.
Gemäss § 39 Abs. 1 VRPG sind Beschwerden schriftlich bei der
Beschwerdeinstanz einzureichen. Die Schriftlichkeit umfasst auch
die Notwendigkeit einer eigenhändigen Unterschrift, obwohl das
Gesetz dies nicht explizit verlangt (AGVE 1996, S. 386). Die Unter-
zeichnung der Rechtsmittelschrift dient vorab der Identifikation der
handelnden Person. Durch die Unterschrift anerkennt der Erklärende
seinen Willen und dem Umfang seiner Willenserklärung, d.h. zum
Beschwerdeantrag und zur Begründung (vgl. BGE 119 III 6). Die
Unterschrift muss in räumlicher und zeitlicher Hinsicht nicht mit der
Ausfertigung und dem Text zusammenfallen, solange der Bezug zur
Beschwerdeschrift sichergestellt und die Identifikation gewährleistet
ist (Bruno Schmidlin, in: Berner Kommentar, Band VI/1, Bern 1986,
Art. 13 OR, N 5). Die Unterschrift braucht deshalb nicht unterhalb
des Textes platziert werden. Nach der Rechtsprechung genügt es,
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wenn sie beispielsweise auf der Rückseite des Briefumschlages steht,
der die entsprechende Erklärung enthält (AGVE 1985, S. 472 m.H.).
Nach Merker muss die Unterschrift den Beschwerdetext abdecken,
weshalb sie zu Beginn des Schriftsatzes auf einem separaten
Schreiben in der Regel nicht genüge, es sei denn, der Bezug zur Be-
schwerde sei ohne weiteres ersichtlich (Michael Merker, Rechts-
mittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen
Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [Kommentar zu den §§ 38-
72 VRPG], Diss. Zürich 1998, § 39 N 3).
2.2.
Genügt die Beschwerdeschrift den formellen Anforderungen
nicht, ist eine angemessene Frist zur Verbesserung anzusetzen, unter
Androhung des Nichteintretens bei Unterlassung (§ 39 Abs. 3
VRPG).
2.3.
Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde vom 12. Septem-
ber 2007 nicht unterzeichnet. Die Vorinstanz hat daher zu Recht in
Anwendung von § 39 VRPG dem Beschwerdeführer eine Nachfrist
angesetzt. In seiner Eingabe vom 11. Oktober 2007 hat es der Be-
schwerdeführer unterlassen, eine unterzeichnete Kopie der Be-
schwerdeschrift nachzureichen. Indessen hat er die von der Vorin-
stanz mit gleicher Verfügung verlangten Unterlagen eingereicht und
das Begleitschreiben zu dieser Eingabe unterzeichnet. Diese Unter-
schrift nimmt Bezug auf die Verfügung vom 13. September 2007 und
damit auf das Beschwerdeverfahren, welches mit der Beschwerde
vom 12. September 2007 eingeleitet wurde. Ein Zusammenhang die-
ser Eingabe zur Beschwerde ist damit erstellt (siehe oben Erw. 2.1).
Zwar fehlt die formale Unterschrift unter dem Beschwerdetext, weil
der Beschwerdeführer es versäumt hat, die unterzeichnete Kopie ein-
zureichen. Indessen kann über die Identität des Beschwerdeführers
ebenso wenig Zweifel bestehen wie über seinen Willen, die Be-
schwerdeanträge und ihre Begründung in der Beschwerdeschrift auf-
recht zu halten. Die mit dem Formerfordernis bezweckte Rechts-
sicherheit und die Schaffung klarer Verhältnisse für das Beschwerde-
verfahren sind damit gewährleistet. (...). Das aus dem Rechtsverwei-
gerungsverbot bzw. dem Gebot von Treu und Glauben (Art. 9 und
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Art. 29 Abs. 1 BV) nach der Praxis des Bundesgerichtes abgeleitete
Verbot des überspitzten Formalismus richtet sich gegen eine pro-
zessuale Formstrenge, die als exzessiv erscheint, durch kein schutz-
würdiges Interesse gerechtfertigt ist, zum blossen Selbstzweck wird
und die Verwirklichung des materiellen Rechts in unhaltbarer Weise
erschwert gar verhindert. Überspitzter Formalismus kann so-
wohl in den angewendeten Formvorschriften des kantonalen Rechtes
liegen als auch in den daran geknüpften Rechtsfolgen (BGE 127 I 31
E. 2a/bb S. 34; 125 I 166 E. 3a S. 170; 121 I 177 E. 2b/aa S. 179 f.;
119 Ia 4 E. 2a S. 6, je mit Hinweisen). Aus dem unterzeichneten Be-
gleitbrief, mit welchem der Beschwerdeführer die mit der Instrukti-
onsverfügung verlangten Unterlagen einreichte, ergibt sich zwanglos,
dass er die Beschwerde aufrecht hielt und seine Beschwerdeschrift
bestätigte. Indem die Vorinstanz auf die Beschwerde eines Laien
nicht eingetreten ist, weil er seiner Eingabe ein unterzeichnetes
Exemplar seiner Beschwerdeschrift nicht beigelegt hat, erweist sich
der Entscheid als überspitzt formalistisch und widerspricht auch dem
Grundsatz von Treu und Glauben (§ 3 Abs. 2 Satz 1 VRPG).
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