Zusammenfassung des Urteils AG WBE.2022.284: Verwaltungsgericht 3. Kammer
Die Erbengemeinschaft A._____ hat gegen die Aargauische Gebäudeversicherung Beschwerde eingereicht, da diese die Deckung des Brandschadens am Gebäude Nr. aaa abgelehnt hat. Nach dem Tod des Eigentümers A._____ trat seine Familie in den Prozess ein. Das Spezialverwaltungsgericht entschied, dass die Versicherung einen Teil des Schadens in Höhe von Fr. 117'434.30 übernehmen muss. Die Verfahrenskosten wurden den Beschwerdeführenden zu 90% und der Versicherung zu 10% auferlegt. Die Beschwerdeführer legten gegen dieses Urteil Beschwerde ein, wobei die Frage der Urteilsfähigkeit von A._____ im Mittelpunkt stand. Das Verwaltungsgericht entschied, dass A._____ den Schaden vorsätzlich und schuldhaft verursacht hat und die Versicherung nur teilweise haftet. Die Kosten wurden entsprechend aufgeteilt.
Kanton: | AG |
Fallnummer: | AG WBE.2022.284 |
Instanz: | Verwaltungsgericht 3. Kammer |
Abteilung: | - |
Datum: | 23.05.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Brand; Gebäude; Schaden; Urteil; Vorsatz; Schadens; Verfahren; Recht; GebVG; Apos; Urteils; Recht; Handeln; Wohnhaus; Vorinstanz; Leistung; Entscheid; Brandstiftung; Eventualvorsatz; Handlung; Verwaltungsgericht; Urteilsfähigkeit; Suizid |
Rechtsnorm: | Art. 103 VVG ;Art. 14 VVG ;Art. 16 ZGB ;Art. 29 BV ;Art. 6 ZGB ; |
Referenz BGE: | 102 II 363; 115 II 264; 128 V 192; 143 I 272; 143 III 65; 147 I 206; |
Kommentar: | -, Berner Zivilgesetzbuch, Art. 11; Art. 16 ZGB, 2017 |
WBE.2022.284 / WBE.2022.285 / sr / wm (4-SV.2020.1) Art. 49
Urteil vom 23. Mai 2023
Besetzung
Verwaltungsrichter Winkler, Vorsitz Verwaltungsrichter Cotti Verwaltungsrichter Michel Gerichtsschreiberin Ruchti Rechtspraktikant Brunschwiler
Beschwerdeverfahren I (WBE.2022.284) Erbengemeinschaft A._____, bestehend aus: Beschwerdeführer 1.1
B._____
Beschwerdeführerin 1.2
C._____ beide vertreten durch lic. iur. Patrick Wagner, Rechtsanwalt, Totentanz 5, Postfach, 4001 Basel gegen AGV Aargauische Gebäudeversicherung, Bleichemattstrasse 12/14, Postfach, 5001 Aarau vertreten durch Prof. Dr. iur. Manuel Jaun, Rechtsanwalt, Gesellschaftsstrasse 27, Postfach, 3001 Bern
Gegenstand
Beschwerdeverfahren betreffend Entschädigung im Brandschadenfall (Gebäude Nr. aaa in Q._____) Entscheid des Spezialverwaltungsgerichts, Abt. Kausalabgaben und Enteignungen, vom 30. März 2022
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Beschwerdeverfahren II (WBE.2022.285)
Beschwerdeführerin
AGV Aargauische Gebäudeversicherung, Bleichemattstrasse 12/14, Postfach, 5001 Aarau vertreten durch Prof. Dr. iur. Manuel Jaun, Rechtsanwalt, Gesellschaftsstrasse 27, Postfach, 3001 Bern gegen Erbengemeinschaft A., bestehend aus:
Beschwerdegegner 1.1
B.
Beschwerdegegnerin 1.2
C. beide vertreten durch lic. iur. Patrick Wagner, Rechtsanwalt, Totentanz 5, Postfach, 4001 Basel
Gegenstand
Beschwerdeverfahren betreffend Entschädigung im Brandschadenfall (Gebäude Nr. aaa in Q.) Entscheid des Spezialverwaltungsgerichts, Abt. Kausalabgaben und Enteignungen, vom 30. März 2022
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Das Verwaltungsgericht entnimmt den Akten: A. 1. A. sel. war Alleineigentümer des auf der Parzelle Nr. bbb der Gemeinde Q. situierten Gebäudes Nr. aaa (Assekuranznummer) mit Wohnhausteil und landwirtschaftlich genutztem Ökonomieteil von über 50% des Gebäudevolumens. 2. Am tt.mm.2018 setzte A. sel. den Wohnhausteil in Suizidabsicht in Brand. Das Feuer griff auf den Ökonomieteil über. Insgesamt resultierte gemäss anerkannter Schätzung der Aargauischen Gebäudeversicherung (AGV) ein Sachschaden von insgesamt Fr. 1'133'074.00 (inkl. Aufräumkosten). 3. Die AGV lehnte die Deckung des Schadens mit Schreiben vom 6. September 2019 vollumfänglich ab und hielt nach Gewährung des rechtlichen Gehörs mit anfechtbarer Verfügung vom 15. Oktober 2019 an der Ablehnung der Schadenübernahme fest. Die von A. sel. dagegen erhobene Einsprache vom 14. November 2019 wies die AGV mit Entscheid vom 5. Oktober 2020 ab. B. 1. Diesen Entscheid focht A. sel. mit Beschwerde vom 10. November 2020 (korrigierte Version vom 11. November 2020) beim Spezialverwaltungsgericht, Abteilung Kausalabgaben und Enteignung (SKE), an und stellte die Anträge: 1. Es sei der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 5. Oktober 2020 aufzuheben. 2. Es sei dem Einsprecher der Schaden Nr. 201810929 auf der Basis der Schadenssumme von CHF 1'133'074.00 gemäss Abschätzung vom 4. September 2018 vollständig zu entschädigen; eventuell sei die Entschädigung nach Massgabe der Urteilsfähigkeit bzw. des Verschuldens des Beschwerdeführers zu reduzieren. 3. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 4. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich MWST zu Lasten der Beschwerdegegnerin.
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2. Nach dem Tod von A. sel. am tt.mm.2021 traten dessen Eltern, B. und C., in den beim SKE hängigen Prozess ein. 3. Im Anschluss an eine mündliche Verhandlung fällte das SKE am 30. März 2022 das folgende Urteil: 1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde hat die AGV den Beschwerdeführenden eine Versicherungsleistung von Fr. 117'434.30 auszurichten. 2. Die Verfahrenskosten, bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 15'000.00, der Kanzleigebühr von Fr. 252.00 und den Auslagen von Fr. 120.00, zusammen Fr. 15'372.00, sind zu 90% (Fr. 13'834.80) von den Beschwerdeführenden und zu 10% (Fr. 1'537.20) von der Beschwerdegegnerin zu bezahlen. Nach Verrechnung mit dem Kostenvorschuss von Fr. 15'000.00 werden den Beschwerdeführenden Fr. 1'165.20 zurückerstattet. 3. Es werden keine Parteikosten ersetzt.
C. 1. Gegen dieses Urteil erhoben B. und C. am 6. Juli 2022 Beschwerde beim Verwaltungsgericht (WBE.2022.284; Beschwerdeverfahren I), mit den Anträgen in der Sache: 1. Es sei das Urteil des Spezialverwaltungsgerichts des Kantons Aargau, Abteilung Kausalabgaben und Enteignungen, vom 30. März 2022 (ergangen im Verfahren 4-SV.2020.1) aufzuheben. 2a. Es seien den Beschwerdeführern der Schaden Nr. 201810929 auf der Basis einer Schadenssumme von CHF 1'133'074.00 gemäss Abschätzung vom 4. September 2018 vollständig zu entschädigen. 2b. Eventualiter seien den Beschwerdeführern der Schaden Nr. 201810929 auf der Basis einer Schadenssumme von CHF 1'133'074.00 gemäss Abschätzung vom 4. September 2018 unter Berücksichtigung einer Kürzungsquote von 30% im Umfang von CHF 793'151.80 zu entschädigen.
2c. Subeventualiter seien den Beschwerdeführern der Schaden Nr. 201810929 auf der Basis einer Schadenssumme von CHF 1'133'074.00 gemäss Abschätzung vom 4. September 2018 nach
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Massgabe der Urteilsunfähigkeit bzw. des Verschuldens des A. sel. zu reduzieren. 3. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 4. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich MWST zu Lasten der Beschwerdegegnerin.
In prozessualer Hinsicht wurde sodann Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK mit persönlicher Befragung der Beschwerdeführer gestellt. 2. Ebenfalls am 6. Juli 2022 erhob die AGV Beschwerde beim Verwaltungsgericht (WBE.2022.285; Beschwerdeverfahren II), mit den Anträgen: 1. Ziffer 1 des Urteils des Spezialverwaltungsgerichts vom 30. März 2022 sei aufzuheben und durch "Die Beschwerde wird abgewiesen" zu ersetzen, mit entsprechender Anpassung der Kostenverlegung in Ziffer 2. 2. Die Schadenablehnung durch die AGV sei zu bestätigen. 3. Unter Kostenfolgen zulasten der beiden Beschwerdegegner.
3. Am 10. August 2022 legte das SKE dem Verwaltungsgericht seine Akten vor und nahm kurz zur Beschwerde von B. und C. (im Verfahren WBE.2022.284) Stellung. 4. Am 14. September 2022 erstatteten B. und C. Beschwerdeantwort im Verfahren WBE.2022.285 und beantragten deren kostenfällige Abweisung, soweit darauf einzutreten sei. Mit Beschwerdeantwort vom 30. September 2022 stellte die AGV im Verfahren WBE.2022.284 gleichermassen Antrag auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde. 5. Im Verfahren WBE.2022.285 replizierte die AGV am 5. Dezember 2022 auf die Beschwerdeantwort von B. und C. Am 21. Dezember 2022 reichten B. und C. eine Duplik ein. Beide Parteien hielten an ihren Anträgen fest. Im Verfahren WBE.2022.284 fand kein zweiter Schriftenwechsel statt.
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6. Mit Verfügung vom 31. März 2023 im Verfahren WBE.2022.284 lud der instruierende Verwaltungsrichter die Parteien zu der von B. und C. beantragten öffentlichen Verhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf den 23. Mai 2022 vor, unter Hinweis darauf, dass das Verwaltungsgericht keine persönliche Befragung von B. und C. beabsichtige. Vielmehr erhielten sie Gelegenheit, in einem Vortrag den eigenen Standpunkt nochmals darzulegen. Der AGV wurde die Teilnahme an der Verhandlung freigestellt. 7. Auf begründetes Gesuch vom 4. April 2023 dispensierte der instruierende Verwaltungsrichter mit Verfügung vom 5. April 2023 C. von der Teilnahme an der Verhandlung vom 23. Mai 2022. 8. Mit Eingabe vom 16. Mai 2023 zeigte Prof. Dr. iur. Manuel Jaun, Rechtsanwalt, Bern, dem Verwaltungsgericht die Vertretung der AGV an der Verhandlung vom 23. Mai 2022 an und stellte Antrag auf Vereinigung der beiden Verfahren WBE.2022.284 und WBE.2022.285 sowie auf die Einräumung der Gelegenheit zu einem mündlichen Parteivortrag auch für die AGV. Die Eingabe wurde den Beschwerdeführern zur Kenntnisnahme zugestellt. D. An der Verhandlung vom 23. Mai 2023 bekräftigten die Parteien im Rahmen ihrer Parteivorträge je ihren Standpunkt. Eine persönliche Befragung von B. fand wie mit Instruktionsverfügung vom 31. März 2023 angekündigt nicht statt. Im Anschluss an die Verhandlung hat das Verwaltungsgericht den Fall beraten und entschieden.
Das Verwaltungsgericht zieht in Erwägung: I. 1. Gegen Entscheide des Spezialverwaltungsgerichts ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (§ 54 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 4. Dezember 2007 [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG; SAR 271.200]). Das Verwaltungsgericht ist somit für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerden gegen das angefochtene Urteil des SKE sachlich und funktionell zuständig.
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2. 2.1. Die Beschwerdegegner im Verfahren WBE.2022.285 beantragen an verschiedenen Stellen, auf die rein appellatorische Kritik der Beschwerdeführerin sei nicht einzutreten. Aus den Ausführungen in der Beschwerde ergebe sich nicht, was konkret gerügt werde, ob eine unrichtige unvollständige Feststellung des Sachverhalts eine Rechtsverletzung. Die Beschwerdeführerin setze sich nicht genügend mit den Erwägungen der Vorinstanz (zum Vorliegen eines Eventualvorsatzes mit Bezug auf die Beschädigung der Nebengebäude) auseinander und zeige nicht auf, inwiefern der von der Vorinstanz in diesem Zusammenhang festgestellte Sachverhalt unrichtig unvollständig sei (Beschwerdeantwort, S. 8 f., Ziff. 22 f.). Es sei ferner nicht ersichtlich, was die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit ihren Ausführungen zur baulichen Ausgestaltung des Gebäudes Nr. aaa und dessen Unterteilung in Haupt- und Nebengebäude rügen wolle (Beschwerdeantwort, S. 12, Ziff. 33). 2.2. Gemäss § 43 Abs. 2 VRPG muss die Beschwerdeschrift einen Antrag sowie eine Begründung enthalten; auf Beschwerden, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, ist nicht einzutreten. Mit der Formulierung dieser Bestimmung wurde faktisch die unter dem Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege vom 9. Juli 1968 (aVRPG) geltende Praxis kodifiziert. Fehlt Antrag Begründung beides (trotz vollständiger Rechtsmittelbelehrung) vollständig und ergibt sich der Antrag bei Laienbeschwerden auch nicht aus der Begründung, ist ohne Nachfrist auf Nichteintreten zu erkennen (Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 14. Februar 2007 zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG], 07.27, S. 56 f.) Mit der Begründung ist darzulegen, in welchen Punkten nach Auffassung des Beschwerdeführers der angefochtene Entscheid Mängel aufweist. Eine stereotype Wiederholung der bereits gegen die vorvorinstanzliche Verfügung vorgebrachten Rügen ohne Bezugnahme auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid reicht nicht aus; in derartigen Fällen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dasselbe gilt, wenn pauschal auf vorangegangene Rechtsschriften verwiesen wird (Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide [AGVE] 2009, S. 275 f.; 2001, S. 375; MICHAEL MERKER, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren
nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [vom 9. Juli 1968], Kommentar zu den §§ 3872 [a]VRPG, Diss. Zürich 1998, § 39 N 39). 2.3. Ein derartiger Begründungsmangel lässt sich jedoch im Verfahren WBE.2022.285 nicht erkennen. Aus den von den Beschwerdegegnern kritisierten Ausführungen in Ziff. 15 ff. der Beschwerde erhellt ohne weiteres,
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inwiefern die Beschwerdeführerin mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids nicht einverstanden ist, indem sie die Unterscheidung zwischen direktem Vorsatz hinsichtlich der Beschädigung des Wohnhauses und Eventualvorsatz hinsichtlich der Beschädigung der Nebengebäude beanstandet. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Betrachtungsweise begründet sie vorab in Ziff. 16 der Beschwerde mit dem engen bautechnischen Zusammenhang zwischen den vom Brand betroffenen Gebäudeteilen, womit auch klar ist, worauf die dortigen Ausführungen abzielen. Aufgrund dieses Zusammenhangs habe im Brandfall nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einer Beschädigung sämtlicher Gebäudeteile gerechnet werden müssen; der von der Vorinstanz verwendete Begriff "Nebengebäude" sei verfänglich. Deshalb umfasse der direkte Vorsatz auch die Beschädigung der baulich nicht abgetrennten "Nebengebäude", auf welche das Feuer ohne rechtzeitige Löschaktion zwangsläufig übergegriffen habe. Eine fehlende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid kann der Beschwerdeführerin im Lichte dieser Ausführungen nicht vorgeworfen werden, schon gar nicht appellatorische Kritik, mit der lediglich die Begründung des Einspracheentscheids vom 5. Oktober 2020 wiederholt worden wäre. Im Gegenteil halten die Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin andernorts (Beschwerdeantwort, S. 11, Ziff. 32) sogar vor, sie habe ihre Argumentation im Vergleich zum Einspracheentscheid angepasst. Damals sei sie bezüglich der Nebengebäude selbst noch von einer eventualvorsätzlichen Schadensverursachung ausgegangen. 2.4. Demnach besteht kein Grund, auf einzelne Rügen der Beschwerdeführerin im Verfahren WBE.2022.285 wegen ungenügender Begründung nicht einzutreten. Hinreichend begründet ist namentlich auch die Rüge, dass die Vorinstanz zu Unrecht nicht auf einen direkten Vorsatz mit Bezug auf die Verursachung des gesamten Schadens erkannt habe. 3. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist einzutreten. 4. Die zwei Beschwerden in den Verfahren WBE.2022.284 und WBE.2022.285 richten sich gegen dasselbe Urteil des SKE vom 30. März 2022. Bezüglich der zentralen Streitfragen, ob und in welchem Masse die AGV verpflichtet ist, den aus dem Brand vom tt.mm.2018 am Gebäude Nr. aaa
entstandenen Schaden zu decken, liegt beiden Verfahren der gleiche, ein und dasselbe Schadensereignis betreffende Sachverhalt zugrunde und es stellen sich die gleichen Rechtsfragen. Es gilt zu vermeiden, dass in verschiedenen Rechtsmittelverfahren sich widersprechende Urteile ergehen. Entsprechend rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren
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WBE.2022.284 und WBE.2022.285 zu vereinigen (vgl. BGE 128 V 192, Erw. 1 mit Hinweisen). Eine Vereinigung ist grundsätzlich in jedem Verfahrensstadium möglich und keinem der Verfahrensbeteiligten erwächst aus der Vereinigung erst im Urteilszeitpunkt ein Rechtsnachteil. Es gibt keine Anträge der Beschwerdeführer, zu denen sich die jeweils andere Partei nicht hätte äussern können. 5. Mit der Beschwerde ans Verwaltungsgericht können die unrichtige unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie Rechtsverletzungen, einschliesslich Ermessensüber- -unterschreitung sowie Ermessensmissbrauch, gerügt werden (§ 55 Abs. 1 VRPG). Eine Ermessenskontrolle ist dagegen ausgeschlossen (Umkehrschluss aus § 55 Abs. 3 VRPG). 6. Im Folgenden werden vereinfachend das Verfahren WBE.2022.284 als "Beschwerdeverfahren I", das Verfahren WBE.2022.285 als "Beschwerdeverfahren II", B. und C. als "Beschwerdeführer I", die AGV als "Beschwerdeführerin II" und deren Beschwerden als "Beschwerde I" (B. und C.) und "Beschwerde II" (AGV) bezeichnet. Gleiches gilt für die weiteren Rechtsschriften. II. 1. 1.1. Bezüglich der Brandverursachung und der aus dem Brand resultierenden Schäden am Gebäude Nr. aaa kann auf die beidseits anerkannten vorinstanzlichen Feststellungen in Erw. 2.2 des angefochtenen Entscheids verwiesen werden. Irrelevant erscheint dem Verwaltungsgericht dabei, in wie vielen und welchen Wohnräumen A. sel. bei seiner Brandstiftung vom tt.mm.2018 Brandbeschleuniger in Form von Benzin eingesetzt hat, woran er sich bei seiner Einvernahme vom 28. Mai 2018 nicht so genau zu erinnern schien. Zunächst erwähnte er, er habe das Benzin im Wohnzimmer und in der Küche ausgeleert, etwas später sagte er, im Wohnzimmer und im Büro, ob auch in der Küche, wisse er nicht mehr. Die Küche war jedoch der einzige Ort, wo der Einsatz von leicht brennbaren Substanzen auch spurentechnisch nachgewiesen werden konnte (vgl. dazu den Fachbericht der Kantonspolizei Aargau vom 27. Juni 2016 [Vorakten, act. 88/2330], S. 6 ff.; Rapport der Kantonspolizei Aargau vom 19. Juli 2018 [Vorakten, act. 88/5261], S. 8). Im rechtskräftigen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft D. vom 6. Juni 2019 (Vorakten, act. 88/126128) wurde darauf abgestellt, dass das Feuer (mit Benzin als Brandbeschleuniger) in Wohnzimmer, Büro und Küche entfacht worden sei.
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1.2. Die Deckung des aus dem Brand entstandenen Schadens wird von der Beschwerdeführerin II gestützt auf § 27 Abs. 1 des Gesetzes über die Gebäudeversicherung vom 19. September 2006 (Gebäudeversicherungsgesetz, GebVG; SAR 673.100) verweigert, welche Bestimmung den folgenden Wortlaut aufweist: Keine Entschädigung wird ausgerichtet, wenn die Eigentümerin der Eigentümer das Schadenereignis vorsätzlich und schuldhaft selber herbeigeführt dabei mitgewirkt hat.
1.3. 1.3.1. Dass A. sel. den Brand durch sein eigenes Handeln herbeigeführt hat, ist unbestritten. Die Vorinstanz prüfte in der Folge, ob A. sel. den Brand vorsätzlich und schuldhaft gelegt hat. 1.3.2. Das von der Staatsanwaltschaft D. in Auftrag gegebene forensischpsychiatrische Sachverständigengutachten der Psychiatrischen Dienste Aargau AG (PDAG) vom 9. April 2019 (Vorakten, act. 87/92126) kam bezüglich der Schuldfähigkeit von A. sel. zum Schluss, die Steuerungsfähigkeit sei mindestens leicht bis maximal mittelgradig eingeschränkt gewesen (Vorakten, act. 123) Gestützt darauf erkannte die Vorinstanz in Erw. 6.6 des angefochtenen Entscheids, dass die Urteilsfähigkeit von A. sel. als subjektive Komponente des Verschuldens im Zeitpunkt der Brandstiftung nicht aufgehoben war. Die Einsichtsfähigkeit (in das Unrecht und Schädigungspotenzial seiner Tat) sei vollständig vorhanden und die Steuerungsfähigkeit aufgrund seiner psychischen Erkrankung (...) maximal mittelgradig eingeschränkt gewesen. 1.3.3. Bei der Beurteilung der objektiven Komponente des Verschuldens (unterschiedliche Formen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit) differenzierte die Vorinstanz zwischen den am Wohnhaus und an den übrigen Gebäudeteilen angerichteten Schäden. In Erw. 7.3.2 des angefochtenen Entscheids hielt sie dafür, dass die Zerstörung des Wohnhauses auf einem direkten Vorsatz beruht habe. Auch wenn das primäre Handlungsmotiv von A. sel. der beabsichtigte Suizid gewesen sei, stelle das Abbrennen des Wohnhauses eine notwendige Nebenfolge seines Handelns dar. Er habe den Brand gemäss eigenen Angaben gegenüber den Gutachtern der PDAG legen wollen, um durch den sich entwickelnden Rauch bewusstlos zu werden, somit das eigene Verbrennen nicht wahrnehmen zu müssen und schliesslich im Feuer umzukommen.
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Demgegenüber habe A. sel. mit Bezug auf die Schäden an den übrigen Gebäudeteilen lediglich eventualvorsätzlich gehandelt. Auch wenn ihm aufgrund der Brandlast des von ihm verwendeten Brandbeschleunigers (Kanister mit 10 bis 20 Liter Benzin) habe bewusst sein müssen, dass das Feuer leicht auf die Nebengebäude übergreifen könnte, sei das Abbrennen jener Gebäudeteile nicht sein direktes Handlungsziel und zur Erreichung desselben auch nicht notwendig gewesen. Immerhin habe er das Abbrennen der Nebengebäude billigend in Kauf genommen (angefochtener Entscheid, Erw. 7.4.2). Daraus zog die Vorinstanz den Schluss, dass die Beschwerdeführerin II jegliche Leistung für das mit direktem Vorsatz abgebrannte Wohnhaus ablehnen dürfe, wohingegen die eventualvorsätzliche Beschädigung der Nebengebäude unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 14 des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 2. April 1908 (Versicherungsvertragsgesetz, VVG; SR 221.229.1) lediglich zu einer Leistungskürzung berechtige, wobei angesichts dessen, dass das Verschulden bei eventualvorsätzlicher Verursachung eines Schadens ungleich schwerer wiege als bei grober Fahrlässigkeit, eine Kürzung in der Höhe von 80% angemessen erscheine. Das führe bei einem auf die Nebengebäude entfallenden Schaden in Höhe von Fr. 587'171.48 zu einer Versicherungsleistung von Fr. 117'434.30 (angefochtener Entscheid, Erw. 7.3.3 und 7.4.3). 2. 2.1. Die Beschwerdeführer I rügen primär, soweit die äusserst knapp ausgefallene Begründung der Vorinstanz überhaupt nachvollziehbar sei, was eine Verletzung des Anspruchs der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör darstelle, sei davon auszugehen, dass sie angenommen habe, eine Urteilsunfähigkeit könne nur dann vorliegen, wenn die Steuerungsfähigkeit vollständig eingeschränkt sei. Die A. sel. attestierte mittelgradige Einschränkung der Steuerungsfähigkeit vermöge dagegen nie so zumindest impliziere es die Begründung der Vorinstanz die Urteilsfähigkeit einer natürlichen Person aufzuheben. Dem sei entschieden zu widersprechen. Das Bundesgericht habe hierzu in BGE 102 II 363, Erw. 4 mit weiteren Hinweisen, festgehalten, dass urteilsfähig sei, wer die Fähigkeit besitze, vernunftgemäss zu handeln. Unvernünftig handle nicht nur, wem die Einsicht in die Gefährlichkeit seines Tuns fehle,
sondern auch, wer die Willenskraft nicht besitze, die von ihm als gefährlich erkannte Handlung zu unterlassen. Aufgrund der A. sel. im Gutachten der PDAG bescheinigten mittelgradigen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit sei darauf abzustellen, dass er eben gerade nicht über die vollständige Willenskraft verfügt habe, die von ihm als gefährlich erkannte Handlung zu unterlassen. Sei aber die
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Willenskraft teilweise eingeschränkt gewesen, gelte dies auch für seine Urteilsfähigkeit; diese könne begriffsnotwendig nicht vollständig vorgelegen haben. Mit Rücksicht darauf, dass das schweizerische Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (ZGB; SR 210) nur die beiden kontradiktorischen Gegensätze Urteilsfähigkeit und Urteilsunfähigkeit als Negation der Urteilsfähigkeit, nicht aber eine quantitative Abstufung der Urteilsfähigkeit kenne (sog. "Alles-oder-nichts-Gesetz"; vgl. dazu EUGEN BUCHER/REGINA E. AEBI-MÜLLER, in: Berner Kommentar, Zivilgesetzbuch, Die natürlichen Personen, Art. 1119d ZGB, Rechts- und Handlungsfähigkeit, 2. Auflage, Bern 2017, Art. 16 N 4), müsse bereits jegliche Einschränkung der Urteilsfähigkeit zur Annahme der Urteilsunfähigkeit in Bezug auf die konkret in Frage stehende Handlung führen. Etwas dazwischen gebe es nicht. Damit stehe auch fest, dass A. sel. anlässlich des Brandereignisses aufgrund seiner eingeschränkten Steuerungsfähigkeit urteilsunfähig im Sinne von Art. 16 ZGB gewesen sei und daher nicht schuldhaft im Sinne von § 27 Abs. 1 GebVG gehandelt haben könne. Die gegenteilige Sichtweise der Vorinstanz verletze die angeführten Bestimmungen. 2.2. 2.2.1. Vorab erweist sich die Rüge der Verletzung des Anspruchs der Beschwerdeführer I auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV; SR 101]) als unbegründet. Die aus Art. 29 Abs. 2 BV fliessende Begründungspflicht verlangt nicht, dass sich eine Behörde mit jedem vorgetragenen Parteistandpunkt einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss. Vielmehr genügt es, wenn die entscheidwesentlichen Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde bei ihrer Entscheidung hat leiten lassen. Die Begründung muss mithin so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (vgl. statt vieler BGE 143 III 65, Erw. 5.2 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1C_475/2021 vom 3. November 2022, Erw. 3). Diese Anforderungen an die behördliche Begründungspflicht erfüllt der angefochtene Entscheid allemal, was sich daran zeigt, dass die Beschwerdeführer I richtig erkannt haben, dass für die Vorinstanz
die A. sel. gutachterlich bestätigte (maximal mittelgradig) eingeschränkte Steuerungsfähigkeit zumindest unter den konkreten Umständen nicht ausreichte, um ihm die Urteilsfähigkeit mit Bezug auf seinen Suizidversuch durch Brandstiftung abzusprechen. Dadurch wurden die Beschwerdeführer I in die Lage versetzt, den vorinstanzlichen Entscheid sachgerecht anzufechten und den vorinstanzlichen Erwägungen ihre gegenteilige Sichtweise gegenüberzustellen.
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2.2.2. Gemäss Art. 16 ZGB ist urteilsfähig im Sinne dieses Gesetzes jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln. Die Voraussetzungen der Urteilsfähigkeit sind unterschiedlich, je nachdem, ob von der Geschäfts- von der Deliktsfähigkeit die Rede ist (HEINZ HAUSHEER/REGINA E. AEBI-MÜLLER, Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 5. Auflage, Bern 2020, Rz. 154; vgl. auch BUCHER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Art. 16 N 135 f.). Die Urteilsfähigkeit im Bereich des deliktischen Handelns beinhaltet die Fähigkeit, das Schädigungspotenzial und das Unrecht seines Vorhabens einzusehen und entsprechend dieser Einsicht zu handeln (HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 170; vgl. auch BUCHER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Art. 16 N 138 ff.). Der Schädiger muss dabei die Möglichkeit des Schadenseintritts im Sinne eines allgemeinen Erfahrungshorizontes (ohne tatsächliche Kenntnis der konkreten Gefahr) erkennen können und ein Unrechtsbewusstsein haben, d.h. das Wissen, etwas Verbotenes zu tun (HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 172 und 174; vgl. auch BUCHER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Art. 16 N 138 ff.). Zudem muss der Betreffende in der Lage sein, sein Verhalten entsprechend der Einsicht in die Schädigungsmöglichkeit und das Unrecht der Schadenszufügung gemäss der rechtlich gebotenen und im Verkehr berechtigterweise erwarteten Sorgfalt zu steuern, was eine entsprechende Willenskraft bzw. Charakterfestigkeit und Fähigkeit zur Selbstdisziplinierung voraussetzt, die vor allem in Kindesalter, jedoch auch aufgrund anderer Defizite (geistige Behinderung, psychische Störung, Rausch ähnliche Beeinträchtigungen) eingeschränkt sein kann (HAUSHEER/AEBIMÜLLER, a.a.O., Rz. 176; BUCHER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Art. 16 N 142 f.). Mit dem Erfordernis der genügenden Charakterfestigkeit wird selbstredend nicht jedes Mal, wenn jemand seiner besseren Einsicht zuwiderhandelt und vorhandene Bedenken zurückstellt, dessen Verschuldensfähigkeit ausgeschlossen (BUCHER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Art. 16 N 143). Der in Art. 16 ZGB genannte Schwächezustand der "psychischen Störung", der die Urteilsfähigkeit respektive Fähigkeit zum vernunftgemässen Handeln (in einem konkreten Fall) aufheben kann, umfasst die anerkannten
Krankheitsbilder der Psychiatrie, insbesondere Psychosen und Psychopathien, Demenz und Suchtkrankheiten wie Alkoholabhängigkeit. Selbst die medizinisch festgestellte psychische Störung führt allerdings nicht zwangsläufig zur Urteilsunfähigkeit in jeder Hinsicht. Die fragliche Störung muss im konkreten Fall zum Fehlen der Fähigkeit vernunftgemässen Handelns geführt haben. Ein blosser Zweifel am Geisteszustand einer Person reicht nicht aus, um die in Art. 16 ZGB aufgestellte Vermutung der Urteilsfähigkeit umzustossen. Allenfalls ergibt sich jedoch aus dem Vorliegen einer ernsthaften psychischen Störung eine Vermutung zugunsten der Urteilsunfähigkeit (HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 184 f.; BUCHER/AEBI-MÜLLER,
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a.a.O., Art. 16 N 101; beide jeweils mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung). Das Gericht hat ein allfälliges medizinisches Gutachten betreffend das Vorliegen einer psychischen Störung zu überprüfen und ist nicht an die Schlussfolgerungen der Expertise gebunden. Es ist somit im einzelnen Fall wertend zu entscheiden, ob dem Betroffenen hinsichtlich einer bestimmten, rechtlich relevanten Handlung die Urteilsfähigkeit zukommt fehlt (HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 185; vgl. auch BUCHER/AEBI-MÜLLER, a.a.O., Art. 1 N 166). Besonders sorgfältig abzuklären ist die Urteilsfähigkeit beim Vorliegen einer psychischen Krankheit, wenn ein Sterbewunsch Symptom Ausdruck einer psychischen Erkrankung sein könnte. Gehören Suizidgedanken zum Krankheitsbild einer bestimmten psychischen Störung, sind sie beispielsweise Symptom einer Depression, liegt kein urteilsfähiger, frei gebildeter Sterbewunsch vor (Urteil des Bundesgerichts 2C_410/2014 vom 22. Januar 2015, Erw. 6.5 und 7.3). 2.2.3. Die Gutachter der PDAG führten mit A. sel. am 12. März 2019, am 19. März 2019 und am 26. März 2019 drei Explorationsgespräche à je drei Stunden (forensisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten der PDAG vom 9. April 2019 [Vorakten, act. 87/92126; nachfolgend: Gutachten PDAG], S. 2). Dabei kam neben der Vorgeschichte von A. sel. (Familienanamnese, biographische und soziale Anamnese, somatische Anamnese, psychiatrische Anamnese, Beziehungsund Sozialanamnese, Substanzkonsum, Legalanamnese) der Tathergang der Brandstiftung vom tt.mm.2018 zur Sprache (Gutachten PDAG, S. 16 f.). Bereits in der Woche zuvor (der tt.mm.2018 fiel auf einen Montag) habe sich der Explorand antriebslos und erschöpft gefühlt. Das ganze Frühjahr über habe er körperlich unter der heissen und trockenen Witterung gelitten. Am vorangegangenen Wochenende sei er vergesslich gewesen, habe Dinge verlegt und verschiedene Themen (schwierige Buchhaltung, durch sein Land geplanter Wildtierkorridor) hätten wie ein Damoklesschwert über ihm geschwebt. In den Tagen vor der Tat habe er Termine vergessen und unter Durchschlafstörungen gelitten. Wenn er nachts erwacht sei, habe er über seine Probleme nachgegrübelt und es sei ihm kaum gelungen, schnell wieder einzuschlafen. Trotzdem sei er morgens jeweils zeitig aufgestanden, wobei er sich zu den zu
erledigenden Arbeiten habe zwingen müssen. Es seien ihm anschliessend Suizidgedanken gekommen, die zunehmend drängender geworden seien. Konkret habe er sich überlegt, sich zu erhängen in den Rhein zu springen. In der Scheune habe er zu diesem Zweck ein Seil an einen Balken gehängt. Inhaltlich habe er unter Insuffizienzgefühlen gelitten und sich insbesondere vorgeworfen, die Arbeit nicht richtig machen zu können und auch sonst zu nichts zu gebrauchen zu sein. Am Morgen des tt.mm.2018 sei er zur üblichen Zeit aufgestanden, habe Kaffee getrunken und sich entschieden, nach S. zu fahren, um Bier zu kaufen. Er habe sich innerlich angespannt, unruhig und aufgrund seines
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Gedankenwirrwarrs ausserstande gefühlt, die tägliche Arbeit anzugehen. Durch den Bierkonsum habe er sich beruhigen und in einen arbeitsfähigen Zustand versetzen wollen. Das erste Bier habe er noch auf der Rückfahrt von S. getrunken, als er an einem seiner Zuckerrübenfelder angehalten habe, um dessen Zustand zu kontrollieren. Er habe feststellen müssen, dass sich die Saat nicht wie erwartet entwickelt habe, was ihn zu arbeitsintensiven Verbesserungsmassnahmen gezwungen und an den Rand seiner Möglichkeiten gebracht hätte. Wieder zu Hause habe er sich an den PC gesetzt, um Mails zu beantworten. Dabei habe er eine weitere Dose Bier getrunken. Durch die Mails sei er erneut mit seiner schwierigen buchhalterischen Situation konfrontiert worden und die Gedanken an einen Suizid hätten sich verdichtet. Er habe kurz überlegt und dann, einerseits im Sinne eines Bilanzierens, andererseits aber auch wie "ferngesteuert" entschieden, sich umzubringen. Dazu habe er das Haus verlassen, um sich am vorbereiteten Strick in der Scheune aufzuhängen. Beim Verlassen des Hauses habe er den Benzinkanister gesehen und spontan entschieden, den Hof anzuzünden, im Haus zu verbleiben, durch den sich entwickelnden Rauch bewusstlos zu werden, somit das eigene Verbrennen nicht wahrnehmen zu müssen und auf diese Weise aus dem Leben zu scheiden. Dann sei alles sehr schnell gegangen. Er habe das Benzin ausgeleert, dieses angezündet und wisse noch, dass er erschrocken sei, wie schnell sich das Feuer ausgebreitet und er am eigenen Leib zu brennen begonnen habe. An die ans Wohnhaus angrenzenden Stallungen mit den Pferden habe er in diesem Moment nicht gedacht, auch nicht an die eigenen Tiere, die sich im Zeitpunkt der Tat aber ohnehin auf der Weide befunden hätten und insofern nicht gefährdet gewesen seien. Er könne nicht zuverlässig sagen, wie er gehandelt hätte, wenn noch jemand anderer im Haus gewesen wäre, er denke aber, dass er das Haus dann nicht angezündet hätte. 2.2.4. Gestützt auf diese Schilderungen von A. sel., die ihm gestellte Diagnose (...) sowie die Analyse der Risikofaktoren (tatsächlich angespannte finanzielle Situation; hoher Arbeitsanfall auf zwei Betrieben; Belastung durch den geplanten Wildkorridor; Überforderung mit administrativen und buchhalterischen Angelegenheiten; Symptome der depressiven Störung wie
Veränderung der Affektivität, reduzierter Antrieb bei gleichzeitiger erhöhter innerer Anspannung, stark eingeengter Gedankengang und Schuld- und Insuffizienzgefühle; Alkoholkonsum), die sich verstärkend auf die depressive Störung respektive begünstigend (durch Senkung der Hemmschwelle) auf die Tatbegehung ausgewirkt und zur impulsiven Brandlegung in suizidaler Absicht geführt hätten (Gutachten PDAG, S. 27 f.), gelangten die Gutachter bezüglich der im Tatzeitpunkt zu beurteilenden Schuldfähigkeit von A. sel. zu den folgenden Schlüssen (Gutachten PDAG, S. 28 f.):
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Die Beschreibungen des Exploranden sowie die vorhandenen medizinischen Unterlagen schilderten zwar eindrücklich, dass sich dieser im Tatzeitpunkt in einem schlechten psychischen Zustand befunden habe. Hinweise auf bewusstseinsbeeinträchtigende Symptome wie wahnhafte Verkennung, Orientierungsstörungen Realitätsverlust fehlten jedoch. Auch die Abfolge der vom Exploranden beschriebenen Handlungen, seine Überlegungen und der bilanzierende Charakter seiner Suizidhandlung zeigten, dass er zumindest noch in der Lage gewesen sei, logische Schritte zu unternehmen. Aus seinen Gedanken wie, "es spiele keine Rolle, ob der Hof niederbrenne", lasse sich schliessen, dass er sich der Folgen seines Handelns durchaus bewusst gewesen sei. Es gebe somit keine Anhaltspunkte für eine aufgehobene eingeschränkte Einsichtsfähigkeit. Jedoch müssten durch die ausgeprägten Affekt- und Antriebsstörungen sowie die vorhandenen, drängenden Suizidimpulse im Rahmen des im Tatzeitpunkt als schwer zu bezeichnenden depressiven Zustandsbildes die Steuerungsfähigkeit des Exploranden, also dessen Fähigkeit, sein Handeln an der vorhandenen Realitätserkenntnis und an vernünftigen Überlegungen auszurichten, als eingeschränkt angesehen werden. Der Explorand habe seine Tat in einem Verzweiflungszustand auf dem Boden der beschriebenen situativen Risikofaktoren unter sich aufdrängenden Suizidgedanken im Rahmen einer schweren depressiven Episode begangen. Allerdings fänden sich durchaus auch bilanzierende Gedanken und vernünftige Überlegungen, sodass aus forensisch-psychiatrischer Sicht lediglich eine maximal mittelgradige Einschränkung der Steuerungsfähigkeit angenommen werden könne. 2.2.5. Diese schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Schlussfolgerungen, die auf einer tatzeitnahen und gründlichen Untersuchung des psychischen Zustands von A. sel. im Tatzeitpunkt beruhen, sind geeignet, die aufgrund seiner psychiatrischen Diagnose allenfalls bestehenden Zweifel an seiner Urteilsfähigkeit auszuräumen respektive die daraus abgeleitete Vermutung seiner Urteilsunfähigkeit wieder umzustossen (vgl. das in Erw. 2.2.2 am Ende zitierte Urteil des Bundesgerichts 2C_410/2014 vom 22. Januar 2015, Erw. 6.5 und 7.3). Daraus ergibt sich nämlich, dass die Brandstiftung in Suizidabsicht von A. sel. nicht ausschliesslich Ausdruck seiner
psychischen Erkrankung bzw. depressiven Symptomatik war, sondern bis zu einem gewissen Grad auch auf einer rationalen Betrachtung und Abwägung der verschiedenen Handlungsoptionen beruhte. Mit anderen Worten hätte sich A. sel. im Tatzeitpunkt auch gegen einen Suizid entschliessen können, wenn er aufgrund seines "Bilanzierens" zur Überzeugung gelangt wäre, dass sich ein Weiterleben mit all den damit verbundenen (realen) Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten lohnen würde. Er war den krankheitsbedingten Suizidimpulsen nicht dermassen stark ausgeliefert, dass er sich in einem Zustand vollkommener ausgeprägter Willensschwäche keinen seiner vernunftgemässen Einsicht
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entsprechenden Willen mehr hätte bilden und diesen in die Tat umsetzen können. Aufgrund dessen kann sich das Verwaltungsgericht den vorinstanzlichen Erwägungen anschliessen, dass die Steuerungsfähigkeit von A. sel. im Tatzeitpunkt und nach Massgabe der konkreten Verhältnisse nicht hinreichend eingeschränkt war, um ein einsichtsgemässes Handeln betreffend den von ihm gelegten Brand auszuschliessen und dadurch die Urteilsfähigkeit aufzuheben. Entsprechend ist davon auszugehen, dass er das Schadenereignis in urteilsfähigem Zustand im Sinne von Art. 16 ZGB und damit auch schuldhaft im Sinne von § 27 Abs. 1 GebVG herbeigeführt hat. Entgegen der Annahme der Beschwerdeführer I genügt nicht jede Einschränkung der Steuerungsfähigkeit, um auf eine Urteilsunfähigkeit zu schliessen. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Betroffene in der jeweiligen Situation die Willenskraft hat, Handlungsimpulsen, die ihm durch seine psychische Störung vorgegeben werden, zu widerstehen, ob er ihnen zwingend nachgeben muss, was von Fall zu Fall zu beurteilen ist. Unzulässig ist der allgemeine Schluss, dass ein Suizid ein Suizidversuch generell nicht als vernunftgemässes Handeln aufgefasst werden können. Entscheidend ist hier insoweit, dass A. sel., als er den Brand legte, selbst nicht den Eindruck hatte, ausschliesslich überwiegend fremdgesteuert gewesen zu sein, sondern sich zu einem wesentlichen Teil auch bewusst dafür entschied, aus dem Leben zu scheiden, weil er sich von einem Weiterleben mehr Nachteile befürchtete als Chancen versprach. 3. 3.1. Die Beurteilung der Frage, ob A. sel. das Schadenereignis nicht nur schuldhaft, sondern obendrein vorsätzlich im Sinne von § 27 Abs. 1 GebVG herbeigeführt hat, hängt zunächst davon ab, ob der Tatbestand dieser Bestimmung auch eventualvorsätzliches Handeln nur Handeln mit Absicht direktem Vorsatz erfasst, was zwischen den Parteien umstritten ist. Wäre auch eine eventualvorsätzliche Schadensverursachung darunter zu subsumieren, bräuchte nicht mehr in einem weiteren Schritt untersucht und entschieden zu werden, ob A. sel. bei der Brandstiftung vom tt.mm.2018 den Schaden am gesamten Gebäude Nr. aaa lediglich eventualvorsätzlich verursacht hat (Standpunkt der Beschwerdeführer I), ob der gesamte Schaden auf einen direkten Vorsatz seinerseits zurückgeht
(Standpunkt der Beschwerdeführerin II), nicht bloss wie von der Vorinstanz angenommen der Schaden am Wohnhausteil. 3.2. Die Vorinstanz stützte ihre Auslegung, wonach eine eventualvorsätzliche Schadensverursachung nicht zu einer Leistungsverweigerung gemäss § 27 Abs. 1 GebVG, sondern nur, aber immerhin zu einer Leistungskürzung in Anwendung von § 27 Abs. 2 GebVG analog derjenigen bei einer grob fahrlässigen Schadensverursachung berechtige, einerseits auf eine Litera-
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turstelle im Werk von URS GLAUS/HEINRICH HONSELL (HRSG.), Gebäudeversicherung, Systematischer Kommentar, Basel 2009, S. 305, Rz. 21, andererseits auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung und die herrschende Doktrin zu Art. 14 Abs. 1 VVG, der einen Haftungsausschluss des Versicherungsunternehmens für den Fall vorsieht, dass der Versicherungsnehmer der Anspruchsberechtigte das befürchtete (schädigende) Ereignis absichtlich herbeigeführt hat. Gemäss BGE 115 II 264, Erw. 5b, genüge eventualvorsätzliches Handeln nicht für eine Leistungsverweigerung gestützt auf Art. 14 Abs. 1 VVG, da der Schädiger nur das schadenbegründende Ereignis, nicht aber den Erfolg gewollt habe. Bei eventualvorsätzlichem Handeln falle daher lediglich eine Leistungskürzung nach Art. 14 Abs. 2 VVG in Betracht, die aber je nach Schwere des Verschuldens auch sehr hoch ( 50%) ausfallen könne (vgl. MARCEL SÜSSKIND, in: Basler Kommentar Versicherungsvertragsgesetz, 2. Auflage, Basel 2023, Art. 14 N 24). 3.3. Dem hält die Beschwerdeführerin II entgegen, dass der Eventualvorsatz im schweizerischen Recht seit jeher neben der Absicht und dem direkten (einfachen) Vorsatz eine Unterform des Vorsatzes darstelle. Wenn der Gesetzgeber von Vorsatz spreche, meine er damit alle drei Unterformen. Entsprechend falle eventualvorsätzliches Handeln klarerweise in den Anwendungsbereich von § 27 Abs. 1 GebVG und führe zum Verlust der Versicherungsleistung, was auch der ständigen Praxis der Beschwerdeführerin II entspreche. Der von der Vorinstanz gezogene Analogieschluss zu Art. 14 Abs. 1 VVG sei in mehrfacher Hinsicht nicht statthaft. Vorab werde ausgeblendet, dass Art. 14 Abs. 1 VVG das Leistungsverweigerungsrecht an die absichtliche Schadensverursachung anknüpfe. Bei dieser Ausgangslage müsse näher geprüft werden, ob neben der Absicht im engeren Sinne auch der direkte Vorsatz und der Eventualvorsatz mitumfasst seien, ob der Eventualvorsatz eher der groben Fahrlässigkeit zuzuordnen sei, wovon die heute herrschende Lehrmeinung und das Bundesgericht ausgingen, mit der Begründung, beim Eventualvorsatz sei der Erfolg der Handlung im Unterschied zur Absicht, wo er Selbstzweck sei, und zum direkten Vorsatz, wo er Mittel zum Zweck sei, nicht gewollt, sondern werde lediglich billigend in Kauf genommen. Für eine analoge Anwendung der
bundesgerichtlichen Praxis zu Art. 14 Abs. 1 VVG auf § 27 Abs. 1 GebVG verbleibe aufgrund der unterschiedlichen Anknüpfungspunkte (dort absichtliches Handeln, hier vorsätzliches Handeln) kein Raum. Es gehe auch nicht an, die Regelung der Leistungsverweigerung in den kantonalen Gebäudeversicherungserlassen im Sinne der Regelung in Art. 14 Abs. 1 VVG miteinander zu harmonisieren, wie dies von einzelnen Lehrmeinungen (STEPHAN FUHRER, in: GLAUS/HONSELL [HRSG.], a.a.O., S. 304 f., Rz. 21 f.) angeregt werde. Die Forderung nach einer solchen Har-
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monisierung sei schon deshalb unzulässig, weil die Vorschriften der Kantone über die Versicherungsverhältnisse bei den von ihnen errichteten Versicherungsanstalten nach der ausdrücklichen Anordnung in Art. 103 Abs. 2 VVG durch das Versicherungsvertragsgesetz nicht berührt würden. Es handle sich dabei um einen sog. unechten Vorbehalt zugunsten des kantonalen öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ZGB. Es sei demnach Sache der Kantone, das Verhältnis zwischen ihren Gebäudeversicherungsanstalten und den Versicherten auch abweichend von den Bestimmungen im VVG zu regeln. Eine "harmonisierende" Einschränkung von § 27 Abs. 1 GebVG sei aber auch deshalb sachwidrig und unangebracht, weil Art. 14 Abs. 1 und 2 VVG dispositives Recht darstelle und die Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Privatassekuranz strenger sein könnten, wovon auch regelmässig Gebrauch gemacht werde, indem eine eventualvorsätzliche Schadensverursachung typischerweise zum Leistungsausschluss führe. Die behauptete Harmonisierung wäre somit nur eine scheinbare und hätte die stossende Folge, dass im (zwingenden) Recht der öffentlichen Gebäudeversicherung bei Eventualvorsatz generell nunmehr eine Kürzung der Entschädigung möglich wäre, während es der Privatassekuranz unbenommen bliebe, in ihren AVB entsprechende Deckungsausschlüsse zu formulieren. Schliesslich stehe die Nichtunterstellung der eventualvorsätzlichen Schadensverursachung unter § 27 Abs. 1 GebVG auch im klaren Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, wie ein Blick in die Entstehungsgeschichte der Norm unschwer erkennen lasse. Im Gesetz betreffend das Brandversicherungswesen vom 25. Mai 1897 habe es in § 46 geheissen, dass der Eigentümer den Anspruch auf Schadenersatz vollständig verliere, wenn er durch gerichtliches Urteil der Brandstiftung der Teilnahme an diesem Verbrechen schuldig erklärt werde. Bei der Brandstiftung handle es sich damals wie heute um ein Vorsatzdelikt, das auch die eventualvorsätzliche Verursachung miteinschliesse. Im nachfolgenden Gesetz betreffend die Gebäude- und Fahrnisversicherung vom 15. Januar 1934, dem Vorläufer des geltenden GebVG, sei in § 47 festgehalten worden, dass der Gebäudeeigentümer jeden Anspruch auf Schadenersatz verliere, wenn er sich der vorsätzlichen Herbeiführung eines in § 2 Abs. 2 genannten
Schadens als Urheber, Gehilfe Begünstigter schuldig gemacht habe. Durch diese Neufassung mit Streichung des Terminus "durch gerichtliches Urteil der Brandstiftung ... schuldig erklärt", sollte die Deckung des Schadens auch im Falle der Selbsttötung, d.h. ohne gerichtliche Verurteilung des Brandstifters ausgeschlossen werden. Die Änderungen gegenüber jener Regelung in § 27 Abs. 1 GebVG seien bloss redaktioneller Natur gewesen, hätten mithin keine inhaltliche Neuerung gebracht. In der Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 26. Oktober 2005 zum Gesetz über die Gebäudeversicherung (Gebäudeversicherungsgesetz, GebVG), 05.277, S. 25, heisse es dazu lediglich kurz und bündig, in den beiden ersten Fällen müsse ein Verschulden der Eigentümerin bzw.
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des Eigentümers vorliegen, entweder in Form des Vorsatzes (Abs. 1) der Fahrlässigkeit (Abs. 2). A. sel. sei mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft D. vom 6. Juni 2019 (Vorakten, act. 88/126128) wegen vorsätzlicher Brandstiftung verurteilt worden, was gemäss § 27 Abs. 1 GebVG zum Verlust des Deckungsanspruchs führe, unabhängig davon, ob die Brandstiftung absichtlich, mit direktem Vorsatz eventualvorsätzlich begangen worden sei. 3.4. 3.4.1. Ausgangspunkt der Auslegung eines Rechtssatzes bildet der Wortlaut der Bestimmung (grammatikalisches Element; BGE 147 I 206, Erw. 3.5; 143 I 272, Erw. 2.2.3; 142 V 402, Erw. 4.1). Ist der Wortlaut der Bestimmung klar, d.h. eindeutig und unmissverständlich, darf davon nur abgewichen werden, wenn triftiger Grund für die Annahme besteht, der Wortlaut ziele am "wahren Sinn" der Regelung vorbei. Anlass für eine solche Annahme können die Entstehungsgeschichte der Bestimmung (historisches Element), ihr Zweck (teleologisches Element) der Zusammenhang mit andern Vorschriften (systematisches Element) geben (BGE 147 I 206, Erw. 3.5; 143 I 272, Erw. 2.2.3; 142 I 135, Erw. 1.1.1). Nur für den Fall, dass der Wortlaut der Bestimmung unklar bzw. nicht restlos klar ist und verschiedene Interpretationen möglich bleiben, muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden. Dabei sind alle anerkannten Auslegungselemente zu berücksichtigen (pragmatischer Methodenpluralismus; BGE 143 I 272, Erw. 2.2.3; 142 I 133, Erw. 1.1.1). Auch eine solche Auslegung findet ihre Grenzen aber am klaren Wortlaut und Sinn einer Gesetzesbestimmung, indem der eindeutige Wortsinn nicht zugunsten einer solchen Interpretation beiseitegeschoben werden darf (BGE 143 I 272, Erw. 2.2.3; 141 V 221, Erw. 5.2.1). 3.4.2. Der Wortlaut von § 27 Abs. 1 GebVG gibt für sich genommen zu keinen Zweifeln Anlass, dass die vorsätzliche Herbeiführung eines Schadenereignisses im Sinne dieser Bestimmung auch die eventualvorsätzliche Tatbegehung miteinschliesst. Sowohl im Privatrecht (Haftpflichtrecht) als auch im Strafrecht wird der Eventualvorsatz als Unterform des Vorsatzes verstanden, mithin nicht irgendeiner Form der Fahrlässigkeit gleichgesetzt (vgl. MARTIN A. KESSLER, in: Basler Kommentar Obligationenrecht I, 7. Auflage, Basel 2020, Art. 41 N 45; ROLAND BREHM, in: Berner Kommentar,
Obligationenrecht, Allgemeine Bestimmungen, Die Entstehung durch unerlaubte Handlungen, Art. 4161 OR, 5. Auflage, Bern 2021, Art. 41 N 192 ff.; HEINZ REY/ISABELLE W ILDHABER, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 5. Auflage, Zürich 2018, Rz. 994 ff.; Art. 12 Abs. 2 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 [StGB; SR 311.0]; MARCEL ALEXANDER
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NIGGLI/STEFAN MAEDER, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. Auflage, Basel 2019, Art. 12 N 48 f.). 3.4.3. Auch die von der Beschwerdeführerin II zutreffend geschilderte Entstehungsgeschichte von § 27 Abs. 1 GebVG spricht eher dafür, dass unter den Tatbestand dieser Bestimmung fällt, wer in suizidaler Absicht ein Gebäude in Brand setzt und um die Möglichkeit des Erfolgseintritts weiss, ungeachtet dessen, ob er den Schaden am Gebäude als notwendige Nebenfolge seiner Tat wollte (direkter Vorsatz [zweiten Grades], vgl. dazu Art. 12 Abs. 2 Satz 1 StGB; NIGGLI/MAEDER, a.a.O., Art. 12 N 47; FUHRER, a.a.O., S. 304, Rz. 19), ob er diesen an und für sich unerwünschten Erfolg für den Fall seines Eintritts lediglich billigend in Kauf nahm (Eventualvorsatz; vgl. dazu Art. 12 Abs. 2 Satz 2 StGB; NIGGLI/MAEDER, a.a.O., Art. 12 N 52 mit zahlreichen Hinweisen; FUHRER, a.a.O., S. 304, Rz. 19). In der Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 26. Oktober 2005 zum Gesetz über die Gebäudeversicherung (Gebäudeversicherungsgesetz, GebVG), 05.277, weist denn auch noch nichts darauf hin, dass die Regelung in § 27 Abs. 1 GebVG mit derjenigen in Art. 14 Abs. 1 VVG abgeglichen werden sollte. Ein Bezug zu Art. 14 VVG wurde erst in der auch von der Vorinstanz angeführten Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 16. März 2011 zu den (damaligen) Änderungen des GebVG, 11.93, hergestellt, indem auf S. 14 der Botschaft festgehalten wurde, dass die versicherte Person, die den Versicherungsfall schuldhaft herbeiführe, nach den allgemeinen versicherungsrechtlichen Grundsätzen nur bei einer gewissen Verschuldensidentität Nachteile zu vergegenwärtigen habe. Gemäss Art. 14 VVG setze der Verlust der Versicherungsleistung Vorsatz, ihre Kürzung grobe Fahrlässigkeit voraus. Diese für die Privatassekuranz zwingende Bestimmung habe in § 27 Abs. 1 und 2 GebVG ihren entsprechenden Niederschlag gefunden. Ob sich der Gesetzgeber dabei bewusst war, dass sich Art. 14 Abs. 1 VVG gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung und herrschender Lehre nicht auf die eventualvorsätzliche Tatbegehung bezieht, ist in zweierlei Hinsicht fraglich. Es gilt zunächst den Kontext zu beachten, in welchem die zitierten Äusserungen getätigt wurden. Es ging damals um die Frage, ob die Elementarschadenversicherung
neben Schäden, die durch unberechenbare Naturgewalt über Menschen und Sachen hereinbrechen, auch solche decken soll, die lediglich eintreten, weil die übliche Sorgfalt beim Bau und Unterhalt eines Gebäudes im Hinblick auf zu erwartende Naturereignisse verletzt wurde, was in der Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 7. Juni 2006 zum Gesetz über die Gebäudeversicherung (Gebäudeversicherungsgesetz, GebVG), 06.106 [Bericht und Ent-
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wurf zur 2. Beratung], S. 8 f.) noch verworfen worden war. In diesem Zusammenhang wurde in der Botschaft vom 16. März 2011 darauf hingewiesen, dass sich der Verschuldensbezug der Ausschlussgründe "Konstruktions- und Unterhaltsmangel" nach allgemeinen versicherungsrechtlichen Grundsätzen und der zwingenden Regelung in Art. 14 Abs. 1 und 2 VVG, die für die Leistungsverweigerung -kürzung eine gewisse Verschuldensintensität (mindestens grobe Fahrlässigkeit) erfordere, als problematisch erweisen könnte (a.a.O., S. 14). Aus den in Frage stehenden Ausführungen lässt sich somit nicht in allgemeiner Weise schliessen, dass spätestens mit der damaligen Änderung des GebVG eine Harmonisierung mit der Regelung in Art. 14 VVG bzw. mit der Auslegung derselben durch das Bundesgericht und die herrschende Doktrin angestrebt worden wäre. Eine andere Stelle in der Botschaft lässt eher auf das Gegenteil schliessen. Auf S. 34 der Botschaft vom 16. März 2011 wird erwähnt, dass in besonders gravierenden Fällen der Missachtung der Schadensverhütungspflicht in Anwendung von § 27 Abs. 1 GebVG auch der gänzliche Verlust der Versicherungsleistung in Betracht falle. Es lässt sich nun kein kaum ein Anwendungsfall denken, in welchem ein Schaden, der durch Missachtung der Schadensverhütungspflicht (Konstruktions- Unterhaltsmängel) entsteht, auf einem direkten Vorsatz gar Absicht beruhen könnte, mithin der Schaden vom Versicherungsnehmer gewollt war. In Betracht käme insoweit nur eine dermassen schwerwiegende Missachtung der Schadensverhütungspflicht, dass daraus abgeleitet werden könnte, der Versicherungsnehmer habe den Schaden billigend in Kauf genommen, also seine Schadenverhütungspflicht eventualvorsätzlich unterlassen. Das deutet darauf hin, dass die eventualvorsätzliche Schadensverursachung unter § 27 Abs. 1 GebVG subsumiert wurde. Kommt hinzu, dass der Regierungsrat fälschlicherweise davon ausging, dass es sich bei Art. 14 Abs. 1 und 2 VVG um zwingende gesetzliche Bestimmungen handelt, von denen nicht durch Parteivereinbarung abgewichen werden könne. Das Gegenteil ist der Fall. Bei den Absätzen 13 des Art. 14 VVG handelt es sich um dispositives Recht. Die gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgen für Absicht und Grobfahrlässigkeit können somit grundsätzlich abgeschwächt, aufgehoben verschärft werden
(vgl. SÜSSKIND, a.a.O., Art. 14 N 67). Vertragliche Leistungsausschlüsse für die eventualvorsätzliche Schadensverursachung als Verschärfung der Regelungen in Art. 14 Abs. 1 und 2 VVG sind somit denkbar. Insofern bestand auch nicht zwingend ein Bedarf, die Regelung in § 27 Abs. 1 GebVG mit derjenigen in Art. 14 Abs. 1 VVG zu harmonisieren, um für die Beschwerdeführerin II und die Privatassekuranz gleich lange Spiesse im Hinblick auf die Einstandspflicht bei eventualvorsätzlich verursachten Schäden zu schaffen. Wie oft dabei von Unternehmen der Privatassekuranz tatsächlich von der Möglichkeit zum Leistungsausschluss bei eventualvorsätzlicher Schadensverursachung Gebrauch gemacht wird, ist dabei zweitrangig.
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3.4.4. Der Sinn und Zweck der Regelung in § 27 Abs. 1 GebVG (wie auch von Art. 14 Abs. 1 VVG) besteht ganz offensichtlich darin, die Gemeinschaft der Versicherten nicht mit Kosten für wissentlich und willentlich verursachte Schäden zu belasten, was sogar als gegen die öffentliche Ordnung verstossend und sittenwidrig aufgefasst werden kann (vgl. SÜSSKIND, a.a.O., Art. 14 N 68). Wer eine als sicher angesehene Schädigung als notwendige Nebenfolge des angestrebten Erfolgs will sie zumindest billigend in Kauf nimmt (in beiden Konstellationen wird direkter Vorsatz angenommen; vgl. dazu FUHRER, a.a.O., S. 304, Rz. 19) verdient nach allgemeiner Auffassung ganz klar keinen Versicherungsschutz (FUHRER, a.a.O., S. 305 Rz. 21). Es stellt sich nun die Frage, ob derjenige, der die Schädigung nur für möglich hält und sie zwar nicht will, aber billigend in Kauf nimmt, also eventualvorsätzlich handelt, mehr Schutz verdient. Argumentiert wird im Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 VVG, der sich nicht auf die eventualvorsätzliche Schadensverursachung erstrecken soll, zum einen mit dem tieferen Verschuldungsgrad des Eventualvorsatzes im Vergleich zur Absicht und zum direkten Vorsatz, zum anderen mit der schwierigen Abgrenzung des Eventualvorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit, bei welcher der Täter nicht gehandelt hätte, wenn er gewusst hätte, dass der Erfolg eintritt (SÜSSKIND, a.a.O., Art. 14 N 24). Die Schwelle von der bewussten Fahrlässigkeit zum Eventualvorsatz erscheine nicht als derart gross, dass von ihrer Überschreitung der Bestand des Versicherungsschutzes abhängig gemacht werden sollte. Die Unterstellung des Eventualvorsatzes unter die für Grobfahrlässigkeit geltenden Regeln (verschuldensabhängige Kürzung) führe zu angemessenen Lösungen. Diese Regelung könne ohne weiteres auch auf die öffentliche Gebäudeversicherung übertragen werden. Es werde deshalb vorgeschlagen, unabhängig vom gesetzlich verwendeten Begriff eine Leistungsbefreiung nur dann zuzulassen, wenn der Eigentümer mit Absicht direktem Vorsatz gehandelt habe. Eventualvorsatz sollte demgegenüber der groben Fahrlässigkeit gleichgestellt werden (FUHRER, a.a.O., S. 305, Rz. 21 f.). Es ist jedoch nicht ohne weiteres einzusehen, weshalb die Schwelle von der bewussten Fahrlässigkeit zum Eventualvorsatz a priori erheblich niedriger sein
sollte als diejenige vom Eventualvorsatz zum direkten Vorsatz zur Absicht. Immerhin will der bewusst fahrlässig Handelnde den Erfolg nicht, während der eventualvorsätzlich Handelnde den Eintritt des Erfolgs billigt und insofern eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem verletzten Rechtsgut an den Tag legt, was unter moralischen Gesichtspunkten ähnlich negativ bewertet bzw. missbilligt werden kann wie eine beabsichtigte Schädigung. Der nächste gedankliche Schritt zum Wille des Erfolgs als notwendige Nebenfolge des angestrebten Handlungsziels (direkter Vorsatz) muss daher verschuldensmässig unter Umständen nicht mehr sehr
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weit von der Billigung des Erfolgs entfernt sein. Zudem kann sich, wie figura zeigt (siehe dazu Erw. 4 hinten), auch die Grenzziehung zwischen eventualvorsätzlichem Handeln und solchem mit direktem Vorsatz mitunter, gerade in Fällen der Brandstiftung in suizidaler Absicht, schwierig gestalten. In BGE 115 II 264, Erw. 5b, begründete das Bundesgericht die Nichtanwendung von Art. 14 Abs. 1 VVG auf eine eventualvorsätzliche Schadensverursachung im Wesentlichen damit, dass im Falle des Eventualvorsatzes nur das schadensbegründende Ereignis als solches, nicht hingegen der Erfolg gewollt sei. In Fällen der Brandstiftung in suizidaler Absicht kann jedoch höchst unklar sein, inwieweit der Erfolg (Brandschaden am Gebäude) vom Willen des Brandstifters getragen war nicht. Mit einem gewissen Gebäudeschaden muss bei der Brandlegung an einem Gebäude immer gerechnet werden, ansonsten der Brandstifter das Gebäude verlassen und sich im Freien selbst anzünden müsste. Aus der Frage, in welchem Ausmass der Schaden am Gebäude (als notwendige Nebenfolge) gewollt war nur billigend in Kauf genommen wurde, können sich wie erwähnt im Bereich von suizidmotivierten Brandstiftungen an Gebäuden speziell schwierige Grenzziehungen ergeben. Der Sinn und Zweck des Leistungsausschlusses bei vorsätzlichem Handeln des Versicherungsnehmers spricht demnach nicht zwingend gegen die Miterfassung des Eventualvorsatzes. Trotz tendenziell geringerem Verschuldungsgrad als beim direkten Vorsatz der Absicht kann es gerade wegen der schwierigen Abgrenzung zwischen diesen Vorsatzformen in Fällen der Brandstiftung in suizidaler Absicht sinnvoll und angezeigt sein, auch den eventualvorsätzlich Handelnden vom Versicherungsschutz auszuschliessen, weil die Gemeinschaft der Versicherten nicht für die Last von Brandschäden aufkommen soll, von denen sich letztlich nicht so genau klären lässt, inwieweit sie gewollt waren zumindest billigend in Kauf genommen wurden. Es ist denn auch im Wesentlichen eine Wertungsfrage, ob auch der eventualvorsätzlich Handelnde von jeglicher Versicherungsleistung ausgeschlossen werden soll. Diese Wertungsfrage hat der Gesetzgeber zu treffen, der sich hier wie oben dargelegt nie eindeutig gegen einen solchen Leistungsausschluss bei eventualvorsätzlichem Handeln positioniert hat. 3.4.5. Aus all
diesen Gründen ist der Auslegung von § 27 Abs. 1 GebVG durch die Beschwerdeführerin II, wonach auch die eventualvorsätzliche Schadensverursachung unter diesen Tatbestand falle und ein Leistungsverweigerungsrecht begründe, der Vorzug zu geben. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass die Beschwerdeführerin II den beim Brand vom tt.mm.2018 am Gebäude Nr. aaa entstandenen Sachschaden unabhängig davon, ob auf Seiten des Brandstifters A. sel. ein direkter Vorsatz ein
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Eventualvorsatz vorlag, nicht decken muss, auch nicht im von der Vorinstanz festgelegten Teilumfang aufgrund einer Kürzung der Leistung für den am Ökonomieteil entstandenen Sachschaden. 3.4.6. Demnach sind schon aus diesem Grund die Beschwerde I abzuweisen und die Beschwerde II gutzuheissen, was bedeutet, dass die Beschwerdeführerin II den Beschwerdeführern I für den durch den besagten Brandfall am Gebäude Nr. aaa Q. entstandenen Schaden keine Versicherungsleistung erbringen muss. Der Vollständigkeit halber ist nachfolgend dennoch darauf einzugehen, ob A. sel. den gesamten Schaden wenigstens Teile davon lediglich eventualvorsätzlich verursacht hat, was nach der Auslegung von § 27 Abs. 1 und 2 GebVG durch die Vorinstanz und die Beschwerdeführer II bloss zur Kürzung, nicht aber zur Verweigerung der Versicherungsleistung berechtigen würde. 4. 4.1. Die Vorinstanz erwog, das Abbrennen des Wohnhauses bzw. des Wohnhausteils des Gebäudes Nr. aaa habe für A. sel. eine notwendige Nebenfolge seines Handelns dargestellt, auch wenn das primäre Handlungsmotiv sein Suizid gewesen sei. Gemäss dessen Angaben gegenüber den Gutachtern der PDAG habe er den Brand legen wollen, um durch den sich entwickelnden Rauch bewusstlos zu werden, das eigene Verbrennen nicht wahrnehmen zu müssen und schliesslich im Feuer umzukommen (Gutachten PDAG, S. 17). Sein Wille sei somit nicht nur auf seinen eigenen Tod, sondern auch auf die Brandlegung im Wohnhaus gerichtet gewesen. Folglich habe er in Bezug auf die Zerstörung des Wohnhauses mit direktem Vorsatz gehandelt. Entsprechend habe die Beschwerdeführerin II Versicherungsleistungen in diesem Punkt verweigern dürfen (angefochtener Entscheid, Erw. 7.3.2 f.). Anders verhalte es sich hingegen beim Ökonomieteil des Gebäudes Nr. aaa; das Abbrennen jener Gebäudebereiche habe im Gegensatz zum Wohnhausteil nicht direktes Handlungsziel von A. sel. gebildet und sei zur Erreichung desselben auch nicht notwendig gewesen. Er habe somit den dort entstandenen Sachschaden lediglich billigend in Kauf genommen und insofern eventualvorsätzlich gehandelt. Er müsse sich immerhin darüber im Klaren gewesen sein, dass sich das Feuer nach seinem Tod weiter ausbreiten und möglicherweise nicht rechtzeitig zur Verhinderung von Schäden an den Stallungen gelöscht würde. Insbesondere aufgrund der dem
verwendeten Brandbeschleuniger (10 bis 20 Liter Kleingerätebenzin) innewohnenden Brandlast habe ihm bewusst sein müssen, dass das Feuer leicht auf die Nebengebäude übergreifen könnte. Mit Rücksicht auf das
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eventualvorsätzliche Handeln von A. sel. dürfe hier die Versicherungsleistung nicht ganz verweigert, aber im grossen Umfang (zu 80%) gekürzt werden (angefochtener Entscheid, Erw. 7.4.2 f.). 4.2. Die Beschwerdeführer I halten dagegen, das Abbrennen des gesamten Wohnhauses sei nicht wie von der Vorinstanz erwogen notwendige Nebenfolge zur Erreichung des primären Handlungsziels von A. sel. gewesen. Da er lediglich in der Küche und im Wohnzimmer Benzin verteilt habe, sei darauf abzustellen, dass sich sein Vorsatz nur auf diese beiden Räume bezogen habe, nicht auf das gesamte Wohnhaus. Um seinem Leben ein Ende zu setzen, hätte es nach seiner Vorstellung ausgereicht, Wohnzimmer und Küche in Brand zu setzen. Daher sei auch mit Bezug auf die am Wohnhaus entstandenen Sachschäden lediglich von einem eventualvorsätzlichen Handeln auszugehen. Als illustratives Beispiel hierfür diene der Bauunternehmer, der im Garten seines Kunden einen Wurzelstock sprenge, um Platz für den Aushub eines Swimmingpools zu schaffen, aber mit der Möglichkeit rechne, dass die reichlich bemessene Sprengladung auch den Wintergarten des Nachbarn in Mitleidenschaft ziehen könnte. Auch in jenem Fall sei der Wille des Schädigers nicht auf den Eintritt des Schadens gerichtet, er sehe aber bei der Verfolgung eines anderen Zwecks die Möglichkeit der Schädigung voraus und nehme sie für den Fall ihres Eintritts in Kauf (vgl. SÜSSKIND, a.a.O., Art. 14 N 22). Genauso habe es sich bei A. sel. verhalten. Er habe in einem der beiden Räume, wo er Brandbeschleuniger eingesetzt habe, ums Leben kommen wollen. Mit der Möglichkeit, dass das gesamte Wohnhaus in Flammen aufgehen könnte, habe er gegebenenfalls gerechnet, dieser Erfolg habe aber keine notwendige Nebenfolge für die Erreichung seines Ziels der Selbsttötung dargestellt. In diesem Punkt habe die Vorinstanz die konkreten Vorstellungen und damit das Wissen und Wollen von A. sel. zu wenig berücksichtigt. Weil auch das Wohnhaus nur eventualvorsätzlich zerstört worden sei, sei die von der Vorinstanz insoweit geschützte Leistungsverweigerung der Beschwerdeführerin II widerrechtlich. Die Beschwerdeführerin II dürfte ihre Leistung höchstens (im Umfang von angemessenen 30%) kürzen. 4.3. Die Beschwerdeführerin II hält dagegen die Vorstellung, dass A. sel. nur die Küche und das Wohnzimmer habe in
Brand setzen wollen, für unsinnig. Wer in einem Gebäude wie dem hier interessierenden im Hochparterre mittels Brandbeschleuniger Küche und Wohnzimmer in Brand setze, wisse, dass sich das Feuer nicht auf diese beiden Zimmer beschränken, sondern sich weiter ausbreiten und den gesamten Gebäudekomplex erfassen werde, wenn es der Feuerwehr nicht vorher gelinge, den Brand zu löschen. Dies gelte auch für A. sel., der im Tatzeitpunkt erwiesenermassen voll einsichtsfähig gewesen sei. Entsprechend habe er angegeben, sich
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spontan dazu entschieden zu haben, "den Hof anzuzünden" (Gutachten PDAG, S. 17), bzw. er habe den Beschluss gefasst, "das Bauernhaus in Brand zu stecken" und sich so selbst zu töten (Gutachten PDAG, S. 6). Zu seinen Gedanken vor der Tat habe gehört, es spiele keine Rolle, "ob der Hof niederbrenne" (Gutachten PDAG, S. 28). Unbehelflich sei dabei das von den Beschwerdeführern I angeführte Beispiel des einen Wurzelstock sprengenden Bauunternehmers, der den nachbarlichen Wintergarten unbeabsichtigt beschädige. Im Unterschied zu diesem habe A. sel. das Gebäude wissentlich und willentlich in Brand gesetzt. Der Vorsatz müsse nur auf einen bestimmten Schaden, nicht auf den Schadensumfang gerichtet sein. Mit anderen Worten umfasse die von A. sel. mit direktem Vorsatz verübte Brandstiftung sämtliche Gebäudeteile, die durch die Brandlegung adäquat kausal verursacht worden seien, keineswegs also nur den Schaden in Wohnzimmer und Küche (dies anzunehmen wäre absurd), sondern den Brandschaden am gesamten Gebäude Nr. aaa, bestehend aus dem Wohnhaus- und Scheunenteil sowie angebauten Scheunen. Angesichts der baulichen Verbindung und Verzahnung dieser Gebäudeteile und der Bauart (hoher Holzanteil) habe der Brandverlauf der Lebenserfahrung entsprochen und sei offensichtlich nicht derart aussergewöhnlich gewesen, dass die betreffenden Brandschäden nicht zu erwarten gewesen wären. Derjenige, der ein Haus mittels Brandbeschleuniger anzünde, wisse um dessen Ausbreitung über den Ort der Brandlegung hinaus, auch wenn ein geringerer Erfolg für sein Handlungsziel (Suizid Vernichtung von Akten) ausreichend wäre. 4.4. In der Tat vermag nicht zu überzeugen, dass der direkte Vorsatz von A. sel. nur darauf gerichtet gewesen sein soll, einzelne Räume im Wohnhausteil des Gebäudes Nr. aaa (Standpunkt der Beschwerdeführer I) den Wohnhausteil als solchen ohne Ökonomieteil samt angebauten Scheunen (Auffassung der Vorinstanz) zu zerstören bzw. abzubrennen. Wer ein Gebäude anzündet, um sich selbst und/oder eine andere sich darin befindliche Person umzubringen, will die Brandschäden am Gebäude als Nebenfolge der in erster Linie beabsichtigten Tötung, auch wenn das Ausmass der verursachten Schäden für die mittels Brandstiftung beabsichtigte Tötung nicht notwendig und insofern für den angestrebten Erfolg überschiessend ist
(vgl. auch FUHRER, a.a.O., S. 304 mit dem dort angeführten Beispiel des direkt vorsätzlich handelnden Hauseigentümers, der durch das Anzünden seines Hauses seine sich darin befindliche Frau umbringen will). Der bei Brandstiftungen an Gebäuden regelmässig eintretende überschiessende Erfolg (für den Tod der sich darin aufhaltenden Personen genügt in der Regel schon die Rauchentwicklung, die relativ schnell zu letalen Rauchvergiftungen führt) hängt damit zusammen, dass sich Gebäudebrände ohne spezielle Vorkehrungen und speziell beim Einsatz von Brandbeschleunigern nicht auf das für die beabsichtigte Tötung erforderliche Mass begrenzen lassen, sondern ein unkontrollierbares Element aufweisen, was
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aber nichts daran ändert, dass dieser Erfolg (im absehbaren Ausmass) gewollt ist. Eventualvorsatz kann in Fällen absichtlicher Brandstiftung somit höchstens dann angenommen werden, wenn sich ein Brand auf weitere, vom in Brand gesetzten Objekt baulich abgetrennte Gebäude ausdehnt, die der Brandstifter nicht abbrennen wollte, mit deren Zerstörung er aber aufgrund der im Tatzeitpunkt herrschenden Verhältnisse rechnen musste bzw. deren Zerstörung er für möglich hielt und sie in Kauf nahm. Aufgrund der baulichen Ausgestaltung des Gebäudes Nr. aaa, bei dem Wohnhausteil und Ökonomieteil samt Nebengebäuden ein untrennbares Ganzes bzw. einen eng zusammenhängenden, ineinander verzahnten Gebäudekomplex bildeten (vgl. dazu den Grundrissplan gemäss Vorakten, act. 88/6), war von Anfang an klar und ohne weiteres voraussehbar, dass ohne rasche Intervention der Feuerwehr das Feuer auf den Ökonomieteil übergreifen würde, was dann auch trotz obligatorischer Brandmauer zwischen dem Wohnhaus- und einem Teil des Ökonomieteils geschehen ist. Die Zerstörung am Ökonomieteil war sogar noch grösser als jene am Wohnhausteil, was mit dessen Bauart (hoher Holzanteil) zusammenhängt (vgl. dazu die Fotos in den Vorakten, act. 88/45, 88/79, 88/3334, 88/69 70 sowie die Luftbildaufnahme 2018 auf dem Geoportal des Aargauischen Geographischen Informationssystems [AGIS]). Die Aussagen von A. sel. der Polizei und den Gutachtern der PDAG gegenüber lassen denn auch darauf schliessen, dass er das Gebäude als solches abbrennen wollte, nicht bloss einzelne (bestimmte) Teile davon, was auch vollständig ausserhalb seiner Kontrolle lag. Dass er bei der Brandlegung nicht an die Pferde in den Stallungen dachte (Vorakten, act. 88/57), zeigt, dass ihm vollauf bewusst war, dass nicht nur der von ihm angezündete Wohnhausteil, sondern im weiteren Verlauf auch der Ökonomieteil brennen würde. Ansonsten hätte er sich dahingehend äussern müssen, dass für ihn das Übergreifen des Feuers auf die Stallungen unvorstellbar gewesen sei. Stattdessen erwähnte er, dass er entschieden habe, den "Hof" anzuzünden respektive, dass er den Beschluss gefasst habe, das "Bauernhaus" in Brand zu stecken (Vorakten, act. 87, Beilage 3, S. 6 und 17), und dass es für ihn keine Rolle gespielt habe, ob der "Hof" niederbrenne (Vorakten, act. 87, Beilage 3, S. 28). Dass ihn
die schnelle Entwicklung des Feuers überraschte und dass er seinen eigenen Tieren (Kühen), die im Tatzeitpunkt ohnehin auf der Weide waren, den Pensionspferden, an deren Anwesenheit in den Stallungen er nicht dachte, keinen Schaden zufügen wollte (Vorakten, act. 87, Beilage 3, S. 17), tut seinem Willen, den Bauernhof (als Mittel zum beabsichtigten Suizid) abzubrennen, keinen Abbruch. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob ihm der Eintritt dieser Nebenfolge erwünscht, gleichgültig sogar zuwider war. Die innere Einstellung des Täters zum Eintritt der für das Erreichen seines Handlungsziels notwendigen Nebenfolge ist nebensächlich. In seiner Vorstellung muss nur die Verbindung zwischen dem eigentlichen Handlungsziel und der Nebenfolge notwendig bzw. sicher sein, nicht die Verwirklichung des Tatbestandes an
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sich. Als Beispiel dafür wird der Täter angegeben, der am Auto eines Politikers einen Sprengsatz anbringt und davon ausgeht, dass der dadurch verursachten Explosion zwangsläufig auch dessen Chauffeur Leibwächter zum Opfer fallen werden. Auch diese Personen will er mit direktem Vorsatz umbringen, obwohl er sich deren Tod nicht wünscht und dessen Eintritt auch nicht sicher ist, weil die Bombe noch vor der Explosion entdeckt werden könnte (NIGGLI/MAEDER, a.a.O., Art. 12 N 47). Gleich verhält es sich mit dem Täter, der ein Gebäude anzündet, um die sich darin befindlichen Personen (bei der Brandstiftung in Suizidabsicht nur sich selber) zu töten. Obwohl es dem Täter nicht primär um die Zerstörung des Gebäudes geht und diese nur Mittel zum Zweck der Tötung und/oder Selbsttötung ist, will er den Brand und damit auch die dadurch verursachten Schäden am Gebäude (als sichere Folge der Brandlegung), auch wenn sich bei einem Brand letztlich nie genau antizipieren lässt, wie gross diese Schäden am Ende sein werden, und wenn schon ein geringerer als der tatsächlich eingetretene Schaden ausgereicht hätte, um die beabsichtigte Tötung zu bewirken. Die Beschwerdeführerin II weist in diesem Zusammenhang auch zu Recht darauf hin, dass der Vorsatz nur auf die Schadensfolge, nicht aber den konkreten Schadensumfang gerichtet sein muss (vgl. SÜSSKIND, a.a.O., Art. 14 N 23). Eine eventualvorsätzliche Schadensverursachung scheidet für Brandschäden am angezündeten Gebäude selber von vornherein aus, weil die Verbindung zwischen der Handlung (der Brandstiftung) und dem Erfolg (den Brandschäden) als sicher eingestuft werden muss, nicht bloss als Möglichkeit. Dasselbe gilt, wenn jemand einen Teil von zusammengebauten und ineinander verzahnten Gebäudeteilen in Brand setzt und sich der Brand mangels ausreichenden Schutzes ohne Intervention von aussen wie hier geschehen und auch voraussehbar zwangsläufig auf weitere Gebäudeteile ausdehnen wird. Die oben zitierten Aussagen von A. sel. bezeugen, dass ihm diese Folgen seines Handelns sehr wohl bewusst waren, er mithin nicht bloss mit einer Möglichkeit von Brandschäden am gesamten Bauernhof rechnete; dies im Unterschied zum von den Beschwerdeführern I angeführten Beispiel des einen Wurzelstock sprengenden Bauunternehmers, der bloss mit der Möglichkeit von Schäden an einem
nahegelegenen Gebäude (Wintergarten) rechnete. Diese Schäden bildeten keine zwangsläufige Folge der Wurzelstocksprengung. Entsprechend steht für das Verwaltungsgericht fest, dass der gesamte durch den Brand vom tt.mm.2018 am Gebäude Nr. aaa entstandene Schaden mit direktem Vorsatz von A. sel. verursacht wurde. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die auf den Gesamtschaden bezogene Leistungsverweigerung der Beschwerdeführerin II als gerechtfertigt, selbst wenn an die eventualvorsätzliche Schadensverursachung entgegen den Ausführungen in Erw. 3 vorne nur Leistungskürzungen gemäss § 27 Abs. 2 GebVG (analog zur grob fahrlässigen Schadensverursachung) zu knüpfen
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wären. Bei diesem Ergebnis braucht nicht entschieden zu werden, in welchem Masse eine Leistungskürzung bei eventualvorsätzlicher Schadenverursachung bezüglich der Schäden am gesamten Gebäude nur derjenigen am Ökonomieteil angezeigt erschiene. 5. Zusammenfassend haben die Beschwerdeführer I in korrekter Anwendung von § 27 Abs. 1 GebVG, der auch bei eventualvorsätzlicher Schadensverursachung zur vollständigen Leistungsverweigerung berechtigt, nicht bloss zur Leistungskürzung gemäss § 27 Abs. 2 GebVG, keinen Anspruch auf Leistungen der Beschwerdeführerin II im Zusammenhang mit dem von A. sel. am tt.mm.2018 verursachten Brand des Gebäudes Nr. aaa auf der Parzelle Nr. bbb Q. Ohnehin hat A. sel. den Schaden am gesamten Gebäude, nicht nur am Wohnhausteil einzelnen Räumen desselben, mit direktem Vorsatz verursacht, weshalb eine blosse Leistungskürzung gestützt auf § 27 Abs. 2 GebVG auch unter diesem Aspekt ausser Betracht fällt. A. sel. hat den Brand aber nicht nur vorsätzlich, sondern auch schuldhaft verursacht, indem die Einsichtsfähigkeit in das Unrecht und das Schädigungspotenzial seiner Tat gar nicht sowie die Fähigkeit, einsichtsgemäss zu handeln, nicht genügend stark eingeschränkt war, um die Urteilsfähigkeit als subjektive Verschuldenskomponente aufzuheben. Die von den Beschwerdeführern I beantragte Parteibefragung würde nach der Einschätzung des Verwaltungsgerichts zu keinem Erkenntnisgewinn im Hinblick auf die streitrelevanten Fragestellungen führen, wie stark die Steuerungsfähigkeit von A. sel. im Tatzeitpunkt eingeschränkt war und mit welchem Vorsatz er bei seiner Brandstiftung handelte, weshalb in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung (vgl. dazu statt vieler: 141 I 60, Erw. 3.3; Urteil des Bundesgerichts 1C_128/2022 vom 19. Januar 2023, Erw. 3.6) auf eine Parteibefragung verzichtet werden kann. Demzufolge ist in Gutheissung der Beschwerde der Beschwerdeführerin II Dispositiv-Ziffer 1 des vorinstanzlichen Entscheids dahingehend abzuändern, dass die Beschwerde der Beschwerdeführer I gegen den Einspracheentscheid der Beschwerdeführerin II vom 5. Oktober 2020 abgewiesen wird. Entsprechend diesem abgeänderten Verfahrensausgang und nach Massgabe des in § 31 Abs. 2 VRPG verankerten Unterliegerprinzips ist auch die Kostenverlegung in Dispositiv-Ziffer 2 des vorinstanzlichen Entscheids
dahingehend zu korrigieren, dass die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens vollumfänglich den Beschwerdeführern I aufzuerlegen sind, womit auch eine Rückerstattung eines Teils des von den Beschwerdeführern I bei der Vorinstanz geleisteten Kostenvorschusses entfällt. Die Beschwerde der Beschwerdeführer I gegen das vorinstanzliche Urteil ist hingegen als unbegründet abzuweisen. III.
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1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind auch die verwaltungsgerichtlichen Verfahrenskosten (der miteinander vereinigten Beschwerdeverfahren WBE.2022.284 und WBE.2022.285) vollumfänglich von den Beschwerdeführern I zu tragen (§ 31 Abs. 2 VRPG). 2. 2.1. Überdies haben die vollständig unterliegenden Beschwerdeführer I der Beschwerdeführerin II gemäss § 32 Abs. 2 VRPG die Kosten für die anwaltliche Vertretung vor Verwaltungsgericht (an der Verhandlung vom 23. Mai 2023) zu ersetzen. 2.2. Die Höhe der Parteientschädigung bestimmt sich nach Massgabe des Dekrets über die Entschädigung der Anwälte vom 10. November 1987 (Anwaltstarif; SAR 291.150 [nachfolgend: AnwT]). Gemäss § 8a Abs. 1 AnwT bemisst sich die Entschädigung in vermögensrechtlichen Streitsachen nach dem gemäss § 4 AnwT berechneten Streitwert. Innerhalb der vorgesehenen Rahmenbeträge richtet sich die Entschädigung nach dem mutmasslichen Aufwand des Anwalts sowie nach der Bedeutung und der Schwierigkeit des Falles (§ 8a Abs. 2 AnwT). Die Entschädigung wird als Gesamtbetrag festgesetzt. Auslagen und Mehrwertsteuer sind darin enthalten (§ 8c AnwT). Bei einem Streitwert von Fr. 1'015'639.70 beträgt im Beschwerdeverfahren der Rahmen für die Parteientschädigung Fr. 8'000.00 bis Fr. 30'000.00 (§ 8a Abs. 1 lit. a Ziffer 6 AnwT). Der genannte Streitwert liegt im untersten Bereich des vorgegebenen Streitwertrahmens. Die Schwierigkeit des Falles und dessen Bedeutung für die Beschwerdeführerin II sind zwar als mindestens mittel einzustufen; der mutmassliche Aufwand des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin II ist hingegen als klar unterdurchschnittlich zu bezeichnen, weil er keine Rechtsschriften verfasst hat und nur noch mit der Vorbereitung und Teilnahme an der Verhandlung vom 23. Mai 2023 befasst war. In Anbetracht dessen erscheint es sachgerecht, den Entschädigungsrahmen aufgrund eines Missverhältnisses zwischen dem Streitwert und der vom Anwalt tatsächlich geleisteten Arbeit gestützt auf § 8b Abs. 2 AnwT um die darin maximal vorgesehenen 50% zu unterschreiten und die Parteientschädigung auf Fr. 4'000.00 festzulegen, zumal mit § 12a Abs. 1 AnwT ein weiterer Kürzungstatbestand (bei hohem Streitwert) zur Anwendung gebracht werden könnte, der aus Rechtsgleichheitsgründen auch auf Entschädigungen zugunsten des Gemeinwesens anwendbar ist (AGVE 2011, S. 247).
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Das Verwaltungsgericht erkennt: 1. Die Beschwerdeverfahren WBE.2022.284 und WBE.2022.285 werden vereinigt. 2. 2.1. In Gutheissung der Beschwerde im Verfahren WBE.2022.285 wird das Urteil des Spezialverwaltungsgerichts, Abteilung Kausalabgaben und Enteignungen, vom 30. März 2022 wie folgt abgeändert: 1. Die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der AGV vom 5. Oktober 2020 wird abgewiesen. 2. Die Verfahrenskosten, bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 15'000.00, der Kanzleigebühr von Fr. 252.00 und den Auslagen von Fr. 120.00, zusammen Fr. 15'372.00, sind von den Beschwerdeführenden zu bezahlen. 3. [unverändert]
2.2. Die Beschwerde im Verfahren WBE.2022.284 wird abgewiesen.
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3. Die verwaltungsgerichtlichen Verfahrenskosten, bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 18000.00 sowie der Kanzleigebühr und den Auslagen von Fr. 564.00, gesamthaft Fr. 18'564.00, sind von den Beschwerdeführern im Verfahren WBE.2022.284 und Beschwerdegegnern im Verfahren WBE.2022.285 zu bezahlen. 4. Die Beschwerdeführer im Verfahren WBE.2022.284 und Beschwerdegegner im Verfahren WBE.2022.285 werden verpflichtet, der Beschwerdeführerin im Verfahren WBE.2022.285 und Beschwerdegegnerin im Verfahren WBE.2022.285 die Kosten für die anwaltliche Vertretung vor Verwaltungsgericht in Höhe von Fr. 4'000.00 zu ersetzen.
Zustellung an: die Erbengemeinschaft A., bestehend aus B. und C. (Vertreter) die Aargauische Gebäudeversicherung (Vertreter) das Spezialverwaltungsgericht, Abteilung Kausalabgaben und Enteignung
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten Dieser Entscheid kann wegen Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht, kantonalen verfassungsmässigen Rechten sowie interkantonalem Recht innert 30 Tagen seit der Zustellung mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, angefochten werden. Die Frist steht still vom 7. Tag vor bis und mit 7. Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August und vom 18. Dezember bis und mit 2. Januar. Die unterzeichnete Beschwerde muss das Begehren, wie der Entscheid zu ändern sei, sowie in gedrängter Form die Begründung, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt, mit Angabe der Beweismittel enthalten. Der angefochtene Entscheid und als Beweismittel angerufene Urkunden sind beizulegen (Art. 82 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110] vom 17. Juni 2005).
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Aarau, 23. Mai 2023 Verwaltungsgericht des Kantons Aargau 3. Kammer Vorsitz: Gerichtsschreiberin:
Winkler
Ruchti
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