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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2004 126)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2004 126: Verwaltungsgericht

2004 wurde in einem Gerichtsverfahren über die Schutzraumbau- und Ersatzbeitragspflicht entschieden. Eine Firma, G.G. AG, hatte gegen das Gesundheitsdepartement geklagt. Es ging darum, ob Geschäftshäuser, die vor dem Inkrafttreten des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes vom 4. Oktober 2002 gebaut wurden, dennoch der Schutzraumbau- bzw. Ersatzabgabepflicht unterliegen. Der Regierungsrat entschied, dass das zum Zeitpunkt des Baubeginns geltende Recht massgeblich ist. Die Firma wurde verpflichtet, einen Ersatzbeitrag zu zahlen. Der Richter war nicht genannt. Die Gerichtskosten betrugen 477 CHF.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2004 126

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2004 126
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsbehörden
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2004 126 vom 01.01.2004 (AG)
Datum:01.01.2004
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2004 126 S.477 2004 Bevölkerungsschutz 477 VII. Bevölkerungsschutz 126 Schutzraumbaupflicht. Zeitlich massgebliches...
Schlagwörter: Schutz; Recht; Schutzraum; Schutzraumbau; Ersatzbeitrag; Bevölkerungs; Baubeginn; Bevölkerungsschutz; Schutzraumbaupflicht; Sicherheitsleistung; Rückwirkung; Bundes; Abteilung; Militär; Inkrafttreten; Übergangs; Schutzplätze; Übergangsbestimmung; Übergangsbestimmungen; Verfügung; Erlass; Vertrauen; Zeitpunkt; Zivilschutz; Entscheid; Geltung; Baubewilligung; Schutzbauten
Rechtsnorm: Art. 76 ZG ;
Referenz BGE:100 Ia 147; 107 Ib 191; 112 Ib 39; 122 V 85; 127 II 306; 44 II 427; 77 I 190; 99 V 200;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2004 126

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VII. Bevölkerungsschutz



126 Schutzraumbaupflicht. Zeitlich massgebliches Recht bei fehlenden Übergangsbestimmungen. - Für Schutzraumbau- und Ersatzbeitragspflicht ist das im Zeitpunkt des Baubeginns gültige Recht massgeblich. Geschäftshäuser, mit deren Bau während der Geltungsdauer des Schutzbautengesetzes vom 4. Oktober 1963 begonnen wurde, unterstehen daher gemäss diesem der Schutz- raumbau- bzw. Ersatzabgabepflicht, auch wenn sie erst nach dem In- krafttreten des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes vom 4. Oktober 2002, d.h. nach dem 1. Januar 2004, bezogen wurden. - Umwandlung einer Sicherheitsleistung für die Erfüllung der Schutz- raumbaupflicht in einen Ersatzbeitrag.
Aus dem Entscheid des Regierungsrates vom 5. Mai 2004 i.S. G.G. AG ge- gen Gesundheitsdepartement.
Aus den Erwägungen:

1. Gemäss Art. 2 des Schutzbautengesetzes vom 4. Oktober 1963 in der am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Fassung vom 17. Juni 1994, welche bis zum 31. Dezember 2003 Geltung hatte, also bei Erlass der Verfügung der Abteilung Militär und Bevölke- rungsschutz vom 30. August 2001, bei Erteilung der Baubewilligung am 21. Mai 2002, bei Baubeginn am 2. Dezember 2002 und bei Erlass der angefochtenen Verfügung der Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz vom 14. Januar 2003 hatten die Hauseigentümer und Hauseigentümerinnen in allen üblicherweise mit Kellergeschos- sen versehenen Neubauten und wesentlichen Anbauten Schutzräume zu erstellen (Abs. 1). Die Kantone bestimmten, inwieweit bei einem gedeckten Schutzplatzbedarf sowie für Bauten ohne Kellergeschosse Schutzräume zu erstellen Ersatzbeiträge zu leisten waren
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(Abs. 2). Die Kantone konnten in besonderen Fällen Ausnahmen anordnen. Ergaben sich daraus Einsparungen für die Hauseigentü- merschaft, so leistete diese einen gleichwertigen Ersatzbeitrag an die Erstellung, Erneuerung und Ausrüstung von öffentlichen Schutzbau- ten (Abs. 3). Um die ordnungsgemässe Ausführung der Schutzräume zu gewährleisten, konnten die Kantone von der Bauherrschaft Sicherheitsleistungen bis zu 3 Prozent der mutmasslichen Baukosten ohne Landerwerb verlangen (Art. 13 Abs. 2 BMG). Die Sicherheits- leistungen waren freizugeben, sobald der Schutzraum den techni- schen Vorschriften gemäss erstellt und von den Kontrollorganen abgenommen worden war (Art. 13 Abs. 3 BMG). § 23 Abs. 3 des kantonalen Gesetzes über Katastrophenhilfe und Bevölkerungsschutz (KBG) vom 18. Januar 1983 in der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Fassung vom 9. Juni 1998 bestimmt, dass bei einem gedeckten Schutzplatzbedarf, für Bauten ohne Kellergeschosse sowie in besonderen Ausnahmefällen die Hauseigentümerinnen und Haus- eigentümer vom Schutzraumbau befreit werden können. Stattdessen haben sie einen Ersatzbeitrag zu leisten. Gemäss Art. 46 Abs. 1 des am 1. Januar 2004 in Kraft getrete- nen Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes vom 4. Oktober 2002, welches das Schutzbautengesetz von 1963 aufhob (Art. 76 BZG), haben Hauseigentümer und -eigentümerinnen nur noch beim Bau von Wohnhäusern, Heimen und Spitälern Schutzräume zu erstellen, auszurüsten und diese zu unterhalten. Bauherren von Geschäftshäu- sern sind dagegen von der Schutzraumbaupflicht befreit. Es stellt sich daher die Frage, ob die Beschwerdeführerin infolge Bezug des Neubaus nach dem 1. Januar 2004 von Schutzraumbaupflicht und Ersatzbeitrag befreit ist aber infolge Baubeginn vor dem 1. Ja- nuar 2004 für die nach damaliger Rechtslage grundsätzlich erforder- lichen, aber (infolge der mit Verfügung vom 30. August 2001 er- folgten Befreiung vom Schutzraumbau) nicht ausgeführten 106 Schutzplätze und als Ausgleich für die sich dadurch ergebenden Ein- sparungen einen Ersatzbeitrag von Fr. 51'410.- (106 Schutzplätze zu Fr. 485.-) zu bezahlen hat. Das am 1. Januar 2004 in Kraft getretene neue Recht enthält - entgegen den ursprünglichen Erwartungen der
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Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz - keine Übergangsbe- stimmungen, welche diese Frage regeln. 2. a) Als die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz am 14. Januar 2003 die angefochtene Verfügung erliess und die in Rechtskraft erwachsene Sicherheitsleistung gemäss Verfügung vom 30. August 2001 zur vorläufigen Sicherstellung des Ersatzbeitrages für die definitive Befreiung vom Schutzraumbau in eine definitive Ersatzabgabe umwandelte, weil die erwarteten Übergangsbestim- mungen nicht erlassen waren, von der Baubewilligung aber schon Gebrauch gemacht worden war, stand das neue Recht noch nicht in Kraft. Das noch nicht in Kraft gesetzte, für die Beschwerdeführerin günstigere Recht durfte also noch nicht angewendet werden; eine derartige positive Vorwirkung ist grundsätzlich unzulässig (Ulrich Häfelin/Georg Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Zürich 2002, Rz. 348). Ebenso wenig wäre es zulässig gewesen, das geltende Recht bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts nicht mehr anzuwenden. Eine solche negative Vorwirkung wäre nur zulässig gewesen, wenn sie vom geltenden Recht vorgesehen gewesen wäre. Von der Praxis wird zudem verlangt, dass auch die übrigen Voraussetzungen für eine zulässige Rückwirkung - zeitlich mässige Geltung, triftige Gründe, Vermeidung von Rechtsungleichheiten und Beachtung von wohlerworbenen Rechten - erfüllt sein müssen (BGE 100 Ia 147, 155 = Pra 63 [1974] Nr, 203, S. 584 f.; Häfelin/Müller, a.a.O., Rz. 350 f.). Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben, da es schon an der Voraussetzung fehlte, dass das geltende Recht eine negative Vorwirkung vorsah. Der Rechtsdienst des Regierungsrates hat im Übrigen bewusst darauf verzichtet, die Beschwerdeangelegenheit dem Regierungsrat noch während der Geltungszeit des alten Rechts zum Entscheid zu unterbreiten, weil dadurch die Beschwerdeführerin faktisch zum Weiterzug an die nächsthöhere Instanz gezwungen worden wäre, um überhaupt eine Chance auf die Anwendung des neuen Rechts zu er- halten. b) Eine Rückwirkung von neuem Recht auf einen Sachverhalt, der sich vor Inkrafttreten dieses Rechts verwirklicht hat, ist nur aus-
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nahmsweise zulässig, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen er- füllt sind (Häfelin/Müller, a.a.O., Rz. 331): - Die Rückwirkung muss ausdrücklich angeordnet nach dem Sinn des Erlasses klar gewollt sein (BGE 44 II 427; VEB 1951 Nr. 21; ZBl 1935 S. 304). - Die Rückwirkung muss zeitlich mässig sein (BGE 77 I 190, 61 I 94, 47 I 17). Entscheidend sind die besonderen Verhält- nisse der betreffenden Regelung. Insbesondere die Voraus- sehbarkeit der Gesetzesänderung spielt eine grosse Rolle. - Die Rückwirkung ist nur zulässig, wenn sie durch triftige Gründe gerechtfertigt ist (ZBl 1947 S. 18 ff; MBV 1945 S. 98). - Die Rückwirkung darf keine stossenden Rechtsungleichhei- ten bewirken (ZBl 1965 S. 352/355). - Die Rückwirkung darf keinen Eingriff in wohlerworbene Rechte darstellen (ZBl 1974 S. 233/246). Es gilt demnach der Grundsatz der Nichtrückwirkung gesetzge- berischer Erlasse mangels besonderer Übergangsbestimmungen im privaten und öffentlichen Recht und dies selbst dann, wenn das neue Recht als das mildere begünstigende erscheint (RVJ 1979 370 ff.). Im konkreten Fall ist eine Rückwirkung schon deshalb ausge- schlossen, weil sie vom neuen Recht weder ausdrücklich angeordnet noch klar gewollt ist; jedenfalls finden sich dafür weder im Gesetz noch in den Materialien entsprechende Hinweise. Ein begünstigen- der, mit rückwirkender Kraft ausgestatteter Erlass darf zudem nicht zu Rechtsungleichheiten führen gar Rechte Dritter beeinträchti- gen. Rechtsungleichheiten wären jedoch unvermeidbar, wenn die Be- schwerdeführerin von der Ersatzabgabe befreit wäre, weil zweifellos Bauherren von Gewerbebauten, welche - wie die Beschwerdeführe- rin - vom Schutzraumbau befreit wurden, bei Baubeginn vor Inkraft- treten des neuen Rechts anstandslos die spätestens zu diesem Zeit- punkt geschuldeten Ersatzbeiträge bezahlt haben (vgl. Art. 6 Abs. 4 der Verordnung über die baulichen Massnahmen im Zivilschutz {Schutzbautenverordnung [BMV]} vom 27. November 1978), auch wenn die Baute nicht vor dem 1. Januar 2004 bezugsreif wurde. Ausserdem darf aus der ausnahmsweisen Zulässigkeit der Rückwir-
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kung begünstigender Erlasse nicht auf einen Anspruch auf Rückwir- kung solcher Erlasse geschlossen werden (BGE 99 V 200, 203). Ein solcher Anspruch besteht - wie bereits gesagt - von vorneherein nur, wenn er vom Gesetz vorgesehen ist, was vorliegend gerade nicht ge- geben ist. Die für Verfahren der nachträglichen Baubewilligung (vgl. den von der Beschwerdeführerin angerufenen AGVE 1995 S. 390 f.) bzw. für zeitlich offene Dauersachverhalte (sog. unechte Rückwir- kung) entwickelten intertemporalrechtlichen Regeln sind auf einen unter bisherigem Recht abgeschlossenen Tatbestand wie den die Schutzraumbaupflicht bzw. die Ersatzabgabe auslösenden Baubeginn (vgl. Art. 6 Abs. 4 BMV, Art. 21 Abs. 1 der Verordnung über den Zi- vilschutz [Zivilschutzverordnung, ZSV] vom 5. Dezember 2003) nicht anwendbar. c) Die Frage, ob auf ein hängiges Verfahren altes neues Recht Anwendung findet, hängt im Übrigen vor allem davon ab, wie das Interesse der Betroffenen am Schutz des Vertrauens in die Wei- tergeltung des bisherigen Rechts gewichtet wird. Grundsätzlich wäre diese Frage vom neuen Bundesgesetz zu beantworten, allenfalls vom Bundesrat in einer Ausführungsverordnung. Wurde die Frage - wie vorliegend - weder im Bundesgesetz noch in der bundesrätlichen Zi- vilschutzverordnung geregelt, so ist auf Grund allgemeiner Prinzi- pien über das anwendbare Recht zu entscheiden. Das Interesse am Schutz des Vertrauens der Betroffenen auf die Weitergeltung des bis- herigen Rechts und an der Rechtssicherheit wird am besten gewahrt, wenn das im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens geltende Recht angewendet wird. Das Interesse daran, das neue Recht möglichst rasch und umfassend wirksam werden zu lassen, verlangt, dass Än- derungen des Rechts auch dann berücksichtigt werden, wenn sie erst während des erstinstanzlichen des Rechtsmittelverfahrens ein- getreten sind (Häfelin/Müller, a.a.O., Rz. 322-325). Die Bundesgerichtspraxis zur Frage, welches Recht bei Fehlen einer ausdrücklichen Regelung auf ein hängiges Rechtsmittelverfah- ren anwendbar ist, ist nicht ganz widerspruchsfrei. In BGE 107 Ib 191, 194 ff. nannte das Bundesgericht als Grundsatz, dass das Recht, welches zum Zeitpunkt der Entscheidfällung der Rechtsmittelinstanz in Kraft steht, zur Anwendung kommt, soweit es um der öffentlichen
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Ordnung willen aufgestellt wurde. In BGE 122 V 85, 89 und BGE 112 Ib 39, 42 ff. erklärte das Bundesgericht dagegen, dass die Rechtmässigkeit einer Verfügung grundsätzlich nach der Rechtslage zur Zeit ihres Erlasses zu beurteilen sei; nachher eingetretene Rechts- änderungen müssten unberücksichtigt bleiben. Eine Ausnahme sei nur zu machen, wenn sich die Anwendung des neuen Rechts aus zwingenden Gründen, vor allem um der öffentlichen Ordnung willen aufdränge, wie das insbesondere bei neuen Bestimmungen im Be- reich des Umweltschutzes der Fall ist (vgl. BGE 127 II 306, 315 f.; 125 II 591, 598; 125 II 508, 509 f.; 122 II 26, 29 f.; Entscheid des Bundesgerichtes, ZBl 103 [2002] 41, 46 ff.; Entscheid des Bundes- rates, VPB 65 [2001] Nr. 87; Häfelin/Müller, a.a.O., Rz. 326). Diese zweite Lösung verdient in Fällen der vorliegenden Art den Vorzug. Richtigerweise sollten Rechtsänderungen nach dem er- stinstanzlichen Entscheid nur dann berücksichtigt werden, wenn die Rechtsänderung auch einen Widerruf rechtfertigen würde. Nach dem Prinzip des Vertrauensschutzes müsste sogar auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abgestellt werden, doch spricht das öffentliche Interesse an der Anwendung des neuen Rechts dafür, das zur Zeit des erstinstanzlichen Entscheides geltende Recht heranzuziehen (Häfe- lin/Müller, a.a.O., Rz. 327; Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwal- tungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 208 f.). d) Die Beschwerdeführerin beruft sich in ihrer Begründung, weshalb das neue Recht anwendbar sein soll, hauptsächlich auf die konkrete Vertrauenslage bzw. den Vertrauensschutz (vgl. ...). Sie macht geltend, der Private dürfe sich darauf verlassen, dass ihm die Anwendung des neuen, für ihn günstigeren Rechts nicht versagt werde, wenn er seine baulichen Dispositionen in Übereinstimmung mit der Einschätzung der zuständigen Behörden im Vertrauen auf das Inkrafttreten des neuen Rechts getätigt habe und sich in der Folge dieses Inkrafttreten durch Umstände verzögere, auf die weder der Private noch die Behörden Einfluss nehmen könnten (Referendum). Dazu ist vorab festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht im Vertrauen auf die Anwendbarkeit des neuen Rechts bauliche Dis- positionen getroffen hat, die sich nun als nachteilig erweisen die
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ohne Nachteil nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Die Beschwerdeführerin wurde insbesondere auch nicht durch falsche behördliche Auskünfte in eine Vertrauenslage versetzt und zu einem Handeln veranlasst, das aus Vertrauensschutzgründen nun die An- wendung des neuen Rechts gebieten würde. Die Beschwerdeführerin plante vielmehr das Nordhaus von Anfang an und ohne behördliche Veranlassung ohne Schutzraum. Dies geschah offenbar in der fal- schen Annahme Hoffnung, beim voraussichtlichen Inkrafttreten des neuen Rechts am 1. Januar 2003 unterstehe das Bauprojekt nicht mehr der Schutzraumbaupflicht und es werde auch kein Ersatzbeitrag fällig. Gemäss der unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Verfü- gung der Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz vom 30. August 2001 war die Sicherheitsleistung für 106 Schutzplätze aber vor Bau- beginn zu entrichten und diesen Baubeginn plante die Beschwerde- führerin für anfangs Dezember 2002, also zwar nur einen Monat, aber eindeutig vor dem damals angenommenen Inkraftsetzungster- min des neuen Rechts 1. Januar 2003 (vgl. Bauprogramm Nordhaus vom 20. November 2002, ...). Die Beschwerdeführerin kann also nicht geltend machen, durch das unerwartet zustande gekommene Referendum habe sich das Inkrafttreten des neuen Rechts um ein Jahr verzögert und dadurch sei das neue Recht bei Baubeginn überra- schend noch nicht in Kraft gestanden. Der Baubeginn war vielmehr auch ohne Referendum noch während der Geltung des alten Rechts geplant. Es ist auch nicht so, dass die Abteilung Militär und Bevölke- rungsschutz jemals die Auffassung der Beschwerdeführerin genährt hätte, bei Inkrafttreten des neuen Rechts am 1. Januar 2003 am 1. Januar 2004 sei das Bauprojekt von Schutzraumbaupflicht und Er- satzbeitrag befreit. Genau das Gegenteil ist der Fall. In der in Rechtskraft erwachsenen Verfügung vom 30. August 2001 hielt die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz vielmehr sinngemäss fest, das Bauprojekt unterstehe der Schutzraumbaupflicht. Nur unter die- ser Bedingung bestand überhaupt Anlass und Gelegenheit, das Bau- vorhaben vom Schutzraumbau zu befreien, wie dies unter Bezug- nahme auf Art. 2 BMG in der Verfügung unmissverständlich ge- schah. Die verfügte Sicherheitsleistung diente ausdrücklich ,,zur Er-
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füllung der Schutzraumbaupflicht". Dass das Nordhaus der Schutz- raumbaupflicht untersteht, wurde also bereits unter der Geltung des alten Rechts verfügt und indem die Beschwerdeführerin ebenfalls unter altem Recht von der ihr erteilten Baubewilligung samt den da- zugehörigen Bedingungen und Auflagen unangefochten Gebrauch gemacht hat, sind diese in Rechtskraft erwachsen. Die wiedererwä- gungsweise Erteilung einer Baubewilligung nach neuem Recht - ohne Schutzraumbaupflicht bzw. ohne Ersatzbeitrag - würde voraus- setzen, dass die Beschwerdeführerin noch nicht gebaut hat. Für einen Widerruf der rechtskräftig verfügten Schutzraumbaupflicht besteht dagegen nach Inkrafttreten des neuen Rechts kein Anlass, war doch die Feststellung der Schutzraumbaupflicht bei Erlass der Verfügung vom 30. August 2001 in keiner Weise fehlerhaft. Es liegt aber auch keine nachträgliche Fehlerhaftigkeit infolge Rechtsänderung vor. Nachdem die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz die Schutzraumbaupflicht für das Nordhaus festgestellt und die Be- schwerdeführerin entsprechend ihrem Baugesuch vom Schutzraum- bau befreit hatte, weil der Schutzplatzbedarf im B. gedeckt war, hatte die Beschwerdeführerin nach damals geltendem Recht zwingend ei- nen Ersatzbeitrag für die eingesparten 106 Schutzplätze zu bezahlen (Art. 2 Abs. 3 BMG, § 23 Abs. 3 KBG), welcher grundsätzlich bei Baubeginn am 2. Dezember 2002 hätte entrichtet werden müssen (Art. 6 Abs. 4 BMV). Die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz hätte auch sofort einen Ersatzbeitrag von Fr. 51'410.- für 106 Schutzplätze zu Fr. 485.- verfügen können. Nachdem dem Stadtrat B. der Baubeginn per 2. Dezember 2002 angezeigt worden war, hat er denn auch der Beschwerdeführerin am 13. Dezember 2002 gleich Rechnung für einen Ersatzbeitrag in der genannten Höhe gestellt (vgl. ...). Zu diesem Zeitpunkt bestanden also seitens der Behörden keine Zweifel an der Schutzraumbaupflicht und der Ersatzbeitrags- pflicht. Die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz schloss aber nicht aus, dass Übergangsbestimmungen des künftigen Rechts eine Rückwirkung vorsehen würden mit der Folge, dass der nach damals geltendem Recht geschuldete Ersatzbeitrag wieder entfallen würde. Sie verfügte deshalb entgegenkommender Weise nicht definitiv die Pflicht zur Bezahlung eines Ersatzbeitrages von Fr. 51'410.--. Viel-
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mehr war der Ersatzbeitrag vorläufig nur vor Baubeginn sicherzu- stellen. Nach Vorliegen der erwarteten Übergangsbestimmungen sollte entschieden werden, ob die Sicherheitsleistung bzw. der vor- läufig bloss sichergestellte Ersatzbeitrag zurückerstattet in einen definitiven Ersatzbeitrag gleicher Höhe umgewandelt wird. Infolge Nichtinkrafttretens von Übergangsbestimmungen, welche eine Rückwirkung des neuen Rechts vorsehen, bzw. infolge Baubeginns vor dem Inkrafttreten entsprechender Übergangsbestimmungen hat die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz am 14. Januar 2003 folgerichtig und zu Recht die vorläufige Sicherheitsleistung in einen definitiven Ersatzbeitrag umgewandelt. Ein weiteres Zuwarten hätte denn auch keinen Sinn ergeben, denn im Falle der Annahme des Ge- setzes vom 22. Oktober 2002 in der Volksabstimmung wusste sie, dass das Gesetz keine Rückwirkung vorsah. Wäre das Gesetz in der Volksabstimmung verworfen worden, hätte das bisherige Gesetz weiter gegolten, das eben eine Schutzraumbaupflicht bzw. Ersatzab- gabepflicht vorsieht. Nach dem Gesagten hatte die am 30. August 2001 verfügte Si- cherheitsleistung nicht zum Zweck, den Bau von Schutzplätzen auf den geplanten Bezugstermin vom 30. April 2004 hin sicherzustellen. Ein Bau von Schutzplätzen war schon damals nicht geplant und die Beschwerdeführerin wurde explizit vom Schutzraumbau befreit. Der Bezugstermin nach dem 1. Januar 2004 wäre höchstens relevant, wenn auf diesen Zeitpunkt Schutzplätze bereitstehen müssten. Das war aber nach Auffassung aller Beteiligten nie gemeint. Rechtskräf- tig entschieden und der Beschwerdeführerin bekannt war vielmehr, dass Ersatzbeiträge vorläufig sicherzustellen und definitiv zu bezah- len waren, wenn das neue Recht keine dem entgegenstehende Über- gangsbestimmung vorsehen würde. Die Beschwerdeführerin durfte also nicht darauf vertrauen, dass mit Inkrafttreten des neuen Rechts die Sicherheitsleistung automatisch entfallen würde; sie musste vielmehr davon ausgehen, dass die Sicherheitsleistung für den vor- läufig bloss sicherzustellenden Ersatzbeitrag in einen definitiven Er- satzbeitrag umgewandelt würde, wenn das neue Recht keine rück- wirkende Bestimmung zu ihren Gunsten enthalten würde, wie dies nun der Fall ist. Bereits entschieden war überdies, dass die Fälligkeit
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spätestens mit dem Baubeginn gegeben war. Das stand in Überein- stimmung mit Art. 6 Abs. 4 BMV, wonach der Ersatzbeitrag vor Baubeginn zu entrichten ist. Dass bei Befreiung vom Schutzraumbau der Ersatzbeitrag vor Baubeginn zu entrichten ist, gilt unverändert auch unter dem revidierten Recht (vgl. Art. 21 Abs. 1 ZSV). Auch hinsichtlich der Verjährung der Erhebung von Ersatzbeiträgen ist für den Beginn des Fristenlaufes der Baubeginn massgebend (Art. 23 Abs. 1 ZSV). Daraus ist zu schliessen, dass der Baubeginn für die Bestimmung des anwendbaren Rechts jedenfalls dann massgebend ist, wenn für das gemäss rechtskräftiger Verfügung der Schutzraum- baupflicht unterstehende, aber vom Schutzraumbau befreite Baupro- jekt ein Ersatzbeitrag in Frage steht und über dessen definitive Ent- richtung zu entscheiden ist. In diesem Sinne hat denn auch das Bun- desgericht entschieden, dass bezüglich Bau- und Ersatzbeitrags- pflicht diejenigen Vorschriften massgebend sind, die im ,,Zeitpunkt der Bewilligung und Erstellung" des betreffenden Gebäudes in Kraft stehen (ZBl 97 [1996] S. 472 Erw. 2b). e) Dieses Ergebnis deckt sich mit den Auskünften, welche die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz vom Bundesamt für Be- völkerungsschutz erhalten hat, wonach bei Baubeginn vor dem 1. Ja- nuar 2004 die Schutzraumbau- und Ersatzabgabepflicht bei Gewer- bebauten gegeben ist (vgl. ...). Die Anwendung des bis zum 31. De- zember 2003 geltenden Rechts bei Baubeginn während dessen Gel- tungsdauer bzw. vor Inkrafttreten des neuen Rechts entspricht auch der Praxis, welche bei einer früheren Änderung des Schutzbauten- rechts Anwendung fand. Die Schutzraumbaupflicht erfuhr nämlich bereits in den gesetzlichen Grundlagen anlässlich der ,,Reform 95" eine Einschränkung, so durch einen Verzicht auf die Erstellung von Schutzplätzen bei Umbauten und Aufbauten (vgl. Art. 2 Abs. 1 BMG in der Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 1994, in Kraft seit 1. Januar 1995; AS 1994 2667 2670; BBl 1993 III 825; Schluss- Übergangsbestimmungen zur Änderungen vom 17. Juni 1994 fehlen ebenfalls). Das damalige Bundesamt für Zivilschutz hielt im Kreisschreiben Nr. 10/94 vom 31. August 1994 folgendes fest:
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,,Wie Sie wissen, wird die teilrevidierte Schutzbautenverord- nung zusammen mit den übrigen Zivilschutzerlassen voraussichtlich auf den 1. Januar 1995 in Kraft treten. Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und eines rechtskon- formen Übergangs sind Bauten, mit deren Arbeiten ab dem 1. Januar 1995 begonnen wird, bereits nach der Verabschiedung der Verord- nungsänderung durch den Bundesrat, welche auf Mitte Oktober zu erwarten ist, gemäss den Bestimmungen der reduzierten Schutz- raumbaupflicht zu beurteilen und zu genehmigen." 3. a) Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass mit Verfü- gung vom 30. August 2001 bereits rechtskräftig entschieden wurde, dass das Bauprojekt zwar der Schutzraumbaupflicht untersteht, die Bauherrschaft aber von der Erstellung von 106 Schutzplätzen befreit ist. Auch eine erneute Beurteilung der Schutzraumbaupflicht würde angesichts der Baubewilligungserteilung und des Baubeginns unter dem alten Recht nicht anders ausfallen. Für die noch zu beurteilende Frage, ob die Sicherheitsleistung von Fr. 51'410.- in einen Ersatz- beitrag umzuwandeln ist, nachdem die Beschwerdeführerin von der Baubewilligung Gebrauch gemacht hat, ist der Baubeginn vor dem 1. Januar 2004 für die Bestimmung des anwendbaren Rechts massge- bend. Nach altem Recht (Art. 2 Abs. 1 und 3 BMG, Art. 6 Abs. 4 BMV) und mangels gegenteiliger Übergangsbestimmungen des neuen Rechts wurde bei Baubeginn am 2. Dezember 2002 ein Er- satzbeitrag für die Schutzplätze fällig, von deren Bau die Beschwer- deführerin befreit worden war. Die angefochtene Umwandlung der Sicherheitsleistung von Fr. 51'410.-- in einen Ersatzbeitrag gleicher Höhe ist also zu Recht erfolgt. Da der Stadtrat B. der Beschwerde- führerin zwar am 13. Dezember 2002 für den Ersatzbeitrag bereits Rechnung gestellt hat, die Beschwerdeführerin aber bis heute weder die rechtskräftig verfügte Sicherheitsleistung noch den angefochte- nen und daher nicht in Rechtskraft erwachsenen Ersatzbeitrag be- zahlt hat, hat der Stadtrat B. der Beschwerdeführerin eine angemes- sene Nachfrist für die Bezahlung anzusetzen.
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