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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2003 61)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2003 61: Verwaltungsgericht

Der Text handelt von einem Gerichtsfall aus dem Jahr 2003, in dem es um Vorbehalte mit Auswirkungen auf die Kosten bei der Preisbewertung ging. Die K. AG hat Beschwerde gegen den Gemeinderat Windisch eingereicht. Es wurde diskutiert, ob Vorbehalte in einer Offerte Kostenrelevanz haben und ob Bestellungsänderungen zu Mehrkosten führen können. Es wurde festgestellt, dass bestimmte Vorbehalte kostenrelevant sind, während andere nicht relevant sind. Die Vergabebehörde hat die Beschwerdeführerin möglicherweise ungerechtfertigt benachteiligt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2003 61

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2003 61
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2003 61 vom 25.11.2003 (AG)
Datum:25.11.2003
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2003 61 S.258 2003 Verwaltungsgericht 258 [...] 61 Preisbewertung; Vorbehalte mit Kostenauswirkungen. - Vorbehalte bezüglich...
Schlagwörter: ände; Unterneh; Unternehmer; Hinweis; Gauch; Einheit; Material; Einheitspreis; Mehrkosten; Einheitspreise; Bestellungsänderung; Umstände; Offert; Preis; Vorbe; Verwaltungsgericht; Vorbehalte; Sinne; Funde; Anbieter; Hinweise; Vergabebehörde; Strasse; Zufahrt; Ausschrei; önnen
Rechtsnorm: Art. 372 OR ;Art. 373 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Peter Gauch, Kommentar zur SIA-Norm 118, Art. 38; Art. 58 OR, 1992

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2003 61

2003 Verwaltungsgericht 258

[...]

61 Preisbewertung; Vorbehalte mit Kostenauswirkungen. - Vorbehalte bezüglich Mehrkosten, die nicht ohnehin zusätzlich vergü- tet werden müssen (wie beispielsweise Mehrkosten wegen ausseror- dentlicher Umstände im Sinne von Art. 373 Abs. 2 OR, schuldhaften Verhaltens des Bestellers, Annahmeverzugs Bestellungsänderun- gen) können einen Abzug bei der Preisbewertung rechtfertigen.
Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 25. November 2003 in
Sachen K. AG gegen Gemeinderat Windisch.
Aus den Erwägungen
3. a) Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Offerte u.a. die fol genden "Ergänzungen und Bemerkungen zum Angebot" angebracht:
2003 Submissionen 259

- Allfällige Behandlungskosten für schadstoffhaltiges Material ist in
unseren Preisen nicht enthalten. Ebenso die möglichen Erschwer-
nisse wegen archäologischen Funden.
- Die Einheitspreise verstehen sich ohne Mehrwertsteuer.
- Das Freilegen der Grenzsteine und das Abstecken der Hauptachse
ist Sache der Bauleitung.
- Die Transportpreise basieren auf vollen Ladungen des jeweiligen
Transportfahrzeuges.
- Unserer Kalkulation liegt zu Grunde, dass die öffentlichen Strassen
ohne Behinderungen befahren werden können. Die Beschwerdeführerin verneint, dass es sich dabei um kosten relevante Vorbehalte handle. Vielmehr sei damit ausschliesslich darauf hingewiesen worden, dass Bestellungsänderungen mit Kos tenfolgen verbunden seien. Das allfällige Vorfinden von ver schmutztem Material das Vorhandensein archäologischer Funde habe Bestellungsänderungen zur Folge, die alle Anbieter zu Mehrfor derungen berechtigen und zur Anpassung der Werkpreise führen würden. Es handle sich somit lediglich - im Sinne einer Dienstleis tung - um einen Hinweis auf allfällige Kostenrisiken, welche aus schliesslich in der Sphäre der Vergabestelle liegen würden. b) aa) Grundlage der Offerte bildeten im vorliegenden Fall zu nächst die Besonderen Bestimmungen der I., sodann u.a. die SIA Norm 118 und einschlägigen Bestimmungen des OR. bb) Gemäss den Besonderen Bestimmungen verpflichteten sich die Anbieter mit ihrer Offerte "in rechtsverbindlicher Weise, sämtli che genannte Arbeiten zu den eingesetzten Einheitspreisen zu über nehmen und vertragsgemäss in allen Teilen sach- und fachgemäss fertig zu stellen". Auch ein Unter- Überschreiten der (approxi mativen) Ausmasse berechtigte den Unternehmer nicht zur Ände rung. Mithin waren die eingesetzten Einheitspreise fest vereinbart, d.h. es liegt eine feste Übernahme der Werkausführung zu genau bestimmten Einheitspreisen vor (Peter Gauch, Der Werkvertrag, 4. Auflage, Zürich 1996, S. 258 Rz. 915). Der Unternehmer hat An spruch auf Bezahlung des zum Voraus genau bestimmten Preises je geleisteter (erforderlicher) Einheit, nicht mehr und nicht weniger (Art. 373 Abs. 1 und 3 OR; SIA-Norm 118, Art. 38 Abs. 2 und 58
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Abs. 1; Gauch, a.a.O., S. 262 Rz. 929). Der vereinbarte Einheitspreis ist unabhängig von den tatsächlichen Erstellungskosten und unabän derlich, mögen dem Ersteller auch grössere geringere Kosten erwachsen als vorgesehen war. Der umschriebene Festpreischarakter des Einheitspreises ist allerdings nicht ein absoluter. Zur Mehrver gütung führen können u.a. das Vorliegen ausserordentlicher Um stände im Sinne von Art. 373 Abs. 2 OR, schuldhaftes Verhalten des Bestellers, Annahmeverzug Bestellungsänderungen (Gauch, a.a.O., S. 262, Rz. 930, S. 291, Rz. 1045). Gemäss Art. 372 Abs. 2 OR kann das Gericht nach seinem Ermessen eine Erhöhung des Prei ses (oder sogar die Auflösung des Vertrages) bewilligen, falls ausser ordentliche Umstände, die nicht vorausgesehen werden konnten die nach den von beiden Beteiligten angenommenen Voraussetzun gen ausgeschlossen waren, die Fertigstellung hindern übermäs sig erschweren. Eine ähnliche Regelung enthält Art. 59 Abs. 1 SIA Norm 118. Danach gehören zu den ausserordentlichen Umständen z.B. Wassereinbrüche, Erdbeben, Sturm, Gasaustritte, hohe unterirdi sche Temperatur, Radioaktivität, einschneidende behördliche Mass nahmen, Störung des Arbeitsfriedens. Zu den ausserordentlichen Umständen nach Art. 373 Abs. 2 OR können auch Schwierigkeiten des Baugrundes gehören, wie z.B. Kontamination von Abbruch- Aushubmaterialien (Gauch, a.a.O., S. 297, Rz. 1071; vgl. auch Peter Gauch, in Kommentar zur SIA-Norm 118, Art. 38 - 156, hrsg. von Peter Gauch, Zürich 1992, Art. 58 N 12 und N 17). Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Unternehmer das Aushub- und Ab bruchmaterial zu Eigentum erwirbt und auf einen selbstgewählten Deponieplatz wegzuschaffen hat. In diesem Fall obliegen die erfor derlichen Entsorgungsmassnahmen von vornherein dem Unterneh mer, der sich bei gegebenen Voraussetzungen auf Art. 372 Abs. 2 OR berufen und eine Mehrvergütung geltend machen kann. Ist der Un ternehmer hingegen nur zur Ablagerung des Materials auf dem Bau platz zum Abtransport auf eine Deponie des Bauherrn ver pflichtet, so liegt eine Bestellungsänderung vor, wenn der Bauherr eine zusätzliche Entsorgungsmassnahme (z.B. Abtransport auf eine Sonderdeponie) verlangt (Gauch, a.a.O., S. 319, Rz. 1150).
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cc) Mit der Einreichung der Offerte erklärten die Unternehmer ausdrücklich, über den Inhalt derselben orientiert zu sein und die allgemeinen und speziellen Bedingungen, den Arbeitsbeschrieb so wie alle Zeichnungen und evtl. Muster eingesehen zu haben. Der Unternehmer hatte sich auch über die Lage des Bauplatzes, die Zu fahrt und Depotmöglichkeiten, die Verhältnisse bezüglich eventuell nötiger Werkanschlüsse sowie über die Transportverhältnisse an Ort und Stelle und nach den vorliegenden Unterlagen zu orientieren. Die Ausschreibungsunterlagen enthalten keinerlei Hinweise auf ein mög liches Vorhandensein schadstoffhaltigen Materials (vgl. Gauch, SIA Norm 118, Art. 58 N 12). Es ist davon auszugehen, dass das Vorhan densein von schadstoffbelastetem Material von der Vergabebehörde ausgeschlossen wurde, worauf sich die Anbieter bei der Kalkulation der Einheitspreise verlassen durften. Eine Veranlassung gar eine Verpflichtung der Anbieter, den Baugrund vorgängig der Offert stellung selbst auf solches Material hin untersuchen zu lassen, be stand im vorliegenden Fall (Erneuerung der Werkleitungen und Sa nierung des Strassenbelags) nicht; die Bauherrschaft bzw. die örtliche Bauleitung muss diesbezüglich als (ausreichend) sachverständig qualifiziert werden (vgl. Art. 25 Abs. 3 SIA-Norm 118; ferner Gauch, SIA-Norm 118, Art. 58 N 17). Sollte daher im Verlaufe der Arbeitsausführung wider Erwarten doch schadstoffbelastetes Mate rial aufgefunden werden, das einer speziellen Behandlung Ent sorgung bedarf, so führt dies entweder zu einer Bestellungsänderung mit entsprechenden Kostenfolgen aber - soweit dieses Material ins Eigentum des Unternehmers übergeht - zur Mehrvergütung we gen ausserordentlicher Umstände im Sinne von Art. 373 Abs. 2 OR zu Gunsten des Unternehmers. Gleiches muss für die erwähnten allfälligen Erschwernisse wegen archäologischer Funde geltend. Obwohl im Gemeindegebiet von Windisch solche Funde keineswegs unüblich sind, muss im vorliegenden Fall, in dem es um Erneue rungs- und Sanierungsarbeiten und nicht um Neubauten geht, nicht damit gerechnet werden. Der Beschwerdeführerin ist darin beizu pflichten, dass die unvorhergesehene Anpassung der Leitungsfüh rung wegen solcher Funde einer Bestellungsänderung gleichkommen würde, die den ausführenden Unternehmer zu einer Mehrforderung
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berechtigen würde. Der Umstand, dass die übrigen Unternehmer in ihren Angeboten keine entsprechenden Vorbehalte anbrachten, ändert nichts daran, dass sie im Falle des Eintretens solcher unvorhersehba rer Ereignisse bzw. Erschwernisse ebenfalls berechtigt wären, ent sprechende Mehrforderungen auf Grund ausserordentlicher Verhält nisse Bestellungsänderungen geltend zu machen. dd) Die Ausschreibungsunterlagen enthalten keine Hinweise auf Einschränkungen in Bezug auf die Beladbarkeit der einzusetzenden Transportfahrzeuge die Benutzung der Zufahrtswege. Sie äussern sich zu den (einschränkenden) Verkehrsmassnahmen im Baustellenbereich und halten allgemein fest, dass der Werkverkehr des Unternehmers ohne spezielle Bewilligung die Verkehrsvorschrif ten einzuhalten habe. Im Leistungsverzeichnis wird festgehalten, als Transportdistanz gelte die kürzeste benutzbare Verbindung der Mas senschwerpunkte. Denkbar sind für den Unternehmer entstehende Mehrkosten, falls sich im Verlaufe der Auftragsausführung zeigen sollte, dass die Zufahrtsstrassen der Belastung durch den (zusätzli chen) Lastwagenverkehr nicht gewachsen sind wenn gewisse öffentliche Strasse dem Werkverkehr - aus Gründen der Verkehrssi cherheit des Immissionsschutzes bzw. auf Grund von Be schwerden der Anwohner - nicht (mehr) zugänglich sind und Um wege gefahren werden müssen. In diesem Sinne sind offenbar auch die Hinweise der Beschwerdeführerin zu verstehen. Indessen waren die Unternehmer verpflichtet, sich über die Lage des Bauplatzes, die Zufahrt und Depotmöglichkeiten, die Verhältnisse bezüglich even tuell nötiger Werkanschlüsse sowie über die Transportverhältnisse an Ort und Stelle zu orientieren. Ebenso hatten sie die Möglichkeit, bei der Vergabebehörde entsprechende Auskünfte einzuholen. Die Be schwerdeführerin kam auf Grund ihrer Abklärungen offensichtlich zur Überzeugung, dass ein Befahren der Zufahrtswege mit voll bela denen Fahrzeugen möglich sei und kalkulierte die Einheitspreise für die Transporte dementsprechend, sie brachte aber einen entsprechen den Hinweis bzw. Vorbehalt an. Wenn ein Unternehmer auf Grund der Besichtigung der Baustelle mit der Möglichkeit, dass solche Er schwernisse eintreten könnten, rechnet, liegt es indessen nahe, dass er sich diesbezüglich bei der Auftraggeberin erkundigt und nähere
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Abklärungen macht. Tut er dies nicht, und kommt es später zu be hördlichen Beschränkungen, sei dies in Bezug auf die Zufahrtswege in Bezug auf die Höchstbeladung der Fahrzeuge, so rechtfertigt sich eine Mehrvergütung nicht, sondern der Anbieter hat die damit verbundenen Mehrkosten selber zu tragen. Wird ihm jedoch seitens der Vergabebehörde ausdrücklich versichert, dass er nicht mit sol chen Einschränkungen zu rechnen hat, muss er berechtigt sein, sich die Mehrkosten vergüten zu lassen, falls es in der Folge wider Er warten trotzdem zu Einschränkungen kommt. Die Beschwerdeführerin hat im vorliegenden Fall darauf ver zichtet, sich bei der Vergabebehörde nach möglichen Beschränkun gen zu erkundigen. Insofern wäre sie nicht berechtigt, Mehrkosten geltend zu machen, falls es zur Anordnung von Beschränkungen kommen sollte. Die beiden Vorbehalte bezüglich Beladbarkeit der Fahrzeuge und Befahrbarkeit der öffentlichen Strassen müssen des halb als kostenwirksam qualifiziert werden und berechtigen die Ver gabebehörde zu einem entsprechenden Abzug bei der Bewertung. ee) Einen weiteren Hinweis hat die Beschwerdeführerin dahin gehend gemacht, dass das Freilegen der Grenzsteine und das Ab stecken der Hauptachse Sache der Bauleitung sei. Den Ausschrei bungsunterlagen ist zu entnehmen, dass die für die Bauausführung nötige Absteckung der Hauptachsen und die Bezeichnung von Hö henbezugspunkten durch die Bauleitung erfolgt, der Unternehmer aber für diese Arbeiten das nötige Hilfspersonal und Material unent geltlich zur Verfügung stellt. Insofern stellt der von der Beschwerde führerin gemachte Vorbehalt eine kostenrelevante Einschränkung der Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen dar. ff) Nicht kostenrelevant ist hingegen der Hinweis, die Ein heitspreise verstünden sich ohne Mehrwertsteuer. Er stimmt mit den Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen überein. gg) Als im Hinblick auf den offerierten Preis möglicherweise kostenwirksam erweisen sich somit die Hinweise bezüglich der Transportkosten (volle Beladbarkeit der Fahrzeuge; uneinge schränkte Befahrbarkeit der öffentlichen Strassen) sowie der Vorbe halt in Bezug auf das Abstecken der Hauptachsen und das Freilegen der Freilegen der Grenzsteine, nicht aber die restlichen Hinweise und
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Bemerkungen. Das heisst, die Vergabebehörde hätte lediglich bei den Transportkosten, die (zusammen mit den Einfüllungen) höchstens einen Drittel der gesamten Offertsumme ausmachen, mit allfälligen Mehrkosten zu rechnen. Die Bewertung des Angebots der Be schwerdeführerin mit der Note 1 erscheint unter diesen Umständen nicht lediglich unangemessen, sondern stellt eine Ermessenüber schreitung dar. Richtigerweise hätte hier die Bewertung mit der Note 2 ("befriedigend mit geringfügigen Abstrichen") erfolgen müssen. Dies führt dazu, dass die Beschwerdeführerin beim Zuschlags kriterium "Preis" 300 Punkte (statt 290) hätte erhalten sollen.

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